1. Maligne Tumore als Krankheit

Werbung
Angela Paula Löser: Ambulante Tumorpflege
© Schlütersche GmbH & Co. KG
1. Maligne Tumore als Krankheit
In der Todesursachenstatistik stehen die Krebserkrankungen knapp hinter den Herz-Kreislauferkrankungen,
an zweiter Stelle. Fast jeder vierte Mensch in Deutschland stirbt zur Zeit an einem malignen Tumor.
Die Erkrankung "Krebs" muß dennoch nicht mehr unweigerlich zum Tode führen. Die Chance, die
Bedrohung der Tumorerkrankung zu überstehen, ist in den vergangenen Jahren deutlich durch folgende
Faktoren gestiegen (Abb. 1):
Prävention
Bessere Diagnostik
Wirksame Therapie
Psychosoziale
Unterstützung
Ursachen verbesserter
Überlebenschancen
bei Krebs heute
Eigenaktivität des
Patienten
Nachsorge
Rehabilitation
Abb. 1: Faktoren, die heute die Überlebenschance bei Krebserkrankungen verbessern
- Verbesserte Möglichkeit der Prävention durch differenzierte Kenntnisse über Entstehungsmechanismen
- frühzeitige Diagnose durch den Einsatz moderner diagnostischer Maßnahmen
- Erhöhung der Heilungschance, durch verbesserte Therapieverfahren
- verbesserte Möglichkeiten der Nachsorge (festgelegte Untersuchungsprogramme zur Früherkennung von
Rezidiven und Metastasen)
- Früherkennung von krankheits- und therapiebedingten Schäden
- Rehabilitation (= Maßnahmen zur Wiederherstellung eines bestmöglichen Zustandes und Ermöglichen
eines weitgehend normalen Lebens)
- Verbesserung der Prognose bei einigen Tumorarten durch eine intensivere soziale Unterstützung, z. B.
durch Selbsthilfegruppen (z. B. beim Mamma-Karzinom)
1.1. Tumorzellentstehung und -ausbreitung
Nach einem streng geregelten Ablaufschema, in dem Zelluntergang und Zellneubildung kontrolliert werden,
funktioniert die Zellerneuerung. Alle Zellen unterliegen den in ihrem Erbgut vorgegebenen oder durch
bestimmte Faktoren (z. B. Wachstumsfaktoren) geregelten Gesetzmäßigkeiten.
Ähnlich wie bei einem Kopiervorgang werden die neuen Zellen immer nach dem Prinzip der Mutterzelle
nachgebildet. Kommt es jedoch zur Störung, kann dieser geregelte Prozeß aus dem Gleichgewicht geraten
und es entstehen nachfolgend veränderte Produkte.
Hier unterscheiden wir zwei Hauptmechanismen:
1.1.1. Adaptationsvorgänge
Durch Prozeßstörung kann sich ein verändertes Wachstumsverhalten einstellen. Hinsichtlich der Adaptation
lassen sich unterschiedliche Formen feststellen (Abb. 2):
Atrophie: Es kommt zur Reduktion von Zellzahl und Zellgröße, meist infolge einer Stoffwechselreduktion.
Bsp. Bei der Osteoporose kommt es bedingt durch Immobilität zu einer Abnahme der Knochenbälkchen mit
veränderter Funktion.
Hypertrophie: Es kommt zur Größenzunahme bereits bestehender Zellen eines bestimmten Gewebes
infolge gesteigerte Belastung oder eines erhöhten Stoffwechsels. Bsp. Muskelhypertrophie bei Sportlern.
Hyperplasie: Es kommt zur Zunahme der bestehenden Zellzahl innerhalb eines Gewebes. Bsp.
Narbenkelloidbildung.
Metaplasie: Es kommt zur Transformation (Umwandlung) einer Zellart in eine andere, innerhalb eines
Gewebes, mit veränderten Eigenschaften. Bsp. Veränderung des Lungengewebes in bindegewebige
Strukturen bei Morbus Boeck.
1.1.2. Wachstumsvorgänge
Im Gegensatz zu den Adapatationsvorgängen zeichnet sich hier ein überschüssiges Zellwachstum ab,
welches nicht mehr mit den physiologischen Bedürfnissen des betroffenen Gewebes innerhalb des
Organismus übereinstimmt. Es handelt sich hierbei nicht mehr um einen Adapatationsvorgang an eine
veränderte Situation im Sinne einer veränderten, aber
Atrophie
Hypertrophie
Hyperplasie
Metaplasie
Normaler Zustand
Abb. 2: Schematische Darstellung der unterschiedlichen Adaptationsformen
noch nicht bösartigen Gewebeveränderung, sondern um eine echte Fehlfunktion. Diese Fehlfunktion
bedeutet nun eine Gewebevermehrung - es entsteht ein Tumor, eine Geschwulst oder ein Neoplasma, je
nach Eigenschaften der Gewebeart.
1.1.3. Teilungsverhalten normaler und krankhafter Zellverbände
Ein Tumor entwickelt sich nicht von heute auf morgen. Vielfach vergehen 5-10 Jahre, ehe aus der ersten
entarteten Zelle eine klinisch nachweisbare Geschwulst entsteht.
A) Knäuelstadium (Prophase)
B) Muttersternphase (Metaphase)
C) Trennung der Kernhälften (Anaphase)
D) Tochtersternphase (späte Anaphase)
E) Endphase (Telophase oder
Rekonstruktionsphase)
Abb. 3: Zellteilung
Mehrere Schritte müssen zunächst ablaufen: Die Zelle, als kleinste Einheit unseres Körpers ist Ausgangsort
einer Krebsgeschwulst. In ihrem Zellkern enthält sie alle wichtigen Erbinformationen (= Chromosomen). Sie
verfügt über die Angaben zu Zellteilungsvorgängen, späterem Aussehen und Funktion der Zelle.
Ständig finden Zellteilungsvorgänge im Körper statt. Es entstehen nach dem gleichen Muster immer neue
Zellen, überalterte sterben ab (Abb. 3).
Ablauf des Zellteilungsvorgangs:
1.1.3.1 Die molekulare Uhr des Zellzyklus
Nicht allein die aus dem Gleichgewicht geratenen Signalübermittlungssysteme, die bei gesunden Zellen
Wachstum und Vermehrung steuern, führen zur ungezügelten Vermehrung von Tumorzellen, auch der als
Uhr des Zellteilungssystems wirkende Mechanismus ist gestört. Im Zellkern findet sich dieser Mechanismus,
der als ein Verbund von miteinander kommunizierenden und wechselwirkenden Proteinen den zeitlichen
Ablauf des Zellzyklus steuert.
Ein Überwiegen der stimulierenden Proteine führt dann zu einem beschleunigtem Ablauf der
Zellregeneration.
1.1.3.2 Lebensdauer der Zellen
Je nach Zelltyp kann eine Zelle viele Jahre lebensfähig bleiben (z. B. Nervengewebe) oder nach kurzer Zeit
(Darmgewebe) absterben.
Externe Signale geben der in der Ruhephase sich befindenden Zelle entweder den Reiz zum Wiedereintritt
in den Zellzyklus, aktivieren sie damit zur Zellerneuerung oder provozieren den Eintritt in die Apoptose, das
bedeutet in den programmierten Zelltod.
1.1.3.3 Phasen der Zellteilung
Wie Abbildungen 4 und 5 zeigen, laufen in jeder Zelle unterschiedliche Phasen ab.
G1-Phase (G = englisch growth/Wachstum)
Im Anschluß an die M-Phase (= Mitosephase, also zu Beginn des Zellzyklus nimmt die Zelle an Größe zu
und synthetisiert neue Proteine, Nukleinsäuren und weitere Stoffe. In der G-Phase findet auch die
Zelldifferenzierung -, d. h. Ausbau und Reifung zu einem bestimmten Zelltyp statt. Am Ende der G1-Phase,
am sogenannten Restriktionspunkt entscheidet die Zelle, ob sie in den Zyklus zurückkehrt, in Ruhe verharrt,
oder abstirbt. So können z. B. chromosomale DNS-Schäden, die in der M-Phase aufgetreten sind, den
durch die Zelle selbstgesteuerten Zelltod (Apoptose) induzieren. Hier handelt es sich um einen
körpereigenen Schutzmechanismus.
GO-Phase
Die ausgereifte, funktionsfähige Zelle durchläuft nun einen Ruhezyklus, der auch als GO-Phase bezeichnet.
Diese Zellen befinden sich nicht akut in der Teilungssituation, sind aber auch nicht im Absterben begriffen.
Es sind die reifen Zellen, die ihre Funktion wahrnehmen. Metabolische Aktivität kennzeichnet diese Phase.
In der Ruhephase entscheidet die Zelle, wann sie durch Wachstumsfaktoren gesteuert, wieder in den
Zellteilungszyklus eintritt.
S-Phase (S = Synthese)
Hat sich die Zelle am Restriktionspunkt dazu entschieden, unwiderruflich in den Zellzyklus einzutreten,
werden in der S-Phase im Zellkern Desoxiribonukleinsäuren (Bausteine der Chromosomen) synthetisiert.
Beim Menschen finden sich normalerweise 46 Chromosomen, die sich nun teilen. Ziel dieses Vorgangs ist
es, das Erbgut zu verdoppeln. In dieser Phase ist die Zelle besonders anfällig gegenüber äußeren
Einflüssen (z. B. Kanzerogene oder ionisierende Strahlen).
G2-Phase
Im Anschluß an die S-Phase folgt jetzt die G2-Phase, die auch als prämitotische Phase bezeichnet wird. Sie
dauert nur wenige Stunden und beinhaltet den weiteren, wenn auch geringfügigeren, Eiweißaufbau sowie
den Umbau der Zellmembran, schon im Hinblick auf die Zellteilung. In der G-Phase enthält die Zelle schon
das Erbmaterial in doppelter Anlage.
Zelle im
Ruhezustand
Erkennen von
wesentlichen Zellschäden
durch die Zelle selbst
Weitgehend normale
Funktion, regelrechter
Zellaufbau
Einsatz und Aktivierung
von selbstzerstörenden
Mechanismen
Erneuerung der Zelle
durch erneute Zellteilung
Selbstgesteuerter
Zelltod =
Apoptose
Abb. 4: Zellzyklus und selbstgesteuerter Zelltod
M-Phase
Hier findet die eigentliche Zellteilung statt. In einem Teilungsvorgang werden nun Chromosomen und
Zellteile in zwei identische Tochterzellen geteilt. Ein neuer Zellzyklus beginnt.
Der programmierte Zelltod (Apoptose)
Ablauf des programmierten Zelltodes
Der programmierte Zelltod wird von der Zelle selbst induziert. Hormone, Wachstumsfaktoren oder andere
chemische Substanzen, die z. B. bei Chromosomenaberrationen, bei Mutation eines Proto-Onkogens in ein
Onkogen oder bei Verlust von Tumorsuppressorgenen aktiviert werden, führen zu veränderten Reaktionen
innerhalb der Zelle: der Proteingehalt nimmt ab, die Kalziumkonzentration in der Zelle nimmt zu. Dadurch
kommt es zu einem Wachstumsstopp, zur Auflösung der DNS und letztlich zum Zelltod.
Die Häufigkeit der Zellteilungen hängt davon ab, ob sie sich in einem funktionsfähigen Zustand befinden
oder ob sie absterben. Normalerweise bilden sich immer nur soviel neue Zellen, wie vorher zugrunde
gegangen sind. Bei einem Schnitt in den Finger z. B. werden nur so lange neue Zellen gebildet, bis der
Defekt vollständig geschlos-
Wirkung von
zellzerstörenden
Hormonen
Cylin E und Cylin D
Wachstumsfaktoren
Verlust der Tumorsuppressorgene
DNS-Schäden in der Zelle
Abnahme der Proteine
im Zellkern
Zunahme der CalziumKonzentration in der Zelle
Zelltod =
Apoptose
Abb. 5: Ablauf der Apoptose
sen ist. Danach erhalten die Zellen einen Befehl, ihre gesteigerte Neubildung einzustellen.
Wird dieses Naturgesetz nicht mehr eingehalten, kann es zu einem überschießendem Wachstum als
Zeichen eines krankhaften Prozesses kommen.
Nichtprogrammierter Zelltod
Eher zufällig und im Sinne einer Nekrose auftretend, kann ein nicht programmierter Zelltod ausgelöst
werden. Dabei gehen keinerlei Impulse von der Zelle aus, sie bleibt inaktiv.
Ein solcher Zelluntergang kann z. B. durch Veränderungen der Durchlässigkeit der Zellmembran ausgelöst
werden, bei der es zum Druckanstieg innerhalb der Zelle kommt.
Gesunde Zelle mit normaler
Zellinformation
Einwirkung krebserregender
Einflüsse
Veränderte Zelle mit
pathologischem
Genmaterial
DNS-Repair
Gesunde Zelle mit
normalen Genmaterial
Zelluläre Abwehr
Humorale Abwehr
Phagozytäre
Abwehr
Entartete Zelle
Vernichtung der
entarteten Zelle
Abb. 6: Reparaturmechanismen des Körpers zur Eliminierung von Krebszellen
Schließlich wird der Druck so massiv, daß die Zelle platzt.
1.1.3.4 Wachstumsfaktoren und ihr Einfluß auf die Zellteilung
Sich ständig erneuernde Gewebe wie z. B. Blutzellen unterliegen einer Wachstumskontrolle durch
sogenannte Wachstumsfaktoren. Diese greifen regulier end, im Sinne einer Beschleunigung oder
Verlangsamung, je nach Bedarf, in die Zellerneuerungsvorgänge ein.
Für die Blutbildung sind unter anderem folgende Wachstumsfaktoren bekannt:
- Erythropoetin - ein Stoff der die Erythrozytenproduktion anregt (Handelsname: Eprex)
- Granulozytenkolonie-stimulierender Faktor (G-CSF) regt die Produktion von Granulozyten an.
(Handelsnamen: Neupogen)
- Granulozyten- und Makrophagenkolonie-stimulierender Faktor (GM-CSF) regt die Produktion von
Monozyten/Makrophagen und Granulozyten an. (Handelsname: Leukomax)
1.1.3.5 Pathologische Zellteilung und Tumorentstehung
Die Veränderung der Chromosomen mit Weitergabe falscher Zellinformationen ist immer Voraussetzung für
die Entstehung von Tumorzellen.
Chromosomenschäden können z. B. unter Einwirkung von Krebsnoxen (sog. Kanzerogene) durch Mutation
entstehen.
Jeden Tag werden mehrere hundert entartete Zellen im menschlichen Organismus gebildet. Im gesunden
Zustand eliminiert der Organismus diese, so daß die Entwicklung eines komplexen Zellverbandes nicht
möglich ist.
1.2. Ursachen für Krebs
Bislang konnten eine ganze Anzahl von sicher kanzerogen wirkenden Stoffen und krebserregenden
Faktoren und Verhaltensweisen analysiert werden. Daneben gibt es zahlreiche Faktoren, die mit hoher
Wahrscheinlichkeit, vielfach durch kombiniertes, zeitgleiches Zusammentreffen, an der Entstehung einer
bösartigen Tumorerkrankung beteiligt sein können.
Tabelle 1 zeigt krebsverursachende Faktoren.
Weitere wahrscheinliche, untereinander sich beeinflussende Faktoren
- Sozioökonomische Faktoren: Menschen, die in einer wirtschaftlich und sozial reduzierten Situation
leben, leiden häufiger an Krebs im Mundbodenbereich, an Magen-, Lungen-, Leber-, Speiseröhren- und
Gebärmutterhalskrebs. Wahrscheinlich hängt dies mit einer schlechteren Ernährung, unzureichenden
hygienischen Verhältnissen (häufigerer und stärkerer Kontakt mit krebsauslösenden Bakterien und Viren)
sowie mit geringeren psychohygienischen Kompensationsmechanismen zusammen.
- Fortpflanzung: Eine frühe Menarche, eine spät einsetzende Menopause und eine in späteren Jahren (ca.
nach dem 30. Lebensjahr einsetzende erste Schwangerschaft scheinen ein Risiko für die Entstehung von
Brustkrebs zu sein. Möglicherweise hängt dies mit den körpereigenen Sexualhormonen (hier Östrogene)
zusammen.
- Umweltverschmutzung: Obwohl noch nicht bei allen Faktoren der eindeutige Zusammenhang mit einer
möglichen Krebserkrankung geklärt ist, scheinen folgende Faktoren eine Rolle zu spielen: organische
Chlorverbindungen, Benzol, hohe Abgaskonzentrationen von Dieselmotoren, pestizidhaltige Luft (z. B. bei
benachbarten Gärtnereien oder landwirtschaftlichen Nutzfläche n), evtl. Nähe zu Sondermülldeponien.
- Krebspersönlichkeit: Eine echte "Krebspersönlichkeit" bei welcher bestimmte Charaktermerkmale die
Entstehung der Krebskrankheit auslösen können, wird immer noch kontrovers diskutiert. Inzwischen
bewiesen ist, daß Frauen in den ersten 5 Jahren nach dem Verlust eines geliebten Menschen ein
signifikant höheres Krebsrisiko, insbesondere hinsichtlich des Mamma-Karzinoms haben. Auch scheint
nach einer Stress-Belastung die Infektionsanfälligkeit allgemein höher zu sein. Der direkte
Tabelle 1: Krebsverursachende Faktoren
Krebsnoxe
Ernährung
- Genuß gesättigter Fettsäuren
(z. B. tierische Fette), dunkles Fleisch
- Mangel an frischem Obst und Gemüse
( Mangel an Antioxidantien)
- Genuß von sehr heißen Getränken
- Genuß von salzhaltigen Speisen
- zu hohe Energiezufuhr (Adipositas)
- Alkoholabusus
- Nikotin
Chemische oder physikalische Agens
- Nitrathaltige Speisen
- Nitrosamine
- Benzpyrene
- Aflatoxin (Stoffwechselprodukt von Pilzen)
- Arsen
- Asbest
- Anilinfarbstoffe
- Benzol
- Dieselabgase
- Mineralöl
- Formaldehyd
- arsenfreie Pestizide
- Anstreichfarben
- Ruß
- ionisierende Strahlen
- UV-Strahlen
- radioaktive Substanzen
- Elektromagnetische Felder z.B. in der Nähe von
Strommasten
Potentieller Krebs
Dickdarmkarzinom
Prostata-Karzinom
Alle Tumorarten
Speiseröhrenkrebs
Nasopharynxkarzinome
Brustkrebs, Gebärmutterschleimhautkrebs
Krebs der oberen Atemwege, Kehlkopfkarzinom,
Magen-, Dickdarmkarzinom
Bronchialkarzinom, Zungengrundkarzinom,
Kehlkopfkarzinom
Dickdarmkarzinom, Magenkarzinom
Magen-Darm-Karzinome
Magen-Darm-Karzinome
Magen-Darm-Karzinome, Leberkarzinom
Lungenkrebs, Hautkrebs
Mesotheliom, Lungenkarzinom
Blasenkrebs
Myeloische Leukämie
Lungenkrebs
Hautkrebs
Nasopharynxkarzinom
Lungenkrebs
Lungenkrebs
Hautkrebs
Knochenmarkskrebs (Leukämien)
übrige Tumore, Melanome
Leukämien, Lymphome, Schilddrüsen-Karzinome
Krebserzeugende Wirkung bislang fraglich
Krebssnoxe
Potentieller Krebs
- Mobiltelephone
- Chromosomendefekte,
- Trisomie 21 (Morbus Down)
- Mikrorganismen
- Epstein-Barr-Virus
Krebserzeugende Wirkung fraglich
Leukämien
- HIV-Virus
- Helicobakter pylori
- Papillomavirus
- Schistosomen
- Clamydien
- Hepatitis B und Hepatitis C-Virus
Naso-Pharynxkarzinome
Hodgkin-Lymphome
Non-Hodgkin-Lymphome
Karposi-Sarkom
evtl. Magenkarzinom
Krebserkrankungen der Genitalien
Leberkarzinom
Blasenkarzinom
Zervixkarzinom
Leberkarzinom
Ernährung
Chemische
Noxen
?
