©Mineralien- u. Fossiliensammler Oberösterreichs, Austria; download unter www.biologiezentrum.at O.Ö. Geonachrichten Jg. 9-1994 S. 3 - 8 Neufunde von Strontianit, Coelestin und anderen Mineralien bei Reichraming, O.O. von Peter Arthofer *) Im Jahre 1990 wies Herr Wilhelm W a 11 e n t a, Steyr, auf Mineralfunde in einem Steinbruch der Firma Grossauer zwischen Losenstein und Reichraming hin, die reges Interesse erweckten. Durch die Sammeltätigkeit der Mitglieder der VMFOÖ-Ortsgruppe Steyr wurden unter anderem Funde von Strontianit und Coelestin bekannt. Lageskizze l^ Steyr Stbr. Großauer Reichraming *) Peter Arthofer Sertlstraße 15, 4400 Steyr ©Mineralien- u. Fossiliensammler Oberösterreichs, Austria; download unter www.biologiezentrum.at Coelestinfunde aus Oberösterreich im Schrifttum (Auswahl): Coelestin ist in unserem Bundesland ein nicht allzu häufiges Mineral. Die möglicherweise erste, aber wenig bekannte Beschreibung, die aus diesem Grund etwas näher betrachtet werden soll, gibt Ignaz von Born in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: Tugend und Kraft des Himmelsteins (BORN 1777). Als Fundort ist "bei Traunkirchen" angegeben. In dieser Arbeit werden die Schriften des Dichters Plinius zitiert, der dem "Petra Coelestis" Heilkräfte und nützliche Eigenschaften zusprach. So soll dieses Mineral, zumindest aus damaliger Sicht, von den "schweren und schädlichen Fällen des jähen Todes und Schlags, oder fallenden Blutstropfen" schützen, wie auch "gegen Donner, Blitz und Schrecken versichern." Gesamt werden acht Anwendungsarten und deren Wirkungsweise definiert. Born erkannte schon zu seiner Zeit den Unnütz dieser Medizin und bezeichnet zwei Ärzte, Johann Pitterkraut aus Steyr und Johann Franz Tuelli aus Radstadt, die mit den Ansichten von Plinius Geschäfte machten und den Coelestin von einem Schulmeister aus Traunkirchen namens Franz Liebenwein bezogen, mit treffenden Worten: "Der Himmel vergebe es den hochgelehrten Herren Pitterkraut und Tuelli, wenn sie doch jemals existiert haben, daß sie das arme Landvolk durch ihr medicinisches Gutachten in dem irrigen Wahne bestärken." Unverzeihlich ist es aber, daß Hr. Schulmeister Liebenwein den ehrlichen Plinius mit ins Spiel mischt." Boras Mineralbeschreibung läßt zwar ein anderes Mineral vermuten, doch sein Bericht ist in Anbetracht eines erst jüngst (GÖTZENDORFER 1990, POSTL 1991) publizierten Coelestinfundes aus diesem Gebiet nicht uninteressant. 1777: Traunkirchen (s.o.) 1853: Coelestinkristalle bis zu 8 cm Größe aus Bad Ischl (HAUER 1853). Die Funde aus Hallstatt (ZEPHAROVICH 1859) erwiesen sich als falsch und wurden später dem richtigen Fundort (Bad Ischl) zugeordnet (ZEPHAROVICH 1873). Eine Zusammenfassung weiterer Erwähnungen dieses Vorkommens bei HADITSCH (1967) 1935: Der Fundpunkt Klause im Hammergraben bei Kleinreifling (SCHADLER & WEISS 1935) wird unter den Erwerbungen des O.Ö. Landesmuseums erwähnt (Siehe auch HADITSCH 1967, NIEDERMAYR, 1987, WALLENTA 1987) 1967: Ein Vorkommen von Coelestin und Fluorit wird in Obermicheldorf von einheimischen Mineraliensammlern 1964 entdeckt (HADITSCH 1967) ©Mineralien- u. Fossiliensammler Oberösterreichs, Austria; download unter www.biologiezentrum.at 1985: Die Mineralparagenesen aus dem Bosruck Autobahntunnel enthalten im Bereich des Bauloses Nord auch kleine Coelestinkristalle (WALLENTA 1985) Geologie des neuen Vorkommens: (nach POSCHER 1986) Das Vorkommen liegt im überkippten Liegendschenkel der Dirnantiklinale, nahe der Grenze zur Reichraminger Decke. Den Antiklinalkern bilden dunkle, dünnbankige Kalke der Gutensteiner-Reiflinger