Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überschattet

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Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Über Auswirkungen der psychischen Erkrankungen der Eltern auf ihre Kinder Michael Siniatchkin InsAtut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie ChrisAan-­‐Albrechts-­‐Universität Kiel Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Gliederung -­‐  Psychosoziale Aspekte der Resilienz -­‐  Die Rolle der Familie: Gen x Umwelt InterakAon -­‐  FamilieninterakAonen als wichAger Schutz-­‐ und Risikofaktor für Kinder -­‐  Fallvorstellung: Im Kreise der Angst -­‐  Kinder psychisch kranker Eltern: Epidemiologie -­‐  Welchen Einfluss üben psychisch kranke Eltern auf deren Kinder aus? -­‐  Vernachlässigung und Misshandlung im Rahmen psychischer Erkrankungen -­‐  Suche nach Lösungen Eindrucksvolle Biographien Ein trauriger Beginn – ein erfolgreiches Ende "„Auch vergliechen mit anderen Schwarzen, waren wir ganz unten auf der Leiter und haben auf Andere nur hinaufgeschaut. Tiefer als wir war nur der Boden…“ Der Beginn -­‐  23.09.1930 in Albany, Georgia geboren -­‐  Der Vater von Geburt an weg -­‐  Die Mu5er -­‐ Wäscherin – war ständig beim Arbeiten -­‐  Armut, Rassenhass -­‐  mit 5 Verlust des Bruders, mit 14 Verlust der Mu5er -­‐  mit 7 erblindet durch ein Glaukom -­‐  Ab 17 -­‐ Heroinabhängigkeit Das Ende -­‐  „Godfather of Soul“ -­‐  vereinte sAlisAsch die „schwarze“ und „weiße“ Musik -­‐  102 Pla5en, viele Hits und Grammy-­‐Awards -­‐  Mitglied von „Rock ‘n‘ Roll / Blues / Jazz / Grammy Songwriters Hall of Fame“ -­‐  Vermögen: 75 Millionen Dollar -­‐  starb an Leberkrebs 2004 in Ruhm und Ehre RAY CHARLES Robinson Eindrucksvolle Biographien Ein erfolgreicher Beginn – ein trauriges Ende "Ich musste mit meiner Popularität zurechtkommen und ähnlichen Problemen. Es hat auch tolle Zeiten gegeben mit meinen Brüdern. Aber ich habe immer geweint aus lauter Einsamkeit." Der Beginn -­‐  29.08.1958 in Gary, Indiana geboren -­‐  8-­‐ter von 10 Kindern, volle Familie -­‐  Vater sorgte für musikalische Förderung -­‐  mit 6 – Hauptsänger in einer Familienband, erste Erfolge -­‐  mit 13 -­‐ Solokarriere -­‐  schon mit 9 – bis 10.000 $ monatlich Das Ende -­‐  „King of Pop“ -­‐  200 Millionen verkauker Pla5en -­‐  Mitglied von „Rock ‘n‘ Roll Hall of Fame“ jedoch -­‐  sozialer Rückzug, Einsamkeit, Dysmorphophobie -­‐  Schlaflosigkeit, Medikamentenabhängigkeit, Wahn -­‐  Vermögen: Schulden in Millionenhöhe -­‐  starb 2009 an Propofolüberdosis MICHAEL JACKSON Eindrucksvolle Biographien Ist der Erfolg ein Schlüssel zum Glück? „Godfather of Soul“ RAY CHARLES „King of Pop“ MICHAEL JACKSON Über Mu(er: “…Meine MuKer, sie lehrte mich immer so unabhängig wie möglich zu sein. Ich musste alleine durch die Stadt, auch sogar Fahrrad fahren lernen. Ich haKe keine Angst, da ich ihre Unerstützung im Rücken spürte und immer noch spüre…” Über Vater: „…einen Blick von ihm und man haKe Angst! Es hat Zeiten gegeben wo mir richRg schlecht wurde, wenn er zu mir kam. Ich habe mich regelrecht übergeben müssen…“ Die Persönlichkeit als Zweck Die Persönlichkeit als MiKel zum Zweck Unterstützende Beziehungen mit Förderung der Empathielose Beziehungen mit Forderung der Gehorsamkeit Selsbtändigkeit Erfolg als Ziel Vermeidung von Mißerfolg als Ziel OX allein aber selten einsam Von Menschen umgeben aber oX einsam Psychische Widerstandsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen