A la Gloire du grand Architecte de l´Universe Großloge des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus von Österreich BrAmadeus, 3.° OWien, 03. Dezember 2015 Hochachtbarer Meister vom Stuhl, liebe Brüder in den geeigneten Anredeformen. Ich erlaube mir in meinem heutigen Meisterbaustück, in voller Wertschätzung Eurer Person, etwas über die Geschichte, die Wurzeln, des Wissens all jener die uns vorausgegangen sind Euch zu Ohren zu bringen. Dabei werdet Ihr einiges über die Geschichte, eines Grundpfeilers der Freimaurerei hören. Die schottischen Freimaurer sind eine Gruppe von Lebewesen, welche sich durch Wissbegierde und Studium gepaart mit Toleranz gegenüber der Unwissenheit, zur vollkommensten Gruppierung im Universum zusammenschloss. Durch die Gnade der Aufnahme in die Bruderkette, ergibt sich aber auch die Pflicht bei unserem weiteren Wirken diese Selektion weiter aufrecht zu erhalten, ja sogar noch zu verfeinern. Das Thema meiner heutigen Tabula welche lautet: CHARLES-MAURICE DE TALLEYRAND-PÉRIGORD Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord ʃaʀlə mɔʀis də taljɛʀɑ̃ peʀigɔʀ (* 2. Februar 1754 in Paris; † 17. Mai 1838 ebenda) war einer der bekanntesten französischen Staatsmänner sowie Diplomat während der Französischen Revolution, der Napoleonischen Kriege und beim Wiener Kongress. Für seine Verdienste erhielt er mehrere Adelstitel: 1806 Fürst von Benevent, 1807 Herzog von TalleyrandPérigord und 1815 Herzog von Dino (duc de Dino). Da er in allen Regimen seiner Zeit hohe Ämter innehatte, steht der Name Talleyrand heute für politischen Opportunismus und Anpassungsfähigkeit. LEBEN UND WIRKEN Br Amadeus001/1 Loge Zu den Alten Pflichten im O Wien 1/6 Amadeus Herkunft und Jugend Talleyrand kam am 2. Februar 1754 in Paris als zweitgeborener Sohn von Charles-Daniel, Graf von Talleyrand-Périgord (1734–1788) und seiner Gattin MarieVictoire-Eléonore de Talleyrand-Périgord, geborene de Damas d'Antigny (1728– 1809), auf die Welt. BEHINDERUNG Von früher Kindheit an wurde Talleyrand durch ein schweres Beinleiden an seinem rechten Fuß behindert, das ihn zum Krüppel machte: Seinen eigenen Angaben zufolge (die er auch in seinen Lebenserinnerungen verbreitete) erlitt er im Alter von wenigen Monaten - seine ersten vier Lebensjahre verbrachte er getrennt von seiner Familie in der Obhut einer Amme in der Pariser Vorstadt - einen komplizierten Beinbruch. Da dieser nur unzureichend medizinisch versorgt und behandelt worden sei, seien seine Fußknochen verwachsen, so dass er sein Leben lang unter einem Klumpfuß (akzidentieller nach innen gekehrter Klumpfuß) zu leiden hatte. Weiter sei sein linker Fuß, der in der Zeit seiner starken Schmerzen allein das Gewicht seines Körpers habe tragen müssen, dadurch erheblich geschwächt worden. Das Ergebnis von beidem (der unversorgten Verletzung des rechten Fußes und der langandauernden übermäßigen Belastung des linken) sei gewesen das er "ein Hinkender" geworden sei. Erst 1988 gelang es dem Historiker Michel Poniatowski die von Talleyrand lancierte Erklärung seiner Verküppelung aus einem Unfall als frei erfunden nachzuweisen. Die neuere Forschung geht davon aus, dass der Klumpfuss Talleyrand entweder ein erbliches Leiden war - an dem auch Talleyrands Onkel Gabriel-Marie des Talleyrand, Comte de Périgord zu leiden hatte - oder, was als wahrscheinlicher gilt, dass er die Folge einer Polio-Infektion war. Weshalb Talleyrand eine unzutreffende Begründung für sein Gebrechen verbreitete, ist naturgemäß nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten: Die meisten Biographen verweisen aber