Folkwang SINFONIETTA - Folkwang Universität der Künste

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Folkwang
Universität der Künste
Fr_13. Januar 2017
14.00 Uhr | Neue Aula
Campus Essen-Werden
Folkwang SINFONIETTA
_öffentliche Generalprobe
_Kammerorchester der Folkwang Universität der Künste
_Leitung: Manel Valdivieso (a. G.)
Vorwort
Johann Sebastian Bach, Igor Strawinsky und Richard Strauss. Auf einen Nenner sind
diese drei Komponisten kaum zu bringen. Hier der deutsche Großmeister des Barock,
dort zwei der bedeutendsten Komponisten des frühen und mittleren 20. Jahrhunderts – wie passt das zusammen? Eine erste Antwort gibt Igor Strawinsky im Jahr
1924: „Was ich heute schreibe, hat seine Wurzeln im Stil und in der Technik von Palestrina und Bach. Heutzutage will ich mich nicht als Harmoniker verstanden wissen,
denn ich bin durch und durch zum Kontrapunktiker geworden.“
Mit seinem Kurswechsel emanzipiert sich Strawinsky von jenen Balletten, die ihn
berühmt machten: Von L’Oiseau de feu, dem Feuervogel, von Pétrouchka und auch
von dem Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts, vom Skandal umwitterten, 1913 komponierten Le Sacre du printemps. In all diesen Balletten brach Strawinsky mit Konventionen des 19. Jahrhunderts. Neu waren die harsch-schrille Harmonik, dissonante Klangballungen, die stark perkussiven Einschläge. Mit seinem Kurswechsel,
einer Art Mäßigung, die zum so genannten Neoklassizismus führte, besinnt sich
Strawinsky in den 1920er Jahren wieder auf die „alten Meister“. Richard Strauss
komponierte stets geradliniger, ungebrochener als sein russischer Kollege. In der
zweiten Konzerthälfte wird sich zeigen, wie unterschiedlich die kompositorischen
Physiognomien ausfallen können.
Fabian Gsell
Johann Sebastian Bach
3. Brandenburgisches Konzert in G-Dur 1685 - 1750(1714)
Allegro
Adagio
Allegro
ViolineNikolau Ratchev (KM)
Ezgi Su Apaydin
Daria Upolovnikova
ViolaAnna Maria Wünsch
Lars Marius Hølås
Muriel Soulie
CelloLisa Rößeler
Robert Wheatley
Salome Ryser
KontrabassEndika Rodriguez
Anne-Sophie de Villepin
CembaloMelchior Kupke
Igor Strawinsky
1882 - 1971
Octuor pour instruments à vent (1922/23)
Sinfonia
Tema con variazioni
Finale
FlöteNerses Ohanyan
KlarinetteChanyeh Park
FagottCynthia Castaños
Laila Börner
TrompeteAljoscha Zierow
Lionel Jaquerod
PosauneJaihoon Joung
Junfei Yu
Richard Strauss
Oboenkonzert in D-Dur (1945)
1864 - 1949
Allegro moderato
Andante
Finale: Vivace – Allegro
Flöte Zofia Spendel
Pearl Huang
OboeLyuba Manassieva
KlarinetteSonghee Park
Bokyung Kim
FagottLaila Börner
Cynthia Castaños
Horn Youngho Seo
Tae Hun Yim
1. Violine
Nikolau Ratchev
Ezgi Su Apaydin
Caroline Frey
Anna Trukhina
Maximiliane Wilms
2. Violine
Daria Uplovnikova
Skaiste Diksaityte
Chae Eun Jeong
Yen Mao Wang
ViolaAnna Maria Wünsch
Lars Marius Hølås
Muriel Soulie
CelloLisa Rößeler
Robert Wheatley
Hayeon Kang
KontrabassEndika Rodriguez
Anne-Sophie de Villepin
Igor Strawinsky
Concerto en mi bémoll – Dumbarton Oaks (1937/1938)
Tempo giusto
Allegretto
Con moto
FlöteNerses Ohanyan
KlarinetteGuangmin Zou
FagottCynthia Castaños
HornYoungho Seo
Tae Hun Yim
ViolineNikolau Ratchev
Ezgi Su Apaydin
Daria Upolovnikova
ViolaAnna Maria Wünsch
Lars Marius Hølås
Muriel Soulie
CelloLisa Rößeler
Robert Wheatley
KontrabassEndika Rodriguez
A-Reum Kim
Dialoge in drei Sätzen
Alle Werke des heutigen Konzertprogramms sind dreisätzig angelegt. Diese Form
ist altbekannt, war auch schon zu barocken Zeiten weit verbreitet. Aber die bloße
Form ist nicht alles. Wie sie gefüllt wird, das ist das Entscheidende. Der Altmeister
Johann Sebastian Bach bekommt heute den Vortritt. Das Konzert beginnt mit einem
seiner meistgespielten Werke: Dem etwa 1714 entstandenen 3. Brandenburgischen
Konzert. Besetzt nur mit Streichern und „basso continuo“, erfüllt es zunächst alle
Erwartungen an ein barockes Konzert. Drei nach unterschiedlichen Klangfarben eingeteilte Instrumentengruppen wetteifern miteinander. Sie verwenden hierbei jedoch
das gleiche thematische Material, sodass das Hauptmotiv allgegenwärtig bleibt.
