Einf ¨uhrung in die Topologie

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Einführung in die Topologie
SS 2009 (zweistündig)
Prof. Dr. Annette Werner
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1
2 Metrische Räume
2
1 Einführung
Die mathematische Disziplin der Topologie (der Lehre vom Ort“) geht auf die gra”
phentheoretischen Einsichten von Leonard Euler im 18. Jahrhundert zurück. Ihre
axiomatische Fundierung erfolgte allerdings erst im 20. Jahrhundert. Felix Hausdorff
definierte 1914 den Begriff des topologischen Raumes, mit dem wir uns in dieser
Vorlesung befassen wollen. Anschaulich gesprochen untersucht die Topologie diejenigen Eigenschaften geometrischer Körper, die durch zerreißungsfreie Verformungen
unverändert bleiben. Wir betrachten zunächst das folgende
Beispiel: Sei R die Menge der reellen Zahlen. Auf R existiert der bekannte reelle Absolutbetrag, der es erlaubt, den Abstand zwischen zwei reellen Zahlen x und y als
d(x, y) =| x − y |
zu definieren.
Definition 1.1 Eine Teilmenge U der reellen Zahlen heißt offen, falls es für alle x ∈ U
ein ε > 0 gibt, so dass das Intervall ]x − ε, x + ε[ ganz in U liegt.
Eine Teilmenge U der reellen Zahlen ist also genau dann offen, wenn sie mit jedem
Punkt auch ein offenes Intervall um diesen Punkt enthält.
Lemma 1.2 Eine Teilmenge U ⊂ R ist genau dann offen, wenn U die Vereinigung von
beliebig vielen offenen Intervallen ist, d.h. wenn gilt
[
U=
]xi , yi [,
i∈I
wobei I eine Indexmenge ist und xi , yi reelle Zahlen für alle i ∈ I sind.
Beweis : Ist U ⊂ R offen, so gibt es für jedes x ∈ U definitionsgemäß ein ε = εx > 0
S
mit ]x − εx , x + εx [⊂ U. Also gilt U =
]x − εx , x + εx [.
x∈U
Ist umgekehrt U =
S
]xi , yi [ und x ∈ U , so existiert ein i ∈ I mit x ∈]xi , yi [. Wählen
i∈I
wir ε = min {| x − xi |, | yi − x |}, so gilt
]x − ε, x + ε[⊂]xi , yi [⊂ U.
Also ist U offen.
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Definition 1.3 Eine Teilmenge A ⊂ R, für die R \ A offen ist, heißt abgeschlossen.
Beispiele:
i) R und ∅ sind sowohl offen als auch abgeschlossen.
ii) N ⊂ R ist abgeschlossen.
iii) Q ⊂ R ist weder offen noch abgeschlossen.
2 Metrische Räume
Die Definition offener Mengen in R basierte nur auf dem Absolutbetrag auf R. Wir
können sie direkt auf sogenannte metrische Räume übertragen.
Definition 2.1 Ein metrischer Raum ist eine Menge X zusammen mit einer Abbildung
d : X × X → R≧0 = {x ∈ R : x ≧ 0},
so dass folgende Bedingungen gelten:
i) d(x, y) = 0 ⇔ x = y
ii) d(x, y) = d(y, x) für alle x, y ∈ X.
iii) d(x, z) ≦ d(x, y) + d(y, z) für alle x, y, z ∈ X.
Eine solche Abbildung d nennt man Metrik auf X.
Beispiel:
i) (R, d) mit d(x, y) =| x − y | ist ein metrischer Raum.
ii) Jede Menge X wird mit der Abbildung
(
0
d(x, y) =
1
, x=y
, x=
6 y
zu einem metrischen Raum.
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

y1
x1
 .
 . 


