Bildatlas der perkutanen Kollageninduktion Grundlagen | Indikationen | Anwendung KVM_Needling.indb 1 28.02.2013 23:30:59 Inhalt Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Danksagung der Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI 4 .3 Objektive Hautanalyse mit wissenschaftlichen Messgeräten . . . . . . . . . 67 4 .4 Weitere Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 73 5 Perioperatives Management . . . . . . . . 77 5 .1 Needlingtechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 1 Dermatologische Grundlagen . . . . . . . 1 5 .2 Vorbehandlung mit Vitamin A, C und E . . . . 83 1 .2 Die gesunde Haut des Menschen . . . . . . . . 3 5 .3 Anästhesieverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1 .3 Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 5 .4 Behandlungsumgebung und Lagerung . . . . 90 1 .4 Wundheilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 5 .5 Postoperatives Regime . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1 .5 Narbenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5 .5 Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . 94 2 6 Wissenschaftliche Grundlagen . . . . . . 33 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 2 .1 Narbenfreie Wundheilung durch Needling . . 36 6 .1 Stirnfalten und Brauen . . . . . . . . . . . . . . . 100 2 .2 Dermales Remodelling durch Needling . . . . . 37 6 .2 Periorbitale Falten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2 .3 Zunahme der epidermalen Dicke durch Needling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 6 .3 Periorale Falten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2 .4 Keine Dyspigmentierung durch Needling . . . 40 2 .5 Therapeutische Hautregeneration durch Needling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3 Konsultation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3 .1 Klärung der Erwartungshaltung . . . . . . . . . . 46 3 .2 Untersuchung und klinischer Befund . . . . . . 46 6 .4 Photoaging Hals und Dekolleté . . . . . . . . . 118 6 .5 Photoaging Hände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 6 .6 Erschlaffte Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 6 .7 Striae distensae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 6 .8 Narben nach Schnittverletzungen . . . . . . . 136 6 .9 Aknenarben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6 .10 Hypertrophe Narben und Keloide . . . . . . . . 152 3 .3 Indikationsstellung und Behandlungsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 6 .11 Verbrennungsnarben ausgereift . . . . . . . . . 156 3 .4 Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 6 .12 Verbrennungsnarben aktiv . . . . . . . . . . . . . 166 3 .5 Aufklärungsgespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 6 .13 Narben post TCA-Peeling . . . . . . . . . . . . . . 174 3 .6 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 6 .14 Depigmentierte Narben . . . . . . . . . . . . . . . 182 4 7 Dokumentationsverfahren . . . . . . . . . . 61 Arbeitshilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4 .1 Evaluation der Hautalterung und -qualität . . 62 7 .1 Aufklärungsbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 4 .2 Fotodokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 7 .2 Dokumentationsbogen . . . . . . . . . . . . . . . 192 VII KVM_Needling.indb 7 28.02.2013 23:31:00 Inhalt 8 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 8 .1 Internetlinks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 8 .2 Herstellernachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 8 .3 Bildquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 8 .4 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 8 .5 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 VIII KVM_Needling.indb 8 28.02.2013 23:31:00 Einleitung Einleitung Hautregeneration als therapeutisches Prinzip Schäden der Hautstruktur sind mit sichtbaren und zum Teil spürbaren Veränderungen der Haut verbunden, die einen medizinisch und / oder kosmetisch begründeten Behandlungsbedarf ergeben können . Insbesondere in den permanent sichtbaren Hautarealen wie Gesicht und Händen, aber auch an sämtlichen weiteren Körperregionen stellen Falten, erschlaffte Haut, Striae distensae oder Narben mögliche Indikationen für einen ästhetisch-korrigierenden Eingriff dar . Ein bewährtes Therapieprinzip in der ästhetischen Medizin zur Beseitigung von Strukturschäden der Haut beruht auf der Initialisierung ihrer Selbsterneuerungskräfte, die einen Um- und Neubau und damit letztendlich die Reparatur des veränderten Gewebes veranlassen . Das Ziel solcher medizinischer Maßnahmen stellt eine Verbesserung der Hauterscheinung und Funktionalität dar, postinterventionelle Schäden sollen möglichst vermieden werden . Die ideale therapeutische Intervention zur Hautverbesserung aktiviert demnach ausschließlich Prozesse, die mit einer physiologischen Hautregeneration verbunden sind: • Reparation der Epidermis, keine Ablation • Stimulation der Kollagensynthese, keine Fibrose • Stimulation einer narbenfreien Wundheilung • Stimulation von körpereigenen Wachstumsfaktoren Needling im Hautquerschnitt, histologisch . Stichkanal bei intakter Epidermis . Die am weitesten verbreiteten hautverjüngenden Verfahren wie das Laser-Resurfacing oder das Chemische Peeling können diesen Anforderungen nur teilweise gerecht werden . Da ihre Anwendung (zumindest bei den ablativen bzw . semi-ablativen Verfahren) stets mit einer Schädigung bis hin zur Zerstörung der Epidermis verbunden ist, sind diese Eingriffe risikobehaftet und können neben einer Verbesserung auch eine mögliche Verschlimmerung des Ausgangsbefundes zur Folge haben . Die Methode der perkutanen Kollageninduktion, in praxi primär bekannt als Needling, stellt ein Verfahren dar, welches den Anforderungen an eine hautregeneriende Therapie optimal gerecht wird . Durch seine autoregenerative aber keinesfalls destruktive Wirkung können Strukturveränderungen von geringem bis schwerwiegendem Ausmaß sicher und effektiv behandelt werden . Die Methode ist relativ neu und vielerseits noch nicht angemessen verbreitet . Gegenüber den Standardverfahren in der Therapie von Falten und Narben weist das Needling bemerkenswerte Vorteile auf, die mittlerweile wissenschaftlich und klinisch untermauert werden konnten (s . Kapitel Wissenschaftliche Grundlagen S . 