1. Einleitung „Cooperation is the only chance of saving ourselves”. Armin Mueller-Stahl in „X-Files the Movie“ „Ganz Gallien ist also von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein! Ein kleines gallisches Dorf leistet dem Eindringling noch immer Widerstand“. „Asterix und der Arvernerschild“, Seite 6 1.1. Ausgangslage Dieses Seminar über das Frankreich von „Vichy“1 bewegt sich zwischen den eingangs angesprochenen Begriffen „Zusammenarbeit“ und „Widerstand“. Ein Land wird von einem anderen Volk besetzt, und man muss sich entscheiden, ob man sich dem Besatzer anpassen will. Es gibt verschiedene Varianten und Ausprägungen von Kollaboration (Zusammenarbeit), darunter als Extremform die militärische. Ich will in dieser Arbeit die Träger der militärischen Kollaboration Frankreichs mit Deutschland behandeln, wobei ich mich auf die Légion des Volontaires Français contre le bolchevisme (LVF) beschränke. Wichtig ist mir die Einbettung der LVF als Bewegung der Collaboration2 und der Kriegsteilnahme der Freiwilligen in einen historischen und sozialen Rahmen. Ich will zeigen, dass die militärische Collaboration einem Zusammenspiel aus persönlicher Orientierungslosigkeit, nationaler Schwäche und der für Frankreich besonderen politischen Struktur sich bekämpfender deutschfreundlicher Parteien entspringt.3 Das französische Volk stand 1941 unter dem Eindruck der Kriegsniederlage, der vermeintlichen Bedrohung durch den Kommunismus von aussen und vor allem der Überzeugung, dass der Staat sich in seinen Grundfesten verändern müsse. Kritisiert wurden die Republik und die parlamentarische Demokratie. So wurden die deutschen Besatzer zuerst oft als Befreier gefeiert, die Ordnung ins Chaos bringen sollten. Das alte Frankreich mit seinen anachronistischen Symbolen stand einem sportlichen und loyalen Soldatenvolk gegenüber - und keineswegs einem Volk von Barbaren, wie es oft behauptet wurde. Frankreich müsse aus einem Dornröschenschlaf aufwachen und der Bedrohung aus dem Osten begegnen, meinte man, das Bild eines zweiten Attilas vor den Toren Europas breitete 1 Ich verwende die Ortsbezeichnung „Vichy“ der Einfachheit halber auch für die dort residierende französische Regierung unter Henri-Philippe Pétain. 2 Weil der deutsche Begriff Kollaboration im Sinne von Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht aus dem Französischen stammt, werde ich ihn auch weiterhin in der ursprünglichen Sprache gebrauchen. 3 Nähere Angaben über die Gruppen der Collaboration und ihre Führer, sowie über die Geschichte der LVF, die Struktur der ausländischen Einheiten in der deutschen Armee und die französischen Opferzahlen, können dem Anhang entnommen werden. 1 sich aus. Der Schriftsteller Marc Augier („Saint-Loup“) verstand den Krieg deshalb als Schlüsselereignis, den Beitritt zu einem deutsch geführten Europa als kontinentale Solidarität und Überlebenskampf: „Die Welt tritt in einen grundlegenden Umstellungszyklus der Werte an. Falls wir die Richtung der Weiterentwicklung nicht durch einen gewonnen Krieg ändern, wird man uns umso grausamer verurteilen“.4 Zu jener Zeit existierten drei „Frankreichs“ jenes von Vichy, jenes des Widerstandes und das deutsch besetzte Frankreich.5 Während die Collabo6, die Anhänger der Collaboration, für die anderen Verräter an der Nation waren, sahen die Collabo selbst Vichy als „la Outre-France“, das „falsche“ Frankreich gewissermassen. Vichys Waffenstillstandsarmee betrachteten sie als Überbleibsel aus der alten Republik, die LVF jedoch als „Armee der Zukunft, eines noch zu schaffenden neuen Frankreichs“.7 Der 22. Juni 1941, der Einmarsch deutscher Truppen in die UdSSR, veränderte die Situation schlagartig, für die Collabos schien der Weg zu einem neuen Europa frei. Diese Enthemmung war, wie ich noch ausführen werde, ein wichtiger Schritt zur Bildung der LVF. Die Regierung von Henri-Phillippe Pétain hatte im Juni 1940 einen Waffenstillstand mit den Deutschen ausgehandelt. Der Kriegszustand war damit jedoch nicht zu Ende. Vichy sah sich auch 1941 als neutrale Macht, war zwar die einzige legale Regierung in einem von den Deutschen besiegten und besetzten Land, faktisch aber ein Satellitenstaat.8 Vichy befehligte 250'000 Mann der Waffenstillstandsarmee, einen Grossteil davon in den Kolonien. Sie galten als Garanten der Autorität der französischen Regierung. Sympathien für die Deutschen waren selten, die Sowjetunion galt als Gegner und - spätestens seit dem Angriff auf den Hafen Mersel-Kebir - auch die Briten. Aus Angst vor einer Annäherung Frankreichs an England und vor dem Abfall der Kolonien behandelte Deutschland Vichy zuerst noch recht pfleglich. Zuerst waren weder die Vichy-Regierung noch die deutsche Besatzungsmacht wirklich an militärischer Zusammenarbeit interessiert. Dann kam am 22. Juni 1941 der deutsche Angriff auf die UdSSR und als direkte Folge die Aufstellung der LVF. Regierungschef Jean-François Darlan bot Deutschland den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Moskau auf den 1. Juli 1941 an.9 Vichy erklärte der UdSSR aber niemals den Krieg und galt deshalb auch nie als kriegsführende Macht. Die Deutschen gingen von einem raschen Kriegsende aus und hatten 4 Marc Augier (Saint-Loup), Die Legion der Aufrechten - Frankreichs Freiwillige an der Ostfront, München 1984, S. 11. 5 Diese Aussage stützt sich im Wesentlichen auf Robert Paxton, La France de Vichy, Paris 1974. 6 Ich verwende diesen Begriff nach Birgit Kletzin, in: Trikolore unterm Hakenkreuz, Opladen 1996, S. 46. Andere brauchen auch den Begriff „Ultras“. 7 Marc Augier, Les Partisans, Paris 1943, S. 199. 8 So bezeichnet in Robert Aron, Histoire de Vichy, Paris 1954, S. 609. 9 Telegramm des Auswärtigen Amtes an Otto Abetz vom 26. Juni 1941, Akten der deutschen Auswärtigen Politik AdAP, 6. Halbband, Juni-September 1941, Nr. 20. 2 vorerst kaum Interesse an einer französischen Kriegsbeteiligung. Doch die Verluste der Wehrmacht stiegen ab 1942 massiv an.10 Ab 1943 wurden deshalb Franzosen für die WaffenSS rekrutiert. 1.2. Fragestellung Der Begriff „Collaboration“ wurde erstmals im Zusammenhang mit der Konferenz von Montoire zwischen Adolf Hitler und Henri-Phillippe Pétain verwendet. Die Deutschen erwarteten von Frankreich einen Beitrag an ihre Kriegsaufwendungen. Von militärischer Zusammenarbeit war dabei kaum die Rede. So stellt sich die Frage: Weshalb reihten sich Franzosen in die Frontlinie des Feindes ein, und welche politischen, sozialen und militärischen Rahmenbedingungen ermöglichten diesen Entscheid? Damit zusammenhängend führe ich aus, wie die LVF in das System der Collaboration eingebettet wurde und welche Auswirkungen ihre Gründung hatte. Ich werde in dieser Arbeit die anderen französischen Kampftruppen unter deutschen Fahnen und die Waffenstillstandsarmee nicht berücksichtigen. Diese Arbeit behandelt die Zeitspanne zwischen der Gründung der LVF im Juni 1941 bis etwa Ende 1942. Nach einer Quellenkritik werde ich auf die Rahmenbedingungen und das ideologische Konzept der Collaboration eingehen. Dann werde ich die LVF kurz historisch betrachten und mich auf die nach der Motivation der Freiwilligen konzentrieren. Abschliessend setzte ich mich mit der Frage auseinander, ob sie als Söldner oder als Soldaten zu betrachten, also Kollaborateure oder Verteidiger Frankreichs, sind. Im Schlusswort fasse ich meine Erkenntnisse zusammen. Ich beschränke mich auf die erste Generation der Freiwilligen und möchte in meiner Arbeit den Fokus auf die - letztlich durch die soziale Situation beeinflusste - Entscheidung des einzelnen Freiwilligen werfen, der sich der Armee des Feindes anschliesst und sich mit diesem identifiziert. Natürlich gibt es verschiedene Gründe, die den Einzelnen zur Collaboration führen. Aber die Inkaufnahme der Selbstaufopferung zugunsten des Feindes und Besatzers ist ein Phänomen, das wegen seiner Widersprüchlichkeit besondere Aufmerksamkeit erfordert. 