Zunge ist, wie der Bulbus, ein Dipol und zeigt eine negative Ladung an der Zungenspitze sowie eine positive Ladung am Zungengrund. Muskelartefakte Durch unzureichende Entspannung des Patienten können Muskelartefakte entstehen, die die Beurteilbarkeit, insbesondere der vorderen und temporalen Ableitgebiete, erheblich stören können. Durch frühzeitige Hyperventilation (HV) kann eine verbesserte Entspannung des Patienten induziert werden. Deshalb empfiehlt es sich manchmal bei schlecht entspannten Patienten, die HV an den Anfang der Ableitung zu legen. Bei schlecht entspannten Patienten sollte vorsichtig mit der Filterung im Hochfrequenzbereich umgegangen werden, da bei dieser Filterung insbesondere die charakteristischen Muskelspitzen herausgefiltert werden und dadurch die Abgrenzung von Beta-Aktivität kaum noch möglich ist. In der Regel gelingt die Identifikation von Muskelartefakten besser, wenn der Hochfrequenzfilter inaktiviert ist. Erst dann lassen sich unter Umständen die Muskelspitzen sicher erkennen bzw. von BetaAktivität trennen (Beta-Aktivität zeigt keine „Spitzen“ im Gegensatz zu Muskelpotenzialen). EKG-Artefakte/Herzartefakte EKG-Artefakte können v. a. in der Ohrreferenz zu deutlichen Artefakteinstreuungen führen, die allerdings durch die Mitregistrierung des EKG leicht als Artefakt erkannt werden können. Durch die positive Ladung des Herzens an der Herzspitze und die negative Ladung an der Herzbasis wird die positive Ladung zu den Elektroden am linken Ohr und zu den links temporalen Ableitelektroden fortgeleitet. Die negative Ladung wird wiederum nach rechts temporal geleitet. Sollte die Zuordnung zum EKG einmal schwierig sein, so ist das EKG-Artefakt auch gut an der typischen Polarität zu identifizieren. Artefakte durch Herzschrittmacher sind an besonders hochamplitudigen Ausschlägen mit strichartiger Anstiegssteilheit gut zu erkennen. Pulsartefakte Pulsartefakte sind vor allem in den bipolaren Längsreihen gut zu erkennen. Sie entstehen durch die direkt über einer Arterie platzierte Elektrode, durch deren pulsierende Schwingung ein mechanisches Artefakt auf die Elektrode übertragen wird. Das Artefakt ist gut an der meist recht rhythmischen Ausprägung, die zeitliche Koppelung an die R-Zacken im mitregistrierten EKG und die Phasenumkehr an der betroffenen Elektrode gekennzeichnet. Bei einer absoluten Arrhythmie kann die Zuordnung aufgrund der arrhythmischen Frequenz und der unterschiedlichen Ausschläge der Oszillationen durch sehr variable Füllungsvolumina des Herzens erschwert werden. Die dann beobachtete Phasenumkehr in der Längsreihe kann einer polymorph konfigurierten herdförmigen Störung sehr ähneln. Auffällig ist in diesem Fall nur das elektrische Feld, welches sich einzig auf die betroffene Elektrode projiziert. Bei einer Herdstörung wäre ein weiteres Potenzialfeld und eine graduelle Amplitudenminderung in den angrenzenden Elektroden zu erwarten. Schwitzartefakte Schwitzartefakte führen zu charakteristischen langsamen und trägen Wellen in einer Frequenz von etwa 0,5 pro Sekunde oder langsamer. Sie liegen damit im unteren Delta- bzw. Subdelta-Bereich. Komplexe Bewegungsartefakte Das Spektrum der möglichen bewegungsinduzierten Artefakte ist außerordentlich groß und reicht von komplexen motorischen Reaktionen (z. B. Bewegungen der Hände oder Tremorartefakte) bis hin zu kaum sichtbaren Kopfbewegungen auf der Unterlage mit Bewegungs– und Elektrodenartefakten, Kau– sowie Schluckartefakten. 