34) . Needling – ein rein regenerativer Therapieansatz Die Methode der perkutanen Kollageninduktion basiert auf der Entdeckung, dass durch die wiederholte Punktion der Hautoberfläche Needling im Hautquerschnitt, schematisch . XI KVM_Needling.indb 11 28.02.2013 23:31:02 Einleitung Wundheilung post ablativer Therapie A B Intraoperativ C Wenige Minuten post D Wenige Tage post Wochen bis Monate post Hautregeneration Wirkungsweise der ablativen Hauttherapieverfahren im Verlauf, schematisch . Der ablative Eingriff (A) führt zu einer Schädigung bis Zerstörung der Epidermis und bewirkt dadurch den gewünschten inflammatorischen Reiz (B) . Die Heilungsphase (C) findet unter offenen Wundverhältnissen statt, wodurch sich ein größeres Komplikationsrisiko ergibt . Nach Abschluss der Wundheilung (D) ist die Epidermis häufiger ausgedünnt, im neu gebildeten Bindegewebe findet sich vermehrt Narbenkollagen . Postinflammatorische Pigmentstörungen oder erneute Narbenbildung sind häufig beobachtete Nebenwirkungen . mit feinen Nadeln (auch bezeichnet als „Subcision“ oder „Needling“), die Kollagenproduktion im Bereich von linearen und hypertrophen Narben sowie von Falten angeregt wird; eine Beobachtung, die in den 1990er-Jahren unabhängig von drei Forschergruppen gemacht wurde (Orentreich und Orentreich 1995; Camirand und Doucet 1997; Fernandes 2002) . Auf diesem Prinzip beruhend entwickelte der südafrikanische Plastische Chirurg Dr . Fernandes eine neue Behandlungstechnik: Die perkutane Kollageninduktionstherapie, oder einfach: „Needling“ . Durch feine Nadelpunktionen auf dem geschädigten Hautgebiet werden beim Needling intradermale Blutungen erzeugt und Wundheilungsmechanismen aktiviert, ohne dass dabei die Epidermis signifikant geschädigt wird . Nahezu ohne Downtime kann es zur posttraumatischen Regeneration der Haut mit Neubildung eines physiologischen subepidermalen Kollagennetzes und einer verdickten Epidermis kommen . Abhängig von der Indikation können unterschiedliche Nadellängen eingesetzt werden, die bis gerade unter die Hautoberfläche („Micro“ oder „Cosmetical Needling“), bis in die papilläre Dermis („Medical Needling“) oder sogar bis in die retikuläre Dermis bzw . Subkutis („Surgical Needling“) reichen . Das Komplikationsrisiko ist selbst bei den tiefen Anwendungen äußerst gering . Die epidermalen Zellreihen werden von den Nadeln auseinander geschoben, aber nicht signifikant verletzt oder sogar entfernt . Die Epidermis kann sich innerhalb der ersten 24 Stunden post interventionem wieder vollständig verschließen, wodurch das Risiko für Infektionen und Wundheilungsstörungen minimiert ist . Im Zuge der gewünschten Entzündung kann es (je nach Nadellänge) im Behandlungsgebiet zwar über einige Tage zu Schwellungen, Rötungen und Hämatomen kommen, in der Regel heilen diese aber vollkommen komplikationsfrei und noch dazu narbenfrei ab . Gleichzeitig sind keine postinflammatorischen Pigmentverschiebungen zu beobachten, weswegen das Needling auch bei dunkleren Hauttypen sicher praktizierbar ist . XII KVM_Needling.indb 12 28.02.2013 23:31:07 Einleitung Wundheilung post Needling A B Intraoperativ C Wenige Minuten post D Wenige Tage post Wochen bis Monate post Hautregeneration Wirkungsweise des Medical Needling im Verlauf, schematisch . Intraoperativ (A) wird eine intradermale Blutung ausgelöst, die zur Aktivierung der posttraumatischen Wundheilungskaskade führt (B) . Die initiale Blutung sistiert innerhalb kürzester Zeit und die Epidermis ist spätestens nach 24 Stunden wieder vollständig verschlossen (C) . Innerhalb der nächsten 1–2 Wochen findet die Wundheilung bei intakter Epidermis statt, neben der obligaten Hämatom- und Ödembildung werden keinerlei Komplikationen beobachtet . Bis zum Abschluss der Hautregeneration und Kollagensynthese (D) können mehrere Wochen bis Monate vergehen . Resultat ist eine physiologische, fein vernetzte Bindegewebsstruktur und eine Verdickung der vitalen Epidermis . Vorteile des Needlings in der Therapie von Narben und Falten Zur medizinischen Behandlung von Falten, Photoaging und Striae distensae gelten ablative Verfahren wie das Laser-Resurfacing, das Chemische Peeling oder die Dermabrasion als Mittel erster Wahl . Zur Therapie von linearen und flächigen Narben kommen überwiegend chirurgische Verfahren, u . a . Exzisionen, auch seriell, Expander oder Hauttransplantationen, zum Einsatz . Bei kleinen, flächigen Narben werden mittlerweile vermehrt auch minimalinvasive ablative Verfahren wie fraktionale Laserbehandlungen oder Dermabrasionen angewendet . Indikation Standardtherapie Mögliche Nebenwirkungen Falten Photoaging Striae distensae Chemisches Peeling Laser Dermabrasion Narbenbildung Wundheilungsstörungen Dyspigmentierung Epithelialisierunggstörung (ausgedünnte Epidermis) Infektionen Lineare Narben Flächige Narben Exzision, auch seriell Expander Hauttransplantation Trauma Schmerzen Multiple Operationen Wundheilungsstörungen Infektionen Gängige therapeutische Möglichkeiten der ablativen und chirurgischen Verfahren zur Behandlung von Falten und Narben . XIII KVM_Needling.indb 13 28.02.2013 23:31:07 Dermatologische Grundlagen 1 Dermatologische Grundlagen Die Methode des Needlings oder der perkutanen Kollageninduktion ist ein regeneratives Verfahren zur Verbesserung der Hautstruktur . Durch feinste Nadelläsionen wird die Haut zur Selbsterneuerung angeregt, ohne dass dabei epidermales Gewebe signifikant geschädigt wird . Dadurch ist das Komplikations- und Nebenwirkungsrisiko beim Needling im Gegensatz zu den ablativen und semi-ablativen Hauttherapieverfahren entscheidend geringer . Die feinen Nadelinzisionen können auf bis zu 50 % der Hautoberfläche ausgedehnt werden, ohne dass dabei Narben entstehen . Voraussetzung ist, dass die Einzelläsionen nicht größer als ca . 