Hier ist die erste Besonderheit der Dreisätzigkeit zu finden. Die übliche Form bedeutet: Ein langsamer Mittelsatz, dazu ein schneller erster und dritter Satz. Dies
ist im Dritten Brandenburgischen Konzert nicht der Fall. Der Adagio-Mittelsatz besteht lediglich aus zwei Akkorden und einem phrygischen Halbschluss, die Raum
für eine kleine Kadenz lassen: Nach dem ersten Satz setzt die Kadenz der Violine
ein – ein kurzes Innehalten, eine Art Nachsinnen über die Ereignisse des gehörten
Kopfsatzes. Die Begleitung setzt zum Beenden der Kadenz mit ihren beiden Akkorden ein, bevor der virtuose finale Satz beginnt. Dadurch, dass der Mittelsatz nicht so
lang ist, macht er den Kontrast der beiden Rahmensätze deutlich. Bach komponiert
das Allegro des dritten Satzes mit den für ihn so typischen Fugato-Einsätzen; die
virtuose Grundhaltung steht dem wohlgeordneten und transparenten ersten Satz
gegenüber. Wo Bach im 3. Brandenburgischen Konzert nur für Streicher und „basso
continuo“ schreibt, steht Igor Strawinskys Octuor pour Instruments à vent (1922/23)
ganz im Zeichen der Blasinstrumente. Gleichwohl ist auch dieses Werk dreisätzig
angelegt, wobei der zweite Satz hervorsticht. Dieser beinhaltet eine Variationenfolge, die bis dato nicht in Strawinksys Repertoire vorhanden war. Strawinskys Oktett
gilt als seine erste neoklassizistische Originalkomposition, jedoch sind keine deutlichen Anlehnungen an Bach zu hören. Dies wird in Dumbarton Oaks in der zweiten
Konzerthälfte der Fall sein.
Musik und Politik: Richard Strauss´ Oboenkonzert
Richard Strauss stand der nationalsozialistischen Regierung Deutschlands zeitweise sehr nahe, war sogar als Präsident der Reichsmusikkammer aktiv. Später kühlte
sich das Verhältnis deutlich ab. Vor allem die Zusammenarbeit von Strauss mit dem
jüdischen Librettisten Stefan Zweig war den Machthabern ein Dorn im Auge. Der
Komponist war stets davon überzeugt, sich nur künstlerisch und nicht politisch im
Regime engagiert zu haben. Aufgrund seiner Stellung als prominentester deutscher
Komponist hatte das Zerwürfnis mit der Regierung und die Forderung seines Rücktritts aus den offiziellen Ämtern zunächst keine weiteren Folgen für ihn.
Strauss komponierte das Oboenkonzert kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
Er widmete es John de Lancie, einem Oboe spielenden amerikanischen Oberst, der
Strauss oft in dessen Villa an der Garmischer Zoeppritzstraße besuchte und seinem Klavierspiel lauschte. Der Komponist war bereits zu Kriegszeiten immer mehr
an seinen Wohnsitz gebunden, was seinem fortgeschrittenen Alter zuzuschreiben
war. In den letzten Jahren der NS-Diktatur war Strauss darum bemüht, so wenig
Aufmerksamkeit wie möglich auf sich und seine Familie zu ziehen. Aufgrund des
nun angespannten Verhältnisses zu den Nationalsozialisten fürchtete er um seine
jüdische Schwiegertochter und die beiden Enkelsöhne. Er konnte nicht mehr für ihre
Sicherheit garantieren. Sein Sohn und seine Schwiegertochter wurden 1943 in Wien
sogar für einige Tage interniert. Zur Beschäftigung widmete er sich weitestgehend
Kompositionen, die er als „Handgelenksübungen“ bezeichnete; sein Lebenswerk
betrachtete er mittlerweile als abgeschlossen. Dass das Oboenkonzert bei Strauss
unter eine solche Kategorie fällt und von ihm selbst nicht zu seinem eigentlichen
Lebenswerk gerechnet wird, zeugt von den großen künstlerischen Fähigkeiten dieses
charakterlich fragwürdigen Egomanen. Es gehörte zu seinem Anspruch, auch solche
„Handgelenksübungen“ mit Bravour zu meistern: „Was ein richtiger Musiker sein
will, der muss auch eine Speisekarte komponieren können“, sagte Strauss einmal.
Das Oboenkonzert in D-Dur stellt hohe technische Anforderungen an den Solisten.