Gene
Erbfaktoren
Ursachen
für KrebsErkrankungen
?
?
Soziale
Faktoren
Viren
?
UmweltFaktoren
Strahlen
Psyche
Abb. 7: Ursachen für Krebs
Tabelle 2: Merkmale gutartiger und bösartiger Tumore
gutartige/benigne Zellen
geregeltes Wachstum, Wachstums- und
Vermehrungsgrenzen werden durch die Zelle
geregelt
kein zerstörendes Wachstum
keine Absiedlung von Tochtergeschwülsten
(Metastasen)
Keine Rezidivneigung
Entstehung der Tumore aus reifen Zellen
Bösartige/maligne Zellen
Unkontrolliertes Wachstum, Grenzen werden nicht
eingehalten
destruktives Wachstum
Neigung zur Bildung von Tochtergeschwülsten
Neigung zum Wiederauftreten (= Rezidivneigung)
Tumorbildung aus unreifen, undifferenzierten Zellen
Zusammenhang zwischen der Krebsentstehung und speziellen Charaktermerkmalen konnte jedoch nicht
hinreichend bewiesen werden.
-
Erbfaktoren: Erbliche Veränderung der Gene (Mutation ) oder das erblich weitergegebende Fehlen von
steuernden, krebszellzerstörend en Mechanismen, bedeutet ein echtes Krebsrisiko. Inzwischen lassen
sich für einige vererbbare Tumore die entsprechenden Gene isolieren. Hieraus resultiert die Möglichkeit,
für entsprechende Menschen eine gewisse Krebserkrankungswahrscheinlichkeit vorauszusagen und
damit die Entfernung des gefährdeten Organs im jeweiligen Erkrankungsalter zu postulieren.
Bsp.
Kolonkarzarzinom bei FAP (familiäre adenomatöse Polyposis). Hier würde dem Betroffenen angeraten,
bei entsprechender erblicher Disposition, den gefährdeten Kolonteil operativ, vor dem Auftreten der
Krebserkrankung zu entfernen.
1.3. Merkmale gutartiger und bösartiger Tumore
Benigne und maligne Gewebe zeichnen sich durch unterschiedliche Charaktereigenschaften aus.
Erläuterung zu Tabelle 2.
1.3.1. Wachstums- und Vermehrungsgrenzen
Gutartige Tumore wachsen normalerweise nur innerhalb ihrer eigenen Gewebe. Sie sind bevorzugt von
einer Bindegewebskapsel umgeben und lassen sich daher häufig schon rein makroskopisch von den
unebenen, höckrig aussehenden, in andere Gewebe hineinwachsenden bösartigen Tumoren unterscheiden.
Die normalen Gesetzmäßigkeiten im Prozeß der Zellerneuerung sind bei Malignomen außer Kontrolle
geraten. Es kommt zu Störungen im Gleichgewicht zwischen Zellverlust/Zelluntergang und Zellerneuerung.
Diese unkontrol-
Zelluntergang
Zelluntergang
Zellneubildung
Es besteht ein Gleichgewicht zwischen
Zellverlust und Neubildung.
Die Zellen entsprechen in Anzahl,
Funktionen und Form der Ursprungszelle,
Wachstumsgrenzen werden eingehalten
Zellneubildung
Es besteht ein Ungleichgewicht zwischen
Zellverlust und Neubildung.
Die Zellen entsprechen nicht mehr
hinsichtlich Anzahl, Funktion und Form der
Ursprungszelle, Wachstumsgrenzen werden
nicht mehr eingehalten.
Abb. 8: Gleichgewicht zwischen Zelltod und Zellneubildung
lierte Vermehrung der entstandenen Krebszellen führt zur Tumorbildung.
1.3.2. Wachstums- und Vermehrungsform
Gutartige Tumore zerstören nicht die umgebenden Strukturen, sondern verdrängen sie eher. Maligne
Gewebe hingegen vernichten die Nachbarstrukturen . Sie nehmen Platz und Funktion der sonst
vorhandenen Gewebe ein. Bsp.: Bei Leukämien werden die gesunden Blutkörperchen, insbesondere die
weißen Blutkörperchen verdrängt und die Bildungsstellen im Knochenmark im Sinne der Neubildung von
malignen Leukozyten verändert.
1.3.3. Bildung von Tochterzellen (Metastasen)
Während gesunde Gewebe niemals zur Absiedlung von Tochterzellen neigen, sind maligne Tumore
besonders durch diese Eigenschaft charakterisiert.
Malignomzellen vermögen über verschiedene Wege den ursprünglichen Geschwulstort zu verlassen, um
sich an anderer Stelle wieder anzusiedeln.
1.3.4. Rezidivneigung
Gutartige Tumore treten nach vollständiger Entfernung nicht wieder an gleicher Lokalisation auf. Bösartige
Tumore hingegen neigen zum Wiederauftreten.
Merkmale einer differenzierten Zelle
Vorhandene Ähnlichkeit mit
einer normalen Zelle
Fehlen von Merkmalen gesunder
Zellen, Verlust der Ähnlichkeit mit
einer normalen Zelle
Differenzierte
Zelle
Undifferenzierte
Tumorzelle
Abb. 9: Differenzierung bei malignen und benignen Zellen
1.3.5. Reifungsgrad der Zellen/Zelldifferenzierung
Im Gegensatz zu gutartigen Tumoren, die immer aus reifen Zellen gebildet wurden, lassen sich bei malignen
Tumoren meistens unterschiedliche Reifegrad e nachweisen. Da erst die reifen Zellen die eigentlichen
Charaktermerkmale dieser Gewebeart ausmachen, werden die unreifen Zellen als undifferenziert
bezeichnet.
Tumorzellen haben vielfach die Eigenschaften, sich zu einer reifen Stufe zu differenzieren, verloren (daher
der Versuch, durch unterschiedliche Stoffe, wie z. B. Retinolsäuren die Reifung der unreifen Zellstufen zu
provozieren und damit die Eigenschaften reifer = benigner Zellen zu erzielen).
Je undifferenzierter eine Tumorzelle ist, desto bösartiger und aggressiv er ist sie in ihrem Verhalten. Mit
zunehmender Indifferenz steigt bedingt durch die stark erhöhte Zellteilung die Ansprechrate auf eine
Chemotherapie, aber auch die Rezidivgefahr.
1.4. Tumore/Geschwülste
Alle Veränderungen, die mit einer Gewebevermehrung einhergehen, werden als Tumore bezeichnet. Je
nach Zellart, Krankheitsverlauf, Behandlungsbedürftigkeit und Prognose, wird eine weitere Differenzierung
hinsichtlich der Malignität vorgenommen.
Tabelle 3 verdeutlicht dies.
1.4.1. Wachstumseigenschaften maligner Tumore
Genau wie normale Zellen unterliegen Tumorzellen dem Zellteilungszyklus, wobei sie ungewöhnlich kurz in
der G1-Phase verbleiben. Tu-
Tabelle 3: Übersicht über Tumore unterschiedlichen Malignitätsgrades
Gutartige = benigne Tumore
Lipome (Tumore des
Fettgewebes)
Fibrome (Bindegewebs-Tumore)
Myome (Tumore der Muskulatur)
Adenome (Tumore des
Drüsengewebes)
Semimaligne Tumore/
Präcanzerosen
- Colitis ulcerosa
Kolonkarzinom
- familiäre Poliposis coli
Kolonkarzinom
Blasenpapillomatose
Blasenkarzinom
Ostitis deformans Paget
Knochensarkom
Bösartige = maligne Tumore
- Karzinome (maligne Tumore
epithelialer Herkunft)
- Sarkome (maligne Tumore des
Binde- und Stützgewebes)
- Lymphome (maligne Tumore
des Lymphatischen Gewebes)
- Leukosen (maligne Tumore der
blutbildenden Organe)
- Liposarkome
(Fettgewebstumore)
- Myosarkome
(Muskelzellsarkome)
- Angiosarkome (Malignome der
Blutgefäße)
morzellen weisen damit eine schnelleren Reduplikation auf und können sich nicht entsprechend
ausdifferenzieren. Auch bedeutet die fehlerhafte Verweildauer in der G1-Phase oft Fehlen oder Verzögerung
des vorprogrammierte n Zelltodes (Apoptose).
Der Organismus verliert hier die Fähigkeit, selbst die "Mangelprodukte" zu erkennen und zu eliminieren.
Trotz der fehlerhaften Ausdifferenzierung zeigt auch Tumorgewebe jeweils eine Population ruhender, sich
teilender und inaktiver Zellen, wenn auch die Aufteilung der einzelnen Populationen durch die fehlende
Regulation von Wachstumsfaktoren unkoordiniert ist.
Im Prozeß der Tumorentstehung vergehen von der Entwicklung der ersten entarteten Zellen bis zum klinisch
nachweisbaren Tumor, d. h. bis zum Ausbruch der Krankheit häufig viele Jahre. Innerhalb dieses Prozessen
laufen mehrere Phasen nacheinander ab.
1. Phase - Induktionsphase = Zellentartungsphase
Durch verschiedene Karzinogene wird die Chromosomenstruktur innerhalb einer Zelle verändert.
Normalerweise wird diese nun durch die körpereigenen Reparaturmechanismen (Reparaturgene, die die
Induktion der Apoptose einleiten oder durch körpereigene Abwehrzellen) eliminiert.
Bei Aussetzen dieser Mechanismen kann sich nach einem langen Zeitraum hier eine Tumorzelle entwickeln,
die dann nicht mehr den normalen Kontrollmechanismen im Prozeß des Zellzyklus unterliegt.
Merke
Induktionsphase = Entartung einer gesunden Zelle zur Krebszelle durch Mutation.
2. Phase - In-situ-Phase
Es haben sich bereits mehrere Krebszellen zu einer kleinen Kolonie, meist nur wenige Millimeter groß,
ausgebildet. Die entarteten Zellen zeigen noch ausschließlich flache Ausbreitung, haben kein eigenes
Blutversorgungssystem (darum können sie sich nur sehr langsam vermehren) und sind ausschließlich auf
langsam ablaufen de Diffusionsvorgänge im Rahmen des Nährstofftransportes angewiesen.
Diese Phase kann über viele Jahre andauern und wird vielfach als Präkanzerose bezeichnet.
Die Chance in dieser Phase liegt in der Entfernung solcher In-situ-Herde und damit in der Prävention einer
echten Tumorkrankheit.
Merke
In-Situ-Phase = Entstehung erster Krebszellkolonien. Keine eigene Versorgung vorhanden, langsames
Wachstum.
3. Phase - Invasionsphase
Mit zunehmender Vergrößerung beginnt der Tumor, durch den selbst gebildeten TAF =
Tumorangiogenesefaktor nahegelegene Blutgefäße zur Aussprießung feiner Kapillaren anzuregen. Diese
Kapillare versorgen bald den noch kleinen Tumor direkt mit Blut. Nährstofftransport und Abtransport von
Schlackenstoffen garantieren nun einen deutlich besseren Stoffwechsel im Tumorbereich, wodurch
schnelleres Wachstum möglich wird.
Mit zunehmender Größe wird durch die Tumorverdopplungszeit das Wachstum schneller.
Bei den einzelnen Tumoren ist die Tumorverdopplungszeit sehr unterschiedlich. Sie hängt u. a. von der
Stärke der Wachstumsfraktion (= Anzahl der sich teilenden Zellen) ab.
Schon kurz nach der Vaskularisierung (Versorgung des Tumors mit Blutgefäßen), beginnt der Tumor sein
invasives Wachstum. Es kommt zum Durchtritt durch die Basalmembran und schließlich zum Eindringen in
Blutgefäße, andere Gewebe oder Lymphbahnen. Neben der Größe der Wachstumsfraktion ist damit die
Blutversorgung der wichtigste beeinflussende Faktor im Prozeß der Tumorausbreitung.
Auch beeinflussen jetzt bei einigen Tumoren bestimmte Hormone die Wachstumsfraktion indem sie die
malignen Zellen zur schnelleren Teilung anregen. Diese Tumorzellen besitzen spezielle Hormonrezeptoren
(z. B. beim Mammakarzinom). Diese Kenntnis macht sich die antihormonelle Therapie später zunutze).
Merke
Invasionsphase = Phase der Vaskularisierung, schnelleres Wachstum, invasives Wachstum, Einleitung der
Metastasierung.
4. Phase - Metastasierungsphase
Nachdem die ersten Zellen den Durchtritt durch die Basalmembran und damit den Eintritt in Blut- oder
Lymphgefäße erreicht haben, steht der weiteren Ausbreitung nichts mehr im Wege. Das
Metastasierungsverhalten der verschiedenen Tumore ist unterschiedlich. Das kleinzellige Bronchialkarzinom
oder das Mamma-Karzinom metastasieren bereits sehr früh, während das Cervixkarzinom erst spät
Tochtergeschwülste aussetzt.
Da sich jedoch Schätzungen zur Folge, bei etwa 50 % aller onkologischer Patienten bereits bei
Diagnosestellung Mikrometastasen gebildet haben, wird nach heutigen Gesichtspunkten häufig eine
adjuvante Therapie nach operativer Entfernung der Primärgeschwulst angestrebt, d. h. eine sich der OP
anschließende Chemo- oder Radiotherapie. Ziel dieser Kombination ist es, nicht erkennbare
Mikrometastasen zu zerstören. Die Gefahr von Lokalrezidiven oder Metastasen kann hierdurch reduziert
werden.
1. Phase
2. Phase
3. Phase
4. Phase
Induktionsphase: Entartung einer gesunden
Zelle durch Mutation
In-situ-Phase:
Entstehung erster
Krebszellkolonien
Invasionsphase:
Phase der Gefäßversorgung
Schnelles Wachstum
Metastasierungsphase: Tumorvermehrung
Abb. 10: Tumorwachstumsphasen
Merke
Metastasen werden nach Einbruch in Lymph- oder Blutgefäßbahnen oder entlang seröser Häute abgesetzt.
Das Metastasierungsverhalten der einzelnen Tumore ist unterschiedlich.
1.4.2. Metastasierungsmuster
Jeder Tumor zeigt ein charakteristisches Metastasierungsmuster. Die Verbindung zu Blutgefäßen,
Lymphbahnen oder Kontakt zu serösen Häuten spielt dabei eine große Bedeutung.
1.4.2.1 Phasen der Metastasierung
1. Phase - Einbruch des Tumors in Blutgefäße, Lymphbahnen oder Körperhöhlen. Ehe ein Tumor
Tochtergeschwülste absiedeln kann, muß er an einen Transportweg angeschlossen sein. Solange der
Tumor sich ohne Gefäßanschluß innerhalb einer Gewebeschicht befindet, kann er sich hier nur lokal
ausdehnen.
Nachdem die Tumorzelle die ersten Hürden zur Metastasierung, d. h. den Durchtritt durch Basalmembran
und Endothelmembran der Gefäßwand überstand en hat, sind noch weitere "Belastungsproben" zu
überstehen, ehe sie sich ansiedeln kann.
2. Phase - Ablösung einzelner Tumorzellen aus dem Gesamtverband, Weitertransport mit Blut, Lymphe
oder entlang einer serösen Haut oder fortgeleitetes Wachstum.
3. Phase - Bei Verschleppung der Tumorzellen über Blutgefäße besteht die Notwendigkeit der Anheftung
am Endothel einer Gefäßwand. Am häufigsten verfangen sich die abgesie-
delten Krebszellen im nächsten Kapillarnetz (bei den meisten Organen ist dies die Lunge, bei Organen des
Magen-Darm-Traktes ist es die Leber) und lösen daher dort am häufigsten Metastasen aus. Durch ihre
Größe und die häufig bestehende Verbindung mit Thrombozyten (damit sie sich nun besser an die
Gefäßwand anlegen können und die von Thrombozyten gebildeten Wachstumsfaktoren zum eigenen
Überleben nutzen), verfangen sie sich im Kapillarnetz wie in einem Fischernetz.
Doch nicht jeder Krebszelle gelingt es überhaupt weiterzuleben. Nur etwa jede 10 000ste Krebszelle vermag
sich wegen fehlender Anhaftung an Rezeptoren an einer Gefäßwand anzulagern. Die übrigen sterben meist
unter den hohen Anforderungen im sich bewegenden Blutstrom, durch Vernichtung durch Blutabwehrzellen
oder durch Nährstoffmangel ab.
4. Phase - Sie beinhaltet, Manipulation der Anhaftstelle und Mißbrauch der dortigen Zellfunktion mit
eigenem Nutzen. Nachdem sich die Tumorzelle angeheftet hat, muß es ihr nun gelingen, die dortigen Zellen
zu manipulieren, ihren eigenen Zellauftrag auf diese zu übertragen und dort nach ureigenem
Tumorzellmuster neue Zellen zu bilden.
1.4.2.2 Metastasierungswege
Je nach Lokalisation des Primärtumors und abhängig von den Eigenschaften der Zellart, können Malignome
auf unterschiedlichen Wegen Tochtergeschwülste absetzen.
- Hämatogene Metastasierung (Absiedlung durch Gefäßanschluß)
Schon kurze Zeit nach der Vaskularisierung steht den Tumorzellen dieser Weg offen. Auf hämatogenen
Wegen können die abgesetzten malignen Zellen nahezu jede Lokalisation erreichen, wobei sie vielfach
entweder im Kapillarstromgebiet der näheren Umgebung abgefangen werden oder z. B. nach Einstrom in
die Leber zu einer massiven Verteilung im gesamten Organismus führen.
- Lymphogene Metastasierung (Absiedlung durch Anschluß an Lymphbahnen)
Nach Infiltration in nahegelegene Lymphbahnen werden die eingeschleusten Tumorzellen weitertransportiert
und unterliegen vielfach in der nächsten Lymphknotenstation dem Abwehrsystem. Mit steigender
Tumorzellzahl erschöpfen sich dann die Abwehraktivitäten der Lymphknoten, wodurch sich jetzt entartete
Zellen ansiedeln und zu regelrechten Lymphknotenmetastasen führen können. Es folgt dann die
Metastasierung über den Lymphweg zur nächsten Lymphknotenstation oder über Einschleusung per Duktus
thoracikus in das hämatogene System in andere Organe.
- Metastasierung durch Implantation (in Körperhöhlen)
Innerhalb von Körperhöhlen können sich an der Gewebeoberfläche befindende Tumorzellen allein durch die
Schwerkraft absetzen und an anderer Stelle wieder ansiedeln. So kann es innerhalb kurzer Zeit z. B. in der
Peritonelhöhle, im Pleuraspalt oder im Spinalkanal zu einer massiven Metastasierung mit multiplen
Metastasen kommen. - Bei Operationen z. B. können durch das Skalpell oder durch die Handschuhe des
Chirurgen einzelne Tumorzellverbände losgelöst und verschleppt werden.
