Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Schwarzwald Großartiges aus Granit und Gneis . . . . . . . . . . . . . 8 Odenwald und Spessart Das Kristallin liegt auf der Schwelle . . . . . . . . . . . . . . 18 Taunus Ein Riegel aus Quarzit und Schiefer – Das ist doch die Höhe . . . . . . . . . . . 26 Harz und nördliches Harzvorland Vielfältiges Gesteinspuzzle eines sagenhaften Gebirges . . . . . . . 36 Ruhrgebiet und Niederrheinische Bucht Schwarz-braune Energie aus dem „Revier“ . . . . . . . . . . . . . 46 Saar-Nahe-Bergland Schwäbische und Fränkische Alb mit Ries Von Fossilien, Schichtstufen und einem Meteoriteneinschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Ostseeinsel Rügen Kreide in der Gletscherfräse . . . . . . 92 Elbsandsteingebirge Ein Wald aus Felstürmen . . . . . . . . 102 Mainzer Becken Haifischzähne und Seekuhskelette – Ein Tropenmeer hinterlässt seine Spuren . . . . . . . . 112 Nordwestdeutsches Tiefland Auf den Spuren der Eiszeit . . . . . . . 122 Vulkaneifel Land der Maare, Geysire und schlafenden Vulkane . . . . . . . . 134 Im Edelsteinfieber . . . . . . . . . . . . 54 Thüringisch-hessisches Zechsteinbecken In der Welt des „weißen Goldes“ . . . 62 Pfälzer Wald Bizarre BuntsandsteinSkulpturen . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Wattenmeer und Insel Helgoland Aktive Küstendynamik der Nordsee und ein Fels im Fahrstuhl . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Bayerische Alpen Deutschlands Superlative . . . . . . . . 158 Geologischer Überblick mit Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Sachregister, Glossar . . . . . . . . . . 172 Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . 176 5 Schwarzwald Großartiges aus Granit und Gneis Geopunkte (Auswahl) Karlsruhe Vaihingen Ettlingen Rastatt Pforzheim Enz Gaggenau Hagenau Bad Herrenalb Baden-Baden Leonberg Sindelfingen Bad Wildbad Bühl 1 Strasbourg Forbach Böblingen 2 Offenburg Tübingen Rhein Freudenstadt Horb Neckar Balingen Dreisam 4 Elz 3 Todtnauer Wasserfall im Südschwarzwald 4 Triberger Wasserfälle im Zentralschwarzwald 6 Titisee und Schluchsee im Südschwarzwald 7 Feldberg (1493 m ü. NN) im Südschwarzwald Kinzig Schwarzwald 2 Ehemaliger Steinbruch am Schrofel bei Baiersbronn-Heselbach im Nordschwarzwald 5 Wutachschlucht im Südschwarzwald Herrenberg Murg 1 Murgtal bei Forbach im Nordschwarzwald 8 Schauinsland (1284 m ü. NN) und Museums-Bergwerk im Südschwarzwald Albstadt Rottweil St. Georgen Brigach Villingen- Freiburg Schwenningen Breg Donau Tuttlingen 6 8 3 7 Titisee-Neustadt 6 Wutach 5 Schluchsee Singen Schaffhausen Hamburg Wiese Lörrach Berlin Hannover Rhein Basel Dresden Köln Frankfurt Nürnberg München 8 Der Schwarzwald als höchstes und größtes zusammenhängendes Mittelgebirge Deutschlands ist Teil eines ehemals riesigen Gebirges, das sich einst von Polen bis zum Zentrum der Iberischen Halbinsel erstreckte. Bereits vor Hunderten von Millionen Jahren wurde dieses Gebirge, das als Moldanubikum bezeichnet wird, zum großen Teil abgetragen und eingerumpft. Erst seit dem Einbruch des Oberrheingrabens im frühen Tertiär wurde der Schwarzwald als östliche Grabenschulter zusammen mit seinem „Schwestergebirge“, den Vogesen, als westliches Graben-Pendant, wieder emporgehoben. Die Granite und Gneise, die den alten Gebirgssockel des Schwarzwalds aufbauen, sind Zeugen von hochkomplexen und sehr alten geologischen Vorgängen, deren Auswirkungen am Feldberg, im Murgtal, in der Wutachschlucht oder an den Triberger Wasserfällen bestaunt werden können. M it 150 km Nord-Süd-Erstreckung vom Hochrhein im Süden bis zum Kraichgau im Norden und einer Breite von 30 bis 50 km in Ost-West-Richtung bildet der überwiegend dicht bewaldete Schwarzwald das größte zusammenhängende Mittelgebirge Deutschlands. Zugleich ist der Feldberg im Südschwarzwald mit einer Höhe von 1493 m ü. NN der höchste Gipfel Deutschlands außerhalb der Alpen. Die heutige morphologische Gestalt des Schwarzwalds