Grundlagen Lichtwellenleitertechnik

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EP0407-322-331
20.03.2007
12:58 Uhr
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FÜR DIE PRAXIS
IT & Kommunikation
Grundlagen
Lichtwellenleitertechnik
D. Eberlein, Dresden
Der Lichtwellenleiter (LWL) durchdringt aufgrund seiner besonderen Eigenschaften viele Anwendungsbereiche und bietet eine Alternative zu Leitern
aus Kupfer. Daher werden Lichtwellenleiter nicht nur für die Weitverkehrsübertragung eingesetzt, sondern vielerorts bis in die Wohnung verlegt, um
breitbandige Dienste bereitzustellen.
1
Vorteile der Nachrichtenübertragung über LWL
LWL-Nachrichtenübertragungs-Systeme haben
im Vergleich zu konventionellen, also auf Kupferkabeln basierenden Systemen eine Reihe
gravierender Vorteile. Mit elektrischen Multiplexverfahren, die viele Signale zu einem
Signal bündeln, werden heute 2,5 Gbit/s-,
10 Gbit/s- oder 40 Gbit/s-Signale erzeugt. Mit
optischen Multiplexverfahren (Wellenlängenmultiplex) können diese Signale erneut gebündelt werden, sodass Übertragungskapazitäten von mehreren Tbit/s auf einem einzigen
Lichtwellenleiter möglich sind.
Auch die geringen Verluste der Lichtwellenleiter erschließen bisher ungeahnte Möglichkeiten. So lassen sich ohne Verstärkung Signale
über Strecken von mehr als 100 km übertragen. In Verbindung mit optischen Verstärkern
ist es heute möglich, mehrere 1000 km über
einen Lichtwellenleiter ohne den traditionellen
Repeater, das heißt ohne Zwischenwandlung
in elektrische Signale, zu überbrücken.
Aber auch in Systemen, die an die Bitraten
und Streckenlängen nur geringe Anforderungen stellen, bieten Lichtwellenleiter zunehmend eine Alternative zu Kupferleitungen. Insbesondere in Umgebungen mit starken Störstrahlungen, wie sie in Kraftwerken oder
Produktionsbetrieben
anzutreffen
sind,
kommt der Lichtwellenleiter wegen seiner
Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Einflüssen zum Einsatz. Lichtwellenleiter strahlen zudem keine Signale ab und sind
deshalb prinzipiell abhörsicher. Vorteilhaft ist
auch, dass Lichtwellenleiter im Vergleich zu
Kupferleitern einen wesentlich geringeren
Durchmesser besitzen.
Die Nachteile der LWL-Technik ergeben sich
aus den höheren technologischen Anforderungen (geringe Abmessungen des Lichtwellenleiters) und einer aufwändigeren Messtechnik [1] [2].
Werden zwei Lichtwellenleiter miteinander
verbunden, müssen die LWL-Kerne exakt zu-
Autor
Dr. Dieter Eberlein ist Referent, Sachverständiger und Buchautor auf dem Gebiet
Lichtwellenleiter-Technik, Dresden.
322
einander positioniert werden. Wegen der sehr
kleinen Kerndurchmesser ist das eine sehr
anspruchsvolle Aufgabe. Daraus ergeben sich
besondere Anforderungen sowohl an die lösbare Verbindungstechnik (Steckerkonfektionierung) als auch an die nichtlösbare Verbindungstechnik (Spleißtechnik).
2
Prinzip der optischen
Informationsübertragung
Ein elektrisches Signal erzeugt in einem Sendemodul eine optische Trägerschwingung und
damit ein optisches Signal. Die Modulation
kann analog oder digital erfolgen. Als Sender
kommen Lumineszenzdioden oder Laserdioden zum Einsatz.
Der Lichtwellenleiter kann je nach Anforderungen an die Dämpfung und die Bandbreite als:
• Multimode-Stufenprofil-LWL,
• Multimode-Gradientenprofil-LWL oder
• Singlemode-LWL ausgeführt sein.
Am Ende der Übertragungsstrecke wird das
optische Signal mit einem Empfänger in ein
elektrisches Signal gewandelt und gegebenenfalls verstärkt und demoduliert. Die optisch-elektrische Wandlung übernimmt eine
PIN- bzw. Lawinen-Photodiode.
