10 Management Produktmanagement Wirksames Produktmanagement als Schlüssel zum Erfolg Viele Firmen haben ein sogenanntes Produktmanagement etabliert. Andere wiederum verwenden für das damit angesprochene Aufgabenbündel eine andere Begrifflichkeit. Was bleibt, ist die Tatsache, dass ein richtig verstandenes und betriebenes Produktmanagement einen wesentlichen Baustein für den Unternehmenserfolg darstellt. Prof. Dr. Dietmar Kremmel Dieser Artikel zeigt die erfolgskritische Bedeutung und die Aufgaben eines modernen Produktmanagements. Durch ein wirksames Produktmanagement wird die strategische Stossrichtung mit konkretem Geist und Leben erfüllt und die Geschicke des Unternehmens nachhaltig bestimmt. tenden Lösungen zur Befriedigung von Kundenbedürfnissen, weshalb ein wirksames Produktmanagement von einem generischen Produktverständnis ausgeht: Es beinhaltet je nach Geschäftsmodell sowohl Produkt- als auch Dienstleistungen, wobei Letztere das Kernprodukt ergänzen (value added services) oder selber als Kernprodukt fungieren können (Produktmanager als Dienstleistungsmanager). ternehmen für ihre Produkte bzw. ihre Produktlinie engagieren. Dazu ist aber eine entsprechende Unternehmenskultur mit Freiräumen (eine sogenannte Vertrauenskultur) und ein «Empowerment», das heisst eine Kompetenz- und Verantwortungsdelegation an die zuständigen Produktmanager erforderlich. Angewandte Strategiearbeit Grundverständnis Der Begriff Produktmanagement setzt sich aus den beiden Wörtern «Produkt» und «Management» zusammen. Obwohl damit vordergründig alles schon geklärt zu sein scheint, gibt es doch eine Menge unterschiedlicher Deutungen und Interpretation, die gerade mit diesen beiden Wörtern in Zusammenhang stehen. Da ist zum einen der Produktbegriff, der für einige Verwirrung sorgt. In enger sprachlicher Auslegung könnte man darunter ausschliesslich das Management von konkreten, materiell greifbaren, physischen Gütern verstehen. Modernes Produktmanagement sieht seine Mission jedoch im Anbieten von Nutzen stif- KMU-Magazin Nr. 1, Februar 2008 Ein Produktmanager zeichnet somit für das Leistungsangebot eines Unternehmens verantwortlich, unabhängig davon, ob dieses aus Produkten und/oder Dienstleistungen besteht. Im Mittelpunkt steht die Problemlösung für den Kunden, weshalb der gestiftete Kundennutzen die zentrale Orientierungsgrösse darstellt. Zum anderen wird in der Praxis das Wort «Management» in Verbindung mit Produkten und Dienstleistungen oft ausschliesslich unter umsetzenden Vorzeichen gesehen. Doch dieser Blickwinkel greift zu kurz: Richtig verstandenes Produktmanagement wird nicht von rein operativen Sachbearbeitern betrieben, sondern im idealtypischen Fall von Entrepreneuren, die sich als Unternehmer im Un- Ein wirksames Produktmanagement setzt die Unternehmens- bzw. Geschäftsbereichsstrategie nicht nur um, sondern gestaltet diese in wichtigen Teilbereichen. Strategische Vorgaben sind meist genereller Natur, die in konkrete Leistungsangebote (Produkte- und Dienstleistungen) mit einem passenden Marketing-Mix umgesetzt werden müssen. Es entscheidet sich auf der Handlungsebene des Produktmanagements, wie der Kunde das Unternehmen mit seinem Leistungsangebot erleben wird und ob die angestrebte strategische Stossrichtung als solche erkenn- und wahrnehmbar ist. Wie die tabellarische Übersicht zeigt, sind die verschiedenen Ebenen der Unterneh- Management 11 Management-Ebenen, Zuständigkeiten und Aktionsfelder Ebene Zuständigkeit Relevanter Mix Zentrales Dokument Gesamtunternehmung Unternehmensleitung Portfolio von Geschäftseinheiten Unternehmensstrategie Geschäftseinheit/Funktionsbereich Geschäftsbereichsleitung/Marketingleitung Portfolio von Produkten/Produktlinien SGE-Strategie/Marketingstrategie Produktmanagement Produktmanager Marketing-Mix für konkretes Produkt/Produktlinie Marketing-Plan -> Marktsegmentierung -> Produktpositionierung mensführung eng miteinander verzahnt bzw. knüpfen aneinander an. Das Produktmanagement ist für den Marketing-Mix eines konkreten Produkts bzw. einer Produktlinie verantwortlich. Sein zentrales Arbeitsdokument bildet der Marketingplan, in welchem unter anderem auch Strategie prägende Elemente wie mit dem Produkt angepeilte Marktsegmente (Feinsegmentierung der Zielkunden) und die konkrete Produktpositionierung festgelegt werden. Aktivitäten massgeblich mitgeprägt und konkretisiert wird. Schwerwiegende Fehler beim Produktmanagement von Schlüsselprodukten können Probleme heraufbeschwören, die ein