Metastasierungsmuster verschiedener Tumore
Jeder Tumor hat seine ureigenen Metastasierungsmuster.
Hämatogene Metastasierung
Metastasierung durch
Implantation
Metastasierungswege
Lymphogene
Metastasierung
Metastasierung entlang seröser Häute
Abb. 11: Metastasierungswege
Tabelle 4 zeigt typische Tochtergeschwulstlokalisationen auf.
Tabelle 4: Metastasierungsmuster unterschiedlicher Tumore
Primärtumor
Mamma-Karzinom
Prostata-Karzinom
kleinzelliges Bronchial-Karzinom
Häufige Metastasierungslokalisation
- Knochen
- Lunge
- Gehirn
- Niere
- Leber
- Knochen
- Gehirn
- Knochenmark
- Leber
- Nebenniere
follikuläres Schilddrüsen-Karzinom
Morbus Hodgkin
Malignes Melanom
Magen-Karzinom
Kolon-Karzinom
Hoden-Karzinom
- Knochen
- Lunge
- Knochen
- Pleura
- Nieren
- Magen
- Darm
- Haut
- Lymphknoten
- Leber
- Gehirn
- Darm
- Leber
- Lunge
- Knochen
- Gehirn
- Leber
- Lunge
- retroperitoneale Metastasen
- Lunge
- Leber
- Lymphknoten
1.5. Krankheitsstadien und Klassifikation
Vor Beginn der Behandlung, müssen Gewebeart und Krankheitsstadium festgelegt werden. Nicht immer
gehören ausschließlich die direkten Tumorauswirkungen zur Festlegung des Krankheitsstadiums. Beim
Morbus Hodgkin z. B. werden indirekte Zeichen der Erkrankung wie nächtliches Schwitzen,
Gewichtsabnahme und Fieber als sogenannte B-Symptomatik zur Stadieneinteilung hinzugenommen. Dies
ist von Bedeutung, da die Prognose bei bestehender B-Symptomatik fast immer schlechter ist.
Nach medizinischen Kriterien gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Stadienteinteilung.
Stadieneinteilung nach dem Allgemeinzustand
Hierbei wird der Allgemeinzustand bewertet und eine Eingruppierung vorgenommen:
0 = keine Beschwerden
1 = ambulante ärztliche Betreuung notwendig, leichte Beschwer den
2 = mittelstarke Beschwerden, Patient ist zeitweise bettlägerig
3 = vollständige Bettlägerigkeit, starke Schmerzen
4 = terminaler Zustand, sehr starke Beschwerden
Diese Einteilung gibt keine genauen Auskünfte über das vorliegende Krankheitsstadium. Hinzu kommt, daß
die subjektive Bewertung der Beschwerden durch den Patienten keine objektive Stadieneinteilung zuläßt.
Stadieneinteilung in drei Stufen
In den Anfängen der Onkologie wurden die meisten Tumore in folgende Stadien eingeteilt:
Stadium
Stadium 0
Stadium I
Stadium II
Stadium III
Stadium IV
Definition
Carcinoma in Situ (Präinvasives Karzinom)
Frühe lokale Invasion, keine Metastasierung
nachweisbar
Begrenzte lokale Tumorausbreitung mit
geringfügigem regionalen Lymphknotenbefall
Ausgedehnter lokaler Tumorbefall mit stärkerem
regionalen Lymphknotenbefall
Stark ausgedehnter Tumorbefall (meist inoperabel)
mit starkem Befall der Lymphknoten oder jedes
Tumorstadium mit Nachweis von Fernmetastasen
Die Einteilungen für die jeweilige Tumorart werden durch die UICC (Union Internationale Contrele Cancer)
immer wieder in Zusammenarbeit mit Facharztvereinigungen überprüft und modifiziert.
Im Bereich der Gynäkologie, wird die Stadieneinteilung für das Korpuskarzinom z. B. nach den FIGORichtlinien vorgenommen, die sich an die eben gezeigte Stadieneinteilung anlehnt.
FIGO-Stadieneinteilung für das Korpuskarzinom
Stadium
Stadium 0
Stadium I
Stadium Ia
Stadium Ib
Stadium II
Stadium III
Stadium IV
Stadium IVa
Stadium IVb
Definition
Präinvasives Karzinom
Karzinom auf das Corpus uteri beschränkt
Uteruskavum < 8 cm oder weniger in der Länge
Uteruskavum > 8 cm in der Länge
Karzinom befällt Gebärmutterhals, breitet sich aber
nicht über den Uterus aus
Karzinom breitet sich außerhalb des Uterus aus,
befällt Vagina, bleibt aber auf die eigentlichen
Genitalorgane begrenzt
Karzinom befällt die Schleimhaut der Harnblase oder
des Rektums
und/oder breitet sich über das kleine Becken hinaus
aus
Fernmetastasen
Stadieneinteilung nach der TNM-Klassifikation
Um noch genauere Aussagen über Tumorausbreitung, Lymphknoten- und Metastasenstatus geben zu
können, wurde in den vergangen Jahren für viele Tumorarten die sogenannte TNM-Klassifikation erarbeitet.
Die TNM-Klassifikation war auch die Bedingung für den internationalen Vergleich z. B. der Tumorinzidenz
oder auch von Behandlungserfolgen bei unterschiedlich en Therapiestrategien.
Die TNM-Einteilung basiert auf drei Hauptsäulen und benennt Ausbreitung von Tumormassen im
Primärtumor, in Lymphknoten und weiteren Metastasenlokalisationen.
TNM-Stadieneinteilungen
1
2
3
- T = Primärtumor. Hochgestellte Zahlen T , T , T geben Größe und Ausdehnung des Tumors an
- N = Noduli/Lymphknoten. Lokalisation befallener Lymphknoten
- M = Metastasen. Feststellung über Lokalisation von Tochtergeschwulstabsiedlungen
TNM-Einteilung am Beispiel des Mamma-Karzinoms
Stadium
T = Primärtumor
T is
0
T
1
T
1a
T
1b
T
1c
T
2
T
3
T
4
T
4a
T
4b
T
4c
T
N = regionäre
Lymphknoten
0
N
1
N
2
N
3
N
M = Fernmetastasen
0
M
1
M
Definition
Präinvasives Karzinom
Kein klinisch nachweisbarer Tumor in der Brust
Tumor 0,2 cm oder weniger in der größten Ausdehnung
0,5 cm oder weniger in größter Ausdehnung
mehr als 0,5 cm, nicht mehr als 1 cm
mehr als 1 cm, nicht mehr als 2 cm
Tumor, dessen Durchmesser mehr als 2 cm, aber weniger als 5 cm beträgt
Tumor, dessen Durchmesser mehr als 5 cm beträgt
Tumor jeder Größe mit direkter Ausbreitung auf die Thoraxwand oder die Haut
mit Ausdehnung in die Brustwand
4a
4b
mit Ödemen, Ulzerationen der Haut oder Satellitenmetastasen/Kriterien und
gemeinsam
entzündliches Karzinom
Keine regionären Lymphknotenmetastasen vorhanden
Tastbare, bewegliche Lymphknotenmetastasen in der gleichseitigen Achselhöhle
1
Wie N , aber an andere Strukturen oder untereinander fixiert
Gleichseitige Lymphknotenmetastasen entlang der Arteria mammaria interna
Keine Fernmetastasen
Fernmetastasen vorhanden
Diese Einteilung hat sich bis heute bewährt. Bedingt durch eine international gültige Stadieneinteilung
können auch standardisierte Therapieschemata erarbeitet werden. Studien zur Erfolgskontrolle und zum
Vergleich sind dadurch möglich. Die TNM-Klassfikation ist auf Lymphome und Leukämien nicht anwendbar,
da sich hierbei nicht zwischen Primärtumorbefall und Metastasen unterscheiden läßt. Zur Einstufung der
Lymphome wird die Ann-Arber-Klassifikation bevorzugt, die die anatomische Ausbreitung des Tumors mit
Zahlen von I-IV bewertet und Fehlen oder Auftreten bestimmt er Symptome wie Nachschweiß, Fieber oder
Gewichtsverlust mit der Zusatzangabe A oder B vervollständigt. Eine auftretende B-Symptomatik
verschlechtert die Prognose vielfach.
Ann-Arber-Stadieneinteilung bei Morbus Hodgkin
Stadium
Definition
Stadium I
Befall einer einzelnen Lymphknotenregion (I) oder eines einzelnen
extralymphatischen Organs
Stadium II
Befall von 2 oder mehreren Lymphknotenregionen auf der gleichen Seite des
Zwerchfells (II) oder lokalisierter Befall eines extralymphatischen Organs sowie
einer oder mehrerer Lymphknotenregionen auf der gleichen Seite des Zwerchfells
(IIE) Befall einer Lymphknotenregion auf beiden Seiten des Zwerchfells
Stadium III
(III) oder von einem lokaliserten Befall eines extralymphatischen Organs
(IIIE) oder vom Befall der Milz (III S) oder vom Befall der Milz und
extralymphatischer Organe (III SE) begleitet
Stadium IV
Diffuser oder disseminierter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe
mit oder ohne Lymphknotenbefall
A-Symptomatik
Ohne Begleitsymptomatik
B-Symptomatk
Mit Begleitsymptomen: Fieber, Schwitzen, Gewichtsverlust > 10 % des
Körpergewichtes in 6 Monaten
Einteilung nach Gewebetyp
Hier wird der Gewebetyp nach histologischen Gesichtspunkten differenziert, um die Ansprechbarkeit auf
bestimmte Behandlungsmethoden, typische Metastasierungsmuster und Verhaltensweisen des Tumors
feststellen zu können
Einteilung nach dem Malignitätsgrad (Grading)
Um Therapieplanung und Prognose festlegen zu können, wird vielfach auch die Einteilung nach dem
Malignitätsgrad festgestellt. Neben dem Differenzierungsgrad gibt die dreiteilige Skala auch
Wachstumsgeschwindigkeit (Anzahl der Mitosen) sowie Aussehen von Zellkernen und Gesamtzelle an.
Gradeinteilung Differenzierung
Grad I: gut differenziert
Grad II: mäßig gut differenziert
Grad III: schlecht differenziert
Um ein möglichst genaues Bild zum bestehenden Krankheitsstadium, zur Planung der
Behandlungsmethode und Prognose darstellen zu können, werden vielfach verschiedene
Einteilungssysteme kombiniert.
1.6. Spezifische und unspezifische Symptome einer Tumorerkrankung
Symptome, die im Rahmen einer malignen Erkrankung auftreten, sind niemals Früh-, sondern immer
Spätsymptome, d. h. der Tumor hat bereits ein bestimmtes Ausmaß erreicht und der Körper reagiert.
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Warnsignale bei Krebs
Unklare Gewichtsabnahme
Blutbeimengungen in Urin, Stuhl, Sputum,
Vaginalsekret ( außerhalb der Menstruation )
Unregelmäßige Blutungen, blutiger, fleischfarbener
Ausfluß
Durchfall, Verstopfung, kleine Blutbeimengungen
im Stuhl
Blutiger Urin, sich wiederholender, langandauernder
Blasenkatarrh, häufiger Harndrang
Blutiger Schleim, häufiger Stuhldrang
Länger als 4 Wochen andauernder Husten oder bei
Rauchern, Veränderung des Hustenverhaltens
Heiserkeit, Schluckbeschwerden, Fremdkörpergefühl
Tastbare Knoten im Bereich von Hoden, Brust oder
Lymphknoten
Sich plötzlich verändernde Muttermale oder Warzen
Auftretende Abneigung gegen bestimmte Speisen
Leistungsknick, Müdigkeit
Weißliche Verfärbung und Verdickung der Schleimhaut
Ausfluß aus der Brustwarze
Abb. 12: Warnsignale einer Tumorerkrankung
Abhängig von Lokalisation, Größe und Art des Tumors können folgende Erscheinungen auftreten:
- Dauerhusten oder -heiserkeit, länger als 4 Wochen auftretend
- Blutbeimengungen in Sputum, Urin, Stuhl
- unregelmäßige Menstruationsblutungen, fleischfarbener Ausfluß,
- Blutungen nach dem Geschlechtsverkehr, Blutungen nach den Wechseljahren
- Schmerzen beim Wasserlassen, nicht deutbare Kreuzschmerzen über einen längeren Zeitraum
- länger anhaltende Magen-Darm-Beschwerden, Schluckbeschwerden,
- blutiges Erbrechen, anhaltende Übelkeit
- nicht oder schlecht heilende Wunden
- Muttermale, Warzen oder sonstige Hautveränderungen, die plötzlich nässen, jucken, bluten, sich
vergrößern oder sich sonstwie verändern
- Stuhlunregelmäßigkeiten wie z. B. paradoxe Diarrhoe
Als mögliches Zeichen einer bösartigen Erkrankung kann es zu folgenden eher indirekten Veränderungen
kommen:
- unklare Gewichtsabnahme von mehreren Kg Körpergewicht, ohne Änderung des Eßverhaltens in 3
Monaten
- Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Widerwillen gegen bestimmte Speisen (insbesondere gegen Fleisch und
Wurstwaren)
- Allgemeine Leistungsminderung, Schwächegefühl
- Temperaturerhöhung (subfebrile Temperaturen)
- Schwitzen, insbesondere nachts
- Veränderungen der Haut und Schleimhaut; bedingt durch eine Knochenmarksdepression kann es zu
Blutungen, Entzündungen oder Zeichen einer Anämie kommen
- Schmerzen durch Nervenkompression oder durch Infiltration (Einwachsen) in andere Gewebe und durch
Druck auf diese
Spezielle Tumorauswirkungen finden sich auch im Rahmen der Paraneoplasien (durch direkte oder indirekte
Tumorauswirkung entstehende Erscheinungen fern vom Tumor).
Alle genannten Zeichen können aber auch Hinweise auf andere Erkrankungen geben, so daß in jedem Fall
eine genaue Diagnostik zur Klärung erforderlich ist.
Werden bei der Krankenbeobachtung solche Symptome festgestellt, sollte der Kranke nicht durch
überflüssige Vermutungen verunsichert, sondern sachlich zur Arztkonsultation bewegt werden.
Bei alten Menschen können derartige Anzeichen auch durch degenerative Veränderungen auftreten, doch
auch hier ist eine differenzierte Abklärung notwendig.
Ebenso können im Alter oder bei Begleiterkrankungen (z. B. Diabetes mellitus) Symptome verfälscht oder
verschleiert sein.
1.7. Präkanzerosen
Unter Präkanzerosen versteht man Zustände oder Veränderungen, die gehäuft zu malignen Tumoren
prädisponieren. Häufig tritt der Tumor dabei erst Jahre oder Jahrzehnte nach Auftreten der
präkanzerotischen Veränderungen auf.
Als Präkanzerosen gelten:
- Chronische Reizzustände, Entzündungen, Narben
- Benigne tumoröse Erkrankungen als Vorstufe zu Malignomen
Tabelle 5 zeigt Präkanzerosen mit den jeweiligen Malignomtypen.
In der heutigen Zeit bedeutet das Wissen um Präkanzerosen die Chance, einerseits durch frühzeitige und
engmaschige Kontrollen einen malignen Befund möglichst frühzeitig zu erkennen, anderseits durch
Beseitigung des präkanzerotischen Zustandes die Entartung zu vermeiden.
1.8. Häufige Tumorerkrankungen
In den unterschiedlichen Ländern lassen sich verschiedene Häufungen von Tumorerkrankungen erkennen.
Dies hängt mit dem Vorhandensein spezifischer Risikofaktoren (z. B. Ernährung, Umwelt, Lebensweise,
hygienische Standards) sowie mit der erblichen Disposition in der jeweiligen Region zusammen.
Nachfolgend sollen nur kurz die in Westeuropa am häufigsten vorkommenden Tumorerkrankungen
aufgezeigt werden.
Tabelle 5: Präkanzerosendisponierende Tumoren
Präkanzerose
1. Chronische Reizzustände
- Colitits ulzerosa, Morbus Crohn
- Cholelithiasis
- Zustand nach Tuberkulose
- Hauttuberkulose (Lupus vulgaris)
- Magenresektion nach Billroth-II-OP
- atrophische Gastritis, gekoppelt mit perniziöser
Anämie
- Bilharziose (Pärchenegelbefall der Blase)
- Chronische Osteomyelitis mit Fistelbildungen
- Xeroderma pigmentosum (genetisch bedingte
Störung im Reparationsmechanismus des Erbguts
der Hautzellen)
Malignom
2. benigne tumoröse Erkrankungen
- Dickdarmpolypen (insbesondere, wenn die Polypen
2 cm Durchmesser überschreiten und rezidivierend
auftreten)
- Polyposis coli (vererbbare Dickdarmerkrankung mit
Ausbildung hunderter Polypen im gesamten Kolon)
- Ostitis deformans Paget
- Kryptochismus
- proliferierende Mastopathie
- Blasenpapillomatose
- adulte Kehlkopfpapillomatose
- Dermatomyositis
- Neurofibromatose
Malignom
Adenokarzinom des Kolons
Adenokarzinom des Darms
Gallenblasenkarzinom
Bronchialkarzinom
Plattenepithelkarzinom der Haut
Magenkarzinom
Magenkarzinom
Blasenkarzinom
Fistelkarzinom Plattenepithelkarzinom
Plattenepithelkarzinom der Haut
Kolonkarzinom
Knochensarkom
Hodenkarzinom
Mammakarzinom
Blasenkarzinom
Kehlkopfkarzinom
Hautkarzinom
Neurofibrosarkom
1.8.1. Kolorektale Karzinome
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
nach Brustkrebs bei Frauen und
Lungenkrebs bei Männern,
häufigste Todesursache Inzidenz
zunehmend
Risikofaktoren
- Alter über 45
- chronische Darmentzündungen
wie Colitis ulzerose, Morbus
Crohn,
- Polyposis Coli
- faserarme, fettreiche Kost
- Übergewicht
- erbliche Disposition
Symptome
- Veränderungen der Stuhlsäule
- paradoxe Diarrhoe
- Blut im Stuhl
- Anämie
- Tumorwarnsignale
Diagnostik
rectale Palpation/Rektoskopie
Koloskopie mit Biopsie
Differentialdiagnose
entzündliche Darmerkrankungen
Tumorart / Kolorektale
Karzinome
Ziel der Diagnostik
Beurteilung der Operabilität /
Staging
Histologie
fast immer Adenokarzinome
Tumorklassifikation/Stadieneint
eilung
TNM-Klassifikation
Stadiengruppierung
Stadieneinteilung nach Dukes
Hinweise
Besondere Gefahren
/Komplikationen
- Verengung der Darmpassage bis
zum Ileus
- Blutung
- Verjauchung durch Tumorzerfall
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
- Resektion des betroffenen
Darmabschnittes mit Lymphdrüsen
unter kurativer Absicht- wenn
möglich
- Palliativ zur Wiederherstellung
der Darmpassage
Strahlentherapie
Wegen der geringen
Strahlensensibilität und den
umgebenden, empfindlichen
Organen des kleinen Beckens,
kommt eine Strahlentherapie eher
selten in Frage.
Chemotherapie
zeigt eher geringe Wirksamkeit.