Sowohl Sender als auch Empfänger werden
mit einer Anschlussfaser (Pigtail) ausgeführt,
über die das optische Signal entweder in den
Lichtwellenleiter eingekoppelt oder ausgekoppelt wird. Um die Koppelverluste möglichst
gering zu halten, muss die industrielle Ankopplung der Anschlussfasern an die aktiven
Bauelemente eine hohe Qualität aufweisen.
Das Prinzip der optischen Informationsübertragung wird in Bild ➊ dargestellt. Das Übertragungssystem kann
• dämpfungsbegrenzt oder
• dispersionsbegrenzt sein.
Dämpfungsbegrenzung heißt, dass die maximal realisierbare Streckenlänge durch die
Dämpfung im System begrenzt wird. Genauer
gesagt: Die am Empfänger ankommende Leistung darf einen bestimmten Wert nicht unterschreiten, damit das Signal noch fehlerfrei
detektiert werden kann. Dispersionsbegrenzung heißt, dass die maximal realisierbare
Streckenlänge durch die Dispersion im System begrenzt wird. Die Dämpfungsbegrenzung
wird nicht nur durch eine hohe LWL-Dämpfung
oder eine lange zu überbrückende Strecke verursacht, auch die Höhe der eingekoppelten
Leistung und die Empfindlichkeit des Empfängers spielt eine wichtige Rolle. Die Empfängerempfindlichkeit nimmt mit wachsender
Bandbreite ab.
Unter Dispersion wird eine Impulsverbreiterung während der Ausbreitung entlang des
Lichtwellenleiters verstanden (Bild ➏). Die
Dispersion umfasst alle physikalischen Effekte, die zu einer Impulsverbreitung führen. Impuslverbreitung bedeutet, dass die Leistung
innerhalb eines Impulses über einen längeren
Zeitraum verteilt ist als im ursprünglichen
Impuls.
Die Auswahl der geeigneten Komponenten
(beispielsweise Typ des Senders, des Lichtwellenleiters und des Empfängers), wird durch
die jeweiligen Anforderungen an das Übertragungssystem bestimmt (Streckenlänge, Bandbreite). Dabei ist es sinnlos, einen hohen Aufwand zur Reduktion der Dämpfung zu treiben,
wenn das System dispersionsbegrenzt ist
oder einen hohen Aufwand zur Reduktion der
Dispersion zu treiben, wenn das System
dämpfungsbegrenzt ist. Beim Erfüllen dieser
Sendemodul
Empfängermodul
Sender
Lichtwellenleiter
Empfänger
• Lumineszensdiode
• Laserdiode
Multimode-LWL
• Stufenprofil
• Gradientenprofil
Singlemode-LWL
Fotodiode
• PIN
• Lawinen
Modulation
Verstärkung
• digital
• analog
Demodulation
Eingang
Ausgang
➊ Prinzip der optischen Informationsübertragung
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beiden Forderungen, die Dämpfung und die
Dispersion nicht zu überschreiten, sollte optimiert werden.
Tafel ➊ Dämpfungskoeffizienten
von Telekommunikations-LWL in
Abhängigkeit der Wellenlänge
MM = Multimode, SM = Singlemode,
λ = Wellenlänge, α = Dämpfungskoeffizient
Typ
3
Aufbau und
Signalausbreitung
Der Lichtwellenleiter besteht aus einem Kern
mit dem Durchmesser 2rK und einem Mantel
mit dem Durchmesser 2rM (Bild ➋). Während
sich der Kerndurchmesser gängiger Telekommunikationsfasern unterscheidet (8, 50,
62,5 μm), hat der Mantel stets den gleichen
Durchmesser von 125 μm. Dieser Mantel ist
mit einer Schutzschicht, der so genannten
Primärbeschichtung versehen, die unter
anderem den mechanischen Schutz des Lichtwellenleiters bewirkt (Bild ➋). Um eine verlustarme Übertragung zu gewährleisten, muss
die Dämpfung des Glases sehr gering sein.
Darüber hinaus muss das Licht im LWL-Kern
gefangen bleiben (geführt werden), auch bei
moderaten Krümmungen des Lichtwellenleiters. Die Führung wird durch die Totalreflexion
möglich (Bild ➌).