bei der Behandlung dieses Punktes darauf, dass es im 18. und 19. Jahrhundert eine von vielen Personen, die an ererbten Leiden litten, geübte Praxis war, diese als Folgen von Unfällen ausgaben, um sich vor dem Verdacht geisteskrank zu sein zu schützen, dem sie sich durch ein Eingeständnis, dass ihre lörperlichen Probleme das Ergebnis eines angeborenen Fehlers waren ausgesetzt hätten, da das von den meisten Menschen dieser Zeit geteilte Verständnis des Ursprungs und der Wirkungsweise von organischen Körperschäden davon ausging, dass solche aus dem Erbgut herrührende Körperschäden meist auch mit biologisch verursachten mentalen Störungen verbunden seien. Talleyrand Behinderung hatte zur Folge, dass er humpelte und sich, um laufen zu können, auf eine Krücke oder einen Gehstock stützen musste. Außerdem trug er zumindest in späteren Jahren orthopädische Spezialschuhe an seinem rechten Fuß: Diese Schuhe, die die Form eines Elefantenfußes hatten, fassten sein rechtes Bein in eine Metallschiene, die entlang der Wade bis zum Knie lief, wo sie mit einem Lederband befestigt war. 2/6 Loge Zu den Alten Pflichten im O Wien Br Amadeus 001/1 Amadeus Das knarrende Geräusch dieser Vorrichtung, das sein Kommen schon von Fern akustisch ankündigte, brachte ihm den Spitznamen Der hinkende Teufel ein. Sein Biograph Orieux hat diese, für den Träger schmerzhafte Vorrichtung, als "wahres Folterinstrument" bezeichnet. AUSBILDUNG UND GEISTLICHE LAUFBAHN Obwohl Talleyrand nach dem Tod seines ältesten Bruders Alexandre († 1757) eigentlich der erstgeborene Sohn seiner Eltern war übertrugen diese das Erstgeborenenrecht anstatt auf ihn, den sie hierfür aufgrund seiner Behinderung für untauglich hielten, auf seinen jüngeren Bruder Archambaud de Talleyrand. Stattdessen wurde der junge Talleyrand aufgrund seines körperlichen Handicaps für die geistliche Laufbahn ausgewählt: Als Jugendlicher wurde er ins Priesterseminar St. Sulpice in Paris gegeben. Nach seinem Abschluss 1779 wurde er zum Priester geweiht. Seine erste Pfründe war die des Abbés des Klosters von Saint-Denis. 1780 machte man ihn zum Generalagenten des französischen Klerus und 1788 – für einen Mann seiner Herkunft überaus spät – zum Bischof von Autun. Als solcher wurde er nach einem nicht einmal vierwöchigen Aufenthalt an seinem Bischofssitz von den Mitgliedern seines Klerus zum Abgeordneten der kürzlich einberufenen Generalstände von 1789 gewählt. Französische Revolution und der Klerus Während der Französischen Revolution von 1789 wechselte er vom Klerus in den Dritten Stand. Diesen vertrat er in den Generalständen und fügte sich so in die neu gebildete Nationalversammlung ein. Er war ein reformorientierter Politiker, was ihn zusehends vom Klerus entfernte. Deutlich wurde dies, als er sich für die Verstaatlichung von Kirchengut aussprach, um mit dem Verkaufserlös die Staatsschulden zu begleichen. In seiner Antragsvorlage begründete er die Konfiskation damit, dass die Kirche ihr Vermögen nur zur Ausübung von Ämtern, aber nicht als persönlichen Besitz erhalten habe. Für Talleyrand lag streng genommen also keine Enteignung vor. Seiner Ansicht nach gäbe es zwar zwei vom Staat zu achtende Grundfreiheiten: Freiheit und Eigentum. Dort wo das Eigentum jedoch soweit ginge, dass es das Naturgesetz verletze, da müsse es entfallen, ferner auch dort, wo der eigentliche Sinn des ursprünglichen Eigentumerwerbs entfallen sei. Des Weiteren trat er für Habeas Corpus, Meinungsfreiheit, das Postgeheimnis und die Gründung einer Reichsbank ein. Einen gewissen Standesdünkel legte er jedoch nie ab. So wünschte er eine konstitutionelle Monarchie mit einem Zweikammersystem wie in Großbritannien. 