Glaube, Liebe, Hoffnung KURZINHALT Über ein Jahr hinweg drehen wir in Leipzig, begleiten eine Gruppe Jugendlicher. Als wir den Film im Dezember 1992 beginnen, sitzt Dirk wegen eines Überfalls auf ein Ausländerwohnheim im Gefängnis. Jeanine, seine Freundin, wartet auf ihn. André ist Skinhead, arbeitet auf einem Weihnachtsmarkt und macht Musik. Papa arbeitslos, war früher links, dann rechts und ist heute wieder links. Und die anderen: der Arbeiter Klaus, die Waffenverkäuferin, die Männer im Abrißgebiet. Was tun sie in diesem Jahr, was ist aus ihnen am Ende des Jahres, im Dezember 1993 geworden? Alte Werte sind verschwunden, neue Beziehungen zerbrechen im alltäglichen Existenzkampf, bessere Aussichten gibt es kaum. Was bleibt dieser Generation in einer Gesellschaft, die sie nicht braucht? Hoffnungen und Träume und Angst. Ohnmacht und Frust, Gewalt und Aggressionen gegen jene, die noch weiter unten sind. Aber im „Boot, das man gemeinsam rudert“, sitzen auch manche auf dem Oberdeck: Der Immobilienmakler Dr. Jürgen Schneider plaudert jovial über Marktwirtschaft und seine Geschäfte. Doch welche Ironie des Schicksals: Er verlässt das Boot als erster im April 1994 - fluchtartig. STAB Buch & Regie: Kamera: Ton: Schnitt: Dramaturgie: Kameraassistent: Herstellungsltg.: Andreas Voigt Sebastian Richter Patric Stanislawski Angela Wendt Marion Schöneck Frank Penzold Klaus Schmutzer Herbert Kruschke Ein Film von Andreas Voigt Produktion: A JOUR Filmproduktion und DOKFILM Babelsberg Uraufführung: Internationales Forum des Jungen Films, Berlin 1994 Teilnahme am internationalen Wettbewerb des CINÉMA DU RÉEl 1994 in Paris Grand Prix des FESTIVALS DU FILM DE STRASBOURG, 1994 Deutschland 1994, Format: 4:3, s/w, 88 Min. DVD: gefördert von der FFA und dem Medienboard Berlin-Brandenburg WIR IN DER WOHLBEHÜTETEN MITTE EIN GESPRÄCH MIT ANDREAS VOIGT „Glaube, Liebe, Hoffnung“- folgt man frühchristlichen Quellen, die drei Säulen des Zusammenlebens, der Gemeinschaft schlechthin. Du näherst Dich jedoch in Deinem Film von der Gegenseite: Befragt werden jene, die zweifeln, hassen und auch resignieren. Wenn man Dokumentarfilm als Kunstgenre versteht, ist natürlich immer der Konflikt das Interessante. Daraus, dass sich Dinge reiben und stoßen und auch ausschließen, entsteht ein Spannungsverhältnis und das ist es, was für eine dokumentarische Form der Widerspiegelung von Welt bestimmend ist. Insofern ist der Titel eine kontrapunktische Angelegenheit. Er signalisiert eine ziemliche Abwesenheit von Glaube, Liebe, Hoffnung und bezieht daraus eine Spannung. Doch, wenn ich selbst keine Hoffnung mehr hätte, würde ich auch keine Filme mehr machen. In Gesprächen und Rezensionen wurde dem Film mitunter angelastet, dass es sich bei den Hauptakteuren um „Randgruppen“ handle, die im gesellschaftlichen Abseits stehen, deren Situation nicht verallgemeinerbar, übertragbar sei. Mit diesen sogenannten „Randgruppengeschichten“ habe ich sowieso meine Probleme: Erstens, weil ich denke, dass jede Gruppe, die es in der Gesellschaft gibt, egal, wie groß sie auch sein möge, das Recht hat, dargestellt zu werden. Das zweite ist, auch wenn kleine soziale Gruppen einfach ausgeschlossen werden, sind sie existent. Aus einer Verleugnung entstehen auf die Dauer immer schwerwiegende Konflikte. Außerdem glaube ich, es handelt sich hier eben nicht um Randgruppenprobleme, wenn diese bis vor kurzem so stabile Bundesrepublik Deutschland - und es betrifft ja nicht bloß Deutschland - von den Rändern und übrigens dann von den sogenannten 5 Seite 4 • CMYK Seite 5 • CMYK