Weitere Verfahren
bei distalen Rektumkarzinomen
wird unter palliativer Absicht evtl.
eine kryochirurgische Therapie
durchgeführt
Prognose
Heilungschance 20-90 %,
abhängig von Ausbreitung,
Differenzierungsgrad der Zellen
und Fähigkeit des Operateurs
1. 8.2. Magenkarzinom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Männer doppelt so häufig betroffen
wie Frauen Erkrankungsinzidenz
in den letzten Jahren abnehmend,
wahrscheinlich aufgrund
verbesserter
Ernährungsgewohnheiten
Tumorart / Magenkarzinom
Ziel der Diagnostik
Diagnosesicherung
Beurteilung der Operabilität
Ausschluß von Fernmetastasen
Risikofaktoren
Histologie
- Ernährungsverhalten (reichlich
95 % Adenokarzinome
gepökelte, gesalzene, geräucherte
Nahrung)
- Nitratreiche Nahrung
- Rauchen - chronische Gastritis
- Infektionen mir Helikobacter
pylori
- erbliche Faktoren
- Blutgruppe A
Symptome
5 % Sarkome oder maligne NonHodgkin-Lymphome
Tumorklassifikation/
Stadieneinteilung / TNMKlassifikation
- Gewichtsabnahme
- Appetitlosigkeit
- Völlegefühl
- Druckschmerz im Oberbauch
Diagnostik
Gastroskopie mit Biopsie
Differentialdiagnose
Ulkus ventrikuli
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
- Totale Gastrektomie mit
Entfernung der lokalen
Lymphknoten und großem Netz
- Kurative OP meist nicht möglich
- Palliative Operation zur Stillung
von Blutungen oder zur Einlage
einer stenoseüberbrückenden
Endoprothese
Strahlentherapie
eher als Palliativmaßnahme bei
Fernmetastasen möglich, da der
Primärtumor nur sehr gering
strahlensensibel ist
Chemotherapie
Remissionsraten von 20-40 %, bei
Vorliegen von
Lymphknotenmetastasen bei ca.
20 %.
Hinweise
frühzeitiger Lymphknotenbefall
Weitere Verfahren
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Magenblutungen
Passagebehinderung im Magen,
dadurch Unfähigkeit zu essen
Prognose
Bei Radikaloperation - ohne
Lymphknotenmetastasen ca. 50 %
- mit Lymphknotenmetastasen ca. 20 % Heilung
1.8.3. Mammakarzinom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
häufigste Krebserkrankung der
Frau ab dem 65. Lebensjahr
ansteigende Inzidenz
Tumorart / Mammakarzinom
Ziel der Diagnostik
Ausschluß gutartiger MammaVeränderungen
Risikofaktoren
- Alter,
- Erbliche Disposition
- evtl. Hormone,
- Ernährung
- Kinderlosigkeit, hohes Alter bei
der ersten Geburt,
- Adipositas,
- Alkohol
- Menopause ab dem 52. L.J.
Symptome
Histologie
Nichtinvasive Karzinome (ca. 10
%) z.B. intraduktales oder
lobuläres Karzinom
Invasive Karzinome (ca. 50 %)
Invasives duktales Karzinom
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung /
TNM-Klassifikation
- knotige Veränderung
- Größenveränderung
- Flüssigkeitsabsonderung aus nur
einer Brust
- Einziehungen
- Seitendifferenzen
Diagnostik
Hinweise
- Selbstuntersuchung der Frau
- Tastuntersuchung durch den Arzt
- Mammografie
- Punktionszytologie
- Ultraschall
- Thorax-Röntgen,
Skelettszintigrafie, OberbauchSonografie
Differentialdiagnose
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Mastitis
Knochenmetastasen treten
frühzeitig auf.
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
Chirurgische Maßnahmen
Operative Entfernung des
Primärtumors mit
Sicherheitsabstand und
Entfernung positiver axillärer
Lymphknoten
Strahlentherapie
mit kurativer Zielsetzung nach
Mastektomie, zur Behandlung von
Skelettmetastasen oder zur
Behandlung von Hirnmetastasen,
nach brusterhaltender
chirurgischer Therapie im Bereich
des Lymphabflusses
Chemotherapie
eine adjuvante Chemotherapie
oder Hormonbehandlung vermag
die rezidivfreie Zeit zu verlängern
Weitere Verfahren
Hormonbehandlung bei
Vorhandensein von
Hormonrezeptoren
Prognose
10-Jahres-Überlebensrate: ohne
Lymphknotenbefall 75 % bei
Befall von 1-3 Lymphknoten: 25-65
% bei Befall von mehr als 3
Lymphknoten: 15-30 %
1.8.4. Zervixkarzinom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
häufigstes Genitalkarzinom bei der
Frau Altersgipfel für invasive
Karzinome zwischen dem 40. und
60. Lebensjahr
Risikofaktoren
- Anzahl der Sexualpartner
- früher Geschlechtsverkehr in der
Jugend
- Papillomaviren
- Rauchen
Symptome
Tumorart / Zervixkarzinom
Ziel der Diagnostik
Ausschluß anderer Ursachen
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
Bis Stadium IIb Radikaloperation
nach Wertheim-Meighs
Histologie
90-95 % Plattenepithelkarzinome
unterschiedlicher Differenzierung
5-10 % Adenokarzinome
Strahlentherapie
bei primärer Inoperabilität und
Lokalrezidiv, Verbesserung der
Erfolge durch Kombination von
Chemo- und Strahlentherapie
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung /
TNM-Klassifikation
Chemotherapie
- keine Frühsysmptome vorhanden
präoperativ zur
Tumorverkleinerung
Adjuvant zur Senkung des
Rezidivrisikos
Palliativ bei Fernmetastasen
- blutiger vaginaler Ausfluß
- fleischfarbener Ausfluß nach der
Menopause
- postkoitale Blutungen
- atypische Genitalblutungen
Diagnostik
Gynäkologische Untersuchung mit
Inspektion der Portio und
zytologischem Abstrich
Differentialdiagnose
entzündliche Ursachen
Hinweise
Weitere Verfahren
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Miktions- und
Defäkationsbeschwerden in
fortgeschritteneren Stadien
Prognose
nach kompletter Entfernung der
Tumormassen 60-100 %
Heilungschance
1.8.5. Korpuskarzinom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Inzidenz steigt im höheren Alter an
Der Erkrankungsgipfel liegt
jenseits des 60. Lebensjahres 80
% aller Erkrankungen treten nach
der Menopause auf
Tumorart / Korpuskarzinom
Ziel der Diagnostik
Beurteilung von Tumorausbreitung
und Operabilität Ausschluß bzw.
Sicherung von Fernmetastasen
Risikofaktoren
- Alter über 60 Jahre
- frühe erste Periode
- späte Menopause
- Adipositas, häufig kombiniert mit
Diabetes und Hypertonie
- Familiär, erbliche Disposition
- Kinderlosigkeit
Symptome
Histologie
70 % Adenokarzinome mit
unterschiedlicher Differenzierung
(G 1-G 3)
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung /
TNM-Klassifikation und FIGORichtlinien
- postmenopausale Blutungen
- in Spätstadien:
Unterbauchschmerzen, eitriger,
riechender Ausfluß
- palpierbarer Tumor
- Blutungen aus Rektum oder
Blase durch Fistelbildung
Diagnostik
Fraktionierte Abrasio
Hysteroskopie (endoskopische
Untersuchung der Gebärmutter)
Differentialdiagnose
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
mit kurativer Absicht Operation
und Strahlentherapie bei
vorliegenden Fernmetastasen
(Stadium IV b) zusätzlich zur
Strahlentherapie Hormongabe
oder Chemotherapie (dann mit
palliativem Ziel)
Strahlentherapie
eine alleinige Radiatio zeigt nicht
die Erfolge der Operation
Chemotherapie
Insbesondere bei Fernmetastasen
wird eine Chemotherapie
durchgeführt
Hinweise
Weitere Verfahren
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Prognose
Gesamte 5-Jahres-"berlebenszeit 65%
Stadium I - 70-90%
Stadium II - 50%
Stadium III - 30%
Stadium IV - 10%
1.8.6. Ovarialkarzinom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Steigende Inzidenz ab dem 40.
Lebensjahr
Tumorart / Ovarialkarzinom
Ziel der Diagnostik
Ausschluß nichtgynäkologischer
Erkrankungen
Feststellung der Ausdehnung des
Tumorbefalls
Risikofaktoren
- familiäre Disposition
Histologie
Karzinome (Überwiegender Teil)
maligne Keimzelltumoren
muzinöse Tumore
undifferenzierte Malignome
Sarkome (sehr selten)
Metastasen anderer Primärtumore
- keine oder nur wenige
Schwangerschaften
- Adipositas mit hohem Fettverzehr
- Brustkrebs oder
Gebärmutterkrebs in der
Anamnese
Symptome
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung /
TNM-Klassifikation
- keine Frühsymptome vorhanden
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
Entfernung möglichst der
gesamten Tumormasse
(Debulking) durch Entfernung
beider Eierstöcke, der
Gebärmutter, des großen Netzes
und ggf. der umgebenden
Lymphknoten
Strahlentherapie
als perkutane Radiotherapie oder
als Applikation von Radionukliden
in den Bauchraum möglich
Chemotherapie
Chemotherapeutika zeigen gute
Wirksamkeit
- Spätsymptome: Zunahme des
Leibesumfangs bei stagnierendem
oder sinkendem Körpergewicht
Diagnostik
Gynäkologische Palpation
Sonografie intravaginal, Abdomen
und Beckenorgane
Hinweise
Weitere Verfahren
Da in 6-10 % der Fälle der maligne
Ovarialbefund Metastasengewebe
anderer Primärtumore darstellt,
bedarf es der gezielten Diagnostik
Differentialdiagnose
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Ovarialmetastasen andere
Tumore
Prognose
5-Jahres-Überlebensrate:
Stadium I - 70-80 %
Stadium II - 25-45 %
Stadium III - 5-20 %
1.8 .7. Prostatakarzinom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
zweithäufigste
Karzinomerkrankung beim Mann,
typischer "Alterskrebs
Tumorart / Prostatakarzinom
Therapie
Ziel der Diagnostik
Chirurgische Maßnahmen
Ausschluß einer Prostatitis, Zystitis mit kurativem Ziel - Entfernung der
Prostata, samt Kapsel, der
Samenblasen
mit palliativem Ziel - transurethrale
Prostataresektion
Risikofaktoren
- Alter über 60
Histologie
Adenokarzinome (in 90 % der
Fälle)
Symptome
G1 - gut differenzierte, leichte
Aplasie
G2 - mäßig differenziert, mäßige
Aplasie
G3 - schlecht differenziert,
ausgeprägte Anaplasie
G4 - undifferenziertes Gewebe
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung /
TNM-Klassifikation
- in frühen Stadien zeigen sich
keine Symptome
- In Spätstadien: Harnverhalt,
Mikro- oder Makrohämaturie, bei
Metastasen: Kreuzschmerzen,
Ischiasbeschwerden,
rheumaähnliche Schmerzen
Diagnostik
Rektale Palpation der Prostata
Strahlentherapie
bevorzugt palliativ zur Blutstillung
bei blutenden Prostatakarzinomen
mit Zeichen der Makrohämaturie
oder bei Knochenschmerzen
verursachenden Metastasen
Chemotherapie
wirksame
Chemotherapiestrategien sind zur
Zeit nicht bekannt
Hinweise
Weitere Verfahren
Testosteronentzug durch
Hemmung, Hodenentfernung
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Metastasierung: frühzeitig in die
Knochen
Prognose
Prostataspezifisches Antigen
(PSA)
Probebiopsie
Differentialdiagnose
nach kurativer Zielsetzung
- 5-Jahres-Überlebensrate
- über 80 %
bei palliativer Behandlung
- wenige Wochen bis Jahre
1.8.8. Harnblasenkarzinom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Männer 3 x so häufig betroffen wie
Frauen Altersgipfel zwischen dem
50. und 75. Lebensjahr
Tumorart / Harnblasenkarzinom
Ziel der Diagnostik
Festlegung des Tumorstadiums
Festlegung der Operabilität
Risikofaktoren
- Medikamentenmißbrauch
(phenacetinhaltige
Substanzen, Rauchen,
chronische Entzündungen)
- Exposition mit
Anillinfarbstoffen
- Rauchen
Symptome
Histologie
Übergangsepithel - 95 %
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung /
TNM-Klassifikation
- Makrohämaturie ohne
Schmerzen
Diagnostik
Zystoskopie (Blasenspiegelung)
Zytologische Urinuntersuchung
Ultraschall der Blase i.V.
Urogramm Becken-CT
Hinweise
Differentialdiagnose
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
Transurethrale Elektroresektion
der Blase (TUR-B) als
oberflächliche Maßnahme,
Teilentfernung der Blase
Totalentfernung bei ausgedehnten
Befunden,
Anlage einer Harnableitung
Die OP ist die Methode der Wahl
Strahlentherapie
Palliativ wird eine Radiatio bei
nicht operablen Tumoren
eingesetzt
Chemotherapie
Als Indukationsbehandlung kann
eine Chemotherapie durchgeführt
werden bei metastasierenden oder
lokal nicht operablen Tumoren.
Weitere Verfahren
In begrenzten, oberflächlichen
Frühstadien wird die Blase
zytostatisch lokal durch Spülungen
behandelt
BCG-Instillation
Prognose
Die allgemeine 5-JahresÜberlebenszeit liegt zwischen 2090 %, je nach Ausdehnung
1.8.9. Hodentumore
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
zwischen 25 und 30 Jahren 10-15
% aller Krebstodesfälle
Leistenhoden/Bauchhoden
Risikofaktoren
- Lage des Hodens außerhalb des
Skrotums
Symptome
-
Schmerzlose Vergrößerung
des Hodens
tastbarer Knoten
Diagnostik
Palpation des Hodens
Tumormarker β-HCG und AFP
Ultraschall des Hodens
Differentialdiagnose
Tumorart / Hodentumore
Therapie
Ziel der Diagnostik
Chirurgische Maßnahmen
Feststellung der Tumorerkrankung Operative Entfernung
(Semikastration) plus
Lymphknotenentfernung
Histologie
Strahlentherapie
Keimzelltumore - 90 %, davon
Gutes Ansprechen der Seminome
Seminome Chorionkarzinome
hohe Strahlenresistenz der
Chorionkarzinome
Chemotherapie
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung /
TNM-Klassifikation
Gutes Ansprechen der Seminome
Gutes Ansprechen der
Chorionkarzinome Chemotherapie
meist nach OP
Hinweise
Weitere Verfahren
praetherapeutisch Samenspende
Besondere Gefahren
Prognose
/Komplikationen
Metastasierung: frühzeitig
5-Jahres-Überlebensrate:
retroperitoneal und in die Knochen Stadium I - ca. 100 %
Stadium II - über 90 %
Stadium III - ca. 60 %
1. 8.10. AML (Akute myeloische Leukämie)
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Tumorart / AML (Akute
myeloische Leukämie)
Ziel der Diagnostik
Abklärung benigner
Knochenmarkerkrankungen
Histologie
die Histologie ergibt sich aus dem
Reifegrad der entarteten Zellen
Risikofaktoren
- alkylierende Zytostatika
- Ionisierende Strahlen
- Rauchen (doppelt hohes
Risiko)
- Genetische Faktoren (Trisomie
21 - 20fach höheres Risiko)
Symptome
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung /
FAB-Klassifikation der AML
- Granulozytopenie mit allen
Zeichen der Infektanfälligkeit
- Thrombozytopenie mit
Blutungsneigung
- Anämie (Blässe,
Leistungsschwäche)
Diagnostik
Hinweise
Blutbildausstrich und
Ohne Behandlung führen akute
Differentialblutbild
Leukosen innerhalb 14 Tage bis
Knochenmarkpunktion
wenige Wochen zum Tod durch
bedrohliche Infekte oder Blutungen
Differentialdiagnose
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
entfallen wegen der systemischen
Betroffenheit
Strahlentherapie
entfällt
Chemotherapie
Allein die invasive Chemotherapie
ist in der Lage, durch Zerstörung
aller Leukämiezellen eine
Remission zu erreichen
Weitere Verfahren
Retinoide (Abkömmlinge des
Vitamin A) können bei der akuten
promyelozytären Leukämie (FAB
M) Remissionen erzielen.
Prognose
Mittlere Überlebenszeit ohne
Behandlung 2 Monate nach
Diagnosestellung
nach Chemotherapie 20 %
Langzeitüberlebende
nach Chemotherapie und
Knochenmarktransplantation über
50 % Langzeitüberlebende
1.8.11. CML (Chronisch myeloische Leukämie)
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Häufigkeitsgipfel zwischen dem
30. und 50. Lebensjahr
Risikofaktoren
- Gehäuftes Auftreten nach
Strahlenexposition
Symptome
-
-
in der chronischen Phase:
Müdigkeit, Gewichtsverlust,
Milzvergrößerung, evtl.
Thrombosen, Blutungen,
Gichtanfälle
in der akzelerierenden Phase:
Tumorart / CML (Chronisch
myeloische Leukämie)
Ziel der Diagnostik
Nachweis der Erkrankung
Sicherung des Stadiums
Histologie
wie bei der akuten Leukämie
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
entfällt wegen der systemischen
Erkrankung
Strahlentherapie
ggf. Milzbestrahlung gegen
Schmerzen ggf.
Ganzkörperbestrahlung vor der
KMT
Chemotherapie
n der akuten Phase als
Induktionstherapie
in der chronischen Phase als
perorale Monotherapie zur
Konsolidierung als
Hochdosischemotherapie vor der
vermehrte
Allgemeinsymptome wie z. B.
Fieber
- in der akuten Phase: wie in der
chronischen Phase, zusätzlich
Panzytopenie, Infekte,
Blutungen
Diagnostik
Hinweise
Blutbild Knochenmarksausstrich
Eine Heilung ist nur bei jungen
Patienten nach
Knochenmarktransplantation
möglich (liegt jedoch auch unter 20
%)
Differentialdiagnose
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Bei Wechsel von der chronischen
in die akute "Schubphase" kann
der Patient wie bei der AMl rasch
an einem Infekt oder an einer
Blutung versterben.
KMT
Weitere Verfahren
Alpha-Interferon - wirksam in der
chronischen Phase
Leukozytenapherese Auswaschen von Leukozyten aus
dem peripheren Blut
Prognose
langer Krankheitsverlauf 5-10
Jahre
1.8.12. CLL (Chronisch lymphatische Leukämie)
Tumorgruppe
Tumorart / CLL (Chronisch
lymphatische Leukämie)
Allgemeines/Epidemiologie
Ziel der Diagnostik
Auftreten häufiger bei Männern als Sicherung der Diagnose
bei Frauen, gehäuftes Auftreten ab Klärung des Stadiums
dem 50. Lebensjahr
Risikofaktoren
Histologie
- keine bekannt
Therapie
Symptome
Chirurgische Maßnahmen
Die chirurgische Therapie ist
wegen der systemisch
auftretenden Erkrankung sinnlos.
