Marc Füldner Modellierung und Herstellung kapazitiver Mikrofone in BiCMOS-Technologie Dissertation München, 2004 Modellierung und Herstellung kapazitiver Mikrofone in BiCMOS-Technologie Der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Grades DOKTOR-INGENIEUR vorgelegt von Marc Füldner München – 2004 Als Dissertation genehmigt von der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg Tag der Einreichung: 7.11.2003 Tag der Promotion: 11.2.2004 Dekan: Prof. Dr. rer. nat. Albrecht Winnacker Berichterstatter: Prof. Dr.-Ing. Reinhard Lerch Prof. Dr. rer. nat. Gerhard M. Sessler Kurzfassung In Produkten wie Mobiltelefonen, Hörgeräten, Camcordern oder PDA’s werden in großen Stückzahlen Elekret-Kondensatormikrofone eingesetzt. Diese verwenden überwiegend fluorierte Polymere als Material für die Elektretschicht. Aufgrund der eingeschränkten Temperaturstabilität der Elektretfolien werden Elektret-Mikrofone manuell gelötet. Demgegenüber erfüllen mikromechanische Silizium-Mikrofone in SMD (Surface Mounted Device)-Gehäusen die Temperaturanforderungen automatisierter Montagelinien und erlauben daher die kostengünstige Leiterplattenbestückung mit Reflow-Lötprozessen. Weitere Vorteile von Silizium-Mikrofonen liegen in einer geringen Baugröße, einer geringen Exemplarstreuung, einer niedrigen Körperschallempfindlichkeit, einer kostengünstigen Massenfertigung und der Möglichkeit zur Schaltungsintegration. Die vorliegende Arbeit stellt die Modellierung und Herstellung von kapazitiven SiliziumMikrofonen vor, die mit den Verfahren einer BiCMOS (Bipolar Complementary MetalOxide-Semiconductor)-Technologie prozessiert werden. Die Modellierung des Mikrofons ist für die Optimierung von Prozess und Design unerlässlich, da die Herstellung und Prüfung zeit- und kostenintensiv ist. Das entwickelte Systemmodell basiert auf einem elektrischen Ersatzschaltbild und beinhaltet erstmals die Nichtlinearität der Verformungsversteifung und die mechanische Nachgiebigkeit von Membranen mit Federstrukturen und Korrugationen, die mit der Methode der FinitenElemente untersucht werden. Die sehr gute Übereinstimmung zwischen experimentellen Ergebnissen und Simulationen zu den Membran-Nachgiebigkeiten, den Empfindlichkeiten, dem Rauschen, der Strömungsdämpfung und dem akustischen Kurzschluss demonstriert die Gültigkeit der aufgestellten Modelle. Damit steht der Entwicklung ein Simulationswerkzeug zur Verfügung, das eine Optimierung und produktspezifische Entwicklung der Mikrofone ermöglicht. Ein neu entwickelter Mikrofonprozess verwendet erstmals die monokristalline Siliziumschicht eines SOI (Silicon On Insulator)-Wafers als spannungsfreie Membran zusammen mit einer epitaktisch gewachsenen Silizium-Gegenelektrode. Beeinträchtigt durch thermische Spannungen in der Membranaufhängung erreichen die Mikrofone bei einer Vorspannung von 1 V und einer Membranfläche von 1 mm2 Empfindlichkeiten bis zu 2.4 mV/Pa und einen äquivalenten Rauschschallpegel von 40 dB(A). Weitere Silizium-Mikrofone verwenden eine abgeschiedene polykristalline Siliziumschicht als Membran. Zur Verbesserung der mechanischen Empfindlichkeit werden fortgeschrittene Membrandesigns mit Federstrukturen und Korrugationen eingesetzt. Darüber hinaus verringert eine neue Technologie zur Perforation der Gegenelektrode die akustische Dämpfung und erhöht die akustische Bandbreite der Mikrofone. Mit einer Vorspannung von 3 V werden Empfindlichkeiten deutlich über 10 mV/Pa bei einem Nutzband von 20 Hz – 10 kHz und ein äquivalenter Rauschschallpegel von 27 dB(A) erreicht. Bezüglich dieser elektroakustischen Eigenschaften eignen sich die Silizium-Mikrofone für Telekommunikationsanwendungen. Abstract In most microphone applications like mobile phones, hearing aids, camcorders or personal digital assistants electret condenser microphones (ECMs) are installed in high-volume. Recent ECMs use fluorinated polymers as material for the electret foil. Because of the limited temperature resistance of the electret foils, ECMs are soldered by hand. In contrast to standard ECMs, micromachined silicon microphones packaged as surface mounted devices fulfil the temperature requirements of automated assembly lines with reduced costs of placing on a printed circuit board. Further advantages of silicon microphones are small size, good reproducibility, low sensitivity to vibration, low-cost batch fabrication and the ability to integrate electronic circuits. This work presents modelling and fabrication of silicon condenser microphones in BiCMOS (Bipolar Complementary Metal-Oxide-Semiconductor) technology. Modelling of silicon microphones for process and design optimization is essential since fabrication and testing are time consuming and cost-intensive. The developed system model of microphones is based on an equivalent network diagram including the non-linear stressstiffening effect and the mechanical compliance of diaphragms with springs and corrugations analysed by finite element simulations. A very good agreement between experimental and simulation results of the membrane compliance, sensitivity, noise, acoustical damping and acoustical bypass demonstrates the validity of the model. Thus, the presented system model of silicon microphones can be used for optimization and design-to-product development. A new process for the fabrication of silicon microphones uses SOI (Silicon On Insulator) wafers to provide a monocrystalline silicon diaphragm with low stress and a silicon epitaxy to form the counter electrode. Suffering from thermal stress of the membrane support, a microphone sensitivity up to 2.4 mV/Pa and an equivalent noise level of 40 dB(A) is achieved with a 1 mm2 diaphragm and a bias voltage of 1 V. In an alternative fabrication approach, the diaphragm is made of deposited polysilicon. To improve the mechanical compliance, advanced membrane designs with spring and corrugation structures are implemented. Furthermore, acoustical damping and microphone bandwidth are improved by a new perforation technology of the back electrode. Sensitivities above 10 mV/Pa, a flat frequency response from 20 Hz to 10 kHz and an equivalent noise level of 27 dB(A) are achieved for bias voltages of 3 V. Regarding their electro-acoustical performance, the silicon microphones are applicable for telecommunication applications. Vorwort Herrn Prof. Dr.-Ing. Reinhard Lerch vom Lehrstuhl für Sensorik der Universität ErlangenNürnberg danke ich ganz herzlich für die fachliche Betreuung und die freundliche Unterstützung des Vorhabens, diese Promotion in Kooperation mit der Infineon Technologies AG in München durchzuführen. Herrn Prof. Dr. rer. nat. Gerhard M. Sessler danke ich für die Übernahme des Koreferats und dem dieser Arbeit entgegen gebrachtem Interesse. Herzlich bedanken möchte ich mich bei Herrn Dr. Robert Aigner für die großzügige Unterstützung der Arbeit bei Infineon Technologies, die fachlichen Anregungen und die Freiheit zum selbstständigen Arbeiten. Besonderen Dank gilt Herrn Dr. Alfons Dehé für die freundschaftliche Betreuung und den zahlreichen technischen Diskussionen, die wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Meinen Kollegen aus der Mikrosystemtechnik-Abteilung, insbesondere Herrn Stefan Barzen und Herrn Michael Brauer, möchte ich für die Zusammenarbeit und das angenehme Arbeitsklima danken. Meinen Doktorandenkameraden Herrn Torsten Reimann, Herrn Marc Strasser, Herrn Martin Handtmann, Herrn Gernot Fattinger und Herrn Dr. Florian Plötz ist es zu verdanken, dass mir die letzten Jahre auch außerhalb der Arbeitszeit viel Freude bereitet haben. Meinen Eltern, die mir mein Studium und damit diese Promotion ermöglichten, gilt mein ganz besonderer Dank. Die moralische Unterstützung meiner Frau Eva hat mich immer wieder motiviert und durch schwierige Phasen gebracht. München, im September 2003 Marc Füldner Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis SYMBOLVERZEICHNIS IV KAPITEL 1 1 EINLEITUNG 1 1.1 1 Motivation 1.2 Stand der Technik 1.2.1 Konventionelle Mikrofone 1.2.2 Silizium-Mikrofone 3 3 3 1.3 Ziele und Lösungsvorschläge der Arbeit 7 1.4 Inhalt und Aufbau der Arbeit 8 KAPITEL 2 9 HERSTELLUNG VON SILIZIUM-MIKROFONEN IN BICMOS-TECHNOLOGIE 9 2.1 Konzeption der Mikrofonherstellung 2.1.1 Mikrofonempfindlichkeit und Kollapsspannung 2.1.2 Mechanische Membrannachgiebigkeit 2.1.3 Mechanische Schichtspannung 9 9 11 12 2.2 Kapazitives Mikrofon mit SOI-Sensormembran und epitaktischer Silizum-Gegenelektrode 2.2.1 Mikrofonaufbau 2.2.2 Herstellungsprozess 15 15 16 2.3 Kapazitives Mikrofon mit polykristalliner Siliziummembran und epitaktischer SilizumGegenelektrode 21 2.4 Kapazitives Mikrofon mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode 2.4.1 Mikrofonaufbau 2.4.2 Integrierte Herstellung einer hochperforierten Gegenelektrode 2.4.3 Herstellung von Membranen mit hoher mechanischer Nachgiebigkeit 22 23 24 26 2.5 30 Zusammenfassung KAPITEL 3 31 NUMERISCHE SIMULATIONEN ZUM MECHANISCHEN VERHALTEN VON MIKROFONMEMBRANEN 31 3.1 Zielsetzung und Simulationsablauf 31 3.2 Quadratische und kreisförmige Membranen 3.2.1 Quadratische Membranen 3.2.2 Kreisförmige Membranen 3.2.3 Ableitung einer erweiterten Beziehung zur nichtlinearen Membran-Nachgiebigkeit 32 32 35 36 3.3 38 Feder-Membranen I Inhaltsverzeichnis 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 Spannungsfreie Feder-Membran Feder-Membran mit Schichtspannung Modellierung von Feder-Membranen Einfluss von Spannungsgradienten auf das mechanische Verhalten von Feder-Membranen Diskussion der Simulationsergebnisse 3.4 Korrugierte Membranen 3.4.1 Analytische Berechnung eines Korrugationsbalkens 3.4.2 Spannungszustand einer Korrugationsmembran 3.4.3 Durchbiegung bei Druckbelastung 3.4.4 Modellierung der Nachgiebigkeit von Korrugationsmembranen 3.4.5 Schwankung der Membrannachgiebigkeit bei Fertigungstoleranzen 3.4.6 Diskussion der Simulationsergebnisse 38 39 41 43 46 46 47 49 50 50 52 53 KAPITEL 4 54 MODELLIERUNG VON KAPAZITIVEN SILIZIUM-MIKROFONEN 54 4.1 Modellbildung 54 4.2 Konzentrierte Netzwerkelemente im kapazitiven Mikrofon 4.2.1 Akustische Federelemente 4.2.2 Akustische Widerstandselemente 4.2.3 Akustische Massenelemente 4.2.4 Mechanische Elemente 4.2.5 Strahlungsimpedanz 57 57 57 59 59 61 4.3 Netzwerkmodellierung und Simulation von Mikrofonen 4.3.1 Mechanisch-akustisches Netzwerkmodell 4.3.2 Analytische Berechnung der Mikrofon-Nachgiebigkeit 4.3.3 Simulationen zur Mikrofon-Nachgiebigkeit 4.3.4 Dynamische Bandbreite und Perforationsdesign 4.3.5 Analytische Berechnung des akustischen Eigenrauschens 4.3.6 Simulationen zum akustischen Eigenrauschen 61 62 63 64 66 70 72 4.4 Kapazitive Wandlung in einer Niederfrequenz-Schaltung 4.4.1 Ruhekapazität und Perforationsdesign 4.4.2 Elektrostatische Membrananziehung 4.4.3 Kapazitives Wandlerverhalten 74 75 77 78 4.5 Impedanzwandlerschaltung 4.5.1 Analytische Berechnung der Spannungsverstärkung und Ausgangsimpedanz 4.5.2 Simulationen zur Spannungsverstärkung und Ausgangsimpedanz 4.5.3 Analytische Berechnung der Rauschspannungsdichte 4.5.4 Simulationen zur Rauschspannungsdichte 79 80 80 81 85 4.6 Simulationen zum Gesamtsystem aus Mikrofon mit Beschaltung 4.6.1 Empfindlichkeit und Rauschen 4.6.2 Signal/Rauschabstand 87 88 89 4.7 93 Zusammenfassung KAPITEL 5 94 ANGEWANDTE EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGSMETHODEN 94 5.1 II Interferometrische Messung 94 Inhaltsverzeichnis 5.2 Eigenfrequenzanalyse 95 5.3 Kapazitätsmessung 96 5.4 Messung der Mikrofonempfindlichkeit und Rauschspannung 96 KAPITEL 6 98 MESSERGEBNISSE ZU MIKROFONEN MIT EPITAKTISCHER SILIZIUMGEGENELEKTRODE 98 6.1 Oberflächenanalyse von Membran und Gegenelektrode 99 6.2 Eigenfrequenz und mechanische Nachgiebigkeit von Membran und Rückseitenplatte 101 6.3 Mikrofon-Kapazität und Kollapsspannung 103 6.4 Impedanzwandlerschaltung und Messaufbau 103 6.5 Mikrofon-Empfindlichkeiten 105 6.6 Rauschen der Mikrofone 108 6.7 Zusammenfassung der Messergebnisse 109 KAPITEL 7 110 MESSERGEBNISSE ZU MIKROFONEN MIT POLYKRISTALLINER SILIZIUMMEMBRAN UND GEGENELEKTRODE 110 7.1 Eigenfrequenzanalyse zur Untersuchung der mechanischen Nachgiebigkeit 7.1.1 Eigenfrequenz und Nachgiebigkeit von Feder-Membranen 7.1.2 Eigenfrequenz und Nachgiebigkeit von Membranen mit Korrugationen 7.1.3 Dotierstoff-abhängige Schichtspannung von Membranen 111 111 112 114 7.2 115 Statische Randverbiegung bei Feder-Membranen aufgrund von Spannungsgradienten 7.3 Elektroakustische Empfindlichkeit von Silizium-Mikrofonen 7.3.1 Empfindlichkeit von Mikrofonen mit Kreis-, Netz- und Korrugationsmembran 7.3.2 Einfluss der Strömungsdämpfung auf das Tiefpass-Verhalten der Empfindlichkeit 7.3.3 Einfluss des Gehäusevolumens auf das Hochpass-Verhalten der Empfindlichkeit 116 116 117 118 7.4 Elektrisches und akustisches Rauschen 119 7.5 Zusammenfassung der Messergebnisse 120 KAPITEL 8 121 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 121 LITERATURVERZEICHNIS 125 III Symbolverzeichnis Symbolverzeichnis Lateinische Buchstaben a ah A ADC Ajfet b bc c C C0 Ca Cbp Cgs Cgd Ch Cin Cgap Cp Cm Cm,Feder Cm,c Cm,q Cm,k CMembran CMikrofon CPlatte Csolid CV dh D dh e E f fFeder fo fu gm hc F Fe Fm gm I IV Kantenlänge Kantenlänge Perforationsloch Fläche Transformationsfunktion Gleichspannungsschaltung Spannungsverstärkung Impedanzwandlerschaltung Breite Breite einer Korrugation Schallgeschwindigkeit Kapazität aktive Mikrofon-Kapazität akustische Nachgiebigkeit der Membran akustische Nachgiebigkeit der Rückseitenplatte Sperrschichtkapazität Gate-Source Sperrschichtkapazität Gate-Drain Kapazität eines Kondensatorsegments mit Perforationsloch Volumennachgiebigkeit Chipvolumen akustische Nachgiebigkeit des Kondensatorspaltes parasitäre Kapazität mechanische Membran-Nachgiebigkeit Nachgiebigkeit Feder-Membran Nachgiebigkeit Korrugationsmembran Nachgiebigkeit quadratische Membran Nachgiebigkeit Kreismembran Nachgiebigkeit einer zugbelasteten Membran ohne Biegesteifigkeit mechanische Mikrofon-Nachgiebigkeit Nachgiebigkeit einer rein biegesteifen Platte Kapazität eines unperforierten Plattenkondensators Hohlraumnachgiebigkeit Gehäuse Abstand zwischen Perforationslöchern Plattensteifigkeit Abstand zwischen Perforationsöffnungen Elementarladung Elastizitätsmodul Frequenz Federmembran-Faktor, Erhöhung der Nachgiebigkeit obere Grenzfrequenz untere Grenzfrequenz Transistorsteilheit Korrugationshöhe Kraft elektro statische Kraft an der Membran mechanische Rückstellkraft der Membran Transistorsteilheit Strom Symbolverzeichnis Ids Ig k keff Kf Km LE LSystem m Mbp Min Mm Mp Mrad Mvent N Nc Np Nu p Q q R Rs Rg r rh rmono rpoly R R0 Rg Rgap Rin Rp Rrad Rs Rvent S SSystem t tbp tdia T u v U U0 Ubat Up V Kanalstrom Gatestrom Federkonstante, Boltzmann-Konstante effektive Federkonstante einer Membran Funkelrauschfaktor Korrekturterm zur Berücksichtigung der Spannungsversteifung Eigengeräuschpegel äquivalenter Rauschschallpegel von Mikrofon und Schaltung Masse dynamische Masse der Rückseitenplatte akustische Masse der Gehäuseöffnung dynamische Masse der Membran akustische Masse der Perforationslöcher Massenbelastung der Strahlungsimpedanz akustische Masse im Ventilationspfad Dichte des Mikrofonrauschens, auch: Anzahl Federstrukturen Korrugationsanzahl Rauschdruckdichte an der Membran Rauschspannungsdichte am Lastwiderstand Schalldruck Ladung Volumenstrom, Fluss Widerstand Lastwiderstand Ladewiderstand Entfernung von der Membranmitte Radius Perforationsloch Wachstumsrate von monokristallinem Silizium Wachstumsrate von Polysilizium Membranradius innerer Membranradius Ladewiderstand akustischer Widerstand der Querströmung im Kondensatorspalt Strömungswiderstand durch Gehäusewand Strömungswiderstand durch Perforationslöcher Strahlungswiderstand Lastwiderstand Strömungswiderstand im Ventilationspfad elektroakustische Mikrofon-Empfindlichkeit elektroakustische Empfindlichkeit von Mikrofon und Schaltung Dicke Dicke Rückseitenplatte Dicke Membran Temperatur Signalspannung Schnelle, Geschwindigkeit Spannung Vorspannung an der Mikrofonkapazität Batterie- bzw. Betriebsspannung Kollapsspannung Volumen V Symbolverzeichnis Vds Vgs Vt VMikrofon w wc W WI Wp Wq xeff x0 x0‘ Drain-Source Spannung Gate-Source Spannung Pinch-off Spannung Übertragungsfunktion vom Eingangsdruck auf den Druck an der Membran Membranauslenkung Weite einer Korrugation Rauschdichte einer Rauschquelle Rauschstromdichte einer Rauschquelle Rauschdruckdichte der Rauschquelle Rauschflussdichte der Rauschquelle mittlere Auslenkung der Membran Kondensatorspalthöhe in Ruhelage elektrostatische Membranauslenkung Griechische Buchstaben ε0 εx, εy, εz η ν ρ ρh σ σcorr σ0 Σ VI Dielektrizitätskonstante von Luft Dehnungen Viskosität Querkontraktionszahl Dichte Perforationsflächendichte mechanische Membranspannung Membranspannung einer Korrugationsmembran intrinsische Schichtspannung Spannungsgradient Einleitung Kapitel 1 Einleitung 1.1 Motivation Mikrofone werden in großen Stückzahlen in verschiedenen Produkten eingesetzt. Umsatzstärkster Anwendungsbereich ist die Telekommunikation mit Mobiltelefonen, Telefonanlagen, Freisprecheinrichtungen und Anrufbeantwortern. Daneben kommen Mikrofone im Multimediabereich (PCs, Camcorder, Diktiergeräte, Handhelds) und in der Consumerelektronik zum Einsatz. In dem überwiegenden Teil der heutigen Produkte werden Elektret-Mikrofone verwendet. Diese arbeiten nach dem kapazitiven Wandlerprinzip, bei dem eine schwingungsfähige Membran und eine starre Elektrode einen Kondensator bilden. Die vom Schalldruck ausgelenkte Membran führt zu einer Kapazitätsänderung und erzeugt bei konstanter Kondensatorladung eine Wechselspannung. Die Verwendung einer permanent polarisierten Elektretschicht zur Speicherung der Kondensatorladung macht prinzipiell keine externe Speisespannung notwendig. Da häufig in die Mikrofonkapsel ein Vorverstärker hybrid eingebaut wird, der die hohe Quellimpedanz des Mikrofons in eine für die weitere Signalverarbeitung günstige Ausgangsimpedanz transformiert, muss zu dessen Betrieb eine Gleichspannung zur Verfügung gestellt werden. Die Elektret-Mikrofone aus den genannten Produktbereichen besitzen eine gute Aufnahmequalität bei niedrigen Herstellungskosten. Nachteilig ist der irreversible Verlust von Elektretladung bei rauen Umgebungseinflüssen wie hoher Temperatur und Luftfeuchtigkeit und die damit verbundene unvorhersehbare Drift in der Mikrofonempfindlichkeit. Im Zusammenhang mit der eingeschränkten Temperaturstabilität (<80° C) sind die relativ hohen Bestückungskosten von ElektretMikrofonen zu nennen, die manuell gelötet oder über aufwändige Federkonstruktionen kontaktiert werden müssen. Auch in Hörgeräten der Medizintechnik werden Elektret-Mikrofone verwendet. Sie stellen die höchsten Ansprüche an den Signal-Rauschabstand, die Miniaturisierung und die Langzeitstabilität. Insbesondere bei Array-Anwendungen zur Erzielung einer Richtwirkung ist eine geringe Exemplarstreuung und eine zeitlich konstante Mikrofonempfindlichkeit notwendig. Diese Anforderungen führen zu erhöhten Herstellungs- und Gehäusekosten von Elektret-Mikrofonen für Hörgeräteanwendungen. Die Kondensatormikrofone der Studio- und Messtechnik bestehen aus einer schwingungsfähigen Elektrode aus hochwertigem Metall, z.B. einer Stahl-Nickel-Legierung, und einer zweiten Metallplatte, die die Gegenelektrode bildet. Kondensatormikrofone besitzen die höchste Aufnahmequalität, sind allerdings aufgrund der aufwändigen Montage kostenintensiv und benötigen eine hohe Speisespannung (~50-200 V). Die Anforderungen an eine neue Generation von Mikrofonen sind nach diesen Betrachtungen sehr hoch. Sie sollten bei einer hohen Aufnahmequalität mit einer geringen Versorgungsspannung auskommen und preiswert in der Herstellung und beim Einbau in das Produkt sein. Weitere wichtige Merkmale sind geringe Exemplarstreuungen, ein hoher Grad an Miniaturisierung und die Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Einflüssen wie Hitze, 1 Einleitung Feuchtigkeit oder Erschütterung. Die Methoden der Mikromechanik erscheinen aussichtsreich diese Anforderungen zu erfüllen und darüber hinaus zusätzliche Vorteile zu generieren. In der Mikromechanik wird die hoch entwickelte Silizium-Planartechnologie der Mikroelektronik zusammen mit speziellen Fertigungsverfahren der Volumen- und Oberflächenmikromechanik zur Erzeugung mikromechanischer Strukturen verwendet. Am deutlichsten zeigen sich die Möglichkeiten der Mikromechanik in der Miniaturisierung solcher Silizium-Mikrofone. Ein miniaturisiertes Mikrofon mit integriertem Impedanzwandler und einem Gehäuse von der Größe des Siliziumchips ermöglicht die störungsfreie Aufnahme des Schallfeldes bis in den oberen Audio-Frequenzbereich. Aus kommerzieller Sicht führt die Miniaturisierung zu großen Stückzahlen pro Wafer und damit zu niedrigen Stückkosten. Mit Silizium-Mikrofonen ist man außerdem in der Lage, Gehäusetechnologien und Aufbautechniken der Mikroelektronik zu verwenden, so dass beispielsweise kompakte SMD (surface mount devices)- Bauteile realisiert werden können [Bev99]. Solche SMD-Mikrofone ermöglichen, auch wegen ihrer hohen Temperaturstabilität, eine automatisierte Leiterplattenbestückung mit Standard-Equipment bei niedrigen Kosten. Neben den kommerziellen Vorteilen weisen miniaturisierte Silizium-Mikrofone verbesserte Eigenschaften auf. Durch die Miniaturisierung und die Verwendung dünner Schichten besitzt die Mikrofon-Membran eine sehr geringe Masse und ist daher unempfindlich gegenüber Erschütterungen. Diese geringe Körperschallempfindlichkeit ist bei Kfz-Anwendungen, bei Hörgeräten oder im Umfeld von vibrierenden Maschinen von Interesse. Hinsichtlich der mechanischen Empfindlichkeit der Membran ist eine Verkleinerung der Membranfläche ungünstig. Dennoch können hohe mechanische Empfindlichkeiten durch die gleichzeitige Anwendung von mikromechanischen Schichten zur Realisierung extrem dünner Membranen erzielt werden. Da die Spalthöhe bei kapazitiven Silizium-Mikrofonen ebenfalls durch eine dünne Schicht erzeugt wird, kommt das Mikrofon mit einer niedrigen Versorgungsspannung aus. Die dünnen Schichten und ihre lateralen Dimensionen im Mikrofon werden durch die bekannten Prozesse der Schichttechnik, Lithographie und Ätztechnik sehr genau und reproduzierbar gefertigt. Die damit verbundene niedrige Exemplarstreuung der SiliziumMikrofone ist speziell für eine optimale Richtwirkung von Mikrofon-Arrays bedeutend. Anwendungsbeispiele sind Freisprechanlagen im Automobil oder Hörgeräte. Neben den genannten Vorteilen gegenüber konventionellen Mikrofonen eröffnen sich für Silizium-Mikrofone neue Anwendungsbereiche. Die hohe Temperaturstabilität des Mikrofons erlaubt einen Einbau in temperaturkritische Bereiche, wie der Konsole im Automobil. Großes Potenzial liegt in einer Integration der Signalverarbeitung auf dem Mikrofonchip. Eine monolithische Integration führt zu einer weiteren Miniaturisierung und Kostenreduktion, da die hybride Montage der elektronischen Bauteile entfällt. Aufgrund der kurzen Signalwege besitzt ein integriertes Mikrofon eine verbesserte elektromagnetische Verträglichkeit. Auch die Entwicklung von intelligenten Mikrofonen ist denkbar. Diese „smarten“ Mikrofone könnten beispielsweise eine Selbstkalibrierung durchführen und Störgeräusche wie Echo oder Husten „on-chip“ filtern. Mikromechanisch gefertigte Silizium-Mikrofone besitzen also die Leistungsfähigkeit, konventionelle Mikrofone in vielen Anwendungsbereichen zu ersetzen und neue Produkte zu ermöglichen. Trotz intensiver Entwicklungsarbeiten und einer Vielzahl von verschiedenen Mikrofonbauformen ist eine kommerziell nutzbare Massenfertigung von empfindlichen Silizium-Mikrofonen bis heute nicht gelungen. 2 Einleitung 1.2 Stand der Technik 1.2.1 Konventionelle Mikrofone Konventionelle Mikrofone nutzen unterschiedliche physikalische Effekte zur Wandlung des Schalldruckes in ein elektrisches Signal. Tabelle 1.1 zeigt die relative Häufigkeit eines Wandlerprinzips für verschiedene Anwendungsbereiche. Aufbau und Funktionsweise solcher Mikrofone werden in [Ler93] und [Ros88] behandelt. Anwendungsbereich Wandlerprinzip Multimedia und Consumerelektronik Telekommunikation Hörgeräte Messtechnik Studiotechnik Elektret ++ + ++ + + ++ + Ο + Kondensator elektrodynamisch Ο + piezoelektrisch Ο + Ο Ο Tabelle 1.1: Konventionelle Mikrofone und deren Anwendungsbereiche (++ =häufige Verwendung, Ο =seltene Verwendung) [Ler93]. Der Vergleich der konventionellen Mikrofone verdeutlicht die Dominanz von ElektretMikrofonen, die in praktisch allen Produkten eingesetzt werden. Diese Bedeutung verdanken sie ihrer hohen Aufnahmequalität und den gut entwickelten Verfahren zu ihrer Herstellung [Yas94]. In modernen Elektret-Mikrofonen besteht die schallempfindliche Membran aus einer dünnen Metallplatte oder einer metallisierten Kunststofffolie. Um nicht die mechanischen Eigenschaften der Membran zu beinträchtigen, wird die durch ein Koronaverfahren permanent polarisierte Elektretschicht auf die metallische Gegenelektrode aufgeklebt. Als Elektretmaterial haben sich fluorierte Polymere wie TeflonTM bewährt, die eine relativ gute Ladungsspeicherung aufweisen [Ses87]. 1.2.2 Silizium-Mikrofone Mikromechanische Silizium-Mikrofone werden seit vielen Jahren in unterschiedlichen Bauformen untersucht. Einen sehr guten Überblick über Silizium-Mikrofone bis 1996 geben die Veröffentlichungen von Scheeper et al. [Schee94] und Sessler [Ses91, Ses96]. Im Folgenden werden in kurzer Form die Entwicklungen auf dem Gebiet der Silizium-Mikrofone anhand wichtiger Kenngrößen diskutiert. Dabei bezieht sich die elektroakustische Empfindlichkeit auf eine Frequenz von 1 kHz. Der äquivalente Rauschschallpegel gibt, bezogen auf die Hörschelle des menschlichen Ohres von 2⋅10-5 Pa, das Verhältnis der Rauschspannung im Nutzband zur Empfindlichkeit in Dezibel an. Er entspricht dem Schallpegel, der nötig wäre, ein dem Rauschen von Mikrofon und Verstärker entsprechendes Signal zu erzeugen. Der äquivalente Rauschschallpegel wird häufig in dB(A) angegeben. Die A-Bewertung ist eine Filterfunktion, die das menschliche Hörempfinden nachbildet (DIN45633). Die obere Grenzfrequenz soll die Frequenz bezeichnen, bei der die Empfindlichkeit um 3 dB von der Empfindlichkeit bei 1 kHz abweicht. 3 Einleitung Elektret-Mikrofone Die Detektion der Schallwelle über eine Kapazitätsänderung ist das am häufigsten angewandte Wandlerprinzip bei Silizium-Mikrofonen. Die Vorteile der kapazitiven Wandler liegen bei einer hohen Empfindlichkeit mit niedrigem Eigenrauschen, einem geringen Leistungsverbrauch und einer geringen Temperaturempfindlichkeit. Das bereits bei den konventionellen Mikrofonen sehr erfolgreiche Konzept der Elektret-Mikrofone, die Kondensatorladung permanent in einem Dielektrikum zu speichern, wird auch bei SiliziumMikrofonen verfolgt (Tabelle 1.2). Anstelle von TeflonTM bei konventionellen Mikrofonen wird bei Silizium-Mikrofonen häufig Siliziumdioxid (Si02) als Elektret-Material verwendet. Gründe für den Ersatz des Polymeres sind die schlechte Schichthaftung und die Schwierigkeit, Teflon mit Standardprozessen zu strukturieren. Eine hohe Temperaturstabilität bei gleichzeitig guter Empfindlichkeit zeigen spannungskompensierte Schichtsysteme aus Siliziumnitrid (Si3N4) und Siliziumdioxid [Thie99]. Sehr gute Empfindlichkeiten werden mit MylarTM als Membranmaterial erreicht [Spre89, Mur89]. Die Kunststofffolie eignet sich allerdings nicht für die Integration in eine mikromechanische Fertigung, da der Kunststoff nicht mit den hohen Prozesstemperaturen der Abscheideverfahren kompatibel ist Autor Empfindlichkeit Rauschschallpegel obere Grenzfrequenz Jahr Elektret/MembranMaterial [mV/Pa] [dB(A)] [kHz] [Hsi99] Teflon/Si3N4 45 <30 3 [Thie99] Si02/Si3N4 5.3 32 15 [Mur89] Si02/Mylar 8 30 > 15 [Spre89] Si02/Mylar 25 > 15 Tabelle 1.2: Mikromechanische Elektret-Mikrofone. Kondensator-Mikrofone Verzichtet man auf die permanente Polarisation der Elektretschicht, ist man nicht auf spezielle Materialen zur Ladungsspeicherung und dem Prozess der Aufladung angewiesen und erreicht einen höheren Integrationsgrad mit bestehenden Fertigungstechnologien der Mikroelektronik. Ein wesentlicher Nachteil ist, dass der Mikrofonkondensator durch eine externe Spannungsquelle aufgeladen werden muss. Darüber hinaus wird man das hohe elektrische Feld im Elektret-Mikrofon selbst durch eine hohe Spannung oder einen dünnen Kondensatorspalt nicht erreichen, so dass für eine vergleichbare Empfindlichkeit wesentlich empfindlichere Membranen benötigt werden. Auf dem Gebiet der kapazitiven Mikrofone mit externer Spannungsversorgung, die im Folgenden Kondensator-Mikrofone genannt werden, wurden die zahlreichsten Anstrengungen zur Entwicklung empfindlicher Silizium-Mikrofone unternommen. Bereits in älteren Veröffentlichungen findet man Mikrofone mit guten Empfindlichkeiten bis zu 3 mV/Pa, doch benötigten diese noch hohe Versorgungsspannungen über 16 V [Hoh83, Hoh89, Kueh92, Bour92, Schee92, Berg94]. Abbildung 1.1 gibt einen Überblick der jüngsten Arbeiten auf dem Gebiet der mikromechanischen KondensatorMikrofone. Da das Rauschen und daher der äquivalente Rauschschallpegel stark von der Qualität der elektrischen Verstärkerschaltung abhängt und Angaben zum Eigenrauschen der Mikrofone selten sind, werden die Mikrofone anhand ihrer Empfindlichkeit und der dazu benötigten Betriebsspannung charakterisiert. 4 Einleitung 22 Hörgeräte Empfindlichkeit [mV/Pa] 20 18 16 [Berg94] 14 [Romb00] [Bern96] [Schaf98] 12 Telekom. [Kab99] 10 [Ning95] 8 [Zou97] [Hsu98] [Scheep94] 6 4 2 [Muel00] [Tor99] [Kron01] 0 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Betriebsspannung [V] Abbildung 1.1: Mikromechanische Kondensator-Mikrofone. Die umrandeten Gebiete geben die typischen Einsatzbereiche von heutigen ElektretMikrofonen in Hörgeraten (---) und in der Telekommunikation (___) wider. Keines der mikromechanisch gefertigten Silizium-Mikrofone erfüllt die Anforderungen der Hörgeräteindustrie mit Empfindlichkeiten von 20-25 mV/Pa bei 1.3 V und einem maximalen Rauschpegel von 25 dB(A) [SAT01, Know01]. Hervorzuheben sind die Arbeiten von Knowles Electronics IC Group [Schaf98] und Microtronic A/S [Rom00], mit einem bereits 1997 von J. Bay beschrieben Mikrofon [Bay97]. Die vorgestellten Mikrofone sind bezüglich Empfindlichkeit, Rauschschallpegel und Versorgungsspannung mit konventionellen ElektretMikrofonen in Telekommunikationsanwendungen vergleichbar (ca. 10 mV/Pa, 30 dB(A), Versorgungsspannung 1-3 V [Prim02]). Das Mikrofon von [Schaf98] benötigt dazu einen Ring-Oszillator, der die Versorgungsspannung auf 12 V hochtransformiert. In Hinblick auf einen geringen Leistungsverbrauch für mobile Anwendungen ist dieser Ansatz ungünstig. Piezoresistive Mikrofone Ein piezoresistives Mikrofon besteht aus einer dünnen Membran, die bei Schalldruck eine mechanische Biegespannung aufbaut. Die mechanische Spannung wird anhand einer elektrischen Widerstandsänderung einer auf der Membran liegenden Struktur aus piezoresistivem Material gemessen. Die Piezowiderstände werden vorteilhaft in einer Wheatstoneschen Brückenkonfiguration auf der Membran platziert [Schel98]. Aufgrund des einfachen Aufbaus können piezoresistive Mikrofone problemlos monolithisch integriert werden. Piezoresistive Mikrofone erreichen trotz hoher Betriebsspannungen nur geringe Empfindlichkeiten, und die Möglichkeit zur Steigerung der Empfindlichkeit beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Vergrößerung der Membran [Schee94]. Die besten von R. Schellin [Schel98] veröffentlichten piezoresistiven Mikrofone besitzen geringe Empfindlichkeiten bis zu 0.45 mV/Pa, wobei eine Brückenspannung von 12 V benötigt wird. Piezoelektrische Mikrofone Piezoelektrische Mikrofone haben den Vorteil, keine äußere Spannungsversorgung zu benötigen. Die mechanische Spannung einer ausgelenkten Membran bei Schallanregung erzeugt an einer Sandwichstruktur aus zwei Elektroden und einer piezoelektrischen Schicht eine elektrische Spannung. Bei vergleichbarer Bandbreite sind die erreichten 5 Einleitung Empfindlichkeiten deutlich niedriger als die von kapazitiven Mikrofonen [Niu01, Schel98, Rie93]. Die hohe Empfindlichkeit von Lee et al. [Lee98] wird auf Kosten einer mechanischen Resonanzfrequenz der Membran im zu übertragenden Frequenzbereich erzielt. „Feld-Effekt-Transistor“ Mikrofone Einen sehr innovativen Ansatz beschreibt W. Kühnel [Kueh91, Kueh92]. Das Mikrofon besteht wie ein kapazitives Mikrofon aus einer beweglichen Membran und einer starren Gegenelektrode. In die Membran ist das Gate eines Feld-Effekt-Transistors integriert. Getrennt durch den Spaltabstand befindet sich der Transistorkanal mit Source und Drain in der Gegenelektrode. Ändert sich die Höhe des Kondensatorspaltes durch eine Membranschwingung, dann moduliert das elektrische Feld zwischen Gate und Source den Drain-Strom. Die Ausgangsimpedanz dieser FET-Mikrofone ist konzeptbedingt niedrig, da der Impedanzwandler in Form des Feld-Effekt Transistors bereits integriert ist. Der äquivalente Rauschschallpegel ist aufgrund des für Feld-Effekt Transistoren typischen KanalSchrotrauschens vergleichsweise hoch. Optische Mikrofone Bei optischen Mikrofonen wird die Phasen- oder Intensitätsänderung einer durch die Mikrofonanordnung laufenden Lichtwelle detektiert. Die Notwendigkeit, eine Lichtquelle und ein Interferometer zur Messung der Phasenverschiebung bzw. ein Detektor zur Intensitätsmessung bereitzustellen, verhindert eine breite Anwendung von optischen Mikrofonen. Dennoch könnten sie aufgrund ihres guten Signal-Rausch-Verhältnisses und ihrer elektromagnetischen Verträglichkeit in speziellen Anwendungen eingesetzt werden. Auch für zukünftige optische Systeme, bei der eine Transformation in elektrische Signale nicht notwendig ist, bieten sich optische Mikrofone an. Tabelle 1.3 gibt einen Überblick über die Ergebnisse von nicht-kapazitiven SiliziumMikrofonen. Empfindlichkeit [mV/Pa] / Vorspannung [V] Rauschschallpegel [dB(A)] Grenzfrequenz [kHz] 43 15 Wandlerprinzip Autor Jahr piezoresistiv [Schel98] 0.45 / 12 piezoresistiv [Shep99] 0.02 / 10 piezoelektrisch [Lee98] 30 / * piezoelektrisch [Niu01]] 0.52 / * piezoelektrisch [Schel98] 0.21 / * 55 ≈ 15 piezoelektrisch [Rie93] 0.92 / * 57 18 Feld-Effekt [Kueh92] 5 / 30 58 17 Feld-Effekt [Graf93] 6 / 15 62 7 optisch [Schn94] [Schel98] (59 mrad/Pa) 46 5 optisch [Plis94] (100 mrad/Pa) optisch [Hall01] 1.8 4 7 23 >> 20 Tabelle 1.3: Nicht-kapazitive Silizium-Mikrofone (*=keine Vorspannung notwendig). 6 Einleitung 1.3 Ziele und Lösungsvorschläge der Arbeit Ziele In den vorhergehenden Abschnitten wurden die Vorteile und Möglichkeiten von mikromechanischen Silizium-Mikrofonen gegenüber den etablierten Mikrofonen in konventioneller Fertigung dargelegt. Unter den Silizium-Mikrofonen herrschen die kapazitiven Wandler aufgrund ihrer guten Eigenschaften vor. Um die Vorteile der Siliziumtechnologie wie Massenfertigung, Miniaturisierung, Kostenreduktion, Integration von Sensorelement und Schaltung, Reproduzierbarkeit und Qualitätskontrolle konsequent zu nutzen, wird eine monolithische Ein-Chip Lösung angestrebt. Diese stellt gleichzeitig die höchsten Anforderungen an die Prozess- und Designentwicklung. So war zu Beginn der Arbeit trotz intensiver Forschungsarbeiten nur ein mikromechanisches Mikrofon bekannt, das die Grundvoraussetzungen für eine Anwendung im Telekommunikationsbereich erreicht. Eine kommerzielle Umsetzung von Silizium-Mikrofonen ist bis heute nicht gelungen. Im Rahmen dieser Arbeit sollte daher ein kapazitives Silizium-Mikrofon entwickelt werden, das bei einer geringen Versorgungsspannung eine hohe Empfindlichkeit mit niedrigem Eigenrauschen aufweist. Die Prozessierung sollte innerhalb der Fertigungsumgebung des Halbleiterunternehmens Infineon Technologies AG mit den zur Verfügung stehenden Verfahren einer Standard BiCMOS (Bipolar Complementary Metal-Oxide-Semiconductor)Technologie gelingen. Die Modellierung des Mikrofons ist für die Optimierung und Abstimmung von Prozess und Design unerlässlich, da die Herstellung und Prüfung zeit- und kostenintensiv ist. Die aus der Literatur bekannten Modelle sind zum Teil unvollständig oder können auf die entwickelten Mikrofone nicht angewendet werden. Aus diesem Grund bestand ein weiteres Ziel dieser Arbeit darin, ein kompaktes Modell der neuartigen Silizium-Mikrofone aufzustellen. Eine große Bedeutung kommt der Verifizierung der Simulationsergebnisse zu. Erst durch die experimentelle Überprüfung der aufgestellten Modelle sind verlässliche Vorhersagen zur Entwurfsverbesserung möglich. In der Literatur werden überwiegend entweder Simulationen oder Messungen vorgestellt. Ein wesentliches Ziel bestand daher in der experimentellen Untersuchung der Mikrofone und dem Vergleich mit den Simulationsergebnissen der in dieser Arbeit aufgestellten Modelle. Lösungsvorschläge In dieser Arbeit werden verschiedene Konzepte zur Realisierung empfindlicher Mikrofone verfolgt. In einem neu entwickelten Ein-Chip Mikrofonprozess wird erstmals die SiliziumGegenelektrode durch eine kombinierte Gasphasenabscheidung und Epitaxie gebildet. Dadurch erzielt man eine planare Waferoberfläche mit monokristallinen Siliziumbereichen, die sich für eine anschließende Schaltungsintegration eignen. Ein neuartiger Aspekt ist die Verwendung von SOI (silicon on insulator)-Wafern als Ausgangsmaterial. Die monokristalline Siliziumschicht wird als stressfreie Platte mit hoher mechanischer Empfindlichkeit verwendet, und die Siliziumdioxidschicht dient als zuverlässiger Stopp der Ätzung der Waferrückseite. Auf der Basis dieses neuen Mikrofonprozesses werden alternativ Mikrofone auf einem Standard-Siliziumwafer mit abgeschiedener Siliziumdioxid- und Polysiliziumschicht prozessiert. Zur Verbesserung der Empfindlichkeit wurden Mikrofone mit Membranen entworfen, die an Balkenstrukturen befestigt werden. Weitere Arbeiten zur Entwicklung von empfindlichen Silizium-Mikrofonen wurden an einem zu Beginn der Arbeit zur Verfügung stehenden Mikrofonprozess durchgeführt. Dieses Mikrofon verwendet eine abgeschiedene polykristalline Siliziumschicht als Membran. Die Arbeiten konzentrierten sich 7 Einleitung auf die Verbesserung der mechanischen Empfindlichkeit der Membran durch fortgeschrittene Membrandesigns und einer Verringerung der akustischen Dämpfung durch eine neue Technologie zur Perforation der Gegenelektrode. Die Modellierung der Mikrofone basiert auf einem elektrischen Ersatzschaltbild mit mechanischen und akustischen Elementen. Es nutzt die formalen Entsprechungen zwischen den mechanisch-akustischen Gleichungssystemen und dem elektrischen Gleichungssystem. Fragestellungen, die nicht analytisch behandelt werden können, werden mit der Methode der Finiten-Elemente numerisch simuliert. Aus den Simulationsergebnissen werden Beziehungen abgeleitet, die in das Netzwerkmodell integriert werden. Das mechanisch-akustische Mikrofonmodell wird schließlich in einem Schaltungssimulator umgesetzt und mit der Simulation der elektrischen Beschaltung ergänzt. Dieses Gesamtmodell ermöglicht eine effiziente Simulation des kompletten Signalweges ausgehend von der Schallquelle bis zum elektrischen Ausgangssignal. Dasselbe Modell liefert das akustische Eigenrauschen des Mikrofons und das elektrische Rauschen der Beschaltung. Die hergestellten SiliziumMikrofone mit zahlreichen Prozessparameter- und Designvariationen ermöglichen eine mit dieser Vielfalt noch nicht durchgeführte experimentelle Überprüfung der aufgestellten Modelle. 