0,3 mm im Durchmesser sein dürfen . Damit wurde erst in der jüngsten Vergangenheit das enorme Regenerationspotential des größten Organes des Menschen, der Haut, nutzbar gemacht . Klinische und wissenschaftliche Daten belegen die Effektivität der Methode bei der Behandlung von Falten, Schwangerschaftsstreifen und diversen Narbenformen . Dieses Kapitel beschreibt den Aufbau und die Funktion der gesunden Haut sowie die molekularen Ursachen und pathohistologischen Kennzeichen der Narben- und Faltenentstehung als wesentliche Indikationen für das Needling . In diesem Zusammenhang werden auch die Regenerations- und Wundheilungsmechanismen der Haut erläutert, die grundlegend für ein Verständnis der Wirkprinzipien der Therapiemaßnahme sind . Abb. 1.1 Feine Nadelstiche aktivieren das Selbsterneuerungspotential der Haut, ohne dass epidermales Gewebe geschädigt wird und Komplikationen entstehen können . 1 Abb. 1.2 Beim Needling (hier: Dr . Back Fractional Needle Therapy System, 10FN II, Korea) entstehen sehr feine Perforationskanäle, die je nach Länge der Nadeln tief in die Haut reichen können (HE, 10 x) . 2 KVM_Needling.indb 2 28.02.2013 23:31:08 Die gesunde Haut des Menschen 1.1 Die gesunde Haut des Menschen Die Haut des Menschen stellt das größte Organ dar . Sie sorgt besonders für Abgrenzung und Schutz, indem sie alle anderen Bestandteile des Körpers umhüllt und deshalb Integument genannt wird: lat. Integumentum commune = äußere Haut . Neben der rein mechanischen Barriere und dem unmittelbaren UV-Schutz spielt sie eine bedeutende Rolle bei der Thermoregulation und der Homöostase des Wasserhaushaltes . Die Abgrenzung erfordert im Gegenzug aber auch die Sicherstellung der Kommunikation mit der Außenwelt . Deshalb übernimmt die Haut vielfältige Funktionen der Reizübermittlung, die uns über den Zustand der Umgebung informiert und z . B . Schäden fernhält (Sinnes-, Kontakt- und Schutzfunktion) . In diesem Zusammenhang entwickelt sie vielfältige immunologische Aktivitäten . Dem komplexen Funktionsumfang liegt eine ebenso differenzierte Architektur zellulärer und azellulärer Komponenten zugrunde . Die eigentliche Oberhaut oder Epidermis ist ektodermalen Ursprunges, während die Lederhaut mesodermalen Ursprunges ist . Die Basalmembran stellt das Bindeglied beider Anteile dar und wird auch als Junktionszone oder Interface bezeichnet . Unter der Lederhaut findet sich die Subkutis, ein Polster aus Fettgewebe . Epidermis 1 Dermis Subkutis Muskelfaszie Abb. 1.3 Querschnitt durch die Haut, schematisch . 3 KVM_Needling.indb 3 28.02.2013 23:31:08 Dermatologische Grundlagen 1.1.2 Die Dermis Epidermis Stratum papillare Kollagen-I und -III Fibroblast 1 Stratum reticulare Nervenendigung Kollagen-I Abb. 1.17 Das dermale Bindegewebe im schematischen Hautquerschnitt . Die Lederhaut untergliedert sich in das unterhalb der Basalmembran gelegene Stratum papillare und das darunter liegende Stratum reticulare . Den papillären Teil bildet ein feines Netzwerk kollagener (Typ-I und -III) und elastischer Fasern, umgeben von reichlich Grundsubstanz . Feinste Kapillaren und Nervenfasern durchziehen diese Grenzschicht zur Epidermis . Das Stratum reticulare besteht aus dicken Bündeln kollagener Typ-I- und elastischer Fasern . Im Stratum reticulare liegen auch der superfizielle und tiefe Gefäßplexus, Nerven und die Adnexstrukturen . Eingebettet in die extrazelluläre Matrix finden sich die Kollagen-produzierenden Fibroblasten und Fibrozyten sowie vereinzelte Immunzellen . Die Dermis (Lederhaut) ist eine sehr belastbare Gewebeschicht, die aus den zellulären Komponenten Fibrozyten und Fibroblasten und der extrazellulären Matrix mit Kollagen und Elastin besteht . Sie bestimmt die Elastizität und Reißfestigkeit der Haut . Weitere dermale Bestandteile sind Nerven-, Blut- und Lymphgefäße . Auch die Hautanhangsgebilde (Haarwurzeln, Nägel, Schweiß- und Talgdrüsen) befinden sich eingebettet in die Dermis, sie sind jedoch epidermalen Ursprungs . Der Hauptbestandteil der Bindegewebsfasern der Dermis sind die Kollagenfasern (Kollagen-Typ-I-Fasern 50 %– 80 %, Typ-III-Fasern 10 % –15 % des dermalen Trockengewichtes), sie geben der Haut Stabilität . Die elastischen Fasern (2 % des dermalen Trockengewichtes) sind verantwortlich für die enorme Elastizität der Haut . Die Lederhaut besteht aus dem Stratum papillare unterhalb der Basalmembran und dem sich darunter anschließenden Stratum reticulare . Der Papillarkörper ist aufgebaut aus einem feinen Netzwerk kollagener Fasern (Typ-I und -III) und elastischer Fasern, die in reichlich amorpher Grundsubstanz (Glykosaminoklykane, Hyaluronsäure) eingebettet sind . Im Str. reticulare sind es dicke Bündel kollagener Fasern (Typ-I), elastische Fasern, der untere Gefäßplexus, Nerven und Adnexstrukturen (s . Abb . 1 .21– Abb . 1 .23), die in die Grundsubstanz eingebettet sind . Die Grundsubstanz enthält Polysaccharide, Glykosaminoglykane und Proteoglykane, die das bis zu Tausendfache ihres Eigenvolumens an Wasser binden können . Insbesondere die Eigenschaft zur Wasserbindung, die enorme Stabilität und Elastizität bestimmen das äußere Erscheinungsbild (engl . Glow) der Haut . Die Dermis schwarzer Haut weist mehr und dickere Fasern auf und verfügt über eine höhere biosynthetische Aktivität sowie eine höhere Zahl an Gefäßen im oberen Plexus und gemischten apoekkrinen Schweißdrüsen (Montagna et al ., 1991) . Hinweis Beim Needling wird durch Mikroläsionen in der Dermis die Wundheilungskaskade initiiert. Ziel der Methode ist die Kollagensynthese zu fördern, sodass es zu einer qualitativen und quantitativen Verbesserung der dermalen Kollagen-Elastin-Matrix kommt. 