iii) Für Vektoren x = 
 ..  und y =  ..
yn
xn



 im Rn definieren wir

v
u n
uX
d(x, y) = t (xi − yi )2 .
i=1
Dies definiert eine Metrik auf dem n−dimensionalen Vektorraum Rn . Für n = 1
erhalten wir den Absolutbetrag aus i).
iv) Ist (V, k k) ein normierter R−Vektorraum, so definiert
d(x, y) =k x − y k
eine Metrik auf V . Dies verallgemeinert die Metrik aus iii).
v) Es sei X die Menge der beschränkten Funktionen f : [0, 1] → R. Die Abbildung
d(f, g) = sup {| f (x) − g(x) |}
x∈[0,1]
ist eine Metrik auf X.
Definition 2.2 Es sei (X, d) ein metrischer Raum.
i) Für alle ε > 0 heißt
Bε (x) = {y ∈ X : d(x, y) < ε}
die offene Kugel vom Radius ε um x.
ii) Eine Teilmenge U ⊂ X heißt offen, falls es für jedes x ∈ U ein ε > 0 gibt mit
Bε (x) ⊂ U.
iii) Eine Teilmenge A ⊂ X heißt abgeschlossen, falls X \ A offen ist.
Dies verallgemeinert Definition 1.1 und 1.3.
Beispiel: Ist (X, d) ein metrischer Raum, so ist für jedes x ∈ X und alle ε > 0 die
Menge Bε (x) offen und die Menge Bε (x) = {y ∈ X : d(x, y) ≦ ε} abgeschlossen.
Proposition 2.3 Sei (X, d) ein metrischer Raum.
i) ∅ und X sind offene Mengen.
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ii) Sind U und V offene Mengen in X, so ist auch U ∩ V offen in X.
iii) Ist I eine beliebige Indexmenge und Ui ⊂ X offen für alle i ∈ I, so ist
S
Ui
i∈I
offen.
Beweis :
i) folgt sofort aus der Definition.
ii) Ist x ∈ U ∩ V , so existiert ein ε1 > 0 mit Bε1 (x) ⊂ U und ein ε2 > 0 mit
Bε2 (x) ⊂ V. Wir setzen ε = min{ε1 , ε2 }. Dann ist
Bε (x) ⊂ Bε1 (x) ∩ Bε2 (x) ⊂ U ∩ V.
Also ist U ∩ V offen.
S
iii) Ist x ∈
Ui , so gilt x ∈ Ui für ein i ∈ I. Also existiert ein ε > 0 mit Bε (x) ⊂
Si∈I
S
Ui ⊂
Ui . Also ist
Ui offen.
i∈I
i∈I
Korollar 2.4 Sind U1 , . . . , Un endlich viele offene Mengen in einem metrischen Raum
X, so ist auch U1 ∩ . . . ∩ Un offen.
Beweis : Dies zeigt man mit Induktion nach n, indem man Proposition 2.2 ii) benutzt.
Korollar 2.5 Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann gilt
i) ∅ und X sind abgeschlossene Teilmengen von X.
ii) Die Vereinigung endlich vieler abgeschlossener Teilmengen ist abgeschlossen.
iii) Der Schnitt beliebig vieler abgeschlossener Teilmengen ist abgeschlossen.
Beweis : Da A ⊂ X genau dann abgeschlossen ist, wenn das Komplement X \A offen
ist, folgt die Behauptung aus Proposition 2.3 und Korollar 2.4.
Definition 2.6 Sei Y ⊂ X eine beliebige Teilmenge.
i) Ein Punkt a ∈ Y heißt innerer Punkt von Y , falls es ein ε > 0 gibt mit Bε (a) ⊂ Y.
ii) Ein Punkt a ∈ Y , der nicht innerer Punkt ist, heißt Randpunkt.
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Also ist a ∈ Y genau dann ein Randpunkt, wenn für jedes ε > 0 der offene Ball Bε (a)
die Menge X \ Y trifft. Für eine beliebige Teilmenge Y ⊂ X bezeichnen wir mit Y 0
die Teilmenge der inneren Punkte von Y . Mit ∂Y = Y \ Y 0 bezeichnen wir die Menge
der Randpunkte von Y . Wir nennen ∂Y den Rand von Y .
Definition 2.7 Ist Y ⊂ X eine beliebige Teilmenge, so nennen wir die kleinste abgeschlossene Teilmenge von X, die Y enthält, den Abschluss von Y .
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