Kauai-­‐Längsschni5studie von Emmy Werner -­‐  Untersuchung von 698 Neugeborenen in Hawaii im Jahre 1955 -­‐  30% der Geburtskohorte hat mehr als vier Risikofaktoren: Armut, psychisch kranke Eltern, familiäre Zerrü5ungen, Mißhandlungen -­‐  Erhebungen im Alter von 1, 2, 10, 18, 32 und 40 Jahren -­‐  30% der Risikokinder wies eine Widerstandsfähigkeit auf -­‐  Prädiktoren für Resilienz: … enge Bindung mit mindestens einer kompetenten und stabilen Person … Bezugspersonen als IdenAfikaAonsmodelle für selbständige BewälAgung von Entwickungsaufgaben … gutmüAger und ausgegliechener Temperament im Kleinkindesalter und hohe Leistungsfähigkeit Psychische Widerstandsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen Ergebnisse von Längsschni5studien Kauai-­‐Studie 1955 The Copenhagen high risk study 1993 The Landby Study 1988 Minnesota Parent-­‐Child Project 1975 Virginia Longitudinal Study 1971 stabile emoAonale Beziehung Förderung der Selbständigkeit posiAves unterstützendes Klima Ausgegliechene Persönlichkeit BELLA Stugy Group 2005 Mannheim Study of Risk Children 1986 A Study of Child Rearing 1980 The NaAonal Child Development 1958 The Virginia Study of Child Maltreatment 1986 Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et GeneAsche Veranlagung Allelvarianten verschiedener Gene Serotonin Transporter Persönlichkeitsmerkmale Ängstlichkeit MAOA NeuroAzismus COMT Impulsivität Dopamin Transporter Vermeidungsverhalten Dopaminrezeptoren SAmulusabhängigkeit Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Gen x Umwelt InterakAon Allelvarianten – niedrige MAOA AkAvität – mehr Katecholamine – mehr emoAonaler Empfindlichkeit 100
p < 0.001 harmonische
Erziehung
Harmonische
Erziehung
Misshandlung
H‰ufige Miflhandlungen
80
60
40
20
0
NiedrigeMAOA
MAOA Aktivit‰
Aktivität t
Niedrige
HoheMAOA
MAOA Aktivit‰
Aktivitätt
Hohe
Caspi et al., Science 2002; 297: 851 – 854. MAO x Vernachlässigung MAOA
x Vernachl‰
ssigung = Stˆ
desdSozialverhaltens
= Srung
törung es Sozialverhaltens Index des dissozialen Verhaltens
StˆÖrung des Sozialverhaltens (%)
MAO xx M
isshandlung = MAOA
Miflhandlung
rung des
= SStˆ
törung des Sozialverhaltens
Sozialverhaltens 1,8
p < 0.001 harmonische
Erziehung
Harmonische
Erziehung
Vernachlässigung
Vernachl‰ssigung
1,6
1,4
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
Niedrige MAOA Aktivität
Niedrige
MAOA Aktivit‰t
Hohe MAOA Aktivität
Hohe
MAOA Aktivit‰t
Widom & Brzustowicz, Biol Psychiatry 2006; 60: 684 – 689. Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Gen x Umwelt InterakAon Kurzes Allel – niedrigere AkAvität des Serotonin Transporters – weniger Serotonin – mehr emoAonaler Empfindlichkeit Wahrscheinlichkeit der Depression
Serotonin ransporter xx M
isshandlung = Serotonin T
Transporter
Miflhandlung
= Depression
Depression 0,65
0,60
0,55
5HTTLPR langes Allel
5HTTLPR heterozygot
5HTTLPR kurzes Allel
0,50
0,45
0,40
0,35
p < 0.001 0,30
0,25
keine
fraglich
schwere
Miflhandlung / Vernachl‰
ssigung
Misshandlung / Vernachlässigung Caspi et al., Science 2003; 301: 386 – 389. Serotonin-­‐Transporters und mü5erliche Fürsorge Maus mit einer MutaAon in einem dysfunkAonalen 5HTTLPR Allel des SLC6A4 Gens B6 x C kurzes 5HTTLPR Allel C x B6 sorg viel sorgt wenig B6 x C andere Genvariante C x B6 sorg viel sorgt wenig Serotonin-­‐Transporters und mü5erliche Fürsorge Maus mit einer MutaAon in einem dysfunkAonalen 5HTTLPR Allel des SLC6A4 Gens Bindung zu Benzodiazepin-Rezeptoren
