Kiefern aller Art

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Wald und Holz
besonders die Österreichische Schwarzkiefer (var. nigricans) bevorzugt, stehen
weitere Kiefernarten auf seiner Speiseliste (in abnehmender Reihenfolge): die
Strandkiefer (Pinus pinaster), die Gemeine Waldkiefer (Pinus sylvestris) und
die Aleppokiefer (Pinus halepensis). Unter
Umständen kann der Schädling jegliche
Kiefernbestände einer Region kahlfressen. Finden die Weibchen des KiefernProzessionsspinners keine Kiefern vor,
legen sie ihre Eier auch auf Zedern und
anderen Nadelbaumarten ab.
Foto: D. D. Cadahia, Subdireccion General de Sanidad Vegetal, Bogwood.org
Nachts fressen, tags verdauen
Schäden verursacht der Kiefern-Prozessionsspinner im Larvenstadium. Die Larven beginnen kurz nach dem Schlüpfen
am den Nadeln zu fressen. Im Winter
sammeln sich die Raupen in Nestern in
den Baumwipfeln. Während des Tages
steigt die Temperatur im Inneren des
Nests, was es den Raupen ermöglicht, die
in der Nacht verspeisten Nadeln zu verdauen. Doch auch in der Nacht brauchen
die Tiere ausreichend milde Temperaturen: Nur bei über 0 °C verlassen sie das
Nest zum Fressen, und auch nur, wenn es
am Tag davor mindestens 9 °C warm war.
Wachstumsrückgang bei Bäumen
Die Raupen des Kiefern-Prozessionsspinners fressen Kiefernnadeln.
Der Kiefern-Prozessionsspinner
Kiefern aller Art
Die für Kiefern schädlichste Schmetterlingsart unserer Breiten
ist der Kiefern-Prozessionsspinner. Auch Menschen und Tieren
kann er gefährlich werden. In der Schweiz ist er vor allem in
den südlichen Alpentälern zu finden.
Von François Lefort, Pierre-Yves Bovigny
und Bastien Cochard.
Der Kiefern-Prozessionsspinner, Thaumetopoea pityocampa, ist der für Kiefernarten (Pinaceae) schädlichste Schmetterling
im südeuropäischen und nordafrikanischen Raum. In der Schweiz kommt die
Art in den südlichen Tälern Graubündens,
im Tessin, im Rhonetal und im Gebiet des
Genfer Sees vor.
In der Regel bevorzugt der KiefernProzessionsspinner lichte Wälder war-
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mer Standorte; er kommt aber auch in
raueren Lagen vor. So wurden Nester des
Schädlings im Oberwallis, bei Zeneggen,
in 1300 m Höhe entdeckt. Im Tessin kann
man sogar Nester in Höhenlagen zwischen 1600 und 1700 m finden.
Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen weisen darauf hin, dass sich der
Schädling im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung ausbreitet.
Wenngleich der Kiefern-Prozessionsspinner Schwarzkiefern (Pinus nigra) und
Der Raupenbefall mindert die Photosynthese des Baumes und verlangsamt damit
das Dickenwachstum der Stämme. Bei
einer Schädigung von 5 bis 20% der Nadeln kann sich der jährliche Dickenzuwachs um etwa ein Fünftel verringern,
bei starkem Nadelverlust sogar um 30 bis
95%. Der starke Wachstumsverlust rührt
vor allem daher, dass sich die Larven am
liebsten von den Nadeln junger Triebe ernähren, welche bei den Kiefern mehr zur
Photosynthese beitragen als die älteren
Nadeln.
Hautreizungen und schlimmeres
In Siedlungsgebieten können die Raupen
auch zum Gesundheitsproblem für Menschen werden, besonders für Gärtner
und Forstwirte. Die Raupen im Nest sind
nämlich auf dem Rücken mit Brennhaaren bewehrt. Sobald sich die Tiere bedroht fühlen, werfen sie die Brennhaare
ab und bilden damit um ihr Nest herum
einen giftigen Schutzpanzer.
Beim Menschen können sich die Brennhaare in den Schleimhäuten und auf der
Haut festsetzen und Entzündungen verursachen, unter Umständen auch ernste Beschwerden. Die Brennhaare verbleiben
auch in den Nestern, nachdem die Raupen ausgezogen sind. Dort können sie
ihre giftige Wirkung über Jahre erhalten.
Wald und Holz
Sämtliche Register ziehen
Bei Befall auf öffentlichen Grünflächen
nimmt man gewöhnlich während des
Winters die Nester mittels Raupenschere
von den Bäumen und verbrennt sie. So
wird es allgemein empfohlen. In einigen
Kantonen ist dies Pflicht, auch bei Befall
auf privaten Grünflächen.
Es ist auch möglich eine rinnenförmige
Manschette um den Baumstamm herum
anzubringen und damit die Raupen abzufangen. Diese Technik bietet sich besonders bei grossen Bäumen an, bei denen
die Bekämpfung schwierig ist.
Zur Bekämpfungsstrategie gehört auch
die Einrichtung von Nistplätzen für insektenfressende Vögel. Mehrere Arten kommen dabei in Frage, wie zum Beispiel der
Kuckuck (Cuculus canorus), der Wiedehopf (Upupa epops) oder die Kohlmeise
(Parus major).