1.4 Inhalt und Aufbau der Arbeit Kapitel 2 behandelt die Herstellung der mikromechanischen Silizium-Mikrofone. Einleitend werden die für das Mikrofonverhalten relevanten Prozess- und Designparameter und die technologisch bedingten Möglichkeiten und Einschränkungen diskutiert. Neben der Beschreibung der entwickelten Mikrofonherstellungsprozesse wird auf spezielle Designvariationen eingegangen. Das dritte Kapitel widmet sich der numerischen Simulation. Mit Hilfe der Methode der finiten Elemente wird das mechanische Verhalten verschiedener Mikrofonmembranen untersucht. Ziel der Simulationen ist die Ableitung einfacher algebraischer Ausdrücke zur Integration in ein Netzwerkmodell des Mikrofons. In Kapitel 4 wird das Netzwerkmodell des Systems, bestehend aus Mikrofon, umgebender Luft und elektrischer Beschaltung, mit mechanischen, akustischen und elektrischen Elementen und deren Verknüpfung dargestellt. Auf Basis dieses Systemmodells werden Simulationen zur frequenzabhängigen Mikrofonempfindlichkeit, dem Übertragungsverhalten der Schaltung und dem akustischen und elektrischen Rauschen durchgeführt. Die zur Charakterisierung der entwickelten Mikrofone angewandten Messaufbauten werden in Kapitel 5 beschrieben. In Kapitel 6 und Kapitel 7 werden jeweils die gewonnenen Messergebnisse zu den zwei Mikrofon-Technologien vorgestellt. Anhand der Messergebnisse wird das in Kapitel 4 aufgestellte Mikrofon-Gesamtmodell experimentell überprüft. Das achte Kapitel fasst die wichtigsten Resultate dieser Arbeit zusammen. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick auf noch ausstehende Arbeiten zur Weiterentwicklung der kapazitiven Silizium-Mikrofone. 8 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Kapitel 2 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOSTechnologie Die in dieser Arbeit entwickelten Silizium-Mikrofone wurden mit Ausnahme weniger mikromechanischer Prozesse in der 6“ (150 mm)-Fertigungsumgebung der Infineon Technologies AG am Standort München-Perlach hergestellt. Eine Randbedingung bei der Prozessentwicklung war daher die Verwendung von Materialen und Verfahren einer Standard-BiCMOS-Technologie. Zu Beginn werden im Abschnitt 2.1 mit Hilfe analytischer Gleichungen Konzepte zur Mikrofonherstellung abgeleitet. In Abschnitt 2.2 wird ein eigenständig entwickelter, neuer Prozess zur Herstellung kapazitiver Ein-Chip Silizium-Mikrofone vorgestellt. Das besondere Merkmal dieser auf SOI (Silicon On Insulator)- Wafern hergestellten Mikrofone ist die aus einer dünnen monokristallinen Siliziummembran und einer dicken Epitaxie-Gegenelektrode bestehende Sensorkapazität. Mit einem modifizierten Prozess wurden Mikrofone auf 6“Siliziumwafern hergestellt, deren Membranen aus polykristallinen Silizium bestehen und zur Erhöhung der mechanischen Nachgiebigkeit mit Schlitzen versehen werden (Abschnitt 2.3). Weitere Untersuchungen wurden an gleichartigen Mikrofonen durchgeführt, bei denen die Membran ebenfalls aus einer abgeschiedenen polykristallinen Siliziumschicht gebildet wird. Der Aufbau dieser Mikrofone wird in Abschnitt 2.4 vorgestellt. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag in der Weiterentwicklung der mechanischen Empfindlichkeit von Siliziummembranen und der Herstellung einer perforierten Gegenelektrode mit niedrigem Strömungswiderstand. 2.1 Konzeption der Mikrofonherstellung Die hohen Anforderungen an die Herstellung von Silizium-Mikrofonen verdeutlicht die notwendige Empfindlichkeit zur Detektion der Druckänderungen von etwa 10-4-10 Pa verglichen mit einem Drucksensor, der statische Drücke von 105 Pa misst. Ausgangspunkt der Überlegungen ist eine analytische Beziehung für die elektrische Empfindlichkeit eines kapazitiven Mikrofons. Mit ihrer Hilfe werden die Möglichkeiten einer Optimierung der Mikrofonempfindlichkeit abgeleitet und in Bezug auf Verfahren und Materialen der SiliziumTechnologie diskutiert. 2.1.1 Mikrofonempfindlichkeit und Kollapsspannung In Niederfrequenz-Schaltung wird die Mikrofonkapazität durch eine Vorspannung U0 über einen hochohmigen Widerstand aufgeladen. Bei konstanter Ladung ist die durch den Schalldruck verursachte Kapazitätsänderung einer Wechselspannung u~ proportional. Unter der Näherung einer im Verhältnis zum Spaltabstand kleinen Membranauslenkung setzt sich die Mikrofonempfindlichkeit S aus einem von der elektrischen Feldstärke abhängigen Anteil 9 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie U0/x0 [V/m], mit dem Spaltabstand x0 der Mikrofonkapazität C und der Vorspannung U0, und der mechanischen Nachgiebigkeit der Membran Cm [m/Pa] zusammen S= U dC U ∫∫ w( p ~ , x, y ) ⋅dxdy U u~ =− 0 ⋅ ≈− 0 ⋅ ≡ − 0 ⋅ Cm . p~ p~ C x0 x0 p ~ ⋅ ∫∫ dxdy (2.1) p~ bezeichnet den Schalldruck, u~ die Signalspannung und w(p~,x,y) die Druck- und ortsabhängige Membranauslenkung. Die mechanische Nachgiebigkeit Cm beschreibt eine effektive Auslenkung bei Druckbelastung, bei der die tatsächliche Durchbiegung der Membran in eine translatorische, kolbenartige Verschiebung mit dem selben Volumen umgerechnet wird. Die Vorspannung U0 an der Mikrofonkapazität ist vom Betrag her durch die sogenannte Kollapsspannung Up (Snap-in/Pull-In Voltage) beschränkt, bei der die elektrostatische Kraft zwischen der Membran und der Gegenelektrode die mechanische Rückstellkraft der Membran überwiegt (vgl. 4.4.2) 8 ⋅ x0 27 ⋅ ε 0 ⋅ C m 3 Up = . (2.2) Für einen stabilen Betrieb des Mikrofons darf daher die Vorspannung an der Mikrofonkapazität nur einen Bruchteil α von der Kollapsspannung betragen. Mit dieser Nebenbedingung und den Gleichungen (2.1) und (2.2) kann die Mikrofonempfindlichkeit als Sα = U0 8 ⋅ x0 ⋅ C m 8 ⋅ x0 ⋅ C m ⋅ ≡α ⋅ Up 27 ⋅ ε 0 27 ⋅ ε 0 (2.3) formuliert werden. Die Wahl des Stabilitätsfaktors α=U0/Up<1 wird von den Anforderungen an die Linearität, den maximal zu detektierenden Schalldruck und Prozessschwankungen abhängen. Im Unterschied zu der suggerierten Annahme aus Gleichung (2.1), die Empfindlichkeit würde mit einem kleinen Spaltabstand optimiert, nimmt die Empfindlichkeit Sα mit dem Spaltabstand x0 zu, da die Kollapsspannung mit der Spalthöhe überproportional steigt und entsprechend die Vorspannung erhöht werden könnte. Allerdings bestehen prozesstechnische Schwierigkeiten bei der Herstellung großer Spaltabstände (vgl. 2.4.2). Hinzu kommt, dass die Vorspannung durch die zur Verfügung stehende Betriebsspannung der Anwendung beschränkt ist. In Abbildung 2.1 ist die maximal erreichbare Mikrofonempfindlichkeit unter der Nebenbedingung U0≤Ubat mit einer typischen Batteriespannung eines Mobiltelefons von Ubat=2 V und einem Stabilitätsfaktor von 0.6, d.h. U0≤0.6⋅Up, dargestellt. 10 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie 20.00 - 25.00 15.00 - 20.00 10.00 - 15.00 5.00 - 10.00 - 5.00 20 U0=Ubat 15 10 25 5 22 19 0 16 C m [n m 13 /P a] Empfindlichkeit [mV/Pa] 25 U0<Ubat 10 7 4 11 1.2 1.4 1.6 1.8 Sp 2 2.2 and bst a t l a 2.4 ] [µm Abbildung 2.1: Maximale Mikrofonempfindlichkeit in Abhängigkeit von der mechanischen Nachgiebigkeit Cm und dem Spaltabstand x0 (Ubat=2 V, α=0.6). Die Erhöhung des Spaltabstandes ist abhängig von der mechanischen Nachgiebigkeit vorteilhaft, solange die Vorspannung ebenfalls erhöht werden kann und nicht durch die Betriebspannung beschränkt wird. Bei einer höheren mechanischen Empfindlichkeit kann die Vorspannung niedriger gewählt werden, so dass die Beschränkung einer maximalen Vorspannung erst bei größeren Spaltabständen eintritt. Während es für den Spaltabstand eine optimale Höhe bei gegebenen Cm, α und Ubat gibt, führt die Erhöhung der mechanischen Nachgiebigkeit zu einer hohen Mikrofonempfindlichkeit bei gleichzeitig niedriger Versorgungsspannung. Sie ist daher die wichtigste Designgröße und wird im Folgenden näher untersucht. 2.1.2 Mechanische Membrannachgiebigkeit Für eine quadratische Membran ist nach [Hoh86] die mechanische Membran-Nachgiebigkeit bei idealen Einspannbedingungen näherungsweise durch w( p ~ , x, y ) ⋅dxdy a 1 ∫∫ ≈ ⋅ ≡ 2 30 ⋅ σ ⋅ t 7.3 ⋅ E ⋅ t p ~ ⋅ ∫∫ dxdy + 1 2 2 (1 − υ ) ⋅ σ ⋅ a 2 C m,q (2.4) gegeben. Der Gültigkeitsbereich der Gleichung wird näher in Kapitel 3 untersucht. 11 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Danach stehen fünf Parameter zur Optimierung der mechanischen Nachgiebigkeit zur Verfügung: • • • die geometrischen Abmessungen des Mikrofons mit der Kantenlänge a und der Dicke t, das Elastizitätsmodul E und die Querkontraktionszahl ν und die mechanische Schichtspannung σ des Membranmaterials. Die Membrandicke sollte im Verhältnis zur Membrankantenlänge möglichst klein sein. Im Prinzip können mit der Silizium-Planartechnologie Schichten von wenigen Nanometern Dicke realisiert werden. Da jedoch bei sehr dünnen Schichten bereits geringfügige Prozessschwankungen der Abscheideverfahren die Reproduzierbarkeit der Membrandicken und damit der Mikrofonempfindlichkeit beeinträchtigen, ist man bei der Wahl der Schichtdicke eingeschränkt. Die dominierende Größe ist die Kantenlänge der Mikrofonmembran, die quadratisch in die mechanische Nachgiebigkeit eingeht. Sie kann aus technologischer Sicht nahezu beliebig und sehr reproduzierbar durch die Photo- und Ätztechnik hergestellt werden. Mit der Membranfläche nimmt die Fläche der Gegenelektrode und die Schwierigkeit, eine ebene und starre Gegenelektrode zu prozessieren, zu. Zudem wird aus kommerzieller Sicht eine möglichst kleine pro Mikrofon beanspruchte Waferfläche angestrebt. Die Wahl der Prozess- und Designparameter zur Herstellung mikromechanischer Mikrofone sollte daher neben funktionellen Ansprüchen wie Empfindlichkeit und Reproduzierbarkeit auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen und hängt entscheidend von der zur Verfügung stehenden Fertigungstechnologie ab. Dies gilt insbesondere für die Einschränkung auf wenige Silizium-kompatible Membranmaterialen, womit die Materialkonstanten des Elastizitätsmodul und der Querkontraktionszahl festgelegt werden. Die mechanische Schichtspannung des Membranmaterials hingegen kann sich in einem weiten Wertebereich bewegen. 2.1.3 Mechanische Schichtspannung Im Hinblick auf eine hohe mechanische Nachgiebigkeit ist eine stressfreie Platte ideal. Dann resultiert die mechanische Rückstellkraft nur aus der inneren Biegesteifigkeit. Ist dieser Spezialfall gegeben, spricht man von einer Platte. Bei einer reinen Membran wird das Auslenkungsverhalten von tangential zur Ebene wirkenden Zugspannungen bestimmt. In dieser Arbeit soll für den allgemeinen Fall einer Überlagerung von Biege- und Zugspannungen der Begriff der Membran verwendet werden. Bei bereits relativ niedrigen Zugspannungen fällt die mechanische Nachgiebigkeit stark ab. Diesen Sachverhalt verdeutlicht die Abbildung 2.2, in der die mechanische Nachgiebigkeit einer Siliziummembran nach Gleichung (2.4) in Abhängigkeit der mechanischen Zugspannung für Kantenlängen von 600 µm bis 1200 µm dargestellt ist. 12 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Nachgiebigkeit Cm,q [nm/Pa] 100 10 1 a=1200 µm a=1000 µm a=800 µm a=600 µm 0.1 0.01 0.1 1 Zugspannung [MPa] 10 100 Abbildung 2.2: Mechanische Nachgiebigkeit Cm,q [nm/Pa] einer quadratischen Siliziummembran mit Zugspannung für verschiedene Kantenlängen a (Dicke 1 µm). Das Verhältnis von Membrandicke zu Membrankantenlänge ist bei Silizium-Mikrofonen typischerweise kleiner als 1:500, so dass bei einem Elastizitätsmodul von Silizium mit 1.62 GPa bereits bei Zugspannungen von 1.62 GPa/5002≈0.65 MPa die Schichtspannung über die Biegesteifigkeit dominiert und die mechanische Nachgiebigkeit mit der Spannung umgekehrt proportional abnimmt. Die mechanische Spannung σ in einer Membran setzt sich aus mehreren Anteilen zusammen σ = σ ex + σ th + σ d + σ i . (2.5) Von außen auf die Membran wirkende Spannungen, die beispielsweise nach der Montage des Mikrofonchips vom Gehäuse oder Kleber ausgehen können, werden in einem externen Spannungsbeitrag σex zusammengefasst. Eine thermische Spannung σth entsteht, wenn sich beim Abkühlen von der Abscheidetemperatur die Membranschicht und das Substrat aufgrund unterschiedlicher thermischer Ausdehnungskoeffizienten verschieden stark zusammenziehen. Dotierstoffatome, die durch Diffusion oder Implantation in das Material eingebracht werden, tragen eine von der Konzentration abhängige Dotierstoff-induzierte Spannung σd zur Gesamtspannung bei. Die Ursache ist der unterschiedliche Ionenradius von Silizium und dem Dotierstoff. Der intrinsische Stress σi fasst sämtliche Spannungsbeiträge zusammen, die während der Abscheidung im Material entstehen. Dazu gehören Spannungen die bei der Ausbildung von Korngrenzen, Veränderungen der inneren Bindungen und der Kristallstruktur und durch die Abgabe von Fremdatomen entstehen [Elb98]. Die intrinsische Spannung hängt daher stark vom jeweiligen Material, den speziellen Abscheidebedingungen und nachträglichen Temperungen ab. Aus der Literatur sind verschiedene Silizium-kompatible Membranmaterialen zur Herstellung von Mikrofonen bekannt: • • • • Metall/Siliziumnitrid-Schichtsysteme [Schee94, Kron01], Polysilizium [Hsu98, Tor99], Polysilizium/Siliziumnitrid-Schichtsysteme [Zou97, Mueh00], und monokristallines Silizium [Berg94, Kab99, Bour92]. 13 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Siliziumnitrid (Si3N4) und Polysilizium werden nach dem CVD (Chemical Vapour Deposition)-Verfahren abgeschieden, bei dem das erforderliche Prozessgas über Konvektion und Diffusion zur heißen Substratoberfläche gelangt und als ein Reaktionsprodukt die gewünschte Schicht entsteht. Unter den CVD-Verfahren hat sich die thermisch aktivierte Abscheidung bei niedrigem Druck (Low Pressure Chemical Vapour Deposition, LPCVD) bewährt, da diese reaktionsbestimmte Gasphasenabscheidung eine konforme Schichtbedeckung liefert [Wid96]. Siliziumnitrid LPCVD-Siliziumnitrid erfährt während der Abscheidung bei 700–850° C eine Schrumpfung des Volumens, die auf eine Umwandlung der Atomverbindungen zurückzuführen ist. Die dadurch verursachte intrinsische Zugspannung überwiegt gegenüber dem kompressiven Spannungsbeitrag der thermischen Spannung und führt zu einer sehr hohen Zugspannung von etwa 1 GPa [Stad92, Kap00]. Die Zugspannung wird durch nachträgliches Tempern noch weiter erhöht. Eine deutliche Verringerung der Zugspannung wird durch ein optimiertes Verhältnis der Prozessgase Dichlorsilan und Ammoniak erreicht [Kron01]. Polysilizium Die Abscheidung von Polysilizium unterhalb einer Temperatur von 600° C erfolgt in einer amorphen Form, die wegen dem im Vergleich zu monokristallinen Silizium kleinen thermischen Ausdehnungskoeffizienten eine thermische Druckspannung entstehen lässt. Die Umwandlung von der amorphen zur polykristallinen Struktur findet bei Temperaturen oberhalb von etwa 550° C statt. Mit dieser Umwandlung verdichtet sich das Volumen der Siliziumschicht und erzeugt eine intrinsische Zugspannung, die die thermische Druckspannung überkompensiert. Eine Verringerung der Zugspannung kann durch eine Dotierung mit Phosphor-Ionen und einer Rekristallisation bei Temperaturen über 750° C erzielt werden [Elb97, Tork99]. Oberhalb der Löslichkeitsgrenze von Phosphor in Silizium findet eine Dotierstoffsegregation in den Korngrenzen statt, die eine Diffusion von Siliziumatomen über die Korngrenzen erleichtert und das Kornwachstum begünstigt [Wad78]. Über der Grenztemperatur von 600° C wird Silizium unmittelbar polykristallin abgeschiedenen. Die Ausbildung von Kristalliten mit zwischengelagerten Siliziumatomen erzeugt eine Druckspannung in der Schicht. Sie eignet sich aufgrund der Gefahr einer Plattenbeulung nicht als Mikrofonmembran. Die Druckspannung in der Polysiliziumschicht kann aber in einer Anordnung aus zwei Schichten dazu verwendet werden, die Zugspannung einer Siliziumnitrid-Schicht zu kompensieren. Durch eine Anpassung der Schichtdicken kann so die effektive Membranspannung eingestellt werden. Monokristallines Silizium Hervorragende Spannungseigenschaften besitzt niedrigdotiertes monokristallines Silizium, da es nahezu keine thermische, intrinsische oder Dotierstoff-induzierte Schichtspannung aufweist. Eine monokristalline Kristallstruktur kann nicht durch eine Abscheidung erzeugt werden, so dass Mikrofonmembranen aus dem Silizium-Substrat strukturiert werden müssen. Die erreichte Schichtspannung der aus der Literatur bekannten Membranen bzw. Membransysteme liegt typischerweise bei mehreren 10 MPa, so dass in Einklang mit Abbildung 2.2 die Empfindlichkeit der Mikrofone relativ gering ist bzw. große Membranflächen benötigt werden [Mueh00]. Die Motivation bestand daher darin, alternative Prozesse und Designs zur Herstellung von Silizium-Mikrofonen zu entwickeln, die bei kleinen Membranflächen eine hohe Empfindlichkeit aufweisen. 14 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie 2.2 Kapazitives Mikrofon mit SOI-Sensormembran und epitaktischer SilizumGegenelektrode Im vorhergehenden Abschnitt wurde erläutert, dass sich monokristalline Schichten besonders gut für empfindliche Membranen eignen. Die Schwierigkeit besteht darin, eine dünne monokristalline Siliziummembran in reproduzierbarer Weise zu strukturieren. Wird ein zeitkontrollierter anisotroper Rückseitenprozess ohne chemischen Ätzstopp verwendet um einen Siliziumwafer bis zur gewünschten Membrandicke zu dünnen, dann wirkt sich die Dickenschwankung des Siliziumwafers direkt auf die Membrandicke aus [Berg94]. Für die Produktion in hohen Stückzahlen ohne aufwändiges Anpassen der Empfindlichkeit (Matching) ist ein verlässlicher Ätzstopp zur Erzeugung dünner, reproduzierbarer Membranen erforderlich. Ein bekanntes Verfahren nutzt die gute Selektivität einer EDP (EthlylendiaminPyrocatechol)-Ätzlösung zu p+-dotiertem Silizium aus [Kab99]. Der wesentliche Nachteil bei diesem Verfahren liegt in der hohen Dotierstoffkonzentration, die für den elektrochemischen Ätzstopp notwendig ist und eine Dotierstoff-induzierte Spannung in der Membran generiert. Der Vorteil einer monokristallinen Siliziummembran mit geringer Schichtspannung ist nicht mehr gegeben [Bour92]. Ein neuartiger Ansatz in dieser Arbeit ist der Einsatz von SOI-Wafern zur Herstellung von Silizium-Mikrofonen. Die Besonderheit von SOI-Wafern ist die dünne monokristalline Siliziumschicht, die durch eine Isolationsschicht von dem Trägersubstrat elektrisch getrennt ist. Bevor der Herstellungsprozess beschrieben wird, soll zunächst zur Erläuterung der Neuerungen und Vorteile der Aufbau der entwickelte Mikrofone beschrieben werden. Dem folgt die Beschreibung der Prozessfolge (2.2.2). 2.2.1 Mikrofonaufbau Abbildung 2.3 stellt schematisch das kapazitive Ein-Chip Silizium-Mikrofon dar. Zur Verdeutlichung des inneren Aufbaus ist der Mikrofonchip in der Mitte aufgeschnitten. Abbildung 2.3: Schematischer Aufbau des kapazitives Mikrofons mit SOI-Membran. 15 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Die schwingungsfähige Membran besteht aus der monokristallinen Siliziumschicht eines SOIWafers. Die elektrische Kontaktierung der Membran erfolgt über eine „Insel“ in der Gegenelektrode, die durch tiefe, Oxid-gefüllte Gräben isoliert ist. Da die zwischen dem Silizium-Substrat und der SOI-Membran gelagerte Siliziumdioxidschicht (buried oxide) im Prozess als zuverlässiger Stopp der Ätzung der Waferrückseite dient, kann im Gegensatz zu dem Verfahren mit einem elektrochemischen p+-Ätzstopp die SOI-Schicht vergleichsweise niedrig dotiert werden. Nach den Überlegungen des letzten Abschnittes sollte die monokristalline, schwach dotierte SOI-Membran nahezu frei von mechanischen Spannungen sein und daher eine hohe mechanische Nachgiebigkeit besitzen. Die quadratische Form der Mikrofonkapazität resultiert aus der von der Kristallebene abhängigen Rückseitenätzung. Für den statischen Druckausgleich wird in die Membran eine kleine Öffnung eingebracht. Im Mikrofonbereich bildet eine Silizium-Epitaxie eine polykristalline SiliziumGegenelektrode, die mit Perforationslöchern versehen wird. Diese ermöglichen es der Luft, aus dem schmalen Kondensatorspalt zu entweichen und die vom Luftpolster auf die Sensormembran ausgeübte Rückstellkraft zu reduzieren. Außerdem befinden sich an der Unterseite der Gegenelektrode schmale Noppen, die bei ungewolltem kurzfristigen Kontakt der Membran mit der Gegenelektrode die Berührungsfläche und so die Haftkraft verringern. In den Randbereichen des Mikrofonchips erzeugt die Epitaxie erhöhte Gebiete mit monokristallinem Silizium. Im Vergleich zu bekannten Ein-Chip Mikrofonprozessen hat der Epitaxieprozess den Vorteil, neben einer dicken und daher stabilen Gegenelektrode gleichzeitig eine planare monokristalline Waferoberfläche bereitzustellen, die sich zur weiteren Prozessierung, etwa der Integration von mikroelektronischen Schaltungen, eignet. 2.2.2 Herstellungsprozess Verschiedene Verfahren zur Herstellung einer monokristallinen Siliziumschicht auf einer Isolationsschicht, meistens Siliziumdioxid, sind bekannt [Col91]. In dieser Arbeit wurden nach dem BESOI (Bonded Etched-Back Silicon On Insulator)-Verfahren hergestellte SOIWafer verwendet. Bei diesen werden zwei oxidierte Siliziumwafer bei hoher Temperatur aufeinander gebondet. Einer der beiden Wafer wird anschließend durch Polieren und kontrolliertes Rückätzen auf die Zieldicke der Siliziumschicht gedünnt. Die von dem Hersteller „Shin-Etsu“ gelieferten SOI-Wafer besitzen eine einen Mikrometer dünne Siliziumschicht auf Siliziumdioxid (Dicke 1µm) und p-dotiertes Siliziumsubstrat (Dicke 625 µm) mit einer kristallographischen <100>-Ebene als Scheibenoberfläche. Die in der Abbildung 2.4 dargestellten und im folgenden beschriebenen Prozessschritte zur Herstellung der Silizium-Mikrofone wurden in einer 6“ Fertigungslinie der Infineon Technologies AG in München durchgeführt. Die Techniken der Silizium-Planartechnologie (Schicht-, Photo-, Ätz-, Dotier- und Reinigungstechnik) sollen hier nicht im Detail beschrieben werden. Sie werden in der Literatur ausführlich behandelt [Schu91, Wid96]. Der Herstellungsprozess beginnt mit einer Implantation von Phosphor-Ionen mit geringer Dosis (1013 cm-2 bei 130 keV) in die SOI-Schicht. Die geringe Dosis soll eine ausreichende elektrische Leitfähigkeit gewährleisten und gleichzeitig die Kristallstruktur und die Spannungseigenschaften nicht beeinträchtigen. Die notwendige Aktivierung der Dotieratome erfolgt bei den hohen Temperaturen der folgenden Schichtabscheidungen. Die Erzeugung von Strukturen im Mikrometerbereich bedient sich der bekannten lithographischen Technik. Dazu wird eine dünne Photoresistschicht auf den Wafer aufgeschleudert. Bei Belichtung mit ultraviolettem Licht erfährt ein Positivphotoresist eine photochemische Umwandlung und kann chemisch entfernt werden. Die erste Phototechnik im Mikrofonprozess dient der Strukturierung der Membran mit kleinen Öffnungen zum statischen Druckausgleich im 16 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Mikrofonbetrieb. In den photoresistfreien Bereichen wird die Silizium- und Siliziumdioxidschicht mit einem anisotropen chemisch-physikalischen Trockenätzprozess entfernt (Abbildung 2.4, b). Die Photoresistmaske wird nicht weiter benötigt und wird nasschemisch beseitigt. Im nächsten Prozessschritt wird ein insgesamt 1.2 µm dickes CVDSiO2 nach dem TEOS (Tetra-Ethyl-Ortho-Silicate)- Verfahren in zwei Schritten mit jeweils 0.6 µm Schichtdicke abgeschieden. Das anschließende Tempern bei 900° C verdichtet das Siliziumdioxid und führt zu einer Schrumpfung der Schichtdicke um ca. 5%. Mit Hilfe einer Photo- und Ätztechnik werden in die erste Oxidschicht eine Vielzahl kleiner Vertiefungen im Membranbereich erzeugt (c). Diese bilden im späteren Prozessverlauf schmale Noppen (bumps) an der Unterseite der Gegenelektrode. Das abgeschiedene Siliziumdioxid dient lediglich als Abstandshalter zwischen den Elektroden und wird am Ende des Mikrofonprozesses nasschemisch entfernt, um den luftgefüllten Kondensatorspalt zu bilden. Man bezeichnet es daher auch als Opferoxid (sacrifical oxide). Auf das Opferoxid wird ebenfalls aus der Gasphase eine 400 nm dünne Polysiliziumschicht abgeschieden (d). Diese deckt das Oxid ab und bildet den Untergrund für die noch folgende Epitaxie der Gegenelektrode. Man spricht daher auch von einem „polyseed layer“. Nun wird durch eine Phototechnik mit anschließendem Trockenätzen der gesamte Schichtstapel außerhalb des Mikrofonbereichs bis zum Siliziumsubstrat rückgeätzt. Eine Kombination aus Abscheidung und Trockenätzung bildet eine Stufe aus Polysilizium (spacer) an den Strukturkanten und bedeckt offene Oxidbereiche (e). Im nächsten Schritt werden zur Verbesserung der elektrischen Kontakte Phoshor-Ionen mit einer hohen Dosis (1016 cm-2) implantiert. Die im Kristall entstandenen Implantationsschäden werden durch eine Temperung in inerter Atmosphäre ausgeheilt. Es folgt der Prozess der Silizium-Epitaxie. Unter einer Epitaxie versteht man das monokristalline Aufwachsen einer Schicht, in diesem Fall eine Siliziumschicht, auf einem monokristallinen Untergrund. Siliziumepitaxieschichten werden mit dem CVD-Verfahren bei Temperaturen von 1100° C erzeugt, bei denen das Silizium aus der Gasphase die Kristallorientierung des Siliziumsubstrats annehmen kann. Dies gilt für die Außengebiete, in denen das Siliziumsubstrat den Untergrund bildet. Dagegen verursacht das polykristalline Silizium der Polyseed-Schicht im Mikrofonbereich eine ebenfalls polykristalline Struktur, die sowohl vertikal als auch von der Stirnfläche des Schichtstapels ausgehend lateral aufwächst. Das polykristalline Silizium breitet sich daher mit der Schichtdicke in den Außenbereich aus (f). Aufgrund der langsameren Wachstumsrate von Polysilizium im Vergleich zu monokristallinen Silizium kommt es mit zunehmender Schichtdicke zu einem Ausgleich der Oberflächentopographie. Das Verhältnis der Wachstumsrate von Polysilizium und Silizium wurde experimentell zu rpoly/rmono= 0.68 bestimmt. Damit reduziert sich bei Anwendung einer 7 µm dicken Epitaxieschicht die anfängliche Stufenhöhe des Schichtstapels im Mikrofonbereich von 3.5 µm auf ca. 1.3 µm. Durch chemisch unterstütztes mechanisches Polieren (CMP, chemical mechanical polishing) kann die Topographie und Oberflächenrauhigkeit der Polysilizium-Gebiete weiter verbessert werden. Beim CMP-Verfahren wird die rotierende Waferoberfläche mit einem elastischen Pad und einem aus Polierkörnern und aktiven chemischen Zusätzen bestehenden Poliermittel planarisiert. In der Gegenelektrode erzeugt eine anisotrope Silizium-Trockenätzung die Perforationslöcher und die lateralen Isolationsgräben, die anschließend mit einem CVDSiliziumdioxid und Borphosphorglas (BPSG, bor phosphorous silicat glass) verschlossen werden (g). Die Anreicherung des Siliziumdioxids mit Bor (Massenanteil 4%) setzt die Fließtemperatur herab, so dass mit einer Temperung bei 900° C die Oberfläche weiter planarisiert wird. Da zur Maskierung der tiefen Silizium-Trockenätzung eine Lackschicht nicht ausreicht, wird zunächst die Struktur der Perforation in eine Siliziumdioxid-Hartmaske übertragen, die zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit bei 900° C ausgehärtet wird. Nach dem Rückätzen aller bisher abgeschiedener Schichten auf der Waferrückseite wird eine 100 nm dicke Si3N4 (Siliziumnitrid)-Schicht abgeschiedenen, so dass sich auf der Rückseite 17 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie lediglich die Siliziumnitrid-Schicht befindet. Sie dient als Hartmaske für die Rückseitenätzung und wird auf der Wafervorderseite gleich wieder entfernt. Mit der Aluminium-Metallisierung und dem Aufbringen einer Lackmaske zum Schutz gegen die Opferschichtätzungen endet die Prozessierung in Silizium-Planartechnik (h). Die Volumenund Oberflächenmikromechanik (bulk/surface micromaching) beginnt mit einer Rückseitenlithographie zur Strukturierung der Siliziumnitrid-Hartmaske. Im nicht-maskierten Bereich ätzt eine Kaliumhydroxid (KOH)-Lösung in Richtung der <100>-Kristallebene schneller als die <111>-Ebene und erzeugt die charakteristischen V-förmigen Ätzgruben in der Waferrückseite. Dieses anisotrope Ätzverhalten wird auf die von der kristallographischen Ebene abhängige Bindungsenergie eines Siliziumatoms zurückgeführt [Heu89]. Experimentell wurde mit der verwendeten KOH-Lösung bei 60° C ein Ätzratenverhältnis von 35:1 ermittelt. Die Wafervorderseite wird während der Ätzung mit einer speziellen Halterung durch einen Vakuumring geschützt. Die Ätzung wird bis zum Erreichen der Siliziumdioxidschicht und dem Öffnen der Membranfläche fortgesetzt (i). In einem letzten nasschemischen Ätzprozess mit gepufferter Flusssäure wird die Mikrofonkapazität vom Oxid befreit und in Propanol und Aceton gespült (j). Zur Vermeidung von Kapillarkräften und einem irreversiblem Verkleben der frei beweglichen Strukturen wird das Verfahren der Kritischen-Punkt-Trocknung angewendet, bei dem ein direkter Übergang von flüssiger zu gasförmiger Phase verhindert wird [Mul93]. 18 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Abbildung 2.4: Herstellungsprozess eines Silizium-Mikrofons mit spannungsarmer Membran auf SOI-Material und epitaktischer Gegenelektrode (nicht maßstabsgetreu). Die Vorderseite eines gefertigten Mikrofons und ein Ausschnitt von der Waferrückseite mit einem Feld von vier Mikrofonen wurde mit einem Lichtmikroskop aufgenommen (Abbildung 2.5). Zur Charakterisierung der entwickelten Mikrofone wurde die besonders stark in die Mikrofonempfindlichkeit eingehende Kantenlänge der Membran von 400-1800 µm variiert. 19 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Abbildung 2.5: Mikroskopaufnahme der Mikrofonvorderseite mit Blick auf die perforierte Gegenelektrode (links) und der Waferrückseite mit Membranen unterschiedlicher Kantenlänge (rechts). Die Aufnahme von der Vorderseite (links) zeigt die perforierte Gegenelektrode und die Aluminium-Leiterbahnen zur Kontaktierung der Mikrofonkapazität. Die Membranleiterbahn wird durch die Gegenelektrode geführt und ist lateral durch einen mit Oxid gefüllten Isolationsgraben isoliert. In einer Gegenelektrode mit einer Fläche von (0.8 mm)2 befinden sich circa 40000 Löcher und nehmen 14% der Gesamtfläche ein. Sie werden von der lichtmikroskopischen Aufnahme nicht aufgelöst. In der rechten Aufnahme von der Waferrückseite erkennt man die KOH-Ätzgruben, deren Flanken von den kristallographischen <111>-Ebenen gebildet werden. Im Membranbereich kann ohne eine akustische oder elektrische Last eine statische Auslenkung beobachtet werden. Auf dieses Phänomen wird bei den Messungen der statischen Membranauslenkung mit einem Interferometer näher eingegangen. Zur Auflösung der vertikalen Strukturgrößen im Mikrometerbereich wird ein Rastelektronenmikroskop (REM) verwendet. Die Abbildung 2.6 zeigt zwei Querschnitte durch die Mitte und den Rand der Mikrofonkapazität. Abbildung 2.6: REM-Aufnahmen der Mikrofonkapazität (links) und dem Randbereich des Mikrofons mit dem Übergang von Polysilizium zu epitaktischen Silizium (rechts). 20 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Die Mikrofone werden vor der KOH-Rückseitenätzung und der Opferschichtätzung untersucht, damit das Brechen der Probe nicht die empfindlichen Strukturen zerstört. Die gebrochene Probe wurde kurz mit Flusssäure behandelt, die das vergrabene Siliziumdioxid und das Opferoxid im Spalt rückätzt. In der linken Aufnahme ist deutlich die dünne monokristalline SOI-Membran (1 µm) und die dicke polykristalline Gegenelektrode (6 µm) zu erkennen. Die Löcher in der Gegenelektrode besitzen nominell eine Kantenlänge von 1.5 µm und sind periodisch in einem Abstand von 4 µm angeordnet. Die vom Design vorgesehene quadratische Form der Löcher wird durch die eingeschränkte Auflösung der Fototechnik und den Ätzprozessen abgerundet. In der rechten Aufnahme mit einem Querschnitt aus dem Randbereich des Mikrofons erkennt man an der Kristallstruktur des Siliziums den Übergang von Polysilizium im Gegenelektrodenbereich zu monokristallinem Silizium der Epitaxie im Außenbereich. Der gemessene Winkel von 53° zwischen der schrägen Grenzfläche und der <100>-Kristallebene stimmt sehr gut mit dem erwarteten Winkel von arctan(rmono/rpoly)=55.8° überein. Die verbleibende Stufe am Mikrofonrand verläuft sehr flach und beträgt lediglich 1.5 µm. Die ovalen dunklen Bereiche sind Artefakte der Probenpräparation und kennzeichnen Gebiete mit hoher Dotierstoffkonzentration. 2.3 Kapazitives Mikrofon mit polykristalliner epitaktischer Silizum-Gegenelektrode Siliziummembran und SOI-Wafer sind wegen der aufwändigen Herstellung deutlich teurer als StandardSiliziumwafer. Die nach dem BESOI-Verfahren realisierten SOI-Schichten besitzen darüber hinaus eine relativ hohe Schichtdickenschwankung im Vergleich zu CVD-Schichten. Es wurden daher Mikrofone mit dem zuvor beschriebenen Prozess auf Standard-Siliziumwafern hergestellt und untersucht. Das mittige, vergrabene Siliziumdioxid des SOI-Wafers wird durch ein thermisch verdichtetes CVD-SiO2 ersetzt, und an die Stelle der SOI-Schicht tritt eine CVD-Polysiliziumschicht. Aufgrund der konformen Schichtabscheidung und der geringen Oberflächenrauhigkeit wurde ein amorphes LPCVD-Polysilizium bei einer Abscheidetemperatur von 560° C verwendet. Die Umwandlung zur polykristallinen Struktur erfolgt durch einen mehrstufigen Heizprozess bei 550-700° C. Der Mikrofonprozess muss durch die Substitution des Ausgangsmaterials nur geringfügig modifiziert werden. Insbesondere bestehen weiterhin die Vorteile der Gegenelektroden-Epitaxie. Zur Erhöhung der mechanischen Nachgiebigkeit der unter Zugspannung stehenden Polysilizium-Membranen wurden diese derart strukturiert, dass sie nicht am gesamten Rand, sondern nur an schmalen Balkenstrukturen aufgehängt sind. Zu diesem Zweck werden schmale Schlitze in die Membran geätzt. Abbildung 2.7 zeigt zwei Varianten von geschlitzten Membranen. 21 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Abbildung 2.7: Geschlitzte Membranen aus Polysilizium. Die schraffierte Fläche verdeutlicht die Stützstellenbereiche der Biegebalken. Mit jeweils vier langen Schlitzen in der Membran werden vier symmetrisch angeordnete Biegebalken und ein großflächiger Membranbereich gebildet. Die Biegebalken des Designs auf der linken Seite der Abbildung weisen eine Breite von ca. 55 µm und eine Länge von 170 µm auf. Die Biegebalken des zweiten Designs auf der rechten Seite sind mit 110 µm doppelt so breit, dafür aber mit etwa 700 µm deutlich länger und daher sehr empfindlich. Zur Verdeutlichung der Stützstellenbereiche werden diese durch eine schraffierte Fläche gekennzeichnet. Im Vergleich zu geschlossen eingespannten Membranen besitzen die mit Schlitzen versehenen Membranen eine geringere Biegesteifigkeit bei gleicher Membranfläche. Die Aufnahmen zeigen die frei beweglichen Membranen nach dem Ätzen des Opferoxides. Die Interferenzstreifen in den Bereichen der Biegebalken deuten wieder auf eine statische Membranauslenkung hin, wie sie durch eine auf die Membran wirkende Druckspannung verursacht wird. 2.4 Kapazitives Mikrofon Gegenelektrode mit polykristalliner Siliziummembran und In diesem Abschnitt wird ein kapazitives Ein-Chip Silizium-Mikrofon vorgestellt, das ebenfalls eine Membran aus polykristallinem Silizium aufweist und auf StandardSiliziumwafern hergestellt wird. Zur Erläuterung der Unterschiede zu den zuvor beschriebenen Mikrofonen wird zunächst der Mikrofonaufbau vorgestellt (2.4.1). Anschließend werden zwei wichtige Gesichtspunkte bei der Prozessentwicklung eingehender behandelt: die integrierte Herstellung einer Gegenelektrode mit weiten Perforationslöchern zur Reduzierung des akustischen Strömungswiderstandes (2.4.2) und die Entwicklung von empfindlichen Membranen (2.4.3). 