im lymbischen System
Āngstlichkeit
ngstlichkeit
800
B6 x C Weibchen
C x B6 Weibchen
p < 0,01
p < 0,05
60
50
40
30
20
B6 x C Weibchen
C x B6 Weibchen
10
0
600
ƒ ngstlichkeit und Bindung zu Benzodiazepin-Rezeptoren
90
R2 = 0,164, P = 0,026
400
[3H] Flunitrazepam
Zeit im Zentrum des Feldes (Sek)
(open field test)
[3H] Flunitrazepam
70
200
0
5HTTLRR
70
60
50
40
5HTTLPR
Allelvarianten
Carola et al., Biol Psychiatry 2008; 63: 840 – 846. 80
30
0
200
400
600
800
1000
1200
Zeit im Zentrum des Feldes (Sek)
1400
Serotonin-­‐Transporters und mü5erliche Fürsorge Gen x Umwelt InterakAon – emoAonale Störungen – lymbisches System -­‐  Gene können zum Risiko für psychische Störungen beitragen -­‐  Die Störungen entwickeln sich nur, wenn eine KombinaAon von einem dysfunkAonalen Allel und einer mangelnden mü5erlichen Fürsoge vorliegt -­‐  Eine mangelnde mü5erliche Fürsorge geht mit einer DysfunkAon im lymbischen System einher Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Die Rolle von FamilieninterakAonen Gemeinsames Puzzlen Regeln: Nur das Kind durke die Puzzleteile an-­‐
fassen und zusammenlegen ohne das Ge-­‐
samtbild anschauen zu dürfen. Die Vorlage erhielten die Eltern. Die Eltern waren angehalten, dem Kind die Vorlage nicht zu zeigen und insbe-­‐
sondere die Puzzleteile nicht anzufassen. Streßerhöhend wurde mitgeteilt, daß für die Gesamtbearbeitung nur 15 Minuten zur Verfügung stünden und daß mit die-­‐
sem Experiment beobachtet würde, mit welchem Elternteil das Kind die Aufga-­‐be am besten und am schnellsten lösen könnte. Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Transkript einer typischen Mu5er-­‐Kind InterakAon und Auswertungskategorien Direkte Aufforderung
M:
<los!> * dann ma“ch mal! *2*
K:
M:
* mach du mal erst mal! LACHEN
Direkte Aufforderung
|
bei jana? *6*
>to:ll!< (bei jana ihrer/ jana hast dus auch gemacht!)
ja such dir doch erstmal die ganze:n/ *genau:! >du bist doch gu t!<*>>so musst du anfangen<<
Rückmeldung
K:
M:
|ich sag| nichts!
Janosch muss unten stehen ne? *2* <erklä r> doch mal n bißchen |Mama!
K:
M:
Opposition
Verstärkung
*5* >den Rand und dann kommt das ga“nz von alleine!< hier vorne liegt noch einer! * nein,
N:
ZEIGEN (KOPF)
Kritik
K:
Hilfestellung
M:
da doch! mensch!< *6* >das ist ein Janosch-Bild< *2* >hier sind mehrere Tiere< *2*
N:
ÄRGER
ÄRGER
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Asymmetrische Eltern-­‐Kind InterakAonen in Migränefamilien 20 Familien
mit
Migr‰ne-einem
undgesundem
einem Geschwister
gesunden Kind
Interaktionen
mit einem
einem Migränekind,
und20
einem
Kind ausmit
einergesunden
gesunden Familie
und
Familien
Kindern
Für alle Vergleiche: p < 0.05 Aufforderungen
Hilfe
Lob
mit
mitMigränekind
Migr‰nekind
mit
Geschwister
mitgesundem
gesundem
Geschwister
Opposition (Kind)
mit
Kind
mitgesundem
gesundem
0
10
20
30
40
Kind
50
60
Relative
Häufigkeiten
Relative
H‰ufigkeiten
Siniatchkin et al., Cephalalgia 2003; 4: 247 – 256. Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Untersuchungen von Migräne-­‐ und gesunden Familien in Jahren 1998 und 2006 Kinder mit Migräne 29% 29% der Migränekinder wies eine Remission auf In zwei DriKel – eine Besserung des Verlaufs 33%
71% 67%
9% verschlechtert verbessert Gesunde Migräne 91% Keine Kopfschmerzen Siniatchkin et al., J Headache Pain 2010 Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Prädiktoren für den posiAven klinischen Verlauf 25
Einfluss
R¸ R
ckmeldung
Jahre
Einfluss negativer
der negaAven ückmeldung bzw.
