Netzwerk für Persönlichkeits- und Bewusstseinsentwicklung | www.psyqnetz.net Säulen der Menschlichkeit von Robert Pleich (Physiker) Motivation Sieht man sich die moderne menschliche Gesellschaft an und versucht herauszufinden, was die Menschen am meisten bewegt, so stößt man auf einige wenige Grundprinzipien. Die meisten Menschen suchen nach dem „persönlichen Glück“ in der einen oder anderen Form. Viele davon ersetzen Glück und Lebenssinn durch Lebensstandard und schlagen damit einen mehr materialistischen Weg ein. Das Leben (besonders in Städten) ist so organisiert, daß eine direkte Abhängigkeit von Anderen auf ein Minimum reduziert wird, d. h. jeder hat sein eigenes Auto, eigene Elektrogeräte, PCs etc. Damit wird man unabhängig vom Nachbarn, aber dafür um so abhängiger von Job und Arbeitgeber. Das führt bei vielen zur Einstellung, andere seien für das eigene Glück unwichtig und daher wird auch das Glück anderer unwichtig. Entfremdung und die Unfähigkeit wahre Gefühle zu zeigen sind die Folge. Daß der Schwerpunkt der modernen Gesellschaft auf materiellem Fortschritt liegt, ist sicher auch durch schlagenden Erfolg von Wissenschaft und Technik verursacht. Viele Menschen verstärken diese Tendenz noch, indem sie die Wissenschaft zur Wissenschaftsgläubigkeit verzerren. Diese ersetzt die Religion und dient als alleinige Weisheitsquelle. Allerdings von der Wissenschaft zu erwarten, daß sie Gott, die Liebe und die Ursachen des 2. Weltkriegs erklären soll, leuchtet nicht jedem ein. Und so bedienen sich viele an dem überreichen Angebot der Esoterik-Szene. Ohne modernes wissenschaftliches Korrektiv fällt man hier leicht auf Lehren, Dogmen und Rituale des finstersten Mittelalters zurück. In letzter Zeit ist ein langsamer Wertewandel feststellbar: Da materieller Wohlstand nicht automatisch zu mehr Zufriedenheit und Glück führt, versuchen viele Menschen ihre gefühlten inneren Defizite durch verstärkte Sinnsuche und Hinwendung zu mehr geistigen, ethischen, spirituellen Zielen zu kompensieren. Hier stößt man auf ein weiteres grundlegendes Problem. Will man weder zum Wissenschaftsgläubigen noch zum Esoterikmitläufer werden, scheinen sich die großen Denker und Offenbarer der Weltreligionen als Weisheit letzter Schluß anzubieten. Aber diese liefern keine Lösungen, wenn die Herausforderungen z. B. Globalisierung, Gentechnologie, sich verändernde Rollenbilder, steigende Mobilität und Umweltproblematiken heißen. Wirkungsvolle und verantwortbare Lösungen können nur in einer vernetzten, integralen Kombination der wesentlichen Säulen der Menschlichkeit bestehen: Wissenschaft, Ethik und Spiritualität. Das PsyQ®Netz versucht diese Trinität in einer modernen Weise zu realisieren und damit den Menschen zu helfen. Wie sich nach meiner Meinung Wissenschaft, Ethik und Spiritualität auf die Grundwerte des PsyQ®Netzes so abbilden lassen, daß sie sich gegenseitig vor Irrwegen und Rückschritten schützen, werde ich in den folgenden 3 Punkten näher darlegen. 1. Wissenschaft und Rationalität Wissenschaft ist hier weniger ein System von Überzeugungen, als eine Sammlung von unterschiedlichsten Methoden zur Erkenntnisgewinnung. Diese Methoden zum Prüfen von Behauptungen halte ich für das Beste, was uns derzeit zur Verfügung steht. Und diese Methoden schützen vor den sehr menschlichen Tendenzen zur Selbsttäuschung. So verstanden kann die moderne Wissenschaft nicht einfach als Überzeugungssystem gleichwertig mit vielen anderen gesehen werden. Dazu paßt auch folgendes chinesisches Sprichwort: "Es gibt drei Wahrheiten: Meine Wahrheit, deine Wahrheit und die Wahrheit." Ich will damit klarstellen, daß wir mit der Wahl geeigneter Prüfungsmethoden durchaus in der Lage sind, nahe genug an die Wahrheit heran zu kommen, so daß wir eine Überzeugung als gesichert ansehen können. Das oft verwendete Argument, daß niemand im Besitz der absoluten Wahrheit sein und deshalb niemand „recht haben“ kann, und damit jede Position gleichberechtigt ist, fällt in der Praxis mit konkretisierten Behauptungen und ihrer Überprüfung in sich zusammen. Die rationale Überprüfung ist besonders wichtig in Zeiten, in denen der Aberglaube wieder deutlich zunimmt (vgl. Allensbach Studie 2005 www.ifd-allensbach.de/ ). Der integrative Ansatz bezüglich der Rationalität besteht einerseits in der Überprüfung der Behauptungen der anderen Säulen (z. B. Intuition, Entscheidungen „aus dem Bauch“, Interpretation alter spiritueller Schriften) und andererseits in der Bewertung von wissenschaftlichen Ergebnissen z. B. der Gentechnologie aus ethischer bzw. spiritueller Sicht. 