22 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie 2.4.1 Mikrofonaufbau Eine schematische Darstellung des Mikrofons zeigt die Abbildung 2.8. Der deutlichste Unterschied im Mikrofonaufbau liegt in der vertauschten Position der beiden Elektroden, bei dem die Membran über der Gegenelektrode angeordnet ist. Die Funktionsweise des kapazitiven Wandlers wird dadurch nicht beeinflusst. Abbildung 2.8: Schematische Darstellung des kapazitiven Silizium-Mikrofons mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode (nicht maßstabsgetreu). Die Membran wird aus einer Polysiliziumschicht gebildet, die unter einer hohen Zugspannung steht. Es sind daher zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Empfindlichkeit notwendig, auf die im Abschnitt 2.4.3 eingegangen wird. Die Gegenelektrode besteht aus einer dünnen n+-Polysiliziumschicht, die durch eine Siliziumnitridschicht vom Untergrund elektrisch isoliert wird. Die erforderliche mechanische Steifigkeit der Rückseitenplatte stellt eine auf dem Silizium-Substrat epitaktisch gewachsene Siliziumschicht bereit. Diese bildet aufgrund der vom Substrat verschiedenen Dotierstoffkonzentration zugleich einen elektrochemischen Ätzstopp für die Rückseitenätzung mit einer HF/HNO3-Lösung [Mee71]. Das anisotrope Ätzverfahren bedingt die zirkulare Form der Mikrofonkapazität. Die dicke Rückseitenplatte erzeugt keine eigene Topographie, da die Epitaxie zu ihrer Herstellung ganzflächig aufgewachsen wird. Nicht dargestellt ist der in die monokristalline Silizium-Epitaxieschicht integrierte Sperrschicht-Feldeffekttransistors (JFET, Junction Field-Effect Transistor), der mit Polysiliziumwiderständen eine Impedanzwandlerschaltung auf dem Mikrofonchip bildet. Die tiefe Ätzung der Perforationslöcher in der Rückseitenplatte steht am Anfang des Mikrofonprozesses. Vor der weiteren Prozessierung müssen die Perforationslöcher möglichst eben mit einer Schichtabscheidung aufgefüllt und verschlossen werden. Im nächsten Abschnitt soll auf diesen Aspekt der Mikrofonherstellung näher eingegangen werden. 23 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie 2.4.2 Integrierte Herstellung einer hochperforierten Gegenelektrode Das Luftpolster im Kondensatorspalt wirkt wie ein Federelement, das eine Rückstellkraft auf die Membran ausübt. Daher müssen in der Gegenelektrode Ausstrommöglichkeiten für die Luft vorgesehen werden. Im einfachsten Fall werden in der Gegenelektrode Perforationslöcher durch eine anisotrope Ätzung erzeugt, die zur weiteren Prozessierung mit einer abgeschiedenen Schicht verschlossen werden. Diese Schicht bildet einen Teil der Opferschicht, die den Kondensatorspalt definiert. In Abbildung 2.9 ist die Prozessfolge zur Erzeugung einer freistehenden Membran und einer perforierten Gegenelektrode vereinfacht dargestellt. Zunächst wird die Isolationsschicht aus Siliziumnitrid und das Polysilizium der Gegenelektrode abgeschieden (a). In den Schichtstapel werden die Perforationsöffnungen bis zum Silizium-Substrat anisotrop geätzt (b). Als Hartmaske dient ein Siliziumdioxid, das nach der Ätzung entfernt wird. Zum vollständigen Ausfüllen der Perforationsöffnungen ist ein abgeschiedenes Siliziumdioxid nötig, dessen Schichtdicke mindestens die Hälfte der lateralen Abmessung einer Perforationsöffnung beträgt. Dickere Oxidschichten vergrößern den Spaltabstand (c). Die elektrochemische Ätzung des Silizium-Substrates mit der EpitaxieGrenzfläche als Ätzstopp und die Opferschichtätzung stellen die Membran und Rückseitenplatte fertig (d). Abbildung 2.9: Herkömmliche Herstellung eines Perforationsloches in der Gegenelektrode mit Hilfe der Opferschicht-Technik (nicht maßstabsgetreu). Als Füll- und Opferschicht wurde ein LPCVD-TEOS-Siliziumdioxid verwendet. Der reaktionsbestimmte Niederdruckprozess liefert eine gute Kantenbedeckung zur Auskleidung der Perforationslöcher. Probleme bei der geschilderten Prozessierung treten bei dicken Siliziumdioxidschichten auf. Der im Vergleich zu Silizium deutlich niedrigere thermische Ausdehnungskoeffizient von Siliziumdioxid führt in der Siliziumdioxidschicht zu einer Druckspannung [Kap00]. Insbesondere bei mit Oxid gefüllten Löchern kommt es zu erheblichen Stresskonzentrationen in der Perforationsinnenwand und Oberfläche [Hu91], die tiefe Risse im Siliziumsubstrat erzeugen können. Eine weitere technologisch bedingte Beschränkung der Opferschichtdicke resultiert aus der zunehmenden Stufenhöhe der OxidStützstellenbereiche der Membran und den damit zusammenhängenden Schwierigkeiten einer konformen Belackung mit Photoresist bei folgenden Fototechniken. Mit der Schichtdicke vom Siliziumdioxid ist auch die Weite einer Perforationsöffnung beschränkt, da sie maximal das Doppelte der Schichtdicke betragen darf. Der akustische Strömungswiderstand einer Perforationsöffnung hängt nach dem Hagen-Poiseuilleschen 24 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Gesetz einer laminaren Rohrströmung mit der vierten Potenz vom Durchmesser bzw. der Kantenlänge ab. Das bedeutet, dass selbst bei einer großen Anzahl von Perforationslöchern die technologisch eingeschränkte Weite der Öffnung zu einem hohen Strömungswiderstand führt und das dynamische Verhalten des Mikrofons beeinträchtigt. Eine Verbesserung ist mit schlitzförmigen Perforationen zu erreichen, deren Schlitzbreite aber nicht deren Schlitzlänge beschränkt ist. Aufgrund dieser Problematik wurde ein neuer Prozess zur Herstellung einer gelochten Gegenelektrode entwickelt, bei dem die Perforationsweite die doppelte Opferschichtdicke übersteigen kann. Der in der Abbildung 2.10 vorgestellte Prozess kann in den Mikrofonprozess vollständig integriert werden, da am Ende eine ebene Oberfläche sichergestellt ist. Abbildung 2.10: Integrationsfähiger Prozess zur Herstellung weiter Perforationsöffnungen in der Rückseitenplatte. Zunächst wird das Polysilizium der gewünschten Perforationsanordnung und -weite entsprechend strukturiert (a). Darüber wird eine Siliziumdioxid-Schicht abgeschieden, in die eine schmale Öffnung geätzt wird (b). Mit Hilfe dieser Hartmaske wird ein tiefes Loch in dem Epitaxie-Silizium erzeugt (c). Anschließend wird mit einer isotropen Siliziumätzung das Perforationsloch bis zur Ätzkante der Polysilizium-Gegenelektrode aufgeweitet (d). Durch diese Prozessführung wird ein nahezu beliebig weites Perforationsloch im Silizium erzeugt, das dennoch eine schmale Öffnung auf der Waferoberfläche besitzt. Diese Öffnung kann nun mit einer verhältnismäßig dünnen Siliziumdioxidschicht verschlossen werden (e). Wie zuvor wird der Kondensatorspalt nach der Abscheidung der Membran (f) durch die Rückseiten- und Opferschichtätzung freigestellt (g,h). Da die Öffnung der Hartmaske von der Perforationsweite unabhängig ist, schlägt sich bei dem hier vorgestellten Prozess die technologische Einschränkung für die Dicke der Siliziumdioxidschicht nicht auf die Weite der Perforation nieder. Einige wichtige Stationen 25 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie der technologischen Umsetzung zeigt die Bildfolge der Abbildung 2.11. Die Kennzeichnung der REM-Aufnahmen lehnt sich an die der schematischen Querschnitte aus Abbildung 2.10 an. c e d g Abbildung 2.11: Raster-Elektronen-Mikroskopaufnahmen Perforationsöffnungen in der Rückseitenplatte. der Prozessierung weiter Die Aufnahmen zeigen die Prozessschritte der anisotropen Ätzung in das Silizium (c), der isotropen Ätzung zur Aufweitung der Perforation (d), des Verschließens mit einer Siliziumdioxidschicht (e) und der elektrochemischen Ätzung von der Waferrückseite (g). 2.4.3 Herstellung von Membranen mit hoher mechanischer Nachgiebigkeit Amorph abgeschiedenes Polysilizium steht nach einer Kristallisation unter einer hohen Zugspannung von bis zu 360 MPa [Kap00]. Mit dieser Zugspannung erhält man bei einer 1 µm dicken Membran mit 1 mm2 Membranfläche eine für typische Mikrofonanwendungen um zwei Größenordnungen zu geringe mechanische Nachgiebigkeit von etwa 0.1 nm/Pa. Zur Erhöhung der Empfindlichkeit von polykristallinen Siliziummembranen wurden zwei voneinander unabhängig einsetzbare Maßnahmen ergriffen: • • Reduzierung der mechanischen Zugspannung Rekristallisation Einsatz von fortschrittlichen Membrandesigns durch eine Dotierstoff-induzierte Reduktion von Schichtspannung durch Dotierung und Tempern Die endgültige Schichtspannung im Polysilizium hängt vom Prozessablauf und einer Vielzahl von Parametern ab: der Abscheidetemperatur, der in-situ Dotierung [Bieb95], Kristallisationen, Dotierung durch Implantation oder Diffusion [Elb97] und weiteren Temperungen zur Spannungsrelaxation dotierter Schichten [Schei96]. Eine Optimierung der 26 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie mechanischen Schichtspannung muss daher jeweils spezifisch auf den Abscheide- und Gesamtprozess abgestimmt erfolgen. Abbildung 2.12 zeigt den Einfluss der Dotierstoffkonzentration von implantierten PhosphorIonen auf die Schichtspannung von Polysilizium (Dicke 0.4 µm). Das Polysilizium wurde in amorpher Form abgeschieden, kristallisiert und nach der Dotierung für weitere 60 min bei 900° C getempert. Die Schichtspannung wurde über die Durchbiegung der Substratscheibe gemessen. Der Biegeradius ist umgekehrt proportional zur Schichtspannung und hängt sonst nur von Materialkonstanten des Substrates und dem Dickenverhältnis von Substrat und Schicht ab. 150 125 Schichtspannung [MPa] 100 75 Zugspannung 50 25 0 0.1 1 10 100 -25 -50 Druckspannung -75 -100 15 Implantationsdosis [10 -2 cm ] Abbildung 2.12: Dotierstoffabhängigkeit der mechanischen Spannung einer PolysiliziumMembran bei Implantation von Phosphor-Ionen und anschließender Temperung. Mit der Konzentration der Phosphor-Dotierung nimmt die intrinsische Zugspannung ab. In Einklang mit dem Modell einer durch Phosphor-Ionen in den Korngrenzen begünstigten Rekristallisation ist ein gewisse Dotierstoffkonzentration notwendig. Bei einer Konzentration über 3-5⋅1020 cm-3 herrscht sogar eine Druckspannung in der Polysiliziumschicht. Vermutlich basiert diese auf den im Vergleich zu Silizium größeren Ionenradius von Phosphor als Element der 5. Hauptgruppe [Orp91]. Der Übergang von einer Zug- zu einer Druckspannung erfolgt relativ abrupt. Da eine Druckspannung in einer Mikrofonmembran in jedem Fall ausgeschlossen werden muss, wird man in der Praxis aufgrund von Prozessschwankungen eine vollständig spannungsfreie Membranschicht aus Polysilizium nicht reproduzierbar herstellen können. Feder-Membranen Zur Einhaltung von Fertigungstoleranzen wird man eine Zugspannung in der PolysiliziumMembran von einigen 10 MPa einstellen. Stattdessen wird die mechanische Nachgiebigkeit durch den Einsatz von fortschrittlichen Membrandesigns weiter erhöht. Dazu wurde das Konzept der geschlitzten Membranen aus Kapitel 2.3 weiterentwickelt, bei denen die Membranfläche an schmalen Balkenstrukturen befestigt ist. Die folgende Abbildung zeigt die 27 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Layouts und Mikroskopaufnahmen von drei realisierten Varianten solcher im Folgenden als „Feder-Membranen“ bezeichneten Mikrofonmembranen. Abbildung 2.13: An Biegebalken befestigte Mikrofonmembranen. Der Vorteil einer geringeren Biegesteifigkeit einer Feder-Membran ist derselbe wie bei einer geschlitzten Membran. Im Unterschied zu den geschlitzten Membranen wird der gesamte mechanisch und elektrisch inaktive Membranbereich entfernt, so dass nur konkave Membranränder vorliegen. Ein konkaver Membranrand neigt weniger zu einer Verbiegung bei einem vertikalen Spannungsgradienten entlang der Schichtdicke. Die offenen Flächen in der Membran können weiterhin dazu verwendet werden, einen akustischen Kurzschluss bei tiefen Frequenzen zu bewirken. Dies gelingt über den gezielten Einsatz von Perforationslöchern in diesen Bereichen, deren gesamter Strömungswiderstand mit der Membrannachgiebigkeit eine untere Grenzfrequenz für die Mikrofonempfindlichkeit definieren. Die dynamische Begrenzung der Mikrofonempfindlichkeit ist beispielsweise zur Dämpfung von niederfrequenten Störsignalen in KFZ-Anwendungen interessant. Ein weiterer Vorteil von Balken-Membranen liegt in der reduzierten parasitären Randkapazität, die sich aus der Stützfläche der Membran, dem Randoxid und der dem Silizium-Substrat zusammensetzt. Eine reduzierte parasitäre Kapazität erhöht die relative Kapazitätsänderung und damit das elektrische Ausgangssignal. Die genannten Vorteile treten besonders deutlich hervor, wenn wenige schmale Biegebalken verwendet werden. Damit wächst allerdings die Anfälligkeit gegenüber einen Spannungsgradienten in der Membran, der zu einer Randverbiegung führen kann. Diese Problematik ist qualitativ bei der Balken-Membran mit vier Stützstellen zu erkennen, bei der trotz der konkaven Form eine Randverbiegung zu beobachten ist (Abbildung 2.13, Mitte). 28 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Korrugierte Membranen Bei einer korrugierten Membran wird in Form einer Stufe ein Federelement in einer geschlossenen Membran realisiert. Diese Membranbereiche können sich unter den Einfluss einer Zugspannung lateral ausdehnen und daher die Spannung teilweise aufnehmen. Den Nachteil von frei beweglichen Membranrändern, wie sie bei den Feder-Membranen auftreten, besitzen diese Membranen nicht. Die Abbildung 2.14 zeigt eine Mikroskopaufnahme einer korrugierten Membran mit einem schematischen Querschnitt durch die Mikrofonkapazität. Die Korrugationen verursachen keinen Mehraufwand in der Prozessierung, da sie mit einer Fototechnik zusammen mit den Bumps in der Membran hergestellt werden. Die Korrugationen werden erzeugt, indem vor der Membranabscheidung eine Vertiefung in das Opferoxid geätzt wird. Da die Ätzung nicht vollständig anisotrop ist, sind die Korrugationswände leicht angewinkelt. Die Tiefe der Ätzung definiert daher die Höhe der Korrugation und kann nur einen Bruchteil der Opferschichtdicke betragen. Eine Korrugation verringert den Abstand zwischen der Membran und Gegenelektrode. Außerdem können in den Bereichen der Korrugationen keine Bumps platziert werden. Um die Gefahr eines Kontaktes durch Feuchtigkeit (Sticking) und Spannung (Snap Down) nicht zu erhöhen, werden die Korrugationen vorteilhaft in der Nähe der Einspannung in die Membran eingebracht, wo die Membranauslenkung am geringsten ist. Diese Einschränkung wirkt sich auf die Breite, dem Abstand und der Anzahl der Korrugationen aus. Abbildung 2.14: Fotographie, REM-Querschnitt und Skizze einer geschlossenen Membran mit Korrugationen. Die mechanische Nachgiebigkeit der Membran kann durch die Anzahl der ringförmig angeordneten Korrugationsringe im Randbereich eingestellt werden. Zur Untersuchung der Abhängigkeit zwischen Korrugationsanzahl und Nachgiebigkeit wurden Membranen mit 4 bzw. 8 Korrugationen hergestellt. Die reine Biegesteifigkeit einer korrugierten Membran ist im Vergleich zur einfachen geschlossenen Membran größer. Dieser Effekt ist in der Praxis nicht zu beobachten, da der Relaxationseffekt der Zugspannung überwiegt. Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten korrugierter Membranen werden im dritten Kapitel behandelt. Die Aufnahme der Abbildung 2.15 zeigt ein Membrandesign, das die Vorteile von Feder- und Korrugationsmembranen kombiniert. In eine Feder-Membran mit reduzierter parasitärer Randkapazität und Biegesteifigkeit werden zusätzlich Korrugationen zur Spannungsrelaxation eingebracht. Der enge Krümmungsradius zwischen zwei Biegebalken verhindert Randverbiegungen aufgrund von Spannungsgradienten. 29 Herstellung von Silizium-Mikrofonen in BiCMOS-Technologie Abbildung 2.15: An Biegebalken aufgehängte Membran mit Korrugationen. 2.5 Zusammenfassung Anhand analytischer Gleichungen wurde der Einfluss verschiedener Prozessparameter auf die Mikrofonempfindlichkeit und Kollapsspannung geschlossener Membranen diskutiert. Sie verdeutlichen, dass die Miniaturisierung von Silizium-Mikrofonen eine niedrige mechanische Spannung in der Membran erfordert. In dem neuen entwickelten Mikrofonprozess wird eine niedrigdotierte, monokristalline Siliziumschicht eines SOI-Wafers verwendet. Ein alternativer Ansatz zur Herstellung empfindlicher Silizium-Mikrofone ist der Einsatz von Membranen mit Federstrukturen. Diese Mikrofone werden auf Standard-Siliziumwafern mit einer polykristallinen Silizium-Membran unter Zugspannung hergestellt. Die Luftkompression im schmalen Kondensatorspalt eines Silizium-Mikrofons begrenzt die dynamische Bandbreite der Empfindlichkeit. Die mit dem präsentierten Prozess integriert hergestellten weiten Perforationsöffnungen in der Rückseitenplatte mit einem geringen akustischen Widerstand sorgen bei sehr empfindlichen Mikrofonen für eine ausreichende Entdämpfung. 30 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen Kapitel 3 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen Die Grundlage jeder Modellierung und Simulation bildet das Differential-Algebraische Gleichungssystem des physikalischen Systems mit den kontinuierlichen Feldgrößen. In der Strukturmechanik treten jedoch häufig Systeme auf, die nicht analytisch zu berechnen sind. Eine numerische Näherungslösung ist mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) möglich [Bath90], bei der das Kontinuum in eine endliche Anzahl von Gebieten, den finiten Elementen, unterteilt wird. Mit der Methode der Finiten-Elemente können auch irreguläre Strukturen mit nahezu beliebiger Genauigkeit, die mit der Feinheit der Diskretisierung und der Ordnung der Ansatzfunktionen zunimmt, simuliert werden. Die Membran als akustisch-mechanischer Wandler bildet das Herzstück des kapazitiven Mikrofons. Die Kenntnis des elastischen Verhaltens der Membran ist für eine erfolgreiche Modellierung des Mikrofons ausschlaggebend. Da nur für einfache Membranformen analytische Näherungslösungen zum Spannungs-Verformungszustand und zur mechanischen Nachgiebigkeit existieren, werden die verschiedenen Mikrofonmembranen mit einem FiniteElemente-Programm simuliert. In Abschnitt 3.1 wird zunächst die Zielsetzung und der generelle Simulationsablauf der numerischen Analysen beschrieben. Anschließend wird auf die einzelnen Membrantypen eingegangen: quadratische und kreisförmige geschlossene Membranen (3.2), Feder-Membranen (3.3) und korrugierte Membranen (3.4). 3.1 Zielsetzung und Simulationsablauf In den folgenden Abschnitten wird das mechanische Verhalten der Mikrofonmembranen numerisch mit der Methode der finiten Elemente untersucht. Die Ergebnisse dienen dazu, den Einsatzbereich bekannter Näherungslösungen zu erweitern bzw. neue Beziehungen abzuleiten. Im Einzelnen wird der Spannungszustand der Membran, die statische Membranverbiegung ohne Druckbelastung und die Auslenkung der Membran bei einem äußeren Druck simuliert. Vor der Simulation wird ein der Problemstellung angepasster Elementtyp ausgewählt, der bei minimalem Rechenaufwand zuverlässige Ergebnisse liefert. In einem ersten Simulationsschritt wird eine Zugspannung durch eine thermische Kontraktion in der Membran eingebracht. Für den ebenen Spannungszustand, d.h. unter der Annahme, dass in Richtung der Membrandicke keine Spannung wirkt (σz=0), gilt für die Dehnungen in der homogenen isotropen Membran 1 ⋅ (σ x − υ ⋅ σ y ) = α ⋅ ∆T , E 1 ε y = ⋅ (σ y − υ ⋅ σ x ) = α ⋅ ∆T . E εx = (3.1) (3.2) 31 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen Der thermische Ausdehnungskoeffizient α wird derart gewählt, dass die gewünschte mechanische Spannung bei einer Temperaturlast ∆T erzeugt wird. Durch Umformen erhält man den Zusammenhang zwischen dem Ausdehnungskoeffizienten und der mechanischen Spannung σ (=σx=σy) α= σ ⋅ (1 − ν ) E ⋅ 1 . ∆T (3.3) Es soll betont werden, dass es sich nicht um eine Simulation der Temperaturabhängigkeit handelt, sondern α lediglich zur Spannungserzeugung eingeführt wird. Die Temperaturdifferenz kann im Prinzip beliebig gewählt werden, z.B. ∆T=-1° K für eine Zugspannung. Nach dieser Temperaturlast kann der Spannungszustand der Membran und eine eventuell hervorgerufene statische Verbiegung der Membran untersucht werden. Im zweiten Simulationsschritt wird die vorgespannte Membran mit einem homogenen statischen Druck belastet. Aus den simulierten Elementverschiebungen wi wird schließlich die mechanische Nachgiebigkeit durch Aufsummierung berechnet ∑w ⋅ A = p⋅∑ A i Cm i i . (3.4) i i Darin ist Ai die Fläche des Elementes i mit der Verschiebung wi. Die Größe der mechanischen Nachgiebigkeit ist von besonderer Bedeutung für die Simulation der Empfindlichkeit von kapazitiven Mikrofonen. In Kapitel 4 wird gezeigt, dass die Definition (3.4) bei einem kapazitiven Wandler zweckmäßig ist, wenn die Auslenkung im Vergleich zur Kondensatorspalthöhe klein ist. Die gewonnenen Simulationsergebnisse zur Membrannachgiebigkeit können dann in parametrisierter Form als konzentriertes Element in das Netzwerkmodell des Mikrofons eingehen. 3.2 Quadratische und kreisförmige Membranen Für die mechanische Nachgiebigkeit von quadratischen und kreisförmigen Membranen existieren Nährungslösungen, die mit Hilfe von FEM-Analysen bewertet werden sollen (3.2.1, 3.2.2). Auf Basis der Simulationsergebnisse wird eine verbesserte Näherungslösung angegeben, die bei Nichtlinearitäten geringere Simulationsfehler liefert (3.2.3). 3.2.1 Quadratische Membranen Die Durchbiegung einer Mikrofonmembran unter Druckbelastung hängt von der inneren Biegesteifigkeit und der mechanischen Schichtspannung ab. Eine geschlossene analytische Lösung der partiellen Differentialgleichung einer quadratischen Membran existiert nicht. Eine näherungsweise Berechnung wurde von [Hoh86] durchgeführt. Zunächst wird das mechanische Verhalten einer Platte, d.h. bei einer vernachlässigbaren Schichtspannung gegenüber der inneren Biegesteifigkeit, über die Minimierung der kinetischen und potentiellen Energie nach dem Rayleigh-Verfahren berechnet. In der gleichen Weise kann der Fall einer vernachlässigbaren Biegesteifigkeit behandelt werden. Die häufig verwendete kosinusförmige Ansatzfunktion gibt die tatsächliche Biegeform nicht akkurat wieder 32 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen ([Pan90]) und wurde von [Mai95] erweitert. Die Rechnungen führen zu Lösungen für die Auslenkungsfunktionen einer reinen Platte oder reinen Membran, aus denen durch Integration über die Membranfläche effektive mechanische Nachgiebigkeiten CPlatte und CMembran, für beide Spezialfälle abgeleitet werden. Mit diesen ist eine asymptotisch gute Näherung für den allgemeinen Fall durch die Addition der Plattensteifigkeit 1/CPlatte und der „Spannungssteifigkeit“ 1/CMembran möglich und führt zur mechanischen Nachgiebigkeit einer quadratischen Membran Cm,q C m ,q ≈ C Platte ⋅ C Membran C Platte + C Membran a2 1 = ⋅ 2 . 28.6 ⋅ σ ⋅ t 7.7 ⋅ E ⋅ t + 1 2 2 (1 − υ ) ⋅ σ ⋅ a (3.5) Zur Beurteilung dieser Näherungslösung wurden nichtlineare FEM-Simulationen einer quadratischen Membran durchgeführt. Da die Membranen erheblich dünner als lang und eben sind, können zur Verkürzung der Rechenzeit Schalenelemente verwendet werden. Bei einem Schalenelement handelt es sich um ein aus dem dreidimensionalen Kontinuum degeneriertes Element mit der Dicke als Parameter. Schalenelemente setzen voraus, dass Spannungen entlang der Membrandicke vernachlässigt werden können und dass Teilchen, die ursprünglich eine senkrechte Gerade auf der Mittelfläche bildeten, auf einer Geraden bleiben. Die Qualität der Simulationsergebnisse wird durch eine Erhöhung der Elementordnung und der Elementanzahl kontrolliert. Verwendet werden Elemente mit vier und acht Knoten pro Element, d.h. mit linearen oder quadratischen Ansatzfunktionen. Jeder Knoten besitzt sechs Freiheitsgrade: drei Verschiebungsfreiheitsgrade für die Lage der Knoten im Raum und drei Rotationsfreiheitsgrade zur Bestimmung der Verdrehung der Normalen auf den Knoten gegenüber der Elementmittelfläche. Die Schalenelemente unterstützen geometrische Nichtlinearitäten, die bei mechanischen Spannungen (stress stiffening) und großen Verformungen (large deformation) auftreten. Abbildung 3.1 vergleicht die mechanische Nachgiebigkeit einer quadratischen Membran nach Finite-Elemente-Simulationen mit den Erwartungswerten der Gleichung (3.5). Der Simulationsparameter ist die Zugspannung σ, die für zwei Kantenlängen (a=600, 1000 µm) von 10 kPa bis 1 GPa variiert wird. Die Membran bestehe aus einer Siliziumschicht mit einem Elastizitätsmodul E von 1.62⋅1011 MPa, einer Querkontraktionszahl von 0.26 und einer Dicke von t=1 µm. 33 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 100 30 Abweichung zwischen Näherung und Simulation [%] Nachgiebigkeit Cm,q [nm/Pa] FEM (lineare Ansatzfkt., 6.400 Elemente) a=1000 µm 10 a=600 µm 1 0.1 FEM-Simulation FEM (quadratische Ansatzfkt., 14.400 Elemente) 25 20 a=600 µm 15 a=1000 µm 10 5 Nichtlinearität durch Spannungsversteifung 0 analytische Näherung Gl. (3.5) 0.01 0.01 0.1 1 10 100 Zugspannung σ [MPa] 1000 -5 0.01 0.1 1 10 100 1000 Zugspannung σ [MPa] Abbildung 3.1: Nachgiebigkeit quadratischer Membranen nach der analytischen Näherung und numerischen Simulationen. Im linken Graphen ist die mit der Zugspannung abnehmende mechanische Nachgiebigkeit dargestellt. Die Übereinstimmung zwischen der Näherung und den FEM-Simulationen ist für beide Kantenlängen relativ gut, wobei die Näherung im mittleren Spannungsbereich eine weichere Membran beschreibt. Im rechten Graphen ist die relative Abweichung zwischen beiden Lösungen in Abhängigkeit von der Zugspannung aufgetragen, die aus der Nichtlinearität der Spannungsversteifung resultiert. Ist die Zugspannung vergleichbar mit der Biegespannung, gilt also CPlatte≈CMembran, weicht die tatsächliche Auslenkungsfunktion von den Spezialfällen einer reinen Platte bzw. Membran ab, so dass die Annahme einer linearen Superposition beider Rückstellkräfte in Gleichung (3.5) zu dem beobachteten Fehler führt. Eine Erhöhung der Ordnung der Ansatzfunktion und der Anzahl der Elemente verändert die Ergebnisse der FEM-Simulation nur geringfügig, so dass von einem geringen Diskretisierungsfehler ausgegangen werden kann. Eine weitere Nichtlinearität tritt bei großen Verformungen auf. Bei Membranen macht sich diese geometrische Nichtlinearität bemerkbar, wenn die Membranauslenkung Werte in der Größenordnung der Membrandicke annimmt [Timo59]. Dann erzeugt die Auslenkung zusätzliche innere Spannungen in der Membran, die zu einer Versteifung führen. Die Verformungsversteifung demonstriert die Simulation einer 400 nm dicken Membran in Abbildung 3.2. Die Kantenlänge der Membran beträgt 1000 µm. Im Gegensatz zur Simulation einer 1 µm dicken Membran beobachtet man bei einer 0.4 µm dicken Membran eine hohe Abweichung zwischen der analytischen Näherung und der nichtlinearen FEM-Simulation im Bereich niedriger Zugspannungen. Die FEM-Simulationen liefern deutlich niedrigere mechanische Nachgiebigkeiten, die auf die Berücksichtigung der Verformungsversteifung zurückzuführen sind. Wird der Effekt der Verformungsversteifung in der Simulation bewusst deaktiviert, dann stimmt die Näherungslösung im Rahmen des Fehlers der Spannungsversteifung mit der Simulation überein (gestrichelte Linie). 34 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 1000 Abweichung zwischen Näherung und Simulation [%] Nachgiebigkeit Cm,q [nm/Pa] t=0.4 µm 100 t=1 µm 10 analytische Näherung Gl. (3.5) FEM ohne Verformungsversteifung nichtlineare FEM 1 0.01 0.1 1 10 Zugspannung σ [MPa] 70 nichtlineare FEM 65 FEM ohne Verformungsversteifung 60 55 Nichtlinearität durch 50 Verformungsversteifung 45 40 35 30 25 t=0.4 µm t=1 µm 20 15 10 5 0 -5 0.01 0.1 1 10 100 1000 Zugspannung σ [MPa] Abbildung 3.2: Nichtlineare Verformungsversteifung bei großen Auslenkungen und dünnen Membranen. 3.2.2 Kreisförmige Membranen Die partielle Platten-Differentialgleichung mit intrinsischer Eigenspannung kann für eine kreisförmige Membran geschlossen gelöst werden. Die Lösung ist bereits für diesen einfachen Fall kompliziert [Timo59]. Eine Näherung ist wieder durch die Superposition der getrennten Lösungen einer Platte und einer Membran ohne Biegespannungen möglich. Analog zu Gleichung (3.6) erhält man einen Ausdruck für die Nachgiebigkeit einer kreisförmigen Membran R 1 ≈ ⋅ 2 . 8 ⋅ t ⋅σ 2⋅ E ⋅t + 1 2 2 (1 − υ ) ⋅ σ ⋅ R 2 C m,k (3.6) Darin ist R der Radius der Membran, t die Dicke und σ die mechanische Spannung. Wieder wurden numerische Simulationen durchgeführt und die relative Abweichung mit der Näherungslösung (3.6) gebildet. Die Simulationsergebnisse von kreisförmigen Membranen sind qualitativ mit denen der quadratischen Membranen vergleichbar: die geometrischen Nichtlinearitäten der Spannungs- und Verformungsversteifung werden von der Näherungslösung nicht erfasst und führen zu den beobachteten Abweichungen. Im nächsten Abschnitt sollen numerische Simulationen zur Ableitung einer verbesserten Beziehung für die mechanische Nachgiebigkeit von quadratischen und kreisförmigen Membranen genutzt werden. 35 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 3.2.3 Ableitung einer erweiterten Beziehung zur nichtlinearen MembranNachgiebigkeit In den numerischen Simulationen wurden zwei nichtlineare Effekte identifiziert, die zu einem Fehler bei der Verwendung der analytischen Näherungslösungen führen: • • die Verformungsversteifung bei großen Membrandurchbiegungen und die Spannungsversteifung bei gemischten Platten- und Membranverhalten. Die Verformungsversteifung kann vernachlässigt werden, wenn die Membrandicke wesentlich größer als die Auslenkung ist, d.h. t>>∆x≈Cm⋅p gilt. Diese Bedingung sollte durch das Membrandesign immer erfüllt werden, damit die Mikrofonempfindlichkeit mit höherem Schalldruck nicht abnimmt. Selbst unter diesen Umständen kann der Effekt der Spannungsversteifung zu nennenswerten Fehlern in der Simulation führen, wenn die Näherungslösungen verwendet werden. Nach Abbildung 3.2 beträgt der Simulationsfehler bei einer 1 µm dicken Membran mit einer Kantenlänge von 500 µm bei 10 MPa etwa 20%. Ein Maß dafür, ob der Fehler relevant ist, kann aus der Bedingung CPlatte=CMembran für die quadratische und kreisförmige Membran bestimmt werden σ c ,q = σ c ,k 7.7 ⋅ E ⋅ t 2 , (1 − υ 2 ) ⋅ a 2 2⋅ E ⋅t2 . = (1 − υ 2 ) ⋅ R 2 (quadratische Membran) (3.7) (Kreismembran) (3.8) Der Effekt der Spannungsversteifung hängt stark von dem Verhältnis der Membrandicke t zu der lateralen Abmessung (R bzw. a) ab. Nimmt die Membranspannung σ Werte um die charakteristische Spannung σc an, dann muss die Spannungsversteifung in die Betrachtungen zur mechanischen Nachgiebigkeit einbezogen werden. Um eine verbesserte algebraische Gleichung zu erhalten, die für die Netzwerkmodellierung des Mikrofons benötigt wird, wurde mit einem weit gefassten Parameterbereich einer Polysilizium-Membran die mechanische Nachgiebigkeit numerisch simuliert. Die Simulationsparameter sind der Membranradius bzw. die Membrankantenlänge, die Membrandicke und die Membranspannung. Sie wurden in folgenden Wertebereichen variiert: • • • • Radius R: Kantenlänge a: Membrandicke t: Membranspannung σ: 100-700 µm, t0=0.2 µm, σ0=32 MPa 400-1400 µm, t0=0.2 µm, σ0=32 MPa 0.05-1 µm, R0=500 µm (a0=1000 µm), σ0=32 MPa 1-256 MPa, R0=500 µm (a0=1000 µm), t0=0.2 µm Der Parameterbereich deckt Membrannachgiebigkeiten von 0.2-125 nm/Pa ab, denen typischerweise Leerlauf-Empfindlichkeiten von 0.2-125 mV/Pa entsprechen (U0=2V, x0=2 µm). Aus den Ergebnissen der FEM-Simulationen konnte ein Korrekturterm Km zur Einbeziehung der nichtlinearen Spannungsversteifung abgeleitet werden, der für eine kreisförmige und quadratische Membran gleichermaßen zu guten Ergebnissen führt 36 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen K m (σ , σ c ) = 1 σ 1 + 1.1 ⋅ c σ 0.6 . (3.9) Mit dem Korrekturterm und den herkömmlichen analytischen Näherungslösungen für die mechanische Nachgiebigkeit Cm ergibt sich für die modifizierte Nachgiebigkeit Cm* eine sehr kompakte Darstellung Cm * 1 ≡ K m ⋅ Cm = ⋅ 0.6 σ 1.1 ⋅ c + 1 4σ2444 144 3 Nichtlineare Spannungsversteifung R2 ( Kreis ) ⋅ 2 8 ⋅ t ⋅σ . a 30 ⋅ t ⋅ σ (quadr.) 1 σc +1 σ23 1 (3.10) Lineare Spannungsversteifung Km kann als eine nichtlineare Korrektur des Effektes der Spannungsversteifung interpretiert werden. In Abbildung 3.3 ist die Abweichung zwischen der FEM-Simulation und der Näherungslösung mit und ohne Korrektur gegen den Spannungsgrad σ/σc aufgetragen. 25 quadratische Membran Kreismembran Dicke: 0.05-1 µm 10 verbesserte Näherungslösung C*m,q 5 Dicke: 0.05 -1 µm 20 Näherungslösung Cm,q 15 Radius: 100-700 µm Spannung: 1-250 MPa Spannung: 1-250 MPa Abweichung [%] Abweichung [%] 20 25 Kantenlänge: 400-1400 µm Näherungslösung Cm,k 15 10 verbesserte Näherungslösung C*m,k 5 0 -5 0 10 100 1000 Spannungsgrad σ/σc 10000 10 100 1000 Spannungsgrad σ/σc 10000 Abbildung 3.3: Verringerung des Modellierungsfehlers durch die Einführung eines nichtlinearen Korrekturterms. Mit der Erweiterung der Gleichungen zur Membrannachgiebigkeit wird eine sehr gute Übereinstimmung mit den numerischen FEM-Simulationen über einen weiten Wertebereich der Designparameter erreicht. Der Restfehler der modifizierten Näherungsgleichung beträgt weniger als 3% und ist damit kleiner als die technologisch bedingten Schwankungen in der Membrandicke und der Schichtspannung, so dass die Simulationsgenauigkeit ausreichend ist. 37 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 3.3 Feder-Membranen Mit Feder-Membranen sollen Membranen bezeichnet werden, deren kapazitiv wirksame Fläche von einer bestimmten Anzahl von Biegebalken gehalten werden und daher nur an wenigen Stützstellen befestigt sind. Im Vergleich zu einer am gesamten Umfang eingespannten Kreismembran wirken kleinere Rückstellkräfte einer Durchbiegung der FederMembran entgegen. In Abbildung 3.4 ist eine Membran mit vier Federstrukturen dargestellt. R0 b R t Abbildung 3.4: Schematische Darstellung einer Feder-Membran. Die spezifischen Designparameter sind der „Radius“ R, die Anzahl der Federn N, die Stegbreite b und die kürzeste Entfernung zwischen der Membranmitte und dem Membranrand R0. Zunächst wird an einer spannungsfreien Membran die erhöhte mechanische Nachgiebigkeit einer Feder-Membran demonstriert (3.3.1). Anders als bei einer Kreismembran, bei der die mechanische Spannung in der Schicht konstant ist, stellt sich in einer Feder-Membran eine Spannungsverteilung ein. Die Nachgiebigkeit hängt daher nicht allein von dem Betrag der intrinsischen Schichtspannung ab, sondern auch von der Verteilung über die Membran (3.3.2). Der Einfluss des veränderten Spannungszustandes wird exemplarisch an einer Feder-Membran untersucht, um schließlich auf eine allgemein gültige Beschreibung der Nachgiebigkeit von Feder-Membranen einzugehen (3.3.3). Ergänzend wird der Einfluss von vertikalen Spannungsgradienten in der Membran behandelt (3.3.4) um abschließend die Simulationsergebnisse zu diskutieren (3.3.5). 3.3.1 Spannungsfreie Feder-Membran Die aus der Geometrie einer Feder-Membran resultierende Erhöhung der Durchbiegung bei einem statischen Druck (1 Pa) zeigt die Abbildung 3.5, in der die simulierten Biegelinien einer Kreismembran und einer Feder-Membran mit gleichem Radius (500 µm) und gleicher Membrandicke (1 µm) miteinander verglichen werden. Die Feder-Membran besitzt vier 100 µm breite Federstrukturen mit einem inneren Radius R0 von 250 µm. Insgesamt beträgt bei diesem Design einer Feder-Membran die Membranfläche etwa 46% der Fläche einer Kreismembran mit gleichem Radius. Durch das Setzen geeigneter Symmetriebedingungen muss immer nur eine Feder der Membran berechnet werden. Nichtlineare Effekte können vernachlässigt werden, da die Dicke der Membranen größer als deren Auslenkungen ist und die Membranen als spannungsfrei angenommen werden. 38 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 180 160 120 100 80 60 40 20 Federmembran 0.9 normierte Auslenkung 140 Auslenkung [nm] 1 Federmembran (FEM) Kreismembran (analytisch) Kreismembran (FEM) Kreismembran 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 0 0 100 200 300 400 Entfernung von der Membranmitte [µm] 500 0 100 200 300 400 500 Entfernung von der Membranmitte [µm] Abbildung 3.5: Biegelinien einer Kreis- und Feder-Membran ohne Schichtspannung. Die Mittenauslenkung der Feder-Membran ist mit 156 nm mehr als doppelt so groß wie die der Kreismembran (67 nm), obwohl die auf die Feder-Membran wirkende Kraft wegen der geringeren Fläche deutlich kleiner ist. Die im rechten Graphen dargestellte und auf die Mittenauslenkung normierte Membranauslenkung macht deutlich, dass sich eine FederMembran erwartungsgemäß im Bereich der Biegebalken stärker durchbiegt als eine Kreismembran, deren Biegelinie durch p 12 ⋅ (1 − υ 2 ) ⋅ p w(r ) = ⋅ (r 2 − R 2 ) 2 ≡ ⋅ (r 2 − R 2 ) 2 3 64 ⋅ D 64 ⋅ E ⋅ t (3.11) gegeben ist [Timo59]. w ist die vom Druck p abhängige Auslenkung bei der Entfernung r von der Membranmitte. Der Vergleich mit der Biegelinie einer Kreismembran macht deutlich, dass eine spannungsfreie Feder-Membran nicht einfach durch eine effektiv kleinere Plattensteifigkeit D beschrieben werden kann. 3.3.2 Feder-Membran mit Schichtspannung Nach der Betrachtung von rein biegesteifen Membranen soll nun das mechanische Verhalten untersucht werden, wenn zusätzlich eine Zugspannung in der Membran wirkt. Bei einer Kreismembran ist sie überall in der Membran gleich groß: σ(x,y)=σ0. In einer Feder-Membran hingegen wird die Zugspannung eine Funktion des Ortes sein: σ(x,y)=f(x,y). In Abbildung 3.5 ist die simulierte Spannungsverteilung einer Feder-Membran dargestellt, in die eine intrinsische Zugspannung von σ0=30 MPa eingebracht wurde. 