Deutscher Apothekertag 27. bis 29. September 2007 in Düsseldorf

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Deutscher Apothekertag
27. bis 29. September 2007 in Düsseldorf
„Apotheke: Gesundheit in besten Händen“
Lagebericht
Heinz-Günter Wolf
Präsident der
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
Frei zur Veröffentlichung ab Beginn der Veranstaltung
Es gilt das gesprochene Wort.
Der Gesetzgeber hat uns Apothekerinnen und Apotheker in den vergangenen Jahren nicht
mit Gesetzen verschont. Ob nun der Beitragssatz gesichert, die Gesundheit modernisiert, die
Arzneimittelversorgung wirtschaftlicher oder der Wettbewerb gestärkt werden sollte. Es ist
viel diskutiert worden, ob diese Gesetze erfolgreich sind oder nicht. Das wollen wir hier und
heute nicht fortsetzen.
Tatsache ist, die Gesetzeseingriffe im Arzneimittelbereich finden inzwischen unterjährig statt.
Verlässliche Rahmenbedingungen für uns Pharmazeuten sind so kaum gegeben. Tatsache
ist weiterhin, dass die neuen Gesetze Marktveränderungen bewirken. Marktveränderungen,
die teils politisch gewollt, teils aber auch nicht politisch gewollt sind. Hierüber müssen und
werden wir auf diesem Apothekertag sprechen.
Wir werden darüber reden, wie wir die Arzneimittelversorgung sicher und flächendeckend
erhalten. Wir werden analysieren, wo wir Schwächen haben und wo unsere Stärken liegen.
Wir werden beraten, wie wir das Vertrauen der Patienten behalten und ausbauen. Wir
werden analysieren, welche Schritte wir von der Politik erwarten und welche Schritte wir
bereit sind mitzugehen. Und wir werden klären, welche Konzepte wir einbringen. Es soll klar
sein, dass einzig und allein die freiberuflich und heilberuflich geführte Präsenzapotheke die
zukünftige Arzneimittelversorgung in ganz Deutschland sicherstellt.
Auch wenn Sie nach den vielen Eindrücken des Apothekertages und der Expopharm und
nach der Rückkehr in das Alltagsgeschäft sicherlich nicht alle Details meiner Rede mehr
präsent haben werden, möchte ich, dass Sie zumindest drei Kernaussagen in Erinnerung
bewahren, annehmen und vielleicht sogar übernehmen:
1. Nicht Preiswettbewerb, sondern Qualitätswettbewerb fördert die Gesundheit.
2. Nicht Abhängigkeit, sondern Unabhängigkeit sichert die Versorgung.
3. Nur mit Qualitätswettbewerb und unabhängiger Versorgung wird unser
Gesundheitssystem zukunftssicher.
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1. Nicht Preiswettbewerb, sondern Qualitätswettbewerb fördert die Gesundheit.
Die Politik hat uns Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland mit der Gesetzgebung seit
2004 beim Verkauf und beim Einkauf konsequent preisneutral gestellt. Im GMG durch die
vom Packungspreis unabhängige Apothekenvergütung, im AVWG durch die Absicherung
des Festhonorars der Apotheke und durch Rabattverbote sowie im GKV-WSG durch die
Einwirkung auf den Herstellerabgabepreis über Rabattverträge und Zielpreisvereinbarungen.
Beratung findet somit unabhängig vom Verkaufspreis statt. Dieses Vertrauen der Politik in
die deutschen Apothekerinnen und Apotheker ist kein Selbstläufer. Wir müssen es uns Tag
für Tag, bei jedem der Millionen Kundenkontakte in der öffentlichen Apotheke, neu
verdienen. Mit der Preisneutralstellung hat der Staat ganz bewusst dafür gesorgt, dass
Preiswettbewerb dort stattfindet, wo die Preise gemacht werden, nämlich zwischen
Herstellern und Krankenkassen. Uns Apotheker dagegen hat man damit beauftragt, diese
Preisverhandlungen zu unterstützen. Vor allem aber hat man uns in den Qualitätswettbewerb
geschickt. Diesen Wettbewerb nehmen wir an, denn hier liegen - als akademisch
ausgebildete Pharmazeuten - unsere Stärken. Wir sind keine 100 prozentigen Kaufleute und wir sind erst recht keine Kapitalmaximierer für Großkonzerne!
