Parasiten von Darm und Darmanhangsorganen ■■ Gang der Untersuchung ■■ Therapieempfehlungen Wie oben beschrieben, sollte jedoch in spezialisierten Labors durchgeführt werden. In Einzelfällen von Infektionen mit Brachiola (Anncaliia) vesicularum und Trachipleistophora hominis wurde Albendazol in einer Dosierung von 400 mg 2-mal täglich mit Erfolg eingesetzt, bei anderen Arten liegen keine therapeutischen Erfahrungen vor. Direktnachweis Mikroskopie. Sporen könne lichtmikroskopisch in gefärbten Punktions- oder Schmierpräparaten nachgewiesen werden oder histologisch mit Spezialfärbungen (s. E. bieneusi). Die elektronenmikroskopischen Analysen wurden weitgehend von molekularen Methoden verdrängt. Für keine der aufgeführten Organismen sind monoklonale Antikörper verfügbar. Molekularbiologischer Nachweis. PCR mit universellen („Panmikrosporidien“) Primern (Weiss 2000) kombiniert mit Sequenzierung erlaubt eine Identifizierung der Mikrosporidien. Gattungs- oder artspezifische Primer sind für diese Mikrosporidien nicht beschrieben. Serologischer Nachweis Serologische Nachweise sind bei diesen seltenen Mikrosporidiosen nicht erprobt. ■■ Relevanz der Befunde Literatur Franzen C, Müller A. Microsporidiosis: human diseases and diagnosis. Microbes Infect. 2001;3:389-400. Gross U. Treatment of microsporidiosis including albendazole. Parasitol Res. 2003;90(Suppl. 1):14-8. Katzwinkel-Wladarsch S, Lieb M, Helse W, Löscher T, Rinder H. Direct amplification and species determination of microsporidian DNA from stool specimens. Trop Med Int Health. 1996;1:373-8. Mathis A, Weber R, Deplazes P. Zoonotic potential of the microsporidia. Clin Microbiol Rev. 2005;18:423-45. Weber R, Deplazes P, Schwartz D. Diagnosis and clinical aspects of human microsporidiosis. Contrib Microbiol. 2000;6:166-92. Weber R, Mathis A, Deplazes P. Microsporidia. In: Murray, P. et al., eds. Manual of clinical microbiology. 9th ed., Washington; ASM Press; 2007. Weiss LM. Molecular phylogeny and diagnostic approaches to microsporidia. Contrib Microbiol. 2000;6:209-35. Der Direktnachweis in geschädigten Geweben spricht für den kausalen Zusammenhang mit der Organschädigung, z. B. myositisbedingte Mikrosporidiose oder der Mikrosporidiennachweis aus dem Auge. 56.5 Ziliaten Heinz Mehlhorn 56.5.1 Balantidium ■■ Speziesbeschreibung Balantidium coli. Der Ziliat Balantidium coli, der seit 1856 aus diarrhöeischen Stühlen von Menschen bekannt ist und wegen seiner Ähnlichkeit mit den frei lebenden Pantoffeltierchen (Gattung Paramecium) auch Paramecium coli genannt wurde, hat seine weltweite Hauptverbreitung in Schweinen (neben anderen Wirten), was besonders durch die Untersuchungen von Leuckart bekannt ist. Dieser gab der Art schließlich den noch heute gültigen Namen B. coli. Systematisch gehört dieser Erreger heute in den Einzellerstamm Ciliophora, dort zur Klasse der Litostomatea, der Ordnung Vestibulifera und schließlich zur Familie der Balantidiidae. B. coli tritt in 2 funktionell unterschiedlichen Erscheinungsformen auf: 1. als ovoider Trophozoit, der mit den stammestypischen, der Fortbewegung dienenden Zilien versehen ist und sich durch einen ebenfalls typischen Kerndimorphismus (Mikro- und Makronukleus) auszeichnet. Dieses 996 Stadium, das sich über ein Zytostom (Zytopharynx) vom Darminhalt seiner Wirte ernährt, wird bis zu 300 µm lang und erreicht einen Durchmesser von 30–100 µm. Oft finden sich aber auch kleine Stadien von 30 × 50 µm Größe (Abb. 56.28). Dieses Fressstadium bevorzugt als Aufenthaltsraum das Lumen von Caecum und Kolon