10 KVM_Needling.indb 10 28.02.2013 23:31:24 Die gesunde Haut des Menschen Histologie der Dermis Abb. 1.18 Deutliche Unterschiede im Aufbau des Bindegewebes im Stratum reticulare und Stratum papillare sind zu erkennen (HE 60 x) . Direkt unterhalb der Reteleisten erscheinen die Fasern blasser, dünner und fokal perpendikulär ausgerichtet . Dermale Fibroblasten produzieren die Fibrillen und die Grundsubstanz . Histiozyten, Mastzellen, Lymphozyten kommen in geringer Zahl vor . Abb. 1.19 Das dermale Gewebe besteht im Wesentlichen aus kollagenen (rot) und elastischen (schwarzbraun) Fasern (Elastica van Gieson 100 x) . Bis zu 70 % des Trockengewichtes erbringt allein das Kollagen . Die verwobene Faserarchitektur verleiht der Haut zusammen mit den elastischen Fasern die der Haut typische Elastizität . Dazwischen findet sich die vornehmlich aus Hyaluronsäure bestehende Grundsubstanz . 1 Abb. 1.20 Dicke Bündel kollagener Fasern in junger Haut . Zentral findet sich ein Zellkern eines Fibroblasten (HE 100 x) . 11 KVM_Needling.indb 11 28.02.2013 23:31:27 Dermatologische Grundlagen Aknenarben, klinisch Abb. 1.69 Nach dem Sistieren der akuten entzündlichen Phase bleiben oft tiefe, wie ausgestanzt wirkende Aknenarben im Gesicht übrig (tertiäre nichtentzündliche Effloreszenzen), die kosmetisch sehr störend wirken können . Abb. 1.70 Die Ausprägungsvarianten von Aknenarben sind sehr vielfältig und werden Ice-pick-, Boxcar- und „Rolling“-Narben genannt . 1 Abb. 1.71 Ausgeprägte Keloidformationen nach Akne . Keloide im Schulterbereich erweisen sich als mechanisch behindernd und schwierig zu therapieren, da sie in belasteter Haut liegen . 30 KVM_Needling.indb 30 28.02.2013 23:32:19 Narbenbildung Keloide, klinisch Abb. 1.72 Insbesondere sternal können Keloide spontan auftreten . Abb. 1.73 Keloide wachsen sternal in ihrer aktiven Phase oft zur Schmetterlingsform aus . 1 Abb. 1.74 Ein tiefroter Rand bei abgeblasstem Zentrum des Keloids signalisiert Aktivität . 31 KVM_Needling.indb 31 28.02.2013 23:32:22 Konsultation Klinischer Befund Ätiologie Konventionelle Behandlungsverfahren Borderline-Narben • Minimalinvasive Laser • Ggf . chirurgischer Eingriff • Serielle Exzision OP-Narben nach Spalthautentnahme • Minimalinvasive Laser • Ggf . erneuter chirurgischer Eingriff Aknenarben • Ablative Laser • Tiefe chemische Peelings Narben nach Verbrennungen 3 . Grades • Narbenpflaster und Druckverbände • Minimalinvasive Laser • Kryotherapie • Plastisch-chirurgische Eingriffe (Hauttransplantationen etc .) Hypertrophie der Narbe während/ kurz nach der Wundheilung • Revisionsoperationen • Laserbehandlungen • Kryotherapien • Cortisoninjektionen • Narbensalben Keloidbildung, Wucherung des Narbengewebes über das Verletzungsniveau hinaus • Druckverbände • Silikonnarbensalben • ACE-Hemmer • Minimalinvasive Laserbehandlungen • Kryotherapie • Cortisoninjektionen • Intraläsionale Narbenexzision mit Bestrahlung post OP Vernarbung nach mitteltiefem TCA-Peel mit postinterventioneller Infektion • Laserbehandlungen • Kryotherapien • Narbensalben Dehnungsstreifen an der Brust, wachstumsbedingt • Laserbehandlungen • Kryotherapien • Topisch TCA oder Vitamin A-Säure 3 Tab. 3.3 Übersicht zur äthiologischen Einordnung von Narben- und Striaebefunden . 50 KVM_Needling.indb 50 28.02.2013 23:32:59 Untersuchung und klinischer Befund 3.2.4 Straffheit und Gesundheitszustand der Haut Wie bei jeder plastisch-chirurgischen oder dermatologischen Untersuchung ist die Haut auf ihre allgemeine Beschaffenheit, ihre Elastizität und ihren Gesundheitszustand zu untersuchen . Eine gesunde Haut verfügt über intakte Regenerationsmechanismen und verspricht generell bessere Therapiechancen, auch im Hinblick auf die Needlingbehandlung . Gleichzeitig bilden Hautschäden mit einer Störung der Hautparameter wie eine verringerte Hautelastizität oder Barrierefunktion wesentliche Indikationen für die perkutane Kollageninduktion . Die Qualitäten Temperatur, Oberflächenbeschaffenheit und Hautspannung können palpatorisch erfasst werden . Mit Hilfe des so genannten Snap-Tests lässt sich der Turgor, der vom Flüssigkeitsgehalt der Haut abhängige Spannungszustand, beurteilen . Dazu wird eine Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger gebildet und kurze Zeit später losgelassen (vgl . Abb . 3 .6) . Im Normalfall bildet sich die Hautfalte unverzüglich zurück . Bleibt die Hautfalte stehen und bildet sich erst langsam zurück, lässt dies auf einen verminderten Flüssigkeitsgehalt schließen . Neben der inspektorischen und palpatorischen Un- tersuchung stehen heute eine Menge Verfahren zur analytischen Messung der Hautparameter zu Verfügung, mit denen sich der Hautund Narbenzustand objektiv beurteilen lässt (s . Abb . 3 .7, vgl . Kap . 4 S . 67 ff .) . Auch ein Verlust der Gewebestraffheit und Veränderungen des Hautoberflächenreliefs, die insbesondere in den dafür anfälligen Körperarealen wie Oberarmen und Oberschenkeln, Bauch-, Gesäßund Hüftregion zu Konturveränderungen führen können, sind im Rahmen der Untersuchung zu evaluieren und im Hinblick auf eine Therapie durch Needling zu beurteilen . Hinweis Eine leichte bis moderate Hauterschlaffung ist generell gut mit einer hautregenerativen Therapie wie Needling zu behandeln, schwere Fälle von Cutis laxa indizieren in der Regel allerdings den chirurgischen Eingriff mittels Skalpell. 3 Abb. 3.6 Palpatorisch lässt sich der vom Flüssigkeitsgehalt abhängige Spannungszustand der Haut ermitteln . Abb. 3.7 Für eine präzise und objektive Beurteilung der Hautbeschaffenheit stehen eine Reihe wissenschaftlicher Analysegeräte zur Verfügung . 