Damit das Licht an der Kern-Mantel-Grenze
reflektiert wird, müssen folgende Bedingungen erfüllt werden [4] [5]:
• Der Kern muss eine größere Brechzahl als
der Mantel haben (n1 > n2).
• Der Neigungswinkel gegen die optische
Achse darf einen bestimmten Wert nicht
überschreiten (ΘGrenz).
Der Sinus des maximalen Neigungswinkels,
die numerische Apertur (NA = sin ΘGrenz), ist
für die einzelnen Lichtwellenleiter genormt. Es
gilt für:
50 μm-LWL NA = 0,2,
62,5 μm-LWL NA = 0,275 und
Singlemode-LWL NA ≈ 0,12.
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MM-LWL
MM-LWL
SM-LWL
SM-LWL
SM-LWL
λ in nm
α in dB/km
850
1300
1310
1550
1625
2,7
0,7
0,33
0,20
0,22
Kern
Mantel
2rK
2rM
➋ Struktur eines Lichtwellenleiters
Kern (n1)
Luft (n0)
Mantel (n2)
αGrenz
➌ Totalreflexion im
Stufenprofil-LWL
4
ΘGrenz
Dämpfung
im Lichtwellenleiter
Die in den Lichtwellenleiter eingekoppelte
Leistung P0 fällt entlang des Lichtwellenleiters
exponentiell ab (P(L)). Die Dämpfung a wird in
Dezibel (dB) definiert:
a 10lg
a (L )
P0
in dB P (L ) P0 10 10 db
P (L )
(1)
Keine Dämpfung bedeutet 0 dB, Abfallen der
Leistung auf die Hälfte etwa 3 dB und Abfallen
auf ein Zehntel 10 dB.
Der Dämpfungskoeffizient α ist gleich der auf
die LWL-Länge L bezogene Dämpfung:
a
in dB/km
L
(2)
In Tafel ➊ wurden typische Dämpfungskoeffizienten zusammengestellt
Bild ➍ zeigt den Dämpfungskoeffizient in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Die minimal
erreichbare Dämpfung wird durch die Rayleighstreuung begrenzt. Das ist ein unvermeidbarer
physikalischer Effekt. Da sich die Rayleighstreuung mit wachsender Wellenlänge verringert, kann man bei höheren Wellenlängen
wesentlich geringere Dämpfungskoeffizienten
erzielen (vergleiche Tafel ➊).
Die Dämpfungskurve durchläuft Maxima, die
durch Absorptionen von OH-Ionen (Wasserstoff-Ionen) bei der Herstellung verursacht
werden. In den relativen Minima der Kurve
liegen die drei klassischen optischen Fenster:
• erstes optisches Fenster bei 850 nm,
• zweites optisches Fenster bei 1300 nm und
• drittes optisches Fenster bei 1550 nm.
Der Wellenlängenbereich um 1625 nm wird
manchmal als viertes optisches Fenster bezeichnet.
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10
t4
dB/km
Dämpfungskoeffizient
t3
t2
OH-Absorption
1
RayleighStreuung
t1
LWL-Länge
UV-Absorption
0,1
➏ Impulsverbreiterung
IRAbsorption
0,01
0,6
0,8
1,0
1. Fenster
1,2
1,4
2. Fenster
1,6
μm 1,8
v2 > v1
und Überlappungen durch Dispersion
Luft (n0)
r
0
ΘGrenz
3. Fenster
Kern (n1)
Wellenlänge
➐
n2
n1 n
r
Mantel (n2)
Gradientenprofil-LWL (links) und Brechzahlprofil (rechts)
➍ Dämpfungskoeffizient in Abhängigkeit von der Wellenlänge
r
v = const.
r
n2
0
ΘGrenz
Kern (n1)
Mantel (n2)
n1
n2
n1 n
r
➎ Stufenprofil-LWL (links) und Brechzahlprofil (rechts)
Bei den so genannten Low-Water-PeakFasern wird durch Modifizieren des Fertigungsprozesses der Einbau von WasserstoffIonen in das Glas verhindert, so dass ein breiter Wellenlängenbereich nutzbar wird. Das ist
beim Groben Wellenlängenmultiplex (CWDM)
wichtig, wo sich die Übertragungswellenlängen von 1291 nm bis 1611 nm erstrecken
(Bild ➍).