Strahlentherapie
Evtl. Strahlentherapie bei großen
Lymphomen oder stark
vergrößerter Milz
Chemotherapie
Lymphknotenschwellungen
Anämie, Thrombozytopenie
Leukozytopenie
oft keine körperlichen
Symptome vorhanden
Diagnostik
Blutbildausstrich
Knochenmarkausstrich evtl.
immunologische Untersuchung
-
Differentialdiagnose
andere Lymphome
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung
Stadieneinteilung nach Binet oder
Stadieneinteilung nach Rai
Hinweise
Infekte sind die häufigste
Todesursache bei der CLL es ist
bislang keine definitive Heilung
möglich
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Kompression wesentlicher
Strukturen
Eine kurative Chemotherapie ist
nicht möglich. Mit palliativer
Zielsetzung zeigen
Chemotherapeutika gute
Wirksamkeit
Weitere Verfahren
ggf. Kortisonbehandlung
Prognose
Nach Binet-Einteilung ist die
mittlere Überlebenszeit relativ gut:
Binet-Stadium A - über 10 Jahre
Binet-Stadium B - ca. 5 Jahre
Binet-Stadium C - ca. 2 Jahre
1.8.13. Hodgkin-Lymphome
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Männer sind häufiger betroffen als
Frauen (Verhältnis 10 : 6) Der
Altersgipfel liegt zwischen dem 15.
und 30. Lebensjahr und jenseits
des 50. Lebensjahres, HodgkinLymphome machen 25 % aller
malignen Lymphome aus
Risikofaktoren
- familiäre Disposition
- Epstein-Barr-Virus-Exposition
- Umweltgifte
Symptome
zunächst schmerzfreie
Lymphknotenschwellungen
- Allgemeinsymptome:
Müdigkeit,
Leistungsschwäche, Fieber,
Nachtschweiß, seltener
Alkoholschmerz in den
befallenen Organen,
uncharakteristischer Juckreiz
Diagnostik
Lymphknotenextirpation zwecks
histologischer Untersuchung,
ansonsten weitere
Untersuchungen zur
Stadieneinteilung
-
Differentialdiagnose
Tumorart / Hodgkin-Lymphome
Ziel der Diagnostik
Festlegung des
Krankheitsstadiums
Planung der Therapie
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
als Biopsie zur Diagnosesicherung
Histologie
Typisches Erkennungszeichen
sind die Sternbergschen
Riesenzellen Unterscheidung
nach 4 Subtypen:
lymphozytenreicher Typ
lymphozytenarmer Typ
nodulär-sklerosierender Typ
Mischtyp
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung
Ann-Arber-Klassifikation
Strahlentherapie
Bestrahlung der befallenen
Lymphknoten bis hin zur Mantelund y-Feld-Bestrahlung In
Stadium IA und IIA alleinige
Strahlentherapie Kombination mit
Chemotherapie bei ungünstigem
Befall
Hinweise
B-Symptomatik verschlechtert
meist die Prognose: ungeklärter
Gewichtsverlust von über 10 % in
6 Monaten, längeranhaltendes,
ungeklärtes Fieber über 38 ³C,
Nachtschweiß
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Chemotherapie
Alleinige Chemotherapie in
Stadium IIIB und IV Kombinierte
Chemo-Strahlentherapie bei
ungünstigem Befall
Weitere Verfahren
Bei Rezidiv oder ungenügendem
Ansprechen auf eine
Chemotherapie wird eine
Hochdosistherapie mit
anschließender KMT oder
Stammzelltransplantation
empfohlen
Prognose
in lokalisierten Stadien:
10 Jahresüberlebensrate: 85-95
%,
in fortgeschrittenen Stadien:40-60
%
1 .8.14. Non-Hodgkin-Lymphome
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Männer häufiger betroffen als
Frauen, Altersgipfel im 7.
Lebensjahrzehnt
Risikofaktoren
- evtl. virale Genese (BurkittLymphom nach Epstein-BarrInfektion)
- Störungen im Immunsystem,
ionisierende Strahlen,
Zytostatikaexposition
Symptome
Tumorart / Non-HodgkinLymphome
Ziel der Diagnostik
Staging
Therapie
Histologie
Hodgkinzellen/Sternberg ReedZellen Kieler-Klassifikation
International-Working Formulation
(IWF)
Strahlentherapie
In lokalisierten Frühstadien
Strahlentherapie mit potentiell
kurativem Ziel
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung
Stadieneinteilung nach Ann-Arber:
- Ähnlich wie Morbus Hodgkin:
I Maximal eine LK-Station oder
- häufiger Beschwerden im
eine extralymphatische Region
Mund- und Rachenbereich
oder im Magen-Darm -Bereich, befallen,
II Befall mehrere LK-Regionen
häufig schmerzlose
oder Befall eines
Lymphknotenschwellungen.
extralymphatischen Gewebes auf
evtl. primärer Hautbefall
einer Seite des Zwerchfells
III Befall von LK-Regionen
beidseits des Zwerchfells
einschließlich lokalisierter Befall
von Milz oder eines anderen
extralymphatischen Gewebes
IV disseminierter Befall von LK
und extralymphatischen Geweben
Diagnostik
Hinweise
Lymphknotenextirpation
evtl. Interferon alpha als
Erhaltungstherapie
Differentialdiagnose
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Chirurgische Maßnahmen
Chemotherapie
In fortgeschrittenen Stadien Chemotherapie mit palliativem Ziel
Weitere Verfahren
Bei Rezidiven - erneute
Chemotherapie oder palliative
Strahlentherapie
Prognose
abhängig von Malignitätsgrad,
Ausbreitung
1 .8.15. Plasmozytom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
Männer häufiger betroffen als
Frauen, Altersgipfel im 7. und 8.
Lebensjahrzehnt
Risikofaktoren
- erbliche Disposition
- Strahlenexposition (10-30
Jahre vor Erkrankung)
Symptome
Tumorart / Plasmozytom
Ziel der Diagnostik
Ausschluß anderer
Knochenerkrankungen
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
Stabilisierung von Frakturen
Histologie
histologisch entsteht das
Plasmozytom aus pathologisch
veränderten Plasmazellen
Strahlentherapie
Eine kurative Strahlentherapie ist
nur bei solitärem Auftreten
möglich. Die palliative
Strahlentherapie wird bei
schmerzhaften oder
frakturgefährdeten
Skelettbereichen durchgeführt.
Chemotherapie
Tumorklassifikation /
Stadieneinteilung
- rheumaähnliche Beschwerden, Einteilung nach Durie und Salmon
Knochenschmerzen,
- Spontanfrakturen durch
Osteolysen,
- Blutungsneigung, Anämie,
- Infektneigung, Proteinurie,
- Leukopenie, Thrombopenie,
evtl. Niereninsuffizienz
Diagnostik
Hinweise
Knochenmarkzytologie und
Thromboseneigung durch
Histologie per
Viscositätserhöhung
Beckenkammbiopsie, Blutbild,
Untersuchung der Nierenfunktion,
Röntgen: Schädel, Wirbelsäule,
Becken, Thorax, Extremitäten, Ephorese
Differentialdiagnose
Besondere Gefahren
/Komplikationen
Tumoren mit
Pathologische Frakturen
Knochenmetastasierung
Nierenversagen
Palliative Chemotherapie bei
multiplen Plasmozytomherden zur
Reduktion der
Gesamtmyelomzellen
Weitere Verfahren
Prognose
Abhängig vom
Erkrankungsstadium:
Mittlere 5-Jahres-Überlebensrate 25-30 %
IA - 5 Jahre
IB, IIA und B - 4,5 Jahre
IIIA - 2,5 Jahre
IIIB - 14 Monate
1.8.16. Bronchialkarzinom
Tumorgruppe
Allgemeines/Epidemiologie
- häufigste Neuerkrankung beim
Mann
- bei Frauen Zunahme der
Inzidenz
- Altersgipfel zwischen 45 und
85 Jahre
Risikofaktoren
- inhalatives Rauchen,
- ionisierende Strahlen,
- Z. n. TBC
Tumorart / Bronchialkarzinom
Ziel der Diagnostik
- Feststellung der Ausdehnung
der Krankheit
- Sicherung der Histologie
- Beurteilung der Operabilität
- Beurteilung der richtigen
Therapieform
Histologie
- kleinzelliges
Bronchialkarzinom
- Nichtkleinzelliges
Bronchialkarzinom:
Plattenepithelkarzinom
Adenokarzinom
- großzelliges Karzinom
adenosquamatöses Karzinom
Symptome
- Husten, der länger als 4
Wochen besteht
- Veränderung des
Hustenverhaltens
- Blutbeimengungen beim
Sputum
- Schmerzen
- Atemnot
- Heiserkeit
Stadieneinteilung
bei nichtkleinzelligen BC
- Stadium 0 Tis No Mo
1-2
- Stadium I T No Mo
1-2
1
- Stadium II T N Mo
1-2
2
- Stadium IIIA T N Mo
3
-2
T No Mo
- Stadium IIIB jedes
3
T N Mo
T4 jedes Mo
N
- Stadium 4 jedes jedes M1
T
N
Therapie
Chirurgische Maßnahmen
- bei Kleinzellern nur, wenn der
Tumor in seiner Ausdehnung
begrenzt ist
- bei Nichtkleinzellern mit
kurativer Zielsetzung
Strahlentherapie
- Kurative Zielsetzung, bei
"limited disease", nach
kompletter Tumorrückbildung
infolge der abgeschlossenen
Chemotherapie (weniger
Lokalrezidive)
- zur Erreichung einer
kompletten Tumorrückbildung
nach inkompletter Rückbildung
infolge Chemotherapie
- zur Erreichung einer
Komplettremission nach
unzureichender Wirkung der
Chemotherapie bei begrenzter
Tumorausbreitung
- Adjuvant, als
Schädelbestrahlung zur
Metastasenprophylaxe
- Palliativ, zur Linderung TUbedingter Symptome
Chemotherapie
- Kurativ - bei "limited disease"
- Palliativ - bei schlechter
Prognose (z. B. Rezidiv nach
Chemotherapie, rasche
Verschlechterung des
Allgemeinzustandes)
1.8.16. Bronchialkarzinom - Fortsetzung
Diagnostik
- Thoraxröntgen
- Zytologie/Sputum und
Bronchialsekret
- Bronchoskopie mit Biopsie
- evtl. Mediastinoskopie
- CT/MNR (Brust, Bauch,
Schädel)
-
Differentialdiagnose / weitere
Verfahren
Skelettszintigrafie
Oberbauchsonografie
Knochenbiopsien EKG,
Lungenfunktion und
Blutgasanalyse
Besondere Gefahren
/Komplikationen
-
bei kleinzelligen BC
"Limited disease"= Tumor ist
auf eine Thoraxseite begrenzt
"Extended disease"=
Tumorausdehnung über
"limited disease" hinaus
Übersicht über Verfahren
- In Frühstadien (selten) kann
eine Operation vor oder nach
einer Chemotherapie sowie im
Anschluß eine Radiatio
durchgeführt werden. Bei
kleinzelligen BC ist die
Therapieform der Wahl die
Chemotherapie.
- Häufig erfolgt nach
Beendigung der Zytostase
eine ergänzende Radiatio im
Bereich der Tumorregion
Prognose
-
-
-
Im Stadium "limited disease"
Remissionsraten von über 80
%, jedoch meist von kurzer
Dauer
(6-8 Monate) Die mittlere
Überlebenszeit liegt bei einem
Jahr.
Bei "extended disease" liegen
die Remissionsraten bei 60 %,
die mittlere Überlebensdauer
bei unter 6 Monaten.
1.9. Notfallsituationen
Notfallsituationen verursachen für den Betroffenen durch eine meist unerwartete Reaktion eine akute
Lebensbedrohung.
Auftretende Notfallsituationen erfordern umgehendes, zielgerichtetes und fachlich kompetentes Agieren der
Pflegenden.
Im ambulanten Pflegebereich zeichnet sich hier die Notwendigkeit ab, onkologische Patienten nur von
qualifizierten Krankenschwestern und Krankenpflegern betreuen zu lassen. Sowohl die Beobachtung von
Veränderungen, die auf einen kommenden Notfall hinweisen, wie auch das Erkennen der aufgetretene n
Notfallsituation sowie der Effektivität eingeleiteter Notfallmaßnahme n stehen in dichter Abhängigkeit von
der Qualität und Erfahrung des Pflegenden.
Somit hängt das weitere Schicksal des Betroffenen von der fachlichen Kompetenz des Pflegenden in der
ambulanten Pflege ab.
Tabelle 6: Strategisches Vorgehen im Notfall bei onkologischen Patienten
-
Anpassung an den neuen Informationsstand,
durch ständige Fort- und Weiterbildung
Qualifikation durch Information
-
Analyse potentieller Notfallreaktionen (ggf.
zusammen mit dem Arzt), bei Übernahme eines
Patienten mit Tumorerkrankung
Interaktion mit dem Arzt
-
Planung von Beobachtungskriterien in die
Pflegeplanung (z. B. Bewußtseinslage und
Pulsbeobachtung bei drohendem Hirndruck)
Planung von präventiv-wirksamen Maßnahmen
(z. B. Obstipationsprophylaxe bei Gefahr des
Ileus)
Entwicklung von Standards
Dokumentation von Beobachtungen und
Maßnahmen
Pflegeplanung und Dokumentation
Einbezug des Patienten in die Pflege
Pflegevisiten zur Qualitätssicherung
Fallbesprechung im Team
Förderung der Eigenaktivität des Patienten
Qualitätssicherung durch Interaktion mit
Kollegen
-
-
-
Einteilung der Notfallsituationen
Onkologische Notfallsituationen lassen sich unterteilen in verschiedene Gruppen.
Tabelle 7: Einteilung der onkologischen Notfallsituationen
Notfälle durch direkte Tumorwirkung
- Ileus
- Hirndruck durch intracranielle Drucksteigerung
- Arteria Carotis-Ruptur
- Rückenmarkskompression und
Querschnittslähmung
- Obere Einflußstauung
Notfälle durch Störung der Blutgerinnung und
Viskosität
- Hämorrhagische Diathese
- Thrombosen
- Disseminierte intravasale Gerinnung
Notfälle durch Elektrolyt- und
Stoffwechselentgleisung
- Tumorlysesyndrom
- Hyperkalzämische Krise
Notfälle verschiedener Ursache
- Respiratorische Insuffizienz/Lungenblutung
- Zytostatikainduzierte Alveolitis
- Akut auftretende Sepsis
- Hirnblutung
Zusammenarbeit zwischen Pflegenden und Ärzten
Anders als im stationären Bereich, sind ambulant Pflegende häufig in der ersten Phase der Notfallsituation
auf sich allein gestellt. Die ersten Schritte werden durch sie eingeleitet und häufig bleibt dann die
Hilflosigkeit des passiven Begleitens, d. h. mit dem Patienten gemeinsam auf den Notarzt oder Hausarzt zu
warten.
Die Betreuung von onkologischen Patienten im ambulanten Bereich kann ohne Qualitätsverluste gegenüber
einer stationären Versorgung nur dann funktionieren, wenn hier die ärztliche Notfallversorgung gewährleistet
ist.
Die folgenden Tabellen zeigen schematisch die wichtigsten Informationen zu den verschiedenen Notfällen.
1.9.1. Notfälle durch direkte Tumorwirkung
1.9.1.1 Ileus/intestinale Obstruktion
Als Ileus bezeichnet man einen durch ein mechanisches Hindernis ausgelösten Darmverschluß oder durch
Darmlähmung (Paralyse) bedingte Transportstörung . In beiden Fällen kommt es zur kompletten oder
inkompletten Passageunterbrechung. Durch direktes Tumorwachstum kommt es bevorzugt zum
mechanischen Ileus.
Risikopatienten
Patienten mit:
- Zustand nach Bauch-OP
- Zustand nach Bestrahlung im abdominellen Bereich
- Kolonkarzinom
- Ovarialkarzinom
- Malignem Melanom
- Blasenkarzinom
- Zervixkarzinom
Symptome
- krampfartige Leibschmerzen
- aufgetriebener Leib
- evtl. Veränderung der Stuhlsäule bei langsam zunehmendem Verschluß
- evtl. Diarrhoe
- evtl. Erbrechen
Prognose
Die häufig bei malignen Lymphomen, Zervixkarzinomen und Blasentumoren durchgeführten Bestrahlungen
führen schnell zu einer Narbenbildung im abdominellen Bereich. Nach operativer Beseitigung des
mechanischen Ileus ist hier die Prognose gut.
Im Gegensatz hierzu ist der Ileus bei den übrigen Tumoren eher durch lumeneinenengendes
Tumorwachstum als durch Strangbildung bedingt. Hier wird eher palliativ ein Stoma oder eine
Kurzschlußverbindung angelegt, um Nahrungspassage und Lebensqualität zu erhalten.
Therapie
Die operative Ausschaltung des mechanischen Hindernisses ist die einzige befriedigende Lösung. Es wird
hierzu ein Anus praeter = Stoma oder eine Umgehungsanastomose angelegt.
Pflege
Pflegerische Interventionen sind zielgerichtet auf:
- Vermeidung lebensbedrohlicher Komplikationen
- Reduktion von Schmerzen
- Verbesserung der Lebensqualität
Qualifikation des Pflegenden
evtl. Kenntnisse über spezielle Bauchmassagen
Pflegeplanung bei Ileusgefahr
Pflegeproblem
Gefahr des Darmverschlusses
Pflegemaßnahme
Pflegeziel
Erhalt der normalen Darmpassage
- geeignete Maßnahmen zur
regelmäßigen Stuhlpassage
planen
- Flüssigkeitszufuhr erhöhen
- Buttermilch, Pflaumensaft oder
abführende Tees einsetzen
- keine stark quellenden
Speisen in größerer Menge
geben (z. B. Apfelsinen,
Spargel)
Häufig jedoch setzt der Ileus spontan und notfallartig ein. Pflegende im ambulanten Bereich informieren bei
Erkennen spezifischer Symptome umgehend den Arzt, damit gemeinsam das weitere Vorgehen geplant und
eine Krankenhauseinweisung zur Operation in die Wege geleitet werden kann.
Pflegeplanung bei bestehender intestinaler Obstruktion
Pflegeproblem
Aufstoßen, Erbrechen durch
Passagehindernis
Meteorismus
Gefahr der Kachexie wenn der
Patient aufgrund zunehmender
Obstruktionszeichen nur noch
breiige und flüssige Nahrung zu
sich nimmt
Pflegemaßnahme
- Patienten beruhigen
- Arzt informieren
- evtl. Magensonde legen
- ggf. Antiemetika nach
Arztanordnung verabreichen
- Urinausfuhr beobachten und
messen
- feuchte Wärme
- Kümmel-Fenchel-Anis-Tee
- sanfte Bauchmassage
- Errechnen des Energiebedarfs
- Zusammenstellen einer
individuell angemessenen
Ernährung (bei Malignom 40
% Fett, 30 % KH, 30 %
Eiweiß)
- Kalorienreiche
Zwischenmahlzeiten anbieten
Pflegeziel
- Vermeidung von
Stuhlerbrechen
- Verbesserung /
Wiederherstellung der
Lebensqualität
- Einleitung weitere
Maßnahmen
- Windabgang ermöglichen
-
Erhalt/ Wiederaufbau eines
angemessenen
Ernährungszustandes
Bei bestehendem Verdacht auf eine intestinale Obstruktion ist es ratsam, nicht sinnlose Zeit zu vergeuden.