51 KVM_Needling.indb 51 28.02.2013 23:33:03 Perioperatives Management 5 Perioperatives Management Mit der Unterzeichnung der Einverständniserklärung wird der ärztliche Eingriff determiniert . Die anschließende Planung und Vorbereitung der Needlingbehandlung muss einige Aspekte umfassen, die neben der Prozedur selbst für den Erfolg der Therapiemaßnahme maßgebend sind . Dazu zählt ganz elementar das adäquate Schmerzmanagement während und ggf . nach der Behandlung . Ferner muss die präoperative externe Vitaminbehandlung mit dem Patienten besprochen und rechtzeitig eingeleitet werden . Auf die postoperative Hautreaktion während der Wundheilung sollte der Patient noch einmal ausführlich vorbereitet werden, um sicher zu stellen, dass die temporären Schwellungen und Hämatome für ihn nicht unerwartet kommen . Die Grundregeln für die perioperative Organisation einer Needlingbehandlung sind in Abhängigkeit von der vorgesehenen Behandlungstechnik, das bedeutet von der Wahl der Nadellänge, zu betrachten . Prinzipiell können beim Needling kosmetische, medizinische und chirurgische Anwendungen differenziert werden, die sich im Hinblick auf ihre physiologische Wirkung und das adäquate postoperative Regime unterscheiden . nischen Needlingverfahren soll das Cosmetical Needling an dieser Stelle aber ebenfalls Erwähnung finden . Die Verfahren der perkutanen Kollageninduktionstherapie mit Nadeln ab 1 mm Länge lassen sich ebenfalls hinsichtlich ihrer Indikationsstellung und der erforderlichen perioperativen Organisation unterscheiden . Eine Behandlung mit 1 mm-Nadeln erreicht gerade die Basalmembran und führt zu minimalen petechialen Blutungen in der papillären Dermis . Dadurch kommt es bereits zu einer Aktivierung der TGF-b-Signalkaskade mit Kollagensynthese und hautregenerierender Wirkung . Die intradermalen Läsionen sind so gering, dass es nicht zu einer Downtime kommt und keine allgemeinen anästhetischen Maßnahmen getroffen werden müssen; allerdings ist auch der klinische Wirkungsgrad begrenzt . Diese ambulante Needlingtechnik kann als „Medical Needling“ bezeichnet und vom „Surgical Needling“ mit 3 mm-Nadeln abgegrenzt werden, welches aufgrund der umfangreichen intradermalen Blutungen im OP unter Vollnarkose oder Regionalanästhesie durchgeführt wird und ggf . einen stationären Aufenthalt einschließt . Der mögliche ästhetisch-korrigierende Effekt der 3 mm-Technik ist deutlich größer, entsprechend führt die Behandlung aber auch zu einer heftigen Wundheilungsreaktion mit länger andauernden Rötungen, Schwellungen und Hämatomen . 5.1 Needlingtechniken 5 Die Vielzahl der Indikationen für das Needling wird durch die Möglichkeit, unterschiedliche Nadellängen zu verwenden, maximiert . Da sich die Physiologie, der Ablauf und das perioperative Management der Behandlung abhängig von der verwendeten Nadellänge unterscheiden, kann von unterschiedlichen Behandlungstechniken gesprochen werden (vgl . Tab . 5 .1) . Die Differenzierung der „Needlingtechniken“ erfolgt in erster Linie nach dem Umfang der ausgelösten intradermalen Blutung und der daraus resultierenden Wundheilungsreaktion, nicht etwa – wie ebenfalls denkbar – nach der Geräteführung während der Prozedur, welche sich bei allen Varianten des Needlings recht gleich kommt (vgl . Kap . 5 .1 .5 S . 82 ff .) . Je länger die verwendeten Nadeln, desto umfangreicher ist die mögliche postinterventionelle Kollageninduktion und hautregenerierende Wirkung . Gleichermaßen steigen aber auch die mit der Behandlung verbundenen Schmerzen und die postoperative Ödem- und Hämatombildung in Korrelation zur verwendeten Nadellänge, was bei der Behandlungsplanung zu berücksichtigen und mit dem Patientenwunsch zu vereinbaren ist . In Bezug auf die bei der Behandlung beabsichtigten physiologischen und klinischen Effekte können die folgenden Needlingtechniken unterschieden werden: • Cosmetical Needling (0,1– 0,3 mm-Nadeln, keine PCI) • Medical Needling (1– 2 mm-Nadeln, PCI) • Surgical Needling (3 mm-Nadeln, PCI) Zur Methode der perkutanen Kollageninduktion (engl . Percutaneous Collagen Induction, PCI), zählen nur die Needlingbehandlungen mit Nadeln ab 1 mm Länge, die die Dermis erreichen und eine, wenigstens geringe, intradermale Blutung erzeugen . Das „Cosmetical Needling“ mit Nadeln von 0,1– 0,3 mm Länge führt per se nicht zur perkutanen Kollageninduktion sondern dient vorwiegend dem transepidermalen Wirkstofftransport in Zusammenhang mit topischen Wirkstoffen, z . B . Vitamin A, C und E . Es handelt sich um eine rein kosmetische Behandlung . Als „enger Verwandter“ der medizi- Abb. 5.1 Needlingtechniken im Hautquerschnitt, schematisch . Abhängig von der Indikation werden in der praktischen Anwendung unterschiedliche Nadellängen eingesetzt . Neben der rein epidermalen „Cosmetical Needling“-Technik, primär zum Stofftransport externer Wikstoffe angewendet, gibt es zwei unterschiedliche Verfahren des kollageninduzierenden Needlings: Das „Medical Needling“ mit 1 mm- (bis max . 2 mm-) Nadeln, die knapp bis unter das Stratum basale reichen und kleinste Blutungen in der papillären Dermis auslösen und das „Surgical Needling“ mit 3 mm-Nadeln, bei dem die retikuläre Dermis bis Subkutis erreicht wird, was zu starken intradermalen Blutungen führt . 78 KVM_Needling.indb 78 28.02.2013 23:33:42 Needlingtechniken Bezeichnung der Technik Nadellänge Gewünschte klinische Wirkung Gewünschte physiologische Wirkung Postoperative Reaktion Anästhesie Indikation Wiederholbar nach Cosmetical Needling 0,1– 0,3 mm Erhöhung der epidermalen Permeabilität zum Wirkstofftransport Epidermale Regeneration, Einbringen von Wirkstoffen Keine postinterventionelle Reaktion Keine Oberflächliche Strukturschäden, Transport von topischen Wirkstoffen 1 Tag Medical Needling * 1 – 2 mm Läsionen feinster Kapillargefäße unterhalb des Stratum basale, minimale petechiale Blutungen Oberflächliches Remodelling Begrenztes Ödem- bzw . Hämatom, vergleichbar mit einem Sonnenbrand Lokalanästhesiecreme, ambulant Falten und Lichtschäden, leichte Elastose, Striae und flache Narben 1 Woche bis 1 Monat 5 Surgical Needling 3 mm Starke intradermale Blutungen durch Läsionen in der gesamten Dermis bis oberen Subkutis Remodelling der gesamten Dermis Stärkere, ca . 