Die insgesamt heitere Stimmung lässt den Hörer die technischen Anforderungen
jedoch vergessen und sich ganz der Musik hingeben. Die Dreisätzigkeit ist hier kaum
wahrnehmbar, da die ersten beiden Sätze „attacca“ verbunden sind. Ähnlich wie
Bach komponiert Strauss in seinem Werk eine Kadenz. Hier verbindet sie den zweiten mit dem dritten Satz. Obwohl dieses Konzert mittlerweile zur Standardliteratur
für Oboe gehört, wird es erstaunlicherweise nur selten gespielt. Neben der hohen
Virtuosität ist das Werk auch von vielen lyrischen Abschnitten geprägt. Diese lassen
eine romantische ländliche Idylle vor die Augen treten. Nicht zuletzt deshalb gilt
Strauss vielen als Romantiker.
Auftragskomposition nach Bach’schem Vorbild
Last, but not least: Igor Strawinskys Konzert Dumbarton Oaks. Strawinsky erhielt
den Auftrag für dieses Werk im Jahre 1937 während seiner dritten Reise in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dort traf er das Ehepaar Robert und Mildred Woods
Bliss in Hollywood und wurde mit einer Komposition zu deren 30. Hochzeitstag
betraut. Dumbarton Oaks heißt der Ort, wo das Konzert entstand. Das Paar stellte
sein dort gelegenes Ferienhaus in der Nähe von Washington D.C. Strawinsky zur
Verfügung, damit er ungestört arbeiten konnte.
Vor allem im Kopfsatz sind Parallelen zum 3. Brandenburgischen Konzert zu hören.
Das ist nicht verwunderlich, denn der 1882 geborene Strawinsky schrieb die Auftragsarbeit ganz bewusst „im Stil der Brandenburgischen Konzerte“ (Strawinsky).
Strawinskys Verwendung des Themas aus Bachs Kopfsatz in seinem eigenen ersten
Satz stieß auf viel Kritik. René Leibowitz sprach sogar von einem „unverschämten
Entlehnen eines Themas von Bach“. Es sollte seine vorerst letzte Komposition nach
barockem Vorbild sein. Bei seinem weiteren Schaffen orientierte er sich an Vorbildern der Klassik wie Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven.
Beide Kopfsätze der heute erklingenden Werke gleichen sich in ihrer grundsätzlich
beschwingten Stimmung. Diese ist hauptsächlich auf die rhythmische Gestalt des
Bach’schen Themas zurückzuführen, die Strawinsky beibehält. Auch die Final-Sätze
der Werke ähneln sich im Duktus: Unaufhörlich prasselnden Sechzehntelketten bei
Bachs Konzert, wird bei Strawinsky zuerst eine marschierende Bassgruppe entgegengestellt. Deren Bewegung wird zeitweise unterbrochen und nicht im gleichen
Maße konsequent durchgehalten wie Bachs kontinuierliche Sechzehntel. Das Marschieren tritt jedoch immer wieder aus dem Gesamtklang hervor und wird auf ähnliche Weise zum Motiv des Satzes. Die Gegenüberstellung beider Werke findet in der
Rahmung des Konzerts statt: Beginnend mit Bachs barockem Vorbild – endend mit
Strawinskys neoklassizistischer Realisierung.
Fabian Gsell
Manel Valdivieso
Manel Valdivieso wurde in Barcelona geboren. Seine ersten musikalische Schritte unternahm er als Kind im Knabenchor
Escolania de Montserrat. Später studierte
Valdivieso unter anderem Komposition und
Dirigieren in Barcelona und London bei Benet Casablancas, Antoni Ros-Marbà, Aldo
Ceccato und Colin Davis.
Foto: privat
Regelmäßig tritt er gemeinsam mit renommierten spanischen Orchestern auf, darunter das Orquestra Simfònica del Gran Teatre del Liceu (Sinfonieorchester der Oper Barcelona), Orquesta Sinfónica del Madrid
(Madrider Sinfonieorchester), Orquesta Nacional de España (Spanisches Nationalorchester), Orquesta Sinfónica de Galicia (Galizisches Sinfonieorchester), Real Orquesta Sinfónica de Sevilla (Königliches Sinfonieorchester von Sevilla) und das Orquesta
Ciudad de Granada (Stadtorchester von Granada).
Verschiedene Engagements führten Manel Valdivieso an international bedeutende
Opernhäuser in Barcelona, Madrid, Seoul und Washington D.C. Dort dirigierte er
Produktionen wie Turandot, La Bohème, Carmen, Der Barbier von Sevilla, Il Trovatore,
Lucia di Lammermoor, The Turn of the Screw, Parsifal, Lohengrin und Lady Macbeth
von Mzensk.
Seit 2002 ist Manel Valdivieso Chefdirigent des national-katalanischen Jugendorchesters Jove Orquestra Nacional de Catalunya (JONC).
Veranstaltungstechnik
Leitung
Leitung Bühne Leitung Beleuchtung
Rüdiger Klahr
Volker Löwe
Bernd v. Felde
Technik
Joaquin Berenguel
Sven Kloßek
Kevin Kramer
Anja Manrau
Viktor Schmidt
Carsten Teuwsen
Daniel Rath
Jonas Michaelis
Auszubildende
Ricardo Plauk
Lucas Schöpp
Oskar Linneweber
Hinweis: Ton- und Bildmitschnitte sind nicht gestattet!
Redaktion: Kommunikation & Medien, Folkwang Universität der Künste
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