programmheft - Young Euro Classic

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PROGRAMMHEFT
Di
18.8.
NATIONAAL JEUGD ORKEST SYMPHONY
ORCHESTRA International
Begrüßung durch die Patin des Abends
Dagmar Reim Intendantin Rundfunk Berlin-Brandenburg
Antony Hermus Dirigent
Sebastiaan Kemmer Posaune
LEONARD BERNSTEIN (1918-1990) • «On the Town – Three Dance Episodes»
(1945)
Tanz des großen Liebhabers – Pas de Deux – Times Square Ballett
CHRISTOPHER ROUSE (*1949) • Konzert für Posaune (1991)
Adagio – Scherzo - Adagio
–Pause–
RICHARD STRAUSS (1864-1949) • «Ein Heldenleben» op. 40 (1898)
Lebhaft bewegt (Der Held) – Etwas langsamer (Des Helden Widersacher) –
Viel ruhiger (Des Helden Gefährtin) – Mit großem Schwung und Begeisterung
(Des Helden Walstatt, des Helden Friedenswerke) – Langsam (Des Helden
Weltflucht und Vollendung)
Patin des Abends - Dagmar Reim
Intendantin Rundfunk Berlin-Brandenburg
Als der Rundfunk Berlin-Brandenburg 2003 als Fusion aus ORB und SFB gegründet wurde, war sie als Gründungsintendantin die erste Frau an der Spitze eines öffentlich-rechtlichen Senders in Deutschland. Inzwischen ist die
gebürtige Heidelbergerin in ihrer dritten Amtszeit in Berlin und blickt auf eine
erfolgreiche Karriere zurück. Als Redakteurin arbeitete sie nach ihrem Studium der Geschichte, Germanistik und Publizistik zunächst als Redakteurin beim
Bayerischen Rundfunk und beim WDR, wechselte zum NDR und war dort u.a.
Direktorin des Landesfunkhauses in Hamburg. Dagmar Reim engagiert sich
gesellschaftlich in zahlreichen Kuratorien, Räten und Jurys. Als klare Befürworterin der Quote ist ihr vor allem die Gleichstellung und Förderung von Frauen
in Führungspositionen ein besonderes Anliegen; beim rbb erreichte sie selbst
einen Anteil von 42,3 Prozent. „Du sollst nicht ohne Unterhemd aus dem Haus
gehen“ nennt Reim als besten Rat, den sie von ihrer Mutter erhalten hat, und
so wird sie auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen - zurückhaltend, pragmatisch, sympathisch und mit Blick für das Wesentliche. Bei Young Euro Classic
verbringt Dagmar Reim einen Abend „On the town“ - das Nationaal Jeugd
Orkest Symphony Orchestra freut sich auf sie.
© rbb Kristina Jentzsch
NJO Symphony Orchestra
Das NJO Symphony Orchestra ist Teil der NJO Summer Academy, die seit ihrer
Gründung im Jahr 2001 durch den Dirigenten Reinbert de Leeuw zu einem
international gefragten Treffpunkt für junge Musiker geworden ist. Jedes Jahr
nehmen etwa 140 Studenten an der Akademie teil, die durch Auditions in ganz
Europa (und darüber hinaus) rekrutiert werden. Sie finden neben dem NJO
Symphony Orchestra auch die Möglichkeit, spezielle Projekte zu zeitgenössischer Musik oder zur historischen Aufführungspraxis zu besuchen. Kammermusikensembles erweitern das Spektrum ebenso wie Opernprojekte. Als
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Composers in residence konnte die Akademie in den vergangenen Jahren so
bekannte Namen wie Steve Reich, Kaija Saariaho, John Adams, Mauricio Kagel
und Wolfgang Rihm verpflichten. Die Ergebnisse der intensiven Probenarbeit
mit arrivierten Lehrern werden sowohl bei einem eigenen Festival, dem NJO
Muziekzomer in der Provinz Gelderland, wie auch auf der NJO Winter Tour präsentiert. Nachfolger Reinbert de Leeuws als Künstlerischer Leiter der NJO Music Academy ist seit 2010 die chinesisch-amerikanische Dirigentin Xian Zhang.