39 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 45 Membranspannung [MPa] 40 35 Versteifung intrinsische Schichtspannung 30 25 A Entspannung 20 15 B 10 5 0 0 100 200 300 400 500 Entfernung von der Membranmitte [µm] Abbildung 3.6: Spannungsverteilung in einer Feder-Membran. Ausgehend von einer intrinsischen Schichtspannung von 30 MPa bildet sich im Gleichgewicht eine Verteilung mit Spannungen von 10-42 MPa aus. Während es in den mittleren Membranbereichen zu einer Entspannung über eine Ausdehnung der freistehenden Membranränder kommt (Weg B), konzentriert sich die Spannung in den Bereichen der Federstruktur (Weg A). Die über die Fläche der Feder-Membran gemittelte Spannung beträgt <σ>=24.9 MPa, d.h. in Summe relaxiert ein Teil der Schichtspannung. Um den Einfluss der Verteilung der Membranspannung auf das Auslenkungsverhalten zu untersuchen, wird in einer Simulation eine konstante Spannung in der Feder-Membran erzwungen, indem die Verschiebungsfreiheitsgrade in der Membranebene gesperrt werden. Abbildung 23 zeigt die Durchbiegung einer Feder-Membran bei konstanter und verteilter mechanischer Spannung. 7 1 Auslenkung [nm] 0.9 Feder-Membran σ(x,y)=f(x,y) normierte Auslenkung Entspannung 6 5 4 Feder-Membran σ(x,y)=konst 3 2 Versteifung 1 Feder-Membran σ(x,y)=konst 0.8 0.7 0.6 Feder-Membran σ(x,y)=f(x,y) 0.5 0.4 Kreismembran 0.3 0.2 0.1 0 0 0 100 200 300 400 Entfernung von der Membranmitte [µm] 500 0 100 200 300 400 500 Entfernung von der Membranmitte [µm] Abbildung 3.7: Auslenkungsfunktion einer Feder-Membran bei konstanter und verteilter mechanischer Spannung. Im Bereich der Membranmitte ist die Auslenkung bei einer Verteilung der Spannung größer, da in diesem Membranbereich die mechanische Spannung nur etwa die Hälfte der intrinsischen Spannung beträgt. Dagegen verursacht die Spannungskonzentration in den Federbereichen eine geringere Auslenkung im Vergleich zu einer Simulation mit konstanter Membranspannung. Insgesamt betrachtet verursacht der spezielle Spannungszustand einer 40 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen Feder-Membran eine Durchbiegung mit verstärkter Auslenkung der mittleren Membranbereiche und ähnelt der einer Kreismembran unter Zugspannung (rechter Graph). Dennoch ist der Einfluss auf das Auslenkungsverhalten verhältnismäßig gering, wenn man bedenkt, dass sich die anfängliche intrinsische Spannung von 30 MPa um über 60% auf 10 MPa in der Membranmitte reduziert. Für die Modellierung eines kapazitiven Mikrofons ist weniger die genaue Auslenkungsfunktion, als die integrale Größe der mechanischen Nachgiebigkeit von Interesse. In Tabelle 3.1 sind die aus den simulierten Biegelinien berechneten Nachgiebigkeiten einer Kreis- und Feder-Membran mit verschwindender Zugspannung, konstanter Spannung und verteilter Spannung zusammengetragen. Nachgiebigkeit [nm/Pa] Kreismembran Feder-Membran Verbesserung Kreis ! Feder spannungsfrei σ0=0 MPa 22.5 99.7 konstante Spannung σ(x,y)=σ0=30 MPa 0.9 3.6 verteilte Spannung σ(x,y)=f(x,y) 0.9 3.5 ×4.4 ×4 ×3.9 Tabelle 3.1: Nachgiebigkeit einer Kreis- und Feder-Membran bei verschiedenen Spannungszuständen. Die Simulationen machen deutlich, dass die Verteilung der mechanischen Spannung durch Dehnungen in der Feder-Membran für die mechanische Nachgiebigkeit nur von untergeordneter Bedeutung ist. Die durch die Einführung der Federstrukturen in der Membran erlangte Verbesserung der Nachgiebigkeit beträgt jeweils etwa 400% und entspricht dem Gewinn an Nachgiebigkeit des spannungsfreien Falls von 440%. Überraschenderweise geht mit der Spannungsverteilung sogar eine geringfügig kleinere Nachgiebigkeit einher, obwohl die mittlere Spannung statt 30 MPa nur 24.9 MPa beträgt. Die Spannungskonzentration in der Feder kompensiert gerade den positiven Effekt der Membranentspannung. 3.3.3 Modellierung von Feder-Membranen Die tatsächlichen Spannungen und Verschiebungen in einer Feder-Membran können aufgrund ihrer geometrischen Struktur nicht analytisch berechnet werden. Das macht numerische Simulationen notwendig, die allerdings immer nur einen speziellen Parametersatz untersuchen können. Für die Modellierung des Mikrofons ist aber eine Beziehung für die mechanische Nachgiebigkeit einer Feder-Membran wünschenswert, die für die variablen Parameter allgemein gültig ist. Für quadratische und kreisförmige Membranen wurde mit Gleichung (3.10) solch eine Darstellung gefunden. Da die ortsabhängige Spannungsverteilung einer Feder-Membran trotz großer lokaler Unterschiede nur einen geringen Einfluss auf die Durchbiegung und die mechanische Nachgiebigkeit hat und sich das Auslenkungsverhalten einer Kreis- und Feder-Membran ähnelt, liegt es nahe, die Nachgiebigkeit einer FederMembran näherungsweise durch die einer Kreismembran darzustellen, wenn ein Proportionalitätsfaktor der erhöhten Nachgiebigkeit einer Feder-Membran Rechnung trägt. Dieser Federmembran-Faktor fFeder wurde für die in dieser Arbeit hergestellten Membranen bei einer intrinsischen Schichtspannung von 32 MPa und einer Membrandicke von 0.4 µm simuliert (Abbildung 3.8). 41 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen R=500 µm t=0.4 µm σ0=30 MPa N=16 b=20 µm R0=400 µm N=16/32 b=20/10 µm R0=400 µm N=4 b=100 µm R0=225 µm 6 N=4 b=50 µm R0=221 µm 5.5 5 3.8 fFeder 4 3.0 3 2.1 2 1.0 1 0 Kreismembran Netz A Netz B Feder A Feder B Abbildung 3.8: Federmembran-Faktoren fFeder (=Verbesserung der Nachgiebigkeit) verschiedener Membrandesigns. Die Membran mit 16 Federstrukturen, die zur besseren Unterscheidung mit Netz A bezeichnet wird, ist etwa doppelt so empfindlich wie eine vergleichbare Kreismembran. Bei dem Design Netz B werden zusätzlich Löcher in die Federbereiche eingebracht, wodurch eine zweite ringförmige Anordnung von Federstrukturen entsteht. Die Breite dieser 32 Federn beträgt jeweils etwa 10 µm. Diese Maßnahme erhöht die Nachgiebigkeit um weitere 50%. Besonders hohe Nachgiebigkeiten erreicht man mit wenigen Federbalken (Feder A) und schmalen Federn (Feder B). Die Federmembran-Faktoren der Abbildung 3.8 wurden für eine feste Membranspannung und –dicke bestimmt. Für eine universelle Modellierung der dargestellten Feder-Membranen wurde der Federmembran-Faktor, d.h. das Verhältnis der mechanischen Nachgiebigkeiten einer Feder- und Kreismembran, für Membranspannungen von 1-256 MPa (t0=0.4 µm) und Membrandicken von 0.05-1.6 µm (σ0=32 MPa) simuliert und gegen den Spannungsgrad σ/σc aufgetragen (Abbildung 3.9). Die numerischen Simulationen zeigen, dass die Nachgiebigkeit einer Feder-Membran Cm,Feder näherungsweise durch eine von der Membranspannung und – dicke unabhängige Konstante fFeder und der Nachgiebigkeit einer Kreismembran Cm,k* (3.10) beschrieben werden kann C m, Feder (t , σ ) ≡ f Feder ⋅ C m,k (t , σ ) . * (3.12) Das bedeutet, dass der Skalierungsfaktor fFeder nur einmal für eine Feder-Membran numerisch simuliert werden muss und dann mit variablen Membrandicken und -spannungen verwendet werden kann. Ist die mechanische Nachgiebigkeit kleiner als 100 nm/Pa, beträgt der Modellierungsfehler weniger als 5%. Nur bei Plattenverhalten und sehr hohen Nachgiebigkeiten ist die Einführung eines konstanten Federmembran-Faktors nicht zulässig. 42 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 6 5.5 5 4.5 fFeder 4 3.5 3 2.5 2 x σ: 1-256 MPa, t0=0.4 mm o t: 0.05-1.6 µm, σ0=32 MPa 1.5 1 1 10 100 1000 Spannungsgrad σ/σc 10000 100000 Abbildung 3.9: Federmembran-Faktoren bei verschiedenen Membranspannungen σ und Dicken t gegen den Spannungsgrad. 3.3.4 Einfluss von Spannungsgradienten auf das mechanische Verhalten von Feder-Membranen Die mechanische Spannung ist im Allgemeinen nicht konstant über die Schichtdicke. Insbesondere der intrinsische und Dotierstoff-induzierte Anteil besitzt häufig einen starken Spannungsgradienten und hängt vom Schichtwachstumsprozess und Implantationsprofil ab. Das in dieser Arbeit verwendete amorph abgeschiedene und nachträglich kristallisierte Polysilizium hat anders als direkt polykristallin abgeschiedenes Silizium einen relativ geringen intrinsischen Spannungsgradienten, da die Korngröße nur geringfügig von der Schichtdicke abhängt [Elb98]. Von der Prozessführung abhängig kann der Spannungsgradient dennoch bis zu 100 MPa/µm betragen [And01]. Die tatsächliche Verteilung der Membranspannung ist im allgemeinen nicht bekannt. Sie kann aber in ihrer Wirkung durch die mittlere Spannung σ0 [MPa] und einem linearen Verlauf mit dem Spannungsgradienten Σ [MPa/µm] dargestellt werden (Spannungslinearisierung). In den Finite-Elemente-Simulationen wird mit einem geschichteten Schalenelement der lineare durch einen stufenförmigen Spannungsverlauf in der Schichtdicke approximiert. (Abbildung 3.10). Das Element besitzt 8 Knoten mit jeweils 6 Freiheitsgraden und unterstützt nichtlineare Spannungs- und Verformungsversteifung. 43 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen σ(x) σ0−Σ t/2+Σ x Spannungslinearisierung σ(Ν) Diskretisierung t t x t N x x Abbildung 3.10: Modellierung inhomogener Spannungsverteilungen in der Membran mit geschichteten Schalenelementen. Im Folgenden soll die statische Membranverbiegung, d.h. ohne äußere Druckeinwirkung, und die mechanische Nachgiebigkeit unter dem Einfluss eines vertikalen Spannungsgradienten in der Membran untersucht werden. Statische Membranverbiegung bei vertikalen Spannungsgradienten Bei Kreismembranen ist aufgrund der festen Einspannung am gesamten Membranrand kaum ein Einfluss von Spannungsgradienten zu erwarten. Anders verhält es sich bei FederMembranen, die auf die inneren Momente mit statischen Verbiegungen reagieren können. In Abbildung 3.11 ist die Verbiegung einer Feder-Membran (Radius R=500 µm, innerer Radius R0=225 µm, Federbreite b=100 µm, Anzahl Federn N=4, Membrandicke t=0.4 µm) entlang der Federstruktur (A) und entlang der inneren Membrankapazität (B) aufgetragen. In der FEM-Simulation wird von einer intrinsischen Schichtspannung von σ0=30 MPa und einem linearen Gradienten von Σ=50 MPa/µm ausgegangen. Damit nimmt die Spannung von der Membranoberseite ausgehend linear von 20 MPa zu 40 MPa mit der Schichtdicke zu. 0.2 A Verbiegung [µm] 0.1 0 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 -0.1 -0.2 B -0.3 -0.4 -0.5 Entfernung von der Membranmitte [µm] Abbildung 3.11: Statische Verbiegung einer Feder-Membran aufgrund eines vertikalen Spannungsgradienten. Die in der Simulation mit dem Vorzeichen des Spannungsgradienten gewählte höhere Zugspannung im unteren Schichtdickenbereich verursacht ein Biegemoment, das den freien Membranrand in negative Richtung verbiegt und die mittige Membranfläche aufwölbt. Die Membranverbiegung von –0.37 µm bis 0.13 µm kann bezogen auf die Membrandicke von 0.4 µm nicht vernachlässigt werden. Die Stärke der Verbiegung hängt von dem Membrandesign, der Membrandicke, dem Spannungsgradienten und der mittleren Spannung ab. Die grundlegenden Zusammenhänge sind in der Abbildung 3.12 am Beispiel der 44 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 550 σ0=30 MPa t=0.4 µm t=0.2 µm 500 maximale Membranverbiegung [nm] maximale Membranverbiegung [nm] maximalen Randverbiegung zweier Feder-Membranen dargestellt. Die durchgezogenen Linien stehen für die 400 nm dicken Membranen; die gestrichelten Linien für die der Membranen mit t=200 nm. 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 550 Σ=30 MPa 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 20 Spannungsgradient Σ [MPa/µm] Abbildung 3.12: Maximale Spannungsgradienten. t=0.4 µm t=0.2 µm Membranverbiegung 30 40 50 60 70 80 90 100 mittlere Spannung σ0 [MPa] von Feder-Membranen bei Erwartungsgemäß nimmt die Randverbiegung bei einer konstanten mittleren Membranspannung von 30 MPa mit dem Spannungsgradienten linear zu (linker Graph). Die Membran mit vier Federn und daher sehr breitem Membranrand biegt sich etwa fünfmal stärker durch als eine Membran mit 48 Federn. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass die Verbiegung von der Membrandicke abhängt und sich bei einer Verdopplung der Dicke näherungsweise ebenfalls verdoppelt. Das Biegemoment nimmt also stärker als das Flächenträgheitsmoment mit der Schichtdicke zu. Damit unterscheidet sich das Verhalten einer Feder-Membran deutlich von dem eines einseitig eingespannten Biegebalkens, bei dem sich die Dicken-Abhängigkeit des Biege- und Flächenträgheitsmomentes aufheben, so dass die Durchbiegung lediglich vom Spannungsgradienten abhängt. Bei einem konstanten Spannungsgradienten (Σ=30 MPa/µm) nimmt die Randverbiegung mit der mittleren Spannung in der Membran ab, da die Membran mit zunehmender Spannung mechanisch steifer wird (rechter Graph). Mechanische Nachgiebigkeit bei Spannungsgradienten In diesem Abschnitt soll untersucht werden, ob ein Spannungsgradient und die damit einhergehende Verbiegung die mechanische Nachgiebigkeit der Membran beeinflusst. Die simulierte mechanische Nachgiebigkeit in Abhängigkeit vom Spannungsgradienten ist in der Abbildung 3.13 aufgetragen. Die mittlere Spannung in der 400 nm dicken Feder- und NetzMembran beträgt jeweils konstant 30 MPa. Im rechten Graph ist zur Verdeutlichung die prozentuale Veränderung der Nachgiebigkeit mit dem Spannungsgradienten aufgetragen. Trotz der zum Teil erheblichen Randverbiegungen in der Größenordnung der Membrandicke wird die mechanische Nachgiebigkeit kaum beeinflusst. Bei Spannungsgradienten bis zu 70 MPa/µm, der bei einer 400 nm dicken Membran einem Spannungsverlauf von 16-44 MPa bedeutet, ist nur eine geringfügige Verringerung der Nachgiebigkeit um max. 1.4% zu beobachten. Die Nachgiebigkeit einer Membran ist also durch die mittlere Spannung und nicht durch den tatsächlichen Spannungsverlauf über die Dicke gegeben. 45 10 Veränderung der Nachgiebigkeit [%] mechanische Nachgiebigkeit [nm/Pa] Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 9 8 σ=30 MPa t=0.4 µm 7 6 5 0 10 20 30 40 50 60 Spannungsgradient Σ [MPa/µm] 70 0 -0.2 -0.4 -0.6 σ=30 MPa t=0.4 µm -0.8 -1 -1.2 -1.4 -1.6 0 10 20 30 40 50 60 70 Spannungsgradient Σ [MPa/µm] Abbildung 3.13: Mechanische Nachgiebigkeit einer Feder- und Netz-Membran unter dem Einfluss eines vertikalen Spannungsgradienten in der Membran. 3.3.5 Diskussion der Simulationsergebnisse Die durchgeführten Simulationen demonstrieren, wie wirkungsvoll Feder-Membranen zur Erhöhung der mechanischen Nachgiebigkeit bei gleichem Platzbedarf auf dem Mikrofonchip eingesetzt werden können. Die Modellierung der Feder-Membranen gelingt über die analytische Näherungslösung einer Kreismembran und einem numerisch bestimmten Skalierungsfaktor. Es konnte gezeigt werden, dass der spezielle Spannungszustand einer Feder-Membran und ein vertikaler Spannungsgradient die Nachgiebigkeit kaum beeinflusst. Die Simulationsergebnisse zur statischen Verbiegung bei Spannungsgradienten verdeutlichen, dass bei dem Einsatz von Feder-Membranen ein Kompromiss zwischen einer hohen Membrannachgiebigkeit und einer geringen Verbiegung gefunden werden muss. Bei gegebenem Spannungsgradienten, der von der Fertigungstechnologie und dem Gesamtprozess abhängt, muss das Membrandesign oder die Schichtspannung derart gewählt werden, dass eine Berührung zwischen der Membran und der Gegenelektrode ausgeschlossen werden kann. Als sichere Membranvariante bieten sich die als Netz-Membranen bezeichneten Membranen mit vielen, schmalen und kurzen Federbalken an. Diese zeigen eine gute mechanische Nachgiebigkeit und sind unempfindlich gegenüber Spannungsgradienten. Ein weiterer Vorteil der Netz-Membranen ist der geringe Verlust an Membranfläche bzw. die höhere Grundkapazität, die für geringe Umladeverluste bei parasitären Kapazitäten benötigt wird. Prinzipiell sind dünne Membranen zu bevorzugen, da sie bei einer hohen mechanischen Nachgiebigkeit eine geringere Verbiegung der freien Membranränder aufweisen. 3.4 Korrugierte Membranen Ein weiterer Membrantyp mit einer Federstruktur soll nun untersucht werden. Dabei handelt es sich um die Korrugationsmembran, bei der in einer geschlossenen Membran eine bestimmte Anzahl von Stufen eingebracht werden (Abbildung 3.14). Neben dem Radius R, der Dicke t und der Schichtspannung σ treten Korrugation-spezifische Parameter auf: die 46 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen Höhe hc und Weite wc einer Korrugation, die Anzahl Nc und der Abstand zwischen zwei Korrugationen bc. R t hc bc/2 wc Abbildung 3.14: Schematische Darstellung einer Korrugationsmembran. Die vertikalen Korrugationen dienen wie die lateralen Biegebalken bei Feder-Membranen der Erhöhung der mechanischen Nachgiebigkeit der Membran. Dennoch ist das Funktionsprinzip einer Korrugationsmembran von der einer Feder-Membran zu unterscheiden. Bei einer FederMembran konnte gezeigt werden, dass die Erhöhung der Nachgiebigkeit auf die geringere Biegesteifigkeit zurückzuführen ist und die Veränderung der Spannungsverteilung von untergeordneter Bedeutung ist. Bei einer Korrugationsmembran ist es genau umgekehrt. Vergleichbar mit der Wirkungsweise eines Wellblechdachs versteifen die Korrugationen die Membran. Bei den in der Mikromechanik verwendeten Materialen muss aber von einer mechanischen Spannung in der Membranschicht ausgegangen werden. Dann ist die gewinkelte, stufenförmige Struktur der Korrugationen von Vorteil, da sie über eine Dehnung oder Stauchung eine mechanische Spannung in der Membran verringern. Bei einer Zugspannung ist dieses Verhalten gleichbedeutend mit einer höheren mechanischen Nachgiebigkeit der Membran. Wirkt hingegen eine Druckspannung, etwa durch eine äußere mechanische Beanspruchung der Einspannung, dann neigt die Korrugationsmembran weniger dazu auszubeulen. Eine Abschätzung für die Reduzierung der mechanischen Spannung in einer Korrugationsmembran erhält man durch den Vergleich der nichtlinearen Verformungsversteifung einer planaren und einer korrugierten Membran [Schee94, Kres02]. In Abschnitt 3.4.1 wird die Spannungsreduktion mit Hilfe eines geometrischen Modells analytisch berechnet. Dem folgt die numerische Simulation der Spannungsverteilung in einer Korrugationsmembran (3.4.2), um dann auf das Auslenkungsverhalten bei Druckbelastung einzugehen (3.4.3). Als Resultat der analytischen Rechnung und numerischen Simulationen wird in 3.4.4 eine Beziehung für die mechanische Nachgiebigkeit angegeben. Ein wichtiger Aspekt bei der Produktreife von Silizium-Mikrofonen ist die Reproduzierbarkeit der Empfindlichkeit und somit der mechanischen Nachgiebigkeit. Die Schwankung der Nachgiebigkeit von Korrugationsmembranen bei Fertigungstoleranzen wird in (3.4.5) betrachtet. Abschließend werden die Simulationsergebnisse diskutiert (3.4.6). 3.4.1 Analytische Berechnung eines Korrugationsbalkens Die elastische Federkonstante einer Korrugation wird mit dem Balkenmodell der Abbildung 3.15 untersucht. Das Modell besteht aus einem Freiträger der Länge l und einem daran senkrecht befestigten Balken der Länge hc. An dessen Ende ziehe in der Ebene des Freiträgers eine Kraft F. Ferner gelte hc<<l, so dass die Verbiegung des kurzen Endstückes vernachlässigt 47 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen werden kann. Die Balkendicke t, die Balkenbreite b und das Elastizitätsmodul E beider Balken sei identisch. α l hc F ∆xc Abbildung 3.15: Modell einer Korrugation mit zwei Balken. Die gesuchte Verschiebung ∆xc wird über die Biegung des Freiträgers bei dem Moment M=F⋅hc berechnet. Nach [Drey71] ist der Biegewinkel α am Ende des Freiträgers mit dem Flächenträgheitsmoment I durch α= 6 ⋅ F ⋅ l ⋅ hc M ⋅l = 2⋅ E ⋅ I E ⋅b ⋅t3 (3.13) gegeben. Die elastische Verschiebung für kleine Winkel α ist dann näherungsweise 6 ⋅ F ⋅ l ⋅ hc ∆xc = sin(α ) ⋅ hc ≈ . E ⋅b ⋅t3 2 (3.14) Die Erweiterung des Modells zeigt Abbildung 3.16. Eine Reihe von Nc=lc/(bc+wc) Korrugationsvertiefungen wird über einen weiteren Balken der Länge lr beidseitig eingespannt. lc lr hc t bc wc Abbildung 3.16: Beidseitig eingespanntes Korrugationsmodell. Wird nun in dem Balken der Länge lr eine thermische Verschiebung ∆xT=α⋅∆T⋅lr eingeprägt, dann muss die Summe aller elastischen und thermischen Verschiebungen verschwinden ∆xc + ∆x r + ∆xT = 0 6 ⋅ F ⋅ hc F lr ⋅ (bc + wc ) ⋅ N c + ⋅ + α ⋅ ∆T ⋅ l r = 0 3 b ⋅t E E ⋅b⋅t 2 ⇔ ∆xc ist die elastische Verschiebung im korrugierten Bereich und ∆xr die elastische Verschiebung des Balkens der Lange lr. Nach der resultierenden Spannung im Gleichgewicht 48 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen σ=F/(b⋅t) aufgelöst, ergibt sich in Abhängigkeit von der intrinsischen thermischen Spannung σ0 ⇒σ = σ0 6 ⋅ h (b + wc ) ⋅ N c 1+ 2c ⋅ c lr t 2 . (3.15) Den größten Einfluss hat das Verhältnis von Korrugationshöhe hc und Dicke t. Ist dieses Verhältnis groß, genauer hc/t>> 1 / 6 ⋅ lr / lc , dann hängt die mechanische Spannung quadratisch von t/hc ab, und die Anzahl der Korrugationen Nc geht annähernd linear ein. 3.4.2 Spannungszustand einer Korrugationsmembran Zur Untersuchung der Wirkung von Korrugationen in einer kreisförmigen Membran wurde der Spannungszustand simuliert. In der FEM-Simulation werden rotations-symmetrische 2DFlächenelemente mit zwei Verschiebungsfreiheitsgraden gewählt, die geometrische Nichtlinearitäten unterstützen. Die Membrandicke von 200 nm beträgt ein Drittel der Korrugationshöhe (600 nm), so dass nach der analytischen Lösung eine deutliche Spannungsveränderung zu erwarten ist. Die weiteren Simulationsparameter sind Nc=8, R=500 µm und bc=wc=5 µm. Die aus einer intrinsischen Schichtspannung von 30 MPa resultierende Spannung in der Membran ist in der Abbildung 3.17 dargestellt. Nc=8 Korrugationsmembran 50 Membranspannung [MPa] 45 40 35 intrinsische Schichtspannung 30 25 20 Entspannung 15 10 5 0 0 100 200 300 400 500 Entfernung von der Membranmitte [µm] Abbildung 3.17: Spannungsverteilung in einer Membran mit acht Korrugationen. Im überwiegenden Teil der Membranfläche beträgt die mechanische Spannung im Gleichgewichtszustand nur noch etwa 4.4 MPa. Die Dehnung der Korrugationsrillen hat folglich etwa 85% der intrinsischen Spannung aufgenommen. Es ist daher eine deutlich stärkere Durchbiegung der Membran bei Belastung mit einem Druck zu erwarten. 49 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 3.4.3 Durchbiegung bei Druckbelastung Die Wirkung der Spannungsrelaxation in einer Korrugationsmembran auf das Auslenkungsverhalten zeigt anhand von Finiten-Elemente-Simulationen die Tabelle 3.2. Es ist die Mittenauslenkung einer Kreis- und Korrugationsmembran (Nc=8, bc=wc=5 µm, hc=600 nm) bei einem Schalldruck von einem Pascal und einer intrinsischen Spannung von 30 MPa aufgeführt. Außerdem ist der Spezialfall einer spannungsfreien Membran zur Verdeutlichung der Erhöhung der reinen Biegesteifigkeit angegeben. Um sehr große Auslenkungen und nicht-lineare Effekte zu verhindern, wird bei der Simulation ohne Membranspannung ein Radius von 200 µm gewählt. Die Membrandicke beträgt jeweils 200 nm. Mittenauslenkung [nm] @1 Pa Kreismembran korrugierte Membran Änderung Kreis ! Korrugation σ0=30 MPa (R=500 µm) 10 64 σ0=0 MPa (R=200 µm) 158 72 × 6.4 × 0.46 Tabelle 3.2: Mittenauslenkung von Korrugations- und Kreismembran bei verschiedenen Spannungszuständen. Die Einführung von acht Korrugationen, deren Höhe das dreifache der Membrandicke betragen, erhöht bei einer Simulation mit einer Zugspannung von 30 MPa die Mittenauslenkung um mehr als das sechsfache im Vergleich zu einer Kreismembran. Das Verhältnis von 6.4 gibt annähernd die Spannungsreduktion um den Faktor 30 MPa/4.4MPa=6.8 aus Abbildung 3.17 wider. Offensichtlich verhält sich eine Korrugationsmembran unter Druckbelastung ähnlich wie eine Kreismembran mit reduzierter mechanischer Spannung. Dieses Verhalten wird im nächsten Abschnitt näher untersucht und zur Ableitung einer Beziehung für die Nachgiebigkeit von Korrugationsmembranen genutzt. 3.4.4 Modellierung der Nachgiebigkeit von Korrugationsmembranen Überträgt man die Ergebnisse der analytischen Berechnung eines korrugierten Balkens (Gleichung 3.15) auf eine Korrugationsmembran (lr!R-(bc+wc)⋅Nc), dann erhält man mit den Notationen der Abbildung 3.14 einen Ausdruck für die effektive Spannung σ corr = σ0 h (bc + wc ) ⋅ N c 1 + f c ⋅ c2 ⋅ R − (bc + wc ) ⋅ N c t 2 . (3.16) Darin ist fc eine noch zu bestimmende Konstante. Der Haupteffekt, der eine korrugierte Kreismembran von einer einfachen Kreismembran unterscheidet, ist die Verringerung der intrinsischen Spannung σ0 auf die effektive Spannung σcorr. Die Nachgiebigkeit einer Korrugationsmembran Cm,c kann daher durch der Nachgiebigkeit einer Kreismembran Cm,k beschrieben werden, wenn die Spannung nach Gleichung (3.16) transformiert wird R2 C m,c (σ 0 ) ≡ C m,k (σ corr ) ≈ 8 ⋅ t ⋅ σ corr 50 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen ⇒ C m ,c = R2 8 ⋅ t ⋅σ 0 2 h (bc + wc ) ⋅ N c ⋅ 1 + f c ⋅ c2 ⋅ R − (bc + wc ) ⋅ N c t . (3.17) Anhand zahlreicher Finite-Elemente-Simulationen wurde die Korrugationskonstante zu fc=2.55 bestimmt. Abbildung 3.18 zeigt die gute Übereinstimmung zwischen der Gleichung (3.17) und Simulationen der mechanischen Nachgiebigkeit, wenn die Korrugationshöhe bzw. Membrandicke variiert werden (R=500 µm, σ0=32 MPa, Nc=8, bc=wc=5 µm, hc=600 nm bzw. t=200 nm). 250 45 FEM halbanalytisch FEM halbanalytisch Nachgiebigkeit [nm/Pa] Nachgiebigkeit [nm/Pa] 40 35 30 25 20 15 10 200 150 100 50 5 0 0 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Korrugationshöhe hc [nm] 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Membrandicke t [nm] Abbildung 3.18: Nachgiebigkeit korrugierter Membranen in Abhängigkeit von der Korrugationshöhe und der Membrandicke. In den Graphen kommt die starke Abhängigkeit der Nachgiebigkeit von der Höhe der Korrugationen und der Membrandicke zum Ausdruck. Ist das Verhältnis hc/t klein, dann verhält sich die Korrugationsmembran wie eine Kreismembran, deren Nachgiebigkeit umgekehrt proportional mit der Membrandicke abnimmt. Ist hingegen das Verhältnis groß, dann steigt die Nachgiebigkeit quadratisch mit der Korrugationshöhe an. Noch stärker geht die Membrandicke ein, da zu der quadratischen Abhängigkeit der Spannungsrelaxation die Dickenabhängigkeit einer Membran kommt. In weiteren Simulationen wurde die Gültigkeit der Gleichung (3.17) überprüft, wenn der Simulationsparameter die Anzahl der Korrugationen Nc oder die intrinsische Spannung σ0 ist (Abbildung 3.19). 51 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen 120 40 FEM halbanalytisch FEM halbanalytisch 110 Nachgiebigkeit [nm/Pa] Nachgiebigkeit [nm/Pa] 35 30 25 20 15 10 5 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 0 2 4 6 Korrugationsanzahl Nc 8 10 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 intrinsiche Spannung σ0 [nm] Abbildung 3.19: Nachgiebigkeit korrugierter Membranen in Abhängigkeit von der Korrugationsanzahl und der intrinsischen Spannung. Erwartungsgemäß nimmt die Nachgiebigkeit annähernd linear mit der Anzahl der Korrugationsrillen zu und umgekehrt proportional mit der intrinsischen Spannung ab. Wieder ist die Übereinstimmung der FEM-Simulationen mit der halbanalytischen Lösung (3.17) sehr gut. Sie eignet sich daher zur Berechnung der mechanischen Nachgiebigkeit von Korrugationsmembranen. Weitere Simulationen zeigen, dass Gleichung (3.17) mit der Konstante fc=2.55 auch für Membranradien von 400-600 µm und für Korrugationsabstände bzw. Weiten von 1-10 µm eine gute Beschreibung darstellt. Der Modellierungsfehler bis zu 15% ist vor allem auf das vereinfachte Modell eines Korrugationbereiches mit rein elastischer Verschiebung zurückzuführen. 3.4.5 Schwankung der Membrannachgiebigkeit bei Fertigungstoleranzen Möchte man produkttaugliche Mikrofone fertigen, dann reicht eine hohe Empfindlichkeit allein nicht aus. Vielmehr muss auch die Schwankungsbreite aufgrund von Unsicherheiten bei der Herstellung die Spezifikationen der Anwendung erfüllen. Für konventionelle ElektretMikrofone wird typischerweise eine maximale Toleranz von 3 dB angegeben [Know01]. Abgeschiedene Schichten unterliegen fertigungsbedingt einer mit der Schichtdicke zunehmenden Schwankung. Die Auswirkung auf die Nachgiebigkeit einer Korrugationsmembran ist wegen der starken Dickenabhängigkeit höher als bei einer einfachen Kreismembran. Hinzu kommt, dass auch die Tiefe der Trockenätzung zur Erzeugung der Korrugation variiert. Nimmt man jeweils eine Abweichung um 5% von der absoluten Membrandicke und Korrugationshöhe an, dann zeigt Abbildung 3.20 die Schwankung der mechanischen Nachgiebigkeit von Korrugationsmembranen. In der Berechnung wurde als Folge der nasschemischen Opferschicht-Ätzung zusätzlich eine konstante Schichtdickenunsicherheit von 10 nm angenommen. Die Schwankung der Nachgiebigkeit ist bei Korrugationsmembranen, vor allem mit abnehmender Schichtdicke, deutlich höher als die einer Kreismembran und erreicht bereits allein die Größenordnung der zulässigen Gesamtschwankung von 3 dB. 52 Numerische Simulationen zum mechanischen Verhalten von Mikrofonmembranen Schwankung der Nachgiebigkeit [dB] 3 hc=400 nm hc=600 nm hc=800 nm Kreismembran (hc=0 nm) 2.5 2 Korrugationsmembranen 1.5 1 Kreismembran 0.5 0 100 150 200 250 300 350 400 Membrandicke t [nm] Abbildung 3.20: Relative Schwankung der Nachgiebigkeit Korrugationsmembran aufgrund von Fertigungstoleranzen. von Kreis- und 3.4.6 Diskussion der Simulationsergebnisse Mit korrugierten Membranen können sehr empfindliche und gleichzeitig kleine Mikrofone realisiert werden, da die mechanische Spannung in der Membran reduziert wird. Mit Hilfe einer analytischen Modellrechnung und Finiten-Elemente-Simulationen konnte ein Ausdruck für die mechanische Nachgiebigkeit dieser Membranen abgeleitet werden. Besonders aussichtsreich erscheint die Verwendung sehr dünner Membranen. Dem steht die Reproduzierbarkeit entgegen, die bei dünnen Schichten geringer ist. Günstiger ist die Einstellung der Membrannachgiebigkeit über die Anzahl oder die Höhe der Korrugationen, da mit beiden Maßnahmen die Nachgiebigkeit aber nicht die Schwankung zunimmt. 53 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Kapitel 4 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Die Modellierung der Mikrofone hat allgemein zum Ziel, den Einfluss der technologischen Parameter auf die Systemeigenschaften, Querabhängigkeiten und parasitäre Effekte zu verstehen und verbesserte Entwürfe vorzubereiten. Diese konstruktive Vorgehensweise hat im Gegensatz zu einer Versuch-und-Irrtum-Methode den Vorteil, die Zahl der Entwicklungszyklen mit der zeit- und kostenintensiven Herstellung und Prüfung der Muster zu verringern. Das kapazitive Mikrofon als elektroakustischer Wandler beinhaltet elektrische, mechanische und akustische Komponenten. Eine einheitliche FEM-Simulation des gesamten Systems ist aufgrund dieser Komplexität sehr aufwändig. In dieser Arbeit wird das Gesamtsystem zunächst geeignet partitioniert. Die Teilsysteme werden dann numerisch, wie in Kapitel 3 behandelt, oder analytisch berechnet und zu einem Gesamtmodell kombiniert. Der grundsätzliche Aufbau der Mikrofon-Modellierung wird in Abschnitt 4.1 beschrieben. Unter bestimmten Voraussetzungen und Näherungen können analytische Lösungen zu mechanischen und akustischen Komponenten des Mikrofons gefunden werden. Sie werden in Abschnitt 4.2 angegeben. Der aus den numerischen und analytischen Rechnungen gewonnene Satz von analog-elektrischen Netzwerkelementen dient schließlich der Konstruktion des gekoppelten mechanisch-akustischen Netzwerkmodells eines Silizium-Mikrofons. Es wird in Abschnitt 4.3 beschrieben und zur Simulation von Nachgiebigkeiten, dem Übertragungsverhalten und dem Eigenrauschen angewendet. Zur Ableitung der elektrischen Mikrofonempfindlichkeit und des Gesamtrauschens wird schließlich auf die kapazitive Wandlung (4.4) und die Beschaltung mit einem Impedanzwandler eingegangen (4.5). Die Integration der Teilmodelle in einem numerischen Netzwerklöser führt zu einem Systemmodell, das den vollständigen Signalweg ausgehend vom Schalldruck bis zum elektrischen Nutzsignal beschreibt. In Abschnitt 4.6 wird als Anwendung des Systemmodells die Optimierung des Signal/Rauschabstandes eines kapazitiven Mikrofons untersucht. 4.1 Modellbildung Die Modellierung des Systems aus Mikrofon, Gehäuse oder Messapparatur und elektrischer Beschaltung verfolgt eine modulare Mixed-Level Strategie, bei der zur Reduktion der Simulationskomplexität abhängig von der Problemstellung geeignete Teilsysteme analytisch oder numerisch behandelt werden. Die Teilsysteme in Form von konzentrierten Elementen werden dann zu einem analog-elektrischen Netzwerkmodell verknüpft und analytisch gelöst oder mit einem Netzwerklöser numerisch simuliert. In der Abbildung 4.1 ist die Hierarchie und Aufbau der Modellierung dargestellt. 54 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen strukturgleiche Transformation duale Transformation Mittelwertbildung + Parametrisierung räumliche Diskretisierung Abstraktion räumliche Konzentration Abbildung 4.1: Hierarchischer Aufbau der Mikrofon-Modellierung mit konzentrierten Elementen und Finite-Elemente-Simulationen. Auf der untersten Abstraktionsebene der Modellierung steht ein Differential-Algebraisches Gleichungssystem (DAE, Differential Algebraic Equations) des physikalischen Systems. Es beinhaltet die partiellen Differentialgleichungen (pDGL), die Rand (RB)- und Anfangsbedingungen (AB) der mechanischen, akustischen und elektrischen Feldgrößen. Durch Integration über bestimmte Bereiche können die partiellen Differentialgleichungen der kontinuierlichen Feldgrößen in ein einfaches Differentialgleichungssystem von Zustandsvariablen überführt und Netzwerkmodelle mit räumlich konzentrierten Elementen aufgebaut werden. Eine solche Unterteilung ist möglich, wenn die zeitliche Änderung der Feldgröße in dem betrachteten Bereich bzw. Element näherungsweise unabhängig vom Ort ist. Netzwerkmodelle können durch den Austausch einzelner Elemente einfach modifiziert werden und liefern einen guten Zugang zum Verständnis des Systems, da sie das System strukturell mit wenigen Element-Grundtypen nachbilden. 55 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Problemstellungen, die nicht analytisch behandelt werden können, wie z.B. der SpannungsVerformungszustand einer Feder-Membran, können durch numerische Verfahren wie der Finite-Elemente-Methode näherungsweise gelöst werden. Wesentlicher Nachteil einer FEAnalyse ist die stark mit dem Umfang und der Komplexität des Modells ansteigende Simulationszeit. Mikromechanische Systeme beinhalten typischerweise dreidimensionale Strukturen mit großen Aspektunterschieden und nichtlinearen Effekten, die iterative Berechnungen mit einer großen Anzahl an Elementen erfordern. Umfangreiche Parameterstudien für das physikalische Verständnis und zur Entwurfsverbesserung sind daher mit einem hohen Zeit- und Rechenaufwand verbunden. Wesentlich effizienter ist es, FEAnalysen nur an Systemkomponenten durchzuführen, die unabhängig vom Gesamtsystem betrachtet werden können. Durch eine räumliche Mittelwertbildung und Parametrisierung der diskreten Lösungen, wie sie in Kapitel 3 anhand der mechanischen Nachgiebigkeit durchgeführt wurde, kann ein konzentriertes Element gewonnen und in das Netzwerkmodell integriert werden. Das Netzwerkmodell des Mikrofons besteht aus mechanischen und akustischen Subsystemen, wie z.B. der Membran und dem Luftspalt. Eine einheitliche Darstellung wird durch eine analog-elektrische Schaltung erreicht. Dieses Vorgehen gründet auf formalen Entsprechungen zwischen der mathematischen Beschreibung mechanischer, akustischer und elektrischer Systeme (Energieerhaltung, Kontinuitätsbeziehungen). Abhängig von der Zuordnung der Zustandsgrößen kann entweder eine strukturtreue oder eine duale Beschreibung erreicht werden, die formal gleichwertig sind. Allgemein resultiert aus der Umwandlung einer Flussgröße in eine Flussgröße ein strukturgleiches Netzwerk, während die duale Formulierung eine Flussgröße in eine Potentialgröße transformiert. Die gewählte Zuordnung zwischen einem mechanischen bzw. akustischen Teilnetzwerk und dem analog-elektrischen Netzwerk und die zugehörige Transformation kann der Abbildung 4.2 entnommen werden. Abbildung 4.2: Zuordnung und Transformation zwischen mechanischen bzw. akustischen Teilnetzwerken und dem analog-elektrischen Mikrofon-Gesamtnetzwerk. Mechanische Subsysteme mit der Flussgröße Kraft F und der Potentialgröße Schnelle bzw. Geschwindigkeit v werden mit einer dualen Formulierung transformiert. Durch die duale Transformation werden mechanische Impedanzen einfach über das Flächenquadrat in akustische Einheiten umgerechnet [Zoll93]. Die akustischen Elemente mit der Flussgröße Fluss bzw. Volumenstrom q und der Potentialgröße Druck p dagegen werden strukturtreu transformiert, da mit dieser Zuordnung eine anschauliche Darstellung des Netzwerkes erreicht wird. Das resultierende Netzwerkmodell des Mikrofons in Form einer äquivalenten Ersatzschaltung wird schließlich über einen Wandler mit der realen elektrischen Schaltung zu einem 56 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Systemmodell kombiniert und mit den Methoden der Netzwerkanalyse, etwa durch einen Schaltungssimulator, gelöst. 