Wenn wir nicht Zustände wie in Norwegen oder England haben wollen, muss die
Industrialisierung der Arzneimittelversorgung verhindert werden.
Es kann nicht sein, dass 90 Prozent der Arzneimittelversorgung durch vertikale
Konzernzusammenschlüsse abgebildet werden, die dann vorrangig konzerneigene Produkte
durchverkaufen. Es kann ebenso wenig sein, dass der Staat Versorgungsoligopole unter
dem Duktus, Kosten zu senken, zulässt, dann aber hintenrum die aussterbende
Arzneimittelversorgung an nicht lukrativen Standorten subventioniert. Dafür gibt es in Europa
schlechte Beispiele.
Wir stellen uns der Fremdkapitalisierung der Arzneimittelversorgung mit unseren
pharmazeutischen Leistungen entgegen. Mehr denn je gilt es nun, die Mehrwertleistungen
der Präsenzapotheke zu leben und auszubauen. Bieten Versandhändler Nacht- und
Notdienst? Bereiten Drogeriemärkte Rezepturen? Übernehmen Drogeriemärkte soziale
Kompetenz? Fühlen sich Apothekenketten persönlich verantwortlich? Die Antwort lautet:
Nein!
Uns dagegen suchen täglich rund 3,5 Millionen Menschen in unseren Apotheken auf. Jede
Nacht läuten etwa 20.000 kranke Menschen bei einer Bereitschaftsapotheke. Die Herstellung
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von 15 Millionen Rezepturen pro Jahr in Apotheken ermöglicht die maßgeschneiderte
Versorgung der Patienten. Täglich bringen wir etwa 250.000 mal Tabletten, Zäpfchen und
andere Medikamente im Botendienst an das häusliche Krankenbett.
Die Politik, Leistungsanbieter, Kostenträger und vor allem die Versicherten können sich
bekanntermaßen nicht nur auf die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung, sondern auch
auf die funktionierende Selbstverwaltung der freiberuflichen Apothekerschaft verlassen. Im
Gegensatz zum Durchreichen von Konzerninteressen, die von einigen hoch bezahlten
Beratern als Qualitätssicherung interpretiert werden, haben wir eine funktionierende
Selbstverwaltung. Und diese schließt auch eine eventuelle Berufsgerichtsbarkeit zur
Durchsetzung von Qualitätsansprüchen mit ein.
Politik und Öffentlichkeit verfolgen unsere Konzepte, mit denen wir unsere Leistungen noch
erfahrbarer machen wollen, mit hoher Aufmerksamkeit. Ich nenne hier exemplarisch die
Bereiche diskrete Beratung, Prävention und Qualitätssicherung.
Aktuell forcieren wir die Umsetzung der diskreten Beratung. Mit einer Beratungsecke oder
einem Beratungszimmer ist es dabei nicht getan, denn die Patienten wünschen sich mehr.
Und dem kommen wir nach. Wir gehen in die Offensive. Was bei der Post oder am
Flugschalter möglich ist, muss auch bei uns in der Apotheke möglich sein. Umso mehr, als
es um das sensibelste Gut unserer Patienten geht – ihre Gesundheit.
Ich erinnere daran, dass der Bereich der Prävention schon auf den vergangenen
Apothekertagen intensiv diskutiert wurde. Jetzt machen wir Nägel mit Köpfen. Von der
Ernährungsberatung über Reise- und Impfberatung bis hin zur Bestimmung von
physiologischen Parametern, die erste Hinweise auf eine Erkrankung im Frühstadium geben.
Wir werden uns in den politischen Prozess zum Präventionsgesetz einbringen - und die
Politik ist gut beraten, unsere Angebote anzunehmen.
Zur Qualitätssicherung: Die Anfertigung von Rezepturen, Information und Beratung und
Pharmazeutische Betreuung sind keine Leistungen, die dem Schema F folgen können. Sie
orientieren sich immer an den Bedürfnissen des einzelnen Patienten. Gleichwohl ist dies kein
Freibrief für uns, diese individuellen Leistungen nach Gefühl und Wellenschlag zu erbringen.