5
5.1
Lichtwellenleiter-Typen
und Dispersion
Stufenprofil-Lichtwellenleiter
und Modendispersion
Zur Gewährleistung der Totalreflexion hat der
LWL-Kern eine höhere Brechzahl als der LWLMantel. Die Brechzahl ist über den Kernquerschnitt konstant und fällt stufenförmig an der
Kern-Mantel-Grenze ab. Daraus ergibt sich der
Name Stufenprofil-LWL. In Bild ➎ (rechts) wird
der Brechzahlverlauf dargestellt. Bild ➎
(links) zeigt den Strahlenverlauf im Stufenprofil-LWL. Auf die LWL-Stirnfläche auftreffendes
324
n
2w
Luft (n0)
0
n1
n2
r
➑ Wellenausbreitung im Singlemode-LWL (links) und Brechzahlprofil (rechts)
Licht wird im Lichtwellenleiter geführt, sofern
es in den Kern eingekoppelt wird und innerhalb der numerischen Apertur liegt.
Jeder mögliche Ausbreitungsweg des Lichtes
(Lichtweg) wird als Mode bezeichnet. Ein
50 μm-LWL beinhaltet einige Hundert Moden.
Das gibt dem Lichtwellenleiter den zweiten
Teil seines Namens, nämlich Multimode-LWL.
Exakt spricht man also vom Multimode-Stufenprofil-Lichtwellenleiter. Anstelle der Bezeichnung Multimode-LWL verwendet man
seltener die Begriffe Mehrmoden-LWL und
Vielmoden-LWL. Der Axialstrahl verläuft entlang der optischen Achse, legt den kürzesten
Weg zurück und hat damit die geringste Laufzeit (Bild ➎ (links)).
Der Strahl mit maximalem Neigungswinkel
gegen die optische Achse, der durch die
numerische Apertur begrenzt wird, muss infolge der Zick-Zack-Ausbreitung einen wesentlich
längeren Weg zurücklegen und benötigt dafür
eine längere Zeit, da die Ausbreitungsgeschwindigkeit beider Strahlen gleich groß
ist.
Die unterschiedlichen Laufzeiten der einzelnen Lichtanteile bewirken im Multimode-Stu-
fenprofil-Lichtwellenleiter den gravierendsten
Dispersionseffekt, die Modendispersion.
Die im Lichtwellenleiter geführte Leistung ist
über die Moden mehr oder weniger gleichförmig verteilt. Die Leistungsanteile jeder einzelnen Mode treffen zu unterschiedlichen Zeitpunkten am Empfänger ein.
Bild ➏ zeigt die Verbreiterung der Impulse
entlang des Lichtwellenleiters. Ersichtlich ist
ebenfalls, dass es zu einer zunehmenden
Überlappung benachbarter Impulse kommt.
Zum Zeitpunkt t4 in Bild ➏ ist die Überlappung so groß, dass der Empfänger die beiden
Einzelimpulse nicht mehr trennen kann. Wählt
man einen größeren zeitlichen Abstand zwischen den Impulsen, sind größere Streckenlängen möglich, ehe es zur Überlappung
kommt. Ein größerer zeitlicher Abstand zwischen den Impulsen entspricht aber einer
geringeren Bitrate bzw. Bandbreite. Somit begrenzt die Dispersion sowohl die realisierbare
Streckenlänge als auch die übertragbare
Bitrate und Bandbreite. Erhöht man die
Streckenlänge, verringert sich die Bandbreite
und erhöht man die Bandbreite, verringert sich
die Streckenlänge. Bandbreite und Länge ver-
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halten sich näherungsweise umgekehrt proportional zueinander. Das Produkt aus Bandbreite und Länge ist annähernd konstant. Das
Bandbreite-Längen-Produkt ist ein wichtiger
Parameter zur Charakterisierung des Multimode-LWL.
5.2
Gradientenprofil-Lichtwellenleiter und Profildispersion
Bild ➐ zeigt die Modenausbreitung im Gradientenprofil-LWL: Auch dieser LWL-Typ ist ein
Multimode-LWL. Um den Laufzeitunterschied
zwischen den einzelnen Moden zu reduzieren,
muss man deren Geschwindigkeiten beeinflussen.