1.3. Quellen und Literaturlage Die Behandlung der LVF findet in der Fachliteratur meistens in der Militärgeschichte oder in der Auseinandersetzung mit dem französischen Rechtsextremismus und der Collaboration statt. Zentral sind die Aufsätze von Albert Merglen und Owen Davey, sowie der historische 10 100'000 Deutsche starben vom September 1939 bis zum Angriff auf die UdSSR. In den ersten Monaten des „Unternehmens Barbarossa“ starben noch einmal 100'000 und weitere 621'000 bis ins Jahr 1943. Quelle: Albert Merglen, Soldats français sous uniformes Allemands, RHDGM 108 (1977), S. 78. 3 Roman von Jean Mabire und Eric Lefèvre.11 Die Hauptquelle für die Geschichte der LVF sind die Memoiren von Freiwilligen, insbesondere die Kriegsberichte von Marc Augier (19081990). Seine beiden Texte über die LVF, Les Partisans (1943) und Les Volontaires (1963) sind jedoch stark idealisierend, man kann von regelrechten Elogen sprechen. Zudem existiert ein Aufsatz eines unbekannten Autors, der eine revisionistische Perspektive hat.12 Dennoch handelt es sich dabei um den vollständigsten Überblick zur LVF und insbesondere zur französischen SS. Der Autor greift auf eine sehr grosse Zahl an Memoiren von Freiwilligen zurück, darunter auch auf Marc Augier (unter dem Pseudonym Saint-Loup), Christian de La Mazière und als einzige Darstellung auf diejenige von SS-Veteran André Bayle. Franzosen in deutschen Uniformen scheinen eher ein beliebter Romanstoff als ein Thema für eine seriöse wissenschaftliche Auseinandersetzung zu sein. Erst der Marcel Ophüls-Film „Le chagrin et la pitié“ im Jahr 1971 hat dann auch einige wenige wissenschaftliche Diskussionen über die kaum behandelte Thematik der militärischen Collaboration ausgelöst. 2. Quellenkritik 2.1. Äussere Kritik Marc Augier beschrieb in Les Volontaires die Gründung, die Rekrutierung und vor allem den ersten Einsatz der LVF an der Ostfront. Das Buch entstand 1963, ich arbeite mit der deutschen Übersetzung unter dem Titel „Die Legion der Aufrechten“. Im Kriegsbericht geht es oft um Einzelschicksale einzelner Freiwilliger LVF aus der Sicht des Soldaten Alfred Catulle. Die Erzählung hört auf, als die Einheit nach nur zwei Wochen an der Front zurückgezogen wird. Bereits im 1943 während des Krieges geschriebenen Les Partisans folgt Marc Augier demselben Erzählstrang und schliesst einen deklamatorischen Teil an. Hier verwende ich das französische Original. Beide Bücher sind flüssig und romanartig geschrieben und sprechen eine bildungsferne und/oder militärhistorisch interessierte Leserschaft an. Wie ich später ausführen werde, sind in beiden Büchern propagandistische und revisionistische Züge sichtbar. Marc Augier schrieb mehrere Bücher, wie Les Hérétiques über die französische Waffen-SS. Marc Augier selbst diente als Sergeant. Selbst erwähnt er in Volontaires sich nur einmal, in der dritten Person als Vorsitzender einer Jugendvereinigung.13 11 Albert Merglen kritisiert das Buch als populärwissenschaftliche Weltkriegsliteratur, in: Donna Evleth, France under the German Occupation. An annotated bibliography, Greenwood 1991, S. 56, wird es als „MachoNostalgie“ bezeichnet. 12 Online im Internet: http://collect2gm.ifrance.com/ [Stand: 15. November 2005] 13 Augier, Legion, S. 230. 4 2.2. Die Autoren: Augier, Bayle und de La Mazière Marc Augier, geboren am 19. März 1908 in Bordeaux, war als junger Mann Wintersportler, Flieger, Autojournalist und Jurist. 1936 gründete er den Jugendherbergsverband Centre laïque des Auberges de la Jeunesse (CLAJ), eine mit der Volksfront-Regierung und den Gewerkschaften verbundenen Organisation. 1938 wurde er militanter Anti-Kommunist und kam in die Nähe von rechtsextremer Politik. Kurz nach der Niederlage Frankreichs 1940 gründete er mit dem deutschfreundlichen Literaten Alphonse de Châteaubriand die Groupe Collaboration.14 Augier arbeitete als Geschäftsführer für deren Zeitung La Gerbe. 1941 baute er ihre Jugendorganisation, die Jeunesse de l’Europe nouveau (JEN), auf. Er nahm an Werbekampagnen für die LVF und später für die Waffen-SS teil. Marc Augier war als Collabo kein politischer Extremist, sondern eher der Typ des romantischen, aber völlig verblendeten Kreuzritters.15 1942 kam er mit der LVF das erste Mal an die Ostfront, wurde aber krankheitshalber bald wieder zurückgezogen. Ab 1944 schrieb er für den Combattant Européen, die Frontzeitung der LVF, und den Devenir, die Propagandazeitschrift der französischen SS. Nach dem Krieg wanderte Marc Augier wegen eines in Abwesenheit ausgesprochenen Todesurteils in Frankreich nach Südamerika aus, nannte sich ab 1950 Saint-Loup und wurde 1953 für den Literaturpreis Prix Goncourt nominiert. In Argentinien wurde er militärischer Berater und Freund von Diktator Juan Peron und hatte eine führende Position in der Armee. Um 1963 war Marc Augier einer der führenden Mitglieder der nationalistischen Organisation de l’Armée Secrète OAS in Algerien, übrigens zusammen mit Jean Mabire.16 Augier starb am 16. Dezember 1990. Christian de La Mazière wurde am 22. August 1922 in Tours geboren. Er wurde Journalist und meldete sich 1944 zur Waffen-SS-Division Charlemagne. Er wurde nach dem Krieg zum Tode verurteilt, dann begnadigt und schrieb 1972 seine Memoiren unter dem Titel Le rêveur casqué. Er wurde in einem Interview im Film „Le chagrin et la pitié“ von Marcel Ophüls zu seinen Beweggründen befragt, weshalb er sich der Waffen-SS angeschlossen habe und rechtfertigt seine Kriegsteilnahme als Collabo. 14 Die Gruppe war mehr eine kulturell-intellektuelle Vereinigung als eine Partei. Sie hatte mit 100'000 Mitgliedern bedeutend mehr Mitglieder als die anderen Gruppen der Collaboration. 15 Bertram Gordon, Collaborationism in France during the Second World War, Ithaca 1980, S. 257, bezeichnet Marc Augier als „a Don Quixote in search of an ideal“. 16 Über diese Zusammenhänge schreibt: Pierre Milza, Le fascisme français, Paris 1987, S. 328. 5 André Bayle wurde am 20. Mai 1926 in Marseille geboren und ging im Mai 1943 mit 17 Jahren zur Waffen-SS. 1945 geriet er in Kriegsgefangenschaft und wurde danach Fallschirmjäger. Seine Memoiren schrieb er unter dem Titel De Marseille à Nowosibirsk. Ich verwende die deutsche Übersetzung. Der Roman wendet sich definitiv an ein revisionistisches, politisch rechts stehendes Publikum, birgt aber durchaus auch militärhistorisch verwertbare Informationen. 2.2. Innere Kritik Kurz zusammengefasst beginnt Marc Augier mit seinem Bericht in der Vorphase bis zum deutschen Angriff auf die UdSSR. Er beschreibt die Rahmenbedingungen, die historische Situation und die Stimmung im besetzten und unbesetzten Frankreich. Im Weiteren schildert er die Gründung der LVF; die Rekrutierung und die Ausbildung der Freiwilligen und den ersten, verlustreichen Einsatz in Russland. Er erwähnt viele Soldaten, die meisten von ihnen unter falschen Namen. Selbst der Kommandant heisst bei Marc Augier „Narbonne“ statt „Labonne“. Offenbar versucht er die noch anonym gebliebenen Freiwilligen zu schützen. Der Bericht schliesst mit dem Rückzug der Einheit ab. Sein Vorgänger, Les Partisans, folgt dieser Linie, ist aber noch romanartiger - ihm fehlt die historisch-kritische Auseinandersetzung, die bei Volontaires ansatzweise vorhanden ist. Der Autor behandelt die Geschichte der LVF aus einer weitgehend militärhistorischen, aber durchaus auch ideologisch geprägten Warte. Seine Kernaussage ist, wie ich im Folgenden aufzeigen werde, dass die Freiwilligen in der heiklen weltpolitischen Situation, in der sie waren, als Patrioten und Soldaten handelten. Er schrieb den vorliegenden Text in Argentinien während seines Exils als Gast im Hause Peron und später im von der französischen Herrschaft abfallenden Algerien. Marc Augier behauptet, seine Arbeit basiere auf Erzählungen von Überlebenden, er habe sie mit Recherchen in französischen und deutschen Archiven ergänzt. Doch die Referenzen sind schwach und das Buch bestenfalls als Roman zu verstehen. Der Autor romantisiere die LVF, die Waffen-SS und die Nachkriegsgeschichte, schreibt Donna Evleth.17 Seine Aussagen über die Bedeutung der Freiwilligen für die deutsche Kriegsführung sind Geschichtsklitterung: „In der bedrängten Zeit der deutschen Armee Mitte spielte die LVF ihre hilfreiche Rolle“.18 Wie ich ausführen werde, war die französische Einheit jedoch irrelevant für die deutsche Generalität und bedeutungslos für den Kriegsverlauf. 