4.4 Mustererkennung: Graphoelemente und Wellen Neben den Artefakten stehen nicht nur einzelne Graphoelemente, sondern auch komplexe Muster (Komplexe) sowie rhythmische Aktivitäten (Rhythmen) im Blickpunkt des Interesses. Diese werden in den folgenden Abschnitten beschrieben. Innerhalb eines EEG ist unter normalen Bedingungen grundsätzlich eine übersichtliche Anzahl unterschiedliche Muster zu erkennen. Dies sind 67 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 4.4 Mustererkennung: Graphoelemente und Wellen 4 Grundlagen der EEG-Beurteilung und -Befundung Wellen bzw. isolierte Graphoelemente, Komplexe, Rhythmen, periodische und spezifische Muster. Das Komplexe an der Beurteilung des EEG ist, dass diese überschaubare Anzahl an Mustern manchmal ein erhebliches Maß an Variabilität in Bezug auf Morphologie und Umstände des Auftretens aufweist. Dies kann insbesondere die differenzialdiagnostische Zuordnung erheblich erschweren. Dies soll jedoch hauptsächlich das Thema des zweiten Teils dieses Buches sein. Beschreibung der EEG-Wellen 4 Ein wichtiger Schritt in der Befunderstellung eines EEG ist zunächst die möglichst objektive Beschreibung der beobachteten Wellen. Hierfür sollen zunächst die wichtigsten Merkmale exemplarisch erläutert werden. Die Polarität der Wellen Die Bedingungen der Polaritätskonvention wurden bereits erläutert. Hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung: Bezüglich der Polarität von Wellen im EEG gilt folgende willkürlich festgelegte Konvention: ● nach oben gerichteter Potenzialausschlag: (oberflächen-)negativ, ● nach unten gerichteter Potenzialausschlag: (oberflächen-)positiv. Konfiguration und Morphologie Die Konfiguration von EEG-Mustern beinhaltet und beschreibt das Erscheinungsbild von Wellen im EEG. Die Wellen bzw. Graphoelemente werden zunächst genau beschrieben. Anhand der Beschreibung gelingt häufig eine verbesserte Zuordnung der Wellen im Rahmen der Beurteilung und letztlich auch die Beantwortung der Frage, ob es sich um physiologische oder pathologische Muster handelt. Im Folgenden werden die Nomenklatur und diagnostische Kriterien der Musterbeschreibung erklärt sowie weitere Möglichkeiten der Wellenkonfiguration schematisiert beschrieben. Wellen/Graphoelemente können folgendermaßen konfiguriert sein: ● monomorph = sehr gleichförmig (z. B. triphasische Wellen, Alpha-Wellen); polymorph = unterschiedlich (polymorphe Delta-Wellen einer regionalen Verlangsamung = „Delta-Herd“); ● sinusoidal = wellenförmig aneinandergereiht, häufig in einer bestimmten Frequenz mit sehr ähnlichem Erscheinungsbild auftretend (Steilheit, Amplituden); dabei können die Wellen am oberen Ende etwas schärfer sein (typisches sinusoidales Muster = Alpha-Aktivität um 9 / Sekunde (Abb. 4.2); ● arkadenförmig = ebenfalls wellenförmig aneinandergereiht, jedoch eher schärfer konfigurierte Basis (Arkaden, typisches Beispiel: µ-Rhythmus, Abb. 4.2); ● sägezahnähnlich = an- und absteigender Schenkel zeigen eine unterschiedliche Anstiegssteilheit, manchmal stufenförmig abfallend (typisches Beispiel FIRDA, Abb. 4.2); ● monophasisch: Wellen lediglich nach einer Seite, oben oder unten gerichtete Potenzialschwankung; ● biphasisch: Wellen zeigen eine meist zunächst nach oben gerichtete negative und nachfolgend eine nach unten gerichtete (häufig mit höherer Amplitude) positive Potenzialauslenkung; ● triphasisch: Wellen zeigen 3 Potenzialauslenkungen in die 2 möglichen Richtungen in alternierender Abfolge. Meist findet sich eine niedrigamplitudige negative Komponente zu Beginn, gefolgt von einer amplitudenstarken positiven Auslenkung. Anschließend findet sich eine dritte, wiederum negative Potenzialauslenkung. ● Frequenz Der klassische Alpha-Grundrhythmus hat eine Frequenz