4.2 Konzentrierte Netzwerkelemente im kapazitiven Mikrofon Die Grundelemente, aus denen sich ein Netzwerkmodell zusammensetzt sind mechanische und akustische Feder-, Massen- und Widerstandselemente. Die für ein kapazitives Mikrofon fundamentalen Elemente und deren analytische Lösung mit den zugrundeliegenden Annahmen werden im Folgenden angegeben. 4.2.1 Akustische Federelemente In einem Hohlraum eingeschlossene Luft als Speicher von potentieller Energie wirkt wie ein Federelement und wird nach der strukturtreuen Transformation durch eine elektrische Kapazität dargestellt (Abbildung 4.3). Unter der Annahme steifer Hohlraumwände, im Vergleich zur Wellenlänge kleinen Abmessungen, kleinen Innendruckänderungen und der Vernachlässigung der Luftmasse kann aus der Adiabatengleichung p/V=c2⋅/V (Wechselgrößen mit Unterstrich) eine akustische Impedanz berechnet werden 1 ρ ⋅ c2 1 1 = = ⋅ ≡ ⋅ . Za = q1 − q 2 j ⋅ ω ⋅V j ⋅ω V j ⋅ ω Ca p p (4.1) Darin ist q der akustische Fluss (Volumenstrom). Eine Hohlraumnachgiebigkeit [m4s2/kg] CV = V ρ ⋅ c2 (4.2) wird beim Mikrofon durch das eingeschlossene Luftvolumen des Gehäuses, dem freigeätzten Chip-Rückvolumen und dem Kondensatorspalt verursacht und hängt abgesehen vom jeweiligen Volumen nur von der Luftdichte ρ und der Schallgeschwindigkeit c ab. V q1 q2 strukturtreue Transformation q1 p1 q2 Ca p2 p=p1=p2 Abbildung 4.3: Modellierung eines akustischen Hohlraumes durch eine Kapazität. 4.2.2 Akustische Widerstandselemente Einem strömenden, viskosen Fluid wird infolge der Reibung an den Innenflächen starrer Wände Energie in Form von Wärme entzogen. Der Druckabfall bei gegebenen Volumenstrom wird durch ein Widerstandselement modelliert (Abbildung 4.4). 57 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen p1 η strukturtreue Transformation p2 Ra p1 p2 q=q1=q2 Abbildung 4.4: Modellierung von viskosen Strömungsverlusten durch Widerstände. Derartige Strömungsverluste beim Mikrofon treten am Gehäuseseingang, in den Perforationslöchern der Gegenelektrode und im Kondensatorspalt auf. Dämpfung in engen Kanälen Den Strömungswiderstand eines Kanals bei einer laminaren Strömung erhält man mit dem Gesetz von Hagen-Poisseuille, das einen Zusammenhang zwischen der Druckdifferenz der beiden Öffnungen und dem Volumenstrom q herstellt. Ein Kriterium für eine laminare Strömung liefert die Reynoldszahl, die das Verhältnis der Trägheitskraft zur Reibungskraft angibt. Für die im Silizium-Mikrofon herrschenden Dimensionen ist die Bedingung einer kleinen Reynoldszahl für Luft bei Frequenzen unter 100 kHz erfüllt. Für einen Kanal der Länge lh gilt für einen runden bzw. quadratischen Querschnitt [Jog74] 8 η ⋅ lh π ⋅ 4 p1 − p 2 rh = Ra = Za = q 19 ⋅ η ⋅ l h 4 ah Radius rh . (4.3) Kantenlänge a h Der akustische Strömungswiderstand Ra [kg/(m4s)] ist proportional zur Viskosität des Fluids und hängt stark von der lateralen Abmessung des Kanals ab. Der Widerstandswert bei einem quadratischen Querschnitt wird mit Hilfe einer Ersatzfläche aus dem runden Querschnitt abgeschätzt. Dämpfung im Kondensatorspalt Die von der Membranbewegung verursachte Luftströmung im Kondensatorspalt erfährt aufgrund der geringen Spalthöhe in Silizium-Mikrofonen eine nicht zu vernachlässigende Reibung an der Membran- und Gegenelektrode. Berechnungen zum Strömungswiderstand zwischen einem Membransegment und einem zugeordneten Loch in der Gegenelektrode wurden von Z. Skvor [Skv68] durchgeführt. Bei einer Gesamtfläche A und einem Spaltabstand x0 gilt Ra = 12 ⋅ η ⋅ X 0 x0 ⋅ A 3 2 1 X 0 3 1 rh 2 1 rh 4 − + ⋅ 2 − ⋅ 4 . ⋅ ⋅ ln 2 8 X 0 r h 8 2 X0 (4.4) Dabei ist 2⋅X0 ein von der Perforationsanordnung abhängiger effektiver Abstand zwischen den Perforationslöchern. In einer Wabenanordnung mit dem gleichen Abstand dh zwischen nächsten Nachbarn gilt 2⋅X0=1.05⋅dh. Geringfügig ungünstiger ist eine quadratische Anordnung der Kantenlänge dh mit einem etwas längeren Strömungsweg: 2⋅X0=1.13⋅dh. Unter Ausnutzung der Flächenäquivalenz werden näherungsweise Perforationslöcher mit quadratischen Querschnitt beschrieben. 58 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen 4.2.3 Akustische Massenelemente Ein beschleunigtes, inkompressibles Fluid der Dichte ρ speichert kinetische Energie und wird durch eine Induktivität dargestellt (Abbildung 4.5). Für einen zylinderförmigen Kanal gilt Z a = j ⋅ω ⋅ ρ ⋅ (l h + 2 ⋅ 0.8 ⋅ rh ) rh ⋅ π 2 . (4.5) Darin wurde eine Mündungskorrektur mit einer effektiven Länge ≈lh+2⋅0.8⋅rh durchgeführt, welche die Belastung der Innen- und Außenseite der Öffnung mit einer Strahlungsimpedanz berücksichtigt [Zoll93]. Sie beschreibt anschaulich die mitschwingende Luftmasse an den Rohröffnungen. Daraus folgt die Induktivität einer akustischen Masse Ma Ma = ρ ⋅ (l h + 2 ⋅ 0.8 ⋅ rh ) rh ⋅ π 2 . (4.6) Die Modellierung des Fluids im Kanal mit einem konzentrierten Massenelement setzt voraus, dass der Rohrradius und die Rohrlänge klein gegenüber der Wellenlänge sind. Akustische Massen werden in langen und schmalen Kanälen relevant. Im Mikrofon treten diese als Perforation in der Gegenelektrode und als Schalleinlassloch im Gehäuses auf. p1 ρ p2 strukturtreue Transformation Ma p1 p2 q=q1=q2 Abbildung 4.5: Modellierung eines inkompressiblen Fluids durch eine Induktivität. 4.2.4 Mechanische Elemente Membran und Gegenelektrode sind mechanische Schwinger mit kontinuierlicher Steifigkeitsund Massenverteilung. Um eine Beschreibung mit konzentrierten Elementen zu ermöglichen wird die tatsächliche Auslenkung und dynamisch wirksame Masse in eine entsprechende kolbenförmige Bewegung umgerechnet, bei der jeder Punkt auf der Elektrode phasengleich und mit der gleichen Amplitude schwingt. Dieses Vorgehen ist zulässig, wenn in der Simulation nicht die tatsächliche ortsabhängige Auslenkungsfunktion benötigt wird, sondern ein gemittelter Effektivwert ausreicht. Bei einem kapazitiven Wandler ist diese Voraussetzung erfüllt sofern die Amplitude klein gegen den Kondensatorspalt ist. Nach dem Kolbenmembran-Modell wird die Membran und Gegenelektrode jeweils durch eine effektive Feder und Masse dargestellt und in analog-elektrischer Formulierung durch eine Kapazität und eine Induktivität modelliert (Abbildung 4.6). Mechanische Reibungsverluste können aufgrund der sehr guten elastischen Eigenschaften von Silizium vernachlässigt werden. Die Transformation des Feder-Masse-Systems in ein analogelektrisches System erfolgt dual, da die Flussgröße Kraft in die Potentialgröße Spannung überführt wird. 59 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen F1 p KolbenmembranModell meff duale Transformation keff F1 M C F2 F2 Abbildung 4.6: Modellierung der Membran und Gegenelektrode nach dem KolbenmembranModell durch eine effektive Feder und Masse bzw. Kapazität und Induktivität. Mechanische Federelemente Aus der mittleren Auslenkung der Membran x eff = ∫∫ w( x, y) ⋅ dx ⋅ dy . (4.7) A wird bei einer über die Fläche konstanten Kraft F die effektive Federkonstante keff=F/xeff berechnet. Darin beschreibt w(x,y) die tatsächliche Auslenkungsfunktion. Mit der effektiven Nachgiebigkeit 1/keff kann dann mit der Membranfläche A eine Nachgiebigkeit Ca [m3/Pa] in akustischen Einheiten definiert werden Ca ≡ A2 = k eff ∫∫ w( x, y) ⋅ dx ⋅ dy = C p m ⋅A . (4.8) Die akustischen Nachgiebigkeiten der verschiedenen Membrantypen für das Netzwerkmodell sind durch die bereits in Kapitel 3 berechneten und simulierten mechanischen Nachgiebigkeiten Cm und deren Membranfläche gegeben. Für geschlossene Membranen gilt Gleichung (3.10), (3.12) für Feder-Membranen und (3.17) beschreibt die mechanische Nachgiebigkeit von Korrugationsmembranen. In gleicher Weise wird die akustische Nachgiebigkeit einer Gegenelektrode beschrieben, die aufgrund ihrer Dicke ein dominierendes Plattenverhalten aufweist. Die Perforation in der Gegenelektrode kann nach M. Pedersen [Ped96] durch ein effektives Elastizitätsmodul und eine um den Flächenanteil der Perforation ρh reduzierte Materialdichte berücksichtigt werden E eff ≡ E ⋅ (1 − ρ h ) , (4.9) ρ eff ≡ ρ ⋅ (1 − ρ h ) . (4.10) Der Vergleich der Durchbiegung bei Druckbelastung einer perforierten Platte und einer soliden Platte mit dem effektiven Elastizitätsmodul zeigt nach FEM-Simulationen eine gute Übereinstimmung. Mechanische Massenelemente Zur Berechnung der dynamisch wirksamen Membranmasse wird die kinetische Energie der tatsächlichen Membranschwingung mit der einer Kolbenmembran gleichgesetzt ! 1 1 2 ⋅ meff ⋅ ω 2 ⋅ x eff = ⋅ ω 2 ⋅ ∫ w( x, y ) 2 ⋅ dm . 2 2 60 (4.11) Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Mit der mittleren Auslenkung von Gleichung 4.7, einer konstanten Schichtdicke t und dm=dx⋅dy⋅t erhält man die dynamische Masse der Membran in akustischen Einheiten ⇒ Ma = meff A 2 ∫∫ w( x, y) ⋅ dx ⋅ dy =t⋅ρ ⋅ (∫∫ w( x, y) ⋅ dx ⋅ dy ) 2 2 ≡ t⋅ρ ⋅ f mass . A (4.12) Der durch die Gleichung definierte Massenfaktor fmass gibt das Verhältnis von dynamisch wirksamer Masse und der „physikalischen“ Membranmasse an und hängt von dem speziellen Durchbiegungsverhalten einer Membran ab. Für eine geschlossene Membran unter einer mechanischen Spannung beträgt er nach [Hoh86] etwa 1.5. In guter Übereinstimmung wurde aus der nach der FE-Methode simulierten Durchbiegung von Kreismembranen ein Massenfaktor von 1.37 bis 1.44 berechnet, der geringfügig von der Membrandicke und Spannung abhängt. Für die in Kapitel 3 simulierten Feder-Membranen wurde ein Massenfaktor von 1.12 (Feder B) und 1.18 (Netz) bestimmt. Trotz der sehr unterschiedlichen Formen der Feder-Membranen unterscheidet sich der Massenfaktor nur wenig. Der im Vergleich zu einer Kreismembran kleinere Massenfaktor einer Feder-Membran ist auf die verstärkte Konzentration der Membranmasse in Bezug auf die Membranmitte zurückzuführen. Mit dem mechanischen Feder- und Massenelement kann nun die Eigenfrequenz einer Membran formuliert werden f0 = 1 1 1 1 . ⋅ = ⋅ 2 ⋅π Ca ⋅ M a 2 ⋅ π C m ⋅ t ⋅ ρ ⋅ f mass (4.13) Bei einer geschlossenen Membran hebt sich die Dickenabhängigkeit der mechanischen Nachgiebigkeit Cm~1/t und der dynamischen Masse ~t gegenseitig auf, so dass die Eigenfrequenz von der Membrandicke unabhängig ist. 4.2.5 Strahlungsimpedanz Die Strahlungsimpedanz beschreibt die Interaktion eines Senders mit der umgebenen Fluidmasse. Sie setzt sich aus den Abstrahlverlusten einer sich bewegenden Membran an das umgebene Schallmedium und der an der Oberfläche der Membran mitbeschleunigten Masse des Schallmediums zusammen [Hsu89] 2 ⋅π ⋅ ρ ⋅ f 2 ρ 8 + j ⋅ ω ⋅ ⋅ Z rad = R rad + j ⋅ ω ⋅ M rad = . 2 c 3 R ⋅π (4.14) Bei der Berechnung wird von einer einseitigen Schallabstrahlung mit einer kolbenförmigen Bewegung ohne Störungen der Umgebung ausgegangen. 4.3 Netzwerkmodellierung und Simulation von Mikrofonen Mit den zuvor beschriebenen akustischen und mechanischen konzentrierten Elementen wird das Netzwerkmodell eines Silizium-Mikrofons konstruiert. Es beschreibt die dynamische Nachgiebigkeit des Mikrofon, d.h. die Differenz der Auslenkung von Membran und 61 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Gegenelektrode bei Druckbelastung bei verschiedenen Frequenzen. Außerdem kann das akustische Eigenrauschen des Mikrofons berechnet werden. 4.3.1 Mechanisch-akustisches Netzwerkmodell Da sich der grundlegende Aufbau und das Funktionsprinzip der hergestellten Mikrofone gleicht, wird das Netzwerkmodell exemplarisch für einen Mikrofontyp gebildet. Abbildung 4.7 zeigt das äquivalente Ersatzschaltbild eines Mikrofons mit Gehäuse. Cv pbp Cgap pm Mbp Mp Mvent Cbp Rp Rvent Ca Rgap Mm Mrad Rrad Rin Cin Min p~ Gehäusewand Abbildung 4.7: Schematischer Querschnitt eines Mikrofons mit Gehäuse und zugehörigem Netzwerkmodell. Von der Schallquelle p~ ausgehend, setzt sich das Netzwerkmodell aus den folgenden Bereichen zusammen: • • • • 62 Eingangsbereich: Der Schalldruck tritt durch die Gehäuseöffnung mit einer akustischen Masse (Induktivität Min) und dem Strömungswiderstand Rin in das freigeätzte Chiprückvolumen mit einer Hohlraum-Nachgiebigkeit (Kapazität Cin) ein. Membranbereich: Der Schalldruck an der Membran beschleunigt die Gesamtmasse, die sich aus der dynamischen Membranmasse (Mm) und dem Massenanteil der Strahlungsimpedanz (Mrad) zusammensetzt und lenkt die Membran aus (Ca). Der Realteil der Strahlungsimpedanz Rrad beschreibt die Abstrahlverluste. Durch eine Öffnung in der Membran, z.B. dem Druckausgleichloch oder dem offenen Bereich einer Feder-Membran kann Luft einströmen. Da die Membran i.a. sehr dünn ist, kann ein akustischer Widerstand und eine akustische Masse der Öffnung vernachlässigt werden. Kondensatorspalt: Im flachen Kondensatorspalt konkurriert die Kompression des Luftpolsters (Cgap) mit der seitlichen Strömung zu den Perforationslöchern (Rgap). Perforierte Gegenelektrode: Die bewegliche Rückseitenplatte (Schwinger mit Cbp, Mbp) wird in zwei Bereiche unterteilt. Die von der Membran überdeckten Perforationsöffnungen in der Gegenelektrode werden durch eine akustische Masse Mp und Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen • einem Strömungswiderstand Rp dargestellt. Dementsprechend bezeichnen Mvent und Rvent Masse und Strömungswiderstand der Perforationsöffnungen im freiliegenden Membranbereich, d.h. über dem Druckausgleichsloch oder der Öffnung einer FederMembran. Eine Querströmung zwischen beiden Perforationsgebieten wird vernachlässigt. Gehäuse: Das abgeschlossene Rückvolumen des Gehäuses wird durch die HohlraumNachgiebigkeit CV beschrieben. Die Berechnung der konzentrierten Elemente erfolgt mit den Gleichungen aus Abschnitt 4.2 und den Technologie- und Geometrieparametern von Mikrofon und Gehäuse. 4.3.2 Analytische Berechnung der Mikrofon-Nachgiebigkeit Prinzipiell eignet sich die vorgestellte Netzwerkmodellierung für alle Wandlerprinzipien, bei denen der Schall über eine mechanische Auslenkung sensiert wird. Auch ist sie mit verschiedenen Auswerteschaltungen kombinierbar. Für den kapazitiven Wandler ist die Änderung des Spaltabstandes, d.h. die relative Auslenkung von Membran xm und Gegenelektrode xbp, bei einem Schalldruck p~ von Interesse. Nach der gewählten Transformation ist die Flussgröße im Netzwerkmodell der Volumenstrom q bzw. die Schnelle v mal Flächenelement. Mit dem Zusammenhang zwischen der Auslenkung und der Schnelle v=j⋅ω⋅x und der akustischen Nachgiebigkeit p/q=(j⋅ω⋅C)-1 kann die Mikrofon-Nachgiebigkeit durch den Druckabfall an der Membran pm und der Gegenelektrode pbp dargestellt werden C Mikrofon ≡ x m − xbp p~ = q m qbp − Am Abp j ⋅ ω ⋅ p~ C ⋅ p C bp ⋅ pbp = a m − Am Abp 1 ⋅ . p~ (4.15) Diese Größe wird als Mikrofon-Nachgiebigkeit bezeichnet, obwohl sie nicht nur vom eigentlichen Mikrofon, sondern auch vom Gehäusedesign abhängt. Die Aufgabe besteht in der analytischen Berechnung oder numerischen Simulation der Druckübertragungsfunktionen pm/p~ und pbp/p~ des Netzwerkmodells. Zur Vereinfachung der analytischen Berechnung der Mikrofon-Nachgiebigkeit wird angenommen, die Gegenelektrode sei derart steif und perforiert, dass sie keinen Beitrag zur Nachgiebigkeit liefert. Außerdem sollen die akustischen Massen der Perforation, der akustische Widerstand des Schalleintrittslochs, der Strahlungswiderstand und die akustischen Nachgiebigkeiten des Eingangsbereiches und des Kondensatorspaltes wegen ihrer sehr kleinen Volumina vernachlässigt werden. Unter diesen Voraussetzungen liefert die Auflösung des Netzwerkes die Druckübertragungsfunktion p VMikrofon ≡ p m Ca = ~ 1 CV 1 2 + + j ⋅ ω ⋅ (R + R ) − ω ⋅ ( M rad gap p C a 44 1 42444 3 Hochpass −1 . 1 −ω2 ⋅M + M m ) ⋅ 1 + in j ⋅ ω ⋅ CV ⋅ Rvent 1442443 Tiefpass (4.16) 63 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Die frequenzabhängige Funktion VMikrofon gibt die Übertragung des Eingangsdruckes an die Membran wieder. Im Wesentlichen beschreibt sie ein Bandpass-Filter und einen LCSerienschwingkreis. Die Mikrofon-Nachgiebigkeit ist wegen Ca=Cm⋅Am C Mikrofon ≈C m ⋅V Mikrofon . (4.17) Mit Ausnahme von Resonanzüberhöhungen kann die Mikrofon-Nachgiebigkeit maximal den Wert der mechanischen Membran-Nachgiebigkeit Cm erreichen. 4.3.3 Simulationen zur Mikrofon-Nachgiebigkeit Zur Erläuterung der Frequenzabhängigkeit der Mikrofon-Nachgiebigkeit werden Mikrofone mit drei verschiedenen Silizium-Membranen simuliert. Die Simulationsparameter sind in der Tabelle 4.1 aufgelistet: Materialparameter • E-Modul Silizium 166 GPa • Poissonzahl Silizium 0.27 • Dichte Silizium 2330 kg/m3 • Dichte Luft 1.29 kg/m3 • Schallgeschwindigkeit 344 m/s • Viskosität Luft 1.86⋅10-5 kg/ms Gehäusedesign • Volumen 5⋅5⋅5 mm3 • Wandstärke 1 mm • Öffnung 1 mm Rückseitenplatte LuftMembran spalt • Radius 500 µm • Höhe 2 µm • Radius 500 µm • Dicke 5 µm • Dicke • Radius Perforation 200 nm 2.5 µm • Spannung • Perforationsabstand 30 MPa 10 µm Tabelle 4.1: Parameter zur Simulation der Mikrofon-Nachgiebigkeit. Die Materialdaten von Silizium wurden [Bea85] entnommen. Neben diesen allgemeinen Simulationsparametern werden abhängig vom Membrandesign die folgenden Parameter verwendet: • • • Kreismembran: Die offene Fläche in der Membran ist durch vier 5⋅5 µm2 große Druckausgleichslöcher gegeben. Feder-Membran: Bei 16 Federn mit einer Breite von jeweils 20 µm sollen 10% der Rückseitenplatte nicht bedeckt sein. Nach den FEM-Simulationen in Kapitel 3.3 mit dem Design Netz A ist diese Membran etwa doppelt so nachgiebig wie eine vergleichbare Kreismembran (Federmembran-Faktor fFEder=2.1). Korrugationsmembran: Die Korrugationshöhe sei 600 nm, die Weite und der Abstand 5 µm und die Korrugationsanzahl 8. Abbildung 4.8 gibt die simulierte Mikrofon-Nachgiebigkeit der Mikrofone mit den verschiedenen Membranen wider. Die durch Symbole gekennzeichneten Kurven wurden mit Hilfe der Schaltungssoftware „PSPICE“ von Cadence Design Systems und dem vollständigen Netzwerkmodell nach der Abbildung 4.7 numerisch simuliert. Der Vergleich mit der 64 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen analytischen Näherung der Gleichung 4.16 (durchgezogene Linien) zeigt die Gültigkeit der durchgeführten Vereinfachungen bei der Berechnung für die gewählten Simulationsparameter. Mikrofon-Nachgiebigkeit [nm/Pa] 30 25 Korrugationsmembran (numerisch) Feder-Membran (numerisch) 20 Kreismembran (numerisch) analytische Näherung 15 10 5 0 10 100 1000 10000 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 4.8: Analytisch und numerisch simulierte Mikrofon-Nachgiebigkeit mit einer Kreis, Feder- bzw. Korrugationsmembran. Die Mikrofon-Nachgiebigkeit resultiert überwiegend aus der mechanischen Nachgiebigkeit der Membranen (5.2-28 nm/Pa), da die Gegenelektrode statisch verhältnismäßig starr (ca. 0.2 nm/Pa) und dynamisch über die Perforierung kurzgeschlossen ist. Das Rückvolumen vom Gehäuse hat ebenfalls kaum einen Einfluss. Die entsprechende Hohlraum-Nachgiebigkeit ist mit umgerechnet 1 µm/Pa im Vergleich zu den Membran-Nachgiebigkeiten sehr weich. Erwartungsgemäß ist die Nachgiebigkeit der Kreismembran am niedrigsten. Sie zeigt bis zur ersten Resonanzfrequenz einen flachen Frequenzgang. Die Eigenfrequenz der Membran von ca. 80 kHz wird durch die Massenbelastung der Strahlungsimpedanz auf 60 kHz und durch die akustische Masse der Gehäuseöffnung auf die System-Resonanz von 30 kHz gesenkt. Bei dem Mikrofon mit Feder-Membran ist die Resonanzfrequenz aufgrund der höheren Nachgiebigkeit bereits derart gedämpft, dass keine Resonanzüberhöhung zu beobachten ist. Oberhalb der durch die Membran-Nachgiebigkeit und dem Strömungswiderstand im Kondensatorspalt und der Perforation definierten Grenzfrequenz fällt die SystemNachgiebigkeit auf die sehr niedrige Hohlraum-Nachgiebigkeit des Kondensatorspaltes von 0.01 nm/Pa ab. Die akustische Dämpfung führt besonders bei empfindlichen Mikrofonen, wie die Simulation des Mikrofons mit Korrugationsmembran zeigt, zu einem ausgeprägten Tiefpass-Verhalten, das bis in das Audioband reichen kann. Mikrofone mit Feder-Membranen zeigen zusätzlich eine untere Grenzfrequenz, die auf einen akustischen Kurzschluss bei tiefen Frequenzen über die nicht von der Membran bedeckten Perforationsöffnungen und dem Gehäusevolumen zurückzuführen ist. Mit dem vorgestellten Netzwerkmodell ist eine effektive Simulation der verschiedenen Mikrofone möglich, die nur bekannte Eingangsgrößen (Design-, Technologie und Materialdaten) benötigt. Durch die Integration von Simulationsergebnissen der numerischen FE-Analysen können auch erstmals Feder- und Korrugationsmembranen simuliert werden. Da 65 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen aus der Literatur Netzwerkmodelle mit ähnlichem Aufbau bekannt sind, soll an dieser Stelle nicht im Detail die Abhängigkeit der System-Nachgiebigkeit von den einzelnen Parametern diskutiert werden. Vielmehr soll auf die bisher nicht untersuchten Zusammenhänge zwischen der dynamischen Bandbreite und dem Perforationsdesign in der Gegenelektrode eingegangen werden. 4.3.4 Dynamische Bandbreite und Perforationsdesign Die untere und obere Grenzfrequenz der Mikrofon-Nachgiebigkeit wird aus der Druckübertragungsfunktion VMikrofon berechnet. Bei Vernachlässigung der ersten Resonanzfrequenz sind sie durch fu = fo = 1 2 ⋅ π ⋅ Rvent ⋅ CV und (4.18) 1 2 ⋅ π ⋅ ( R gap + R p ) ⋅ C m (4.19) gegeben. Die nicht von der Membran bedeckten Perforationslöcher in der Rückseitenplatte bilden zusammengenommen den Strömungswiderstand Rvent, der mit der HohlraumNachgiebigkeit des Rückvolumens Cv die untere Grenzfrequenz definiert. Der für die obere Grenzfrequenz maßgebliche Strömungswiderstand setzt sich dagegen aus dem Anteil der Strömung im Kondensatorspalt (Rgap) und durch die Perforationslöcher unter der Membran (Rp) zusammen. Zum besseren Verständnis ist die Aufteilung der Rückseitenplatte in zwei Strömungsbereiche anhand einer Feder-Membran in Abbildung 4.9 dargestellt. Membran rh Membran dh Rvent Rgap+Rp Rvent Perforation Abbildung 4.9: Strömungswiderstände im Kondensatorspalt und der Rückseitenplatte. Da sich das Bandpass-Verhalten von geschlossenen Membranen und Feder-Membranen unterscheidet, werden beide Membrantypen getrennt voneinander untersucht. Mikrofone mit geschlossenen Membranen Befinden sich in der Membran nur wenige, schmale Öffnungen zum Ausgleich von Schwankungen des atmosphärischen Druckes, dann ist die untere Grenzfrequenz aufgrund des kleinen Widerstandswertes von Rvent selbst bei sehr kleinen Gehäusen deutlich unter 10 Hz. Die für das Tiefpass-Verhalten verantwortlichen Strömungswiderstände Rgap und Rp hängen von dem Abstand zwischen den Perforationenöffnungen dh und deren Radius rh und Länge ab. Die Länge einer Perforation ist durch die Dicke der Rückseitenplatte festgelegt. Wird als Randbedingung eine konstante Perforationsflächendichte 66 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen ρh = π ⋅ rh 2 dh (4.20) 2 vorgegeben, dann ist bei variierendem Radius rh einer Perforationsöffnung der Abstand zwischen den Perforationen dh über die obige Beziehung festgelegt. Mit den Simulationsparametern von Tabelle 4.1, die einer Perforationsflächendichte von ρh=20% entsprechen, und der Korrugationsmembran erhält man den in Abbildung 4.10 dargestellten Frequenzgang bei verschiedenen Perforationsradien. Mikrofon-Nachgiebigkeit [nm/Pa] 100 rh=5 µm (dh=20 µm) rh=3 µm (dh=12 µm) 10 rh=1 µm (dh=4 µm) 1 10 100 1000 10000 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 4.10: Tiefpass-Verhalten Perforationsflächendichte. der Mikrofon-Nachgiebigkeit bei konstanter Bei sehr schmalen Perforationenöffnungen mit einem Radius von 1 µm reicht die Entdämpfung des Luftpolsters im Kondensatorspalts nicht aus und die MikrofonNachgiebigkeit fällt bereits bei 1 kHz ab. Die Ursache ist die starke Abhängigkeit vierter Ordnung der viskosen Kanalströmung vom Perforationsradius. Da bei einer konstanten Perforationsflächendichte mit zunehmenden Radius die Anzahl der Perforationen abnimmt, führt eine Verdreifachung auf rh=3 µm lediglich zu einer etwa zehnfach höheren Grenzfrequenz von etwa 10 kHz. Wird der Radius weiter erhöht (rh=5 µm), ist eine Umkehrung mit zunehmender Dämpfung zu beobachten. In diesem Fall dominiert der Strömungswiderstand im Kondensatorspalt Rgap gegenüber dem Strömungswiderstand durch die Perforationen Rp. Dieser nimmt mit dem Abstand zwischen zwei Perforationen dh und daher bei konstanter Perforationsdichte mit dem Perforationsradius zu. Bei gegebener Perforationsflächendichte existiert also ein optimaler Perforationsradius, bei dem der gesamte Strömungswiderstand Rgap+Rp minimiert wird. Dieser wird aus der ersten Ableitung des gesamten Strömungswiderstandes nach dem Perforationsradius berechnet 67 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen d ( R p + R gap ) drh 16 ⋅ ⇒ rh = 4 3 ⋅π =0 , t bp ⋅ x0 * X0 2 3 ρh ρh2 3 π ⋅ ln X 0 ⋅ − + − 2 2 2 4 4 8 ⋅ ρ ( 2 ) 8 ( / 2 ) ⋅ π ⋅ X ⋅ π ⋅ X h 0 0 . (4.21) Der optimale Perforationsradius hängt nur von der Perforationsflächendichte ρh, dem Abstand der Perforationen, dem Spaltabstand x0 und der Länge einer Perforationsöffnung, im Mikrofon die Dicke der Rückseitenplatte tbp, ab. Danach ist bei dem Perforationsradius rh* mit Ausnahme von Resonanzeffekten die obere Grenzfrequenz maximal. In Abbildung 4.11 ist die simulierte obere Grenzfrequenz der Mikrofon-Nachgiebigkeit bei einer Perforationsflächendichte von 10%, 20% und 30% dargestellt. Darin ist die obere Grenzfrequenz durch diejenige Frequenz definiert, bei der die Nachgiebigkeit um ±3 dB vom Nominalwert abweicht. obere Grenzfrequenz fo [kHz] 25 20 ρh=0.3 15 ρh=0.2 10 5 ρh=0.1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Perforationsradius rh [µm] Abbildung 4.11: Obere Grenzfrequenz der Mikrofon-Nachgiebigkeit in Abhängigkeit vom Perforationsdesign. Deutlich ist die zunächst mit dem Perforationsradius ansteigende obere Grenzfrequenz zu erkennen. Bei einer Perforationsflächendichte von 10% beträgt in Einklang mit dem berechneten Wert der simulierte optimale Perforationsradius, der eine minimale Dämpfung und maximale obere Grenzfrequenz liefert, etwa 3.2 µm. Dennoch ist die obere Grenzfrequenz mit 4.3 kHz zu niedrig. Erst mit der Erhöhung der Perforationsflächendichte auf 20% kann die Forderung einer Grenzfrequenz >10 kHz erfüllt werden. Dazu kommen Radien von 2.5 µm bis 6 µm in Frage. Bei weiterer Erhöhung der Perforationsflächendichte wird das System so stark entdämpft, dass die Resonanzüberhöhung die 3 dB-Toleranz verletzt und die obere Grenzfrequenz bei rh=3.5 µm schlagartig sinkt. Höhere Perforationsflächendichten führen zu einer weiteren Verschlechterung des Frequenzganges. 68 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Mit Hilfe des Netzwerkmodells kann in der vorgestellten Weise für jedes Mikrofon mit einer geschlossenen Membran ein optimales Design der Perforation in der Gegenelektrode angegeben werden, so dass die Anforderung an den Frequenzgang erfüllt wird. Die bisherigen Betrachtungen zur dynamischen Bandbreite sollen im nächsten Abschnitt auf Mikrofone mit Feder-Membranen erweitert werden. Mikrofone mit Feder-Membranen Betrachtet man nur die Perforation unterhalb der Membran, sind die Überlegungen zur oberen Grenzfrequenz bei geschlossenen Membranen in der gleichen Weise für Feder-Membranen gültig. Das heißt, dass es wiederum einen optimalen Perforationsradius gibt. Neu bei FederMembranen ist, dass ein beträchtlicher Teil der Luft durch die nicht von der Membran bedeckten Perforationslöcher mit dem Widerstand Rvent strömen kann. Da der Widerstandswert verhältnismäßig klein ist, existiert abhängig vom Gehäusevolumen, d.h. von der Hohlraum-Nachgiebigkeit CV, eine nicht zu vernachlässigende untere Grenzfrequenz. Diese Dämpfung der Mikrofonempfindlichkeit bei niedrigen Frequenzen ist häufig zur Filterung von Störgeräuschen erwünscht. Insbesondere bei empfindlichen Membranen und miniaturisierten Gehäusen mit geringem Luftvolumen kann der Fall eintreten, dass die Anforderungen an die dynamische Bandbreite nicht erfüllt werden. Den Zusammenhang zwischen der unteren Grenzfrequenz und der Gehäusegröße zeigt die Abbildung 4.12, bei der die Nachgiebigkeit eines Mikrofons mit Feder-Membran für Volumen von 0.3⋅10-9, 27⋅10-9, 125⋅10-6 m3 und einem unendlichen Volumen simuliert wurde (rh=2.5 µm, ρh=0.2). Ersteres entspricht dem Fall, dass der Mikrofonchip direkt auf eine Platine montiert und von der Vorderseite beschallt wird, so dass nur die Substrat-Ätzgrube das Rückvolumen bildet. Bei der Feder-Membran sollen 10% aller Perforationsöffnungen nicht von der Membran bedeckt sein und zum akustischen Kurzschluss beitragen. Mikrofon-Nachgiebigkeit [nm/Pa] 12 10 8 offen V=125 mm 3 V=27 mm 3 Chipvolumen (0.3 mm3 ) 6 4 2 0 10 100 1000 10000 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 4.12: Frequenzgang eines Mikrofons mit Feder-Membran in Abhängigkeit vom Gehäusevolumen. 69 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Bereits bei einem Gehäusevolumen von 125⋅10-6 m3 ist der Einfluss der Hohlraum-Feder am akustischen Kurzschluss zu beobachten. Die Mikrofon-Nachgiebigkeit im mittleren Frequenzbereich hingegen wird kaum beeinflusst. Sowohl der akustische Kurzschluss als auch die vom Luftvolumen auf die Membran ausgeübte Rückstellkraft nimmt mit den erwünschten kleinen Gehäusedimensionen zu. Wird im Extremfall das Rückvolumen lediglich durch den Mikrofonchip realisiert, dann setzt sich die Mikrofon-Nachgiebigkeit größtenteils aus der kleinen Hohlraum-Nachgiebigkeit von 2.5 nm/Pa zusammen. 4.3.5 Analytische Berechnung des akustischen Eigenrauschens Bisher wurde auf die Simulation und Optimierung der Nachgiebigkeit der Mikrofone, d.h. im Wesentlichen auf die Empfindlichkeit eingegangen. Für einen hohen Signal/Rauschabstand muss ferner das Rauschen des Mikrofons möglichst gering sein. In diesem Abschnitt soll zunächst das Eigenrauschen des Mikrofons im Gehäuse ohne elektrische Beschaltung untersucht werden. Leistungsverbrauch und Schwankung sind durch die Nyquist-Beziehung miteinander verknüpft. Demnach ist das thermische Rauschen nur von seinem Widerstandswert und nicht von speziellen Mechanismen abhängig. Das Eigenrauschen des Mikrofons ergibt sich daher aus den Widerständen seiner analog-elektrischen Schaltung [Ols57]. In dem vorgestellten Netzwerkmodell sind das die Widerstände • • • • • der Schalleintrittsöffnung im Gehäuse Rin, der Strömung im Kondensatorspalt Rgap, der Kanalströmung durch die perforierte Gegenelektrode Rp, der Strömung durch die Perforationslöcher im offenen Membranbereich Rvent und der Strahlungsimpedanz Rrad. Man kann sich anschaulich vorstellen, dass durch die thermisch aktivierte Luftbewegung ein „Rauschdruck“ über die akustischen Widerstände abfällt, der wiederum zu einer Vibration der Membran führt. Der Rauschanteil des Strahlungswiderstandes kann als die Störung der auf die Oberfläche der Membran aufprallenden Moleküle interpretiert werden. Das gesamte Eigenrauschen kann aus dem Realteil der Ausgangsimpedanz der äquivalenten Schaltung des Mikrofons bestimmt werden. Zur Berechnung der einzelnen Beiträge zur Rauschdichte wird jedem Widerstand ein idealer rauschfreier Widerstand und seine Rauschquelle zugeordnet und die Übertragung an die Membran berechnet. Je nach Zweckmäßigkeit kann eine parallele Rauschstromquelle oder eine Rauschspannungsquelle in Serie verwendet werden. Da die konzentrierten Elemente im mechanisch-akustischen Netzwerkmodell in akustischen Einheiten formuliert sind, erhält man die Rauschdruckdichte [Pa2/Hz] Np =V p ,q 2 ⋅ W q, p . (4.22) Darin ist Vp,q die jeweilige Übertragungsfunktion der Rauschquelle (Wq,p⋅∆f)1/2 mit der Rauschstromdichte Wq=4⋅k⋅T/R [(m3/s)2/Hz] bzw. Rauschdruckdichte Wp=4⋅k⋅T⋅R [Pa2/Hz]. Der Index p bzw. q kennzeichnet Größen, die sich auf den Druck bzw. den Volumenstrom beziehen. Die Berechnungen gehen davon aus, dass die Gegenelektrode steif ist und nur die thermische Vibration der Membran betrachtet werden muss. Außerdem soll die akustische 70 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Masse der Perforation und die akustische Nachgiebigkeit des Eingangsbereiches und des Kondensatorspaltes vernachlässigbar klein sein. Das Rauschersatzschaltbild unter diesen Annahmen gibt die folgende Abbildung an. Min Rrad Mrad Mm Cm Rgap Rp Rin W p ( Rrad + Rgap + R p ) ⋅ ∆f Cv W p Rin ⋅ ∆f Rvent W p Rvent ⋅ ∆f Abbildung 4.13: Vereinfachtes Rauschersatzschaltbild zur Berechnung des Eigenrauschens. Thermisches Widerstandsrauschen vom Schalleintritt Rin Bei Verwendung einer Rauschdruckquelle ist sofort ersichtlich, dass die Übertragungsfunktion in der selben Weise wie die Druckübertragungsfunktion VMikrofon zu berechnen ist (Abschnitt 4.3.2). Die Rauschdruckdichte der Gehäuseöffnung ist daher durch N Rin = V Mikrofon p 2 ⋅ 4 ⋅ k ⋅ T ⋅ Rin (4.23) gegeben. Sie zeigt das von der Mikrofon-Nachgiebigkeit bekannte spektrale Tief- und Hochpass-Verhalten und ist proportional zum Widerstandswert. Thermisches Widerstandsrauschen von Rgap, Rp und Rrad Die Strömungswiderstände Rgap (Kondensatorspaltströmung) und Rp (Perforationsströmung) und der Strahlungswiderstand Rrad befinden sich im selben Pfad im Rauschersatzschaltbild und haben daher dieselbe Übertragungsfunktion, die mit Hilfe der Druckübertragungsfunktion VMikrofon durch 1 V Rgap = V R p = V Rrad = V Mikrofon ⋅ 1 + j ⋅ ω ⋅ CV ⋅ Rvent (4.24) ausgedrückt werden kann. Für den Fall CV<<Ca, d.h. einem ausreichend großen Gehäusevolumen, weist die Übertragungsfunktion die Form eines Tiefpasses mit der von der Mikrofon-Nachgiebigkeit bekannten oberen Grenzfrequenz auf. Insgesamt erhält man die Rauschdruckdichte N Rgap + R p + Rrad p = V Mikrofon 1 ⋅ 1 + j ⋅ ω ⋅ CV ⋅ Rvent 2 ⋅ 4 ⋅ k ⋅ T ⋅ ( R gap + R p + R rad ) . (4.25) Thermisches Rauschen des „Ventilationswiderstandes“ Rvent Der Strömungswiderstand der freistehenden Perforationslöcher liefert eine Rauschdichte an der Membran, die ebenfalls ein Tiefpass-Verhalten zeigt 71 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen N Rvent = V Mikrofon p j ⋅ ω ⋅ M in 1 ⋅ + Rvent j ⋅ ω ⋅ CV ⋅ Rvent 2 ⋅ 4 ⋅ k ⋅ T ⋅ Rvent . (4.26) Die obere Grenzfrequenz der Rauschdichte ist bei Vernachlässigung der akustischen Masse der Gehäuseöffnung durch f=1/(2⋅π⋅Rvent⋅CV) gegeben. Ein großer Widerstandswert muss nicht zwangsläufig ein hohes Rauschen erzeugen, da gleichzeitig die obere Grenzfrequenz der Rauschdichte sinkt und aus dem Nutzband geschoben wird. Akustisches Gesamtrauschen Die gesamte akustische Rauschdruckdichte des Mikrofon-Eigenrauschens wird durch die Addition der einzelnen Rauschdichten gebildet N p akustisch = N Rin + N Rgap + R p + N Rvent + N Rrad . p p p p (4.27) Für den Fall, dass das Gesamtrauschen eines Mikrofons vom akustischen Eigenrauschen dominiert wird, wird das Signal/Rausch-Verhältnis eines Mikrofons durch eine höhere Membran-Nachgiebigkeit nicht unmittelbar verbessert. Sowohl das Nutzsignal, d.h. die Auslenkung der Membran, als auch die Übersetzung des „Rauschdruckes“ in eine thermische Vibration steigt mit der Membran-Nachgiebigkeit. 4.3.6 Simulationen zum akustischen Eigenrauschen Mit den Simulationsparametern der Tabelle 4.1 sind in Abbildung 4.14 die spektralen akustischen Rauschdichten der einzelnen Rauschwiderstände eines Mikrofons mit Federbzw. Korrugationsmembran dargestellt. Die Beiträge zum thermischen Widerstandsrauschen wurden sowohl mit dem vollständigen Netzwerkmodell numerisch mit der Schaltungssoftware PSPICE simuliert (Symbole) als auch mit den abgeleiteten Gleichungen analytisch berechnet (Linien). 0.5 akustische Rauschdichte [dB(P/Hz )] akustische Rauschdichte [dB(P/Hz0.5)] -90 -100 -110 -120 -130 -140 -150 -160 Rp Rgap Rin Rvent Rrad analytisch -170 -180 -190 100 -100 -110 -120 -130 -140 -150 -160 Rp Rgap Rin Rvent Rrad analytisch -170 -180 -190 -200 -200 10 -90 1000 10000 Frequenz [Hz] 100000 10 100 1000 10000 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 4.14: Akustische Rauschdruckdichte von Mikrofonen mit einer geschlossenen Korrugationsmembran (links) und einer Feder-Membran (rechts). 72 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Sämtliche Rauschkurven zeigen einen Abfall bei hohen Frequenzen, der mit der Dämpfung der Membranauslenkung zu erklären ist. Der Widerstandswert Rin vom einzelnen Schalleintrittsloch im Gehäuse ist verhältnismäßig klein, so dass seine Rauschdruckdichte vernachlässigbar ist. Der Strömungswiderstand Rvent ist bei der Korrugationsmembran sehr groß und wird deshalb fast vollständig aus dem akustischen Frequenzbereich gefiltert. Bei der Feder-Membran mit kleinerem Rvent dagegen resultiert aus der Grenzfrequenz bei 10 Hz eine dominierende Rauschdichte bei tiefen Frequenzen. Über den akustischen Bereich integriert ist der Rauschbeitrag dennoch sehr gering. Die Filterwirkung bei 3 kHz ist auf die MassenInduktivität des Schalleintrittlochs zurückzuführen. Der von der Frequenz abhängige Strahlungswiderstand Rrad und die zugehörige Rauschdichte ist im akustisch relevanten Frequenzbereich ebenfalls zu vernachlässigen. Den weitaus größten Beitrag zum akustischen Eigenrauschen liefert das Rauschen der Strömungswiderstande im Kondensatorspalt Rgap und durch die Perforationslöcher Rp. Die in der Akustik gebräuchliche Größe zur Beschreibung des Signal/Rausch-Verhältnisses ist ein äquivalenter Schallpegel, der ein dem Rauschen entsprechendes Signal erzeugen würde. Da ein Schalldruck von 2⋅10-5 Pa im Mittel den niedrigsten vom Menschen wahrnehmbaren Pegel entspricht, wird der Eigengeräuschpegel LE auf diese Hörschwelle bezogen L E ≡ 20 ⋅ log ⋅ df . 