1791 leistete er einen Eid auf die neue Verfassung im Namen des Klerus und unterstellte sich somit dem Staat und dem Volk, was der Papst in Rom stark kritisierte. Pius VI. exkommunizierte Talleyrand und enthob ihn seiner Ämter. Talleyrand bezog dennoch für lange Zeit seine Einkünfte aus der Abtei Saint-Denis weiter. Außenminister Talleyrand verließ 1792 am Vorabend der Schreckensherrschaft mit Hilfe von Danton, der ihm die erforderlichen Ausreisepapiere beschaffte, Frankreich – offiziell Br Amadeus 001/1 Loge Zu den Alten Pflichten im O Wien 3/6 Amadeus in diplomatischer Mission. Dies ermöglichte ihm später die Rückkehr nach Frankreich, da er nicht mit dem Odium behaftet war, ein „Emigrant“ gewesen zu sein. Er ging zunächst nach Großbritannien, wurde dort 1794 unter Pitt auf Druck der französischen Exilanten der ersten Stunde ausgewiesen und floh in die USA. Erst 1796 kehrte er nach Frankreich zurück und wurde 1797 durch das Direktorium unter Führung von Paul de Barras als „Bürger“ Außenminister zum Nachfolger von Charles-François Delacroix berufen. Diese Stelle verdankte er wesentlich der Fürsprache von Germaine de Staël, die ihm seit langer Zeit geistig und politisch verbunden war. Im Juli 1799 trat er zurück, wohl um sich nicht länger an das absehbar an sein Ende gelangte Direktorium zu binden und sich der neuen Kraft, Napoleon, zu empfehlen. Er war auf diesen aufstrebenden Mann aufmerksam geworden und begann ihn zu unterstützen. Napoleon erkannte Talleyrands Stärken in diplomatischen Angelegenheiten, sodass er nach dem Staatsstreich des 18. Brumaire des Jahres VIII des Französischen Revolutionskalenders (9. November 1799) Talleyrand erneut zum Außenminister ernannte. Talleyrand war es, der maßgeblich an der Schaffung des napoleonischen Kaisertums beteiligt war. Er sorgte dafür, dass in dessen Gründungsjahr 1804 keine ausländische Macht ernsthaft Widerspruch dagegen einlegte. Doch die Ansichten Napoleons und Talleyrands über das Wohl Frankreichs liefen auseinander. Immer wieder übte Talleyrand Kritik an den Plänen des Kaisers, z. B. gegen Preußen und Österreich in den Krieg zu ziehen. Die Kriegserklärung von 1805/06 offenbarte Talleyrands schwindenden Einfluss. Er war der Auffassung, Frankreich habe mit dem Frieden von Amiens aus dem Jahr 1802 mehr als genug erreicht. Nach dem Frieden von Tilsit reichte er seine Demission ein, worauf ihn Napoleon zum Vice-Grand Electeur ernannte, dem dritthöchsten Ehrentitel, den das Kaiserreich zu vergeben hatte. Schon vorher, am 7. April 1805, hatte ihm König Friedrich Wilhelm III. von Preußen den Schwarzen Adlerorden verliehen. Nachdem Napoleon 1815 endgültig gestürzt worden war, wurde er nochmals für kurze Zeit Außenminister Ludwigs XVIII., dem er zum Thron verholfen hatte, und vertrat nach dieser ersten Restauration der Bourbonen Frankreich zwar als Verlierermacht auf dem Wiener Kongress von 1814/15, doch handelte er geschickt erst ein Mitspracherecht, dann eine bedeutende Bündnisposition mit Großbritannien und Österreich gegen Russland und Preußen aus, sodass die ehemalige Entente zerbrochen war. Kurz: Er schaffte es, als Vertreter der Verliererseite so günstige Bedingungen auszuhandeln, dass Frankreich keine Gebietsverluste erleiden musste. Sein größter Coup hier war wohl die Wiederherstellung der Grenzen von 1792. Fürst von Benevent Von 1806 bis 1815 war Talleyrand von Napoleons Gnaden souveräner Fürst von Benevent in Italien; seinen nebenher erbrachten verwalterischen Leistungen zollt sein Biograf Cooper (siehe unten) durchaus Lob. 4/6 Loge Zu den Alten Pflichten im O Wien Br Amadeus 001/1 Amadeus Botschafter in Großbritannien Als 1830 die Julirevolution ausbrach, war Talleyrand ein entschiedener Befürworter des Königtums von Louis Philippe. Dieser schickte ihn dafür von 1830 bis 1834 als französischen Botschafter nach Großbritannien. Hier bewirkte er eine Verbesserung der stark gestörten Beziehungen der beiden Staaten. Sein letzter großer politischer Auftritt fand bei den Verhandlungen über die Unabhängigkeit des Königreiches Belgien statt. Durch Talleyrands großes Verhandlungsgeschick konnte am 4. Oktober 1830 Prinz Leopold Georg Christian Friedrich von Sachsen-CoburgSaalfeld zum König Leopold I. von Belgien gewählt werden. Von Talleyrand stammt allerdings auch das berühmte Zitat, dass die Belgier keine Nation seien, denn man könne keine Nation am Schreibtisch erzeugen. Belgien könne als Land langfristig nicht bestehen. Tatsächlich gibt es in Belgien bis heute einen Konflikt zwischen den Flamen und den Wallonen. Tod Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord starb am 17. Mai 1838 in Paris und wurde auf eigenen Wunsch in der Krypta der Kapelle der von ihm gegründeten école libre ‘Privatschule’ in Valençay begraben. Seit einer unlängst erfolgten Renovierung, im Rahmen derer sein Sarg heraufgebracht und statt des beseitigten Altares aufgestellt wurde, kann die Kapelle wieder besichtigt werden, nicht aber die Krypta mit den Särgen anderer Familienmitglieder. ERBEN Universalerbin wurde seine langjährige Begleiterin Dorothea von Sagan, die 1824 geschiedene Ehefrau seines Neffen Edmond de Talleyrand-Périgord, dem er auch einige Zuwendungen bestimmte. Die häufig vertretene These, dass Dorothea, später Dorothée, duchesse de Dino genannt, Talleyrands Geliebte gewesen sei, wird in der von Johannes Willms verfassten Biographie nicht geteilt. Zwar habe es sich seitens Talleyrands durchaus um eine späte Liebe zu dieser attraktiven und intelligenten Frau gehandelt, aber angesichts des Altersunterschieds von 39 Jahren sei die enge Beziehung wahrscheinlich nicht sexueller, sondern nur geistiger Art gewesen. Willms schreibt über das Verhältnis Talleyrands zu seiner angeheirateten Nichte: „Wie andere zuvor war auch diese Liebe eine platonische, eine mit der Leidenschaft des Geists, nicht des Körpers, aber vielleicht eben deshalb noch intensiver gelebte und oft unter Eifersuchtsqualen erlittene, für die sie ihm reichlich Anlass gab.“ NACHKOMMEN Talleyrand hatte keine ehelichen Kinder, wohl aber einige uneheliche. Das bekannteste dieser natürlichen Kinder war wohl Charles-Joseph de Flahaut, ein Offizier im Heer Napoleons, Liebhaber von dessen Stieftochter Hortense de Beauharnais und der Vater von Auguste de Morny, Halbbruder und wichtiger Berater Napoleons III. Talleyrands vielfach zitierte Vaterschaft im Falle von Eugène Delacroix ist umstritten. Vertreten wird die These von Talleyrand als Erzeuger des berühmten Malers u. a. von Franz Blei, Alfred Duff Cooper, 1. Viscount Norwich und Orieux. Br Amadeus 001/1 Loge Zu den Alten Pflichten im O Wien 5/6 Amadeus Diese Autoren berufen sich dabei auf die angebliche physiognomische Ähnlichkeit von Talleyrand und Delacroix, die Unmöglichkeit der biologischen Vaterschaft von dessen nominellem Vater, der zum Zeugungszeitpunkt infolge eines erst mehrere Monate nach der Zeugung behobenen Hodenleidens nicht zeugungsfähig war, und auf die Förderung des jungen Delacroix durch einen anonymen, aber mächtigen und finanzkräftigen Wohltäter. Amen 6/6 Loge Zu den Alten Pflichten im O Wien Br Amadeus 001/1