bzw. KKritik
riAk im im
Jahre 1998 1998
auf
Depressivit‰
t
im
Jahre
2006
auf Depressivität im Jahre 2006 Beck Depressionsinventar (BDI)
Kopfschmerzh‰
ufigkeitpro pro
Monat
Kopfschmerzhäufigkeit Monat Einflufl
der dVer‰
nderung von
Interaktionen
Einfluss er Veränderung von Eltern-Kind
Eltern-­‐Kind-­‐InterakAonen auf auf
Kopfschmerzh‰
ufigkeit
im
Jahre
2006
Kopfschmerzhäufigkeit im Jahre 2006 20
15
10
5
0
20
15
10
5
0
-5
1
verschlechtert 2
3
4
5
6
7
verbessert Ver‰nderung von Kontrolle in Eltern-Kind Interaktionen
Veränderung von Kontrolle in Eltern-­‐Kind-­‐InterakAonen Ver‰nderung B = -1,49; Beta = 0,556; t = -2,68; p < 0,013
0,00
0,02
0,04
0,06
0,08
Relative
H‰
ufigkeitenvvon
Kritik
RelaAve Häufigkeiten on KriAk Kritik B = 241,8; Beta = 0,828; t = 10,1; p < 0,001
Siniatchkin et al., J Headache Pain 2010 Eltern-­‐Kind InterakAonen und psychische Gesundheit Mü5erliche KriAk bzw. Lob und eine AkAvierung im fronto-­‐lymbischen Netzwerk Mü5erliche KriAk: Mü5erliches Lob: Michael, … eine Sache, die mich schon seit Evigkeit nervt, daß Du nie von alleine Dein Geschirr wegräumst! Denkst Du, ich soll immer hinterher laufen? Wann wirst Du endlich erwachsen? Auch diese Firlefanz weist auf deine Unfähigkeiten hin – FÜRCHTERLICH! Dorsolateraler Prefrontaler Cortex Anteriorer Gyrus cinguli Michael, … ich freue mich immer, wie Du Deine Hausauf-­‐ gaben erledigst. Man muss Dir nicht sagen, Du setzt sich hin und machst alles vollständig. So viel Selsbtändigkeit ist bewunderungswert… Amygdala Hooley et al., Psychiatry Research 2009; 171: 106 – 119. Eltern-­‐Kind InterakAonen und psychische Gesundheit Eltern-­‐Kind InterakAonen und AkAvierung im fronto-­‐lymbischen Netzwerk Mü5erliche KriAk Frontalhirn: Gesunde > Depression Amygdala: Depression > Gesunde Anteriorer Gyrus cinguli Amygdala Mü5erliches Lob Frontalhirn: Gesunde > Depression Hooley et al., Psychiatry Research 2009; 171: 106 – 119. Eltern-­‐Kind InterakAonen und psychische Gesundheit Mü5erliche KriAk geht mit mehr grauer Substanz im fronto-­‐lymbischen Netzwerk einher 113 Jugendliche 11 – 13 Jahre alt AkAvitätenplanung Problemlösung Voxel-­‐basierte Morphometrie Mü5erliche KriAk korreliert mit der Dicke der grauen Substanz im anterioren Gyrus cinguli und in der Amygdala bei Kindern Whi5le et al., SCAN 2009; 4: 247 – 256. Psychische Widerstandsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen Ergebnisse von Längsschni5studien Kauai-­‐Studie 1955 The Copenhagen high risk study 1993 The Landby Study 1988 Minnesota Parent-­‐Child Project 1975 Virginia Longitudinal Study 1971 stabile emoAonale Beziehung Förderung der Selbständigkeit posiAves unterstützendes Klima Ausgegliechene Persönlichkeit BELLA Stugy Group 2005 Mannheim Study of Risk Children 1986 A Study of Child Rearing 1980 The NaAonal Child Development 1958 The Virginia Study of Child Maltreatment 1986 Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Fallvorstellung PaAenAn, 11 Jahre alt -­‐ kein Schlaf, viele Albträume -­‐ kein Schulbesuch seit 3 Monaten -­‐ sozialer Rückzug, kommt nicht aus den Haus -­‐ ausgeprägte Trennungsangst -­‐ Leistungsängste in der Schule -­‐ ausgeprägtes Vermeidungsverhalten -­‐ Tics & Aufmerksamkeitsprobleme -­‐ emoAonal sehr empfindlich Mu5er (42 Jahre alt) -­‐ alleinerziehend, arbeitssuchend (Büroangestellte) -­‐ leidet an einer Panikstörung und Depression sowie unter chronischen Rückenschmerzen -­‐ sozial isolierte Familie Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Mu5er-­‐Kind-­‐InterakAonen in der Familie von PaAenAn BelastungssituaAon RouRnen an dem frühen Morgen Konsequenzen PaAenAn: ... vermeidet Belastung, verspürt Erleichterung (erneute)