Fazies, die zum Unteren Wettersteinkalk mit gestörten Bereichen überleiten. Die Wechsellagerung Brachiopodenkalk (dunkle, tw. kieselige Bänke, sehr große Härte) und Wettersteinkalk wiederholt sich im Aufschluß mehrmals, die Grenze wird durch braune bis dunkelbraune Kalkbänke fixiert. Die Gesteine werden für Bauzwecke, sowie für Papier- und Zuckerindustrie abgebaut. Die Mineralfunde - Ein Vorbericht: Die Mineralisation des Grossauerbruches ist größtenteils an bitumenreiche, gelegentlich fossilführende, hellbraune bis schwarzgraue gebankte Kalke einer Störungszone, die in den Jahren 1990-1992 abgebaut wurden, gebunden. Nach 1992 konnte kaum mehr nennenswertes Material geborgen werden. Die im folgenden beschriebenen Stücke befinden sich großteils in einer Privatsammlung, und wurden in dankenswerter Weise zur Begutachtung zur Verfügung gestellt. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Zusammenstellung nach STRUNZ, 1982. Pyrit: Sowohl oberflächlich limonitisierte Kristalle in Hohlräumen des Kalkes, als auch hellgelb-frisch (teilweise mit Anlauffarben) eingewachsen in Calcit und Coelestin, gelegentlich in langgestreckten, sich verjüngenden Kristallen unter 1 mm Größe, die als Nadelpyrite bezeichnet werden. Fluorit: Flußspat fand sich in Form kleiner Würfel und Würfelkombinationen mit leicht angelösten Kristallflächen auf Calcit. Die vorliegenden Stücke sind glasklarfarblos bis milchig-trübweiß. An Einzelstücken konnten auch honigbrauneFarbtöne beobachtet werden, diese Stücke waren undurchsichtig. ©Mineralien- u. Fossiliensammler Oberösterreichs, Austria; download unter www.biologiezentrum.at Quarz: Von diesem Mineral lag nur ein einziges Belegstück (Sammlung G.Brandstetter, Steyr) vor. Glasklar-farblose Kristalle bis max. Millimetergröße, partiell von weißen Calcitskalenoedern überwachsen in Paragenese mit Coelestin. Calcit: In Hohlräumen im Kalk ein sehr häufiges Mineral, dennoch sollen einige Ausbildungsformen Erwähnung finden: Verzwillingte oder einfache Skalenoeder (farblos-glasklar bis weiß), prismatische Kristalle (Kanonenspat), einige nadelige und rosettenförmige Aggregate könnten ebenfalls Calcit sein. Als jüngste Bildung kann feinfaserig-filziger, brekziösen Kalk bedeckender Lublinit angesehen werden. Auch kommen gelegentlich Sinterbildungen vor. Dolomit: Belegt sind kleine, sattelförmige Rhomboeder von grauweißer Färbung, einzeln oder zu Gruppen verwachsen aufhellgrauem Kalk. Strontianit: In spitz-pyramidalen Kristallen, zu halbkugeligen Aggregaten oder wirrfaserigen Gebilden verwachsen, von schneeweiß bis orange gefärbt, mit einem Durchmesser von max. 8 mm, auf Calcit oder Coelestin (siehe dort). Coelestin: Auf einen erhöhten Sr-Gehalt der Gesteine wies bereits POSCHER 1986 hin. In diesem Vorkommen können nach den vorhandenen Proben drei verschiedene Typen des Auftretens unterschieden werden: -Im Kalk eingewachsene spätige Massen bis zu Faustgröße. Die Farbe schwankt von hellblaugrau undurchsichtig bis weißgrau. Gelegentlich zeigen sich im Inneren dieser Gebilde relativ große Kristallflächen, oftmals angelöst, teilweise mit kleinen aufgewachsenen Strontianitaggregaten. -Als Hohlraumausfullung in Terebratulasteinkernen einer Brachiopodenbank, die bereits abgebaut ist. Coelestin kommt als derbe, weiß bis blaßweißblaue Masse, selten mit Anzeichen einzelner Kristallflächen vor. Sind diese Massen aus den Steinkemen ausgewittert, bleiben kleine Calcit xx zurück, auf denen sporadisch sekundär Strontianit auskristallisiert ist. -In unregelmäßig geformten Hohlräumen bis ca. 40 mm Durchmesser, die