AK 276.1 Wirkung der Lokalanästhetika auf zellulärer Ebene - Nerv M. Stevens Academic Medical Center, Amsterdam Lokalanästhetika entfalten ihre leitungsblockierende Wirkung über spannungsabhängige Natriumkanäle. Trotz einer erheblichen genetischen Variabilität der Kanäle, sind die drei aromatischen Aminosäuren, an die sich die Lokalanästhetika anlagern, bei allen eukaryoten Zellen gleich. Mutationen bestimmter Natriumkanäle führen zu familiären Schmerzsyndromen aber auch zur congenitalen Analgesie.(1,2) Die verschiedenen Na-Kanal Subtypen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Neurotoxinen, nicht aber gegenüber Lokalanästhetika. Kürzlich hat sich ein interessanter Ansatz ergeben, Nerven sehr viel selektiver sensibel zu blockieren, als es mit Lokalanästhetika alleine möglich ist. Durch die kombinierte Applikation von Capsaicin und einem polaren Lokalanästhetikum gelang es tierexperimentell selektiv Schmerzfasern zu blockieren.(3) Ein solcher, rein sensibler Block würde natürlich erhebliche Vorteile bei der regionalen Schmerztherapie ermöglichen. Lokal appliziert, sind alle Lokalanästhetika in Abhängigkeit von Konzentration und Einwirkdauer neurotoxisch. Sie induzieren dabei neuronale Apoptose und in hohen Konzentrationen Nekrose. Beim Mechanismus der Apoptose spielt das Mitochondrium eine zentrale Rolle. Lokalanästhetika hemmen die Enzyme der Atmungskette und induzieren den Einbau von Poren in die äußere Mitochondrienmembran. Durch diese Poren werden apoptose-induzierende Substanzen ins Cytoplasma freigesetzt. Dadurch werden Signalkaskaden aktiviert und es kommt letztlich zur Apoptose.(4) In vitro ist es gelungen, diese Toxizität durch verschiedene Enzymhemmer zu unterdrücken.(4,5) Hingegen führt Lidocain, systemisch appliziert, zu einer Reduktion der Infarktareale bei fokalen Ischämiemodellen.(6) Bemerkenswerterweise wirkt Lidocain hier antiapoptotisch. Klinisch konnte gezeigt werden, dass systemisch appliziertes Lidocain die Inzidenz und Schwere von postopertativen kognitiven Defiziten nach Herzoperationen reduzieren kann.(7) Somit können Lokalanästhetika sowohl neurotoxisch als auch neuroprotektiv wirken. 1. Drenth JP, Waxman SG. J Clin Invest 117, 3603-9 (2007). 2. Cox JJ et al. Nature 444, 894-8 (2006). 3. Binshtok AM, Bean BP, Woolf CJ Nature 449, 607-10 (2007). 4. Werdehausen R et al. Anesthesiology 107, 136-43 (2007). 5. Lirk P et al. Anesthesiology 104, 1266-73 (2006). 6. Lei B et al. Neuroscience 125, 691-701 (2004). 7. Mitchell SJ, Pellett O, Gorman DF Ann Thorac Surg 67, 1117-24 (1999).