Ein Schockzustand oder die Notwendigkeit zur Durchführung einer Notoperation im Nachtdienst des
operierenden Arztes reduziert die Chancen des Betroffenen, diese Komplikation zu überleben.
1.9.1.2 Hirndruck/intrakranielle Drucksteigerung
Risikopatienten
Patienten mit:
- Hirnmetastasen
- epithelialen Tumoren (insbesondere Mamma-, Bronchial-Karzinom)
- primären Hirntumoren
- Bluthochdruck
- Koagulopathien
Symptome
- Kopfschmerzen
- Übelkeit/Erbrechen
später
- Bewußtseinsveränderungen
- Nackensteifigkeit
- Sehstörungen
- Veränderungen der Schmerzempfindung
- Pupillenverengung
- evtl. Krämpfe (ähnlich epileptischen Krämpfen)
bei weiterem Fortschreiten:
- Bewußtlosigkeit
- Pupillenerweiterung
- durch Zusammenbruch der Atem- und Kreislauffunktion Tod
Prognose
Die Prognose ist fast bei allein Hirndruckursachen im onkologischen Bereich schlecht. Lediglich die kurative
Entfernung eines Hirntumors oder einer Solitärmetastase stellt eine Ausnahme dar.
Therapie
Durch Kortikosteroide lassen sich Hirndruckzeichen meist schnell lindern. Zur Ursachenausschaltung eignen
sich OP, Chemo- oder Strahlentherapie, je nach Lokalisation und Ansprechbarkeit.
Kopfhochlagerung
Pflege
Pflegerische Maßnahmen werden vorrangig mit folgender Zielsetzung durchgeführt:
- frühzeitiges Erkennen von hirndruckbedingten Symptomen
- Mitentscheidung im therapeutischen Team durch Einbringen beobachteter Informationen (z. B.
Bewußtseinslage)
- Linderung von Beschwerden und Erhalt oder Wiederherstellung der größtmöglichen Lebensqualität
Qualifikation des Pflegenden
- Neurologische Grundkenntnisse (z. B. zu Reaktionen des Gehirns auf intrakranielle Drucksteigerung)
- Kenntnisse zur Krankenbeobachtung
- Bestehendes Vertrauensverhältnis zum Patienten
Vorhandener Austausch mit Arzt und Kollegen ist möglich
Pflegeplanung bei Hirndruck
Pflegeproblem
Übelkeit und Erbrechen
Pflegemaßnahme
- Patient erhält Wunschkost
- ständig kaltes Wasser
bereitstellen
- Kopf hochlagern
Patient leidet unter
- Schmerzanalyse durchführen
Kopfschmerzen, fühlt sich dadurch - evtl. tagesabhängiges
beeinträchtigt
Auftreten analysieren
- Lärmbelästigung ausschalten
z. B. kein lautes Radio
- Patient soll Kopf nicht bücken
- Hustenattacken vermeiden
(Lavendelöl)
- Opstipationsprophylaxe
- evtl. Oberkörperhochlagerung
- evtl. Kühlkissen für den Kopf
- beim Patienten verweilen
Patient reagiert desorientiert, ist
- evtl. um Hilfe (Angehörige z.
nicht klar bei Bewußtsein, zeigt
B.) bitten, falls dies der Patient
Symptome der Angst
wünscht
- Hilfen zur Orientierung geben
(Zeit, Ort, Raum und Person
benennen)
- Basale Stimulation einsetzen
- Ruhig auf den Patienten
einwirken
- Patienten auffordern, seine
Gefühle und Empfindungen,
Ängste und Gedanken
auszusprechen
Veränderungen der Herz-Kreislauf - regelmäßige Pulskontrolle
- und Atemfunktionen z. B.
- regelmäßige
Bradykardie als Hirndruckzeichen
Blutdruckkontrolle
- regelmäßige
Hypertonie
Blutdruckkontrolle
Pflegeziel
- Lebensqualität wird erhalten
-
Linderung der Schmerzen
Förderung/Wiederherstellung
der Lebensqualität
-
Patient erfährt Gefühl der
Sicherheit und Geborgenheit
Patient fühlt sich nicht allein
gelassen
Einbezug von
Patienteninformationen in
Krankenbeobachtung und
Pflegeplanung möglich
-
-
-
Hypotonie
-
Erhöhung der
Flüssigkeitszufuhr
-
Temperaturanstieg bei Druck auf
das Zwischenhirn
-
Temperaturkontrolle, meist
zentrale fiebersenkende
Maßnahmen erforderlich,
Verabreichung nach
Arztanordnung
-
Erkennen bradykarder
Veränderungen, Einleitung
weiterer Therapieverfahren
Erkennen einer
hirndruckbedingten
Blutdruckveränderung
Abfangen der hypotonen
Blutdruckkrise
Erkennen hirndruckbedingter
Temperaturveränderungen
Pflegeplanung bei Hirndruck - Fortsetzung
Pflegeproblem
Tachypnoe bei Beeinträchtigung
des Stammhirns
Pflegemaßnahme
- Beobachtung der Atmung
- sofortige Arztinformation bei
Veränderungen
Krampfneigung/Potentielle Gefahr - Überprüfen, ob der Patient
von Krampfanfällen
über diese Möglichkeit
informiert wurde, sonst
Arztgespräch einleiten
- Pat. über Notfallvorgehen
informieren
- Gummikeil bereitlegen
- evtl. Bettenden mit Decke
abpolstern
- mit dem Arzt über Reserve/Notfallmedikation sprechen
Abnorme Hunger- und Lustgefühle Bei 1
- Salzhaltige Speisen und
1. verstärkter Salzhunger
Getränke (z. B. Brühe)
2. Hunger auf Süßigkeiten
anbieten
- Ein- und Ausfuhrbilanz
- Absprache mit dem Arzt
Einschränkungen der Mobilität
durch zunehmenden Hirndruck
Bei 2
- Auf Wünsche des Patienten
eingehen
- engmaschige BZ-Kontrollen
- viel trinken lassen
- in früheren Stadien
Oberkörperhochlagerung
- Durchführung der Dekubitus-,
Kontraktur, Pneumonie- und
Thromboseprophylaxe-
Pflegeziel
- Erkennen von
Atemveränderungen
-
-
-
-
-
Patient kann Vertrauen
aufbauen, durch Erhalt von
Informationen
Patient kann Angst abbauen
Patient erkennt die
Sicherheitsmaßnahmen und
fühlt sich sicher
schnelles Eingreifen im Notfall
ist möglich
Vermeidung von Verletzungen
Patient fühlt sich in seinen
Wünschen angemessen
behandelt
Erhalt der Lebensqualität
Verbesserung des
hirnvenösen Blutabflusses
Vermeidung
immobilisationsbedingter
Schäden
Im Rahmen hirndruckbedingter Veränderungen von Herz-Kreislauffunktionen und Atemsituation bleibt in der
Pflege vorrangig die Krankenbeobachtung mit dem Ziel, Störungen möglichst frühzeitig erkennen zu
können. Geeignete, symptomorientierte Maßnahmen greifen wegen der meist zentralen Beeinträchtigung
nicht.
Angeordnete Kortikosteroide senken hierbei den Hirndruck und reduzieren damit die Problematik. Im
Endstadium des bestehenden Hirndruck reicht diese Wirkung jedoch häufig nicht mehr aus. Wirksame
Strategien fehlen hier.
1.9.1.3 Ruptur der Arteria Carotis
Risikopatienten:
- Patienten mit Hals-Kopf-Tumoren
- Zustand nach therapiebedingter Gefäßschädigung (z. B. OP plus Radiatio)
- Infiltration der Arteria Carotis durch Tumorgewebe im Terminalstadium
-
Pat. mit zusätzlicher Thrombopenie nach Zytostase
Symptome
- Bei Arrosion der Arteria Carotis und Infiltration: häufig vorangehende kleinere Blutung, Schmerzen,
Nervenfunktionsstörungen als Vorzeichen
Prognose
Der meist vorangehenden kleinen Blutung folgt bei der Arrosion nahezu immer eine stärkere, die schließlich
zum Tod des Patienten führt. Bei der postoperativen Blutung ist die Prognose günstiger, wobei sich
Diagnostik und Therapie insgesamt an der allgemeinen Prognose orientiere n sollten.
Therapie
Bei Gefahr einer Arteria Carotis-Ruptur sollte ein erfahrener Gefäßchirurg hinzugezogen werden, der über
das weitere Procedere im entsprechenden Fall befindet.
Bei ausgedehnter Arrosion durch Tumorinfiltration stehen ohnehin meist keine therapeutischen
Möglichkeiten mehr zur Verfügung, da es sich vielfach um "austherapierte" Patienten handelt.
Pflege
Pflegerische Maßnahmen werden durchgeführt unter der Zielsetzung:
- Vermeidung einer postoperativen Carotis-Ruptur
- Unterstützung und Begleitung des Patienten im Bewußtsein dieser Gefahr
- Hilfe bei der Entscheidung für oder gegen eine Therapie
Qualifikation des Pflegenden
- Kenntnisse über Notfallsituation sind vorhanden
- Vertrauensverhältnis zum Patienten besteht
- Pflegender ist in der Sterbebegleitung erfahren
- Regeln zur patientenzentrierten Gesprächsführung sind bekannt
- Pflegende/r erhält Unterstützung vom Team
Pflegeplanung bei potentieller Rupturgefahr
Pflegeproblem
Gefahr der Ruptur durch
a) postop. Wundinfektion
Pflegemaßnahme
-
b) Husten/Reizhusten
-
c) Nausea/Emesis z. B.
nach Chemotherapie
-
-
steriler Verbandswechsel 1-2
täglich
Wundbeobachtung
Vorbeugung einer Infektion
durch allg. Infektprophylaxe
Pat. auffordern, nicht zu
rauchen
ggf. Lavendel-BrustKompresse
Lavendelöl in Duftlampe
evtl. Zitronenöl in Duftlampe
Patienten beruhigen
Sorge für regelmäßige
Einnahme verordneter
Antiemetika
Kühle Getränke anbieten
Pflegeziel
-
komplikationslose
Wundheilung
-
komplikationslose Atmung
Förderung von Wohlbefinden
Vermeidung von
Nausea/Emesis
Pflegeplanung bei potentieller Rupturgefahr - Fortsetzung
Pflegeproblem
d) Pressen bei Obstipation
Pflegemaßnahme
- Pat. auffordern morgens auf
nüchternen Magen ein Glase
lauwarmes Wasser zu trinken
- Kolonstimulierende Einreibung
- ggf. Fenchel-,
Kümmelölmassage der
Bauchregion
- ballaststoffreiche Nahrung (mit
ausreichend Flüssigkeit)
- milder abführender Tee
- nach Arztanordnung Laxantien
- evtl. Umstellung der Opioide
2) Stress mit entstehender Hektik, - mit dem Patienten über seine
Bewegungsdrang und Angst durch
Angst sprechen
Sehen, Fühlen oder Spüren des
- Verständnis für seine Angst
Tumors
zeigen
- ihn motivieren, seine Angst
niederzuschreiben, anstelle zu
schreien
- eigene Hilflosigkeit zugeben
- weiterreichende
Gesprächsangebote z. B. mit
dem Arzt anbieten
- evtl. bei
Patienteneinverständnis
Sedierung erwirken
Pflegeziel
- Förderung der Darmmotorik
- Erleichterung des Stuhlgangs
- Förderung von Wohlbefinden
-
Patient kann seine Ängste
anders ausdrücken
Patient wird ruhig
Patient akzeptiert sich und
seine Angst
stressbedingter Druckanstieg
wird vermieden
Pflegeplanung bei bestehender Arteria Carotis-Blutung
Pflegeproblem
1. Bestehende, kleine
postoperative Blutung
Pflegemaßnahme
- Patienten beruhigen
- Arzt informieren
- Wunde beobachten
- engmaschige
Vitalzeichenkontrolle
2. stärkere arterielle Blutung
-
Ertasten der Arteria Carotis
manuelle Kompression der
Arteria Carotis bis zum
Eintreffen des Notarztes
Pflegeziel
- Patient erkennt klar, aber nicht
überängstlich seine Situation
- einsetzende stärkere Blutung
wird erkannt
- Herz-Kreislaufkomplikationen
werden frühzeitig erkannt
- Minimierung des Blutverlustes
bis zur Operation
(Operationsindikation fraglich)
Pflegeplanung bei bestehender Arteria Carotis-Blutung - Fortsetzung
Pflegeproblem
3. bestehende Blutung bei
tumorbedingter Ruptur
Pflegemaßnahme
- beim Patienten bleiben
- Situation wach aber nicht
hektisch erkennen
- Patienten beruhigen
- Patient soll sich in Seitenlage
legen
- durch Absaugen Aspiration
und Herunterschlucken von
Blut vermeiden
- Patient über alle Schritte
informieren
- evtl. Angehörige bei Wunsch
des Patienten informieren
- nach Wünschen fragen
Pflegeziel
- Patient und evtl. Angehörige
sind in der Lage, die Situation
ohne Panik zu erleben
- Patient spürt Verständnis und
kann ggf. Wünsche äußern
Gerade am Beispiel der Arteria-Carotis-Ruptur läßt sich das Problem einer unzureichenden
Patientenaufklärung verdeutlichen.
Wurde mit dem Kranken im Frühstadium einer absehbaren Arteria Carotis-Ruptur über das potenzielle
lebensbedrohliche Problem gesprochen und hatte dieser die Möglichkeit, das nahende Ende seines Lebens
zu akzeptieren, so wird er in der gegebenen Notfallsituation ruhiger und gelassener damit umgehen können.
1.9.1.4 Rückenmarkskompression und Querschnittssymtomatik
Risikopatienten
Patienten mit:
- Skelettmetastasen, die vom Wirbelkörper ausgehend, in den Wirbelkanal einwachsen
- Metastasen der Meningen (= Rückenmarkshäute)
Gehäuft kommt es zur Rückenmarkkompression beim:
- Bronchialkarzinom
- Plasmozytom
- Prostatakarzinom
- Mammakarzinom
- Non-Hodgkin-Lymphom
- Primärtumor im Spinalkanal
Symptome
- Sowohl seitenbetonte Symptome als auch beidseitig auftretende Symptome sind möglich
- Schmerzen kommen in fast 90 % aller Fälle vor und gehen den Befunden meist längerfristig voraus
- Parästhesien (Kribbeln, Taubheit, Brennen)
- Störungen beim Wasserlassen oder Stuhlgang
- bei zunehmender Rückenmarkkompression - evtl. Querschnittsymptomatik
Prognose
Eine echte Querschnittslähmung kommt bei skelettmetastasenbedingten Wirbelkörperfrakturen nur in
Ausnahmefällen vor, da die Wirbelkörper bevorzugt im vorderen Bereich zusammensinken und die
Nervenaustrittstellen meistens relativ unbeschädigt bleiben. Bei bestehender Querschnittssymptomatik liegt
vielfach auch eine Rückenmarkskompression durch Tumorwachstum vor.
Therapie
Chirurgie
- Laminektomie (Entfernung eines oder mehrerer Wirbelbögen) und/oder
- Stabilisierungsoperationen (z. B. mit Fixateur intern) oder Eingabe von Knochenzement.
- ggf. Reduktion der Tumormasse
Radiatio
-
Als Kombinationsbehandlung Operation/Radiatio, falls der lokale Tumor nur unzureichend entfernt
werden konnte
Als Primärbehandlung bei Inoperabilität
Chemotherapie
- nur bei hoher Sensibilität für Medikamente nur in Ausnahmesituationen, z. B. bei Lymphomen,
Kortikoidgaben
Pflege
- Intensive Krankenbeobachtung im Bereich der aufgetretenen oder potentiellen Probleme
- intensive psychische und pflegerische Betreuung
- Unterstützung bei allen Aktivitäten, die der Patient nicht selbständig durchführen kann
Prognose
Bei zunehmendem Tumorwachstum nimmt die Gefahr der Querschnittsymptomatik zu.
Pflegeplanung bei drohender/bestehender Rückenmarkkompression
Pflegeproblem
Patient hat Angst, daß sich eine
Rückenmarkkompression
entwickelt oder eine bestehende
Symptomatik zunimmt
Patient klagt über Parästhesien,
sensorische oder motorische
Ausfälle
-
im Bereich der Hände
-
im Bereich der Beine
Pflegemaßnahme
- Verständnis für die Situation
des Patienten zeigen
- Akzeptanz für seine Ängste
aufbringen
- Gespräche anbieten
- ggf. für ein Gespräch mit dem
Arzt sorgen
- aufzeigen, daß alle möglichen
Maßnahmen zur Vorbeugung
sowie zur Vermeidung
eingesetzt werden
- Dokumentation der
geäußerten Beschwerden im
Pflegebericht
- Information des Arztes
- ggf. Einsatz von Hilfsmitteln im
Bereich der selbständigen
Ernährung (Tasse mit
Doppelgriffen, Besteck mit
dicken Griffen, Deckelöffner)
und Kleidung
(Knopfschließhilfen)
- evtl. Gehhilfe vermitteln
Pflegeziel
- Patient kann sich in seiner
Angst angenommen fühlen
- Patient kann realistisches Bild
der bestehenden Situation
annehmen
- Patient kann sich mit seiner
Situation in angemessener
Weise auseinandersetzen
-
-
Symptome werden
entsprechend ihrer Bedeutung
bewertet
Patient kann entstandene
Defizite ausgleichen und erhält
seine Selbständigkeit
Pflegeplanung bei drohender/bestehender Rückenmarkkompression - Fortsetzung
Pflegeproblem
Pflegemaßnahme
- auf Heizkissen, Wärmflaschen
und andere Wärmespender,
sowie auf Eispackungen
verzichten
Patient leidet unter Schmerzen in
- Dokumentation der
den entsprechenden Bereichen
Beschwerden
- Verabreichung von
Schmerzmitteln
Patient schildert Miktionsstörungen - Toilettentraining,
- ggf. aufsaugende Materialien Kann Harn nicht mehr willentlich
Blasenklopftraining
halten, es kommt zur Inkontinenz
- ggf. Fußzonenreflexmassage
Patient spürt keinen Harndrang
- nach strenger
mehr
Indikationsstellung
Zeitweise kommt es zum
Dauerkatheter
Harnverhalt
- bei Harnverhalt
- Eukalyptuskompressen auf die
Blasengegend
Patient leidet unter Obstipation
- Krankenbeobachtung
- Einsatz
obstipationsprophylaktischer
Maßnahmen
- Durchführung ärztlich
verordneter Maßnahmen
Pneumoniegefahr durch
- Pneumoniegefahr
Atemfunktionsstörungen
(Totraumvergrößerer,
Atemtherapie, Inhalationen,
atemstimulierende
Einreibungen etc.)