von 8–13 / Sekunde. Dies ist eine rein empirische Einteilung. Die häufigste Frequenz liegt bei 10 / Sekunde. Die Frequenz der Alpha-Tätigkeit ist genetisch festgelegt. Alternativ kann die Frequenz auch in Hz angegeben werden, was eigentlich nicht ganz korrekt ist, da die EEG-Wellen nicht im physikalischen Sinne Schwingungen sind. Die Unterteilung der Wellen richtet sich teilweise nach physiologischen Kriterien (Verteilung, Funktionszustand des Gehirns), sie ist jedoch auch zu einem großen Teil willkürlich festgelegt. Für die Bestimmung der Frequenz ist – unabhängig von der Art und Verteilung der Wellen – ein Bereich auszuwählen, möglicherweise auch an verschiedenen Stellen, in dem die interessierende Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 68 4.4 Mustererkennung: Graphoelemente und Wellen 1 2 3 1 1 Abb. 4.2 Monophasische, biphasische und triphasische Welle. Links: monophasische Welle. Die Welle durchläuft nicht oder maximal einmal die (gedankliche) Grundlinie (grüne Markierung). Mitte: biphasi- Frequenz stabil und einfach auszuzählen ist. Dann wird einfach die Anzahl der Wellen pro Sekunde angegeben. Dabei ist nach Möglichkeit festzuhalten, ob die Frequenz stabil oder unregelmäßig ist (z. B. deutlichen Schwankungen unterliegt). Dazu ist anzugeben, ob sie kontinuierlich oder unterbrochen (diskontinuierlich) auftritt. Auch einzelne Wellen können bezüglich der Frequenz eingeordnet werden (4.6, S. 75). Amplitude Die Amplituden der Wellen im EEG liegen bei bis zu 100–200 µV. Da die Amplituden sehr von den technischen Bedingungen abhängen (z. B. Elektrodenabstände), haben sie in der Befundung keine besondere Bedeutung. Die Bestimmung der Amplituden erfolgt am besten in der Ohrreferenz, weil sie hier aus ableitungstechnischen Gründen realistisch abgebildet werden. Die Amplitude wird vom Minimum zum Maximum (Peak to Peak) gemessen. Die absolute Höhe der Amplituden ist meist nur von geringer Relevanz, sie kann dann in µV im Seitenvergleich angegeben werden, wobei zu beachten ist, dass die verschiedenen Frequenzbereiche schon unter physiologischen Bedingungen sehr unterschiedliche Amplituden haben (z. B. Betaversus Deltaaktivität). Deshalb sollte man stets angeben, um welchen Frequenzbereich es in dem speziellen Fall geht. Zu beachten sind deutliche Amplitudendifferenzen, z. B. im Seitenvergleich an korrespondierenden Kortexarealen. 2 sche Welle. Die Welle durchläuft zweimal die Grundlinie. Rechts: triphasische Welle. Die Welle durchläuft dreimal die Grundlinie. Die Ziffern bezeichnen die Phasen. Modulation Geringe, irreguläre und physiologische Modulation. Der Begriff der Modulation bezeichnet die Dynamik der Amplituden der rhythmischen Aktivität. Eine rhythmische Folge von Wellen kann kaum abweichende Amplituden zeigen. In diesem Zusammenhang spricht man von gering modulierter Aktivität (Abb. 4.3). Wenn sich die Dynamik der Amplituden von Welle zu Welle sehr rasch ändert, spricht man von einer irregulären Modulation. Physiologische Aktivität ist häufig spindelförmig moduliert. Darunter versteht man an- und abschwellende Amplituden. Zeitliche Dynamik Kontinuierliche oder diskontinuierliche Aktivität. Je nachdem, ob es sich um eine durchgehende oder unterbrochene Aktivität handelt, spricht man von einer kontinuierlichen oder diskontinuierlichen Aktivität. Bei längeren Abständen zwischen den Ereignissen werden auch häufig die Begriffe „intermittierend“, „abschnittsweise“ oder „flüchtig“ verwandt. Repetitive Ereignisse. Wiederkehrende Ereignisse werden als „repetitiv“ bezeichnet. Wenn sich zwischen den einzelnen Ereignissen eine gewisse feste zeitliche Beziehung abzeichnet, so spricht man von „episodischen“ Ereignissen. Wenn das dazwischen liegende Intervall relativ kurz ist (wenige Sekunden), handelt es sich um ein periodisches Auftreten. 