weist einen steilen und hohen Abbruch nach Westen zum Oberrheingraben hin und einen eher unscharfen Übergang nach Osten ins südwestdeutsche Schichtstufenland auf. Sie repräsentiert lediglich eine der letzten Epochen der Gebirgsbildung im frühen Ter- 9 ■Die Haslach durchbricht unterhalb von Lenzkirch bei den Rechenfelsen in einer tiefeingeschnittenen, engen Klamm den Granit, bevor sie die Wutachschlucht erreicht. Granit und Gneis ■Metatexit am Fuß des Todtnauer Wasserfalls bei Todtnau, Süd­ schwarz­wald. Bei teilweiser Aufschmelzung von ehemaligen Gneisen entstehen Meta­ texite, die ein streifenbis schlierenförmiges Aussehen besitzen. ■Bei weitergehender Anatexis (Aufschmelzung) entstehen oft Verfältelungen in den als Diatexiten bezeichneten ehemaligen Gneisen wie hier am Todtnauer Wasserfall bei Todtnau, Südschwarzwald. Bei vollständiger Aufschmelzung gehen die Streifenmuster meist vollständig verloren: das ehemals metamorphe Gestein kann nicht mehr von einem einfachen Magmatit unterschieden werden. tiär (vor 65 bis 2,6 Mio. Jahren). Die Entstehungsgeschichte des Schwarzwalds beginnt aber bereits viel früher im Präkambrium (Erdfrühzeit), vor weit mehr als einer Milliarde Jahren. Insgesamt gab es mehrere Gebirgsbildungs-, Versenkungs-, Umwandlungs- und Hebungsphasen, die sich wiederholten und die Geologen bis heute vor teils große Rätsel stellen. Theorien zum Ablauf der Prozesse und deren zeitliche Einordnung mussten im Laufe der Forschungsgeschichte immer wieder revidiert und umgeschrieben werden. Sehr vereinfachend kann man sagen, dass bereits im Präkambrium ein Gebirge aus Tiefen- und Schichtgesteinen existierte. Im späteren Paläozoikum (Erdaltertum) wurden diese Gesteine tief versenkt, teils aufgeschmolzen, zu Metamorphiten (Umwandlungsgesteinen) verändert und teils durch erneute Versenkung nochmals aufgeschmolzen. Hieraus entstanden neben Gneisen die für den Schwarzwald typischen Migmatite. Als Migmatite oder Anatexi- Schwarzwald te bezeichnet man Metamorphite, die durch tiefe Absenkung in Verbindung mit hohen Druck- und Temperaturverhältnissen zum Teil oder weitgehend aufgeschmolzen wurden. Dabei wird der ablaufende Prozess Anatexis genannt. Sind die Anatexite der einstigen Gneise nur partiell aufgeschmolzen, nennt man sie Metatexite. Diese besitzen aufgrund des Aufschmelzungsgrades und der Einregelung nur bestimmter Minerale oft ein streifen- oder bänderartiges Aussehen. Bei vollständiger Aufschmelzung werden die Anatexite als Diatexite bezeichnet. Diese gelten fast schon als magmatisch, da in ihnen sogar die mafischen dunklen Minerale aufgeschmolzen sind. Während des Devons und Karbons vor 418 bis 296 Mio. Jahren war das Gebiet, das wir heute als Schwarzwald bezeichnen, Teil eines riesigen Gebirgsbogens, der sich von Polen im Osten über Böhmisches Massiv, Schwarzwald, Vogesen und Französisches Zentralmassiv bis hin zur Iberischen Halbinsel erstreckte. Dieses Kettengebirge wurde als Teil der Varisziden im Zuge der Kollision des Südkontinentes Gondwana mit dem Nordkontinent Laurussia durch Auffaltung und andere geologische Prozesse gebildet und als Moldanubikum bezeichnet. Der Name Moldanubikum leitet sich von den lateinischen Namen der Flüsse Moldau (Moldava) und Donau (Danuvius) ab. Schwarzwald und Bayerischer Wald – der ein Teil der Böhmischen Masse ist – stellen herausgehobene Relikte dieses großen und weitgehend eingerumpften Gebirges dar. Zwischen diesen beiden Gebirgsmassiven wurden bereits nach älteren geologischen Theorien unterhalb des jüngeren Deckgebirges der Schichtstufenlandschaft Süddeutschlands die Gesteine des Moldanubikums in großer Tiefe vermutet. Mit mehreren Tiefbohrungen konnte dies tatsächlich bestätigt werden. Die Bohrergebnisse beweisen damit die Existenz dieses ehemaligen riesigen Kettengebirges. Noch während der variszischen Gebirgsbildung drangen im Karbon neue Magmen in die alten Gneise und Anatexite ein und kristallisierten als Granite aus. Über