- Atembeobachtung
Pflegeziel
- Patient kann
Selbständigkeit/Sicherheit
erhalten
- Erhalt einer intakten Haut
- Patient erfährt
Schmerzlinderung
-
-
-
-
-
Thrombosegefahr durch
Immobilität
-
Ausstreichende Massagen
aktive/passive
Bewegungsübungen
Krankengymnastik
Antithrombosestrümpfe
ggf. Verabreichung von
Heparin nach Arztanordnung
-
Reduktion der Inkontinenz
durch regelmäßiges
Urinausscheiden
Linderung der Symptome
Patient kann Probleme
kompensieren, fühlt sich sicher
Blase wird innerviert, Patient
kann Harn ablasen
auftretende Ileusproblematik
kann frühzeitig erkannt werden
Stuhlausscheidung erfolgt
regelmäßig und ohne
Beschwerden
Ein- und Ausatmung wird
verbessert
möglichst alle
Lungensegmente werden
belüftet
Erhalt/Wiederherstellung einer
gesunden Lungenfunktion
Störungen und Veränderungen
werden frühzeitig erkannt
der venöse Blutfluß wird
gefördert
Fließeigenschaften des Blutes
werden verbessert
"Verdünnung" des Blutes
Pflegeplanung bei drohender/bestehender Rückenmarkkompression - Fortsetzung
Pflegeproblem
Dekubitusgefahr durch ständiges
Liegen
Pflegemaßnahme
- Umlagern nach Plan
- Superweichlagerung
- Massage der betroffenen
Areale
- ggf. Clinitron-Bett
Kontrakturgefahr durch
- Passive und aktive
eingeschränkte Wahrnehmung von
Krankengymnastik
Schmerzen, sowie durch
unzureichende Bewegung
- Analyse der betroffenen
Patient kann sich nicht mehr
Bereiche
selbständig in allen Bereichen des
- Erstellen eines Pflegeplans
täglichen Lebens versorgen
gemeinsam mit dem Patienten
- ggf. Unterstützung oder
Übernahme bestimmter
Handlungen
Pflegeziel
- gefährdete Hautareale wer
den entlastet
- Erhalt einer funktionsfähigen,
intakten Haut
-
Erhalt der Beweglichkeit der
betroffenen Gelenke
-
Patient kann sich weitgehend
in den betroffenen Bereichen
versorgen
Patient fühlt sich sicher
-
1.9.1.5 Obere Einflußstauung
Risikopatienten
Patienten mit:
- Bronchialkarzinom
- Malignem Lymphom
- metastasierendem Mammakarzinom
- Thymom
Symptome:
- Gefühl des unspezifischen Kopfdruckes
- gestaute Halsvenen
- Schwellung von Gesicht, Hals- und Armregion
- evtl. blaurote Verfärbung des Gesichts
- Dyspnoe
Prognose
Der Zustand des Patienten verschlechtert sich ohne Therapie meist rasch. Bei guter Therapierbarkeit sollte
schnell behandelt werden, um die Prognose entsprechend zu verbessern
Therapie
Hochdosierte Kortisontherapie als Akutnotfalltherapie
Diuretika
Behandlung der Ursache durch Strahlen- oder Chemotherapie
ggf . Heparinisierung
ggf. Sauerstofftherapie
Pflege
An dringlichster Stelle ist die psychische Betreuung zu sehen. Weiterhin stehen die Linderung der Atemnot
und die Vermeidung von Komplikationen im Vordergrund
Qualifikation
Die Gespräche mit dem stark verunsicherten, ängstlichen Patienten werden von einer qualifizierten
Pflegefachkraft übernommen
Pflegeplanung für Patienten mit bestehender oberer Einflußstauung
Pflegeproblem
Patient leidet unter Atemnot, sitzt
überwiegend nach Luft
schnappend, aufrecht im Bett
Pflegemaßnahme
- Überwachung und
Dokumentation der
Atemfrequenz
- geeignete Lagerung (ggf.
Oberkörperhochlagerung)
- Mobilisation auf das Nötigste
einschränken
- alle erforderlichen Utensilien in
Griffweite stellen
- ggf. Fenster öffnen
- nach Arztanordnung Sauerstoffgabe
Es besteht Soor- und
- Sorge für ausreichende
Parotitisgefahr durch Mundatmung
Befeuchtung der
und Diuretika
Mundschleimhaut, Patient soll
in kurzen Abständen kleine
Schlucke trinken oder Mund
einsprühen (ggf. Salbeitee)
- saure Bonbons lutschen
lassen
Patient hat Angst, ist verunsichert - Verständnis zeigen für die
Angst des Patienten
durch seinen angeschwollenen
- Aufzeigen, daß die Therapie
Hals und durch das bläulich
mit dem Ziel der Reduktion
verfärbte Gesicht
dieser Beschwerden
durchgeführt wird
- ggf. für Arztinformation sorgen
- ggf. Sorge für regelmäßige
Diuretikaeinnahme
- ggf. Gewichtskontrolle
- ggf. Flüssigkeitsbilanz
Patient hat erhöhte
- Thromboseprophylaxe
Thrombosegefahr durch
durchführen (Patient soll ggf.
Immobilisation und
Beine im Bett bewegen, Zehen
Diuretikaeinnahme
anziehen und strecken),
- ausstreichende Waschungen
- Antithrombosestrümpfe
- ggf. Heparinisierung nach
Arztanordnung
Pflegeziel
- Istzustand wird erfaßt
- Atmung wird erleichtert
- Patient kann besser
durchatmen
-
-
-
Mundschleimhaut wird
angefeuchtet
Speichelfluß wird angeregt
Patient fühlt sich in seiner
Angst begleitet
Patient kann Angst reduzieren
Blutzirkulation und venöser
Rückfluß werden gefördert
1.9.2. Notfälle durch Störungen im Bereich der Blutgerinnung
1.9.2.1 Blutungsneigung /hämorrhagische Diathese
Risikopatienten
Patienten mit:
- Leukämie
- Chemotherapie
- Bestrahlung des Knochenmarks
- Sepsis
Symptome
Die Symptome sind abhängig von der Lokalisation der Auswirkung:
1. Allg. Blutungen: Hämatome, Petechien, Zahnfleischblutungen, Blut im Urin, Blut im Stuhl
2. Herz-Kreislauf-System: Schwäche, Tachykardie, Dyspnoe, Lungenödem, kardiale Dekompensation
3. Gerinnungssystem: Spontanblutungen aus allen Körperöffnungen oder Punktionsstellen
4. Auge - Sehstörungen, Netzhautblutungen, Gefäßschwellungen
5. ZNS - Schwindel, Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Orthostase, Benommenheit, Krämpfe, psychische
Veränderungen
Prognose
Die Prognose hängt eindeutig vom Ausmaß der Thrombozytopenie, sowie von möglichen Komplikationen
und Folgen ab.
Therapie
Thrombozytensubstitution
Behandlung der Grundkrankheit
Pflege
Die Kontrolle hinsichtlich möglicher Blutungen sowie die Information des Patienten zum geeigneten
Verhalten steht hier eindeutig im Vordergrund der Pflege
Qualifikation
Eine gravierende Thrombozytopenie gehört zu den lebensbedrohlichen Veränderungen. Aus diesem
Grunde sollte die Pflege und Krankenbeobachtung nur einer qualifizierten Fachkraft übertragen werden.
Pflegeplanung bei hämorrhagischer Diathese (allgemeiner Blutungsneigung)
Pflegeproblem
Gefahr der Blutung
Pflegemaßnahme
Pflegeziel
Blutungsprophylaxe
Erhalten einer intakten Haut und
Schleimhaut
Patient soll:
- keine Wärmeanwendungen
- keine heißen Bäder
- keine Massagen
- kein Abklopfen des Thorax
- keine einengende Kleidung
(Gürtel, BH)
- keine Zäpfchen, rektales
Fiebermessen
- kein übermäßiges RR-messen
- keine Nagelpflege durch
Pflegekraft
- kein Umgang mit scharfen
oder spitzen Gegenständen
Pflegeplanung bei hämorrhagischer Diathese (allgemeiner Blutungsneigung) - Fortsetzung
Pflegeproblem
bestehende Nasenblutung
(Epistaxis)
bestehende Blutung im MundRachenbereich
Gastrointestinale Blutungen
Pflegemaßnahme
- keine verletzungsgefährdeten
Arbeiten
- keine i.m.-Injektionen
- keine Manipulationen in Nase
oder Ohren
- keine grobkörnige Nahrung
erhalten
- sturzprophylaktische
Maßnahmen durchführen
- Eiskompresse oder kalten
Waschlappen in den Nacken
legen
- Nasenflügel mit zwei Fingern
zusammenpressen
- Schnupfenspray mit
gefäßverengenden
Substanzen (Olynth,
Otriven, Nasivin) anwenden
- Kopf hoch lagern
- behandelnden Arzt informieren
- bei starker oder sistierender
Blutung in die Klinik fahren
(Tamponade wird dort gelegt)
- Zahnpflege nur vorsichtig mit
weicher Zahnbürste
durchführen
- mehrmals am Tag Mund mit
Munddusche spülen
- kein Müsli oder andere
grobkörnige Nahrung essen
- keine zu heißen Getränke
trinken
- mehrmals täglich mit KamilleSalbeitee spülen
- mehrmals täglich kalten
Kamille-Salbeitee trinken
lassen
- Arzt informieren
- Stuhlbeobachtung
(Melaena)/Teerstuhl
- ggf. Gabe von H2-Blockern
Pflegeziel
-
Blutung steht nach kurzer Zeit
-
Erhalt einer gesunden,
funktionsfähigen Schleimhaut
Infektionen heilen ab
Blutungen stehen nach kurzer
Zeit
-
-
Erhalt einer gesunden,
funktionsfähigen Schleimhaut
Blutung wird frühzeitig erkannt
Pflegeplanung bei hämorrhagischer Diathese (allgemeiner Blutungsneigung) - Fortsetzung
Pflegeproblem
Blutung im Bereich von Haut und
Muskulatur
Hämatome
Petechien (kleine punktförmige
Hautblutungen)
Blutungen nach Punktionen
Pflegemaßnahme
- keine i.m.-Injektionen
- keine ausgiebigen RRKontrollen
- Sturzprophylaktische
Maßnahmen
- keine Massagen
-
Druckverband anlegen
ggf. Kühlpackung auflegen
Pflegeziel
- Erhalt eines gesunden,
funktionsfähigen
Muskelgewebes
-
Punktionsstelle wird
komprimiert, Blutung steht
schnell
1.9.2.2 Thrombosen
Patienten mit onkologischen Grunderkrankungen erleiden häufiger eine Thrombose als andere Patienten.
Auch die Thrombosekomplikationsrate ist erhöht.
Risikopatienten für Hyperkoagulabilität
Patienten mit:
- Dehydratation
- Hypotension
- Immobilisierung
- Hormontherapie
- Chirurgische Eingriffe
- Chemotherapie
- Tumorbedingte Kompression und/oder Infiltration von Gefäßen
- Tumorbedingte Bildung von gerinnungsaktivierenden Faktoren (Paraneoplasie)
Symptome
Die Symptomatik hängt ab von der betroffenen Gefäßlokalisation:
Hautbetroffenheit:
Ödematöse Schwellung
Extremitätenbetroffenheit:
Entzündungszeichen:
(Rötung, Schwellung, Schmerz und Wärme), harte Gefäßstränge, lokale Druckempfindlichkeit,
Ruheschmerz, herabgesetzte oder nicht palpable Gefäßpulse, evtl. erweiterte Venen
Hals-Gesichtbetroffenheit: massive Schwellung im Hals-Gesichtsbereich, gestaute Halsvenen, livide
verfärbtes Gesicht
Prognose
Bei Beinvenenthrombosen kann sich die Thrombosierung bis in die Beckenvenen ausweiten. Lösen sich
hier Thromben, kann es zur Lungenembolie kommen.
Bei Thrombusbildung an den Herzklappen, besteht die Gefahr, durch Lösung einen Hirninfarkt auszulösen
Therapie
Prävention steht vor Therapie. Gefährdete Patienten werden heparinisiert.
Pflege
Alle erforderlichen Maßnahmen im Bereich der Thromboseprophylaxe werden durchgeführt
Pflegeplanung für thrombosegefährdete Patienten
Pflegeproblem
Patient ist thrombosegefährdet
Patient zeigt Thrombosezeichen
Pflegemaßnahme
- Sorge für ausreichend
Flüssigkeit
- Flüssigkeitsbilanz
- Kontrolle von Ödemen
- Isometrische Übungen
- Frühzeitige Mobilisation
- Ausstreichen der Beine
(vorher mit Arzt absprechen)
- anregende Waschungen
- Anlegen elastischer Strümpfe
oder Binden vor dem
Aufstehen oder über 24
Stunden
- Kontrolle und Beobachtung
der Thrombosezeichen
- Information des Arztes
- Hochlagerung der betroffenen
Körperregion
- Kühlende Wickel
Nach Arztanordnung:
- Verabreichung entsprechender
Medikamente
- absolute Bettruhe
- Beobachtung hinsichtlich der
Thrombosezeichen/siehe
Symptome
- keine Massage ohne Zusage
des Arztes durchführen
Pflegeziel
- Verdünnung des Blutes
Anregen des Blutflusses
Förderung der Venenfunktion
(Pumpe) - Förderung des
Rückflusses
-
Erkennen einer Thrombose
Einleitung einer wirksamen
Therapie
Förderung des Rückflusses/
Entlastung
Reduktion von Schmerzen und
Entzündungszeichen
1.9.2.3 Disseminierte intravaskuläre Gerinnung (DIG)
Hierbei kommt es zu einer vermehrten Gerinnung und Bildung von Thromben, insbesondere in kleinen
Gefäßen und Kapillaren. Dadurch bedingt steigt der Verbrauch von Blutplättchen und Gerinnungsfaktoren
(besonders von Faktor V, VII und Prothrombin) mit nachfolgender Thrombopenie.
Prothrombinzeit und Plasmathrombinzeit sind verlängert. Als Konsequenz dieser Veränderungen zeigt sich
schließlich eine vermehrte Bildung von Fibrinogenspaltprodukten und Fibrinolyse. Der kombinierte
gesteigerte Verbrauch von Blutplättchen und Gerinnungsfaktoren steigert die Blutungsneigung. Ursache der
DIG bei Tumorpatienten können freigesetzte Gewebsfaktoren sein.
Risikopatienten
Patienten mit:
- Malignemerkrankungen (Ursachen noch nicht hinlänglich bekannt)
- Patienten mit Sepsis
Symptome
1. Blutungen
- Hämorrhagien, vor allem Haut- und Schleimhautblutungen
- Blutungen an Einstichstellen
- Gastrointestinale Blutungen
- Blutungen im Urogenitaltrakt
2. Thrombosen
vor allem in den kleinen Gefäßen der Finger und Zehen
Prognose nur bei aktiver Intensivtherapie gut
Therapie
- Maßnahmen zur Bekämpfung der Grundkrankheit (d. h. Therapie einer bestehenden Sepsis oder
Tumorkrankheit)
- bei Blutungen - Fresh-frozen-Plasma, Kryopräzipitat
- bei Thrombopenie - Verabreichung von Thrombozytenkonzentraten
- bei Mikrothrombenbildung - intravenöse Heparinisierung
Pflege
Im Vordergrund steht die intensive Überwachung, sowie eine umfassende pflegerische Betreuung.
Patienten mit DIG können nicht im ambulanten Bereich betreut werden.
Qualifikation:
Die Überwachung kann hier nur von einer examinierten Pflegefachkraft übernommen werden.
Pflegeplanung für Patienten mit DIG
Pflegeproblem
Patient leidet unter allgemeiner
Blutungsneigung
Patient blutet bereits
Pflegemaßnahme
Patient soll:
- Verletzungen vermeiden
(keine harten Zahnbürsten,
keine Naßrasur)
- keine Wattestäbchen zur
Nasen- oder Ohrenpflege
benutzen
- Fußpflege nicht selbständig
durchführen(darf hier nur von
einer qualifizierten Pediküre
durchgeführt werden)
- sturzprophylaktische
Maßnahmen durchführen
- keine i.m.-Injektionen erhalten
- keine Suppositorien
bekommen
- keine rektale
Temperaturkontrolle
durchführen
- keine grobkörnigen Speisen
(Müsli) essen
bei Hautblutung Druckverband
anlegen
- Überwachung des Patienten
Pflegeziel
- Erhalt einer intakten,
funktionsfähigen Haut und
Schleimhaut
-
Komplikationen frühzeitig
erkennen
Blutung zum Stillstand bringen
1.9.3 Notfälle durch Elektrolyt- und Stoffwechselentgleisung
1.9.3.1 Tumorlysesyndrom
Bedingt durch einen massiven Tumorzerfall, entweder spontan auftretend oder während Chemotherapie,
kann es zu metabolischen Entgleisungen und Störungen des Elektrolythaushaltes kommen. Das
Tumorlysesyndrom stellt eine lebensbedrohliche Gefahr dar.
Risikopatienten
Patienten mit:
- bestimmten Lymphomen
- Leukämien
- kleinzelligem Bronchialkarzinom
Symptome
- Oligo- oder Anurie durch Einschränkung der Nierenfunktion mit folgender Hyperurikämie
- Hyperkaliämie
- Hyperphosphatämie
- Hypokalzämie
- Herzrhythmusstörungen
- tetanische Muskelkrämpfe
Prognose
Das Tumorlysesyndrom stellt eine lebensbedrohliche Komplikation dar und führt, ohne erfolgreiche
Behandlung, zum Tod.
Therapie
- ausreichende Flüssigkeitszufuhr von 3-4 Litern/24 Std.
- Diuretikaapplikation zur Förderung der Diurese und Förderung der Ausscheidung von Kalium (möglichst
Furosemid oder ähnliche Substanz)
- Flüssigkeitsbilanzierung
- Allopurinol (Zyloric) zur Vermeidung einer Hyperurikämie
Pflege
Patienten mit drohendem oder bestehendem Tumorlysesyndrom bedürfen einer Intensivpflege.
- Kontrolle der Vitalzeichen in engen Abständen
- Flüssigkeitsbilanzierung
- Krankenbeobachtung
Qualifikation des Pflegenden
Die Betreuung von Patienten mit Tumorlysesyndrom gehört in die Hände einer onkologisch qualifizierten
Pflegekraft oder sogar in die Intensivpflege
Insbesondere bei bestimmten Tumoren kann es aufgrund des raschen Tumorwachstums, bei gleichzeitiger
Entwicklungsverzögerung tumorversorgender Gefäße zu einem massiven Zerfall von Tumorzellen kommen.
Dies geschieht auch als Folge einer Chemotherapie. Das frei werdende Kern- und Zytoplasmamaterial führt
zu einer Dekompensation des Purinstoffwechsels und schließlich zur Hyperurikämie.
Häufig kommt es, bedingt durch gleichzeitig ansteigende Harnsäurewerte, auch zum Nierenversagen,
wodurch die Harnsäureausscheidung weiter reduziert wird. Die nun im Serum entstehenden hohen
Harnsäurekonzentrationen schlagen sich auch im Bereich der Nierentubuli nieder und fördern damit das
Nierenversagen.
Gleichzeitig werden durch den Zellzerfall hohe Mengen Kalium und Phosphat im Blut freigesetzt, wodurch
es zu Reizleitungsstörungen des Herzens, zur generellen Schwäche des Muskelgewebes bis hin zur
Lähmung kommen kann. Außerdem können Zelltrümmer Kapillarschäden insbesondere der Niere
verursachen.