www.njo.nl
Antony Hermus Dirigent
Antony Hermus internationale Karriere begann parallel zu seiner Position
als Generalmusikdirektor am Theater Hagen ab 2007. Von 2009 bis 2015 war
Hermus Generalmusikdirektor am Anhaltischen Theater. Seit dieser Saison ist
er Erster Gastdirigent des Noord Nederlands Orkest. Der Niederländer stand
unter anderem am Pult des Koninklijk Concertgebouworkest, Netherlands Philharmonic, Netherlands Radio Philharmonic, Residentie Orkest, MDR Sinfonieorchester, Bamberger Symphoniker und Norrköping Symphony. Nach zahlreichen
gelungenen Debüts in 2014/15 führen ihn künftige Gastdirigate erstmals zum
BBC Philharmonic, Orchestre de la Suisse Romande, Orchestre National de
Bordeaux und Royal Flemish Philharmonic. Wiedereinladungen folgen unter
anderem beim Philharmonia Orchestra, Nederlands Philharmonisch Orkest,
Netherlands Radio Philharmonic, Residentie Orkest, Essener Philharmoniker
und an die Komische Oper Berlin. Als starker Befürworter zeitgenössischer
Musik leitete Hermus viele Uraufführungen von Unsuk Chin, Jonathan Harvey,
Wim Laman, Marijn Simons und Rob Zuidam. Durch seine Leidenschaft für
unverwechselbare Konzertprogramme erntet er große Anerkennung in der
Musikszene
© C. Heysel
Sebastiaan Kemner Posaune
Der 25-jährige niederländische Posaunist Sebastiaan Kemner studierte an den
Konservatorien von Rotterdam und Amsterdam. Nach seinem Konzertexamen
2012 setzte er seine Ausbildung an der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker fort. Im selben Jahr wurde Kemner als „Bester niederländischer junger
Musiker des Jahres“ von der Gesellschaft Junge Musiktalente ausgezeichnet.
2013 gewann Kemner den 1. Preis und den Publikumspreis beim AeolusWettbewerb für Bläser in Düsseldorf. Als Solist ist der Posaunist bereits auf
vielen Bühnen Europas, Asiens und der USA aufgetreten. Seit 2012 gehört er als
Mitglied dem New Trombone Collective an; außerdem spielte er als Aushilfe bei
den Berliner Philharmonikern und dem Concertgebouw Orchester Amsterdam
wie beim WDR-Sinfonieorchester Köln und dem Niederländischen RundfunkOrchester.
© Nina Kleingeld
Geliebte Städte, verehrte Vorbilder, monumentale Helden
Stilistische Grenzen haben die niederländischen Organisatoren des National
Jeugd Orkest noch nie interessiert, das wissen die Besucher von Young Euro
Classic von ihren verschiedenen Auftritten in verschiedensten Formationen
beim Festival zu schätzen. Diesmal präsentieren sie sich wieder einmal mit
ihrem großen Symphonieorchester und bringen ein Programm mit, das Alte und
Neue Welt in verblüffenden Kontrasten miteinander kombiniert.
Der Puls der Weltstadt New York schlägt in den „Three Dance Episodes“, und
Leonard Bernstein war sicherlich besser als jeder andere Kollege geeignet,
den Puls dieser Stadt musikalisch zum Klingen zu bringen. Das Musical „On the
Town“ stammt aus der Zeit seines sensationellen künstlerischen Durchbruchs:
1943 erstmals am Pult des New York Philharmonic, 1944 die Premiere seiner
ersten Symphonie „Jeremiah“ und des Balletts „Fancy Free“, das nur ein Jahr
später zum abendfüllenden Musical „On the Town“ erweitert wurde. Die Geschichte ist so simple wie erfolgreich und in der Verfilmung mit Gene Kelly und
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Einen direkten Bezug zu Bernstein stellt das Konzert für Posaune von Christopher Rouse dar. Der heute 66-jährige Komponist widmete es 1992 – „in tiefster
Zuneigung und Dankbarkeit“ – dem zwei Jahre zuvor gestorbenen „Giganten
der amerikanischen Musik“ und zitierte ausdrücklich ein Thema aus Bernsteine
dritter Symphonie „Kaddish“ im letzten Satz seines Konzerts. Geschrieben wurde es für den Soloposaunisten des New York Philharmonic, Joseph Alessi, der
es Ende 1992 in der New Yorker Avery Fisher Hall zur Uraufführung brachte.
Rouse steht in einer US-amerikanischen Tradition neoromantischer Komponisten, die bewusst auch Wagner und Mahler als Vorbilder sehen – genauso wie
die Rock-Größen Led Zeppelin und Jefferson Airplane. Expressivität geht vor
Architektonik, Rouse liebt es, Klangflächen zu schaffen und sie in gewaltigen
Crescendi zur Explosion zu bringen. Seinem Anliegen, das Werk dem verstorbenen Bernstein zu widmen, kam der gedämpfte, anti-brillante Klang der Posaune
stark entgegen. Dementsprechend verkehrte er auch die übliche dreiteilige
Satzfolge eines Solokonzerts ins Gegenteil und wählte zwei Adagio-Sätze als
Rahmen, die das Scherzo in ihrer Mitte einschließen – sein Konzert nimmt sich
viel Zeit zum Wachsen und Gedeihen der musikalischen Gedanken!