4 –7 Tage andauernde Schwellungen und Hämatome Allgemeinanästhesie oder Regionalanästhesie Tiefe Falten, Cutis laxa, auffällige Narben, Verbrennungsnarben, Keloide 3 Monaten Tab. 5.1 Übersicht der gängigen Needlingtechniken, ihrer beabsichtigten Wirkungen und Behandlungsprinzipien . * Die Anwendung der 1 mm-Technik erfolgt hier direkt auf der Anästhesiecreme, was nicht zu Problemen geführt hat . Dennoch empfehlen die Autoren, die Creme vor dem Medical Needling zu entfernen . 5.1.1 Cosmetical Needling Das Cosmetical (oder auch Micro) Needling, bzw . der Needling-vermittelte Transport topischer Wirkstoffe zählt unter praktischen Gesichtspunkten ebenfalls zu den Needlingtechniken, ist jedoch kein Verfahren der perkutanen Kollageninduktionstherapie und auch zur Selbstanwendung durch den Patienten geeignet . Beim Cosmetical Needling werden Nadellängen von 0,1– 0,3 mm eingesetzt, um ober- flächliche epidermale Schichten auseinander zu schieben und damit primär die Eindringfähigkeit topisch applizierter Wirkstoffe zu verbessern . Da die Nadelpunktionen ausschließlich die Epidermis erreichen, kommt es nicht zu einer intradermalen Blutung und auch nicht zur Kollageninduktion . Gegebenenfalls können ganz oberflächliche epidermale Regenerationsmechanismen aktiviert werden, die zur Förderung der Desquamation und Verbesserung der Oberflächenbe- 79 KVM_Needling.indb 79 28.02.2013 23:33:45 Perioperatives Management 5.1.5 Needlingprozedur Vor dem Eingriff steht die suffiziente Anästhesie . Bei gesicherter Schmerzfreiheit des Patienten wird der Roller auf das entsprechende Hautareal aufgesetzt . Unter Druck wird das Instrument vertikal, horizontal und diagonal über die Haut der zu behandelnden Region gefahren . Die Nadeln dringen – je nach Länge – ein bis drei Millimeter tief in die Dermis ein und erzeugen Tausende von Mikrowunden, die sich erst punktuell und mit Fortführen der Prozedur immer flächiger darstellen . Da die intradermale Blutung gewünscht ist, sollte mit einem gewissen Druck behandelt werden . Insofern sich der Patient nicht unter Allgemeinanästhesie befindet, ist beim Auftreten von Schmerzempfinden der Druck zu reduzieren . Es sollte jedoch unbedingt darauf geachtet werden, dass selbst bei mäßigem Druck petechiale Blutungen entstehen, um ein nachhaltiges Ergebnis zu erzielen . Das 1 mm-Needling (vgl . Abb . 5 .4) wird so lange fortgesetzt, bis der Patient ein unan- Hinweis Prinzipiell sind unter Berücksichtigung der angemessenen Regenerationsphasen (s. Tab. 5.1) der Häufigkeit von Needlingbehandlungen in einem Hautareal keine Grenzen gesetzt. Die Behandlung kann so oft wiederholt werden, bis der Patient keine weiteren Anwendungen mehr wünscht. Die Hautqualität wird dabei mit jeder weiteren Behandlung zusätzlich gesteigert. genehmes Gefühl angibt . Beim 3 mm-Needling (vgl . Abb . 5 .5) wird die Prozedur beendet, wenn sich die Einblutung flächig darstellt und sich das Behandlungsareal hämatös verfärbt hat und geschwollen ist . Wann sich dieser Endpunkt anzeigt, kann abhängig von der anatomischen Beschaffenheit der Behandlungsregion und dem aufgebrach- Durchführung des Needlings 5 Abb. 5.4 Klinischer Verlauf des 1 mm-Needlings . Die Behandlung wird so lange fortgesetzt, bis sich multiple petechiale Blutungen zeigen und der Patient ein unangenehmes Gefühl angibt . Die Behandlung auf der aufgebrachten Lokalanästhesiecreme führt nicht zu Komplikationen, dennoch empfehlen die Autoren, die Creme vor dem Needling zu entfernen . Abb. 5.5 Klinischer Verlauf des 3 mm-Needlings . Die Behandlung erfolgt mit starkem Druck, um eine starke intradermale Blutung zu erreichen . Abhängig von der anatomischen Beschaffenheit des Behandlungsareals und dem aufgebrachten Druck stellt sich die gewünschte Blutung schneller oder langsamer ein . Das Needling wird beendet, wenn die behandelte Haut flächig hämatös und ödematös ist . Die initiale Blutung sistiert wenige Augenblicke nach Abschluss der Prozedur . 82 KVM_Needling.indb 82 28.02.2013 23:33:53 Vorbehandlung mit Vitamin A, C und E ten Druck ganz unterschiedlich sein . Die erzeugte Blutung führt über die Stimulation der postinflammatorischen Wundheilungskaskade und den TGF-b-Signalweg (vgl . Abb . 2 .4 Kap . 2 S . 35) zu einer hautregenerierenden und hautverjüngenden endogenen Kollagenin- duktion . Nach der Needlingprozedur erfolgt die adäquate Wundversorgung (vgl . Abschnitt 5 .5 S . 92) . Um das ästhetische Ergebnis auf lange Sicht zu halten und zu maximieren, sollte die Behandlung in angemessenen Abständen (vgl . Tab . 5 .1) wiederholt werden . Abb. 5.6 Bewegungsrichtungen beim Needling, schematisch . 5.2 Vorbehandlung mit Vitamin A, C und E Die Haut der Patienten wird mit topischen Vitaminen (A, C und E) und Antioxidantien auf die Needlingbehandlung vorbereitet, da auf diese Weise die Wundheilung und damit das Behandlungsergebnis optimiert werden können (vgl . Kap . 1 .3 .2 Rolle der Vitamine in der Wundheilung, S . 25) . Dafür muss die Haut im Behandlungsareal ca . einen Monat vor dem Eingriff zweimal täglich mit geeigneten Vitamin- und Antioxidantien-haltigen Externa (z . B . Environ AVST Gel) vom Patienten vorbehandelt werden . Abb. 5.7 Für ein optimales Behandlungsergebnis muss die Haut über mind . einen Monat täglich mit einer hochdosierten Vitamincreme vorbehandelt werden . 5 Cave Die Vorbehandlung mit Vitamin A und Antioxidantien ist essentiell für einen regelrechten Ablauf der Wundheilung und für einen nachhaltigen Behandlungserfolg. Sie ist daher nicht als eine herkömmliche Pflegemaßnahme anzusehen. Eine unzureichende Vorbehandlung kann die Behandlung ggf. kontraindizieren. Abb. 5.8 Geeignete Produkte für die Vitaminbehandlung prä und post Needling bietet die Firma Environ an . 