Im Gegenteil, sie müssen qualitätsgesichert sein. Ich bin Stolz auf erhebliche Anstrengungen
des Berufsstandes, dies in Selbstverwaltung zu regeln. Hierzu gehören die Überarbeitung
der Mustersatzung für das QMS der Deutschen Apotheken im vergangenen Jahr und die
Leitlinien der Bundesapothekekammer zur Qualitätssicherung. Qualitätssichernd sind auch
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die Leistungen der Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker sowie die Angebote zur
Teilnahme an externen Qualitätssicherungsmaßnahmen wie dem Pseudo-CustomerKonzept oder Rezeptur-Ringversuche des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker. Und
zur
Qualitätssicherung
Patienteninformationen,
gehören
zahlreiche
zum Beispiel
zur
weitere
korrekten
Handlungshilfen,
bis
Blutdruckmessung
hin
zu
oder
zur
Selbstbestimmung der Blutglukose.
Auch beim aktuellen Zytostatika Vorfall greift unser System der Qualitätssicherung und
Selbstverwaltung. Schließlich waren wir es, die zur Aufklärung aktiv beigetragen haben. Wir
wissen noch nicht genau, ob die erhobenen Vorwürfe der Krankenkassen zutreffen. Aber
eines muss klar sein: Sollte sich herausstellen, dass hier vorsätzlich betrogen wurde, ist ein
Berufsverbot für diese schwarzen Schafe die konsequente Folge.
Die öffentlichen Apotheken haben es trotz gesetzlicher Eingriffe und starker Konkurrenz
immer wieder geschafft, die Qualität der Beratung aufrecht zu erhalten. Und das bei
sinkenden Kostenanteilen für die GKV. Um im Wettbewerb zu bestehen und als
Verhandlungspartner glaubwürdig zu bleiben, müssen wir unsere Kompetenzen nun weiter
ausbauen und erlebbar machen. Auch für Politiker, die wir deshalb weiterhin in unsere
Apotheken einladen, um die Praxis vor Ort zu erfahren.
Vor diesem Hintergrund bin ich mir sicher: Die Arzneimittelversorgung in Deutschland und
die Zukunft der Apotheke werden pharmazeutisch entschieden. Der unabhängige
freiberufliche Apotheker ist nun einmal ein besserer Pharmazeut als ein von Befehlen
abhängiger Kapitalmaximierer. Denn schließlich gilt: Wer Gesundheit will, darf nicht vom
Preis abhängen!
Über detaillierte Lösungskonzepte der Apotheker zu diesem Themenbereich werden wir
morgen im Arbeitskreis 1 des Deutschen Apothekertages diskutieren.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, eines gebe ich zu bedenken: Der
Wertschöpfungsanteil, den wir Apotheker für die ordentliche Versorgung der Bevölkerung mit
Arzneimitteln bekommen, ist mittlerweile unter das Niveau der MwSt-Einnahmen gesunken.
Das bedeutet, dass der Staat für nichts tun mehr erhält als 144.000 hart arbeitende
Menschen in den Apotheken. Diese Arbeitsplätze und diese Menschen sollte der Staat
eigentlich schützen. Denn hier arbeiten noch Menschen für Menschen, nicht für fremde
Kapitalgeber. Das, meine Damen und Herren, ist sozial!
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2. Nicht Abhängigkeit, sondern Unabhängigkeit sichert die Versorgung.
Regelmäßig zeigen Bevölkerungsbefragungen, dass die Berufsgruppe der Apotheker beim
Vertrauen der Bevölkerung die obersten Plätze einnimmt. Neben Feuerwehrleuten und
Ärzten. Zuletzt wieder bestätigt in einer europaweiten Verbraucherumfrage im reader´s
digest unter 25.000 Verbrauchern.
In jeder Beziehung muss Vertrauen auf soliden, verlässlichen Säulen gebaut sein. In der
Präsenzapotheke gibt es viele dieser Säulen. Sie heißen: kompetente, persönliche Beratung,
soziales Engagement, optimale Erreichbarkeit, Qualitätssicherung und
Qualitätsmanagement, Vollsortimentierung, Unabhängigkeit und Menschlichkeit!