Zum anderen nutzte Rouse die tiefen Lagen der Posaune und ihren „behäbigen“ Gestus“, um das meditative Element in seiner Musik zu unterstreichen.
Erst im lebhaften zweiten Satz kommen die reich besetzten Blechbläser samt
Schlagwerk zum Zuge (die Holzbläser sind insgesamt nur durch Fagotte vertreten), hier kann der Solist auch die unerwartet virtuose Seite seines Instruments
ausspielen. Gegen Ende steigert sich die Kadenz in immer apokalyptischere
Klänge hinein – bevor sich die gewaltige Spannung im Trauermarsch des Finales
mit dem Bernstein-Zitat wieder löst und das Konzert zu der archaischen Ruhe
des Anfangs zurückfindet.
© Nic Limper
Der Kontrast könne kaum größer sein als zu jener Symphonischen Dichtung mit
dem Titel „Ein Heldenleben“; der gerade einmal 34-jährige Richard Strauss
setzte sich hier kurz vor 1900 ein monumentales Denkmal, bei dem das eigene
Ego aus allen musikalischen Poren hervorquillt – zum Missfallen vieler Strauss-
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Frank Sinatra auch ein Hollywood-Hit geworden: Drei Seeleute stürzen sich
für 24 Stunden in das Abenteuer New York, erleben sentimentale, witzige und
aufregende Abenteuer.
Noch im Uraufführungsjahr 1945 stellte Bernstein eine dreiteilige Tanzsuite zusammen, die wie in einem Brennglas die mitreißende Partitur auf zehn brillante
Minuten eindampft. In „The Dance of the Great Lover“ nickt der Matrose Gaby
in der Metro ein und träumt von der glamourösen Miss Turnstile. In „Lonely
Town (Pas de Deux)“ beobachtet Gaby im Central Park eine schräge Szene
zwischen einer naiven Studentin und einem anderen arroganten Matrosen,
während „Times Square: 1944“ den Showdown mit dem wuseligen Zusammentreffen aller Seeleute am belebtesten Platz von Manhattan schildert.
Michael Horst
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Kritiker, die eine Selbstbespiegelung der aufdringlichsten Art und Weise, ein
Werk von „triumphierender Banalität“ (Igor Strawinsky) darin sahen. Allerdings
sollte man nicht übersehen, dass dieser Held seinem gewitzten Vorgänger Till
Eulenspiegel gar nicht so unähnlich ist!
Objektiv gesehen ist „Ein Heldenleben“ tatsächlich die gewaltigste Selbstdarstellung des Komponisten Richard Strauss: Das Orchester hat die Größe
seiner Oper „Elektra“, acht Hörner eingeschlossen. Und wo in den früheren
Tondichtungen literarische Vorlagen (wie im „Don Juan“ oder in „Also sprach
Zarathustra“) die Fantasie des Komponisten beflügelten, ist es diesmal das
eigene, unverfälschte Ich. In sechs Teilen werden Leben und Leiden des „Helden“ aufgeblättert, jeder Teil trägt seine eigene Überschrift und hat seinen
ganz eigenen musikalischen Charakter. Natürlich wird zuerst der „Held“ selbst
eingeführt – mit einem weit ausladenden Thema, das immer höher steigt und
schließlich vier Oktaven siegreich durchschreitet. Doch „Des Helden Widersacher“ – die bösartigen Kritiker – sind nicht fern; mit ihrem Gegacker versuchen sie Eindruck zu schinden. Ihre Angriffe weist der „Held“ gelassen zurück,
bevor „Des Helden Gefährtin“ – die redselige Ehefrau – auf den Plan tritt. Die
ausgelassenen Eskapaden der Solovioline heitern ihn auf und münden in ein
hinreißend instrumentiertes Liebesduett. Doch wieder sind die Feinde nicht
weit; der Kampf muss weiter geführt werden. Erst „Des Helden Friedenswerke“
sorgen dafür, dass der „Held“ die Oberhand gewinnt. Die Friedenswerke sind
selbstverständlich musikalischer Natur – Richard Strauss zitiert hier ausgiebig
aus dem eigenen Oeuvre, wobei vor allem das Hornthema aus dem „Don Juan“
und die Passagen aus „Tod und Verklärung“ und „Don Quixote“ am leichtesten
wiederzuerkennen sind. Der letzte Teil mit dem hochfahrenden Titel „Des Helden Weltflucht und Vollendung“ wirkt wie ein Resümee: Der „Held“ zieht sich in
die ländliche Idylle (Englischhorn!) zurück, wo die Erinnerungen an die Widersacher und die Gefährtin nachklingen, bevor der gequälte Geist seine endgültige
Ruhe findet.
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