17 18 Evleth, Bibliography, S. 56. Augier, Legion, S. 248 6 Jenseits von den ideologischen Aussagen scheint der historische Kontext des Berichts weitgehend zu stimmen, zumindest folgen in weiten Teilen auch kritische Auseinandersetzungen mit dem Thema den Aufzeichnungen Marc Augiers. Ich konnte zwischen den Partisans und den Volontaires keine grundsätzlichen inhaltlichen Unterschiede finden. Auch sind in der Kernhandlung kaum offensichtliche historische Fehler vorhanden. André Bayles Memoiren sind ebenso geprägt von einer politisch unterlegten Landserromantik.19 Er beschreibt die Waffen-SS unkritisch als „zusammengeschweisste Armee junger, begeisterter Europäer“.20 Auch er stellt eine verzerrte Geschichtsbetrachtung dar, indem er beispielsweise behauptet, dass die Ende 1942 in Südfrankreich einmarschierten deutschen Einheiten nicht Besatzungssoldaten waren, sondern operative Truppen. 3. Die Rahmenbedingungen 3.1. Die Collaboration 3.1.1. Das Konzept der Collaboration Hinter der LVF steckte ein ideologisches Konzept der Collaboration, der Kollaborationismus. Ohne einen geistigen Boden im Land selber ist eine Teilnahme von Franzosen am deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion nicht zu verstehen. Der Begriff Collaboration wurde erstmals im Sinne der Akzeptierung der deutschen Besetzung verwendet.21 Bald danach wurde er negativ besetzt, mit Verrat gleich gesetzt und in verschiedene Sprachen übernommen. Man muss aber zwischen staatlicher Kollaboration in Vichy und persönlicher Kollaboration unterscheiden.22 „Collaboration with Germany“23 von Staates wegen und aus einer Position der Schwäche und Besiegtheit heraus, ist nicht gleich zu setzen mit „Collaborationism with the Nazis” im Sinne einer erwünschten Zusammenarbeit und der Imitation der Deutschen. Einer der ersten, die sich mit dem Phänomen Collaboration auseinander gesetzt haben, war der Philosoph Jean-Paul Sartre.24 „La Collaboration (...) est un phénomène normal“, schreibt er. Erst im Krieg und im Falle einer Besetzung durch eine fremde Macht werde er wirklich schlimm. In vielen Fällen waren es Aussenstehende, die nicht in die Gesellschaft integriert 19 Der „Landser“ ist eine militärhistorische deutsche Heftromanreihe mit Augenzeugenberichten zum Kampfgeschehen des Zweiten Weltkriegs. Für Kritiker hat das Heft revisionistische oder mindestens die Taten der Wehrmacht verharmlosende Elemente. 20 André Bayle, Von Marseille bis Nowosibirsk, Rosenheim 1994, S. 11. 21 Einen guten Überblick liefert Hans Lemberg, Kollaboration in Europa mit dem Dritten Reich um das Jahr 1941, in: Karl Bosl, Das Jahr 1941 in der europäischen Politik, München 1972, S. 143-155. 22 Ausgeführt wird diese Unterscheidung bei: Stanley Hoffman, Collaborationism, Journal of modern history 40 (1968), S. 378-395. 23 Diese Stelle ist auch im Originaltext hervorgehoben. 24 Ich folge hier Jean-Paul Sartre, Situations III: Qu'est-ce que qu'un collaborateur?, Paris 1949, S. 43-49. 7 wurden, sie hassten eine Gesellschaft, in der sie keine Rolle spielen konnten.25 Den Collabo prägte ein autodestruktiver Wille26, er träumte von einer neuen Ordnung in Europa, feudal und beeinflussbar, in der er sich als Dissimilierter integrieren konnte. Er zeichnete sich durch seine Abhängigkeit aus, ein feudales Verhältnis - wie das vom Herrscher zum Vasallen.27 In diesem Umfeld wuchsen die LVF und der „Geist von Montoire“. Die Deutschen zogen die ihnen ergebenen Pseudo-Regierungen in den besetzten Ländern den faschistoiden Collabos wie Gajda (Ungarn), Mussert (Holland), Degrelle (Belgien) oder Quisling (Norwegen) vor. Man dürfe den Collabo jedoch nicht mit einem Faschisten gleichsetzen: „Nicht jeder Kollaborateur war Faschist, aber jeder Faschist war ein Kollaborateur“.28 Es habe vier Klassen von Menschen gegeben: eigentliche „Verräter“, Kollaborateure ohne politische Überzeugung, einfache Mitläufer und den Widerstand.29 So war es möglich, zugleich Anhänger von Vichy und des Widerstandes sein. Die Collaboration war eine Mischung aus irrationaler Angst und negativen Erfahrungen - eine Reaktion auf die Schwäche der Dritten Republik, soziale Auseinandersetzungen, Enttäuschungen, Lügen und Resignation.30 Dazu kam die Faszination für die deutsch-preussische Disziplin. 3.1.2. Die Collabos Um das Phänomen LVF besser verstehen zu können, muss man die politische Struktur im damaligen Frankreich anschauen: die faschistoiden Collabo-Parteien und ihre deutschfreundlichen Anführer. Nach dem Einmarsch der Deutschen entstand in Paris eine heterogene Szene der Collaboration. Die Collabos vertraten eine Mischung aus marxistischem Revisionismus, flammendem Antikommunismus, revolutionärem Syndikalismus und nationalistischem Rassismus. Dazu kam ein ideologischer Primitivismus31, denn die Parteichefs verstanden sich als Häuptlinge ihrer Stämme, einer Vielzahl von weitgehend unbedeutenden Gruppierungen32, die andauernd miteinander im Streit um die Macht lagen.33 25 Sartre schätzte die Zahl der Collabos in jedem Land auf 2 Prozent der Bevölkerung. Selbst an der Schlacht um Berlin nahmen noch rund 90 französische Freiwillige teil. 27 Viele Franzosen bezeichneten Jacques Doriot als „vendu aux Allemands“, vergl.: Milza, Fascisme, S. 243. Laut Gordon, Collaborationism, S. 18, empfand sich der Collabo als ideologischer „Kollaborationist“ und nicht als „Kollaborateur“, der ohne Grund kollaborierte. 28 Lemberg, Kollaboration, S. 160f, stützt sich auf Tomas Pasaks Arbeit über die tschechischen Faschisten. Es hat auch rechtsextreme Widerstandskämpfer (die Cagoulards) und linke Collabos gegeben. 29 Eine Klassifikation nach Louis de Jong in: Pierre Philippe Lambert, Gérard Le Marec, Les Français sous le casque allemand, Paris 1994, S. 154. 30 Pierre Laborie, L'opinion française sous Vichy, Paris 1990, S. 327-329. 31 Corinna Franz, Fernand de Brinon, Bonn 2000, S. 263. Ein wichtiger Teil des ideologischen Fundaments des französischen Faschismus ist Jean Gionos rural-tribaler Neoprimitivismus, wie beschrieben in: Gordon, Collaborationism, S. 256. Für lexikalische Angaben über Collabos verweise ich auf den Anhang. 32 Laut Pascal Ory, Les Collaborateurs, Paris 1977, S. 113, hatte die Rassemblement National Populaire RNP als grösste Partei 20'000 Mitglieder und die Parti populaire français PPF 8000 in beiden Teilen Frankreichs. 26 8 Die LVF ist das Produkt dieser Krise und sollte die Gruppen unter der deutschen Fahne vereinen.34 Die Landung in Nordafrika und Stalingrad läuteten das Ende dieser Gruppen ein. 3.1.3. Der französische Faschismus Der französische Faschismus35 entstand bereits in den Dreissigerjahren mit Gruppierungen wie der Action française, dem Croix-de-Feu und der Parti social français.36 Diese Gruppen bildeten den Nährboden für die späteren Collabo-Parteien. Etwas spezifisch Französisches hatte der hohe Anteil von ehemaligen Kommunisten unter den Collabos. Der französische Faschismus ist als eine Gegenbewegung zum Liberalismus zu verstehen. Ein rebellischer antibürgerlicher Nationalismus verbündete sich mit antimarxistischem, aber aktionistischem Sozialismus. Die Collabos waren antisemitisch, antikommunistisch, antikapitalistisch, antirepublikanisch, antiparlamentarisch und anti-„freimaurerisch“. Dafür vertraten sie einen kruden und autoritären „europäischen“ Imperialismus.37 Diese „pluralistische“ faschistische Parteienlandschaft war in den besetzten Staaten Europas eine Ausnahme, da deren Collabos meistens eine Nazi-Einheitspartei bildeten. In Frankreich blieben sie wegen ihrer Nähe zu den Deutschen eine krasse Minderheit. Ihre aussenpolitischen Ziele waren: die sofortige Kriegserklärung an die Alliierten, der Beitritt zum deutsch geführten Antikominternpakt und die Eroberung von Gebieten in Afrika, dazu Säuberungen in der Regierung in Vichy und Bestrafung der mutmasslichen Schuldigen von 1940. Innenpolitisch forderten sie eine totalitäre und revolutionäre Einheitspartei nach italienischem Muster. Der deutsche Nazismus war ihnen allerdings konzeptionell fremd. 