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1 69 70 4 Grundlagen der EEG-Beurteilung und -Befundung 10μV Abb. 4.4 Frequenzen und Ausprägung. Die Abbildung zeigt denjenigen Anteil an Alpha-Wellen, deren Amplitude > als 10 µV beträgt (in den Kästchen befindliche Aktivität). Wellen langsamerer (Theta- bzw. Delta- Wellen) oder rascherer Frequenzbereiche (Betawellen) gehen in die Schätzung nicht mit ein. Ebenso werden keine Alpha-Wellen berücksichtigt, deren Amplitude weniger als 10 µV betragen. Die kürzeste zeitliche Abfolge repetitiver Muster ist eine rhythmische Folge. Der Begriff „paroxysmal“ wird verwandt, wenn eine Aktivität (z. B. 3 / Sekunde sharp-wave- (SW-) Komplexe) plötzlich aus völlig unauffälliger Grundtätigkeit auftritt. Es muss allerdings die dominierende Grundaktivität nicht zwangsläufig kontinuierlich vorhanden sein. Sie kann unterbrochen werden, fluktuierend oder nur streckenweise im Wechsel mit anderen eingelagerten Frequenzen auftreten. Ausprägung Jede Grundtätigkeit (nicht nur der Alpha-Grundrhythmus, sondern auch die Grundrhythmusvarianten) kann bezüglich ihrer Ausprägung (sog. Alpha-Index) quantifiziert werden. Auch wenn der Grad der Ausprägung für klinische Fragestellungen von untergeordneter Rolle ist, sollte in jedem EEGBefund auch die Ausprägung der Grundtätigkeit erwähnt werden (Abb. 4.4). Dabei wird der Anteil der im Fokus stehenden Aktivität in Prozent an der Gesamtaktivität abgeschätzt. Die Alpha-Grundtätigkeit kann je nach Anteil der entsprechenden Wellen pro Zeiteinheit ● gut (Anteil an Alphaaktivität > 60 %), ● mäßig ( Anteil an Alphaaktivität 30-60 %), ● gering (Anteil an Alphaaktivität < 30 %) ausgeprägt sein. Dabei spielt auch die Amplitude eine wichtige Rolle. Es werden nur diejenigen Alpha-Wellen berücksichtigt, deren Amplitude > 10 µV beträgt. Topografie Räumliche Verteilung der Muster. Topografische Aspekte beziehen sich auf die räumliche Verteilung der dargestellten Muster auf der Kopfoberfläche. Dabei kann man im Prinzip 3 wesentliche Grundformen der räumlichen Verteilung unterscheiden. Dies sind umschriebene, diffus und generalisiert auftretende Muster. Dabei werden die Begriffe „diffus“ und „generalisiert“ häufig synonym verwendet, was streng genommen nicht ganz zutreffend ist. Dabei spielt auch die zeitliche Beziehung zwischen den auftretenden Wellen eine wichtige Rolle. Diffuse Verteilung. Bei einer diffusen Verteilung kommt es zu einer unterschiedlich ausgedehnten Verteilung der Muster über beide Hemisphären, die Muster zeigen dabei aber in der Regel kein synchrones Auftreten. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 4 Maßstab Abb. 4.3 Modulation. Die Abbildung zeigt ein gering moduliertes (unten) bzw. gut oder spindelförmig moduliertes EEG (oben). Generalisierte und bilateral-synchrone Muster. Bei den generalisierten Mustern kommt es ebenfalls zu einer bilateralen Verteilung, wobei die Muster in der Regel – aber nicht zwangsläufig – in allen Kanälen sichtbar sind. In diesem Fall zeigen die Muster aber ein synchrones Auftreten. Man spricht dann auch von einem „bilateral-synchronen“ Muster. Die bilateral-synchronen (bzw. generalisierten) Muster werden häufig von tiefer liegenden mittelliniennahen Strukturen in beide Hemisphären projiziert. Wenn dabei eine Seitenbetonung auffällt, dann spricht man von einer „Lateralisierung“. Umschriebene Muster. Umschriebene Muster