Hunderte Millionen Jahre wurde dieses alte Gebirge, 10 das kristalline Grundgebirge, durch Absenkung und Erosion immer weiter eingeebnet. Ab dem Perm und über das gesamte Mesozoikum (Erdmittelalter) hinweg lagerten sich marine und festländische Schichten über dem versenkten Grundgebirge ab. Diese Art von Abdeckung des Grundgebirges nennen wir Deckgebirge. Vor allem im frühen Tertiär (Stufe Eozän) und im späten Tertiär (Stufe Pliozän) hob sich der Krustenblock des heutigen Schwarzwalds mitsamt Grund- und Deckgebirge wieder heraus, im Süden etwas mehr als im Norden. Im Tertiär und im folgenden Quartär vor 2,6 Mio. Jahren bis heute kam es durch Erosion des Deckgebirges mehr und mehr zu einer Freilegung des alten Grundgebirges. Da der Schwarzwald im beginnenden Eiszeitalter vor 2,6 Mio. Jahren zu weiten Teilen vergletschert war, veränderte sich die Landschaftsmorphologie nochmals kräftig durch die eiszeitlichen Prozesse. Der Schwarzwald mit seinen Gneis- und Granitvorkommen wirkt für manchen Besucher von seiner Gesteinszusammensetzung her eher monoton. Bei genauerer 11 Betrachtung lassen sich aber nach dem Vorkommen der Granite, Gneise und Sedimentgesteine doch mindestens fünf weitere große Haupteinheiten mit charakteristischen Merkmalen unterscheiden. Es sind dies von Nord nach Süd die Zone von Baden-Baden, der Nordschwarzwald, der zentrale Schwarzwald und der Südschwarzwald mit der darin eingeschlossenen Zone von Badenweiler-Lenzkirch. Ganz im Norden findet sich bei Baden-Baden ein schmaler Gebirgsteil, der landschaftlich zwar dem Schwarzwald zugerechnet wird, aber geologisch einem anderen, ebenfalls variszischen Gebirge angehört. Es erstreckte sich ehemals von den Sudeten, über Erzgebirge, Thüringer Wald, Spessart und Odenwald bis zu den Nordvogesen und wird als Saxothuringikum bezeichnet. In dieser Baden-Baden-Zone kommen hauptsächlich niedrigmetamorphe, frühpaläozoische Sedimentgesteine und Magmatite vor, in die ein Pluton (Granitstock), der sogenannte Friesenberg-Granit, im Karbon intrudierte (eindrang). Der Nordschwarzwald besteht fast ausschließlich aus Granit mehrerer eigenständiger Plutone, die während Granit und Gneis ■Am Steinbruch „Am Schrofel“ bei Baiersbronn-Röt ist die Grenze von Grundgebirge zu Deckgebirge messerscharf aufgeschlossen. Das Grundgebirge aus Gang-Graniten und Gneisen wurde zunächst bis auf eine Fastebene erodiert. Hierauf wurden Sande abgelagert, die später zu den Sandsteinschichten des Buntsand­steins verfestigt wurden. ■Vom Aussichtsturm des Schauinsland schweift der Blick hinüber zum Feldberg (1493 m ü. NN), dem höchsten Berg des Schwarzwalds und aller deutschen Mittelge­birge. Der Gneis des Feldbergs ist etwa 1 Milliarde Jahre alt. Mit insgesamt vier Hebungs- und drei Abtragungsphasen haben Feldberg und Südschwarzwald wahrlich eine sehr lange Entwicklungsgeschichte hinter sich. der variszischen Gebirgsbildung im Karbon in die oberste Erdkruste eindringen konnten. Je nach Mineralzusammensetzung und lokalem Vorkommen unterscheidet man zum Beispiel Forbach-, Raumünzach-, Wildbad-, Bühlertal-, Sprollenhaus-, Oberkirch- und Seebach-Granit. In den Oberkirch-Granit intrudierte beispielsweise wiederum der Bühlertal-Granit, womit die Reihenfolge der Platznahme der Plutone belegt werden kann. Der Forbach-Granit kann im tief eingeschnittenen mittleren Murgtal in der Umgebung von Forbach näher betrachtet werden. Schwarzwald Im Steinbruch am Schrofel westlich von Heselbach ist der Kontakt zwischen Grund- und Deckgebirge aufgeschlossen wie in einem Bilderbuch. Der Granit des Grundgebirges, in dem in der Spätphase des Magmatismus mehrere vertikale Gänge eingedrungen sind, wurde durch Erosion im frühen Mesozoikum wie mit dem Messer horizontal abgeschnitten. Direkt über dieser sogenannten Diskordanz lagern dick gebankte Sandsteine aus dem Unteren Buntsandstein des Deckgebirges. Nur sehr vereinzelt sind im Nordschwarzwald auch Gneise als kleine Schollen zu finden. 12