3.1.4. Die Staatskollaboration Der Staatskollaborationismus gründete in der Anerkennung der totalen Niederlage Frankreichs. Ein Beispiel für das Phänomen ist, wenn man - wie bei der militärischen Collaboration - an der Seite der Besetzer mitkämpfen will und ihn um Erlaubnis fragen muss. Insgesamt standen bis zu 40’000 Franzosen in deutschen Diensten, die meisten in der Miliz, 33 Während der Vereidigung der LVF Ende August 1941 wurde ein Anschlag auf Vichy-Premierminister Pierre Laval und RNP-Chef Marcel Déat ausgeübt, hinter dem mutmasslich der Chef des Mouvement socialrévolutionnaire MSR, Eugène Deloncle, steckte. 34 Reinhold Brender, Marcel Déat und das Rassemblement national populaire, München 1992, S. 134. 35 Ich verwende diesen heiklen Begriff zur besseren Verständlichkeit und zur ideologischen Abgrenzung vom des Begriffs wie bei Milza und Sternhell vom Kollaborationismus-Konzept beispielsweise von Kletzin. Der effektiv „faschistische“ Charakter dieser Parteien muss an einem anderen Ort diskutiert werden. Jacques Doriot bezeichnete sich selbst als einziger öffentlich als Faschist: „Je ne veux pas un parti radical (…)! Je veux faire un Parti totalitaire! Je veux faire un Parti fasciste!”, schrieb er in einem Artikel, zit. in: Michele Cotta, Collaboration 1940-1944, Paris 1965, S. 26. 36 Zur Geschichte dieser Gruppen vergleiche: Jean Defrasne, Histoire de la Collaboration, Paris 1982, S. 13. 37 Zeev Sternhell, Ni droite ni gauche, Paris 1983, S. 291-295. 9 Polizei und Arbeitsdiensten.38 Dazu kommen noch einmal rund 40'000 Elsässer, die verhältnismässig viele Opfer verzeichneten. Die Révolution nationale war keineswegs Hitlers Hirn entstiegen.39 Frankreich arbeitete für Deutschland mit seiner Industrie, Eisenbahn, Marine und Wirtschaft. Die militärische Zusammenarbeit war zweitrangig. Vichy konnte (oder wollte) den Besatzern höchstens Basen und die Verteidigung seiner Kolonien anbieten. Schon früh beanspruchten die Deutschen insgeheim Benützungsrechte in den französischen Kolonien, die direkte Konfrontation mit den Briten wurde aber gemieden. Die Ansprüche Berlins wurden in den Pariser Protokollen vom 28. Mai 1941 festgehalten. Verlangt wurden acht Stützpunkte in Marokko, Teile der Eisenbahn, Häfen und Wetterstationen in Nordafrika.40 In der Tat blieben Kampfhandlungen zwischen Vichy-treuen Einheiten und alliierten Truppen auf Abwehrkämpfe in Syrien und Afrika beschränkt.41 3.2. Die wirtschaftliche Lage Beide Teile Frankreichs waren wirtschaftlich in einer katastrophalen Situation. Vichy war eingebunden in das wirtschaftliche System Deutschlands, wie der Aufsatz von Hartmann42 deutlich aufzeigt. Es herrschte massive Arbeitslosigkeit, Deutschland zog 58% des jährlichen Budgets als Besatzungskosten ab. Im unbesetzten Frankreich lebte etwa ein Drittel der Bevölkerung (14,2 Mio.), aber Deutschland kontrollierte 66% des landwirtschaftlich genutzten Bodens, 62% der Getreideproduktion und 70% der Milchproduktion. Die meiste Industrie lag im besetzten Teil, vom Finanz- und Verkehrszentrum Paris ganz zu schweigen. Parallel zum französischen Franc führten die Deutschen in Vichy Reichskreditkassenscheine als Ersatzgeld mit einem schlechten Umrechnungskurs ein. Die Franzosen wurden dadurch überboten und verloren durch den Schwarzmarkt zusätzlich an Kaufkraft. „Deutschland beutete das Land planmässig aus“, bilanziert Hartmann. Die Folge der wirtschaftlichen Auszehrung: die Franzosen erhielten Anfang 1941 300g Brot pro Tag, 360g Fleisch pro Woche (gegenüber 500g in Deutschland), 100g Fett (gegenüber 270g in Deutschland) und 500g Zucker (1200 g in Deutschland). 38 Vergleiche: Henri Amouroux, La Grande Histoire des Français sous l'Occupation 1939-1945: Les beaux jours des collabos, Paris 1978, S. 268. 39 Das betont Paxton, Vichy, S. 186. 40 Zu den Pariser Protokollen siehe: François-Georges Dreyfus, Histoire de Vichy, Paris 1990, S. 309. 41 Eine Ausnahme waren mehrere Angriffe der Vichy-Luftwaffe mit 600 Tonnen Bomben von Marokko aus auf das britische Gibraltar am 24. September 1940, vergleiche dazu: Paxton, Vichy, S. 111. 42 Peter Hartmann, Frankreich im Jahre 1941, in: Karl Bosl, Das Jahr 1941 in der europäischen Politik, München 1972, S. 51-53. 10 3.3. Der „Antibolschewismus“ und eine „neue Ordnung“ Der Antikommunismus der LVF fiel in Frankreich auf einen denkbar fruchtbaren Boden. Die Auseinandersetzungen der Dreissigerjahre zwischen Linken und Rechten lösten einen massiven Hass auf die Kommunisten aus. Dazu kam eine Auseinandersetzung innerhalb der Linken, so dass Sozialisten, Trotzkisten und Sozialdemokraten den Einmarsch der Deutschen benützten, um mit Mitgliedern der Parti Communiste Français PCF abzurechnen. So glaubten viele Franzosen im Jahr 1940, dass Hitler das kleinere Übel als Stalin sei, allerdings keineswegs aus politischer Überzeugung. Einige Collabos glaubten, mit einer Unterstützung der Deutschen ihrem eigentlichen Feind UdSSR schaden zu können, dass umgekehrt die Deutschen sie vor den Sowjets beschützen konnten. Diese Überzeugung ging so weit, dass viele Freiwillige glaubten, auch im Namen anderer europäischer Völker gegen „ces bandes mongoles fanatisées“43 zu kämpfen. Für diese war der Bolschewismus das Gegenteil von Zivilisation, der Kampf dagegen wurde als ein Kampf gegen den Teufel verstanden. Angeblich war zudem ein Angriff der UdSSR gegen Westeuropa geplant.44 Dabei schaute man gerne über die Grenze nach Spanien, wo man Franco als Befreier vor der als sowjetnah verstandenen republikanischen Volksfront-Regierung auffasste. Linke Politiker wiederum glaubten, mit der Bekämpfung des „Bolschewismus“ einen nach ihrer Sicht wahren Sozialismus zu ermöglichen. Zu dieser Gruppe gehörte auch der Autor Marc Augier. Hier stand oft ein radikaler Pazifismus im Vordergrund, „un intense désir de paix“.45 Eine Besonderheit der Kollaboration in Frankreich war die mobilisierende Wirkung einer Art gesamteuropäischen Gedankens.46 Vor allem die Jungen waren fasziniert von der Idee einer Integration eines in das deutsche Konzert integrierten Frankreichs, ein Gefühl des Aufbruchs, das gegen die alte Révolution nationale gerichtet war.47 Es war allen klar, dass sich Frankreich dabei der neuen Grossmacht Deutschland unterordnen musste, es bestand eine „europäisch-nazistische Solidarität“.48 Die LVF war die Trägerin dieser gesamteuropäischen Propaganda in Frankreich. Viele Franzosen erhofften sich, ins Reich integriert zu werden und den Titel von „waffenfähigen germanischen Blutsträgern“ zu erhalten. Sie fühlten sich „de moins en moins française et de plus en plus européenne“.49 43 Amouroux, Beaux jours, S. 232. Cotta, Collaboration, S 150. 45 Laborie, Opinion, S. 89-103. 46 Lemberg, Kollaboration, S. 160. 47 Lambert, Français, S. 8. 48 Azéma, Collaboration, S. 28. 49 Barbara Lambauer, Otto Abetz et les Français ou l'envers de la collaboration, Paris 2001, S. 624. 44 11 4. Die Geschichte der LVF 4.1. Die Gründungsmythen Über die Anfänge der LVF gibt es mindestens drei „Gründungsmythen“. Der gängigste ist, dass der PPF-Chef Jacques Doriot am 22. Juni 1941, dem Tag des deutschen Angriffes auf die UdSSR, dem deutschen Botschafter Otto Abetz die Gründung einer (Fremden-)Legion vorgeschlagen hat.50 Die Collabo-Führer forcierten die Gründung, weil sie unbedingt an der Seite der Deutschen, als Sieger des Feldzuges gegen die UdSSR, in Moskau einmarschieren wollten. Eine weitere Variante geht davon aus, dass die Legion auf Initiative von Otto Abetz entstand. Er habe Druck auf die Collabo-Parteien.51 Als dritte Variante sollen VichyExponenten wie der Aussenminister Jacques Benoist-Mechin (1901-1983) den Deutschen die Gründung einer Freiwilligeneinheit vorgeschlagen haben. In seinen Memoiren schreibt dieser, er habe die Gründung einer „Légion antibolchevique“ unter französischer Fahne und in französischen Uniformen sondiert.52 Otto Abetz lud die Collabos jedenfalls am 6. Juli zu einer offiziellen Sitzung ein, allerdings ohne Vertreter der Vichy-Regierung.53 Erst am 17. August genehmigte Hitler die LVF, beschränkte die Zahl der Freiwilligen aber auf 15'000 Mann. Für Vichy galt die LVF von Anfang an juristisch als ein „Verein ohne Erwerbsziel“ gemäss dem Gesetz von 1901, eine Art Privatarmee. Sie wurde offiziell erst 1943 als dem Staate dienlich anerkannt. 