und ist dort nur mäßig, wenn überhaupt pathogen. Die Vermehrung erfolgt durch eine quer verlaufende Zweiteilung. Der nierenförmige Makronukleus und der kleine, kugelige Mikronukleus, der in unmittelbarer Nähe des Makronukleus liegt (Abb. 56.28), steuern unterschiedliche Zellfunktionen. Bei der sog. Konjugation bildet der Mikronukleus letztlich ein Wanderstadium aus, das mit dem stationären Kern des Partners fusioniert. Weiterhin charakteristisch für B. coli sind 2 pulsierende Vakuolen (wie bei der Gattung Paramecium), die zur Osmoregulation dienen, sowie ein am Hinterende liegender Zellafter (Zytopyge), über den überflüssiges Material ausgeschieden wird. Die Trophozoiten sind unter noch nicht geklärten Umständen in der Lage, in die Darmwand einzudringen (ähnlich wie die Trophozoiten von E. histolytica), und können auf diese Weise Blutungen initiieren (Abb. 56.29). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 56 56.5 Ziliaten 56 ■■ Parasitose Abb. 56.29 Karminrot gefärbter Schnitt durch die Darmwand mit 2 eingedrungenen Trophozoiten von Balantidium coli. Krankheitsbild. Als Krankheitssymptome (sog. Balantidien-Ruhr) treten offenbar in Kombination mit anderen Erregern beim Menschen gastrointestinale Symptome auf: blutig-schleimige Diarrhöen (wie bei der AmöbenRuhr), Fieber, Anorexie, Nausea, abdominale Krämpfe, Erbrechen. Bei ausgeprägter Symptomatik kann es darüber hinaus zu starker Dehydrierung mit den entsprechenden Folgeerscheinungen kommen. Die Mehrzahl der Patienten erholt sich etwa nach 3–4 Tagen – auch ohne Chemotherapie. In seltenen Fällen fanden sich Abszesse in der Leber und Lunge. Häufig ist aber der Übergang zum chronischen Verlauf mit dem Wechsel von Phasen der Diarrhöe und Obstipation. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 56.28 Ungefärbter Trophozoit von Balantidium coli aus dem Stuhl. Entwicklungsgang. Die Infektion erfolgt auf oralem Wege durch die Aufnahme von Zysten mit verschmutzter Nahrung oder kontaminiertem Trinkwasser bzw. über den Hand-Mund-Weg bei landwirtschaftlichem Personal, das mit Arbeiten in Schweineställen beschäftigt ist. Auch Metzger zeigen entsprechende Infektionen. Sofern nach einer Infektion überhaupt Symptome einer Erkrankung auftreten, so erfolgt dies nach einer unspezifischen Inkubationszeit von einigen Tagen bis Wochen, wobei dann nach einer variablen Präpatenzzeit von 4 Tagen bis mehrere Wochen Zysten ausgeschieden werden. Die Patenz kann für Jahre anhalten, aber auch durch Reinfektionen bedingt sein. Epidemiologie. B. coli ist ubiquitär verbreitet. Vor allem in Japan, Südafrika, Zentral- und Südamerika und Europa gilt die Parasitose als endemisch. ■■ Untersuchungsmaterialien Fester Stuhl. Wegen der Widerstandsfähigkeit der Balantidium-Zysten kann der Stuhl mit der Post versandt werden. Frischer Stuhl. Zum Nachweis der Trophozoiten sollte der Stuhl sofort zum Labor verbracht werden. ■■ Gang der Untersuchung Abb. 56.30 Ungefärbte, frische Zyste von Balantidium coli aus dem Stuhl. 2. als kugelige (seltener auch ovoide) Zyste. Dieses Stadium, das etwa 40–70 µm Durchmesser erreichen kann, wird von einer dicken Wand von ca. 500 nm umschlossen, die vom Trophozoiten abgeschieden wird (Abb. 56.30). In frischen Zysten kann man noch die Zilien und Bewegungen des Trophozoiten erkennen. Später werden die Zilien ins Zytoplasma resorbiert und erst kurz vor dem Schlüpfen im nächsten Wirt wieder neu ausgebildet. Diese Zysten gelangen mit den Fäzes ins Freie und können u. a. von Fliegen, Schaben, Ameisen verschleppt werden. Direktnachweis Mikroskopie. Die Diagnose von B. coli erfolgt durch den mikroskopischen Nachweis der Zysten (Abb. 56.30) im Stuhl mithilfe von Anreicherungsverfahren wie die MIFKonzentration (vgl. Kap. 10.2.4). Die Darstellung von beweglichen Trophozoiten ist im frischen Stuhl möglich (verdünnt in 37 °C warmer physiologischer Lösung). Mithilfe der Flotationsmethode können lebende Stadien zur Vermehrung in Kulturen gewonnen werden. Serologischer Nachweis Serologische Nachweisverfahren sind bei der Balantidiose nicht etabliert. 