Aufforderung „Magst Du biKe aufstehen...“ ... lernt keine akAve BewälAgungsstrategien ... lernt in der InterakAon zu dominieren ... versagt bei der Lösung von Entwicklunsgaufgaben Verweigerung/
Mu5er: Vermeidung „Nee, ich habe wieder kaum ... vermeidet Konflikt, verspürt Erleichterung geschlafen ...“ Nachgiebige ReakAon „OK, dann versuchen wir zur 2. Stunde ...“ ... entwickelt Versagensängste ... Rutscht mehr in die Panik/Depression hinein Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et ErziehungsprakAken in der Familie von PaAenAn -­‐ 
Gewährender ErziehungssAl -­‐ 
Elterliche Überfürsorge: ... starke Einschränkung der Freizeitbeschäkigung ... Verhinderung von FreizeitakAvitäten außerhalb direkter Kontrolle/Aufsicht ... EntmuAgung, sich mit Belastungen auseinanderzusetzen ... Abnahme altersadäquater Verantwortung des Kindes ... Verbot unabhängiger Entscheidungen des Kindes -­‐  InfanAlisierung: ... Regelmäßiges Schlafengehen mit dem Kind ... Altersinadäquates Begleiten zur Schule / anderen Orten ... Unangemessene Anwesenheit der Eltern im Krankenhaus ... Ungewöhnlich häufiges/unangemessenes Überprüfen durch Kontakte zum Lehrer, Freunden, Eltern der Schulkameraden usw. -­‐  Eingeschränktes elterliches Einfühlungsvermögen für Probleme / Entwicklungsaufaben des Kindes Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Kindeswohl (§1 Abs. 1 KJHG) „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaksfähigen Persönlichkeit Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Kindeswohl -­‐ Sicherer Beziehungsangebot -­‐ Verstehen von und Eingehen auf kindliche Bedürfnisse -­‐ Sicherheit -­‐ EmoAonale Zuwendung -­‐ Zugehörigkeit und Anerkennung -­‐ SelbstbesAmmung und Selbsrverwirklichung -­‐ Förderung der kindlichen Entwicklung -­‐ Sorge für gesundheitlichen Zustand des Kindes -­‐ Hilfe bei der Lösung von alltäglichen Problemen -­‐ Hilfe bei der Lösung von Entwicklungsaufgaben Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Die Bedeutung psychischer Erkrankungen der Eltern für die Trennungsangst bei den Kindern Prädiktoren für die Entwicklung der Trennungsängstlichkeit (logisRsche Regression) Lavalee et al., 2013
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Prävalenz psychiatrischer Erkrankungen bei Eltern von Kinder aus Kinderpsychiatrie (in %) -­‐ 
Risiko für Schizophrenie bei Kindern: ... in der Gesamtbevölkerung – 1% ... wenn ein Elternteil leidet unter Schizophrenie – 10% ... wenn beide Elternteile leiden unter Schizophrenie – 40% -­‐  Risiko für psychische Erkrankungen bei Kindern, wenn ein Elternteil leidet unter Depression liegt bei 61% -­‐  Risiko für Depression bei kindern: ... in der Gesamtbevölkerung – 12% ... wenn ein Elterntail leidet unter Depression – 26% ... wenn beide Elternteile leiden unter Depression – 29% Beardslee et al., 1988; Cannon et al., 1993
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Risikofaktoren beim depressiven mü5erlichen Verhalten Im Säuglingsalter und in der frühen Kindheit -­‐  Depression vermindert müKerliche Empathie und emoRonale Verfügbarkeit -­‐  Die Fähigkeit der MuKer, die Signale des Kindes wahrzunehmen, diese zu interpräReren und prompt auf diese Signale zu reagieren, ist reduziert -­‐  Einschränkung in folgenden Verhaltensweisen: Augenkontakt, Anlächeln, Ansprechen, ImiReren, Sorgen, Gestalten interakRver Spiele Im Kindergarten und Grundschule -­‐  MüKer nehmen ihr Kind wahr als ein Kind mit Problemen und Auffälligkeiten -­‐  Verbale KommunikaRon ist reduziert, posiRve Kommentare und Lob fehlen -­‐  Gewährender ErziehungssRl, MüKer sind nicht in der Lage, Kindern Grenzen zu setzen und diese zu kontrollieren, sie biKen den Kindern kaum OrienRerung -­‐  MüKer reagieren oX mit ausgeprägter Ängstlichkeit und schränken expansive Tendenzen der Kinder unangemessen ein Rehmschmidt & Matthejat, 1998; 2006