„Gesundheit in besten Händen“ ist nicht nur eine Beschreibung des Status Quo. Das Motto
des diesjährigen Apothekertages ist zugleich ein Appell. Ein Appell, sich des Vertrauens der
Verbraucherinnen und Verbraucher bewusst zu sein und es sich auch in Zukunft zu
verdienen. Denn Patientenvertrauen ist kein blindes Vertrauen. So schwer wie es aufgebaut
wird - so schnell kann es zerstört sein.
Das Werben um das Vertrauen der Verbraucher fördert den Wettbewerb um Qualität. Genau
hier zeigen sich die Stärken der Freiberuflichkeit. Dabei sichert unsere Unabhängigkeit
zweierlei: erstens, dass Patienten auch in Zukunft eine Auswahl haben und zweitens, dass
diese Auswahl wirtschaftlich ist. Patienten sind Patienten - und eben keine Konsumenten!
Denn Krankheiten sind nun mal nicht planbar!
Gesetz und Berufsethos verpflichten den Apotheker, dem Gemeinwohl zu dienen. Aber nicht
nur wir, auch die Krankenkassen haben den Auftrag, den Versicherten zu dienen - auch
wenn dies einige manchmal missverstehen. Werfen wir einen Blick auf die derzeitige
Situation der Rabattverträge: Erst vor wenigen Tagen kam eine ältere Dame einer
bestimmten Krankenkasse in meine Apotheke. Sie hatte acht verschreibungspflichtige
Arzneimittel verordnet bekommen, für die ein Rabattvertrag besteht. Stellen Sie sich vor, fünf
von diesen acht Rabattarzneimitteln konnten nicht zeitnah geliefert werden. Sie werden aus
der täglichen Praxis vor Ort ähnliche Fälle kennen.
Inzwischen sind über 20.000 Arzneimittel von Rabattverträgen erfasst. Also rund 20 Prozent
aller Arzneimittel. Tendenz stark steigend. Diese Rabattarzneimittel in Kombination mit 200
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teilnehmenden Krankenkassen und rund 60 Herstellern generieren 10 Millionen ComputerDatensätze. Tendenz auch hier stark steigend. Diese Datensätze mussten innerhalb
kürzester Zeit in die Apothekensoftware eingespielt werden. Letztlich bedarf es des
fachkundigen Apothekenpersonals, das diese millionenfachen Datensätze in jedem akuten
Einzelfall anwendet und vermittelt. Hierfür spreche ich den Apothekern und den Mitarbeitern
meine Hochachtung aus. Hier erbringen wir Apotheker erstaunliches - für die Krankenkassen
und für die Versicherten.
Anrede, im Jahr 2008 dürfen sich die Startprobleme der Rabattverträge auf keinen Fall
wiederholen. Wir Apotheker fordern: Dort, wo Lieferprobleme weiterhin bestehen, muss die
Apotheke maximale Flexibilität erhalten. Es kann nicht sein, dass wir Apotheker und
Patienten Lieferengpässe der Hersteller ausbaden müssen! Wir fordern, dass neue
Rabattpartner von den Krankenkassen so gewählt werden, dass eine Versorgung am selben
Tag möglich ist! Wir fordern, dass nicht nur wir Apotheker, sondern vor allem die
Krankenkassen und Hersteller die Patienten über ihre Rabattvertragsregelungen informieren!
Wir fordern weiterhin, dass der entstandene Mehraufwand in der Apotheke vergütet wird, so
wie es bei den Ärzten in einigen KV-Bezirken schon üblich ist! Und nicht zuletzt fordern wir,
dass bei der Ausgestaltung von Rabattverträgen auch unser pharmazeutischer
Sachverstand mit einbezogen wird - um die Funktionsfähigkeit der Verträge zu
gewährleisten!
Im Rahmen der Rabattverträge findet Preiswettbewerb auf der richtigen Ebene statt, nämlich
zwischen Herstellern und Krankenkassen. Dies ist aber alles noch viel zu wenig. Wirklich
Sinn würden solche Verträge erst bei einer vorgegebenen Wirkstoffverordnung machen.
Dieses Vorgehen - flankiert von Zielpreisvereinbarungen - ist geeignet, sowohl die
Krankenkassen zu entlasten, eine optimale Patientenversorgung sicherzustellen und die
Vielfalt der Hersteller zu bewahren. Ich verweise hier auf die Zusammenarbeit mit einigen
KVen, wie beispielsweise in Niedersachsen.