997 56 Parasiten von Darm und Darmanhangsorganen ■■ Therapieempfehlungen und Literatur Infektionsprophylaxe Beim Menschen haben sich wie bei Schweinen mit akuter Symptomatik die Gaben von Nitroimidazolen (wie bei der Amöbiasis) bzw. von Tetrazyklinen bewährt. Eine Substitution der Flüssigkeit und eventuell verlorener Elektrolyte ist auf jeden Fall notwendig. ! Als Prophylaxemaßnahmen dienen die Vermeidung des Kontakts mit Human- bzw. Schweinefäzes, das Waschen von Salaten etc. sowie generelle Reinlichkeit. Intestinale Trematoden Thomas Löscher Intestinale Trematoden sind vor allem in Ostasien verbreitet. Für den Menschen von epidemiologischer Bedeutung sind Infektionen mit dem Großen Darmegel Fasciolopsis buski und den kleinen Darmegeln Heterophyes heterophyes, Metagonimus yokogawai und verschiedenen Echinostoma-Arten. Daneben wurden über 70 weitere zoonotisch verbreitete Arten beim Menschen beschrieben, davon einige mit gewisser regionaler Bedeutung (Tab. 56.2). Tab. 56.2 Nicht so häufige intestinale Trematodeninfektionen. 1 2 998 Art Verbreitung Infektionsquelle Klinik Diagnostik Therapie Gastrodiscoides hominis Indien, China, Südostasien, Russland, Afrika Wasserpflanzen asymptomatisch oder Durchfälle Einachweis im Stuhl1 Praziquantel Gymnophalloides seoi Korea Austern asymptomatisch oder abdominelle Schmerzen, Durchfälle Einachweis im Stuhl Praziquantel Haplorchis spp. (H. taichui u. a.) Ost- und Südostasien, Ägypten Süßwasserfische asymptomatisch oder abdominelle Schmerzen Einachweis im Stuhl1 Praziquantel Neodiplostomum (Fibricola) seoulensis Korea Schlangen, ­Frösche abdominelle ­Schmerzen, Durchfälle, Fieber, ­Bluteosinophilie Einachweis im Stuhl Praziquantel Phaneropsolus spp. Prosthodendrium molenkampi Thailand, Indonesien, Laos Insekten (auch Insektenlarven)2 asymptomatisch oder abdominelle Schmerzen, Durchfälle Einachweis im Stuhl1 Praziquantel Plagiorchis spp. Korea, Thailand, Philippinen, ­Japan, Indonesien, Insektenlarven2 asymptomatisch oder abdominelle Schmerzen, Durchfälle Einachweis im Stuhl1 Praziquantel Spelotrema brevicaeca Philippinen Strandkrabben Eiembolien (Herz, ZNS), wie bei H.-heterophyesInfektion Einachweis im Stuhl ? Troglotrema (Nanophyetus) salmincola Nordamerika, Russland Lachse, ­Süßwasserfische Durchfälle, abdominelle Schmerzen, Nausea, Bluteo­sinophilie Einachweis im Stuhl Praziquantel, Niclosamid Definitive Artdifferenzierung anhand der Adultwürmer (Stuhluntersuchung nach Therapie und Laxantiengabe). Akzidentelle Ingestion über Wasser und rohen Fisch. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 56.6 Leuckart R. Die menschlichen Parasiten. Leipzig und Heidelberg: Wintersche Verlagsbuchhandlung; 1863. Mehlhorn H, Eichenlaub D, Löscher T, Peters W. Diagnose und Therapie der Parasiten des Menschen. 2. Aufl. München: Urban und Fischer; 1995. Zaman V, Cox FED. Balantidium coli: In: Cox FEG, Wakelin D, Gillespie H, Despommier DD, eds. Parasitology. Vol. 5 of Topley and Wilson’s Microbiology. 10th ed. London: Hodder Arnold; 2005.