existenzielles Ausmass annehmen und eine an sich richtige strategische Grundausrichtung konterkarieren können. Es gilt daher, dem Produktmanagement und seinen zentralen Aufgabenstellungen ein besonderes Augenmerk zu schenken. Der Marketingplan basiert auf der Strategie der strategischen Geschäftseinheit (SGE, falls vorhanden) bzw. der Marketingstrategie als Funktionalstrategie, die ihrerseits wiederum auf Vorgaben der Unternehmensstrategie beruhen. Die Kernaufgaben Top oder Flop Auf der Handlungsebene des Produktmanagements entscheidet sich vielfach, ob eine Strategie top ist oder ob sie zum sprichwörtlichen Flop mutiert. Die überragende Rolle des Produktmanagements für den Unternehmenserfolg wird insbesondere beim Management von Schlüsselprodukten deutlich. Dabei handelt es sich um Produkte bzw. Produktlinien, denen aufgrund ihres Beitrags zum Unternehmenserfolg eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Gerade bei diesen Match entscheidenden Produkten wird offensichtlich, dass die Strategie vom Produktmanagement nicht nur operativ umgesetzt, sondern durch dessen Nachdem die erfolgskritische Bedeutung des Produktmanagements dargelegt wurde, lohnt es sich, einen Blick auf seine Kernaufgaben zu werfen. Gemäss einer weit verbreiteten Definition umfasst Management analysierende, planende, umsetzende/koordinierende und kontrollierende Tätigkeiten. Werden kontrollierende Aufgaben im weitesten Sinne der Analysefunktion zugeschrieben und die planenden Aufgaben in Konzeption und Optimierung weiter differenziert, so entsteht ein Produktmanagement-Regelkreis mit folgenden idealtypischen Phasen: Analysieren, Konzipieren, Umsetzen/Koordinieren und Optimieren. Dabei ist das Produktmanagement in die Strategie, Kultur und Struktur eines Unternehmens eingebettet, die als entscheidende rahmen- und richtunggebende Einflussgrössen fungieren. Im Folgenden werden die wesentlichen Aufgaben des Produktmanagement entlang des in der Grafik dargestellten Regelkreises erörtert. Analysieren Wirksames Produktmanagement setzt voraus, dass der Produktmanager über eine hinreichende Informationsbasis verfügt. Das bezieht sich sowohl auf die Innen- als auch die Aussenperspektive. Im Innenverhältnis ist die Kenntnis und realistische Einschätzung der Stärken, Schwächen und Potenziale des eigenen Unternehmens und seines Marketing-Mix unabdingbar. In der Aussenperspektive interessieren generelle Umweltentwicklungen und daraus resultierende Chancen und Bedrohungen, die frühzeitig erkannt werden müssen, um proaktiv handeln zu können. Das Herzstück der Analysetätigkeit bildet jedoch das engere wettbewerbsbezogene Umfeld mit den Kunden und Wettbewerbern als wesentliche Akteure. Auf Kundenebene müssen die relevanten Kundenbedürfnisse erfasst und hinsichtlich ihrer Bedeutung gewichtet werden. Neben den Bedürfnissen der Endkunden sind dabei auch die Anforderungen und jeweiligen Besonderheiten des Distributionskanals (Handel, eigener Aussendienst usw.) zu berücksichtigen, da ohne dessen Mitwirkung die kundenbezogenen Zielsetzungen kaum erreichbar sind. In Bezug auf den Wettbewerb ist eine genaue Kenntnis der Konkurrenten mit ihrem Leistungsangebot und ihrer Positionierung unabdingbar. «Ohne saubere Diagnose keine gute Therapie» – diese Devise gilt auch im Produktmanagement. Eine vollständige Situationsanalyse sowie eine fortlaufende Fortschrittund Ergebniskontrolle liefern im Ergebnis KMU-Magazin Nr. 1, Februar 2008 12 Management Kernaufgaben des Produktmanagements Strategie Analysieren (eigenes Unternehmen, Markt, Wettbewerb, Umwelt) -> Business Intelligence Optimieren Konzipieren Neue Leistungen und Marketing-Mix gestalten -> Life-Cycle-Management Neue Leistungen und Marketing-Mix gestalten -> Produktinnovation Umsetzen/Koordinieren Eigenständige Umsetzung bzw. Veranlassung durch Dritte -> Markteinführung Kultur jene Informationsbasis, die für die weiteren Aktivitäten eine notwendige Vorbedingung darstellt. Konzipieren Nachdem das Produktmanagement seine Hausaufgaben im Sinne einer fundierten Analyse gemacht hat, folgt die Konzeption als nächste Phase im ProduktmanagementRegelkreis. Bei der Konzeption handelt es sich um eine planerisch-schöpferische Tätigkeit, wie sie unter anderem für die Phase der Neuproduktgestaltung typisch ist (Produktinnovation). Die aus der Situationsanalyse gewonnenen, gewichteten Kundenbedürfnisse und/oder verschiedene, aus anderen Quellen stammende Produktideen müssen in konkrete, Kundennutzen stiftende Produktkonzepte