Vollständig ausrotten lässt sich der Kiefern-Prozessionsspinner in einem Gebiet
freilich nicht; dies zu glauben, wäre illusorisch. Man kann aber die Schäden an
den Bäumen verringern und das Gesundheitsrisiko für Menschen reduzieren,
indem man den Schädling mit biologischen Methoden bekämpft, und zum
richtigen Zeitpunkt auch mit technischen.
Foto: John H. Ghent, USDA Forest Service, Bugwood.org
Den Kiefern-Prozessionsspinner muss man
das ganze Jahr über bekämpfen indem
man – je nach Jahreszeit und Witterung – seine Nester zerstört, Pheromonfallen stellt und biologische Mittel
einsetzt. Besonders effizient ist die biologische Bekämpfung. Sie ersetzt auch umweltschädliche chemische Methoden.
Pheromonfallen dienen vor allem dazu,
die Population der paarungsfähigen Falter im Sommer zu reduzieren und um
abzuschätzen, wann die ersten Larven
schlüpfen. Eine Behandlung befallener
Bäume mit dem Bacillus thuringiensis var.
kurstaki oder mit dem Pilz Beauveria
bassiana ist nämlich in den ersten Larvenstadien ( Stadium 1 bis 3) wirksam.
Während des vierten und fünften Larvenstadiums (im Winter) lässt sich der
Kiefern-Prozessionsspinner noch mit bakteriellen Giften wie zum Beispiel Spinosad bekämpfen. Allerdings ist dieses Mittel im Wald verboten und auch auf
städtischen Grünflächen sollte man nur
bei starkem Befall dazu greifen. Gleiches
gilt für chemische Insektizide, welche die
Häutung der Larven beeinträchtigen,
sowie für die gegen junge Raupen angewandten Insektizide auf der Basis von
Benzoylen.
Infos
François Lefort ist Professor und Leiter der
Abteilung Plantes et
Pathogènes am Institut
Terre-Nature-Environnement (inTNE) der
Haute école de paysage, d’ingénierie et
d’architecture (hepia)
in Jussy (http://hepia.
hesge.ch).
Pierre-Yves Bovigny
ist Lehrbeauftragter
und Bastien Cochard
ist Assistent.
Raupen des KiefernProzessionsspinners
an ihrem Nest
aus Seidenfäden
Merkmale und Biologie
Der Lebenszyklus des Kiefern-Prozessionsspinners ist einjährig und gliedert
sich in vier Stadien. Dauer und Periode
der Stadien hängen dabei stark von der
Witterung ab.
Die Flugzeit der Falter (Imago) dauert
vom Spätsommer bis in den Herbst hinein. Die Vorderflügel der Falter sind
beige mit schwarzen Querbinden gefärbt, die Hinterflügel sind durchgehend
hell. Die Weibchen sind mit 33 bis
44 mm Körperlänge grösser als die nur
30 bis 35 mm langen Männchen.
Nach der Paarung machen sich die
Weibchen auf die Suche eines passenden Zweiges für die Eiablage. Das fertige Gelege bildet eine schuppige Manschette um eine Kiefernnadel herum.
Die Zahl der Individuen pro Gelege
hängt von der Populationsentwicklung
des Vorjahres ab. Sie variiert wischen 70
und 300 Eiern.
Nach 30 bis 45 Tagen schlüpfen die
Larven und beginnen die Nadeln in unmittelbarer Umgebung des Nests zu
fressen. Die Larven durchlaufen in ihrem
Leben fünf Stadien. Die Larvenperiode
heisst auch Wanderperiode. Sie dauert
an, solange sich die Durchschnittstemperatur über 20 °C hält.
Die Larven haben einen blauschwarzen, rötlich behaarten Rücken. Sie spinnen sogenannte Gespinste aus Seidenfäden, die sie bei jeder Wanderung
verlassen.
Wenn die Temperatur sinkt – im
Winter – wandern die Larven in die
Baumwipfel, wo sie sich einen Kokon
aus Seide spinnen. Dieses Winternest
schützt die Larven vor starken Temperaturschwankungen und vor Kälte. Bei
angenehmeren Temperaturen, kriechen
die Larven nachts aus dem Kokon und
fressen an den Nadeln. Den Tag verbringen sie grundsätzlich im Kokon.
Zwei Jahre im Boden
Im Frühjahr verlassen die Larven ihr Winternest endgültig, und zwar im Gänsemarsch, woher auch der Name Prozessionsspinner rührt. Die Kolonie wandert
von der Baumkrone zum Boden, wo
sich dann jede Larve 5 bis 20 cm unter
der Oberfläche verpuppt. Das Puppenstadium dauert je nach Witterung unterschiedlich lange und passt sich an
den jährlichen Entwicklungszyklus des
Kiefern-Prozessionsspinners an. Bei ungünstiger Witterung kann die Puppe im
Boden ein bis zwei Jahre überdauern.
Foto: William H. Ciesla,
Bugwood.org
Bekämpfung
Die Raupen wandern in einer Reihe hintereinander; daher der Name Prozessionsspinner.
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