Pflegeplanung bei drohendem/bestehendem Tumorlysesyndrom
Pflegeproblem
Gefahr der Einschränkung der
Nierenfunktion bei steigenden
Harnsäurewerten
Pflegemaßnahme
Pflegeziel
- Erhalt einer physiologischen
- Sorge für eine ausreichende
Nierenfunktion
Flüssigkeitszufuhr (mindestens
3-4 Liter pro Tag)
- Durchführung einer genauen
Flüssigkeitsbilanzierung
- Sorge für Durchführung der
geplanten Diuretikagabe und
Allopurinolverabreichung
- Kontrolle des Urin-PH-Wertes
(sollte um 7 liegen)
- Hautbeobachtung
(Hautausschlag bei
Allopurinolunverträglichkeit)
1.9.3.2 Hyperkalzämie
Die Erhöhung der Serumkalziumspiegel über 2,7 mmol/l wird als Hyperkalzämie bezeichnet.
Hyperkalzämische Komplikationen treten relativ schnell bei onkologischen Patienten auf, wobei sich eine
Häufung bei bestimmten Tumoren abzeichnet. Kalzium spielt eine wichtige Rolle bei der
Reizleitungsübermittlung in den Zellen des Körpers, speziell in Herzmuskelzellen und Nervenfasern.
Risikopatienten
Patienten mit:
- Plattenepithelkarzinom der Lunge
- Prostatakarzinom
- Mammakarzinom
- Plasmozytom
- maligneres Lymphom
- T-Zell-Leukämie
- Nierenzellkarzinom
Symptome
Die Symptome können sich in unterschiedlichen Organsystemen zeigen:
- Herz: Rhythmusstörungen, Brady- oder Tachoarrhythmie, Vorhofflimmern, AV-Blockierungen
- Niere: Polyurige, Nephrolithiasis, Nierenversagen
- Muskulatur: herabgesetzter Muskeltonus, Schwäche
- Stoffwechsel: Dehydratation (Gewichtsverlust)
- ZNS/Psyche: Verwirrtheit, Persönlichkeitsveränderungen, Somnolez, Koma, Müdigkeit, Depression
Prognose
Unbehandelt können insbesondere die Auswirkungen auf Herz und ZNS zum Tode führen
Therapie
- Förderung der Diurese zur Verstärkung der Kalziumausscheidung über die Niere
- Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltes (ca. 3-4 Liter Flüssigkeit/ Tag) - Reduktion der enteralen
Kalziumresorption
-
Reduktion der Kalziummobilisation aus dem Knochen (durch Kalzitoningabe und Verabreichung von
Biphosphonaten)
Cortisongabe
Pflege
Neben den direkt auf die Vermeidung einer hyperkälzämischen Krise ausgerichteten Maßnahmen, obliegt
es den Pflegenden für eine kalziumarme Kost zu sorgen und Patient und Angehörige nach einer
eingehenden Arztinformation vertiefend zu informieren.
Qualifikation des Pflegenden
Auch die hyperkalzämische Krise gehört zu den lebensbedrohlichen Notfallsituationen und ihr Erkennen
bedarf der fachlichen Qualifikation.
Pflegeplanung bei drohender oder bestehender hyperkalzämischer Krise
Pflegeproblem
Gefahr der kardialen Probleme
(z. B. kardiale Dekompensation mit
Symptomen wie Hustenreiz,
Ödeme, Atemnot oder
Rhythmusstörungen mit Anzeichen
von Pulsveränderungen)
Gefahr der Dehydratation
Pflegemaßnahme
- regelmäßige
Krankenbeobachtung
(Atmung)
- regelmäßige Pulskontrollen
-
-
Gefahr der Entstehung von
Nausea/Emesis
-
Obstipation
-
Gefahr der psychoneurologischen Veränderungen:
- Müdigkeit
- Verwirrtheit
- Somnolenz
- Persönlichkeitsveränderungen
- Koma
auf erhöhte Flüssigkeitszufuhr
achten (mindestens 2-3
Liter/Tag)
Sorge für regelmäßige und
konsequente
Flüssigkeitsbilanzierung (evtl.
Anleitung des Patienten und
seiner Angehörigen)
Durchführung regelmäßiger
Puls- und Blutdruckkontrollen
Sorge für regelmäßige
Einnahme von Antiemetika
Information des Patienten über
ursächliche Zusammenhänge
Durchführung einer effektiven
Obstipationsprophylaxe
Sorge für eine ausreichende
Flüssigkeitszufuhr
Sorge für eine kalziumarme
Ernährung (keine
Milchprodukte)
Pflegeziel
- Anzeichen einer kardiale n
Dekompensation werden
frühzeitig erkannt
- Patient fühlt sich sicher
-
-
-
-
-
-
Kalziumausscheidung über die
Niere wird gefördert durch
Verstärkung der Diurese
Patient fühlt sich sicher
Förderung/Erhalt einer
physiologischen Magen-DarmFunktion
Erhalt von Wohlbefinden
Normalisierung der
psychoneurologischen
Situation
Patient fühlt sich ausgeglichen
und sicher
Pflegeplanung bei drohender oder bestehender hyperkalzämischer Krise - Fortsetzung
Pflegeproblem
Gefahr osteolysebedingter,
pathologischer Frakturen bei
Mobilisation des Skelettkalzium
zur Aufrechterhaltung stabiler Blut
kalziumwerte
Pflegemaßnahme
- Information des Patienten über
frakturvermeidende
Bewegungsmuster (z. B.
Technik zum richtigen
Aufstehen aus dem Bett oder
vom Stuhl) Seite 103, 104
- Durchführung
sturzprophylaktischer
Maßnahmen
- Vorsichtiges Mobilisieren
(drehende oder belastende
Bewegungen vermeiden),
dabei isometrische Übungen
bevorzugen
Pflegeziel
- Erhalt eines funktionsfähigen,
unverletzten Knochengerüstes
- Erhalt der normalen
Beweglichkeit
- Erhalt/Wiederaufbau von
Knochensubstanz
Patienten, die unter hyperkalzämischen Störungen leiden, werden nahezu immer stationär aufgenommen,
um den kardialen Störungen entsprechend schnell entgegenwirken zu können.
1.9.4. Notfälle verschiedener Ursache
1.9.4.1 Respiratorische Insuffizienz
Symptome, die aus Veränderungen der Atmung resultieren, sind für den Patienten meist stark
beeinträchtigend, quälend und auch schwierig zu behandeln.
Unter dem Begriff der respiratorischen Insuffizienz werden verschiedene Begriffe integriert. Während der
Begriff Dyspnoe eher das subjektive Empfinde n der erschwerten Atemnot und die Angst vor dem
Erstickungstod charakterisier t, zielt die respiratorische Insuffizienz eher auf Veränderungen der äußeren
und inneren Atmung ab.
Da Dyspnoe vom Patienten oftmals gravierender wahrgenommen wird, als Verschiebungen von Sauerstoff
und Kohlendioxid, soll dieser Terminus hier bevorzugt behandelt werden.
Risikopatienten:
Pulmonale Ursachen:
- bronchiale, tumorbedingte Einengung der Atemwege
- Atelektase
- Pneumonie
- Pneumothorax
- chronisch obstruktive Lungenveränderung
- Pleuraerguß
- Lymphangiosis carcinomatosa
- Lungenembolie
- strahlentherapiebedingte Lungenfibrose
Kardiale Ursachen:
- Linksherzinsuffizienz
- obere Einflußstauung
- tumoröser Perikardbefall
- Perikarderguß
Neuromuskuläre Ursachen:
- Schwäche der Muskulatur bei Kachexie
Andere Ursachen:
- Fieber
- Angst
- Anämie
- Ascites
- Hepatomegalie
Symptome:
- Dyspnoe (siehe oben)
- Tachypnoe
- Hyperpnoe
- Hyperventilation
Prognose
Die respiratorische Insuffizienz im Terminalstadium einer Tumorerkrankung wird durch das Fortschreiten der
Grunderkrankung beeinflußt.
Therapie
- falls möglich, Einsatz einer wirksamen Tumortherapie bei oberer Einflußstauung, bzw. Therapie einer
Herzinsuffizienz
- Kortikosteroide (bronchodilatatorische, anti-entzündliche, antiödematöse Wirkung)
- ggf. Sedative und Anxiolytika
- Bronchodilatatoren zur Erweiterung der Bronchien
- Opiate (reduzieren den Atemantrieb, wirken anxiolytisch und sedierend)
- Antibiotika bei Infektionen
- Sauerstoffgabe
Pflege
Pflegerische Interventionen zielen neben der Sorge für regelmäßige Verabreichung der ärztlich verordneten
Medikation vor allem auf Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität.
Qualifikation der Pflegenden
Zur Erfüllung entsprechend medikamentöser Maßnahmen, zur Beurteilung der aktuellen Befindlichkeit, zum
Erkennen von zusätzlich auftretenden Störungen, ist eine qualifizierte Pflegekraft erforderlich.
Pflegeplanung bei Respiratorischer Insuffizienz
Pflegeproblem
Patient leidet unter Husten, Sekret
ist zähflüssig und schwer
abzuhusten
Pflegemaßnahme
Pflegeziel
- Patient kann verflüssigtes
- Sorge für ausreichende
Sekret leichter abhusten
Flüssigkeitszufuhr
- ggf. Hilfe bei Inhalationen
- rhythmische Einreibungen
(ASE)
- ggf. Verabreichung von
Sekretolytika
- 3 \x tägl. 1 Tasse Thymiantee
- TV-Lagerung
Patient fühlt sich durch nächtliche - abends Brust-Lavendelwickel - Patient kann nachts schlafen
- abends 1 Tasse Hustentee mit
Hustenattacken tagsüber
Codein (nach Arztanordnung)
geschwächt und kann nachts nicht
- Anfeuchtung der Raumluft im
schlafen
Schlafzimmer
Patient leidet unter rasselnden
Atemgeräuschen in der
Terminalphase ("Death rattle"),
Angehörige fühlen sich hilflos
-
-
Lagerung in halbaufrechter
Position
Nach Arztanordnung
Verabreichung von
Scopolamin
(Anticholinergikum)
ggf. naso-pharyngiales
Absaugen
-
Patient kann besser abhusten
Reduktion der
Sekretneubildung
Patient kann nach Entfernen
des Sekretes leichter
durchatmen
1.9.4.2 Lungenblutung - Hämoptoe
Risikopatienten
Patienten mit:
- Bronchialkarzinom
- HNO-Tumoren
- Strahlentherapie im Bereich der Lunge
- Metastasen im Bereich der Lunge
- Thrombopenie mit allgemeiner hämorrhagischer Diathese
- Pneumonie
- Lungenembolie
- Tuberkulose
Symptome
Expektoration (Auswurf) von blutigem Husten bis hin zur massiven Blutung
Prognose
Abhängig vom Ausmaß der Blutung und von der Ursache.
Therapie
- bronchiale Absaugung
- ggf. kausale Therapie z. B. mit Laserbehandlung
- ggf. Radiatio
- ggf. chirurgische Blutstillung
- ggf. angiographische Embolisation
- bei hämorhagischer Diathese, Gabe von Thrombozytenkonzentraten
Bei massiv einsetzender Blutung in der Terminalphase:
- Information der Angehörigen bei drohendem Notfall
- Vorbereitung auf die Situation
- Sedierung
- Schmerzlinderung
- Absaugung
- Lagerung
Pflege
Pflege zielt hier in erster Linie auf eine angemessene psychosoziale Begleitung des Patienten.
Insbesondere in der terminalen Phase gilt es weiterhin, durch zügiges Handeln Linderung zu verschaffen.
Qualifikation des Pflegenden
Kenntnisse über richtiges Absaugen und Umgang mit den Ängsten des Patienten sind erforderlich .
Pflegeplanung bei Patienten mit Lungenblutung
Pflegeproblem
Patient hat Angst bei einsetzender
Blutung aus den Atemwegen
Patient leidet unter akuter
massiver Hämoptoe in der
Terminalphase
Pflegemaßnahme
- Patienten beruhigen, bei ihm
bleiben, Sicherheit ausstrahlen
- Arzt informieren
- Patient in die aufrechte
Körperhaltung bringen
(Oberkörperhochlagerung)
- Bronchialwege absaugen
- Oberkörperhochlagerung
- konstante Begleitung
ermöglichen
Pflegeziel
- Patient fühlt sich begleitet,
erkennt, daß Maßnahmen
eingeleitet werden
-
Patient kann atmen
Patient fühlt sich nicht
alleingelassen
Pflegeplanung bei Patienten mit Lungenblutung - Fortsetzung
Pflegeproblem
Angehörige fühlen sich hilflos, bei
massiv einsetzender Blutung
Pflegemaßnahme
- Angehörige aus der
Akutsituation der Hilflosigkeit
bringen (Hektik verschlimmert
die Angst des Patienten)
- Erstversorgung des Patienten
- Betreuung der Angehörigen
(diese dürfen ihre Angst und
Hilflosigkeit aussprechen,
dürfen weinen)
Pflegeziel
- Angehörige empfinden ihre
Reaktion nicht als falsch, fühlen
sich verstanden
1.9.4.3 Zytostatikabedingte Alveolitis
Unter Veränderungen der pulmonalen Toxizität von Zytostatika, fällt auch die zytostatikainduzierte Alveolitis.
Zu unterscheiden sind die akute allergische Alveolitis (Anzeichen sind Dyspnoe, Tachypnoe und
Lungenödem) von der irreversiblen Lungenfibrose.
Risikopatienten für die Entstehung der Lungenfibrose, sind Patienten mit:
- vorangegangener oder bestehender Strahlentherapie
- Vortherapie mit Bleomycin
- parallele Therapie mit Cyclophosphamid
- Narkosen oder Behandlungen mit hoher Sauerstoffkonzentration in den letzten 6 Monaten
- hohes Lebensalter
Symptome
- trockener Husten
- Dyspnoe
- Tachypnoe
- Fieber
- ggf. Rasselgeräusche
Prognose:
Geringfügige Veränderungen sind häufig reversibel. Spätstadien, die charakterisiert sind durch Verdickung
der Aleveolarsepten, Zunahme des fibrotischen Anteils im Lungengerüst, lassen sich nicht mehr wirksam
behandeln und führen zum Tod.
Therapie
Die wirksamste Therapie ist das Absetzen der entsprechenden zytostatischen Noxe im Frühstadium (z. B.
Bleomycin, Cyclophosphamid, Carmustin (BCNU), Busulfan und Mitomycin C).
Ob Glukokortikoide eine günstige Wirkung haben, ist bislang nicht ausreichend gesichert.
Pflege
Die Krankenbeobachtung (Atmung) bei entsprechend gefährdeten Patienten steht im Mittelpunkt
pflegerischen Handelns.
Qualifikation des Pflegenden
Entspechende Kenntnisse zur Atembeobachtung sind erforderlich.
Pflegeplanung bei Patienten mit drohender/bestehender Lungenfibrose
Pflegeproblem
Patient leidet unter trockenem
Husten
Pflegemaßnahme
- Durchführung einer
differenzierten
Atembeobachtung
- Arztinformation
- Durchführung von
Pflegeziel
- lungenfibrotische
Veränderungen werden
frühzeitig erkannt.
- Veränderung der Therapie
wird erwirkt
Maßnahmen zur allg.
Hustenstillung (z. B.
hustenstillende Tees, Codein)
-
Patient erfährt Maßnahmen
zur Verbesserung seiner
Situation, fühlt sich nicht
aufgegeben.
1.9.4.4 Akut auftretende Sepsis
Im Gegensatz zu einer lokal auftretenden Infektion, handelt es sich bei Sepsis um eine regelrechte
Überschwemmung des Blutes mit Keimen. Entsprechend schwer ist das Krankheitsbild und die Gefahr der
Lebensbedrohung.
Risikopatienten
Patienten mit:
- Neutropenie (bei länger als 3 Wochen persistierender Neutropenie erleiden nahezu 10 % der Patienten
eine Sepsis)
- Plamozytom
- Leukämie
- Strahlen- oder Chemotherapie
- zentralvenösen Kathetern
- Infekte des Respirationstraktes
Symptome
- hohes Fieber
- Tachykardie
- Exsikkose
- Störungen des Bewußtseins
- Niereninsuffizienz
- Gerinnungsstörungen (DIG)
- Eine Sepsis kann bei Tumorpatienten oder unter Chemotherapie atypisch verlaufen.
Prognose
Die Prognose hängt vom Allgemeinzustand des Patienten, von der Keimart, der Effizienz einer Behandlung,
Alter und Vorerkrankungen ab.
Therapie
- prophylaktische orale Darmdekontamination
- Breitband-Antibiotika
- Antimykotika
- ggf. Leukozytenstimulierende Faktoren
- die weitere Therapie erfolgt je nach Erregerart und Lokalisation eines möglichen Ausgangsherdes
Pflege
Pflegerisches Handeln zielt vor allem auf die Prävention einer Infektion. Bei bereits aufgetretenen Infekten
steht vor allem die Aufklärung des Patienten und seiner Angehörigen über geeignetes Verhalten, die
Durchführung entsprechender hygienischer und medizinisch-pflegerischer Maßnahmen im Vordergrund.
Qualifikation des Pflegenden
Während vor wenigen Jahren Patienten mit sinkenden Granulozytenzahlen stationär aufgenommen wurden,
wird der Patient heute, wegen der Gefahr der Infektion mit opportunistischen und krankenhausstabilen
Keimen, länger im eigenen häuslichen Umfeld belassen.
Pflegende, die diese Patienten betreuen, müssen ein weitreichendes onkologisches Basiswissen besitzen.
Pflegeplanung bei Infektneigung findet sich unter allgemeiner Pflege, Seite 146
1.9.4.5 Hirnblutung
Prinzipiell kann bei onkologischen Patienten jede erdenkliche Form einer Blutung im Hirn auftreten. Es
zeigen sich dann die typischen Apoplexiesymtome. Behandlungs- und Pflegeschemata entsprechen dort
dem Apoplektischen Insult. An dieser Stelle soll daher nur kurz auf die akute Hirnblutung bei onkologischen
Patienten eingegangen werden.
Risikopatienten
Patienten mit:
- Tumoren oder Metastasen im Hirnbereich
- allgemeiner hämorrhagischer Diäthese
- Infektionen im Gehirn
- Schädelbestrahlung
- hohem Alter
Symptome
bei onkologischen Patienten meist als gravierende Blutung auftretend:
- zunehmende Bewusstseinstrübung
- Kopfschmerzen
- Sehstörungen
- Schwindel
- Koordinationsstörungen
- Sensibilitätsstörungen
- Kau- und Schluckstörungen
- zunehmende Halbseitensymptomatik
- Sprechstörungen
- Psychische Veränderungen
Prognose
Bei höherem Alter, infamster Prognose der Tumorerkrankung oder gravierenden Blutungen, werden nur
eingeschränkt invasive Maßnahmen durchgeführt.
Therapie
- Neurochirurgische Maßnahmen nur bei guter Prognose
- ansonsten lebensqualitätsverbessernde Maßnahmen: Sedation, Schmerzmedikation
- Kortikosteroide
Pflege
Pflegerisches Handeln zielt vor allem auf die Vermeidung einer Hirnblutung, d. h. auf die Durchführung der
Sturzprophylaxe, Blutungsprophylaxe, Hilfe in der Ausführung der Aktivitäten des täglichen Lebens.
Qualifikation der Pflegenden
Kenntnisse über Ursachen einer Hirnblutung, Anzeichen und Maßnahmen bei aufgetretener Hirnblutung
sollten vorhanden sein.
Da eine entsprechende Pflegeplanung sich immer an den Symptomen, d. h. am jeweilig betroffenen
Hirnareal orientiert, kann sie an dieser Stelle pauschal nicht aufgenommen werden.
Herunterladen