mit klaren Spezifikationen transferiert werden. Die Aufgabe des Produktmanagers besteht darin, ein Produktkonzept mit einer klaren Produkt- KMU-Magazin Nr. 1, Februar 2008 Struktur positionierung zu erarbeiten, die von den Zielkunden geschätzt wird und dem Unternehmen eine nachhaltige Differenzierung erlaubt. Die gesamten konzeptionellen Überlegungen fliessen in den Marketingoder Businessplan ein, der auch Aussagen zur Preis-, Kommunikations- und Vertriebspolitik enthält. Marketing- und Businesspläne verkörpern somit das zentrale Planungsund Arbeitsdokument des Produktmanagements. in den Händen des Produktmanagements. Neben diesen eigenverantwortlich umsetzbaren Tätigkeiten gibt es aber auch viele Aufgaben, die der Produktmanager nur in Koordination mit anderen Abteilungen oder Externen erfüllen kann. Als Beispiele können kommunikationspolitische Aufgaben wie die Erstellung einer Produktbroschüre (in Zusammenarbeit mit einer internen Kommunikationsabteilung bzw. einer externen Agentur) oder die Markteinführungsplanung (in Koordination mit Logistik und Vertrieb) genannt werden. Umsetzen/Koordinieren Jedes Konzept lebt von seiner konkreten Umsetzung in der betrieblichen Realität. Somit stellt das In-Gang-Setzen von Massnahmen im Sinne von umsetzenden und koordinativen Tätigkeiten einen wichtigen Aspekt im Berufsalltag eines Produktmanagers dar. Hierbei liegt die Verantwortung für die konkrete Produktgestaltung sowie die Produkt- und Preispositionierung meist direkt Optimieren Es liegt in der Natur der Sache, dass Pläne und Konzepte leider nicht immer exakt jene Ergebnisse hervorbringen, die von ihnen erhofft werden. Sind Schwachstellen entdeckt und analysiert, können Optimierungsmassnahmen ergriffen werden. Das Erschliessen von Optimierungspotenzialen findet beim Management 13 Produktmanagement vor allem während dem Lebenszyklus eines Produktes statt und wird mit dem Begriff Life-Cycle-Management umschrieben. Bei vielen, insbesondere technisch orientierten Unternehmen wird diese Phase des Regelkreises oft stiefmütterlich behandelt. Es wird meist grosses Augenmerk auf den Innovationsprozess als solchen gelegt, doch sobald ein Produkt in den Markt eingeführt ist, verschwindet es nach den ersten, in der Regel erfolgreichen Anfangsmonaten aus dem Mittelpunkt des Interesses. Professionelles Produktmanagement ist jedoch bestrebt, den Periodenerfolg über den gesamten Lebenszyklus zu maximieren. Es gilt, wachsam zu bleiben, um auf Wettbewerbsaktivitäten, veränderte Kundenbedürfnisse usw. möglichst frühzeitig und adäquat reagieren zu können. Dabei lassen sich vielfach mit verhältnismässig kleinen Anpassungen an Produkten bzw. deren Marketing-Mix grosse Wirkungen erzielen. Dadurch kann die Zeit bis zur Einführung eines neuen Produkts erfolgreich gestaltet bzw. wirkungsvoll überbrückt werden. Fazit Wie die Ausführungen zu den Kernaufgaben des Produktmanagements zum Ausdruck bringen, versteht man unter Produktmanagement ein Aufgabenbündel, das für den Erfolg eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung ist. Beim Produktmanagement handelt es sich um angewandte Strategiearbeit – durch seine Tätigkeit wird die Strategie eines Unternehmens auf der Ebene des Leistungsangebots für den Kunden erleb- und erfahrbar. Es ist daher für Unternehmen von essenzieller Bedeutung, geeignete Personen mit diesen verantwortungsvollen Aufgaben zu betrauen und für diese günstige Rahmenbedingungen im Sinne einer unternehmerischen Vertrauenskultur zu schaffen. Dazu zählen auch kontinuierliche Schulungs- und Weiterbildungsmassnahmen, die es den Produktmanagern erlauben, ihre erfolgskritischen Aufgaben wirkungsvoll zu erfüllen. Fachkurs Der Referent bietet ein viertägiges Intensivseminar zum Thema Produktmanagement an. Die Kursdaten für 2008 sind wie folgt: Frühling: 16./17. April; 24./25. April Herbst: 13./14. November; 20./21. November Für weitere Informationen: www.fhsg.ch/pm Porträt Prof. Dr. oec. HSG Dietmar Kremmel leitet das Kompetenzzentrum Marketing und Unternehmenskommunikation am Institut für Unternehmensführung der FHS St. Gallen. Er verfügt über langjährige, profunde Praxiserfahrung als Vice President Marketing bzw. Leiter Produktmanagement bei renommierten internationalen Unternehmen, aber auch bei mittelständisch geprägten KMU. Fragen Prof. Dr. Dietmar Kremmel FHS St. Gallen Institut für Unternehmensführung Davidstr. 38, 9001 St. Gallen Tel. 071 226 13 82 [email protected] www.fhsg.ch KMU-Magazin Nr. 1, Februar 2008