Vorstudie Energienachfrage mittelständischer Unternehmen Institut für Energie- und Wasserwirtschaft Prof. Dr. J. Bock (Projektleiter) Prof. Dr. M. Häder Prof. Dr. D. Hecht Ausgangssituation Die Liberalisierung der Energiemärkte und der damit einhergehende Wandel von Monopolmärkten in Wettbewerbsmärkte bietet gerade für mittelständische Unternehmen beim Einkauf von Strom und Gas neue Optionen. Der zunehmende Wettbewerb auf diesen Märkten führt dazu, dass dem Einkauf von Energie die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet werden muss wie der Beschaffung anderer Rohstoffe bzw. Vormaterialien. Da es sich bei Strom und Gas um Produkte mit einem geringen Differenzierungsgrad handelt und die Qualität eindeutig definiert ist, sind diese leicht austauschbar. Damit wird bei Strom und Gas der Preis zum Hauptentscheidungsfaktor. Mittelständische Unternehmen müssen gerade bei der Beschaffung – im Gegensatz zu Großunternehmen – größenbedingte Nachteile in Kauf nehmen, da sie die sog. „Economies of scale“ im Einkauf alleine nicht realisieren können. Eine Strategie zur Überwindung dieser größenbedingten Nachteile ist die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit, die sog. Kooperation. Der Begriff der Kooperation beschreibt die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit von zwei oder mehr Unternehmen auf freiwilliger Basis, bei der die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit der beteiligten Partner weitgehend erhalten bleibt. (Vgl. hierzu Staudt, E., Bock, J. u.a.: Das Kooperationshandbuch – Ein Leitfaden für die Unternehmenspraxis, Stuttgart 1992). Die Kooperation konzentriert sich i.d.R. auf Projekte oder Teilbereiche der beteiligten Unternehmen. Ziel von Kooperationen ist es, durch das Zusammenlegen der Ressourcen der beteiligten Partner wie Technologie-Know-How, Managementkapazität, Finanzen, Einkaufsvolumen, mehr zu erreichen als im Alleingang. Es kommt also in diesem Kontext zu einer Bündelung von Ressourcen und Potentialen. Die Bündelung des Energieeinkaufs Nach einer Phase zunächst fallender Energiepreise zumindest für den Strombereich (2000 – 2001) sind diese in den letzten Jahren trotz der Liberalisierung der Märkte wieder angestiegen. Die Kosten für Strom und Gas zählen derzeit mit zu den höchsten in Europa und stellen damit im internationalen Vergleich einen Wettbewerbsnachteil für die deutsche Wirtschaft dar. Während größere Unternehmen aufgrund der o.g. Skalen-Effekte günstigere Konditionen beim Energieeinkauf aushandeln können, besteht diese Möglichkeit für das einzelne mittelständische Unternehmen kaum. Die Bündelung der Energienachfrage i.S. einer zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit zur Erzielung von Mengenrabatten hat sich in den letzten Jahren als Mittel zur Erzielung von Preisnachlässen herausgestellt. Kleine Unternehmen können so durch die Bündelung ihrer Nachfrage zu äußerst interessanten Großkunden werden. Bei der organisatorischen Ausgestaltung der Energienachfragebündelung haben sich ganz unterschiedliche Formen herauskristallisiert. U.a. sind dabei zu nennen: - Unternehmen gründen ein Gemeinschaftsunternehmen, bündeln ihren Energiebedarf und wickeln hierüber ihren Energieeinkauf ab. Die Energiebeschaffung bleibt in (gemeinsamer) Eigenregie. Dieser Ansatz bietet sich für Unternehmen an, die sich in einem regionalen Umfeld befinden. - Unternehmen wenden sich mit ihrer Nachfrage an einen Energiebroker, der dann den Energiebedarf mehrerer Unternehmen bündelt, den Einkaufsprozess steuert und über die Zeit verschiedene Bezugsquellen nutzt, ein Bezugsportfolio aufbaut, dieses managt und weiter optimiert. Der Energiebroker übernimmt dabei die Rolle eines Vermittlers und erhält ein erfolgsabhängiges Honorar. Dieser Ansatz dürfte insbesondere für kleinere Unternehmen von Relevanz sein, die nicht in der Lage sind, in einer Kooperation einen derartigen Spezialisten aufzubauen und zu finanzieren. - Unternehmen wenden sich an Energieeinkaufsgemeinschaften. Diese bieten ihren Kunden entsprechende Verträge und übernehmen dauerhaft Markt- und Lieferantenanalysen, Energiepreisverhandlungen, Vertragscontrolling. Der Kunde bevollmächtigt die Einkaufsgemeinschaft die Verhandlungen über den Energiebezug zu führen und verzichtet für deren Dienstleistungen auf einen Teil der realisierten Ersparnis. Auch hierbei handelt es sich um einen Energiebroker-Ansatz, der aber sehr branchenbezogen ausgerichtet sein kann. Projektansatz Im Rahmen des beantragten fachhochschulinternen Projektes werden unterschiedliche Formen der Nachfragebündelung zunächst exemplarisch im Rahmen von Sekundäranalysen und Fallstudien untersucht. Ziel ist es, auf dieser Grundlage - - eine bundesweite Analyse existierender Modelle durchzuführen und herauszuarbeiten, o welche Typen zu unterscheiden sind, o welche Optionen mit den jeweiligen Modellen verbunden sind und im Ergebnis eine Entscheidungshilfe für mittelständische Unternehmen zu erarbeiten. Dieses Projekt wird dann bei einer der Stiftungen (Stiftung Industrieforschung, VW-Stiftung etc.) oder bei einem Landesbzw. Bundesministerium beantragt. Hierfür sind im fachhochschulinternen Projekt: - unterschiedliche Modellvarianten zu identifizieren, Literaturanalysen durchzuführen, Gesprächsleitfäden zu entwickeln, Pre-Tests durchzuführen, Kontakte zu möglichen Projektförderern herzustellen und der Projektantrag vorzubereiten. Referenzen Staudt, E., Bock, J. u.a.: Das Kooperationshandbuch – Ein Leitfaden für die Unternehmenspraxis, Stuttgart 1992. Häder, Michael: Moderation Podiumsdiskussion „Strategien im Umfeld volatiler Strompreise“, Veranstaltung anl. VDEWMitgliederversammlung 2006, Berlin, 21.6.2006. Häder, Michael: Moderation Podiumsdiskussion „Starker Vertrieb durch neue Handelsprodukte“, VDEW-Kongress 2007, Berlin, 24.5.2007.