2. Ethik und Emotion Die heutige Neuropsychologie kann Emotionen messen, sowohl im Gehirn als auch im ganzen Körper. Emotionen sind unmittelbare Reaktionen auf die innere oder äußere Realität. Emotionen werden im Gehirn zu Gefühlen, je nach unseren Einstellungen und Veranlagungen. Gefühle sind also interpretierte Emotionen. Wir können uns sogar bis zu einem gewissen Grad gegen unsere Gefühle entscheiden - nicht aber gegen unsere Emotionen. Diese 2-Teilung in unmittelbare Emotion und daraus folgendem Gefühl ist für das moderne Menschenbild sehr wichtig. Eng verknüpft mit Emotion ist die Intuition, bei der dem Menschen nicht vollständig klar ist, wie er zu einer bestimmten Aussage/Entscheidung/Erkenntnis gekommen ist. Es gibt überprüfbare Situationen, in denen die Intuition intelligenter sein kann als der bewußte Mensch. Allerdings ist für eine gesicherte Erkenntnis die Nachvollziehbarkeit durch andere notwendig. Gefühle können immer als Impulse zum Handeln aufgefaßt werden. Ethisches Handeln kann im kleinsten gemeinsamen Nenner von einem tiefen (Mit-)Gefühl und einer Verantwortlichkeit für die Welt getrieben werden. Als Gegenstück dazu könnte man vereinfacht auch sagen, daß die meisten menschenverursachten Probleme durch egoistische Gier getrieben werden. Die heutigen Herausforderungen an die wertende Ethik (z. B. Wissenschafts-, Technik-, Bio- und Medizinethik) erfordern sowohl rationale als auch spirituelle Grundlagen und Wechselwirkungen. 3. Spiritualität und Bewußtsein Meist versteht man unter Spiritualität irgendeine Form von Religion. Der hier vertretene integrative Ansatz macht es unmöglich, eine bestimmte Religion zu bevorzugen. Genau wie es eine Vielzahl von persönlichen Glücksarten gibt, so gibt es auch eine Vielzahl religiöser Wege. Darüber hinaus gibt es nur eine Minderheit von Menschen, die ihren Glauben wirklich praktizieren. Andere Menschen kommen auch ganz gut zurecht, ohne zu einem bestimmten Glauben Zuflucht zu nehmen. Wie kann man also in einem übergreifenden, integrativen Ansatz Spiritualität als Säule der Menschlichkeit vertreten? Mit einer gewissen Interpretationsfreiheit kann man sagen, daß alle großen Weltreligionen (z. B. Christentum, Buddhismus, Islam, Hinduismus, Judentum, Taoismus …) dieselben Grundwerte vertreten und somit geeignet sind, zu persönlichem Glück und Zufriedenheit beizutragen. In Das Buch der Menschlichkeit sagt der Dalai Lama zu diesem Thema: „Ich denke, daß man zwischen Religion und Spiritualität oder Geistigkeit eine deutliche Unterscheidung machen muß. … Spiritualität verbindet sich für mich mit jenen Aspekten einer menschlichen Geisteshaltung – wie etwa Liebe und Mitgefühl, Geduld, Toleranz, Vergebung, Zufriedenheit, Verantwortungsgefühl –, die einen selbst und andere glücklich machen.“ Mit den oben vom Dalai Lama aufgezählten Qualitäten läßt sich ein integrativer spiritueller Ansatz verwirklichen, der überkonfessionell keine bestimmte Religion vertritt und trotzdem eine wertende Ethik im modernen Sinn ermöglicht. Auch die Verbindung zur überprüfenden Rationalität kann damit hergestellt werden: Widerspricht eine wissenschaftliche oder ethische Entscheidung einer der Grundqualitäten, so sollte ein korrigierender menschlicher Eingriff erfolgen. Schlußfolgerung Zusammengefaßt soll die obige Darstellung zeigen, daß die Abbildung von moderner Wissenschaft, Ethik und Spiritualität auf die Grundlagen des PsyQ®Netzes ohne Widersprüche möglich ist. Durch den nach außen offenen integrativen Ansatz muß die Wechselwirkung der verschiedenen Säulen unbedingt eine dynamische sein. Um das zu ermöglichen, ist es erforderlich, mit heutigen Kommunikationsmöglichkeit en auf neue Erkenntnisse und Entwicklungen der modernen schnellebigen Zeit zu reagieren. Darüber hinaus ist es durch die Vernetzung denkbar, durch extrapolierendes Vorhersehen und Bewerten von neuen Herausforderungen, den Menschen geistige „Werkzeuge“ in die Hand zu geben, um mit zukünftigen Problemen besser fertig zu werden.