keine Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Fossilresten geben. Aus diesem Typ stammen die schönsten vorliegenden Coelestine. Die relativ formenvielfältigen Kristalle erreichen im Schnitt nur ca. 3-5 mm, in Einzelfallen werden sie auch max. 13 mm lang. Die Farbpalette geht von weiß über farblos zu intensiv hellblauen, glasklaren Stücken. Gelegentlich ist ein Zonarbau zu beobachten. ©Mineralien- u. Fossiliensammler Oberösterreichs, Austria; download unter www.biologiezentrum.at Hierbei ist der Kristallkern milchigweiß trüb bis blaßblau, die Außenhülle dagegen hellblau und durchsichtig. Einige Hohlräume waren gänzlich mit Coelestinkristallen ausgekleidet, andere mit kleinen, klaren, allseitig ausgebildeten Kristallen sandartig gefüllt. Es sind auch Stücke mit einzelnen Kristallen aufgewachsen auf Calcit festgestellt worden. Bemerkenswert ist jedoch das Auftreten von halbkugeligen oder rasenartigen, seltener einzelstehenden Strontianit xx, die die Kristallkanten und -flächen von Coelestin überziehen. Gips: Lose, kantengerundete, bis ca. 10 mm große, selten auch aufgewachsene Aggregate. Die Stücke sind oft farblos-durchsichtig. Die Entstehung des Gipses im Grossauerbruch dürfte auf der Zersetzung großer Mengen von Coelestin beruhen. Bitumen: In Hohlräumen von dunkelbraunem Kalk zeigen sich u.a. auf Calcit xx Ausscheidungen einer klebrigbraunen Substanz, die zu Bitumen zu stellen ist. Die Untersuchungen an der Mineralisation des Grossauerbruches sind noch nicht abgeschlossen. Über neue Ergebnisse wird später berichtet werden. Dank: Herrn Dr. B. Gruber, O.Ö.Landesmuseum, bin ich für die Bestimmung der paläontologischen Objekte, sowie für die Bereitstellung von Fachliteratur und manche wertvolle Diskussion dankbar. Für die Möglichkeit der Durchsicht bzw. Überlassung von Probematerial u. a. für die Sammlung des OÖ. Landesmuseums möchte ich an dieser Stelle einem Mineraliensammler und dessen Familie danken, durch deren Entgegenkommen wurde dieser vorläufige Bericht erst ermöglicht Weiters danke ich Herrn G. Brandstetter, Steyr, für die Information über das Vorkommen von Quarz. ©Mineralien- u. Fossiliensammler Oberösterreichs, Austria; download unter www.biologiezentrum.at LITERATURVERZEICHNIS: BORN, I. v.: Versuch einer Mineralgeschichte des Oberösterreichen Salzkammergutes. - Abh. einer Priv. ges. in Böhmen, Bd. 3, S. 166 - 190, Prag 1777 GÖTZENDORFER; K.: Mineralogische Notizen aus Oberösterreich HI -1990. OÖ. Geonachrichten, 5. Jg. S. 1-3, Linz 1990 HADITSCH; J.G.: Coelestin und Flußspat aus den Opponitzer Kalken von Obermicheldorf/ Oberösterreich. Jb. Mus. Ver. Bd. 112, S. 161 -172, Linz 1967 HAUER, F. v.: Coelestin von Ischl in Oberösterreich. Jb. k. k. Geol. R.A.-, Bd. 4, H. 2, S. 397, Wien 1853 NIEDERMAYR, G. et al.: Neue Mineralfünde aus Österreich XXXVI. Carinthia JJ, Bd. 177./97, S. 238 - 329, Klagenfurt 1987 POSTL, W.:Coelestin aus dem Gschliefgraben bei Gmunden, O.Ö. In: Niedermayr, G. Neue Mineralfunde aus Österreich XL, Carinthia n , Bd. 181/101. S. 147 - 179, Klagenfürt 1991 SCHADLER, J. und WEISS, K.: Erwerbungen des Museums. - Jb. OÖ. Mus. Ver., Bd. 86, S. 67, Linz 1935 WALLENTA, O.: Zur Mineralogie des Bosruck-Autobahntunnels (Pyhrnautobahn, Österreich) Die Eisenblüte, Nr. 15, 5. Jg., S. 9 - 17, Graz 1985. WALLENTA, O.: Mineralogische Notizen aus Oberösterreich 1-1987. OÖ. Geonachrichten, 2. Jg., S. 1-7, Linz 1987 ZEPHAROVICH; V. v.: Mineralogisches Lexicon für das Kaiserthum Österreich. Bd. I, S. 117, Wien 1859 ZEPHAROVICH; V.v.: Mineralogisches Lexicon für das Kaiserthum Österreich. - Bd. JJ, S. 101, Wien 1873