4.2. Schwierigkeiten bei der Rekrutierung Die Rekrutierung der Freiwilligen gestaltete sich schwierig, nur wenige hundert meldeten sich in den ersten Tagen und Wochen. Erst, als auch im unbesetzten Frankreich – gegen den Widerstand der Vichy-Regierung und auf deutschen Druck – Rekrutierungsbüros eröffnet wurden, stiegen die Zahlen.54 In beiden Teilen Frankreichs wurden parallel sowohl Soldaten für die LVF, als auch für die Waffenstillstandsarmee ausgehoben. Für die ersten zwei LVFBatallione meldeten sich 1679 Männer, rund 800 wurden von den Wehrmachtsärzten abgewiesen, davon 70% wegen schlechten Zähnen. Die Ernährung auf dem Feld sei nur für Leute mit guten Zähnen erträglich, sie würden sonst verhungern. Schlechte Zähne waren weit verbreitet in Frankreich, was für die schlechte Versorgungslage spricht. 50 Eric Lefèvre, Jean Mabire, La LVF – par –40° devant Moscou, Paris 1985, S. 24. Lambauer, Abetz, S. 402. 52 Jacques Benoist-Méchin, De la défaite au désastre, Paris 1984, S. 136. Vorbild waren die ausländischen Einheiten im spanischen Bürgerkrieg. Eberhard Jaeckel, La France dans l'Europe de Hitler, Paris 1968, S. 182, bestreitet die Beteiligung von Vichy bei der Gründung der LVF. 53 Ein Bericht dazu steht im Telegramm vom 6. Juli 1941 von Otto Abetz an AA, AdAP, 6. Halbband, 1941. 54 Amouroux, Beaux jours, S. 267. 51 12 4.3. Die LVF im Einsatz Nach einer Rekrutierungsphase wurde die Einheit am 27. August 1941 in der Kaserne von Versailles vereidigt und in Deba (Polen) ausgebildet. Ende 1941 stand die LVF an der Ostfront im Einsatz und verstärkte die 7. Bayrische Division, als Unterstützung der WaffenSS-Division „Das Reich“. Die meisten anderen ausländischen Freiwilligen kämpften an der Nordfront, im Süden die „germanischen“ Freiwilligen. Die LVF stand als einzige ausländische Einheit im Abschnitt der Heeresgruppe Mitte. Sie erhielt die offizielle Bezeichnung „638. Französisches Infanterieregiment IR/LVF“55 und erschien am 24. November erstmals an der Front - zu einem Zeitpunkt, als der Vormarsch der Wehrmacht gegen Moskau das erste Mal stockte. Nach starken Verlusten und wegen Zweifeln an ihrer Kampfmoral wurde die LVF durch Hitler am 8. Dezember zurückgezogen und nur noch gegen Partisanen eingesetzt. Zum zweiten und letzten Fronteinsatz kam sie 1944, als sie an der Beresina den deutschen Rückzug zu decken versuchte. Nach schweren Verlusten wurde sie in die SS-Division „Charlemagne“ integriert. Zwischen Juli 1941 und Mai 1943 hatten sich 10’788 Freiwillige gemeldet, 6’429 wurden angenommen.56 Effektiv an der Front waren 2452 bis 3000 Mann. Bis Mai 1941 hatte die LVF 169 Tote und 550 Verletzte zu beklagen, bis zum Mai 1943 waren es rund 400 Tote und 800 Verletzte.57 3129 Freiwillige wurden vor allem wegen Erfrierungen an Füssen, Armen und Händen nach Hause geschickt. 4.4. LVF: im Dienst des Feindes Die Reaktion des Volkes in beiden Teilen Frankreichs auf die LVF war keineswegs nur positiv. Nach kurzer Zeit machte sich Unverständnis und Ablehnung breit. Im Frühling 1942 gab es Meldungen von abgerissenen Rekrutierungsplakaten, Familien von Legionären wurden beleidigt, Bodenbesitzer machten Druck auf sie. Es gab Buh-Rufe, wenn im Kino Filme über die LVF gezeigt werden. Auf 13 Rekrutierungs-Büros wurden im Juli 1941 Anschläge verübt. Der einfache Franzose hatte schon zu Beginn kaum Sympathie für die LVF, doch als die hohen Opferzahlen an der Front bekannt wurden, sank die Unterstützung zusätzlich. Der Anblick von Freiwilligen in der feldgrünen Uniform, deutschen Stiefeln und Helmen der 55 Tessin, Band 2, Seite 76. Die LVF wurde später als verstärktes Grenadierregiment bezeichnet. Owen Davey, The origins of the Legion des Volontaires Français contre le bolchévisme, Journal of Contemporary History, 6 (1971), S. 37-38. 57 Darunter waren 630 Mitglieder der Collabo-Parteien und der Miliz. Zum Vergleich: Beim Westfeldzug waren 144’000 Franzosen gefallen, vergleiche dazu: Lambert, Français, S. 13. 56 13 Wehrmacht stiess auf Ablehnung.58 Vor allem die Jungen wollten sich nicht für Deutschland töten lassen. Die Regierung von Vichy hoffte zuerst, die LVF gegen innere und äussere Feinde einsetzen zu können und Frankreichs Chancen für Vergünstigungen in einem späteren Friedensvertrag zu verbessern. Otto Abetz, bot Vichy sogar an, dass für jede freiwillige Meldung ein Gefangener durch die Wehrmacht freigelassen hätte werden sollen. Zu diesem Zeitpunkt waren zwei Millionen Franzosen in Deutschland, sei es in Kriegsgefangenschaft oder im Zwangsarbeitsdienst. Jacques Doriot wollte auf einen Soldat zwei Freigelassene erhandeln, andere erhofften sich gar die Freilassung von tausenden von Kriegsgefangenen.59 Die Wehrmacht lehnte diesen Vorschlag jedoch weitgehend ab. Vichy musste einsehen, dass sie ihr Ziel, die LVF zu instrumentalisieren, nicht erreichen konnte, sie blieb eine Waffe des deutschen Feindes. Die Regierung verhielt sich in der Folge zur LVF ähnlich wie zu de Gaulles FFL (Forces Français Libres - freifranzösische Streitkräfte). Die LVF galt als eine private Sache der Collabos, ja sogar als eine Metamorphose der Cagoule.60 Rekrutierungsbüros waren zwar erlaubt, LVF-Propagandisten wurden jedoch von der Polizei behindert oder gar verhaftet, weil sie angeblich Mitglieder der Waffenstillstandsarmee zur Desertion aufriefen. Offiziere und Unteroffiziere durften sich unter Androhung von schwerer Strafe nicht der LVF anschliessen61, obschon die Deutschen dies so wünschten. Also wurden beurlaubte Reserveoffiziere umworben. Allerdings setzte Vichy das Gesetz, das französischen Staatsangehörigen den Heeresdienst ausserhalb der französischen Armee verbot, ausser Kraft.62 Das Kreuz der Ehrenlegion wurde auch an Mitglieder der LVF verliehen, sie erhielten jedoch nicht alle Vergünstigungen der Mitglieder der Waffenstillstandsarmee.63 Zu vielen Gelegenheiten wurde zwar Wohlwollen geäussert, die materielle und finanzielle Unterstützung für die LVF durch Vichy war jedoch gering.64 Es gab nur wenige positive öffentliche Äusserungen von Vichy-Exponenten zur Einheit. Die bekannteste und nachhaltigste war ein Brief, den Henri-Phillippe Pétain am 6. November 1941 an die Front geschickt haben soll: „A la veille de vos prochains combats, je suis heureux de savoir que 58 Amouroux, Beaux jours, S. 257. Jean-Paul Brunet, Jacques Doriot du communisme au fascisme, Paris 1986, S. 363. 60 Franz, Brinon, S. 270. 61 Benoist-Méchin, Défaite, S. 138. 62 Laut Jaeckel, France, S. 182, war dieser Schritt entscheidend für die Rekrutierung von Mitgliedern im Süden. 63 Der liberale Alt-Parlamentspräsident Edouard Herriot gab seine Medaille aus diesem Grund zurück, Jacques Doriot wurde der Orden des Ritters der Ehrenlegion verweigert, vergleiche: Amouroux, Beaux jours, S. 308. 64 Die Finanzierung der Legion auf dem Feld schien durch die Wehrmacht, in Frankreich durch die VichyRegierung sichergestellt worden zu sein, so argumentiert Gordon, Collaborationism, S. 264. 59 14 vous n'oubliez pas que vous détenez une part de notre honneur militaire.“65 Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Der Legionär in Russland glaubte, der Marschall sei mit ihm. Die Verantwortlichen der LVF warben mit dem Brief. Später stritt der Staatschef ab, die Nachricht überhaupt gekannt zu haben, bevor er sie unterschrieb.66 Auch verweigerte HenriPhillippe Pétain jedes Treffen mit LVF-Offizieren. Er soll sogar einen Freiwilligen, einen ehemaligen Cagoulard, beauftragt haben, die LVF zu sabotieren.67 Erst am 11 Februar 1943 wurde sie offiziell von Vichy anerkannt. 