83 KVM_Needling.indb 83 28.02.2013 23:33:58 Anwendungen 6.2 Periorbitale Falten 6 6.2.1 Ziel der Behandlung Ziel des Needlings ist eine Reduktion der periorbitalen Lachfältchen („Krähenfüße“) bzw . der feinen Falten im Ober- und Unterlidbereich mit einer natürlichen Hautverbesserung und Hautstraffung bei vollständigem Erhalt der Mimikfunktion . 6.2.2 Beurteilung der Therapie Zur Reduktion von Falten in der empfindlichen Periorbitalregion ist eine Needlingbehandlung besonders gut geeignet, während andere minimalinvasive Verfahren hier häufig schwieriger anzuwenden sind . Wirkstoffbedingte Komplikationen wie Ptosis, Ektropium oder Doppelbilder, wie sie etwa nach einer Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin auftreten können, sind bei einer Behandlung mit den Nadeln auszuschließen . Da die Haut im Lidbereich anatomisch bedingt sehr dünn ist, kann bereits mit kurzen Nadeln eine signifikante Blutung und Kollageninduktion erzeugt werden, die zu der gewünschten Faltenglättung führt . Aus diesem Grund können schon mit der 1 mmTechnik sehr schöne Ergebnisse erreicht werden . Andererseits ist auch beim Einsatz von 3 mm-Nadeln kein Risiko zu erwarten, da bei einem möglichen Erreichen der Subkutis durch die Stimulation von körpereigenen Wachstumsfaktoren im Fettgewebe die gewünschte Hautregeneration und Faltenglättung zusätzlich gefördert wird . Für ein gutes Behandlungsergebnis sind je nach Befund eine bis mehrere Sitzungen erforderlich . Hinweis Aufgrund der dünnen Epidermis und Dermis kann es nach einem periorbitalen Needling zu einem heftigeren Ödem und Hämatom kommen. Auf die damit verbundenen massiveren ästhetischen Einschränkungen ist der Patient im Vorgespräch vorzubereiten. 6.2.3 Geeignete Nadellängen Je nach Ausprägung des klinischen Befundes, Wunsch des Patienten sowie Information über Schwellung und Anästhesieverfahren können prinzipiell 1 mm bis 3 mm lange Nadeln eingesetzt werden . Bei kosmetischen Indikationen sind wiederholte Anwendungen der 1 mm-Methode mit geringerer Schmerzhaftigkeit und Downtime grundsätzlich am besten geeignet, insbesondere, da es bereits beim 1 mm-Needling zu Schwellungen und Hämatomen kommen kann . 106 KVM_Needling.indb 106 28.02.2013 23:34:40 Periorbitale Falten 6.2.4 Anästhesie Die Augenregion ist empfindlich, weswegen schon beim 1 mmNeedling ggf . auf eine intensivere analgetische Maßnahme als die Anwendung einer Anästhesiecreme zurückgegriffen werden kann . Unter regionaler Leitungsanästhesie (z . B . Block des N . supraorbitalis) ist selbst die Behandlung mit 3 mm-Nadeln vollkommen schmerzfrei möglich . Im Kontext einer umfangreicheren Behandlung sollte das 3 mm-Needling allerdings unter Allgemeinanästhesie durchgeführt werden . 6.2.5 Behandlungsprotokoll: 1 mm-Needling periorbital Behandlungsschritt Durchführung präoperativ Anamnese • U . a . Befragung nach vorangegangenen Filler- und Btx-Behandlungen Vorbehandlung • Mindestens einmonatig mit hochdosierter Vitamincreme (Environ AVST Gel) intraoperativ Reinigung der Behandlungsregion • Entfernen von Make-up • Desinfektion Anästhesie • Lokalanästhesie mit Emla® bei wenig schmerzempfindlichen Patienten • Regionale Leitungsanästhesie (Block des N . zygomaticofacialis, Block des N . supraorbitalis) bei höherer Schmerzempfindlichkeit Needling • Stretchen der Haut über den Orbitarand • Vorsichtiges Führen des Rollers über die Lidregion mit mäßigem Druck, bis sich multiple petechiale Blutungen zeigen und es zur Ödembildung kommt • Cave: Äußerst vorsichtig vorgehen, um eine Verletzung des Auges zu verhindern! Wundversorgung • Säuberung der behandelten Fläche und Entfernen von Lokalanästhesiecreme und ggf . Blut mit sterilem Wasser • Einölen der Behandlungsregion mit hochdosierter Vitamincreme (Environ AVST Gel) • Ggf . Kühlen des Areals Nachbesprechung • Information zur adäquaten Wundversorgung (s . Kap . 5 .5 .2, S . 94) und zum langsamen Wirkungseintritt 6 postoperativ Wundmanagement bis zur Heilung • 2 x täglich teebaumölhaltige Waschlotion (Environ b-active) • 2 x täglich Vitamincreme (Environ AVST Gel) Make-up • Ab sofort möglich Folgebehandlung empfohlen nach … • 1 Woche bis 6 Monaten Behandlungstipps Nach einem Block des N . supraorbitalis und infraorbitalis ist das Needling der schmerzempfindlichen Lidregion vollkommen schmerzfrei möglich . Um alle periorbitalen Falten bestmöglich zu erreichen, empfiehlt sich ein Stretchen der Haut ober- bzw . unterhalb der Orbita . 107 KVM_Needling.indb 107 28.02.2013 23:34:42 Anwendungen Klinischer Verlauf: 1 mm-Needling periorbital Um die Oberlidregion möglichst vollständig behandeln zu können, sollte die Haut gestretcht werden und der Nadelroller über den Orbitarand geführt werden . Ein Belassen der Anästhesiecreme führt nicht zu Problemen, empfohlen wird allerdings, die Creme vor dem Needling zu entfernen . Ein Stretchen der Haut im Unterlidbereich ermöglicht, dass die feinen Falten mit größtmöglicher Sicherheit für die Augen behandelt werden können . 6 An das Auge ist der Nadelroller mit besonderer Vorsicht heranzuführen, um eine Verletzung zu vermeiden . 108 KVM_Needling.indb 108 28.02.2013 23:34:47 Periorbitale Falten 6.2.6 Falldokumentation — Fall 1: Krähenfüße Periorbitaler Befund, unbehandelt . Man beachte die tiefe Augenbrauenposition und die Krähenfüße . 6 6 Monate nach 1 mm-Needling . Die Krähenfüße sind reduziert . Die Augenbraue ist durch die Straffung der Haut im gesamten Stirn- und Augenbereich in entspannter Position deutlich angehoben . Das imposanteste Beispiel eines natürlichen Brauenlifts aus der praktischen Tätigkeit von Dr . Desmond Fernandes, das seit nun 3 Jahren im Follow-up beständig anhält . 109 KVM_Needling.indb 109 28.02.2013 23:34:47 Anwendungen 6.11 Verbrennungsnarben ausgereift 6 6.11.1 Ziel der Behandlung Eine Verbrennung dritten Grades führt zu einer auffälligen und häufig großflächigen Narbenbildung, unter der die Betroffenen lebenslang zu leiden haben . Ziel des Needlings von ausgereiften hypertrophen Verbrennungsnarben ist die natürliche Regeneration des betroffenen Hautareals mit einer ästhetischen und funktionellen Verbesserung der Narbenqualität . 