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit v in einem
Medium mit der Brechzahl n lässt sich nach
Gleichung (3) berechnen:
v = c/n
(3)
Dabei ist c ≈ 300000 km/s die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. Für die Brechzahl
des Glases gilt: n ≈ 1,5. Daraus ergibt sich
die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Glas
v ≈ 200000 km/s. Aus Gleichung (3) ist
ersichtlich, dass man die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts beeinflussen kann,
indem man die Brechzahl verändert. Geringere
Brechzahl (optisch „dünneres" Medium) bedeutet höhere Ausbreitungsgeschwindigkeit.
Folglich müssen die Moden, die längere Wege
zurückzulegen haben, ein Medium mit geringerer Brechzahl durchlaufen. Beim Gradientenprofil-LWL nimmt die Brechzahl mit zunehmendem Abstand von der optischen Achse ab
(Bild ➐ (rechts)), wodurch das Licht schneller
wird. Wenn sich das Licht in Richtung optische
Achse bewegt, wird es wieder langsamer.
Hat der Brechzahlverlauf annähernd die Gestalt einer Parabel, kann man den Laufzeitunterschied zwischen allen Moden minimieren:
Parabelprofil-LWL. Die verbleibende Dispersion, die hauptsächlich durch Abweichungen
vom idealen Brechzahlprofil verursacht wird,
bezeichnet man als Profildispersion. Durch
Optimierung des Brechzahlprofils konnten
Faserhersteller in den letzten Jahren die Profildispersion stark reduzieren. Der so genannte OM3-LWL ermöglicht eine Übertragung von
Gigabit-Ethernet und 10 Gbit-Ethernet über
einige hundert Meter.
5.3
Singlemode-LWL
Während man mit einem optimierten Parabelprofil-LWL 10 Gbit/s über 300 m realisieren
kann, sind in der Weitverkehrsübertragung
beispielsweise 10 Gbit/s über 100 km zu
übertragen. Um diese wesentlich höheren
Anforderungen zu erfüllen, benötigt man einen
völlig anderen Lichtwellenleiter.
Lichtwellenleiter, die nur eine Mode besitzen,
werden als Single-, Monomode- oder Einmoden-LWL bezeichnet. Der Standard-Singlemode-LWL hat ein stufenförmiges Brechzahlprofil. Man kann ihn sich als einen Leiter
vorstellen, der aus einem 50 μm-StufenprofilLWL mit einige hundert Moden gefertigt wur-
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de. Durch Reduktion des Durchmessers und
der Brechzahldifferenz zwischen Kern und
Mantel wird die Stufe immer kleiner. Die
Anzahl der Moden wird immer geringer.
Schließlich wird eine Abmessung erreicht, die
die „Fortpflanzung“ nur noch einer einzigen
Mode ermöglicht.
Um dies zu erreichen, ist ein Kerndurchmesser < 10 μm erforderlich. Die Feldverteilung
der einzelnen Mode über den Kernquerschnitt
kann durch eine Gaußfunktion (Glockenkurve)
angenähert werden. Für die Feldamplitude E in
Abhängigkeit vom Radius r gilt:
E (r ) E (r 0) e
r
w 2
(4)
w = Modenfeldradius
In Bild ➑ (rechts) wurde ein Stufenprofil dargestellt. Aber auch mit anderen Profilen lässt
sich eine Einmodigkeit erzielen. Die Breite der
gaußförmigen Verteilung wird durch den
Modenfelddurchmesser 2w charakterisiert.
Der Modenfelddurchmesser entspricht einem
Intensitätsabfall bezüglich des Maximalwertes auf 1/e2 ( 13,5 %).
Im Gegensatz zum Multimode-LWL wird der
Singlemode-LWL nicht mehr durch seinen
Kerndurchmesser definiert. In Datenblättern
findet man anstelle dessen eine Angabe zum
Modenfelddurchmesser, der im Allgemeinen
größer ist als der Kerndurchmesser. Dies wird
bereits aus Bild ➑ (links) ersichtlich.
Außerdem erkennt man, dass die sich durch
den Singlemode-LWL ausbreitende Welle in
den Mantel hineinragt. Das heißt ein Teil des
Lichtes wird durch den Mantel geführt. Somit
beeinflusst der Mantel das Ausbreitungsverhalten des Singlemode-LWL. Zu enge Krümmungsradien (< 30 mm) führen zu erhöhten
Dämpfungen.