Es gibt zu viele nationale Regelungen, die nicht aufeinander abgestimmt sind und deren
Auswirkungen weder hinreichend untersucht noch abgewartet werden. Gesetze werden zwar
erlassen, die Ausgestaltung der Umsetzung jedoch nicht mit den Beteiligten abgestimmt.
Hinzu kommt nun erschwerend, dass die EU-Kommission ihre Liberalisierungsbestrebungen
forciert. Sie versucht, über wettbewerbliche Aspekte Zugriff auf einen Bereich zu nehmen,
der eigentlich aus gutem Grund in die nationale Regelungshoheit fällt.
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Entsprechende Verfahren zu Fremdbesitzverboten stehen neben Deutschland gegen Italien,
Österreich, Spanien und Frankreich an. Das deutsche und das italienische Verfahren sind
bereits vor dem EuGH anhängig.
Hier droht die Gefahr, dass der Arzneimittelbereich zum Spielball interessierter inländischer
und ausländischer Kapitalgeber wird. Und diese versuchen, die von ihnen selbst betriebene
Verunsicherung im eigenen Interesse auszunutzen. Als Folge läuft der verunsicherte Markt
Gefahr, sich selber in den Umbruch zu reden. Davor müssen wir uns und die Verbraucher
schützen!
Schlechtestes Beispiel ist hier der Fall Celesio. Celesio/GEHE hat die niederländische
Kapitalgesellschaft DocMorris im April 2007 gekauft. Dies hat zwar keine direkten rechtlichen
Auswirkungen in Deutschland, wohl aber faktische. So lässt sich trotz aller heilsbringerischen
Verkündungen bereits jetzt ein klarer vertikaler Konzentrationsprozess dieses Großhändlers
erkennen. Unter dem Strich heißt das, dass Celesio Konzerninteressen vom Einkauf bis zum
Verkauf konsequent durchdrücken kann.
Ich betone: Konzerninteressen! Sie sind nicht gleichzusetzen mit den Interessen kranker
Menschen. Genau hier machen wir Apotheker nicht mit. Und weil wir Apotheker hier nicht
mitmachen, sinkt der Marktanteil von Gehe. So einfach ist das. Dies, meine Damen und
Herren, ist allen kartellrechtlichen Bedenken zum Trotz schlicht ganz normales
Marktverhalten. Die Hand, die einen füttert, schlägt man nicht! Lassen Sie sich nicht
verunsichern! Und folgen Sie keinen falschen Propheten!
Das seit 2006 laufende verwaltungsgerichtliche Verfahren gegen die Betriebserlaubnis für
DocMorris in Saarbrücken liegt jetzt beim EuGH. Für den Fall, dass der EuGH
wiedererwartend einen Rechtsverstoß sehen sollte, fordert die Bundesregierung in ihrer sehr
klaren und eindeutigen Stellungnahme eine angemessene Übergangsfrist, um handeln zu
können. Mit Verlaub bemerkt liegt die Vermutung nahe, dass diese erbetene Frist wohl auch
nicht vor der Bundestagswahl im September 2009 ablaufen wird. Ich betone hier in aller
Deutlichkeit: Nicht nur die dortigen Kläger, sondern auch die Bundesregierung und viele
weitere EU-Mitgliedstaaten halten das geltende Fremdbesitzverbot mit guten Gründen für
europarechtskonform.
Gerne zitiere ich aus der Stellungnahme der Bundesregierung, dort heißt es wie folgt:
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„Die Vorschriften des Apothekengesetzes zum Fremdbesitzverbot dienen im Rahmen des
deutschen Gesundheitssystems zwingenden Gründen des Allgemeininteresses. Sie
gewährleisten die professionelle Unabhängigkeit des Berufsstands der Apotheker und
dienen dem Gesundheits- und Verbraucherschutz.“
Diese Aussagen sind klar und eindeutig. Der EuGH wird voraussichtlich nicht vor Ende 2008
entscheiden. Auch wenn kapitalorientierte Kreise es gerne herbeireden möchten, politischer
Handlungsbedarf besteht nicht. Und vorauseilender Gehorsam ist nicht nötig - und wird auch
nicht erfolgen. Sie haben es vorhin selbst gehört.