2 ⋅ 10 −5 ∫N p (4.28) Der Eigengeräuschpegel wird durch Integration der Rauschdichte über einen definierten Frequenzbereich berechnet. In Tabelle 4.2 sind die A-bewerteten Eigengeräuschpegel der Rauschquellen zusammengestellt (Frequenzband 10 Hz – 20 kHz). Rauschwiderstand Rvent Rrad Rin Rgap Rp Mikrofon total LE [dB(A)] korrugierte Membran -31 -4.6 -5.6 17 24.3 25.1 LE [dB(A)] Feder-Membran 1.8 -1.1 -4.1 18.9 26.3 27.1 Tabelle 4.2: Eigengeräuschpegel in einem Mikrofon mit Korrugations- bzw. Feder-Membran. Der Eigengeräuschpegel des Mikrofons mit der Feder-Membran ist um etwa 2 dB(A) größer als der des Mikrofons mit Korrugationsmembran. Dieser Unterschied hängt mit der höheren mechanischen Membran-Nachgiebigkeit der korrugierten Membran zusammen, die zu einer stärkeren spektralen Begrenzung der Rauschdichte führt. Für ein möglichst geringes Eigenrauschen sollte die Summe der beiden dominierenden Strömungswiderstände Rgap und Rp möglichst klein sein. Diese Zielsetzung steht in Einklang mit der Anforderung an eine hohe obere Grenzfrequenz der Mikrofon-Nachgiebigkeit. In Abschnitt 4.3.4 wurde bereits die Minimierung des gesamten Strömungswiderstandes Rp+Rgap behandelt. Das optimale Perforationsdesign für eine maximale obere Grenzfrequenz ist demzufolge identisch mit dem für ein minimales Eigenrauschen. Den Zusammenhang zwischen akustischen Rauschen und Perforationsdesign verdeutlicht die Abbildung 4.15, in der bei einer konstanten 73 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Perforationsflächendichte von 20% bzw. 30% der Eigengeräuschpegel des Mikrofons mit Korrugationsmembran in Abhängigkeit vom Perforationsradius aufgetragen ist. Eigengeräuschpegel [dB(A)] 26.5 Perforationsflächendichte 20% 26 25.5 25 24.5 24 23.5 Perforationsflächendichte 30% 23 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Perforationsradius rh [µm] Abbildung 4.15: Reduzierung des Eigengeräuschpegels durch Optimierung der Perforation in der Gegenelektrode. Der Perforationsradius mit minimalem Eigenrauschen stimmt mit dem einer maximalen Grenzfrequenz überein. Der Vergleich mit der Abbildung 4.11 liefert bei einer Perforationsflächendichte von 20% jeweils einen optimalen Perforationsradius von 3.8 µm. Der Eigengeräuschpegel ist bei einer Dichte von 30% selbst im Minimum mit 23.3 dB(A) relativ hoch. Hinzu kommt, dass häufig der niedrigste Eigengeräuschpegel nicht erreicht werden kann, da die dazu notwendigen weiten Perforationsöffnungen nicht oder nur unter hohem technologischen Aufwand realisiert werden können. Die durch das Eigenrauschen gesetzte untere Grenze des Signal/Rausch-Verhältnisses kann durch eine höhere Empfindlichkeit nicht herabgesetzt werden. 4.4 Kapazitive Wandlung in einer Niederfrequenz-Schaltung Im vorherigen Abschnitt wurde die durch einen Schalldruck verursachte Membranauslenkung mit Hilfe eines Netzwerkmodells abgeleitet. Die Membranauslenkung kann prinzipiell optisch, piezoresistiv, piezoelektrisch oder kapazitiv sensiert werden. In dieser Arbeit wird das kapazitive Wandlerprinzip in einer Niederfrequenz-Schaltung verwendet. Dazu wird die Mikrofonkapazität über einen hochohmigen Widerstand aufgeladen, so dass die Kapazitätsänderung in eine Wechselspannung transformiert wird. Betrachtet man die Spannung UC über die Wechselkapazität C~ des Mikrofons UC = x Q Q ⋅ ( x0 + x ~ ) Q = = +UC0 ⋅ ~ ε0 ⋅ A C~ C0 x0 , (4.29) so ist ersichtlich, dass die Wechselkapazität spannungsmäßig durch die Ruhekapazität C0 und eine geeignete Spannungsquelle u~=UC0⋅x~/x0 in Serie dazu dargestellt werden kann. Nach 74 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen dem Modell kolbenartiger Auslenkungen ist x~ die frequenzabhängige, mittlere Änderung der Kondensatorspalthöhe, d.h. die Differenz zwischen der Membranund Gegenelektrodenauslenkung. Analog dazu ist eine Darstellung mit der Ruhekapazität und einer parallelen Stromquelle möglich. Das Modell eines Mikrofons in einer Gleichspannungsschaltung ist in Abbildung 4.16 dargestellt. Dabei wurde bereits eine kleine Auslenkungsamplitude x~<<x0 und ein unbelasteter Ausgang angenommen, so dass UC0≈U0 gilt. Parasitäre Kapazitäten, die nicht an der kapazitiven Signalwandlung beteiligt sind und zu Umladeverlusten führen, werden durch die Kapazität Cp berücksichtigt. Zu ihr trägt beispielsweise der Bereich der Membraneinspannung bei, dessen Wirkung durch die Dielektrizitätskonstante des Stützstellenmaterials (εr=3.9 für Siliziumdioxid) verstärkt wird. Rg ist ein hochohmiger Widerstand, über den die Mikrofonkapazität aufgeladen wird. C0 C~ U0 ⋅ x~ x0 ~ Cp Rg Uout U0 Abbildung 4.16: Modellierung der kapazitiven Wandlung in einer DC-Schaltung. Bevor die Übertragungsfunktion der Membranauslenkung zur Signalspannung angegeben werden kann, muss auf die speziellen Eigenschaften einer Mikrofonkapazität mit einer perforierten Gegenelektrode und einer hochempfindlichen Membran eingegangen werden, die zu Korrekturen an der Ruhekapazität und dem Spaltabstand führen. 4.4.1 Ruhekapazität und Perforationsdesign Bei einem mikromechanischen Mikrofon muss aufgrund der kleinen Dimensionen und der damit verbundenen akustischen Dämpfung die Gegenelektrode hochgradig perforiert sein. Im Vergleich zu einer Kapazität mit zwei soliden Elektroden wird die Ruhekapazität durch die Perforationslöcher reduziert. Eine sehr einfache Modellvorstellung geht davon aus, dass die Kapazität um den Anteil der Perforationsfläche kleiner ist. Abbildung 4.17 zeigt ein verbessertes Modell mit einem Perforationsloch (Radius rh, Abstand dh), bei dem ein von der Spalthöhe x0 abhängiger Anteil an elektrischen Randfeldern bei der Berechnung der Kapazität berücksichtigt wird. dh x0 x0 x0 2rh Abbildung 4.17: Modell zur Berechnung der Mikrofonkapazität mit perforierter Elektrode. 75 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Die anteilig zu einer Perforationsöffnung gehörende Kapazität Ch ist nach diesem Modell durch Ch = [d 2 h ] − (rh − x 0 ) ⋅ π ⋅ε0 x0 2 (4.30) gegeben. Drückt man den Perforationsabstand durch die Perforationsflächendichte ρh aus und führt eine Nullpunktverschiebung bezüglich des Perforationsradius durch (rh→rh+x0), dann erhält man die vom Perforationsdesign abhängige Ruhekapazität C0 in Relation zu einem unperforierten Segment eines Plattenkondensators Csolid=ε0⋅dh2/x0 C0 r ⋅ ρh . =1− h C solid (rh + x0 )2 2 (4.31) Zur Beurteilung dieser analytischen Näherungslösung wurden FEM-Simulationen durchgeführt. Bei einer vorgegebenen Potentialdifferenz ∆U auf den Elektroden wird die Kapazität aus der elektrostatischen Energie W berechnet: C=2⋅W/∆U2. In Abbildung 4.18 sind die numerischen und analytischen Rechnungen für verschiedene Perforationsradien aufgetragen. 1 0.95 Dichte ρh=0.2 C0/Csolid 0.9 0.85 0.8 Dichte ρh=0.3 0.75 analytisches Modell numerische Simulation 0.7 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Perforationsradius [µm] Abbildung 4.18: Relative Kapazitätsänderung bei einer perforierten Elektrode nach dem analytischen Modell und numerischen FEM-Analysen. Bei jeweils konstanter Perforationsflächendichte nimmt die Ruhekapazität mit dem Perforationsradius ab, da der Kapazitätsbeitrag der räumlich begrenzten Randfelder abnimmt. Im Grenzfall sehr weiter Perforationsöffnungen reduziert sich die Kapazität nach dem einfachen Modell um den Anteil der Perforationsflächendichte, d.h. C0/Csolid=(1-ρh). Ist die 76 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen gesamte Mikrofonkapazität näherungsweise durch ein Vielfaches eines perforierten Segmentes darzustellen, dann kann aufgrund der guten Übereinstimmung mit den FEMSimulationen die analytische Näherung zur Beschreibung der Ruhekapazität eines Mikrofons mit perforierter Gegenelektrode im Netzwerkmodell verwendet werden. 4.4.2 Elektrostatische Membrananziehung Die Beschaltung des Mikrofons mit einer Gleichspannung U0 verursacht eine Rückwirkung auf das Mikrofon, indem die über die Mikrofonkapazität abfallende Spannung eine Änderung der statischen Kondensatorspalthöhe x0 verursacht. Der anziehenden elektrostatischen Kraft Fe steht die mechanische Rückstellkraft der Membran Fm entgegen, die sich im Gleichgewicht gegenseitig aufheben. Mit dem Modell einer kolbenartigen Membranauslenkung x0‘ und der Vernachlässigung einer Durchbiegung der steifen Gegenelektrode muss F = Fe + Fm = 1 ⋅ 2 ⋅U 02 ! (rh + x0 − x0 ') − ⋅ ' = 0 k x eff 0 ( x0 − x0 ' ) 2 ε 0 ⋅ R 2 ⋅ π ⋅ 1 − rh ⋅ ρ h 2 2 (4.32) erfüllt werden. Vernachlässigt man die zusätzliche Kopplung zwischen der Membranauslenkung und dem Korrekturterm der Perforationslöcher, dann erhält man für die elektrostatische Auslenkung x0‘ eine algebraische Gleichung dritten Grades, die nach der Cardanischen Formel gelöst wird [Bron91] 2 rh ⋅ ρ h 2 27 U C 1 ε ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ − m 0 0 1 (rh + x0 )2 2 x 0 ' = ⋅ x 0 ⋅ 1 − cos ⋅ arccos1 − 3 3 3 4 ⋅ x0 (4.33) Die Kollapsspannung erhält man aus der Diskriminante (=0) der kubischen Gleichung Up = 8 ⋅ x0 3 2 r ⋅ ρh 27 ⋅ ε 0 ⋅ C m ⋅ 1 − h (r + x )2 0 h (4.34) Trägt man die relative Änderung des Spaltabstandes x0‘/x0 gegen das Verhältnis der Vorspannung und der Kollapsspannung U0/Up auf, dann erhält man den allgemein gültigen funktionalen Zusammenhang der Abbildung 4.19. Die Beziehung hängt nicht vom Spaltabstand, der Membran-Nachgiebigkeit oder dem Perforationsdesign ab. 77 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen normierte elektrostatische Membranauslenkung % 35 30 25 20 15 10 5 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 U0/Up [V] Abbildung 4.19: Elektrostatische Membranauslenkung nach der kubischen Gleichung. Insbesondere bei Vorspannungen in der Nähe der Kollapsspannung muss der reduzierte Spaltabstand im Modell berücksichtigt werden, da dieser das elektrische Feld im Kondensatorspalt und die Kapazität und damit die Empfindlichkeit beeinflusst. Nach diesem Kolbenmembran-Modell liegt die maximale statische Membranauslenkung bei 1/3 des Ruheabstandes. Dies gilt in dem Sinne, dass bei einer größeren Auslenkung der elektrostatische Kollaps eintritt. Die Näherung einer kolbenförmigen Bewegung mildert den Einfluss der Vorspannung auf den Spaltabstand. Tatsächlich trägt der mittlere Membranbereich stärker zur elektrostatischen Anziehungskraft bei. Eine Abschätzung für den Gültigkeitsbereich der Vereinfachung einer kolbenförmigen Membranverbiegung erhält man mit der elektrostatischen Kraft Fe0 beim Ruheabstand x0. Die anfängliche Auslenkung sollte wesentlich kleiner als der Ruheabstand sein: Fe0/keff<<x0. Eine weitere Einschränkung der Lösung 4.33 besteht durch die bereits im Abschnitt 3.2.3 diskutierte mechanische Nichtlinearität der Verformungsversteifung, die für Auslenkungen in der Größenordnung der Membrandicke auftreten, d.h. bei t≈x0‘≈0.3⋅x0. 4.4.3 Kapazitives Wandlerverhalten Die Transformationsfunktion ADC [V/m] der Kondensatorspaltänderung zur Spannung Uout über den Ladewiderstand Rg ist nach der Schaltung von Abbildung 4.16 durch ADC ≡ U out x~ = 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ (C 0 + C p ) ⋅ R g U0 C0 ⋅ ⋅ x0 − x0 ' C 0 + C p 1 + 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ (C 0 + C p ) ⋅ R g ( ) 2 (4.35) gegeben. Sie ist proportional zum elektrischen Feld im Kondensatorspalt, einem kapazitiven Spannungsteiler und einem Hochpass-Filter, der den Ladungsverlust auf der Mikrofonkapazität über den endlichen Ladewiderstand bei niedrigen Frequenzen beschreibt. 78 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Für eine optimale kapazitive Wandlung ist daher auf geringe parasitäre Kapazität und einen möglichst großen Ladewiderstand zu achten. Eine schaltungstechnische Möglichkeit bei Ansteuerung mit einer Impedanzwandlerschaltung ist die Bootstrap-Mitkopplung, bei der die parasitäre Kapazität nicht auf Massepotential, sondern auf den Ausgang geführt wird. Man erreicht damit eine beidseitige Aufladung, die entsprechend der Spannungsverstärkung der Impedanzwandlerschaltung die parasitäre Kapazität reduziert. In der Ruhekapazität C0 des Mikrofons sind die Korrekturen der elektrostatischen Membranauslenkung und der Perforation enthalten. So gilt für eine Kreismembran C 0= 4.5 ε 0 ⋅ R 2 ⋅ π r ⋅ ρh ⋅ 1− h x 0 − x 0 ' (rh + x 0 )2 2 . (4.36) Impedanzwandlerschaltung Die Leerlaufempfindlichkeit gibt die Empfindlichkeit im unbelasteten Fall an, d.h. bei einer unendlichen Eingangsimpedanz der Ausleseschaltung. In der Praxis wird man die hohe Ausgangsimpedanz des Mikrofons in der Gleichspannungsschaltung mit einem Impedanzwandler in eine kleine Ausgangsimpedanz transformieren müssen, bevor die Wechselspannung als Signal genutzt werden kann. Traditionell werden für rauscharme Schaltungen Sperrschicht-Feldeffekttransistoren gegenüber MOSFETs bevorzugt, da sie keinen 1/f-Rauschanteil durch Streuung an Oberflächenladungszuständen der Oxid-Halbleiter Grenzschicht aufweisen [Mue90]. In dieser Arbeit wurde ein Sperrschicht-Feldeffekttransistor (JFET, Junction Field-Effect Transistor) in der Impedanzwandlerschaltung der Abbildung 4.20 eingesetzt. JFET G Uin ~ D Udd G Cgs S Rs Cgd D gmVgs gds-1 Uout S Abbildung 4.20: Impedanzwandlerschaltung und vereinfachtes Kleinsignal-Ersatzschaltbild des JFETs im Normalbetrieb. Der n-Kanal JFET wird als eine gesperrte pn-Diode betrieben, deren Raumladungszone den leitenden Kanal zwischen Drain (D) und Source (S) abschnürt. Der von der Eingangsspannung Uin modulierte Kanalstrom wird als Ausgangsspannung Uout über den Lastwiderstand Rs abgegriffen. Im linearisierten Kleinsignal-Ersatzschaltbild wird der Kanal durch den vom Arbeitspunkt abhängigen Leitwert gds und einer geregelten Stromquelle beschrieben. Dieser Strom ist proportional zur Steuerspannung Vgs zwischen Gate und Source und zur Steilheit des Transistors gm. Die Kapazitäten Cgd und Cgs beschreiben die Sperrschichtkapazitäten der pn-Übergänge im Arbeitspunkt. 79 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen 4.5.1 Analytische Berechnung der Spannungsverstärkung und Ausgangsimpedanz Die Spannungsverstärkung der Impedanzwandlerschaltung lässt sich leicht mit Hilfe des Kleinsignal-Ersatzschaltbildes der Abbildung 4.20 berechnen A jfet Rs ⋅ g m + j ⋅ ω ⋅ Rs ⋅ C gs U = out = U in 1 + Rs ⋅ g m + j ⋅ ω ⋅ Rs ⋅ C gs f << 1 2⋅π ⋅ Rs ⋅C gs = Rs ⋅ g m . 1 + Rs ⋅ g m (4.37) Für Frequenzen unterhalb der Grenzfrequenz f=1/(2πRsCgs), die typischerweise im MHzBereich liegt, ist die Übertragungsfunktion konstant und nur von der Transistorsteilheit und dem Lastwiderstand abhängig. Die Rückkopplung in der Impedanzwandlerschaltung bewirkt, dass die Spannungsverstärkung stets kleiner als 1 ist. Die Wirkungsweise der Schaltung als Wandler der Impedanz ist an der Ausgangsimpedanz Z jfet = U out Rs = 1 + ⋅ g m ⋅ Rs I out (4.38) ersichtlich. Sie ist für Rs>>gm-1 durch das Inverse der Transistorsteilheit gegeben und beträgt daher nur wenige kΩ im Vergleich zur Eingangsimpedanz von einigen GΩ. 4.5.2 Simulationen zur Spannungsverstärkung und Ausgangsimpedanz Zur Simulation der Impedanzwandlerschaltung ist es zweckmäßig, auf eine Simulationssoftware zurückzugreifen, die den Arbeitspunkt und die Kleinsignal-Parameter berechnet. In dieser Arbeit wurde der Schaltungssimulator PSPICE verwendet. Das JFETModell in PSPICE verwendet eine quadratische Näherungsformel für das Großsignalverhalten des Drainstromes IDS I ds = β ⋅ (Vgs − Vt ) 2 ⋅ (1 + λ ⋅ Vds ) . (4.39) Diese Gleichung gilt im reversen Betriebsmodus, d.h. die Drain-Source Spannung Vds ist im Sättigungsbereich und die pn-Übergänge sind in Sperrrichtung gepolt. Der Simulationsparameter λ beschreibt die Verkürzung der Kanallänge durch die Ausweitung der Raumladungsladungszone mit steigendem Vds. Der Simulationsparameter β entspricht im Wesentlichen der Transistorsteilheit gm=δIds/δVgs und die Spannung Vt ist die zur Kanalabschnürung notwendige Gate/Source-Spannung. Die Stromquelle bildet zusammen mit zwei Dioden und Kapazitäten ein Großsignal-Modell zur Simulation des Arbeitspunktes. Das Kleinsignal-Modell ist ähnlich dem in der Abbildung 4.20 dargestellten. Einzelheiten zur Modellierung von Sperrschicht-Feldeffekttransistoren unter PSPICE können der Literatur entnommen werden [Ant93]. Ein Vorteil der Verwendung der Schaltungssoftware ist, dass nach der einmaligen Vermessung der Modellparameter eines JFETs das Verhalten einer beliebigen Schaltung analysiert werden kann. Die folgenden Berechnungen und Simulationen orientieren sich an den Kenndaten des kommerziell erhältlichen Sperrschicht-Feldeffekttransistors „J201“ von Vishay Siliconix. Die Klein- und Großsignalparameter werden dem Datenblatt für den abgeschnürten Betrieb 80 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen entnommen: gm=0.45 mS, Cgs≈Cgd=1.6 pF, Kf=3⋅10-17 A, Ig=3.4 pA. Die eingangsseitige Gesamtkapazität C soll sich aus einer Mikrofonkapazität von 3.5 pF und einer parasitären Kapazität von 1 pF zusammen. Sie wird über einem Ladewiderstand Rg von 1 GΩ mit einer 1 V Spannungsquelle aufgeladen werden. Die Betriebsspannung des JFET Udd sei 5 V und der Lastwiderstand 20 kΩ. In Abbildung 4.21 wird die vom Lastwiderstand Rs abhängige Spannungsverstärkung nach PSPICE-Simulationen mit der analytischen Lösung verglichen. Außerdem wird der Ausgangswiderstand angegeben. 1 6 PSPICE-Simulation Ausgangswiderstand [kΩ] Spannungsverstärkung 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 PSPICE-Simulation 0.1 analytisch 0 analytisch 5 4 3 2 1 0 1 10 Lastwiderstand Rs [kΩ] 100 1 10 100 Lastwiderstand Rs [kΩ] Abbildung 4.21: Spannungsverstärkung und Ausgangswiderstand der Impedanzwandlerschaltung. Die Spannungsverstärkung der Impedanzwandlerschaltung ist über einen weiten Frequenzbereich konstant und durch die Transistorsteilheit und dem Lastwiderstand gegeben. Mit einem hohen Lastwiderstand nähert sie sich dem Wert 1 an. Selbst bei einem Lastwiderstand von 100 kΩ bleibt der Ausgangswiderstand deutlich unter 10 kΩ. Die Diskrepanz zwischen der analytischen Rechnung und der Simulation mit PSPICE hängt mit der Abhängigkeit der Transistorsteilheit gm vom Arbeitspunkt, d.h. vom Lastwiderstand Rs zusammen. Mit dem Lastwiderstand nimmt die Transistorsteilheit monoton ab. Die analytische Rechnung mit einer konstanten Transistorsteilheit kann daher zwangsläufig nur für einen Arbeitspunkt und einem Lastwiderstand gelten (im Beispiel für Rs=16 kΩ). Bei kleineren Lastwiderständen führt die Annahme einer konstanten Transistorsteilheit bei der analytischen Berechnung zu einer zu geringen Spannungsverstärkung und bei hohen Lastwiderständen entsprechend zu überhöhten Spannungsverstärkungen. Der Unterschied in der Transistorsteilheit ist besonders gut an der Ausgangsimpedanz zu beobachten, da diese bei einem hohem Lastwiderstand näherungsweise durch gm-1 gegeben ist. 4.5.3 Analytische Berechnung der Rauschspannungsdichte Das elektrische Rauschen der Impedanzwandlerschaltung bei Beschaltung mit einem Mikrofon setzt sich aus verschiedenen Rauschquellen und Mechanismen zusammen, die nun kurz erläutert werden: • Thermisches Widerstandsrauschen: Die thermische Bewegung von Ladungsträgern erzeugt weißes Rauschen an ohmschen Widerständen. In der Impedanzwandlerschaltung 81 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen • • • ist das der Lastwiderstand Rs und der Ladewiderstand Rg (Rauschstromdichte WIRs und WIRg). Widerstandsrauschen parasitärer Bahnwiderstände im JFET können wegen der kleinen Widerstandswerte im Bereich weniger Ohm vernachlässigt werden. Thermisches Kanalrauschen: Die thermische Ladungsträgerbewegung verursacht in jedem infinitesimalen Widerstandselement im Kanal eine Rauschspannung, die zu einer Schwankung des Drainstromes führt. Die über die gesamte Kanallänge integrierte Rauschstromdichte WIgm hat die Form eines thermischen Widerstandsrauschens mit der Transistorsteilheit gm. Generations-Rekombinations-Rauschen (Funkel-Rauschen): Aufgrund von Kristallfehlern oder Verunreinigungen in Halbleitern können Ladungsträger ständig entstehen und rekombinieren. In der Raumladungszone des JFETs führt diese statistische Schwankung des Ladungszustandes zu einem Rauschen des Drainstromes im Kanal (Rauschstromdichte WIIds). Weitere Quellen für Funkel-Rauschen können die Korngrenzenzustände in Widerständen aus Polysilizium sein. Charakteristisch für FunkelRauschen ist die 1/f-Frequenzabhängigkeit, die auf ein breites Spektrum der Generationsbzw. Lebensdauer der Ladungsträger zurückzuführen ist („Hooge“-Modell). Schrotrauschen: Schrotrauschen entsteht durch die Quantisierung der elektrischen Ladungen in Portionen der Elementarladung. An Potentialbarrieren, etwa einem pnÜbergang, führt die Zufallsverteilung der Elektronen zu einer Abweichung eines Gleichstromes von seinem Mittelwert. Im JFET tritt Schrotrauschen an der gesperrten Gate/Kanal-Diode auf (Rauschstromdichte WIIgs und WIIgd). Weitere Beiträge zum Schrotrauschen können nicht-ohmsche pn-Kontakte liefern. Mit der Impedanzwandlerschaltung, der Kleinsignalschaltung des Feldeffekttransistors und dem Abschluss des Einganges mit der Mikrofonkapazität samt Ladewiderstand ergibt sich das in Abbildung 4.22 dargestellte Rauschersatzschaltbild. W i I ds ⋅ ∆f Cgd W i I gs ⋅ ∆f C Rg Cgs gmVgs W i g m ⋅ ∆f gds-1 W i R g ⋅ ∆f idealer, rauschfreier JFET Rs W i Rs ⋅ ∆f Abbildung 4.22: Rauschersatzschaltbild der Impedanzwandlerschaltung mit eingangsseitiger Gleichspannungsschaltung. Die einzelnen Rauschspannungsdichten Nu [V2/Hz] am Ausgang können mit der Übertragungsfunktion jeder Quelle, im Fall einer Rauschstromdichte eine Impedanz Z, und der jeweiligen Rauschstromdichte WI [A2/Hz] berechnet werden, wenn der DC-Arbeitspunkt und die Kleinsignalparameter bekannt sind. Die Rauschspannungsdichte am Ausgang Nu, d.h. über den Lastwiderstand Rs, ist dann durch 82 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen 2 N u = Z ⋅W I (4.40) gegeben. Thermisches Rauschen vom Lastwiderstand Rs Für die Übertragungsimpedanz der Rauschstromquelle an den Ausgang gilt unter der Vernachlässigung des kleinen Kanalleitwertes im Sperrbetrieb Z Rs ≈ 1 1 ) C gd + C ⋅ (1 + 2 π ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ j f C R 1 g + gm ⋅ 1 Rs ) C gd + C gs + C ⋅ (1 + j ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ C ⋅ R g . (4.41) Bei der Berechnung wurde davon Gebrauch gemacht, dass für Mikrofonanwendungen immer f<<gm/2πCgs>>100 kHz gilt. Für Frequenzen f>>1/Rg⋅C und der Rauschstromdichte des Lastwiderstandes WIRs=4⋅k⋅T/Rs beträgt die Rauschspannungsdichte am Lastwiderstand N u Rs ≈ 1 1 + R ⋅ g s m C gd + C ⋅ C gd + C gs + C 2 ⋅ 4 ⋅ k ⋅ T ⋅ Rs . (4.42) Der Rauschbeitrag vom Lastwiderstand ist immer kleiner als das reine Widerstandsspannungsrauschen 4⋅k⋅T⋅Rs. Die Rauschspannungsdichte würde sogar mit dem Widerstandswert abfallen, wenn nicht gleichzeitig durch die Verschiebung des Arbeitspunktes die Transistorsteilheit abnehmen würde. Thermisches Rauschen vom Ladewiderstand Rg Zur Berechnung des Rauschbeitrages des Ladewiderstandes ist es zweckmäßig, von der Rauschspannungsdichte auszugehen. Diese Quelle sieht einen Tiefpass, bestehend aus dem Widerstandwert Rg und den Kapazitäten des Mikrofons und des JFETs, und wird mit der Spannungsverstärkung der Impedanzwandlerschaltung Ajfet an den Ausgang transformiert. Infolge der Mitkopplung zwischen dem Ausgang und dem Eingang wird die Gate/SourceSperrkapazität Cgs mit der Spannungsverstärkung bewertet (Miller-Effekt [Leh74]). Mit dem Rauschersatzschaltbild berechnet die Rauschspannungsdichte am Lastwiderstand zu N u Rg 1 = 1 + 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ R g ⋅ (C + C gs ⋅ (1 − A jfet ) + C gd ) ( 2 ) 2 2 ⋅ A jfet ⋅ 4 ⋅ k ⋅ T ⋅ R g . (4.43) Der Rauschbeitrag des Ladewiderstandes hängt in zweierlei Hinsicht von seinem Widerstandwert ab. Er beeinflusst sowohl den maximalen Betrag als auch die spektrale Verteilung. Ein großer Widerstandswert des Ladewiderstandes ist vorteilhaft, wenn das Rauschspektrum z.B. durch eine A-Bewertung begrenzt ist. Dann erreicht man mit einem hohen Ladewiderstand eine niedrige Grenzfrequenz und eine Verschiebung der Rauschdichte aus dem Nutzband. 83 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Thermisches Kanalrauschen und Generations-Rekombinations-Rauschen Das thermische und Funkel-Rauschen des JFET-Kanals kann zu einer Rauschstromdichte zusammengefasst werden W I g m + W I I ds = K f ⋅ I ds 2 ⋅ 4 ⋅ k ⋅ T ⋅g m+ . 3 f (4.44) Der erste Term beschreibt das thermische Kanalrauschen [Mue90] und der zweite das FunkelRauschen. Da die Dichte und energetische Lage der Rekombinationsstellen stark von dem Herstellungsprozess und der Technologie abhängt, muss der Funkel-Rauschfaktor Kf empirisch bestimmt werden. Die Berechnung der Übertragungsfunktion dieser Rauschquellen erfolgt analog zu der des Lastwiderstandes. Für Frequenzen f>>1/Rg⋅C ist die gesamte Rauschspannungsdichte am Ausgang durch N u g m + I ds ≈ K f ⋅ I ds 2 ⋅ ⋅ 4 ⋅ k ⋅ T ⋅ g m + f 1 C gd + C 3 + g ⋅ m Rs C gd + C gs + C 1 2 (4.45) gegeben. Die Rauschdichte setzt sich aus einem weißen und einem frequenzabhängigen Rauschanteil zusammen, die sich bei der charakteristischen Frequenz ff=3⋅Kf⋅Ids/(8⋅k⋅T⋅gm) schneiden. Der DC-Drainstrom kann im Sperrbetrieb durch Ids≈0.6/Rs angenähert werden, so dass das Funkel-Rauschen indirekt vom Lastwiderstand abhängt. Schrotrauschen des Gate Sperrstromes Die Rauschstromdichte von Schrotrauschen setzt sich aus der Elementarladung e=1.6⋅10-19 C und dem DC-Sperrstrom zusammen W I I gs = 2 ⋅ e ⋅I gs (4.46) W I I gd = 2 ⋅ e ⋅I gd (4.47) Beschränkt man sich bei der Berechnung auf Frequenzen unterhalb von einigen MHz (f<<1/2πRsCgs, f<<1/2πRsCgd) und geht von etwa gleich großen Sperrschicht-Kapazitäten aus, dann sind die Übertragungsimpedanzen für beide Rauschquellen gleich und das Schrotrauschen kann durch den gesamten Sperrstrom Ig=Igs+Igd ausgedrückt werden N u Ig Rg ≈ 1 + 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ R g ⋅ (C + C gs ⋅ (1 − A jfet ) + C gd ) ( 2 ) 2 2 ⋅ A jfet ⋅ (2 ⋅ e ⋅ I g ) . (4.48) Der Rauschbeitrag des Schrotrauschen verhält sich in Bezug auf die Frequenzabhängigkeit äquivalent zum Rauschen des Ladewiderstandes. Der Vergleich beider Rauschspannungsdichten liefert einen Widerstand Rg ≡ 2 ⋅ * 84 k ⋅T , e⋅ Ig (4.49) Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen der angibt, welcher Rauschterm überwiegt. Für Rg<Rg* dominiert das thermische Widerstandsrauschen vom Ladewiderstand und entsprechend für Rg>Rg* das Schrotrauschen des Sperrstromes. Für Sperrströme im pA-Bereich beträgt der Wert Rg* mehrere GΩ, so dass in den meisten Fällen das Schrotrauschen unter dem thermischen Rauschen des Ladewiderstandes liegt. Gesamtrauschen Die gesamte elektrische Rauschspannungsdichte am Impedanzwandlerausgang ist durch die Addition der einzelnen Rauschdichten gegeben N u elektrisch = N u Rs + N u Rg + N u g m + I ds + N u I g . (4.50) 4.5.4 Simulationen zur Rauschspannungsdichte Die Rauschspannungsdichten der einzelnen Rauschquellen am Ausgang der Impedanzwandlerschaltung nach den abgeleiteten Gleichungen und einem PSPICE-Modell ist in der Abbildung 4.23 dargestellt. Die Symbole kennzeichnen die numerisch simulierten Rauschdichten und die durchgezogene Linien die zugehörige analytische Lösung. -100 Summe Widerstandsrauschen Rg Schrotrauschen Ig Funkelrauschen JFET Kanalrauschen JFET Widerstandsrauschen Rs analytische Rechnung 0.5 Rauschdichte [dB(V/Hz )] -110 -120 -130 -140 -150 -160 -170 -180 10 100 1000 10000 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 4.23: Rauschspannungsdichte der Impedanzwandlerschaltung. Den weitaus größten Beitrag zum Gesamtrauschen liefert das Widerstandsrauschen vom Ladewiderstand. Die A-bewertete Rauschspannung von dem 1 GΩ Ladewiderstand beträgt 4 µV(A). Bei einer Rauschspannung von 4.2 µV(A) der gesamten Schaltung ist dies ein prozentualer Anteil von ca. 94%. Das Schrotrauschen des Sperrstromes ist im gesamten Spektrum um 12 dB niedriger, da der charakteristische Widerstand Rg*=15 GΩ im Vergleich zu dem 1 GΩ Ladewiderstand groß ist. Bei hohen Frequenzen beherrscht das nahezu weiße 85 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Kanalrauschen die Rauschspannungsdichte. Die Rauschspannung ist mit 0.7 µV(A) dennoch verhältnismäßig klein. Das thermische Rauschen des Lastwiderstandes liegt um 7 dB unter dem Kanalrauschen und ist zu vernachlässigen, wenn Rs>>3/2⋅gm-1 ist. Auch das Funkelrauschen spielt bei dem in der Simulation angenommen Funkel-Rauschfaktor keine Rolle. Die folgende Tabelle fasst die Rauschspannungen der verschiedenen Rauschquellen in der Impedanzwandlerschaltung zusammen: Rauschwiderstand Rauschspannung [µV (A)] Ladewiderstand Rg Schrotrauschen Funkelrauschen Kanalrauschen Lastwidertand Rs Total 3.95 1 0.1 0.7 0.3 4.2 Tabelle 4.3: Rauschspannungen des Impedanzwandlers mit DC-Schaltung. Der Vergleich der elektrischen Rauschquellen zeigt, dass für ein geringes Rauschen in erster Linie der Beitrag des Ladewiderstandes optimiert werden muss. Dies gelingt durch einen hohen Widerstandswert oder eine hohe Mikrofonkapazität, da diese die obere Grenzfrequenz der Rauschdichte verschieben. Im Gegensatz zur Mikrofonkapazität, die durch das Membrandesign und dem Spaltabstand festgelegt wird, ist der Ladewiderstand, soweit technologisch möglich, frei wählbar. In der Abbildung 4.24 ist die Abhängigkeit der Rauschspannungen vom Widerstandswert des Ladewiderstandes angeben (Frequenzband 10 Hz-20 kHz). Rauschspannung [µV(A)] 100 Widerstandsrauschen Rg Schrotrauschen Widerstandsrauschen Rs Kanalrauschen Funkelrauschen Summe 10 1 0.1 0.1 1 10 100 Ladewiderstand Rg [GΩ] Abbildung 4.24: A-bewertete Rauschspannungen der Impedanzwandlerschaltung in Abhängigkeit vom Ladewiderstand. 86 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Mit der Erhöhung des Widerstandwertes erreicht man eine Verschiebung der spektralen Rauschdichte des Ladewiderstandes in der Weise, dass die integrale Größe der Rauschspannung bei einer A-Bewertung abnimmt. Geht man beispielsweise von einer Mikrofon-Empfindlichkeit von 10 mV/Pa aus, dann setzt ein äquivalenten Rauschschallpegel unter 30 dB(A) eine Rauschspannung <6.5 µV, d.h. einen Ladewiderstand >400 MΩ voraus. Erreicht der Widerstandswert den charakteristischen Wert Rg*=16 GΩ, dann dominiert das Schrotrauschen, das aufgrund seiner quadratischen Abhängigkeit vom Ladewiderstand zu einer nahezu konstanten Rauschspannung führt. Eine Erhöhung des Ladewiderstandes über diesen charakteristischen Wert bringt daher kaum eine weitere Reduzierung der Rauschspannung. Fasst man die Simulationsergebnisse zusammen, dann kann festgestellt werden, dass das elektrische Rauschen der Impedanzwandlerschaltung hauptsächlich über den Ladewiderstand und dem Sperrstrom des Feldeffekt-Transistors optimiert wird. Dazu sollte der Sperrstrom möglichst gering (entspricht großem Rg*) und der Ladewiderstand groß sein (≈Rg*). 4.6 Simulationen zum Gesamtsystem aus Mikrofon mit Beschaltung Nach der Betrachtung der einzelnen Komponenten soll nun das System aus Mikrofon und elektrischer Beschaltung untersucht werden. Dazu wird das mechanisch-akustische Netzwerkmodell aus Kapitel 4.3 über die gesteuerte Spannungsquelle der NiederfrequenzSchaltung (Kapitel 4.4) mit der Impedanzwandlerschaltung (Kapitel 4.5) verknüpft. Das Netzwerkmodell des Gesamtsystems (Abbildung 4.25) kann analytisch gelöst oder vorteilhaft in einem Schaltungssimulator implementiert werden. Mit dem Modell wird der vollständige Signalweg vom Schalldruck bis zur Ausgangsspannung und das Gesamtrauschen simuliert. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse zu den Einzelkomponenten können zum Teil auf das Gesamtsystem angewendet werden. Es werden daher vor allem Querabhängigkeiten, die durch die Verschaltung der einzelnen Modelle entstehen untersucht. Zunächst wird die Mikrofonempfindlichkeit und das Gesamtrauschen exemplarisch dargestellt. Abschließend wird der Einfluss wichtiger Technologie-Parameter auf den Signal/Rauschabstand betrachtet. Systemmodell Mikrofonmodell p(f) Wandler DC-Schaltung Impedanz -wandler gesteuerte Quelle U(f) Abbildung 4.25: Schematischer Aufbau des Gesamtmodells aus den Submodellen. 87 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen 4.6.1 Empfindlichkeit und Rauschen Die Empfindlichkeit des Systems aus Mikrofon, Gehäuse und Schaltung SSystem wird multiplikativ aus den bisherigen Berechnungen gebildet (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ R g ⋅ C ) U C S System ( f ) = −C Mikrofon ⋅ 0 ⋅ 0 ⋅ ⋅ A jfet . 2 { 1 424 3 x0 { C ( ) + ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ f R C 1 2 π { ( 3) ( 5) g (1) 1444 424444 3 ( 2) (4.51) ( 4) Der erste Term (1) ist die Mikrofon-Nachgiebigkeit, d.h. die Empfindlichkeit der akustischmechanischen Wandlung des Mikrofons. Der zweite Term (2), das elektrische Feld in der Mikrofonkapazität, beschreibt eine elektrostatische „Verstärkung“ des Mikrofons. Zusammen bilden die beiden ersten Terme die maximal erreichbare Leerlaufempfindlichkeit. Der dritte Term (3) beinhaltet den Verlust an Ausgangsspannung durch das verschlechterte relative Kapazitätsänderung bei parasitären und sonstigen Kapazitäten. Die Kapazität C0 steht dabei für die elektrisch aktive Mikrofonkapazität und C für die Summe aller Kapazitäten, d.h. der Mikrofonkapazität, den Randkapazitäten der Membranaufhängung, den SperrschichtKapazitäten im Feldeffekt-Transistor etc. Eine weitere Empfindlichkeitseinbuße entsteht durch den endlichen Ladewiderstand, der zu einem frequenzabhängigen Verlust an Kondensatorladung führt. Das resultierende Tiefpass-Verhalten der kapazitiven Wandlung in der Gleichspannungsschaltung beschreibt der Term (4). Schließlich wird die Mikrofonempfindlichkeit durch die Spannungsverstärkung der Impedanzwandlerschaltung (<1) reduziert (5). Die gesamte Rauschdichte des Systems am Lastwiderstand setzt sich aus dem akustischen Rauschen des Mikrofons und dem elektrischen Rauschen zusammen N System = N p Mikrofon S System ⋅ V Mikrofon 2 + N u elektrisch . (4.52) Die akustische Rauschdruckdichte wird mit der Membran-Nachgiebigkeit und der Übertragungsfunktion der Niederfrequenz- und Impedanzwandlerschaltung an den Ausgang transformiert. Die Darstellung der Gleichung verdeutlicht, dass der akustische Rauschanteil mit der Empfindlichkeit steigt. Das bedeutet, wenn das akustische Rauschen gegenüber dem elektrischen Rauschen dominiert, dann verbessert sich der Signal/Rauschabstand nicht mit einer höheren Empfindlichkeit. Das akustische Eigenrauschen des Mikrofons stellt eine untere Grenze für das Gesamtrauschen dar. Im Umkehrschluss verbessert eine höhere Empfindlichkeit den Signal/Rauschabstand, wenn das elektrische Rauschen das Gesamtrauschen beherrscht. Als Beispiel für die Anwendung des Gesamtmodells ist in der Abbildung 4.26 die simulierte Empfindlichkeit und Rauschdichte eines Mikrofons mit einer 8-fach korrugierten Kreismembran für einen Ladewiderstand von 1GΩ und 10 GΩ dargestellt. Die Simulationsparameter richten sich nach Tabelle 4.1 und den Ausführungen unter Abschnitt 4.5.2. Gesondert ausgezeichnet durch eine gestrichelte Linie ist die Leerlaufempfindlichkeit und das akustische Eigenrauschen. Der Vergleich mit der System-Empfindlichkeit und dem Gesamtrauschen verdeutlicht, wie stark das Systemverhalten von der elektrischen Beschaltung beeinflusst wird. So wird die Empfindlichkeit durch die Spannungsverstärkung der Impedanzwandlerschaltung mehr als halbiert und das Gesamtrauschen setzt sich überwiegend aus elektrischen Rauschquellen zusammen. 88 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen 100 -100 Eigenrauschen Rauschdichte [dB(V/Hz0.5)] Empfindlichkeit [mV/Pa] -110 10 Rg=1 GΩ Rg=10 GΩ 1 Leerlaufempfindlichkeit Gesamtrauschen -120 Rg=1 GΩ -130 Rg=10 GΩ -140 -150 -160 -170 System-Empfindlichkeit 0.1 -180 10 100 1000 10000 100000 10 Frequenz [Hz] 100 1000 10000 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 4.26: Simulierte Mikrofonempfindlichkeit und Rauschdichte nach dem Systemmodell. 4.6.2 Signal/Rauschabstand Die wichtigste Kenngröße des Mikrofon-Systems ist der Signal/Rauschabstand. Mit dem äquivalenten Rauschschallpegel LSystem N System ⋅ df = 20 ⋅ log . −5 S System ( f 0 ) ⋅ 2 ⋅ 10 Pa ∫ (4.53) kann bei einem bestimmten Nutzschallpegel direkt der Rauschspannungsabstand angegeben werden. Er bezieht sich auf die Empfindlichkeit bei f0=1 kHz und die Rauschspannung über ein bestimmtes Frequenzband. Die Optimierung des äquivalenten Rauschschallpegels und der dynamischen Bandbreite kann mit Hilfe des aufgestellten Systemmodells durchgeführt werden. Viele der bisher abgeleiteten Ergebnisse zur Optimierung der einzelnen Systemkomponenten können direkt übernommen werden. So sollte der Einfluss von parasitären Kapazitäten durch Design- oder Schaltungsmaßnahmen minimiert, eine hohe Spannungsverstärkung der Impedanzwandlerschaltung erreicht und ein großer Ladewiderstand verwendet werden. Im Folgenden soll auf die Parameter eingegangen werden, bei denen Querabhängigkeiten und Randbedingungen berücksichtigt werden müssen und daher nur im Gesamtmodell behandelt werden können. Dabei wird der Einfluss der mechanischen Membranparameter und des Perforationsdesigns betrachtet. Mechanische Nachgiebigkeit und äquivalenter Rauschschallpegel Die Nachgiebigkeit einer Membran kann auf unterschiedliche Art gesteuert werden. Sie hängt beispielsweise von der intrinsischen Schichtspannung, der Membrandicke oder der Anzahl der Korrugationen ab. Aus Sicht der Simulation ist es dabei irrelevant, welche dieser Größen verändert wird, da sie keine Querabhängigkeiten aufweisen und nur die mechanische Membran-Nachgiebigkeit Sm beeinflussen. Eine Ausnahme stellt der Radius der Membran 89 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen dar, da von ihm auch die Mikrofonkapazität abhängt. Der Membranradius wird daher gesondert behandelt. Zunächst soll der Einfluss der unabhängigen Parameter untersucht werden, so dass als übergeordneter Parameter die mechanische Membran-Nachgiebigkeit verwendet wird. Ob es sich in der praktischen Umsetzung um die Veränderung der Membrandicke oder der Membranspannung handelt, hängt in erster Linie von den technologischen Möglichkeiten bei der Herstellung der Mikrofone ab. Die elektrostatische Anziehung zwischen den Elektroden einer kapazitiven Anordnung führt zu einer Randbedingung bei der Wahl der Membran-Nachgiebigkeit, die daher immer zusammen mit der elektrischen Vorspannung und dem Spaltabstand betrachtet werden muss. Nach der in Abschnitt 4.4.2 angegebenen Beziehung für die Kollapsspannung ist die Spalthöhe durch x0,min = 3 U 27 ⋅ ε 0 ⋅ C m ⋅ 0 α 8 2 (4.54) beschränkt, wenn in erster Näherung die Perforation in der Gegenelektrode die elektrostatische Anziehung zwischen den Platten nur geringfügig beeinflusst. Der Parameter α ist ein Sicherheitsfaktor, der kleiner eins sein muss. In den folgenden Simulationen soll der Spaltabstand nach der obigen Gleichung gegeben sein. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Vorspannung in jedem Fall 60% der Kollapsspannung beträgt, d.h. α=0.6. Natürlich kann der Spaltabstand etwa aus Gründen der Robustheit gegenüber Umwelteinflüssen größer gewählt werden. In diesem Fall wird allerdings Empfindlichkeit „geopfert“. Bei unterschiedlicher Membran-Nachgiebigkeit führt die notwendige Anpassung der Spalthöhe zu einer Querabhängigkeit über die Mikrofonkapazität, die das Rauschen und den kapazitiven Spannungsteiler beeinflusst. Die Abhängigkeit des Rauschschallpegels von der Membran-Nachgiebigkeit bei Beachtung aller Querabhängigkeiten ist in Abbildung 4.27 für das Frequenzband von 10 Hz bis 20 kHz dargestellt. Die sekundäre Ordinate gibt den korrespondierenden Spaltabstand an. Die Membran sei geschlossen und habe einen Radius von 500 µm. Der Ladewiderstand betrage 10 GΩ, die parasitäre Kapazität 1 pF und das Gehäusevolumen 125 mm3. Bei einer Perforationsflächendichte von 20% sei der Lochradius 2.5 µm und der Lochabstand 10 µm. Nach den Simulationen der Abbildung 4.18 ist die elektrische Wirkung der Perforation verhältnismäßig gering und die oben angegebene Gleichung für den Spaltabstand ist eine gute Näherung. Die Gegenelektrode wird mit einer Dicke von 5 µm angenommen. Da der äquivalente Rauschschallpegel keine Aussage über die Bandbreite macht, wird jeweils die obere Grenzfrequenz angegeben, bei der die Empfindlichkeit um 3 dB von der Empfindlichkeit bei 1 kHz abweicht. 90 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen 3.5 50 3 40 2.5 35 2 1.5 30 1 25 0.5 20 1 10 0 100 Membran-Nachgiebigkeit [nm/Pa] U0=1 V U0=2 V 45 obere Grenzfrequenz [kHz] U0=1 V U0=2 V Spaltabstand [µm] Rauschschallpegel [dB(A)] 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1 10 100 Membran-Nachgiebigkeit [nm/Pa] Abbildung 4.27: Äquivalenter Rauschschallpegel und obere Grenzfrequenz in Abhängigkeit von der Membran-Nachgiebigkeit und der Vorspannung. Die Simulationen verdeutlichen, dass über eine Erhöhung der mechanischen Nachgiebigkeit der Membran der äquivalente Rauschschallpegel des Mikrofons, d.h. der Signal/Rauschabstand, wirkungsvoll reduziert werden kann. Bei hohen Nachgiebigkeiten wird die Erniedrigung des Rauschschallpegels allerdings durch einen eingeschränkten Frequenzbereich erkauft, da die obere Grenzfrequenz mit der Nachgiebigkeit abnimmt. Die Verschiebung der oberen Grenzfrequenz, die für die akustische Rauschdichte gleichermaßen gilt, ist auch die Ursache dafür, dass der akustische Rauschanteil kontinuierlich mit der Nachgiebigkeit abfällt und sich daher kein unterer Grenzwert beim äquivalenten Rauschschallpegel einstellt. Bemerkenswerterweise erreicht man mit einer Verdopplung der Vorspannung nur eine geringe Verbesserung des Signal/Rauschabstandes. Das liegt daran, dass bei gleicher Membran-Nachgiebigkeit ein größerer Spaltabstand gewählt werden muss und dieser aufgrund der niedrigeren Kapazität zur einem schlechteren kapazitiven Verhältnis und einem höheren elektrischen Rauschen führt. Ein Teil des Vorteils einer höheren elektrischen Vorspannung wird damit kompensiert. Dafür wird die obere Grenzfrequenz durch die geringeren Strömungsverluste im Kondensatorspalt zu größeren Frequenzen verschoben, so dass sich die Bandbreite und damit der Parameterbereich sinnvoller Nachgiebigkeiten deutlich verbessert. Mit den angesetzten Simulationsparametern ist bei einer Vorspannung von 1 V und einer Grenzfrequenz von 10 kHz maximal ein äquivalenter Rauschschallpegel von 31 dB(A) möglich. Dies gilt, wenn die mechanische MembranNachgiebigkeit auf 7.5 nm/Pa und der Kondensatorspalt auf den kleinstmöglichen Abstand von 0.85 µm eingestellt wird. Zum Vergleich ermöglicht eine Vorspannung von 2V unter der Bedingung einer oberen Grenzfrequenz von maximal 10 kHz eine Membran-Nachgiebigkeit von etwa 30 nm/Pa (Spaltabstand x0=2.15 µm) und einen äquivalenten Rauschschallpegel von 26 dB(A). Membranradius und äquivalenter Rauschschallpegel Eine zusätzliche Querabhängigkeit besteht, wenn die mechanische Nachgiebigkeit über den Membranradius verändert wird, da dieser direkt die Mikrofonkapazität beeinflusst. Abbildung 4.28 zeigt die Simulation des äquivalenten Rauschschallpegels und der oberen Grenzfrequenz bei verschiedenen Membranradien unter der Randbedingung einer konstanten mechanischen Membran-Nachgiebigkeit von 7.5 nm/Pa (x0=0.85 µm) bzw. 30 nm/Pa (x0=2.15 µm). In der 91 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen Simulation wird eine Verdopplung des Membrandurchmessers durch eine Vervierfachung der intrinsischen Schichtspannung kompensiert, so dass zusammen genommen die MembranNachgiebigkeit und daher auch die Spalthöhe nicht verändert wird. 20 U0=1 V U0=2 V 35 30 25 20 250 350 450 550 650 750 850 Membranradius R [µm] 950 obere Grenzfrequenz [kHz] Rauschschallpegel [dB(A)] 40 U0=1 V U0=2 V 15 10 5 0 250 350 450 550 650 750 850 950 Membranradius R [µm] Abbildung 4.28: Rauschschallpegel und obere Grenzfrequenz in Abhängigkeit vom Membranradius bei konstanter Membran-Nachgiebigkeit. Obwohl die Membran-Nachgiebigkeit für die verschiedenen Membranradien durch die gleichzeitige Veränderung der Membranspannung in der Simulation konstant ist, zeigt sich ein mit dem Membranradius abnehmender äquivalenter Rauschschallpegel. Abgesehen von technologischen oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist ein großer Membrandurchmesser für die Mikrofon-Eigenschaften günstiger. Der Grund ist die größere Mikrofonkapazität, die ein günstigeres Verhältnis von aktiver zu parasitärer Kapazität und eine Reduzierung des Rauschens über eine spektrale Verschiebung der Rauschdichte des Ladewiderstandes und des Sperrstromes bewirkt. Die obere Grenzfrequenz der Mikrofone ist abgesehen von einer leichten Verschiebung aufgrund der veränderten Membranmasse und somit der Eigenresonanz der Membran konstant, da die Membran-Nachgiebigkeit dieselbe ist. Mit der Miniaturisierung der Mikrofone wird der Signal/Rauschabstand zunehmend schlechter. So erreicht man unter den Annahmen der Simulation bei einem Membranradius von 300 µm und einer Vorspannung von 1 V maximal einen äquivalenten Rauschpegel von etwa 36 dB(A). Über eine Erhöhung der mechanischen Membran-Nachgiebigkeit kann der Rauschschallpegel nicht verbessert werden, da sich die obere Grenzfrequenz bereits im Bereich der unteren Schranke von 10 kHz bewegt. Perforationsdesign und äquivalenter Rauschschallpegel Die obere Grenzfrequenz stellt eine Randbedingung auf, die eine Verbesserung des äquivalenten Rauschschallpegels über die Erhöhung der mechanischen MembranNachgiebigkeit Grenzen setzt. Einen Ausweg liefert die Minimierung der akustischen Dämpfung, die bereits in Abschnitt 4.3.4 behandelt wurde. Dort wurde ein Perforationsradius angegeben, der sowohl die obere Grenzfrequenz als auch das akustische Rauschen optimiert. In den folgenden Simulationen soll von diesem optimalen Perforationsradius nach Gleichung 4.20 ausgegangen werden. Freier Design- bzw. Simulationsparameter ist damit die Perforationsflächendichte. Da die Perforation der Gegenelektrode auch die Mikrofonkapazität beeinflusst, muss das Gesamtmodell untersucht werden. Die Abbildung 4.29 zeigt den 92 Modellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen simulierten äquivalenten Rauschschallpegel und die obere Grenzfrequenz eines Mikrofons bei einer Variation der Perforationsflächendichte. In Anlehnung an die vorherigen Simulationen soll bei einem Membranradius von 500 µm und einer Vorspannung von 1 V die MembranNachgiebigkeit 7.5 nm/Pa betragen. Für den Kondensatorspalt ergibt sich wegen der Randbedingung der elektrostatischen Anziehung wiederum eine Höhe von 0.85 µm. 45 33 40 Rg=1 GΩ obere Grenzfrequenz [kHz] Rauschschallpegel [dB(A)] 34 32 31 30 Rg=10 GΩ 29 28 27 35 30 25 20 15 10 5 26 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 Perforationsflächendichte ρ h % 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 Perforationsflächendichte ρh % Abbildung 4.29: Rauschschallpegel und Grenzfrequenz Perforationsflächendichte in der Gegenelektrode (Rg Ladewiderstand). bei 1 variierender Mit steigender Perforationsflächendichte durchläuft der äquivalente Rauschschallpegel aufgrund der gegenläufigen Effekte der Abnahme des Eigenrauschens und dem Empfindlichkeitsverlust durch den Wegfall von aktiver Mikrofonkapazität ein Minimum. Das Minimum ist besonders ausgeprägt und liegt bei hohen Perforationsdichten, wenn der Anteil vom Eigenrauschen am Gesamtrauschen groß ist (Ladewiderstand Rg=10 GΩ). Überwiegt dagegen das elektrische Rauschen (Rg=1 GΩ), dann ist eine Optimierung über das Design der Perforation nur begrenzt möglich. Gleichzeitig erreicht man mit hohen Perforationsdichten Grenzfrequenzen über 10 kHz, die höhere mechanische Membran-Nachgiebigkeiten und bessere Rauschschallpegel erlauben. Unstetigkeiten bei der Simulation der oberen Grenzfrequenz entstehen durch den Übergang von akustischer Dämpfung (-3 dB) zu Entdämpfung mit Resonanzüberhöhung (+ 3dB). 4.7 Zusammenfassung Die Netzwerkmodellierung von kapazitiven Silizium-Mikrofonen bietet eine Reihe von Vorteilen. Sie liefert eine anschauliche Darstellung, ist durch den modularen Aufbau einfach zu modifizieren, führt zu kurzen Simulationszeiten und lässt sich durch den Einsatz eines Netzwerklösers komfortabel mit der Schaltungssimulation kombinieren. Das aufgestellte Gesamtmodell von Mikrofon, Gehäuse und Schaltung eignet sich zur Simulation der frequenzabhängigen Empfindlichkeit und der Rauschdichte und kann durch die Integration von Ergebnissen der FEM-Analysen auch bei Mikrofonen mit Feder- oder Korrugationsmembran angewendet werden. Es wurde gezeigt, dass die MembranNachgiebigkeit, das Perforationsdesign und die elektrische Beschaltung das Verhalten der Mikrofone maßgeblich bestimmt. Zu diesen wichtigen Einflussfaktoren konnten Maßnahmen zur Optimierung der Mikrofon-Eigenschaften abgeleitet werden. 93 Angewandte experimentelle Untersuchungsmethoden Kapitel 5 Angewandte experimentelle Untersuchungsmethoden Bei der Herstellung von mikromechanischen Mikrofonen können zahlreiche Prozessfehler zu Abweichungen vom idealen entworfenen Mikrofonaufbau bzw. zum totalen Ausfall führen. Eine unvollständige Freiätzung des Opferoxides, Verkleben der Elektroden beim Trocknen, Verunreinigungen und mechanische Defekte durch äußere Einwirkung haben unterschiedlichste Auswirkungen auf das Verhalten eines Mikrofons. Hinzu kommen Verbiegungen der dünnen, empfindlichen Strukturen durch innere und äußere mechanische Spannungen. Um diese unerwünschten Einflüsse vor der elektrischen und akustischen Untersuchung der Mikrofon-Eigenschaften zu identifizieren, ist vorab eine optische Kontrolle und gegebenenfalls eine Selektion sinnvoll. Grobe Herstellungsfehler werden mit Hilfe eines hochauflösenden Lichtmikroskops beobachtet. Detailliertere Messungen zur statischen Verbiegung der Membran und Rückseitenplatte werden mit einem Interferometer durchgeführt, das in Abschnitt 5.1 erläutert wird. Aussagen über das elektromechanische und akustische Mikrofonverhalten werden mit verschiedenen Messmethoden erzielt. Die Eigenfrequenz einer Membran stellt eine wichtige Messgröße dar, die eine unabhängige experimentelle Bestimmung der mechanischen Nachgiebigkeit ermöglicht. Der Messaufbau zur Eigenfrequenzanalyse wird in Abschnitt 5.2 erläutert. Ergänzende Untersuchungen erfolgen mit der Messung der spannungsabhängigen Mikrofonkapazität (Abschnitt 5.3). Die wichtigsten Größen sind die dynamische Mikrofonempfindlichkeit bei Schallanregung und das Mikrofonrauschen. Der Aufbau zu deren Messung wird in Abschnitt 5.4 beschrieben. 5.1 Interferometrische Messung Das in dieser Arbeit verwendete Interferometer mit der Typenbezeichnung „Wyko NT2000“ stammt von der Firma Veeko Metrology Group. Der Geräteaufbau entspricht einem Standardinterferometer, bei dem mit Hilfe eines Strahlteilers ein Referenzstrahl und ein von der Messprobe reflektierter Strahl zur Interferenz gebracht wird [Wyk98]. Eine Besonderheit des Interferometers sind zwei wählbare Betriebsmodi. Die Betriebsmode PSI (phase-shifting interferometry) ist die bekannte Messung des Weglängenunterschiedes über die durch die Phasenverschiebung verursachte Änderung der Intensität von kohärentem Licht (λ=632 nm). Diese Messmethode ermöglicht eine äußerst genaue Bestimmung von Höhenprofilen mit hoher vertikaler Auflösung (< 1 nm), versagt allerdings bei steilen Stufen, deren Höhe im Bereich von λ/4 liegen. In diesem Fall steht die Betriebsmode VSI (vertical-scanning interferometry) zur Verfügung, die mit einer inkohärenten Lichtquelle arbeitet. Aufgrund der geringen Kohärenzlänge von weißem Licht ist der Grad der Interferenzmodulation im Fokus maximal und erlaubt bei Verschiebung des Fokuses durch einen Piezotranslator einen Rückschluss auf das Höhenprofil. Der vertikale Messbereich ist daher nicht durch eine Wellenlänge, sondern durch die maximale Verschiebungsvariation des Piezotranslators begrenzt (ca. 500 µm). Die Auflösungsgrenze liegt bei 3 nm. Unabhängig vom Betriebsmodus ist die Auflösung in horizontaler Richtung durch das verwendete Objektiv gegeben. Für die in 94 Angewandte experimentelle Untersuchungsmethoden dieser Arbeit angestrebte Untersuchung des Oberflächenprofils der Membranen ist die zur Verfügung stehende Auflösung ausreichend. 5.2 Eigenfrequenzanalyse Die Eigenfrequenzanalyse einer Membran bzw. Rückseitenplatte ist eine vom Spaltabstand unabhängige Messmethode zur Bestimmung des Verhältnisses von dynamischer Masse und mechanischer Nachgiebigkeit. Sie eignet sich daher insbesondere zur Messung der mechanischen Spannung in der Membran. Der Vorteil der Eigenfrequenzanalyse im Vergleich zur Messung der Schichtspannung über die Wafer-Bow Methode liegt in der Messung der effektiv wirksamen Membranspannung unter den tatsächlichen Randbedingungen. So können auch lokale Schwankungen über den Siliziumwafer, der Einfluss des thermischen Budget des Gesamtprozesses und äußere Beiträge zur Membranspannung erfasst werden. Der Aufbau zur Messung der Eigenfrequenzen ist schematisch in der Abbildung 5.1 dargestellt. Netzwerk Analysator HP 4195A Ventil Vakuum-Kammer VakuumPumpe DC AC Ref IN Splitter KoppelKondensator Abbildung 5.1: Aufbau zur Messung von Eigenfrequenzen. Zur Unterdrückung von Resonanzfrequenzverschiebungen durch die Luftdämpfung im Kondensatorspalt und der Massenbelastung der Strahlungsimpedanz wird die Messung bei einem Unterdruck von 10-5 bar durchgeführt. Die elektrische Kontaktierung erfolgt mit Probennadeln direkt auf den Bondpads des Mikrofonchips. Die Mikrofonkapazität kann über eine Elektrode mit einer Gleichspannungsquelle aufgeladen werden. Mit einer möglichst geringen Vorspannung minimiert man den Einfluss der (negativen) elektrischen Federkraft auf die Messung der Eigenfrequenz. Auf dieselbe Elektrode wird über einen Kondensator (1 nF) eine Wechselspannung eingekoppelt. Mit dem Mess-Signal der zweiten Elektrode und dem über einen Leistungsteiler bereitgestellten Referenzsignal berechnet der Netzwerk/Spektralanalysator „HP4195A“ von Hewlett Packard die Admittanz, die im Resonanzfall maximal wird. 95 Angewandte experimentelle Untersuchungsmethoden 5.3 Kapazitätsmessung Für die Messungen zur Mikrofonkapazität in Abhängigkeit von der Vorspannung steht das LCR-Meter „HP4274A“ von Hewlett-Packard zur Verfügung. Die elektrische Kontaktierung erfolgt über feine Messnadeln auf Chip-Ebene. Zur Eliminierung von Streukapazitäten, Induktivitäten und Leitungswiderständen des Messaufbaus wird ein Nullabgleich durchgeführt. Die Kapazitätsmessung benötigt keine evakuierte Messkammer und ist daher schnell und einfach durchzuführen. Zugleich erlaubt die Messung der Kollapsspannung Rückschlüsse auf die Spalthöhe bzw. auf die Membran-Nachgiebigkeit. 5.4 Messung der Mikrofonempfindlichkeit und Rauschspannung Für gewöhnlich wird das zu testende Mikrofon in ein Gehäuse geklebt, durch Bonden mit den Gehäusekontakten verbunden und in einem schalltoten Raum oder einer reflexionsarmen Kammer gemessen. Zur Kalibrierung der gemessenen Empfindlichkeit wird zuvor am selben Ort eine Messung mit einem Freifeld-Mikrofon mit bekanntem Frequenzverhalten durchgeführt. Der Nachteil dieser Messmethode besteht in der Notwendigkeit, jeden einzelnen Mikrofonchip zu sägen, zu montieren und zu bonden. Um Entwicklungszeit und -kosten zu reduzieren ist die Schallankopplung und Messung auf Ebene des Wafers oder eines Chips von Vorteil. Ein entsprechender „On-Wafer-Scale“-Aufbau wurde von M. Pedersen [Ped98] publiziert. Der in dieser Arbeit zur Verfügung stehende abgewandelte Messplatz eignet sich für einzelne Chips oder Chipverbände und ist in der Abbildung 5.2 schematisch dargestellt. Die Ansteuerung der Messgeräte und die Datenaufnahme an einem PC erfolgt mit Hilfe der Software LABVIEW von National Instruments [Brau03]. metallische Abschirmung Verstärker IN SR560 OUT Spektrum-Analysator HP 35670A AC UBat U0 Referenz-Mikrofon Ref IN Lautsprecher Abbildung 5.2: Aufbau zur On-Chip Messung. 96 Angewandte experimentelle Untersuchungsmethoden Der Schalldruck eines Lautsprechers wird rückseitig durch ein kleines Loch in der Probenhalterung eingekoppelt. In dieser Konfiguration ist das Rückvolumen des Mikrofons quasi unendlich. Mit dem Signal des Referenz-Mikrofons, welches sich in der Probenhalterung befindet, wird über eine Regelschleife ein konstanter Schallpegel eingeprägt. Als Referenzmikrofon dient das ¼ Zoll große Druckmikrofon „40BP“ von G.R.A.S Sound & Vibration mit einer Empfindlichkeit von 1.68 mV und einem flachen Frequenzgang (± 1 dB) von 10 Hz – 30 kHz. Der verwendete Lautsprecher kann bei Regelung zwischen 20 Hz und 10 kHz einen Schallpegel von 94 dB liefern. Bei Mikrofonen mit Feder-Membran, die relativ große Membranöffnungen besitzen, führt der Druckabfall bei tiefen Frequenzen am Referenzmikrofon über die Regelung zu einem überhöhten Schalldruck. Diese Mikrofone werden daher ungeregelt gemessen, wobei das Referenzsignal nachträglich zur Kalibrierung der Messsignale herangezogen wird. Da der Lautsprecher außerhalb seiner Bandbreite nur geringe Schallpegel leistet, liefert die ungeregelte Messung relativ verrauschte Signale. Um eine nennenswerte Phasenverschiebung zwischen dem Druck am Referenz- und Testmikrofon zu vermeiden, sind diese möglichst nahe beieinander montiert, was allerdings zu Beugungserscheinen führt. Die geometrische Auslegung des Aufbaus erlaubt Messungen bis zu ca. 9 kHz. Der offene Aufbau macht eine besonders sorgfältige Abschirmung gegen die Einkopplung von elektromagnetischen Störsignalen notwendig. Dazu wird der Impedanzwandler mit den Messnadeln möglichst nah am Mikrofon angebracht. Außerdem wird die metallische Messbox mit dem Massenpotential der Impedanzwandlerschaltung verbunden, so dass sich äußere Störungen durch die differentielle Messkonfiguration auslöschen. Der Impedanzwandler wird als diskrete Schaltung mit dem rauscharmen Feldeffekt-Transistor „J201“ von Vishay Siliconix aufgebaut. Da die untere Rauschdichte des Spektrum-Analysator „HP 35670A“ von Hewlett-Packard bei –140 dB(V/√Hz) liegt, wird zur Messung der Rauschspannung zusätzlich der Verstärker „SR560“ von Stanford Research Systems mit einer Rauschgrenze von –168 dB(V/√Hz) eingesetzt. Die Messmethode direkt am Chip erlaubt eine Charakterisierung des reinen Mikrofonverhaltens ohne die Überlagerung mit externen Effekten, wie z.B. der Schallbeugung am Gehäuse oder der äußeren Einprägung von mechanischen Spannungen, etwa durch das Klebemittel. Erfolgt die Schallankopplung durch ein rückwärtiges Loch im Gehäuse, dann kann die Reduzierung der Empfindlichkeit aufgrund der HohlraumNachgiebigkeit des Gehäusevolumens oder der akustische Kurzschluss bei Feder-Membranen ebenfalls untersucht werden. 97 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode Kapitel 6 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer SiliziumGegenelektrode In diesen Kapitel werden die Ergebnisse zu den Mikrofonen mit einer epitaktisch gewachsenen Gegenelektrode präsentiert. Die Herstellung und der Aufbau der Mikrofone mit geschlossenen SOI-Membranen wurde in Abschnitt 2.2 bzw. mit unterschiedlichen Membranen aus Polysilizium in Abschnitt 2.3 beschrieben. Zur besseren Übersicht sind in Abbildung 6.1 der schematische Querschnitt der Mikrofone und die prozessierten Membranvarianten dargestellt. Die geschlitzten Membranen mit je vier Federstrukturen werden zur Unterscheidung mit Feder I bzw. II gekennzeichnet. Abschnitt 6.1 beschäftigt sich mit der Analyse der Oberflächenprofile von Membran und Gegenelektrode. Dazu wird die statische Auslenkung mit einem Interferometer vermessen. Das dynamische Verhalten der Membran und Gegenelektrode wird zunächst anhand der Eigenfrequenz untersucht (Abschnitt 6.2). Sie erlaubt erste Rückschlüsse auf die Empfindlichkeit der Mikrofone. Die Anordnung der Elektroden und der Spaltabstand wird durch die Messung der spannungsabhängigen Kapazität in die Betrachtungen einbezogen (Abschnitt 6.3). Bevor die elektroakustische Empfindlichkeit der Mikrofone beurteilt werden kann, muss zunächst die Messumgebung charakterisiert werden. Dies geschieht in Abschnitt 6.4 durch die Messung der Spannungsverstärkung und Rauschdichte von der Impedanzwandlerschaltung und dem gesamten Aufbau. Schließlich wird auf die Empfindlichkeit (6.5) und das Rauschen (6.6) der Silizium-Mikrofone eingegangen. In Abschnitt 6.7 werden die gewonnenen Ergebnisse zusammengefasst. Gegenelektrode Membran Membran-Designs Mono-Si und Poly-Si Poly-Si (Feder I) Poly-Si (Feder II) Abbildung 6.1: Kapazitive Mikrofone mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode und Membranen aus mono- und polykristallinem Silizium. 98 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode 6.1 Oberflächenanalyse von Membran und Gegenelektrode 3.9 µm 1 mm 0 µm Membranauslenkung [µm] Bei der ersten optischen Begutachtung der Mikrofon-Membranen mit einem Lichtmikroskop beobachtet man schwache Interferenzstreifen, die auf eine statische Verbiegung der Membranen hinweisen. Daher wurde zunächst das Oberflächenprofil einer Membran mit einem Weißlicht-Interferometer untersucht. Die Abbildung 6.2 zeigt die gemessene Auslenkung einer SOI-Membran mit einer Kantenlänge von 1 mm. Die Messung erfolgt bei umgedrehtem Mikrofonchip von der Rückseite her, so dass die Membran über die KOHÄtzgrube eingesehen werden kann. 4 3 2 1 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Ort auf der Membran [mm] Abbildung 6.2: Interferometrische Messung der Oberfläche einer unbelasteten SOI-Membran (Kantenlänge 1 mm, Dicke 1µm). Die Messung des Oberflächenprofils zeigt eine Auslenkung der Membran um bis zu 3.9 µm im Vergleich zum eingespannten Membranrand, ohne dass eine elektrische Vorspannung anliegt oder ein Druck auf der Membran lastet. Die Orientierung der Auslenkung ist derart, dass sie von der Gegenelektrode weg weist. Die Stärke der Auslenkung deutet auf das Phänomen der Plattenbeulung. Die Plattenbeulung ist ein nichtlineares Stabilitätsproblem, das bei einer kritischen Querbelastung auftritt. Bei vollständiger Symmetrie und geringer Belastung ist die Platte zunächst flach. Erst mit der sogenannten Eulerschen Knicklast kommt es zur schlagartigen Ausbeulung der Platte. Bis zur Beulung 2. Ordnung führt eine weitere Erhöhung der Last oder eine größere Kantenlänge der Platte zu einer annähernd linearen Zunahme der Auslenkung [Zie99]. Dieses Verhalten zeigt die gemessene Mittenauslenkung von SOI-Membranen verschiedener Kantenlänge (Abbildung 6.3). Offenbar erreicht die Querbelastung nicht die Knickspannung der 5 µm dicken Rückseitenplatte, da deren Mittenauslenkung relativ konstant nur etwa 200 nm beträgt. Die verbleibende Auslenkung unterhalb der kritischen Last ist mit der nicht vollständig symmetrischen Befestigung der Rückseitenplatte zu erklären. 99 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode 5 Mittenauslenkung [µm] 4.5 4 3.5 3 2.5 SOI-Membran 2 Rückseitenplatte 1.5 1 0.5 0 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1 1.05 1.1 1.15 1.2 1.25 Kantenlänge [mm] Abbildung 6.3: Mittenauslenkung bei Beulung von SOI-Membranen (Dicke 1 µm) und Rückseitenplatten (Dicke 5 µm). Vergleichbare Messergebnisse erzielt man mit Membranen aus polykristallinem Silizium. Die geschlossenen bzw. an vier kurzen Federbalken befestigten Polysilizium-Membranen (Feder I) zeigen ebenfalls Mittenauslenkungen im Bereich von 3-5 µm. Die mechanisch sehr empfindlichen Membranen mit vier langen Federstrukturen (Design Feder II) buckeln mit 5-7 µm noch deutlich stärker aus der Ruhelage. Abbildung 6.4 gibt die Beulung einer solchen Federmembran mit einer Kantenlänge von 0.8 mm wieder. Die Länge einer Federstruktur (Position A nach B, Abbildung 6.4) beträgt etwa 0.6 mm. 8 B A C 0.8 mm Membranauslenkung [µm] B 7 C 6 5 4 3 2 A 1 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Ort auf der M embran [mm] Abbildung 6.4: Beulung einer Polysilizium-Membran mit vier Federbalken. Die niedrig dotierten Membranen aus Polysilizium mit einer Dotierstoffkonzentration von ca. 3⋅1018 cm-3 stehen nach den Erkenntnissen aus Kapitel 2 (Abbildung 2.12) unter einer 100 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode mechanischen Zugspannung. Die Druckspannung, die zu dem Buckeln der Membranen führt, muss daher von außen auf die Membran eingeprägt werden. Vermutlich ist das als Einspannmaterial verwendete Siliziumdioxid an den Membranrändern in Kombination mit dem Hochtemperaturprozess der Silizium-Epitaxie der Rückseitenplatte für die Druckspannung verantwortlich. Beim Abkühlen von der hohen Prozesstemperatur von 1100° C auf Raumtemperatur erzeugt der im Vergleich zu Silizium geringere thermische Ausdehnungskoeffizient von Siliziumdioxid eine hohe thermische Druckspannung. Im freigeätzten Zustand resultiert daraus eine partielle Expansion und eine Druckspannung in der Membran, die schließlich zum Ausbeulen der Membran führt. Dieses Modell der Beulung bei den hergestellten Mikrofonen wird durch FEM-Simulationen gestützt [Fue01]. Trotz der Beulung der Membranen im Bereich mehrerer Mikrometer sind diese über die gesamte Membranfläche (~mm2) betrachtet relativ eben. Dennoch ist mit einer erheblichen Beeinflussung des mechanischen und kapazitiven Verhaltens zu rechnen, wenn die Dicke der Membran von 0.4-1 µm und die Kondensatorspalthöhe von 1.15 µm in Betracht gezogen wird. Die nächsten beiden Abschnitte beschäftigen sich daher mit den Eigenfrequenzen und den Mikrofonkapazitäten. 6.2 Eigenfrequenz und mechanische Nachgiebigkeit von Membran und Rückseitenplatte Die Eigenfrequenz der Rückseitenplatte wurde an Mikrofonen und an Teststrukturen gemessen. Die Teststruktur ist ein Mikrofonchip ohne Prozessierung der Rückseite, d.h. vor dem Ätzen von Substrat und Substratoxid. Bei ihr wird lediglich das Opferoxid im Kondensatorspalt entfernt, so dass nur die Rückseitenplatte beweglich ist. Eine Skizze der Teststruktur und die gemessenen Eigenfrequenzen in Abhängigkeit von der Kantenlänge ist in der Abbildung 6.5 dargestellt. Ferner ist die theoretische Eigenfrequenz einer 5 µm dicken, spannungsfreien Platte mit Perforationslöchern (Breite 1.5 µm, Abstand 4 µm) angegeben. Teststruktur 240 Eigenfrequenz [kHz] 220 200 180 160 140 120 100 80 Messung an Mikrofon Messung an Teststruktur Theorie spannungsfreie Platte 60 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1 1.05 Kantenlänge [mm] Abbildung 6.5: Eigenfrequenz der Rückseitenplatte vor und nach der Substratätzung. 101 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode Vor der Substrat- und Substratoxid-Ätzung ist das unter einer Druckspannung stehende Randoxid zu einem großen Teil durch die Unterlage eingespannt. Es relaxiert und drückt daher nur wenig auf den Rand der Rückseitenplatte. Dementsprechend misst man eine Eigenfrequenz an der Teststruktur, die der theoretisch zu erwartenden Eigenfrequenz einer spannungsfreien Platte sehr nahe kommt. Die Abweichung zwischen Messung und Theorie ist zum Teil mit der Schichtdickenschwankung der Rückseitenplatte von 4.7-5.7 µm zu erklären, die mit einem Rasterelektronenmikroskop gemessen wurde und mit dem von der Polierfläche abhängigen Abtrag des chemisch-mechanischen Polierens der Epitaxie-Schicht zusammenhängt. Am vollständig freigeätzten Mikrofon misst man im Vergleich zur Teststruktur eine erhöhte Eigenfrequenz der Rückseitenplatte. Dieser Versteifungseffekt deutet wieder darauf hin, dass die Expansion des Randoxides eine Druckspannung in die Rückseitenplatte (und Membran) einbringt. In stärkerer Form ist die äußere Druckspannung des Randoxides bei den dünnen Membranen zu beobachten. In Abbildung 6.6 ist die gemessene Eigenfrequenz von SOI-Membranen und die mechanische Nachgiebigkeit aufgetragen, die bei bekannter dynamischer Masse aus der Eigenfrequenz abgeleitet werden kann (Abschnitt 4.2.4). Außerdem wird die theoretische Nachgiebigkeit einer rein biegesteifen Platte, d.h. einer idealen SOI-Membran, angegeben. 100 70 Messung Eigenfrequenz 90 Nachgiebigkeit [nm/Pa] 80 Eigenfrequenz [kHz] Nachgiebigkeit nach Messung 60 theoret. Eigenfrequenz Platte 70 60 50 40 30 20 theoret. Nachgiebigkeit Platte 50 40 30 20 10 10 0 0 0.6 0.7 0.8 0.9 1 Kantenlänge [mm] 1.1 1.2 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1.1 1.2 Kantenlänge [mm] Abbildung 6.6: Gemessene Eigenfrequenz und abgeleitete Nachgiebigkeit von SOIMembranen (Dicke 1 µm) im Vergleich zum Erwartungswert einer spannungsfreien Platte. Bei geeigneter Auftragung ist das mechanische Verhalten einer biegesteifen Platte mit der quadratischen Abhängigkeit der Eigenfrequenz von der Kantenlänge zu beobachten. Dennoch ist die gemessene Eigenfrequenz deutlich größer bzw. die abgeleitete mechanische Nachgiebigkeit deutlich niedriger als eine spannungsfreie Platte aus Silizium erwarten lässt. Theoretisch sollte bei einer Kantenlänge von 1 mm die Nachgiebigkeit etwa 25 nm/Pa betragen. Stattdessen wird indirekt eine Nachgiebigkeit von 5.3 nm/Pa gemessen. Die beachtliche Diskrepanz zwischen Messung und Entwurf beruht auf der nichtlinearen Verformungsversteifung, die aufgrund der Beulung in der Größenordnung der Membrandicke auftritt (vgl. Abschnitt 3.2). 102 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode 6.3 Mikrofon-Kapazität und Kollapsspannung Die Beulung der Membran beeinträchtigt nicht nur die mechanische Nachgiebigkeit, sondern sie führt zusätzlich zu einem effektiv größeren Spaltabstand. So wird bei einer 1 mm2 Teststruktur mit flacher Membran eine Ruhekapazität von 11.5 pF gemessen. Im Vergleich dazu beträgt die Mikrofonkapazität bei vollständiger Prozessierung mit einer gebeulten Membran 10.5 pF. Die Auswirkung des größeren Spaltabstandes ist besonders deutlich an der Kapazitätsänderung mit einer Vorspannung zu beobachten. Die gemessene und theoretische relative Kapazitätsänderung einer Teststruktur und eines Mikrofons mit SOI-Membran ist in Abbildung 6.7 angegeben. In die theoretischen Kurven geht die über die Eigenfrequenz bestimmte Nachgiebigkeit der Membran und Rückseitenplatte und eine parasitäre Randkapazität von 3.8 pF der Siliziumdioxid-Einspannung ein. 1.1 Mikrofon Teststruktur Theorie normierte Kapazität C(U)/C(0) 1.09 1.08 1.07 1.06 elektrostatischer Kollaps 1.05 1.04 1.03 1.02 1.01 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Vorspannung [V] Abbildung 6.7: Spannungsabhängige Kapazitätsänderung bei der Teststruktur und einem Mikrofon mit SOI-Membran (Kantenlänge 1 mm). Messung und Theorie stimmen für die Teststruktur, die sich aus der flachen, beweglichen Rückseitenplatte und einer unbeweglichen Membran zusammensetzt, sehr gut überein. Die Kollapsspannung eines Mikrofons mit einer ausgebeulten Membran ist erwartungsgemäß größer und die Kapazitätsänderung weicht von der Theorie einer flachen Membran mit einem konstanten Spaltabstand ab. 6.4 Impedanzwandlerschaltung und Messaufbau Zur Analyse von Empfindlichkeit und Rauschen der Mikrofone ist es erforderlich, die Spannungsverstärkung und das elektrische Rauschen der Impedanzwandlerschaltung und des Messaufbaus zu kennen. Die Messungen wurden an dem On-Chip Messplatz mit einem 103 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode Ladewiderstand von 1 GΩ , einem Lastwiderstand von 10 kΩ und dem Feldeffekt-Transistor „J201“ durchgeführt. Spannungsverstärkung Die Spannungsverstärkung bei einer direkten Signaleinkopplung am Gate-Knoten des JFET (Messkonfiguration A, Abbildung 6.8) ist im Frequenzbereich von 10 Hz – 50 kHz nahezu konstant und beträgt 0.82. In einer Niederfrequenz-Schaltung mit einer Kapazität von 10 pF, die als passives Element das Mikrofon nachbilden soll, fällt die Verstärkung aufgrund des Spannungsteilers mit den Sperrschicht-Kapazitäten des Transistors auf 0.63 ab (Messkonfiguration B, Abbildung 6.8). Darüber hinaus verursacht die Gesamtkapazität im Zusammenspiel mit dem Ladewiderstand einen Hochpass mit einer unteren Grenzfrequenz von 13 Hz. Die Messungen zur Spannungsverstärkung stimmen sehr gut mit den Erwartungswerten der PSPICE-Simulationen überein. Die geringe Abweichung kann auf die Exemplarstreuung des Feldeffekt-Transistors zurückgeführt werden. 1 0.9 Spannungsverstärkung A A: Signaleinkopplung am Gate-Knoten 5 V J201 0.8 Uin ~ 0.7 10 kΩ Uout 0.6 B: Signaleinkopplung über C=10 pF 0.5 B 0.4 5 V J201 0.3 10 pF 0.2 Messung 0.1 1 GΩ Uin ~ Simulation (PSPICE) 10 kΩ Uout 0 10 100 1000 10000 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 6.8: Messungen Impedanzwandlerschaltung. und Simulationen zur Spannungsverstärkung der Rauschdichte Die untere Messgrenze der Rauschdichte ist durch den Vorverstärker bestimmt und wird bei kurzgeschlossenem Eingang gemessen (Messung A, Abbildung 6.9). Gemäß der Spezifikation des Herstellers liegt die Rauschgrenze bei etwa –168 dB(V/√Hz). Die Rauschdichte des gesamten On-Chip Messaufbaus und der Impedanzwandlerschaltung mit dem Gate-Knoten auf Massepotential liegt nur etwa 5 dB darüber (Messung B). Das Funkel- und Kanalrauschen des verwendeten Feldeffekt-Transistors ist damit sehr niedrig. Erwartungsgemäß wird in der Niederfrequenzschaltung das Rauschen durch das thermische Widerstandrauschen des Ladewiderstandes mit einem Tiefpass-Verhalten dominiert (Messung C). Die A-bewertete Rauschspannung im Frequenzband von 10 Hz – 20 kHz beträgt etwa 5 µV. Unter Berücksichtigung des Grundrauschens vom Vorverstärker entsprechen die Messungen den theoretischen Werten der Simulationen. 104 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode -80 A -90 Rauschdichte [dB(V/sqrt(Hz)] Verstärker SR560 IN OUT Messung Simulation (PSPICE) Uout -100 B -110 5 V J201 C: JFET+DC-Schaltung -120 -130 10kΩ Verstärker SR560 IN OUT Uout -140 B: JFET -150 C 5 V J201 -160 10pF -170 1GΩ A: Vorverstärker 10kΩ -180 10 100 1000 10000 Verstärker SR560 IN OUT Uout 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 6.9: Messungen und Simulationen zur elektrischen Rauschspannungsdichte der Impedanzwandlerschaltung. 6.5 Mikrofon-Empfindlichkeiten Die Messung der elektroakustischen Empfindlichkeit der Mikrofone erfolgt auf Chip-Level bei einem Schallpegel von 94 dB mit dem zuvor charakterisierten Impedanzwandler. Den charakteristischen Frequenzgang eines Mikrofons mit einer 1 mm2 SOI-Membran (Dicke 1 µm) für Vorspannungen von 1-3 V zeigt die Abbildung 6.10. Aufgrund des beschriebenen Buckelphänomens der SOI-Membranen ist ein Abgleich mit dem Netzwerkmodell, das von einer spannungsfreien und planaren Membran ausgeht, nicht möglich. Eine Abschätzung der Empfindlichkeit kann mit Hilfe einer FEM-Simulation der buckelnden Membran angegeben werden, die bei einem Druck von 1 Pa eine relative Kapazitätsänderung der aktiven Mikrofonkapazität von ∆C/C0=0.2% liefert [Fue01]. Mit der parasitären Kapazität Cp und der Spannungsverstärkung der Impedanzwandlerschaltung Ajfet erhält man bei einer Vorspannung von 1 V als Abschätzung für die Empfindlichkeit S ≈U0 ⋅ C0 mV ∆C ⋅ ⋅ A jfet = 1.05 . C0 C0 + C p Pa Im Vergleich dazu wird bei 100 Hz eine Empfindlichkeit von 0.65 mV/Pa gemessen. 