Eine größere Übertragungswellenlänge bewirkt eine Verbreiterung des Modenfeldes. Es
wird weniger Licht im Kern geführt und das
Modenfeld ragt weiter in den Mantel hinein.
Das hat zur Folge, dass die Dämpfung durch
Krümmung mit höherer Wellenlänge wächst.
Obwohl sich nur eine einzige Mode im Singlemode-LWL ausbreitet, ist er nicht frei von Dispersion. Die wesentlichen Dispersionseffekte
sind die Materialdispersion und die Wellenleiterdispersion, die sich zur chromatischen Dispersion addieren. Chromatische Dispersion
bedeutet, dass die Impulsverbreiterung durch
die Wellenlängenabhängigkeit der Brechzahlen hervorgerufen wird. Das heißt, sie steht in
engem Zusammenhang mit den spektralen Eigenschaften des Senders.
Wesentlich kleiner und deshalb von untergeordneter Bedeutung ist die Polarisationsmodendispersion. Die Grundmode im Singlemode-LWL repräsentiert ein Modenpaar mit
zueinander orthogonalen (rechtwinkligen)
Polarisationen. (Insofern ist der SinglemodeLWL ein Zweimoden-LWL.) Die Polarisationsmodendispersion erlangt in hochbitratigen
Systemen (ab 10 Gbit/s) eine zunehmende
Bedeutung.
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Lichtwellenleiter und
deren Einsatzfelder
Wegen der besonderen Eigenschaften können
die verschiedenen Lichtwellenleiter vielseitig
eingesetzt werden.
Kunststoff-LWL. Zur Vermeidung von Störbeeinflussungen kommt der Kunststoff-LWL
(POF: Polymer Optical Fiber; typischer Kerndurchmesser 980 μm) zunehmend in PKW
zum Einsatz. Aber auch für die Kurzstreckenübertragung in der Wohnung (typisch bis
maximal 50 m) ist er geeignet. Die Dämpfung
dieses Lichtwellenleiters ist groß und die
Bandbreite gering.
PCF-LWL. Der so genannte PCF-LWL (PCF:
Polymer Cladded Fiber; typischer Kerndurchmesser 200 μm) hat eine deutlich geringere
Dämpfung und ermöglicht eine größere Bandbreite als der Kunststoff-LWL. Der PCF-LWL
kommt in rauen Umgebungen mit starken
elektromagnetischen Störungen zum Einsatz.
Gradienteprofil-LWL. Der Gradienteprofil-LWL
(Kerndurchmesser 50 μm oder 62,5 μm) ist
für die herkömmliche Inhouse-Verkabelung geeignet. Gradientenprofil-LWL mit optimiertem
Brechzahlprofil ermöglichen eine breitbandige
Übertragung (Gigabit-Ethernet, 10 Gbit-Ethernet) über mehrere hundert Meter.
Singlemode-LWL. Der Singlemode-LWL (Kerndurchmesser 8 μm) ist wegen seiner sehr
geringen Dämpfung und hohen Bandbreite
besonders für die Weitverkehrsübertragung
geeignet (WAN: Wide Area Network). Aber
auch in Stadtnetzen (MAN: Metropolitan Area
Network) und in lokalen Netzen (LAN: Local
Area Network) kommt er zum Einsatz.
Zunehmende Bedeutung erlangt der Singlemode-LWL in passiven optischen Netzen.
Durch „Fiber-to-the-Home" (FTTH) werden Privathaushalte mit Sprache, Daten und Video
versorgt (Triple Play). Typische Bandbreiten
liegen derzeit bei 50 bis 100 Mbit/s. Während
weltweit diese Technik millionenfach zum Einsatz kommt, sind die Aktivitäten in Deutschland noch auf wenige Stadtnetze beschränkt.
Die hohe Übertragungskapazität der Singlemode-LWL wird durch die gleichzeitige Übertragung von vielen Wellenlängen über einen
einzigen Lichtwellenleiter erschlossen [3].
So unterscheidet man zwischen: WDM (Wavelength Division Multiplex) – herkömmlichen
Wellenlängenmultiplex, CWDM (Coarse Wavelength Division Multiplex) – Groben Wellenlängenmultiplex (Coarse Wavelength Division Multiplex) und DWDM (Dense Wavelength Division
Multiplex) – Dichten Wellenlängenmultiplex.