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Risikofaktoren beim depressiven mü5erlichen Verhalten In der späten Kindheit und Adoleszenz -­‐  Das Kind wird einbezogen in elterliche Probleme und Konflikte, dient als Partnerersatz -­‐  Aufgrund eigener Erkrankung bietet sich die MuKer nur eingeschränkt als IdenRfikaRonsfigur. Die MuKer kann die Modell-­‐FunkRon nicht mehr übernehmen -­‐  Die Eltern sind nicht mehr in der Lage, das Kind bei der Lösung seiner Entwicklungsaufgaben zu unterstützen -­‐  Die Eltern neigen zu einer erhöhten HosRlität, machen oX negaRbe Äußerungen dem Kind und anderen Familienmitgliedern gegenüber Rehmschmidt & Matthejat, 1998; 2006
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Beispiel depressive Eltern – ängstliches Kind Matthejat, 2003; 2008
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Die Bedeutung der sensiAven Phase 1.-­‐2. LJ Pubertät Besondere Empfindlichkeit des ZNS Umwelt-­‐Kind-­‐InterakAonen als stabilisierender Faktor Adäquate BewälAgung von Belastungen Mißlungene BewälAgung von Belastungen Normale ReorganisaAon synapAscher Netzwerke Bildung dysfunkAonaler Regelkreise Normale psychoemoAonale und kogniAve Entwicklung Pathologische psychoemoAonale und kogniAve Entwicklung Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Die Bedeutung psychischer Erkrankungen der Eltern KorrelaRonen zwischen SCL14 (psychisch kranke Eltern) und CBCL (deren Kinder) Wiegand-Grefe et al., 2009
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Prävalenz psychiatrischer Erkrankungen bei Eltern von Kinder aus Kinderpsychiatrie (in %) Psychiatrische Erkrankung Väter (n=978) Mü5er (n=1035) Mentale Retardierung 0,7 1,0 Epilepsie 0,3 1,0 Schizophrenie 1,1 2,0 Depression / Manie 4,7 8,9 Somatoforme Störung 4,4 10,0 HyperkineRsches Syndrom 1,1 1,0 Dyslexie 0,9 1,4 Suizidalität 1,8 2,2 Substanzmissbrauch 19,0 7,0 Kriminalität 4,0 0,7 Andere mentale Störungen 3,0 3,6 Insgesamt 33,9 32,3 Rehmschmidt & Matthejat, 1998; 2006
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Beispiel aggressive Eltern – Kind mit der Störung des Sozialverhaltens Matthejat, 2003; 2008
Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Empirisch gesicherte Risiko-­‐ und Schutzfaktoren für die Entwicklung (Döpfner et al., 2006) Individuelle Risikofaktoren GeneRsche Einflusse Individuelle Schutzfaktoren Geschlecht (je nach Störung M vs. W) Substanzmissbrauch (in der SchwangerschaX) Intellektuelle Fähigkeiten Stress in der SchwangerschaX PosiRves Selbstkonzept GeburtskomlikaRonen Selbstsicherheit Geringes Geburtsgewicht Problemlösefähigkeiten Körperliche Erkrankung PosiRves Temperament Entwicklungsverzögerungen Soziale FerRgkeiten Probleme in der EmoRonsregulaRon StressbewälRgungsfähigkeiten Schwieriges Temprament BewälRgungserfahrungen ExposiRon gegenüber Gewalt / Traumata Anpassungsfähigkeit Mangelnde Schulleistungen Autonomie Aufmerksamkeitsstörung PosiRve Bindungserfahrungen Soziale Inkompetenz Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Empirisch gesicherte Risiko-­‐ und Schutzfaktoren für die Entwicklung (Döpfner et al., 2006) Familiäre Risikofaktoren Familiäre Schutzfaktoren Geringer Bildungsstand der Eltern Anteilnahme, Interesse der Eltern am Kind DysfunkRonales Erziehungsverhalten Elterliche Wärme NegaRve familiäre KommunikaRon Kohäsion und Anpassungsfähigkeit der Familie Familien-­‐ / Partnerkonflikte Konsistentes Erziehungsverhalten