4.5. LVF: Hoffnung und Ehrenrettung Frankreichs Die Existenz der LVF stärkte allerdings durchaus auch das Selbstvertrauen vieler Franzosen. Die Abreise der Einheit aus Versailles im Herbst 1941 wurde in der Öffentlichkeit zwar nicht wahrgenommen, wie Lambert schreibt: „Pas une parole, pas un chant, pas un cri, pas de spectateurs“.68 Doch die Gründung der LVF veränderte schlagartig die Stimmung im Land. Man hatte das Gefühl, wieder „wer“ zu sein. Ein Sieg gegen die Sowjets zusammen mit den Deutschen sollte die Niederlage von 1940 wettmachen. Plötzlich gingen Franzosen die Strasse herab und uniformierte Deutsche salutierten. Der Einsatz sollte Frankreich die Ehre und die Freiheit zurückgeben. Dank der LVF wurde wieder die Marseillaise gesungen, wurde wieder die französische Fahne in der Kaserne Borgnis-Desbordes gehisst. Einmal ist in einer Meldung des Oberkommandos der Wehrmacht OKW sogar von einem „französischen Infanterieregiment“ die Rede69, ein Lob für ein besetztes Land mit einer hörigen Regierung. Die Franzosen erhofften sich mit diesem Kriegsbeitrag einen Platz neben der Grossmacht in Europa. Dabei wurden immer wieder historische Belege hervorgeholt, besonders der Feldzug Napoleons und seiner „grande armée“ gegen Russland.70 Andere verstiegen sich sogar zu Vergleichen mit den Kreuzzügen des Mittelalters, wobei der Katholizismus zunehmend durch einen rassistischen Neopaganismus ersetzt wurde. Kardinal Henri-Marie Baudrillart71 65 Zitiert in: Defrasne, Collaboration, S. 86, deutsche Übersetzung in Augier, Legion, S. 27: „Am Vorabend ihrer kommenden Gefechte bin ich glücklich zu wissen, dass Sie es nicht vergessen, einen Teil unserer soldatischen Ehre zu tragen. 66 Der Brief entstammt der Feder von Jacques Benoist-Méchin. In der wissenschaftlichen Debatte ist der Abschnitt „ein Teil unserer militärischen Ehre“ umstritten. Wer ist der andere Teil dieser Ehre Frankreichs? Die Waffenstillstandsarmee? Möglich, aber ist das alles? Zählte der Staatschef insgeheim auch die FFL dazu, zu der er kaum negativer eingestellt war als gegenüber der LVF? Vergleiche dazu: Amouroux, Beaux jours, S. 260. 67 Der Vichy-Geheimdienst war in der LVF präsent. Dies kam im Fall des Soldaten Collin raus, der von den Deutschen aufflog und dann inhaftiert wurde. Nach dem Sieg der Alliierten wurde er als Collabo eingekerkert. 68 Lambert, Français, S. 17. 69 Lefèvre, Mabire, LVF, S. 378. 70 Napoleons Truppen kontrollierten Moskau vom 14. September 1812 bis 19. Oktober 1812, der Feldzug begann am 22. Juni 1812 – genau 130 Jahre vor dem deutschen Angriff auf die UdSSR. 71 Baudrillart war der ranghöchste Collabo in der Kirchenhierarchie, geboren 1859, gestorben 1942, Rektor des Institut Catholique und Generalvikar des Erzbistums Paris, Mitglied des LVF-Führungskomitees. 15 bezeichnete die Freiwilligen als „Ritter des 20. Jahrhunderts“, als „Blüte einer neuen christlichen Kavallerie und Bruderschaft, auf der Suche nach dem Heiligen Gral“, der Verteidigung des christlichen Westens.72 Es gab aber auch Opposition. Offiziere der Waffenstillstandsarmee fanden es unehrenhaft, unter einer Fahne und in einer Uniform zu kämpfen, die nicht die eigenen sind. 4.6. Geringer militärischer Nutzen Deutschland erwartete sich vom Einsatz der LVF vor Moskau eher einen propagandistischen, als einen militärischen Nutzen. Ihre Kriegsteilnahme sollte den Russen das Zeichen für eine „neue Ordnung“ in Europa geben. Auch wirkte die Einheit unter deutschem Kommando wie ein drohendes Schreckgespenst gegenüber Vichy.73 Der militärische Nutzen der LVF war allerdings ansonsten marginal. Die Freiwilligen waren schlecht für den Kampf an der Front ausgebildet und kaum motiviert.74 Rund die Hälfte konnte nicht schiessen, die anderen konnten sich weder tarnen, noch hatten sie eine Ahnung von Taktik. Für den Einsatz zur Partisanenbekämpfung waren jene Legionäre, die in Afrika und Asien Kolonialerfahrung gesammelt hatten, allerdings sehr geeignet. Die Legionäre wurden zudem unzureichend ernährt, fühlten sich von ihren Landsleuten und ihrer Regierung allein gelassen, litten unter dem Misstrauen der Deutschen und mussten feststellen, dass ihre Angehörigen nicht aus deutscher Gefangenschaft freigelassen wurden. Schlechte Moral machte sich breit, viele desertierten, versuchten den Vertrag zu annullieren und kamen nicht selten ins KZ. Andere setzten sich schon während der Ausbildung in Frankreich ab.75 Ein deutscher Offizier beschrieb die LVF mit: „Tapfere Truppe, doch disziplinlos“.76 Sie wurde als die schlechteste der ausländischen Kampfeinheiten der Wehrmacht betrachtet.77 Dies stand in einem interessanten Gegensatz zu den französischen Einheiten in den Interbrigaden (Internationale Freiwilligeneinheiten auf Seiten der Republik) in Spanien und zu de Gaulles’ FFL, die einen wichtigen Anteil an den Kampfhandlungen hatten. So erfüllte die LVF weder die Ziele ihrer französischen Gründer, noch ihrer deutschen Befehlshaber. 72 Aus Le Cri du peuple vom 4. Dezember 1941, zit. in Ory, Pascal, La France allemand, Paris 1977, S. 184. Azéma, Collaboration, S. 23. 74 In den Kompanien gab es militärisch völlig Unerfahrene, dazu Veteranen des Krieges von 1939/40, die damals die Deutschen noch bekämpften, sogar Veteranen des ersten Weltkrieges und kampflustige Fremdenlegionäre. Dennoch war der Anteil an Karrieresoldaten bei der LVF höher als später bei der französischen Waffen-SS. 75 Als „privater“ Verein hatte die LVF nicht das Recht, Deserteure oder Kriminelle in ihren Reihen zu bestrafen, weder die französische Polizei noch die Waffenstillstandsarmee mussten LVF-Mitglieder deshalb verfolgen. 76 Augier, Legion, S. 74. 77 Brender, Déat, S. 136. 73 16 5. Quelleninterpretation: Die Beweggründe des Einzelnen 5.1. Soziale Gründe Frankreichs politische und soziale Situation, wie ich sie oben beschrieben habe, war ein prägender Faktor für die Entscheidung vieler Franzosen, freiwillig sein Leben für den Feind zu riskieren. Marc Augier begründet sie pathetisch mit Stolz und Opferbereitschaft. Jeder einzelne Freiwillige könne die Ehre Frankreichs wiederherstellen. Er schreibt, dass mit einem Kriegsbeitrag von 500'000 Mann Frankreich nicht mehr das besiegte Land von 1940 sei, mit 1,5 Millionen Freiwilligen könnte Frankreich einen wichtigen Beitrag an die deutschen Kriegsanstrengungen leisten und mit 3 Millionen Freiwilligen wäre Frankreich voll rehabilitiert und souverän.78 Er beschreibt ein Gefühl des Heldentums, eines Aktes der Männlichkeit, einer Selbstreinigung („purification“). Der Freiwillige hebe sich ab von den intriganten Collabos und ihrem Geschwafel.79 Er kämpfe für eine neue Ordnung und riskiere dafür sein Leben. 5.2. Politische Gründe Marc Augier gehörte selbst zu jenen, die aus politischen Gründen in diesen Krieg gingen. Er begründete seinen Motivation mit der Realisierung des Sozialismus80, als Emanzipation der Arbeiterschaft. Erst, wenn die Sowjetunion, die in seinen Augen den „Sozialismus“ monopolisiert hatte, durch den Nationalsozialismus niedergerungen wäre, könnte man diesen errichten. Selbst dann, wenn man sich dafür mit dem deutschen Teufel verbünden müsste.81 Der internationale Kommunismus habe die Linke wie ein kleines Kind an der Hand genommen und Europa in den Krieg geführt. Der Wille zum absoluten Frieden von 1938 habe direkt in den Krieg geführt, die Niederlage Frankreichs erst ermöglicht. Der Friede könne nicht funktionieren, weil die Sieger von 1918 kein Konzept für die Zukunft der Völker gehabt hätten.82 Diesmal würden die deutschen Sieger den französischen Besiegten die Gründe ihrer Niederlage beibringen. Frankreich schlage sich für eine Wiedergeburt und die Beibehaltung seiner Lebensart, seine Integrität, seine Sprache, Kultur und Traditionen: „Wir haben unsere Aufgabe als Patrioten, Europäer und Revolutionäre gemacht“.83 78 Augier, Partisans, S. 195-197. Marc Augier in La Gerbe vom 6. November 1941, zit. in Amouroux, Beaux jours, S. 273. 