Advent: Alles wegen mir! Johannes 1,1-5.10-12.14.16 06.12.2015 Wenn man sich mit Advent und Weihnachten beschäftigt, landet man ziemlich sicher beim Lukasevangelium Kapitel 2. Da steht die klassische, die bekannte Weihnachtsgeschichte. Aber Lukas ist nicht der einzige. Es gibt noch einen weiteren Zugang: Johannes hat gleich in seinem ersten Kapitel in genialer Weise kurz und prägnant auf Papier gebracht, was es mit Jesus auf sich hat (wer er ist und was er tut), und was das mit meinem Leben zu tun hat. In Johannes 1 erfahren wir das Wesentliche über den Anfang der Welt, und dann geht es schon bald auf den Höhepunkt der Geschichte zu. Es ist gewissermassen die Weihnachtsgeschichte nach Johannes – und er sagt auch, was diese Geschichte für unser Leben für Konsequenzen hat. Am Anfang war das Wort Johannes hat darüber nachgedacht, wie er seinen Lesern die Ankunft Jesu, ja sein Lebenswerk überhaupt, klar machen soll. Der Begriff „Wort“ kommt hier sehr oft vor, ein genialer Begriff, den Johannes gewählt hat. Das „Wort“ ist schon im Alten Testament der Inbegriff von Gottes Wirkungsmacht. Wenn Gott redet, dann ist das nicht nur Schall und warme Luft, sondern dann passiert etwas! So heisst es z.B. in der Schöpfung: „Gott sprach ... und es wurde.“ Oder: „Das Wort geschah...“ Gottes Wort hat Kraft, etwas zu bewirken! Es war damals den meisten Griechen und den Juden sowieso bewusst, dass dieses Wort etwas mit dem Göttlichen zu tun hat: Das Wort gehört zu Gott. Erst in dem Moment, wo Johannes dieses Wort mit Jesus Christus identifiziert, scheiden sich die Geister. Johannes macht nämlich deutlich: 1. Jesus gehört ganz eng zu Gott. Wie kann man das ausdrücken? Das häufigste Bild, das im Neuen Testament für die Zusammengehörigkeit von Gott und Jesus verwendet wird, ist das Bild vom Vater im Himmel und dem Sohn Gottes. 2. Jesus war schon vor Anfang der Welt da. Er ist nicht geschaffen worden, so wie wir Menschen. Er war bei der Erschaffung der Welt prägend mit beteiligt. Das ist eine steile Aussage, der nicht alle Menschen folgen können – die aber den Christen sehr wichtig ist, Kolosser 1,16f: „In ihm ist alles in den Himmeln und auf der Erde geschaffen worden, das Sichtbare und das Unsichtbare ... alles ist durch ihn und zu ihm hin geschaffen; und er ist vor allem und alles besteht durch ihn.“ Jesus verkündete nicht nur Gottes Wort wie viele andere. Er ist dieses Wort von Anfang an gewesen. Das führt uns zum dritten Punkt: 3. Jesus hält die Welt zusammen. Für die Griechen war das Wort das innere Prinzip, nach dem die Welt funktioniert. Den Juden war klar, dass die Welt zusammenbrechen würde, wenn Gott sein schöpferisches und segnendes Wort entziehen würde. Auch diese Eigenschaften bezieht Johannes auf Jesus: Er ist die Mitte, die Achse, um die sich die ganze Welt dreht. Ohne ihn gibt es kein Licht, kein Leben, keine Wahrheit und keinen Sinn. Die Katastrophe Wenn wir die Bibel aufschlagen geht es nicht lange bis zur ersten Katastrophe: Die Menschen lehnen Gott bzw. sein Wort ab und ziehen ihr Ding durch. Wir lesen aber auch, dass Gott den Menschen nachgeht und weiterhin zu ihnen spricht. Im Kommen von Jesus Christus spricht Gott sein definitives Wort zu uns Menschen. Klarer und eindeutiger hat Gott nie gesprochen, das Wort Jesus Christus ist nicht zu überbieten. Johannes 1,5a fasst die Mission Jesu so zusammen: „Das Licht scheint in der Finsternis.“ Finsternis ist die Dunkelheit, in die sich die Menschheit durch ihre Trennung von Gott hineingesteuert hat. In diese Finsternis hinein wird Jesus geboren. Der Evangelist Lukas berichtet, dass Jesus in die Armut des “Stalles von Bethlehem“ kommt. Das Licht kommt in die Finsternis, um sie zu erleuchten. Darum geht die beste Nachricht der Welt zuerst an arme, dreckige Schafhirten die ein düsteres Dasein fristeten: „Siehe, ich verkündige euch grosse Freude, die für das ganze Volk sein wird. Denn euch ist heute ein Retter geboren, der ist Christus, der Herr“ Lukas 2,10b-11. Nie gab es eine bessere Nachricht als damals in jener finsteren Nacht. Die Hirten jedenfalls liessen sich von dieser Freude anstecken, die dieses Licht der Welt ausstrahlte, „sie priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten“ Lukas 10,20. Doch dann passiert das Unfassbare, die zweite Katastrophe, wie Johannes berichtet: „Die Welt (er)kannte ihn nicht. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an“ Johannes 1,10f. Eine unerhörte Katastrophe! In mehreren Sätzen umkreist Johannes das Undenkbare, das da geschehen ist. Wie kann die Welt den nicht erkennen, nach dessen Grundlage sie gemacht ist? (Das wäre ja wie wenn ich von meinen Eltern, die mich mit viel Hingabe aufgezogen haben, nichts mehr wissen wollte, ihre Anrufe ignoriere, sie vor der Türe stehen lasse wenn sie kommen...) Was damals, aber auch heute noch passiert, ist eine Art zweiter „Sündenfall“. Ein zweites Mal sagen die meisten Menschen Nein zu Gott. Der gütige Vater im Himmel bietet den Menschen in Jesus sein ultimatives Angebot bedingungsloser Liebe und Vergebung an – doch die Menschen lehnen ab. Die Menschen haben die Macht, die Liebe Gottes aufzuhalten. Gott sendet seinen Sohn auf die Erde – und die Menschen kreuzigen ihn brutal. Da stellt sich die Frage: Ist seine Mission deswegen gescheitert? Nicht ganz, sagt Johannes. Gottes Angebot steht nach wie vor. 1 Gottes Angebot „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben“ Johannes 1,12. Unsere Gott abgewandte Haltung kann sich in groben Sünden wie Mord, Diebstahl oder Ehebruch niederschlagen. Aber auch in eher verborgenen wie Gleichgültigkeit, Rechthaberei oder Stolz. Gott ist bereit, das eine wie das andere zu vergeben wenn wir es ihm hinhalten mit der Bitte um Vergebung. Umgekehrt trennt uns jede noch so kleine Sünde von Gott, wenn wir sie für uns behalten, verleugnen, verdrängen oder schönreden. Am Ende unseres Lebens wird Gott nicht fragen, was für “gute“ Taten wir geleistet haben, sondern was wir mit Jesus Christus bzw. mit seinem Angebot gemacht haben. „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben“ Kinder Gottes sind von der Herkunft her alle Menschen, weil sie von Gott geschaffen wurden. Die aber, die Jesus in ihr Leben aufnehmen, werden Kinder in einem viel innerlicheren Sinne, weil sie Söhne und Töchter mit einer Herzensbeziehung zu ihrem Vater im Himmel werden. Was es heisst, Jesus anzunehmen, war damals offensichtlich: Einige nahmen ihn buchstäblich bei sich zu Hause auf, andere folgten ihm unterwegs nach. Heute bedeutet „Jesus annehmen“ ganz ähnlich, seine Botschaft und seine Person anzunehmen, ihn ins Herz aufnehmen, eine persönliche Beziehung zu ihm pflegen. Die Folgen der Gotteskindschaft In Johannes 1,14 und 16 beschreibt Johannes was für Folgen es hat, wenn wir Jesus annehmen: Wer Jesus annimmt, sieht ein Stück Herrlichkeit Gottes. Das Wort Herrlichkeit kann man nicht wirklich in unsere Alltagssprache übersetzen. Es bedeutet u.a. Präsenz, Schönheit, Klarheit, Macht und Reinheit. (Wo siehst du Herrlichkeit?) Wer Jesus in sein Leben aufnimmt, erlebt, dass Gott ihm durch sein Wort bzw. seinen Sohn Herrlichkeit schenkt, die wir heute spüren und erleben können. Nicht immer Wunder an Wunder, aber immer so wie wir es brauchen. Gott kennt uns, auch unsere Fragen, Bedürfnisse und Wünsche. Und wir dürfen uns nach dieser Herrlichkeit ausstrecken, Gott entgegengehen und uns ihm, seinem Wirken aussetzen. Er hört auf ehrliche Gebete und gibt uns gerne Antwort. „Denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade“ Johannes 1,14. Einer meiner Lieblingsverse aus der Bibel! Wenn ich auf mein Leben schaue, auf meine vergangenen 35 Jahre, dann muss ich zugeben: Ich war es nicht, sondern Gott, der mir Gnade geschenkt hat. Mein Leben ist ein unverdientes Geschenk. Johannes sagt, dass dies für alle Menschen gilt, die Jesus angenommen haben und Gottes Kinder sind. Mit Jesus empfangen wir alle Gnade um Gnade. Natürlich gibt es auch ungelöste Fragen im Leben: Krankheit, Behinderung, Missbrauch, Unfälle... Situationen, die scheinbar ungnädig sind. Aber es geht hier um die wesentlichen Dinge im Leben: 1. Die erste und grundlegende Gnade, die Vergebung der Schuld und das Geschenk, Gottes Kinder zu werden. In Jesus finden wir Frieden mit Gott. Damit hören wir allerdings nicht auf, Fehler zu machen, zu sündigen. Darum schenkt Gott uns eine weitere Gnade: 2. Gnade um Gnade heisst, dass wir Vergebung immer wieder in Anspruch nehmen dürfen, und so jederzeit neu anfangen können wenn etwas falsch gelaufen ist. Das bewirkt auch eine positive Veränderung unserer Persönlichkeit: 3. Wer selbst Gnade erlebt hat, wird (hoffentlich) auch im Umgang mit anderen verständnisvoller, gnädiger, und vergibt dem Anderen, so wie Jesus ihm vergeben hat (Epheser 4,32). So werden nicht nur wir selbst verändert, sondern Gottes Gnade verändert durch uns auch andere Menschen! Ich wünsche mir für uns, dass wir in dieser Adventszeit jedes Mal wenn wir eine „Weihnachtsbeleuchtung“ sehen daran denken: Gott hat sein Licht, Jesus Christus zu mir gesandt, um mich zu verändern, und durch mich auch meine Umwelt. Welche der drei genannten Gnaden hast du bereits erlebt? (1. Gottes Kind werden, 2. Täglich Vergebung in Anspruch nehmen, 3. Gnädig auf andere eingehen.) Welchen dieser Schritte möchtest du als nächsten tun Wie könnte das aussehen? Joel Hauser 2