Desorganisierte Familien GünsRge ErziehungsprakRken Scheidung PosiRve Eltern-­‐Kind-­‐InterakRon Tod eines Familienangehörigen Soziale Unterstützung durch Familie/Freunde Psychische Störung der Eltern Deliquenz der Eltern Familiäre Gewalt Belastende Lebensereignisse in der Familie Physische Störung bei den Eltern Wohlstandsvernachlässigung Alleinige Erziehung Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Empirisch gesicherte Risiko-­‐ und Schutzfaktoren für die Entwicklung (Döpfner et al., 2006) Gesellschakliche Risikofaktoren Gesellschakliche Schutzfaktoren Armut EinkommensgerechRgkeit Arbeitslosigkeit PosiRve Schulerfahrung Schlechte Wohn-­‐ und Schulverhältnisse Hohe Bildungsqualität Geringer sozioökonomischer Status Unterstützendes soziales Netzwerk Diskriminierung IntegraRon von Minoritäten MigraRon, soziale Verpflanzung Soziale IsolaRon Soziale BenachRligung GewalKäRges und deliquentes Umfeld Mangelnde außerfamiliäre soziale Bindung Auffällige Gleichaltrigengruppe Zurückweisung durch Gleichaltrige Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Warum ist bei Kindern psychisch kranker Eltern das Risiko für seelische Erkrankungen erhöht? •  Verzerrte Wahrnehmung des Kindes, seiner Bedürfnisse, seiner IntenAonen •  Fokusierung auf eigene Bedürfnisse, verzerrte PerspekAvenübernahme, damit verbunden -­‐ mangelnde Verfügbarkeit •  Mangel an Energie (Depression, Medikamente), unopAmaler Verbrauch von Energie (Zwang), damit verbunden – Mangel an Gedult (Störung der Impulskontrolle) •  Verunsicherung (Angst) •  NegaAver Erziehungskontext •  Mangel an Selbstdisziplin und Selbstkontrolle •  Fehlende OrienAerung und verzerrte oder inakzeptable Vorbildrolle Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Warum ist bei Kindern psychisch kranker Eltern das Risiko für seelische Erkrankungen erhöht? Problem: Complience Die seelisch betroffene Eltern versuchen den Eindruck der Normalität zu vermi5eln, weil ... sie das Pronlem bei sich nicht sehen ... oder sich für das Problem schämen / Angst vor Verlusten haben Dadruch entsteht dysfunkAonales Verhalten: -­‐  Bei Kindern werden Probleme auch psychische nicht erkannt -­‐  Die Behandlung wird den Kindern verwehrt -­‐  Bei der Behandlung zeigen Eltern mangelnde KooperaAon -­‐  Es werden keine Veränderungen akzepAert Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Warum ist bei Kindern psychisch kranker Eltern das Risiko für seelische Erkrankungen erhöht? Kind als KommunikaRonspartner Kind als Sinn des Lebens Kind als SicherheitsgaranRe Kind als ExsistenzgaranRe Kind als Partnerersatz Kind als DruckmiKel Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et DysfunkAonale InterakAonsprakAken Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Misshandlungen in der Familie DefiniAon: Kindermisshandlungen sind gewaltsame psychische und physische BeeinträchAgun-­‐
gen von Kindern durch Eltern oder ErziehungsberechAgte. Diese BeeinträchAgungen können durch elterliche Handlungen (körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch) oder Unterlasungen (emoAonale / physische Vernachlässigung) zustande kommen. Formen / Anteil der einzelnen Gewal€ormen: 54% körperliche Vernachlässigung 25% körperliche Misshandlung 11% sexueller Missbrauch 10% nicht eindeuAg klassifizierbar Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Psychische Misshandlungen in der Familie McGee & Wolfe, 1991; APSAC 1995; Glaser 2002