Energietechnik
Kommunikationstechnik
für die Energieversorgung
W.-D. Sieberth, Berlin
Das 11. Kasseler Symposium Energie-Systemtechnik gab einen Überblick
über den Stand der Technik, neueste Technologien, neueste Trends und
praktische Erfahrungen aus dem Bereich Energie und Kommunikation.
Gleichzeitig bildete das Symposium die Abschlußveranstaltung eines vom
BMBF geförderten Netzwerkes. Die Bedeutung der Tagung wird durch die
Teinahme von 220 Fachleuten aus dem In- und Ausland unterstrichen.
1
Energiesystemtechnik
verändert sich
Mit der erwarteten Änderung der Energieerzeugungsarten und der damit drastisch veränderten Komplexität der Energieerzeugungsanlagen verändert sich ebenso die EnergieSystemtechnik [1][2]. Zur Einstellung auf die
veränderte Versorgungsstruktur wurde vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) ein umfangreiches Forschungsprogramm initiiert, dessen Abschlußdarstellung
Gegenstand des Symposiums war [3][4].
2
Thematisches Netzwerk
Das thematische Netzwerk „Energie und
Kommunikation“ (NEuK) verband die Forschung von Hochschuleinrichtungen, Wirtschaftsunternehmen und außeruniversitären
Forschungseinrichtung mit dem Ziel der „Optimierung des Einsatzes dezentraler Energieversorgungssysteme durch Einbindung moderner Kommunikationstechniken“. Hierzu
wurden Innerhalb von zwei Jahren in vier
thematischen Arbeitsgruppen (AG):
AG 1 Dezentrales Power Quality- und Netzmanagement,
Autor
Dipl.-Ing. Wulf-Dietrich Sieberth ist freier
Fachautor, Berlin.
AG 2 Kommunikationsstrukturen und techniken,
AG 3 Energiemanagement und Betriebsführungsstrategien sowie
AG 4 Informationsmanagement
Konzeptvorschläge entwickelt. Diese Vorschläge sollen nun im Rahmen von Projektideen und Anträgen für Forschungsvorhaben
realisiert werden. Ihre Basis sind Szenarien
für zukünftige dezentrale Energieversorgungsstrukturen mit hohem Anteil Erneuerbarer
Energien für eine optimale Einbindung mit Hilfe modernster Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT). Dabei standen die
technischen Gesichtspunkte im Vordergrund,
aber auch Kostenaspekte und markttechnische Fragen wurden betrachtet. Noch dieses
Jahr wird hieraus der BMBF-Programmschwerpunkt „Grundlagenforschung Energie“ mit
wesentlichen Teilen zu Energieeffizienz und
Erneuerbaren Energien (insbesondere PV, Biomasse und Bio-H2) resultieren [5].
3
Vorschläge zur Realisation
Für die Zukunft geht die AG 1 davon aus, dass
die dezentrale Einspeisung unter folgenden
Aspekten stärker geplant und koordiniert zur
Stromerzeugung eingesetzt wird:
• Geplante Erzeugung im Rahmen eines
Fahrplanes,
• Bereitstellung von Regelenergie,
• Ausgleichsenergielieferungen.
Literatur
[1] Eberlein, D.: Messtechnik Fiber Optic, Dr. M. Siebert GmbH, Berlin 2006, 1. Auflage.
[2] Eberlein, D.: LWL-Messtechnik, Elektropraktiker
Berlin, 60 (2006) 4, S. 302-305 und 60 (2006)
5, S. 392-395.
[3] Eberlein, D.: Dichtes Wellenlängenmultiplex, Dr.
M. Siebert GmbH, Berlin 2003, 1. Auflage.
[4] Eberlein, D., u.a.: Lichtwellenleiter-Technik, expert-verlag, Renningen 2007, 7. Auflage.
[5] Eberlein, D.: Leitfaden Fiber Optic, Dr. M. Siebert
GmbH, Berlin 2005, 1. Auflage.
■
326
➊ Zukünftige
Anforderungen
an die Dezentrale
Erzeugung
Quelle: Malcher/EUS u.a.
Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 4
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