105 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode Empfindlichkeit [mV/Pa] 10 U0=3 V U0=2 V 1 U0=1 V 0.1 10 100 1000 10000 Frequenz [Hz] Abbildung 6.10: Empfindlichkeit eines Mikrofons mit einer 1mm2 großen SOI-Membran bei einer Vorspannung U0 von 1 V, 2 V und 3 V. Wie bereits die Messungen zur Eigenfrequenz und der spannungsabhängigen Kapazitätsänderung andeuteten, liegt die Mikrofon-Empfindlichkeit unter den Erwartungen. Außerdem ist zu beobachten, dass die Herstellung der Perforationsöffnungen in der Rückseitenplatte durch das einfache Ätzen und Füllen der Öffnungen, das eine beschränkte Perforationsweite bedingt (vergleiche dazu Kapitel 2.4.2), nicht ausreichend stark die akustische Hohlraum-Nachgiebigkeit des Kondensatorspaltes entdämpfen kann. Die 1.5 µm weiten Perforationsöffnungen führen bei der Perforationsflächendichte von 14% zu einer oberen Grenzfrequenz von ca. 0.8 kHz. Die Empfindlichkeit von Mikrofonen mit 0.8, 1 und 1.2 mm großen SOI-Membranen zeigt die Abbildung 6.11. Die Vorspannung beträgt jeweils 1 V. Der starke Anstieg der Empfindlichkeit von 0.13 mV/Pa (Kantenlänge a=0.8 mm) auf 0.65 mV/Pa (a=1 mm) und 1.3 mV/Pa (a=1.2 mm) deutet wieder auf das mechanische Verhalten einer biegesteifen Platte mit einer Abhängigkeit vierten Ordnung von der Kantenlänge hin. Bei den 1 mm und 1.2 mm Membranen spiegelt sich das Verhältnis der Nachgiebigkeiten von Abbildung 6.6 mit 11.6/5.3=2.2 in der Steigerung der Empfindlichkeit der Abbildung 6.11 um den Faktor 1.3/0.65=2 wider. Dagegen bleibt die Empfindlichkeit der 0.8 mm Membran hinter den (reduzierten) Erwartungen zurück, was mit dem schlechteren kapazitiven Teilerverhältnis zusammenhängen könnte. 106 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode 10 Empfindlichkeit [mV/Pa] SOI-Mikrofone a=1.2 mm 1 a=1 mm a=0.8 mm 0.1 10 100 1000 10000 Frequenz [Hz] Abbildung 6.11: Empfindlichkeit von Mikrofonen mit SOI-Membranen unterschiedlicher Kantenlänge a (Vorspannung 1 V, Membrandicke 1 µm). Trotz der Schwierigkeiten mit äußerer Spannungseinprägung und akustischer Dämpfung werden relativ gute Empfindlichkeiten von 1.3 mV/Pa/V der Mikrofone mit einer SOIMembran erreicht. Die Empfindlichkeit der mit derselben Technologie hergestellten Mikrofone mit einer 0.4 µm dicken Membran aus Polysilizium zeigt Abbildung 6.12. Dargestellt ist ein charakteristischer Frequenzgang eines Mikrofons mit einer geschlossenen Membran und einer Federmembran (Feder I). Die Kantenlänge ist bei beiden Mikrofonen 1 mm und die Vorspannung 1 V. 10 Empfindlichkeit [mV/Pa] Feder- Membran aus Polysilizium (Design Feder I) 1 geschlossene Polysilizium-Membran 0.1 10 100 1000 10000 Frequenz [Hz] Abbildung 6.12: Mikrofon-Empfindlichkeit mit einer geschlossenen Membran und einer Feder-Membran (Material Polysilizium, Vorspannung 1 V, Dicke 0.4 µm). 107 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode Der Einsatz einer dünneren Membran erhöht dem Dickenverhältnis von 1 µm/0.4 µm=2.5 entsprechend die gemessene Empfindlichkeit bei Frequenzen <100 Hz von 0.65 nm/Pa auf 1.67 nm/Pa. Das Membranmaterial selbst hat hingegen keinen Einfluss auf die Empfindlichkeit. Dieses Ergebnis stimmt mit den bisherigen Messungen dahingehend überein, dass offenbar nicht die intrinsische Schichtspannung, sondern eine externe mechanische Spannung der Aufhängung das mechanische Verhalten der Membranen bestimmt. Mit dem Design einer Federmembran kann eine zusätzliche Erhöhung der Empfindlichkeit von ca. 40% erreicht werden. Akustische Messungen am Federdesign II führten aufgrund der sehr starken Membranbeulung dieser Variante zu keinem Ergebnis. Die akustische Dämpfung bei hohen Frequenzen fällt bei den untersuchten Mikrofonen unterschiedlich aus und ist durchgängig etwas stärker, als das Perforationsdesign erwarten lässt. Die Ursache für die zufällige Schwankung der akustischen Dämpfung liegt wahrscheinlich an einer sehr knappen Tiefenätzung der Perforationslöcher, so dass abhängig von der Dicke der Gegenelektroden-Epitaxie und dem chemisch-mechanischen Polieren teilweise Perforationslöcher nicht vollständig ausgeführt werden. Diese Annahme wird durch Querschnittaufnahmen der Gegenelektrode mit einem Rasterelektronenmikroskop unterstützt. 6.6 Rauschen der Mikrofone Die elektrische Rauschdichte wurde ebenfalls auf Chip-Level gemessen. Zahlreiche Messungen an verschieden empfindlichen Mikrofonen bei unterschiedlichen Vorspannungen lassen keine signifikanten Unterschiede im Rauschen erkennen. Dieses Ergebnis stimmt mit den Vorhersagen des Netzwerkmodells überein, das selbst bei einem hohen Ladewiderstand von 1 GΩ ein über das Eigenrauschen dominierendes elektrisches Rauschen der Impedanzwandlerschaltung vorhersagt. Daher geht von Seiten des Mikrofons lediglich die Mikrofonkapazität ein. Die Abbildung 6.13 zeigt eine typische spektrale Rauschdichte. Bei der Messung handelt es sich um ein Mikrofon mit einer gefederten Polysilizium-Membran. Die Kantenlänge der Membran beträgt 1 mm (C=11 pF). Rauschdichte [dB(V/sqrt(Hz)] -80 Messung Simulation Ladewiderstand Simulation Kanalrauschen Simulation Eigenrauschen -100 -120 -140 -160 -180 -200 10 100 1000 10000 100000 Frequenz [Hz] Abbildung 6.13: Spektrale Rauschdichte eines Silizium-Mikrofons in einer Niederfrequenzund Impedanzwandlerschaltung. 108 Messergebnisse zu Mikrofonen mit epitaktischer Silizium-Gegenelektrode Deutlich ist das tiefpassgefilterte thermische Rauschen des Ladewiderstandes mit der Gesamtkapazität, bestehend aus der Mikrofonkapazität, der Siliziumdioxid-Randkapazität und den Sperrschichtkapazitäten, zu erkennen. Oberhalb von 10 kHz geht das Gesamtrauschen in das weiße Kanalrauschen des Feldeffekt-Transistors über. Dem Rauschspektrum überlagert ist ein 50 Hz-Netzbrummen. Zur Simulation des Mikrofon-Eigenrauschens wurde eine effektive Membranspannung und Spalthöhe angenommen, welche die gemessene Empfindlichkeit korrekt wiedergeben. Im Frequenzband von 10 Hz - 20 kHz beträgt die A-bewertete Rauschspannung 6.8 µV bzw. 5 µV, wenn die Störspitzen im Rauschspektrum herausgerechnet werden. 6.7 Zusammenfassung der Messergebnisse Mit der Technologie einer epitaktisch gewachsenen Gegenelektrode konnten funktionstüchtige Silizium-Mikrofone hergestellt und getestet werden. Aufgrund einer äußeren Einwirkung von mechanischen Spannungen kommt es sowohl bei Membranen aus monokristallinem als auch polykristallinem Silizium zu einer Beulung, die eine Reduzierung der Empfindlichkeit zur Folge hat. Weiterhin führt die eingeschränkte Weite der Perforationsöffnungen in der Gegenelektrode zu einer niedrigen oberen Grenzfrequenz. Das Gesamtrauschen hat seine Ursache in Rauschquellen der elektrischen Beschaltung. Basierend auf der Mikrofon-Empfindlichkeit bei 100 Hz wird bei einer Vorspannung von 1 V ein äquivalenter Rauschschallpegel von 40 dB(A) erreicht. 109 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode Kapitel 7 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode Dieses Kapitel stellt die Ergebnisse zu den Mikrofonen mit einer Membran und Gegenelektrode aus polykristallinem Silizium vor. Der Aufbau der Mikrofone und die Schwerpunkte der Technologieentwicklung mit der Realisierung empfindlicher Membranen und einer perforierten Gegenelektrode wurden in Abschnitt 2.4 beschrieben. Zum besseren Verständnis ist in Abbildung 7.1 ein schematischer Querschnitt der in diesem Kapitel untersuchten Mikrofone dargestellt. Die Untersuchung der mechanischen Nachgiebigkeit der verschiedenen Membrantypen erfolgt über die Messung der Eigenfrequenzen (Abschnitt 7.1). Es werden die verschiedenen Typen von Kreis-, Feder- und Korrugationsmembranen und die mechanische Schichtspannung von dotiertem Polysilizium betrachtet. Eine besondere Eigenschaft von Feder-Membranen ist die statische Membranverbiegung unter dem Einfluss von Spannungsgradienten, auf die in Abschnitt 7.2 anhand von Messungen mit einem Interferometer eingegangen wird. In Abschnitt 7.3 und 7.4 werden schließlich Messungen zur elektroakustischen Empfindlichkeit und zum Rauschen der Silizium-Mikrofone vorgestellt, die zur experimentellen Überprüfung verschiedener Aspekte des entwickelten Netzwerkmodells herangezogen werden. Polysilizium-Membran Polysilizium-Gegenelektrode EpitaxieRückseitenplatte Abbildung 7.1: Schematischer Querschnitt des Mikrofons mit einer polykristallinen Siliziummembran und Gegenelektrode. 110 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode 7.1 Eigenfrequenzanalyse Nachgiebigkeit zur Untersuchung der mechanischen Die Empfindlichkeit der Silizium-Mikrofone in dieser Arbeit wird über die geometrische Abmessung und dem Design der Membran und der gezielten Implantation von Dotierstoff in das Polysilizium zur Auslösung von Rekristallisationsprozessen gesteuert. In den folgenden Abschnitten werden die voneinander unabhängigen Maßnahmen zur Erhöhung der MembranNachgiebigkeit anhand der Eigenfrequenzen demonstriert und zur Verifizierung der Modelle verwendet. Die Messung der Eigenfrequenz über die Kapazitätsänderung des Mikrofons bei elektrischer Aktuation der Membran wurde in Abschnitt 5.2 geschildert. 7.1.1 Eigenfrequenz und Nachgiebigkeit von Feder-Membranen Die Feder-Membranen bestehen aus einer 0.4 µm dicken Polysiliziumschicht, die amorph abgeschieden, kristallisiert, mit Phosphor-Ionen implantiert (Dosis 1015 cm-2) und bei 900° C für 60 min getempert wurde. Abbildung 7.2 gibt die Eigenfrequenzen der unterschiedlichen Membranen wieder. Von jeder Variante wurden jeweils mehrere, von einem Fertigungsdurchlauf und demselben Wafer stammende Membranen gemessen. 160 Eigenfrequenz [kHz] 140 120 100 80 60 40 20 0 Netz A Netz B Feder A Feder B Abbildung 7.2: Gemessene Eigenfrequenz von Feder-Membranen. Erwartungsgemäß ist das Design Netz A aufgrund der 16 relativ kurzen Federstrukturen am unempfindlichsten und weist die höchste Eigenfrequenz auf. Das Design Netz B mit einer zweiten ringförmigen Anordnung von Federstrukturen, die durch zusätzliche Löcher in der Membran realisiert wird, besitzt dementsprechend eine kleinere Eigenfrequenz. Der Trend einer niedrigeren Eigenfrequenz bei einer höheren Nachgiebigkeit setzt sich bei den Membranen mit nur vier Federstrukturen (Feder A und Feder B) fort. Aus der gemessenen 111 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode Eigenfrequenz f0 kann nach Gleichung (4.13) die mechanische Nachgiebigkeit Cm der FederMembranen bestimmt werden. Die Umformung der Gleichung liefert Cm = (2 ⋅ π ⋅ f 0 ) 1 2 ⋅ t ⋅ ρ ⋅ f mass . (7.1) Die Membrandicke t=400 nm, die Dichte von Polysilizium ρ=2330 kg/m3 und der dynamische Massenfaktor fmass≈1.15 (Abschnitt 4.2.4) sind bekannt und ergeben die in der Tabelle 7.1 aufgeführten Membran-Nachgiebigkeiten. Zum Vergleich sind die theoretischen Nachgiebigkeiten nach Gleichung 3.12 angegeben. Mit Ausnahme der mechanischen Schichtspannung gehen in die theoretische Berechnung nur Technologie- und Geometrieparameter ein. Die Schichtspannung wird aus der unabhängigen Messung der Eigenfrequenz einer kreisförmigen Testmembran (Radius 110 µm) ermittelt. Aus der gemessenen Eigenfrequenz von 800 kHz wird eine Schichtspannung von 110 MPa der 0.4 µm dicken Polysiliziumschicht abgeleitet. Nachgiebigkeit [nm/Pa] Netz A Netz B Feder A Feder B Messung Theorie Abweichung vom Mittelwert 1.20 ±0.16 1.46 18% 1.80 ±0.21 2.11 15% 2.67 ±0.15 2.68 <1% 3.85 ±0.15 3.88 1% Tabelle 7.1: Über die Eigenfrequenz gemessene und theoretische Nachgiebigkeit von FederMembranen. Die Übereinstimmung zwischen den Messungen und der theoretischen Nachgiebigkeit von Feder-Membranen ist sehr gut. Das heißt, die FEM-unterstützte Modellierung der Nachgiebigkeit von Feder-Membranen über die Nachgiebigkeit einer Kreismembran ist zulässig. Im Vergleich zur theoretischen Nachgiebigkeit einer Kreismembran mit gleichem Radius, gleicher Dicke und Schichtspannung wird mit der Membranaufhängung an Federstrukturen eine Empfindlichkeitssteigerung von 70-440% erreicht. Die nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz berechnete Schwankung zwischen gleichen Membranen ist mit <15% relativ gut. Allerdings gehen Schichtdickenschwankungen der Membran durch die Messung über die Eigenfrequenz nicht ein. Hauptursache für die Schwankung ist vermutlich die von der Freiätzung des Opferoxides abhängige Länge eines Federelementes. 7.1.2 Eigenfrequenz und Nachgiebigkeit von Membranen mit Korrugationen Die Untersuchungen zur Wirkung von Korrugationen auf die Nachgiebigkeit wurden an 0.2 µm dicken Polysilizium-Membranen mit einer Implantationsdosis von 6⋅1014 cm-2 durchgeführt. Die gemessenen Eigenfrequenzen von kreisförmigen Membranen mit Nc=4, 6 und 8 umlaufenden Korrugationsrillen sind im Vergleich mit einer einfachen Kreismembran ohne Korrugation in Abbildung 7.3 zusammengestellt. 112 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode 100 90 Eigenfrequenz [kHz] 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Kreismembran (Nc=0) N c =4 N c=6 N c =8 Abbildung 7.3: Gemessene Eigenfrequenz von einfachen und mit Nc Korrugationen ausgestatteten Kreismembranen. Aus der Eigenfrequenz von 98 kHz der Kreismembran ohne Korrugation berechnet man die Schichtspannung der 0.2 µm dicken Polysiliziumschicht zu 37.5 MPa. Trotz vergleichbarer Dotierstoffkonzentration ist die Schichtspannung bei einer Dicke von 0.2 µm deutlich niedriger als bei einer Dicke von 0.4 µm mit 110 MPa. Aufgrund der komplizierten Kristallisations- und Rekristallisationsvorgänge muss bei Veränderungen der Membrandicke oder des thermischen Budgets des Gesamtprozesses die mechanische Spannung von neuem optimiert werden. Nach dem zuvor beschrieben Vorgehen erhält man aus den gemessenen Eigenfrequenzen die Membran-Nachgiebigkeiten der Tabelle 7.2. Die theoretische Nachgiebigkeit wird mit Hilfe der Gleichung 3.17 aus Abschnitt 3.4.4 berechnet. Da die intrinsische Schichtspannung aus der Eigenfrequenz der Kreismembran bestimmt wird, ist ein Abgleich mit dem theoretischen Wert dieser Membran nicht möglich. Nachgiebigkeit [nm/Pa] Kreismembran 4-fach korrugierte Kreismembran Messung Theorie Abweichung 4.03 ±0.11 - 12.60 ±0.96 12.48 1% 6-fach korrugierte 8-fach korrugierte Kreismembran Kreismembran 15.59 ±0.37 17.21 9% 21.10 ±1.57 22.38 6% Tabelle 7.2: Indirekt gemessene und theoretische Nachgiebigkeit von korrugierten Kreismembranen. Die hergeleitete Beziehung zur Schichtentspannung und Nachgiebigkeit von korrugierten Membranen beschreibt sehr gut die gewonnenen Messergebnisse. Der direkte Vergleich mit einer Kreismembran verdeutlicht den Vorteil einer Korrugationsmembran. Bei gleichem Platzbedarf auf dem Siliziumwafer erreicht man eine mehr als fünffache Empfindlichkeit. Die 113 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode Reproduzierbarkeit auf einem Wafer ist etwas schlechter als bei Kreismembranen ohne Korrugation. Die relative Schwankung liegt unabhängig von der Anzahl der Korrugationen unterhalb von 10%. 7.1.3 Dotierstoff-abhängige Schichtspannung von Membranen Die Membrandotierung ist ein wichtiger Technologieparameter, der zur Einstellung der Schichtspannung im Membranmaterial verwendet wird. Die Abhängigkeit der Eigenfrequenz von der Dosis einer Phosphor-Implantation (1015, 4⋅1015 und 6⋅1015 cm-2 Feder A, 8⋅1015 cm-2 Netz A) und die daraus mit Hilfe von FEM-Simulationen berechnete Schichtspannung zeigt Abbildung 7.4. Die Polysilizium-Membranen mit einer Dicke von 0.4 µm wurden nach der Implantation bei 900° C für 60 min rekristallisiert. In Übereinstimmung mit Waferbow-Messungen an ganzflächig abgeschiedenen Polysiliziumschichten auf Siliziumsubstrat (Abbildung 2.12) ist zur deutlichen Spannungsreduzierung eine Dotierstoffdosis >1015 cm-2 bzw. eine Dotierstoffkonzentration >1015 cm-2/0.4 µm=2.5⋅1019 cm-3 notwendig. Darüber nimmt die mechanische Spannung annähernd linear mit der Implantationsdosis ab. Mit einer Dosis von 8⋅1015 cm-2 wird sogar eine Schichtspannung unter 10 MPa realisiert. Die relative Schwankung der Spannung zwischen Membranen eines Wafers nimmt geringfügig mit der Dosis von 5% bei 1015 cm-2 auf 11% bei 8⋅1015 cm-2 zu. 120 110 Eigenfrequenz [kHz] 100 Messung Eigenfrequenz 110 Spannung nach Messung 100 90 90 80 70 80 60 70 50 60 40 30 50 20 40 mechanische Spannung [MPa] 120 10 30 0 0 1 2 3 4 5 6 15 7 8 9 -2 Implantationsdosis [10 cm ] Abbildung 7.4: Eigenfrequenz in Abhängigkeit der Dosis von implantierten Phosphor-Ionen und abgeleitete Schichtspannung. 114 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode 7.2 Statische Randverbiegung Spannungsgradienten bei Feder-Membranen aufgrund von Ein Nachteil von Feder-Designs liegt in der Anfälligkeit gegenüber vertikalen Spannungsgradienten in der Membranschicht aus Polysilizium, die zu einem Verbiegen der freien Membranränder und einem Aufwölben des mittleren Membranbereichs führen. Dieser Effekt tritt besonders ausgeprägt bei mechanisch empfindlichen Membranen mit wenigen Federstrukturen und geringer Schichtspannung auf. Die Abhängigkeit vom Membrandesign und der Schichtspannung wurde an den Membranen vom Typ Feder A und Netz A untersucht. In Abbildung 7.5 ist die mit einem Interferometer gemessene maximale Randverbiegung in der Mitte eines Bogens zwischen zwei Federstrukturen gegen Implantationsdosen von 1015, 4⋅1015, 6⋅1015 und 8⋅1015 cm-2 aufgetragen. Nach den Ergebnissen des letzten Abschnittes stehen die Implantationsdosen für mechanische Schichtspannungen von 110 MPa bis 8 MPa. Die Membran Netz A verbiegt sich bei der niedrigsten Schichtspannung aufgrund der engen Bögen maximal um -0.5 µm aus der Ebene. Dagegen kommt es bei dem Design Feder A mit einer gemessenen Auslenkung von -1.4 µm bereits zum Kontakt zwischen den Bumps im Randbereich und der Rückseitenplatte. Die Schichtspannung kann daher bei der Verwendung von Feder-Membranen nicht beliebig reduziert werden, wenn nicht gleichzeitig der Spannungsgradient kontrolliert wird. Die Auslenkung in positiver Richtung bei der niedrigsten Implantationsdosis deutet darauf hin, dass sich der Spannungsgradient in der Polysiliziumschicht aus einem intrinsischen, positiven Beitrag und einen Dotierstoff-abhängigen, negativen Beitrag zusammensetzt. maximale Randverbiegung [µm] 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1 -1.2 Messung Netz A -1.4 Messung Feder A -1.6 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Implantationsdosis [1015 cm-2] Abbildung 7.5: Randverbiegung von Feder-Membranen bei Spannungsgradienten in Abhängigkeit der Phosphor-Implantationsdosis. 115 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode 7.3 Elektroakustische Empfindlichkeit von Silizium-Mikrofonen Nachdem bisher auf das mechanische Verhalten der Membranen eingegangen wurde, wird in diesem Abschnitt das Mikrofon als kapazitiver Wandler anhand seiner elektroakustischen Empfindlichkeit untersucht. Besonderer Bedeutung kommt dabei der Verifizierung des Systemmodells in Form des analog-elektrischen Netzwerks zu. 7.3.1 Empfindlichkeit von Mikrofonen mit Kreis-, Netzund Korrugationsmembran In Abbildung 7.6 ist die Empfindlichkeit von Mikrofonen mit Kreis-, Netz- und Korrugationsmembran bei einer Vorspannung von 1 V angeben. Die Messung erfolgte bei einer Frequenz von 100 Hz. Die Spannungsverstärkung der Messschaltung beträgt etwa 0.6, d.h. ca. 40% Empfindlichkeitsverlust entfällt auf den Impedanzwandler und parasitären Kapazitäten. Die Dicke der Membranen ist 0.2 µm, der Membranradius 500 µm, die intrinsische Schichtspannung ca. 35 MPa und der Spaltabstand ca. 2 µm. Die Empfindlichkeit wird durch die FEM-unterstützte Netzwerkmodellierung in Anbetracht der Vielzahl und zum Teil mit Schwankungen behafteten Parameter sehr gut beschrieben. Mit den neuartigen Membranen können bei einer sehr niedrigen Vorspannung von 1 V Empfindlichkeiten bis 8 mV/Pa erreicht werden. Auf den Frequenzgang wird in den folgenden beiden Abschnitten eingegangen. Empfindlichkeit [mV/Pa] _ 10 9 Messung (1 V) 8 Simulation 8.2 7.9 7 6 5 4.0 4.3 4 2.8 3 2 2.5 1.2 1 0 Kreismembran Netz A 4 Korrugationen 8 Korrugationen Abbildung 7.6: Gemessene Empfindlichkeit von Silizium-Mikrofonen verschiedener Membranen und Simulationsergebnisse. 116 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode 7.3.2 Einfluss der Strömungsdämpfung auf das Tiefpass-Verhalten der Empfindlichkeit Der Durchmesser einer Perforation in der Rückseitenplatte ist ein kritischer Designparameter, der bei empfindlichen Mikrofonen die obere Grenzfrequenz bestimmt. In Abschnitt 2.4.2 wurde ein Verfahren für die integrierte Herstellung von weiten Perforationsöffnungen vorgestellt. Abbildung 7.7 zeigt dazu die Frequenzabhängigkeit der Empfindlichkeit bei unterschiedlichem Radius und Abstand der Perforationsöffnung. Die untersuchten Mikrofone besitzen bei einer Vorspannung von 1 V etwa dieselbe Empfindlichkeit von 6-8 mV/Pa, so dass die Unterschiede im Frequenzgang auf den veränderten akustischen Widerstand der Strömung im Kondensatorspalt und in den Perforationen zurückzuführen ist. 5 Empfindlichkeit [dB ref. 100 Hz] 3 rh=2.5 µm dh=9.2 µm 0 2 -5 rh=2.1 µm dh=9.2 µm 1 -10 rh=2.1 µm dh=13.4 µm -15 Messung rh=0.85 µm dh=4.3 µm Simulation -20 100 1000 10000 Frequenz [Hz] Abbildung 7.7: Messung und Simulation der akustischen Dämpfung in Abhängigkeit vom Radius rh und Abstand dh der Perforationsöffnungen in der Rückseitenplatte. Die starke Dämpfung der Empfindlichkeit bei einem Perforationsradius von etwa 0.9 µm und einem Abstand von 4.3 µm mit einer oberen Grenzfrequenz von 1 kHz stimmt mit den Messungen aus Kapitel 6.5 überein. Die Messung zeigt nochmals, dass die mit der konventionellen Technologie einer Trockenätzung und einer Abscheidung mögliche Perforationsweite nicht ausreicht (typischerweise rh<1 µm). Dagegen ist mit der neuen Perforationstechnologie, d.h. mit Perforationsradien rh>2 µm, eine Empfindlichkeit innerhalb der Schwankungsbreite von ±3 dB bis 10 kHz erreichbar. Die Übereinstimmung zwischen den Messungen und den Simulationen mit dem Netzwerkmodell des Mikrofons ist sehr gut. Dies gilt sowohl für verschiedene Perforationsabstände als auch für verschiedene Perforationsweiten. Der Vergleich zwischen der Messung 1 und 2 demonstriert die Änderung der oberen Grenzfrequenz bei einer Verringerung der Perforationsabstände von 13.4 µm auf 9.2 µm, die in etwa einer Verdopplung der Anzahl der Perforationen von 4400 auf 9300 gleichkommt (Perforationsflächendichte ρh=8% bzw. 16%). Der linearen Abhängigkeit des Strömungswiderstandes von der Anzahl der Perforationen entsprechend, erhöht sich die obere Grenzfrequenz von 2.1 kHz auf 4.4 kHz. Wie die Frequenzgänge 2 und 3 zeigen, geht der 117 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode Perforationsradius besonders stark in den Strömungswiderstand ein. Bereits die relativ geringe Aufweitung der Öffnungen von einem Radius von 2.1 µm auf 2.5 µm führt bei gleicher Perforationsanzahl zu einer oberen Grenzfrequenz über 10 kHz. In dieser Konfiguration werden 23% der Gesamtfläche der Rückseitenplatte von den Perforationsöffnungen eingenommen. 7.3.3 Einfluss des Gehäusevolumens auf das Hochpass-Verhalten der Empfindlichkeit Das vom Gehäuse eingeschlossene Luftvolumen wirkt wie ein Federelement, dessen Federkonstante mit der Verringerung des Volumens ansteigt. Bei sehr kleinem Volumen kann daher die Empfindlichkeit des Mikrofons durch das Gehäuse beeinträchtigt werden. Bei Mikrofonen mit luftdurchlässigen Bereichen in der Membran und Rückseitenplatte, z.B. den Druckausgleichslöchern oder den offenen Flächen einer Feder-Membran, kommt es zusätzlich zu einen Hochpass-Verhalten, da es über diese Bereiche zu einen frequenzabhängigen akustischen Kurzschluss kommt. Nach den theoretischen Überlegungen von Abschnitt 4.3.4 hängt die Grenzfrequenz vom Strömungswiderstand und dem Gehäusevolumen ab (vergleiche auch Abbildung 4.7, Strömungswiderstand Rvent und Hohlraum-Nachgiebigkeit des Gehäuses Cv). Bei der vierfach korrugierten Membran mit 48 Federstrukturen (Abbildung 2.15) entfallen etwa 500 Perforationsöffnungen auf den Ventilationspfad und tragen zum akustischen Kurzschluss bei. Die Empfindlichkeit eines Mikrofons mit dieser Membran bei einem Gehäusevolumen von 27 mm3 ist in Abbildung 7.8 dargestellt. Die Vergleichsmessung mit geöffnetem Gehäusedeckel stellt bei dem On-Chip-Messaufbau den Fall eines unendlich großen Volumens dar. Die Messungen wurden bei einer Vorspannung von 3 V durchgeführt. 100 Messung Empfindlichkeit [mV/Pa] Simulation "unendliches" Gehäusevolumen 10 Gehäusevolumen 27 mm3 1 10 100 Frequenz [Hz] 1000 10000 Abbildung 7.8: Einfluss des Gehäusevolumens auf den Frequenzgang und die Empfindlichkeit eines Mikrofons. 118 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode Das Hochpass-Verhalten des Mikrofons stammt bei der Messung mit „unendlichen“ Gehäusevolumen allein von der Filterwirkung der Niederfrequenzschaltung, d.h. von dem Ladungsverlust durch den endlichen Ladewiderstand. Dem ist beim Mikrofon mit endlichem Gehäusevolumen der oben besprochene akustische Hochpass überlagert, so dass sich die untere Grenzfrequenz nach 70 Hz verschiebt. Im mittleren Frequenzbereich ist ein Empfindlichkeitsverlust von 17 mV/Pa auf 15 mV/Pa aufgrund der Hohlraum-Nachgiebigkeit des Gehäuses von ca. 200 nm/Pa zu beobachten. Beide Effekte, sowohl der akustische Kurzschluss als auch die Empfindlichkeitsreduzierung, werden von dem Netzwerkmodell richtig widergegeben. Die Abweichung zwischen der Messung und der Simulation bei hohen Frequenzen wird vermutlich durch eine zu starke Rückseitenätzung verursacht, die eine dünnere Rückseitenplatte bedingt. 7.4 Elektrisches und akustisches Rauschen Das Rauschen der Mikrofone wurde mit dem in Abschnitt 5.4 beschriebenen On-Chip Messplatz mit einem Impedanzwandler in Niederfrequenz-Schaltung gemessen (Abschnitt 6.4). Abbildung 7.9 zeigt eine typische spektrale Rauschdichte eines Mikrofons bei einer Vorspannung von 3 V. Zur Unterscheidung zwischen dem elektrischen Rauschen der Beschaltung und dem akustischen Mikrofon-Eigenrauschen wurde die Rauschdichte zusätzlich bei einer Vorspannung von 0 V gemessen, bei der das akustische Eigenrauschen verschwindet. Unterhalb einer Frequenz von 1 kHz überwiegt das thermische Rauschen des Ladewiderstandes. Für Frequenzen von ca. 1 kHz bis 30 kHz ist in Einklang mit der Simulation ein Beitrag vom Mikrofon-Eigenrauschen zu beobachten. Die A-bewertete Rauschspannung beträgt bei 3 V ca. 7 µV(A). Mit dem elektrischen Grundrauschen von ca. 5 µV(A) bei 0 V berechnet sich ein Eigenrauschbeitrag von ebenfalls 5 µV(A). -80 Messung Simulation 0.5 Rauschdichte [dB(V/Hz )] -90 -100 -110 -120 -130 3V -140 -150 0V -160 -170 -180 10 100 1000 10000 100000 Frequenz [kHz] Abbildung 7.9: Rauschspannungsdichte eines Mikrofons in Niederfrequenz-Schaltung. 119 Messergebnisse zu Mikrofonen mit polykristalliner Siliziummembran und Gegenelektrode Der Signal/Rauschabstand wird durch die Messung der zugehörigen Empfindlichkeit bestimmt. In Abbildung 7.10 ist der äquivalente Rauschschallpegel bei verschiedenen Vorspannungen gegen die Empfindlichkeit aufgetragen. Mit steigender Vorspannung verbessert sich der äquivalente Rauschschallpegel aufgrund der höheren Empfindlichkeit und nähert sich für sehr hohe Empfindlichkeiten dem Eigenrauschen der Mikrofone, das bei 24 dB(A) liegt. äquivalenter Rauschschallpegel [dB(A)] 50 Messung Simulation 45 40 1V 35 1.5 V 30 2V 3V 25 20 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Empfindlichkeit [mV/Pa] Abbildung 7.10: Empfindlichkeit. 7.5 Abhängigkeit des äquivalenten Rauschschallpegels von der Zusammenfassung der Messergebnisse Mit den neuartigen Membranen konnten bei kleinen lateralen Abmessungen hohe Nachgiebigkeiten erzielt werden, die sich in den elektroakustischen Empfindlichkeiten der Silizium-Mikrofone widerspiegeln. Die besten Ergebnisse lassen sich mit korrugierten Membranen erzielen, die mit Hilfe von gezielter Dotierung mit Phosphor-Ionen und anschließenden Temperaturschritten bezüglich ihrer Schichtspannung optimiert werden. Feder-Membranen sind aufgrund ihrer Anfälligkeit gegenüber Spannungsgradienten und dem Hochpass-Verhalten bei kleinen Gehäusegeometrien nur begrenzt einsetzbar. Designs mit ausreichend vielen Federstrukturen können aber erfolgreich mit dem Konzept einer korrugierten Membran kombiniert werden. Abhängig von der Empfindlichkeit überwiegt das elektrische Grundrauschen der Beschaltung oder das elektroakustische MikrofonEigenrauschen. Das durch Finite-Elemente-Simulationen unterstützte Netzwerkmodell der Silizium-Mikrofone wurde erfolgreich experimentell bestätigt. 120 Zusammenfassung und Ausblick Kapitel 8 Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung In dieser Arbeit wurden verschiedene Silizium-Mikrofone entworfen, in BiCMOSTechnologie hergestellt und bezüglich ihrer mechanischen und elektroakustischen Eigenschaften theoretisch und experimentell untersucht. Die einheitliche Simulation der kapazitiven Silizium-Mikrofone, bestehend aus Mikrofonchip, Gehäuse und elektrischer Beschaltung, gelingt mit einem speziell entwickelten Netzwerkmodell. Dieses beinhaltet erstmals die Nichtlinearität der Verformungsversteifung und das mechanische Verhalten von Membranen mit Federstrukturen und Korrugationen, die mit der Methode der Finiten-Elemente untersucht wurden. Damit steht der Entwicklung ein universelles und schnelles Simulationswerkzeug zur Verfügung, das eine Optimierung der Mikrofone ermöglicht. Unter Berücksichtigung der elektrostatischen Anziehung im kapazitiven Mikrofon konnte gezeigt werden, dass die Erhöhung der Empfindlichkeit über die Membran-Nachgiebigkeit eine Anpassung der Kondensatorspalthöhe erfordert und durch ein verschlechtertes Übertragungsverhalten beschränkt wird. Als Lösung dieser Problemstellung wurde ein Design der Perforation in der Rückseitenplatte abgeleitet, das die obere Grenzfrequenz maximiert und gleichzeitig den Eigengeräuschpegel minimiert. Das Rauschen des Mikrofons in Niederfrequenzschaltung setzt sich nahezu vollständig aus dem thermischen Widerstandsrauschen des Ladewiderstandes zusammen und wird mit einem hohen Widerstandswert durch die Verschiebung der spektralen Rauschdichte reduziert. Die monolithische Prozessierung auf einem Chip schafft die Voraussetzung für eine kostengünstige Massenfertigung, stellt aber gleichzeitig hohe Anforderungen an die Entwicklung. Zur Realisierung von Silizium-Mikrofonen mit guten elektroakustischen Eigenschaften wurden verschiedene Herstellungskonzepte verfolgt. Ein neu entwickelter Mikrofonprozess verwendet erstmals die monokristalline Siliziumschicht eines SOI-Wafers als spannungsfreie Membran zusammen mit einer epitaktisch gewachsenen Silizium-Gegenelektrode. Die Mikrofone dieser Technologie erreichen bei einer niedrigen Vorspannung von 1 V und einer geringen Membranfläche von 1 mm2 Empfindlichkeiten zwischen 0.6 mV/Pa und 2.4 mV/Pa. Mit der verwendeten Messschaltung wurde eine A-bewertete Rauschspannung von 5 µV bzw. ein äquivalenter Rauschschallpegel von 40 dB(A) erreicht. Ein stark eingeschränkter Übertragungsbereich der Mikrofone verdeutlicht, dass die konventionelle Herstellung von Perforationsöffnungen in der Rückseitenplatte nicht zur Kondensatorspaltentdämpfung ausreicht. Die experimentellen Untersuchungen zeigen ferner, dass die Hochtemperatur-Epitaxie thermische Spannungen einprägt und eine Reduzierung der Empfindlichkeit zur Folge hat. 121 Zusammenfassung und Ausblick Weitergehende Arbeiten zur Verbesserung der Empfindlichkeit und dem Übertragungsverhalten wurden an Mikrofonen mit einer Membran aus polykristallinem Silizium durchgeführt. Mit neuartigen Membranen konnte bei gleicher Membranfläche eine Steigerung der mechanischen Nachgiebigkeit um den Faktor 5 erzielt werden. Dabei sind aus rein mechanischen Gesichtspunkten grundsätzlich korrugierte Membranen gegenüber den Feder-Membranen zu bevorzugen, da Spannungsgradienten im Polysilizium statische Verbiegungen verursachen. Kombinierte Membrandesigns mit Korrugationen und mehreren kurzen Federstrukturen führen die Vorteile beider Ansätze mit der Reduzierung der mechanischen Spannung in der Membran und einer reduzierten Randkapazität der Membraneinspannung zusammen. Die Versuche zur mechanischen Schichtspannung von Polysilizium zeigen, dass mit der gezielten Implantation von Phosphor-Ionen und einem anschließenden Temperaturprozess die Spannung um den Faktor 10 reduziert werden kann. Das Übertragungsverhalten der Silizium-Mikrofone wurde mit einer neu entwickelten Technologie zur integrierten Herstellung von weiten Perforationsöffnungen in der statischen Elektrode soweit verbessert, dass eine konstante Empfindlichkeit bis zu 10 kHz realisiert werden konnte. Das optimierte Membran- und Perforationsdesign spiegelt sich in den erreichten MikrofonEmpfindlichkeiten wider, die mit über 10 mV/Pa bei einer Versorgungsspannung von 3 V und einem Nutzband von 20 Hz – 10 kHz zu den bisher besten veröffentlichten Ergebnissen zählen. Mit dem vom thermischen Rauschen des Ladewiderstandes und dem akustischen Rauschen der Strömungsdämpfung in den Perforationslöchern dominierten Gesamtrauschen ergibt sich ein äquivalenter Rauschschallpegel von ca. 27 dB(A). Anhand der experimentellen Ergebnisse konnte eine umfassende Verifizierung der aufgestellten Modelle durchgeführt werden. Die Übereinstimmung zwischen den Messungen und den Simulationen zu den Membran-Nachgiebigkeiten, den Empfindlichkeiten, dem Rauschen, der perforationsabhängigen Strömungsdämpfung und dem akustischen Kurzschluss ist in Anbetracht der technologisch bedingten Ungenauigkeiten in den Simulationsparametern als sehr gut anzusehen. Ausblick Für Anwendungen mit Richtcharakteristik, wie sie mit der Firma „Peiker acustic“ für Freisprecheinrichtungen im Automobil und mit „Siemens Audiologische Technik“ für Hörgeräte im Rahmen des BMBF-Verbundprojektes „Integrierte mikromechanische SiliziumMikrofone für Array-Anwendungen“ (Förderkennzeichen 16SV1273) angestrebt werden, ist eine Erweiterung der Modelle zur Simulation von unidirektionalen Mikrofonen notwendig. Dazu erscheint die bereits erfolgreich angewandte Netzwerkmodellierung in Kombination mit Finite-Elemente-Simulationen als erfolgsversprechend. Ein entsprechendes Makromodell könnte sich aus dem Elementarmodell des Mikrofons, den parametrisierten Ergebnissen aus numerischen Simulationen des Schallfeldes im Umfeld des Gehäuses und der elektrischen Auswerteelektronik zusammensetzen. Eine weitere Verbesserung des äquivalenten Rauschschallpegels auf 24 dB(A) könnte durch die Reduzierung des Rauschens der Niederfrequenzschaltung mit der Integration von sehr hochohmigen Ladewiderständen >10 GΩ auf dem Mikrofonchip gelingen. Die 122 Zusammenfassung und Ausblick technologische Herausforderung besteht in der Herstellung von Polysiliziumbahnen mit extrem kleinem Schichtwiderstand. Ein Großteil der experimentellen Untersuchungen wurde an Mikrofonen auf Chip-Ebene durchgeführt. Thermische und mechanische Einflüsse der Gehäuseund Verbindungstechnologie können die Mikrofon-Eigenschaften beeinflussen und sollten auch hinsichtlich ihrer Langzeitstabilität untersucht werden. Die Reproduzierbarkeit stellt eine wichtige Voraussetzung für die Massenfertigung dar und muss bei der Prozess- und Designentwicklung stärker als bisher miteinbezogen werden. Insbesondere in Arrayanordnungen werden sehr hohe Anforderungen an die Amplituden- und Phasentreue zwischen den Mikrofonen gestellt. Eine in dieser Arbeit bereits aufgegriffene Fragestellung betrifft die Schwankung der Membran-Nachgiebigkeit und sollte auf das Gesamtsystem ausgeweitet werden. Auf der Grundlage von Experimenten zu den einzelnen Technologieschwankungen könnte mit dem vorgestellten Netzwerkmodell eine statistische Fehleranalyse durchgeführt werden. Abschließend kann festgestellt werden, dass die durchgeführten theoretischen und technologischen Weiterentwicklungen eine wichtige Grundlage für den kommerziellen Einsatz von mikromechanischen Silizium-Mikrofonen bilden. Mit den erreichten MikrofonEigenschaften bezüglich der Empfindlichkeit, dem Frequenzgang und dem Rauschen eignen sich die vorgestellten Silizium-Mikrofone für Telekommunikationsanwendungen. Eine Anwendung in Hörgeräten erscheint in naher Zukunft als nicht realistisch, da bei einer sehr niedrigen Versorgungsspannung von ca. 1 V eine weitere Erhöhung der Empfindlichkeit notwendig wäre. 123 Zusammenfassung und Ausblick 124 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis [And01] C. Andriot, Untersuchung und Optimierung des Einfluss von Schichtstress auf die Eigenschaften von Polysilizium-Membranen, Diplomarbeit, Universität Stuttgart, 2001 [Ant93] P. Antognetti, Semiconductor Device Modeling with SPICE, 1993, McGraw-Hill, NY [Bath90] K. - J. Bathe, Finite-Elemente-Methoden, 1990, Springer Verlag Berlin [Bay97] J. Bay, Silicon Microphone for Hearing Aid Applications, Dissertation, Mikroelektronik Center, Lyngby, Dänemark, 1997 [Bea85] W.E. Beadle, J.C.C. Tsai, R.D. 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August 1972 in Kassel deutsch verheiratet, eine Tochter Schulbildung Aug. 79 - Juli 85 Aug. 85 - Juli 89 Aug. 89 - Mai 92 Grundschule, Orientierungsstufe Werra-Realschule Grotefend-Gymnasium 18. Mai 1992 Allgemeine Hochschulreife Hann. Münden Hann. Münden Hann. Münden Studium der Physik Okt. 92 - März 95 14. Okt. 1994 April 95 - Feb. 99 Jan. 98 – Dez. 98 Georg-August-Universität Diplomvorprüfung Universität Hamburg Siemens AG, ZT ME1 Diplomarbeit: CMOS-Technologie 5. Februar 1999 Diplomhauptprüfung Göttingen Hamburg München Promotion April 99 – Feb. 04 132 Universität Erlangen-Nürnberg, Infineon Technologies AG Doktorvater: Prof. Dr.-Ing. R. Lerch Erlangen München