DefiniAon: Unter psychischer Misshandlung versteht man alle Handlungen oder Unterlassungen von Eltern oder Betreuungspersonen, die Kinder ängsAgen, überfordern, das Gefühl der Wertlosigkeit vermi5eln. Formen: •  EmoAonale Nicht-­‐Verfügbarkeit, das Ignorieren des Kindes •  Ablehnung und Abwertung des Kindes •  Entwicklungsunangemessene oder inkonsistente Verhaltensweisen gegenüber dem Kind (Überforderung, Überbehütung, Mangel an Schutz, Einengung kindlicher Erfahrungsräume) •  Mangelnder Respekt für die Individualität des Kindes und psycho-­‐ logisch notwendige Grenzziehungen (z.B. Instrumentalisierung) •  Mangelnde Förderung kindlicher Sozialkompetenz Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Körperliche Misshandlungen in der Familie McGee & Wolfe, 1991; APSAC 1995; Glaser 2002
DefiniAon: Unter körperlicher Misshandlung versteht man Schläge oder andere gewaltsame Handlungen (Stöße, Schüt.eln, Verbrennungen, SAche), die beim Kind zu Verletzungen führen können. -­‐ In sozialwissenschaklichen Studien zeigt sich, dass ca. die Hälke bis zwei Dri5el der deutschen Eltern ihre Kinder körperlich bestrafen -­‐ 10 – 15% der Eltern bestrafen ihre Kinder häufig und schwerwiegend -­‐ Befragung: 7,2% aller Kinder unter 12 Jahren erlebten in den letzten 12 Monaten Misshandlungen und 8,1% dieser Kinder schwere ZüchAgungen durch die Eltern, das sind 1,42 Millionen Kinder -­‐ Jährlich 25.400 Inobhutnahmen, 8.000 Fällen – Entzug der elterlichen Sorge -­‐ Grob geschätz werden mehr als 10% aller Kinder regelmäßig misshandelt Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Erklärungsmodelle für körperliche Gewalt in der Familie n 
Psychopathologisches Erklärungsmodell 64% der Eltern mit Gewalterfahrungen in der Kindheit geben diese an ihre Kinder weiter n 
Soziologische Erklärungsansätze -­‐ gesellschakliche Billigung von Gewalt in der Erziehung -­‐ Lebensbelastungen, die Familien überfordern -­‐ Mangel an sozialen Unterstützungssystemen, die Familien in Krisenzeiten entlasten können (soziale IsolaAon, MigraAon) n 
Sozial-­‐situaAonales Erklärungsmodell Endpunkt der EskalaAon, Ausdruck von Ohnmacht/Ärger Dreifach erhöhtes Risiko für geisAg und körperlich behinderte Kinder Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Welche Erkrankungen können bei Kindern psychisch kranker Eltern diagnosAziert werden? •  Störungen des Sozialverhaltens •  Depresive Störung •  Angststörungen (Soziale Phobie, generalisierte Angststörung, Trennungsangst, elekAver MuAsmus) •  Bindungsstörungen (reakAve Bindungsstörung, Bindungsstörung mit Enthemmung) •  DissoziaAve und somatophorme Störungen, Schlafstörungen •  Enuresis, Enkopresis •  Fü5erungsstörungen, Essstörungen •  Anpassungsstörungen, pos5raumaAsche Belastungsstörung •  Persönlichkeitsstörungen Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Was können wir machen? •  EINSTELLUNG: In den meisten SituaAon sind dynfunkAonale InterakAonsprakAken die einzige verfügbare und zu dem Zeitpunkt mögliche BewälAgungsstrategie der kranken Eltern •  Beratung der Eltern ohne pädagogischen Zeigefinger •  Behandlung der psychischen Erkrankung der Eltern ... am besten parallel zu der Behandlung der Kinder •  InstallaAon einer Jugendhilfemaßnahme •  Einrichtung gemeinsamer Versorgungseinheiten für psychisch kranke Eltern und deren Kinder Wenn das Leid der Eltern das Glück der Kinder überscha5et Fallvorstellung (therapeuAsche Maßnahmen in der Familie von PaAenAn) PaAenAn: -­‐  KogniAve Umstrukturierung, Resourcen-­‐AkAvierung -­‐  ExposiAonstraining -­‐  StressbewälAgungstraining Mu5er: -­‐  Vermi5lung der Mu5er in eine psychiatrisch-­‐psychologische Behandung -­‐  Wöchentliches Elterntraining -­‐  InstallaAon einer Familienhilfe zwecks Förderung erzieherischer Kompetenzen Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit!
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