80 Aus einem Brief an Alphonse de Châteubriand, zit. in Ory, France, S. 186. 81 „Je suis prêt à conclure une alliance avec le diable lui-même“, aus La Gerbe vom 6. November 1941, zit. in Ory, Collaboration, S. 238. 82 Augier, Partisans, S. 15-22. 83 Augier, Legion, S. 196-198. 79 17 Nicht unähnlich klingt es bei seinem jüngerem Zeitgenossen André Bayle aus Marseille. Der SS-Mann wollte an einem „Kreuzzug gegen den Bolschewismus, am Aufbau eines Grosseuropas vom Atlantik bis zur Wolga“ für eine europäische Identität teilnehmen.84 Die Selbstversenkung der französischen Flotte in Toulon ist für ihn ein moralisches Schlüsselereignis gewesen. Er war überzeugt, dass sie auf Befehl von Jean-François Darlan veranlasst wurde, um nicht den Deutschen in die Hände zu fallen. Auch André Bayle schreibt von der Teilnahme an einem Unternehmen „fern von all jenen sterilen Parteiquerelen“. Er war fasziniert von der Idee einer „Europäischen Wirtschafts-Gemeinschaft“, wie sie vom deutschen Wirtschaftsminister Walter Funk angedacht worden war. Dafür müsse man die französische Nationalität abstreifen und eine europäische Identität annehmen.85 Bei André Bayle schwingt im Gegensatz zu Marc Augier eine rassistische Komponente mit, wenn er davon schwärmt, dass auch ausländische Waffen-SS durch ihren Beitritt „germanisiert“ wurden und die Möglichkeit hatten, am Programm „Lebensborn“86 teilzunehmen. André Bayle thematisiert auch einen tiefen Hass der Südfranzosen gegen das dekadente Paris, das seine Provinzen wie Kolonien behandelt habe, so dass in Vichy-Frankreich viele über die Besetzung der Nordgebiete des Landes gar nicht so unglücklich waren.87 Die Regierung in Vichy sollte nun die Fehler des alten Frankreichs wieder gut machen. Auch bei Christian de La Mazière steht das Bedürfnis nach einer neuen Ordnung im Vordergrund, wenn er über seine Beweggründe spricht.88 Geprägt worden sei er durch die Auseinandersetzungen zwischen Anhängern rechter und linker Parteien in den Jahr 1934 bis 1937.89 Er argumentiert, dass seine Generation eine revolutionäre Gesinnung gehabt habe, sich aber durch die PCF nicht vertreten fühlte. Deshalb entschied er sich für die andere revolutionäre Ideologie jener Zeit: den italienisch geprägten Faschismus. Zur länger bestehenden Angst vor den Sowjets und ihren Genossen von der PCF kam die Bedrohung des spanischen Bürgerkrieges mit Panzern, Gewehren, umgebrachten Mönchen und geschändeten Gräbern.90 5.3. Die Sozialstruktur der Freiwilligen Die soziale Zusammensetzung der LVF-Mitglieder war ein Spiegel der gesellschaftlichen Struktur Frankreichs. Es gab viele Mitglieder von Collabo-Gruppen, gerade aus Vichy. Einige 84 Bayle, Marseille, S. 18. Bayle, Marseille, S. 47-49. 86 Eine Vereinigung der NSDAP und der SS, die die Zucht einer reinen, arischen Rasse zum Ziel hatte. 87 Bayle, Marseille, S. 40. 88 Ausschnitte aus Marcel Ophüls, Le chagrin et la pitié, 1969/2001, ab 1:23:28. 89 Paxton, Vichy, S. 291, verwendet gar den Begriff Bürgerkrieg. 90 Ophüls, Chagrin, ab 1.28.16. 85 18 waren Ordnungsleute der rechtsextremen Légion nationale populaire LNP. Es waren zeitweise so viele „Parteisoldaten“ in der LVF, dass die Deutschen viele wieder zurück nach Frankreich schickten. Viele Parteimitglieder wurden absichtlich in die LVF eingeschleust, in einigen Fällen sogar dazu gezwungen.91 Neben den Collabo hatten aber auch die FFL und die PCF ihre Kontaktleute in der LVF. Sie nahm Männer zwischen 18 und 40 - bei Offizieren bis 50 - auf. Jaeckel umschreibt die Freiwilligen als „rauhe Abenteurer, anrüchige Deklassierte und einige Idealisten“, die sich wegen des besseren Essens und Trinkens und wegen anderer Vorzüge des „Landsknechtsdaseins“ meldeten - und nicht, um das Abendland zu verteidigen.92 Bis zu 85 Prozent sollen allein wegen des Soldes dabei gewesen sein. Offensichtlich war der Einfluss der wirtschaftlichen Lage auf den Entscheid, sich zur LVF zu melden, sehr gross. Die Frau eines Soldaten an der Ostfront erhielt 4200 Francs Sold, was einem Arbeiterlohn von heute entsprach.93 Dazu kamen immer wieder Kriminelle, die der Verfolgung entgehen wollten, denn die Deutschen verboten der französischen Polizei die Verhaftung eines Legionärs in deutscher Uniform – für viele Franzosen war dies natürlich ein berechtigter Grund sich zu melden. Marc Augier selbst spricht von einer „Ansammlung von Uniformträgern: Briefträgern, Hotelpförtnern, Fremdenlegionären, Polizisten“.94 Unter ihnen waren viele soziale Randexistenzen.95 In Berufskategorien aufgeschlüsselt gab es unter den Freiwilligen viele Bauern, Handwerker und Gewerbetreibende, plus einige wenige Industriearbeiter. Letztere waren oft Kommunisten, die durch ihre Meldung der Verfolgung entweichen konnten oder ehemalige Interbrigadisten, die sonst ins Gefängnis gekommen wären. So kam es sogar vor, dass sich Freiwillige beider politischer Seiten von Saalschlachten her kannten.96 Während der Anreise nach Polen konnten sich auch einige Kriegsgefangene der Einheit anschliessen. Marc Augier gehörte zu den wenigen Freiwilligen mit höherer Ausbildung. Insgesamt nahmen die deutschen Rekrutierer also kaum Rücksicht auf den persönlichen Hintergrund der Freiwilligen. Viele LVF- und spätere SS-Mitglieder waren im 91 Die starke Politisierung der Einheit führte zu grossen Spannungen und Kämpfe innerhalb der Fraktionen, es gab eine klare Trennung zwischen einem PPF-Camp und einem MSR-Camp, das erste Batallion war PPFdominiert, das zweite vom MSR. Die Deutschen schickten 115 Freiwillige zurück, um die LVF zu depolitisieren. 92 Jaeckel, France, S. 182. 93 Lefèvre, Mabire, LVF, S. 94. Ein Unteroffizier erhielt 4600FF, ein Leutnant 6000FF und ein Hauptmann 11000FF. Umgerechnet entsprach ein Franc damals in etwa einem Franc um 1983 (laut Amouroux, Beaux jours, S. 272). Im Vergleich: ein Facharbeiter verdiente damals 3800 Francs, ein Journalist 5000 Francs und ein Chefredaktor einer Collabo-Zeitung 9700 Francs. 94 Augier, Legion, S. 11. 95 Auch viele Homosexuelle aus Paris haben sich angeblich der LVF angeschlossen, um der Verfolgung zu entfliehen. 96 Amouroux, Beaux jours, S. 270. 19 Jugendherbergsverband von Marc Augier aktiv. Die Kirche verweigerte der LVF die Unterstützung, weshalb sich nur wenige Geistliche meldeten. Aussergewöhnlich war die Aufnahme von einigen Dutzend farbigen Franzosen aus den Antillen und dem Maghreb. Sie wurden von den Deutschen geduldet.97 Dazu kamen etliche Polen, Russen und Ukrainer. Es gab sogar Fälle von jüdischen LVF-Freiwilligen: Gordon berichtet von mindestens zwei Juden in einer Kompanie. Dies sei gar nicht so selten gewesen, da sich jüdischstämmige Franzosen oft in Collabo-Gruppen versteckten, um der Verfolgung zu entgehen.98 Viele wurden aber abgelehnt, darunter ein Stiefsohn Fernand de Brinons. 6. Die LVF aus heutiger Betrachtung 6.1. Waren die Freiwilligen Söldner oder Soldaten? Bei der Erörterung der Beweggründe und Rahmenbedingungen der militärischen Collaboration wird man automatisch mit der Frage des Söldnertums konfrontiert. Der Kriegsdienst für eine fremde Macht war durchaus nicht selten und wird hier nur deshalb als eine extreme Form der Collaboration gewertet, weil in Frankreich dem (im rechtlichen Sinne) effektiven Feind geholfen wurde. Neben dem ansehnlichen Sold erhielten die Freiwilligen eine Arbeitsplatzgarantie nach ihrer Rückkehr, und es gab einen gut organisierten Sozialdienst für die Zurückgeblieben. Die Quellen der Gelder waren vielfältig. Ein grosser Teil stammte aus deutschen Kassen, nur wenig aus Frankreich. Dies alles wäre für ein Söldnerheer charakteristisch. Auch die Pariser Collabos traten als Geldgeber auf, selbst von Kriegsgefangenen sind Zahlungen bekannt. Mit der Zeit wurde die Ausrüstung der Einheit immer teurer, weil die Waren teuer auf dem Schwarzmarkt beschafft werden mussten.99 Die Freiwilligen der LVF hatten also verschiedene Gründe für ihren Entscheid. Die einen hatten den Sold vor Augen, andere handelten aus Überzeugung. Entsprechend bewegten sich der Freiwillige in seinem kriegsrechtlichen Status zwischen Söldner und Kombattant.100 97 Die französische SS lehnte die „Noirs“ jedoch ab. Gordon, Collaborationism, S. 160. 