hingegen zeigen ein lokal begrenztes Auftreten. Dabei ist das Muster meistens nur in wenigen Kanälen nachweisbar, die eine enge räumliche Beziehung zueinander haben. Meistens stellt sich dabei auch ein plausibles elektrisches Feld dar, das einen physiologischen Gradienten über die abgebildeten Kanäle zeigt. Dies ist ein wichtiges Kriterium in der Abgrenzung gegenüber Artefakten (insbesondere Elektrodenartefakten), die entweder ein ungewöhnliches elektrisches Feld zeigen oder manchmal auch nur unter einer Elektrode auftreten. Dieser Fall ist bis zum Beweis des Gegenteils verdächtig auf ein Elektrodenartefakt. Seitenbetonung und Lateralisierung Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, kann jede Aktivität (Tätigkeit) einseitig, bilateral mit wechselnder Seitenbetonung, beidseits-unabhängig oder bilateral-synchron (generalisiert) auftreten. Dies spielt eine wichtige Rolle in der Differenzialdiagnose der Muster, denn wenn eine verlangsamte Aktivität wiederholt (z. B. rhythmische Theta-Aktivität links temporal) streng einseitig auftritt, dann ist sie verdächtig auf eine herdförmige Störung (z. B. bei Temporallappenepilepsie). Eine wechselseitige Betonung (z. B. kurze rhythmische Verlangsamung in den Theta-Frequenzbereich temporal mit wechselnder Seitenbetonung) kann durchaus das Korrelat einer „physiologischen“ Verlangsamung z. B. im Rahmen von Vigilanzeffekten sein. Ein beidseits bzw. bilateral-unabhängiger Befund spricht für eine Störung, die zeitlich und räumlich unabhängig voneinander und beide Hemisphären einbeziehend auftritt (z. B. bitalerale Spike-wave-Aktivität bei Temporallappenepilepsie oder im Rahmen von sog. BiPLEDs (Beidseitige lateralisierte epileptiforme Entladungen)) Hier handelt es sich nicht um eine Fort- oder Überleitung der Aktivität, sondern um ein multilokuläres Geschehen. Der Begriff der „Lateralisierung“ wurde bereits erläutert und bezeichnet einen aus subkortikalen Strukturen (z. B. Thalamus) projizierten Ursprung der Aktivität mit einseitiger Betonung. Eine Seitenbetonung der Amplituden kann ohnehin physiologisch bedingt auftreten. Zum Beispiel hat der okzipitoparietale Alpha-Grundrhythmus häufig eine physiologische Amplitudendifferenz zugunsten der rechten Seite. Da jedoch die Höhe der Amplituden auch von den Ableitbedingungen (Elektrodenabstände) abhängig ist, ist diese Information mit Zurückhaltung zu bewerten. 4.5 Mustererkennung: Komplexe Komplexe Unter Komplexen im EEG versteht man kombinierte bzw. zusammengesetzte Muster aus mehreren Wellen bzw. Wellenbestandteilen. Diese haben meist eine typische Konfiguration mit mehr oder weniger gutem Wiedererkennungswert (z. B. Spike-Wave-Komplexe, K-Komplexe). Dabei handelt es sich meist um Muster, die durch eine bestimmte physiologische oder pathophysiologische Reaktion des Gehirns hervorgerufen werden. Bei der Entstehung können aktivierende (exzitatorische) und hemmende (inhibitorische) Mechanismen (meist synaptische Potenziale) eine wichtige Rolle spielen. Spezifische Muster Spezifische Muster sind charakteristische Wellen/ Graphoelemente, meist jedoch Komplexe, die ein charakteristische Konfiguration, ein „typisches“ Auftreten bezüglich der regionalen Verteilung des Potenzialfeldes sowie eine physiologisch bzw. klinisch relevante Bedeutung haben (z. B. epilepsietypische Muster, schlafspezifische Muster). Epilepsietypische Muster Epilepsietypische Muster sind Potenzialschwankungen, die aufgrund ihrer Konfiguration, Lokalisation und Potenzialfeldverteilung charakteristi- 71 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 4.5 Mustererkennung: Komplexe