6.11.2 Beurteilung der Therapie Eine Needlingtherapie bietet die Möglichkeit, großflächig zur endogenen Kollagensynthese und zu einer Wiederherstellung des physiologischen Kollagen-Elastin-Gitternetzes zu führen, wodurch die Qualität von selbst über weite Körperareale verbreiteten Verbrennungsnarben signifikant verbessert werden kann . Untersuchungen von Patienten mit Verbrennungsnarben mittels wissenschaftlicher Messgeräte belegen heute, dass eine Needlingtherapie zu einem verringerten transepidermalen Wasserverlust, zu einer steigenden Hautfeuchtigkeit und zu einem sinkenden Erythem im Bereich der Verbrennungsnarben führt . Die Verbesserung der Narbenqualität konnte sowohl objektiv als auch subjektiv bestätigt werden, Patienten beschreiben einen deutlich wahrnehmbaren Elastizitätsgewinn und ein angenehmeres Gefühl in den vernarbten Körperarealen . Auch der kosmetische Effekt ist insbesondere nach mehrfacher Anwendung signifikant . Komplikationen wurden nicht beschrieben und die mit der Behandlung verbundenen Schmerzen und Nebenwirkungen sind nach Aussage der Patienten im Verhältnis zu der erreichten Verbesserung äußerst gering . Die klinischen Resultate der Methode sind so überzeugend, dass das 3 mm-Needling von Verbrennungsnarben mittlerweile von den deut- 156 KVM_Needling.indb 156 28.02.2013 23:35:51 Verbrennungsnarben ausgereift schen Krankenkassen erstattet wird . Das endgültige Behandlungsergebnis stellt sich erst nach mehreren Wochen bis Monaten mit Abschluss der Kollagensynthese dar und lässt sich durch ein langjähriges Therapiekonzept mit regelmäßig wiederholten Behandlungen optimieren . 6.11.3 Wahl der Nadellänge Bei der Therapie von Verbrennungsnarben sollten 3 mm-Nadeln eingesetzt werden, um die größtmögliche Verbesserung zu erreichen . 6.11.4 Anästhesie Hinweis Aufgrund der dünnen Epidermis im Bereich der Verbrennungsnarben sollte dieser Eingriff nur von einem erfahrenen Chirurgen vorgenommen werden, um das Verletzungspotenzial so gering wie möglich zu halten Da beim Needling von Verbrennungsnarben großflächig und mit starkem Druck gearbeitet werden muss, wird der Eingriff unter Allgemeinanästhesie empfohlen . Bei kleineren, weniger schmerzempfindlichen Arealen ist ggf . auch eine Infiltrationsanästhesie ausreichend . 6.11.5 Behandlungsprotokoll: 3 mm-Needling Verbrennungsnarben Behandlungsschritt Durchführung präoperativ Anamnese • U . a . Narbengenese Vorbehandlung • Mindestens einmonatig mit hochdosierter Vitamincreme (Environ AVST Gel) 6 intraoperativ Reinigung der Behandlungsregion • Entfernen von Make-up bzw . Camouflage • Desinfektion Anästhesie • Allgemeinanästhesie bei großflächiger Behandlung • Ggf . Infiltrationsanästhesie bei kleiner Behandlungsfläche Needling • Horizontales, vertikales und diagonales Rollen mittels Roller über das Behandlungsareal mit besonders starkem Druck, bis sich multiple petechiale Blutungen zeigen • Fortführen der Prozedur, bis sich eine flächige Einblutung zeigt, es zur Ödembildung kommt und sich die Verbrennungsnarben bläulich-violett darstellen Wundversorgung • Säuberung der behandelten Fläche und Entfernen von Blut mit sterilem Wasser • Einölen der Behandlungsregion mit hochdosierter Vitamincreme (Environ AVST Gel) • Kühlen des Areals mit feuchten Tüchern postoperativ Postoperative Überwachung • Über 1–2 Tage mit täglicher Kontrolle Nachbesprechung • Information zur adäquaten Wundversorgung (s . Kap . 5 .5 .2, S . 94) und zur Heilungsphase Wundmanagement während der Exsudationsphase • 3 x täglich feuchte Kompressen und Vitaminsalben zum Verhindern einer Krustenbildung • Schmerzbehandlung über wenige Stunden Wundmanagement bis zur Heilung • 2 x täglich teebaumölhaltige Waschlotion (Environ b-active) • 2 x täglich Vitamincreme (Environ AVST Gel) Kontrolltermine • Nach 1, 2 und 4 Wochen • Nach 3 und 6 Monaten Folgebehandlung empfohlen nach … • 3–6 Monaten 157 KVM_Needling.indb 157 28.02.2013 23:35:52 Anwendungen Klinischer Verlauf: 3 mm-Needling Verbrennungsnarben 6 Surgical Needling von Verbrennungsnarben am Unterarm, während (links) und unmittelbar nach der Prozedur (rechts) . Surgical Needling von Verbrennungsnarben am Oberschenkel, während (links) und unmittelbar nach der Prozedur (rechts) . 158 KVM_Needling.indb 158 28.02.2013 23:36:00 Verbrennungsnarben ausgereift Klinischer Verlauf: 3 mm-Needling Verbrennungsnarben Surgical Needling von Verbrennungsnarben an der Brust, während (links) und unmittelbar nach der Prozedur (rechts) . Die Behandlung erfolgt unter besonders starkem Druck und wird so lange fortgesetzt, bis sich nach den erst petechialen Blutungen flächige Einblutungen darstellen . Am Endpunkt der Prozedur ist die behandelte Haut geschwollen und hämatös verfärbt, die Verbrennungsnarben stellen sich bläulich-violett dar . Die Blutung sistiert innerhalb kürzester Zeit . 6 Nach der Reinigung mit sterilem Wasser werden die behandelten Haut- und Narbenareale mit einer Vitaminlotion eingecremt und mit feuchten Tüchern gekühlt . Eine Krustenbildung sollte in den nächsten Tagen vermiedern werden . 159 KVM_Needling.indb 159 28.02.2013 23:36:06 Anwendungen 6.11.6 Falldokumentation — Fall 1: Alte Verbrennungsnarben Submandibulare Narben am Kinn nach Verbrennungen im Kleinkindalter, Befund vor der ersten Needlingbehandlung . 6 Großflächige Narben an der Brust und am Dekolleté nach Verbrennungen im Kleinkindalter, Befund vor der ersten Needlingbehandlung . 160 KVM_Needling.indb 160 28.02.2013 23:36:07 Verbrennungsnarben ausgereift Fall 1: Alte Verbrennungsnarben post Needling Deutlich verbesserter Befund bereits nach einmaligem 3 mmNeedling . 6 Verbesserung der Narbenqualität und -erscheinung nach einmaligem 3 mm-Needling . 161 KVM_Needling.indb 161 28.02.2013 23:36:08