Filialbesitz von Apotheken, Apothekenkooperationen, frei kalkulierbare OTC-Arzneimittel und
Margen- bzw. Ertragsdruck kennzeichnen den Markt. Discount-Apotheken und
Abholstationen drohen. Die Kernfrage lautet: Wie viel oder wie wenig Regulierung braucht
ein Markt? Ich erinnere hier an den Vater der sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard. Ihm
war im Sinne des Ordoliberalismus von Anfang an klar, dass eine soziale Marktwirtschaft
auch klare Regeln zum Schutz ihrer Wirtschaftssubjekte braucht - wenn sie funktionieren
soll.
Die von Konzerninteressen unabhängige und heilberuflich orientierte Apotheke setzt auf
diesen staatlichen Schutz. Wir brauchen ihn, wenn wir eine intensive und persönliche
Betreuung aufrechterhalten wollen. Er ist der Schlüssel für den Erfolg einer zuverlässigen,
unabhängigen und flächendeckenden Arzneimittelversorgung in Deutschland.
Mehr zu dem Themenkreis Verbraucherschutz und staatliche Garantenpflicht werden wir
morgen im Arbeitskreis 2 des Deutschen Apothekertages diskutieren.
3. Nur mit Qualitätswettbewerb und unabhängiger Versorgung wird unser
Gesundheitssystem zukunftssicher.
Wir müssen sauber trennen zwischen den Entwicklungen, die aufgrund der nationalen
Gesetzgebung entstanden sind und den Entwicklungen aufgrund von Entscheidungen des
EUGH.
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So hätte das EUGH-Urteil zum Versandhandel die aktuellen Verwerfungen auf dem
Arzneimittelmarkt gar nicht erst ermöglicht. Der EUGH hält es nämlich nicht für erforderlich,
dass rezeptpflichtige Arzneimittel auch über den Versandweg bezogen werden müssen.
Wenn jetzt franchise-ähnliche Systeme versuchen, in die Arzneimittelversorgung einzufallen
und Nicht-Pharmazeuten Bestellwege und Abholstellen für Arzneimittel anbieten, hat dies
nichts mit dem EUGH zu tun, sondern vielmehr mit der Art und Weise der Einführung des
Versandhandels für Arzneimittel durch die rot/grüne Bundesregierung im Jahr 2004. Dort
wurde im GMG der Grundstein für die heutigen Auswüchse gelegt.
Im Klartext: Die Art der Einführung des Versandhandels ermöglicht es interessierten Kreisen,
bei der Versorgung vor Ort die Apothekenbetriebsordnung zu umgehen. Der
Verbraucherschutz, originärer Sinn der Apothekenbetriebsordnung, bleibt so auf der Strecke.
Jetzt wird der Versandhandel für den Systembruch benutzt. Schlechtestes Beispiel ist hier
die Arzneimittelabgabe in dm-Märkten. Das dm-Modell kombiniert den Abbau von
Anforderungen an die Apothekenausstattung mit den Nachteilen des Fremdbesitzes. In der
Folge droht eine Arzneimittelversorgung - very light, also die Erosion
verbraucherschützender Strukturen.
Dies, sehr geehrte Frau Dr. Reimann, sehr geehrter Herr Zöller, kann jetzt korrigiert werden.
Unterstützen Sie die Initiative aus Nordrhein-Westfalen, des zuständigen Ministers Karl Josef
Laumann. Er fordert mit klarem Sachverstand, den Versandhandel für rezeptpflichtige
Arzneimittel wieder zu verbieten. Ganz im Sinne des EUGH. Herr Minister Laschet, richten
Sie Ihrem Kollegen Laumann bitte aus: Die deutsche Apothekerschaft unterstützt Ihre EuGHkonforme Lösung mit aller Kraft.
Aber auch die liberalen Kräfte müssen eindeutig Farbe bekennen, ob sie den
mittelständischen Freiberufler oder den mit ausländischen Versandhändlern kooperierenden
Discounter unterstützen. Meine Damen und Herren Liberalen, wir als Wähler möchten
gerade vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen wissen, was Sie tun und wo
Sie stehen!
Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer
ordnungsgemäßen AM-Versorgung der Bevölkerung. Aber was eigentlich meint der
Gesetzgeber mit „ordnungsgemäße AM-Versorgung“?
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Genaue Kriterien für die ordnungsgemäße AM-Versorgung gibt die
Apothekenbetriebsordnung. Der Gesetzgeber legt hier die Messlatte zurecht ziemlich hoch. Genauso hoch übrigens sollte er sie für sich selber legen, wenn er Gesetze macht. Demgemäß muss eine Apotheke nicht Discountangebote vorhalten, sondern qualifizierte
Arbeitsplätze bieten. Eine vorgeschriebene Apothekenfläche ist genauso zwingend wie das
pharmazeutische Personal oder das Labor mit all seinen aufwendigen Einrichtungen. Hinzu
kommen Pflichtliteratur, Nacht- und Notdienst, sowie die Pflicht, jede Rezeptur anzufertigen
und jedes Rezept zu beliefern.
Das sind Leistungen! Selbstbewusst nennen wir die Dinge beim Namen! Wie sie wirklich
sind! Trotz all dem konzerngelenkten Getöse lautet die wahre Botschaft: 40 gegen 21.500 –
das ist die Nachricht!
Wir haben in den vergangenen Wochen unsere Aktivitäten im Bereich der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit erheblich ausgebaut und werden dies in den kommenden Monaten
fortsetzen. Die Erfolge des vergangenen Jahres sind uns noch allen in Erinnerung: 40.000
Menschen demonstrierten in vier Städten gemeinsam gegen die geplante Gesetzgebung.
Aber wir können und dürfen uns nicht darauf ausruhen. Deshalb haben wir uns entschieden,
auf mehreren Ebenen aktiv zu werden.
Bereits am gestrigen Abend konnten manche von Ihnen im Rahmen der Verleihung des
EXPOPHARM Medienpreises unseren neuen Messestand in Augenschein nehmen. Wir
werden diesen Stand ab sofort gezielt bei Veranstaltungen einsetzen. Bereits in diesem Jahr
sind wir bei mehreren Parteitagen und Großveranstaltungen präsent. Wir werden dort
ebenso offen wie offensiv diskutieren und unsere Positionen veröffentlichen.
Parallel hierzu werden wir unser Apotheken-A in der öffentlichen Wahrnehmung weiter
stärken – und das auf den unterschiedlichsten Ebenen. Mit einer intensiven Medienarbeit, in
Hintergrundgesprächen, durch einen Ausbau unserer Aktivitäten im Internet, aber ganz
besonders durch eine bessere Verzahnung zwischen der ABDA, den Kammern, den
Verbänden bis hin zur Apotheke und ihren Mitarbeitern. Wir werden die Vorteile unseres
föderalen Systems noch stärker nutzen.
Aber die beste Öffentlichkeitsarbeit, die schönsten Kampagnen werden nicht zünden, wenn
wir nicht selbst diejenigen sind, die diese Aktionen mit Leben erfüllen. Wir sollten nicht
vergessen, dass die beste PR immer noch in unseren eigenen Apotheken, mit unserer
eigenen Leistung beginnt.
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Wir wollen keine Kette! Und wir wollen auch nicht an die Kette. Das rote Apotheken A steht
als Symbol für unabhängige Beratung. Das rote Apotheken A gehört zu den bekanntesten
Marken in ganz Deutschland. Die Verbraucher kennen uns. Und sie vertrauen uns. Jetzt
gehen wir in die Offensive. Lasst uns stärker zur treibenden Kraft werden. Wir sind besser!
Und wir zeigen es!
Den Wert der Gesundheit darf man nicht mit ihrem Preis verwechseln. Wir bieten keine
Billigware - wir bieten Lösungen! Lösungen für kranke Menschen. Wir sind unabhängige,
nicht weisungsgebundene Partner der Patienten. Und das heißt:
Erstens: Qualität vor Preiswettbewerb!
Zweitens: Unabhängigkeit statt Abhängigkeit!
Drittens: Zukunftsfähige Arzneimittelversorgung in Deutschland – und zwar durch uns!
Eröffnung DAT: Lagebericht Wolf
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