99 Brunet, Doriot, S. 128, schätzt die Kosten im Jahr 1941 auf 7100 FF pro Legionär und Monat, für 1943 auf 120'000 FF und für 1944 auf 244’000FF, wobei vor allem Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt teurer wurden. 100 Viele Freiwillige erinnerten sich an die französischen Einheiten in den republikanischen Interbrigaden oder den franquistischen Falange-Truppen des spanischen Bürgerkrieges. Im Vergleich zu diesen war der französische Beitrag an die Kriegsanstrengungen der Wehrmacht zahlenmässig minimal. 2480 Franzosen kämpften bis Ende 1943 in der LVF oder der Waffen-SS an der Front. Ihr Anteil in der Bevölkerung war viel geringer als in anderen Ländern wie der Schweiz oder Liechtenstein. Im Vergleich: in der Waffen-SS dienten 18’000 Holländer, 5000 Dänen und 3900 Norweger. Im Gegensatz dazu bildeten zwischen 1936 und 1939 die 15'400 Franzosen die grösste Ausländergruppe in den Interbrigaden, 2659 wurden getötet, 10708 verletzt. 98 20 In diesem Punkt hatte die LVF auch eine Sonderrolle unter den ausländischen Einheiten innerhalb der Wehrmacht. Diese unterschied zwischen erstens deutschen und verbündeten Einheiten, zweitens Freiwilligen aus neutralen Staaten und drittens Privatarmeen. Die LVF gehörte als einzige grössere Einheit zu letzteren. Man darf nicht vergessen, dass VichyFrankreich sich immer noch im Kriegszustand mit Deutschland befand, aber die Kriegsteilnahme seiner Bürger tolerierte. Die LVF war also nie ein Teil des Etat français. Die Freiwilligen schworen ihren Eid, wie alle Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS, auf Adolf Hitler.101 Sie trugen das Feldgrün der deutschen Wehrmacht statt das französische khaki. Das war von Anfang an so vorgesehen, obschon man den Freiwilligen Glauben machte, sie dürften in französischen Uniformen kämpfen. Das wäre jedoch ein Bruch des internationalen Rechts gewesen. Beide Seiten wollten vermeiden, dass die Legionäre von den Sowjets gemäss den Haager Konventionen als Freischärler oder Heckenschützen verurteilt würden. Also waren die Freiwilligen zweifelsohne in erster Linie Söldner und keine Soldaten Frankreichs. Marc Augier gesteht selbst ein, sie seien „mercenaires de l’Allemagne, mais des hommes hautement sincères et guidés par l’amour de leur pays“.102 Aus einem französischen Expeditionskorps an der Seite der Deutschen wurde rasch ein französisch sprechendes deutsches Regiment, ein Söldnerheer, dessen Mitglieder keineswegs die Interessen der Heimat vertraten oder sie gar verteidigten.103 Mit dem Feind von 1940 zu kooperieren war das eine, in seiner Uniform und für seinen „Führer“ zu sterben, das andere. Für viele Freiwillige waren diese Erkenntnisse ein Grund zur Heimreise. 6.2. Kriegsverbrechen der LVF Mitglieder der LVF verübten während der Partisanenbekämpfung viele Kriegsverbrechen. Es gab deutliche Befehle im Umgang mit der russischen Dorfbevölkerung: „Ne pas hésiter à abattre le maire, s'il semble à mentir.“104 Bei Erschiessungen nahmen die Legionäre keine Rücksicht auf Frauen und Kinder. Ein Offizier Simoni schrieb offen nach Hause, dass er Menschen habe exekutieren lassen. Er wurde wegen dieser Kriegsverbrechen nach Frankreich geschickt und nach dem Krieg gehängt. Andere lehnten solche Grausamkeiten ab. Zwei 101 Der Wortlaut des Eides ist: „Je fais le serment solennel devant Dieu d’obéir strictement au chef des armées allemandes et alliées, Adolf Hitler, dans la lutte contre le bolchevisme et d’être prêt à tout instant à faire en brave soldat le sacrifice de ma vie“. Vichy gab die ausdrückliche Erlaubnis zu diesem Eid, verstand ihn aber als auf die Dienstzeit in der LVF beschränkt. Einzelne Autoren verstanden den Eid nicht auf Hitler als Person, sondern an den Führer der europäischen Nationen gegen den Bolschewismus, der zufällig Hitler war. Siehe dazu: Gordon, Collaborationism, S. 251. 102 Augier, Partisans, S. 201. 103 Das einzige Erkennungszeichen der französischen Freiwilligen war eine Trikolore am Arm der Uniform und am Helm. 104 Amouroux, Beaux jours, S. 324-329. 21 Legionäre wurden deshalb vor Kriegsgericht gestellt und erschossen, weil sie während einer Aktion gegen Partisanen nicht mitmachen wollten und desertierten. Mindestens 20 Freiwillige wurden während des Krieges auf Befehl ihrer Vorgesetzten hingerichtet. 1945 wurden mehrere Organisationen, ihre Führer und Mitglieder des Verbrechens gegen die Ehre der Nation angeklagt, darunter die LVF.105 Viele Freiwillige wurden inhaftiert, andere wurden öffentlich entwürdigt, verloren das Wahlrecht und durften nicht mehr als Beamte, als Lehrer, als Juristen oder Journalisten arbeiten. Ihr Vermögen wurde eingezogen. Nur, wer sich für den Kolonialdienst in Indochina meldete, konnte sich einer Bestrafung entziehen. 7. Schlusswort Die vorliegenden Quellen, insbesondere Marc Augiers Kriegsbericht, sind als historische Quellen heikel, weil sie stark ideologisiert sind. Aber wenn man sie nach den Kernaussagen über die Motivation der Freiwilligen befragt, liefern sie interessante Informationen, vor allem Marc Augier zeichnet sich durch Detailtreue aus. Ich habe in meiner Arbeit aufgezeigt, dass die LVF einen Extremfall der Collaboration darstellt und eingebettet ist in die Entwicklung des spezifisch französischen Faschismus. Die LVF war der Versuch, sich mit dem Feind zu identifizieren, ja sogar für ihn zu sterben. Meine Recherchen weisen darauf hin, dass die Freiwilligen sich aufgrund einer Mischung aus Angst und Überzeugung meldeten. Die einen fürchteten sich vor der schlechten wirtschaftlichen Lage und ihren Folgen Hunger und Arbeitslosigkeit, vor dem Einzug in den Arbeitsdienst, vor einem Zerrbild des Kommunismus, vor einem Verlust der Kolonien. Die anderen waren der Überzeugung, dass sie mit ihrem Einsatz einen Akt des Heldentums vollzögen oder mit der Bekämpfung des „Bolschewismus“ einen Beitrag für ein „neues“ Europa leisten könnten. Viele erhofften sich darüber hinaus eine Reinigung von der Schmach der Niederlage Frankreichs und eine Verbesserung ihrer persönlichen Situation. Vielen Legionären war die Widersprüchlichkeit dieses Kriegsbündnisses zwischen Siegern und Besiegten weitgehend klar, und sie standen ihrem Einsatz in den Uniformen des Feindes keineswegs unkritisch gegenüber. Der LVF-Chronist Marc Augier selbst schreibt nach dem Krieg verbittert: „Das ist Kollaboration: du meldest dich zur LVF mit deiner Fahne und findest dich als SS mit der Fahne der Seeräuber, vollkommen schwarz (...) vermummt wieder“. Bei allem Unverständnis für diese Ostfront-Freiwilligen darf man eines nicht aus den 105 Von diesen Urteilen waren viele Organisationen wie der Service d’Ordre légionnaire SOL, die Phalange Africaine, die Légion Tricolore, die Milice française und alle Collabo-Parteien betroffen. 22 Augen verlieren: Ihre Zahl war verschwindend klein, gegenüber beispielsweise der Waffenstillstandsarmee, gegenüber den bis 400’000 Mann der Freifranzösischen Streitkräfte FFL, aber auch gegenüber den französischen Hilfstruppen, die der deutschen Unterdrückungsund Kriegsmaschinerie zudienten.106 Die militärische Bedeutung der LVF war minim, sie war weder in Berlin, noch in Vichy oder in Paris ein wirklich bedeutendes Thema. Auch die Deutschen brauchten die LVF nicht. Sie war nur eine Fussnote in diesem Krieg. Aber sie war, wie ich aufzuzeigen versucht habe, auch ein hervorstechendes soziales und politisches Phänomen innerhalb des Systems der Collaboration in ganz Europa. Ich habe hier eher allgemeine Begründungen für die (militärische) Collaboration angeben können, muss aber viele Fälle, die aus dem erwähnten Rahmen fallen, offen lassen. Weder die Forschung, noch die Memoirenliteratur haben sich beispielsweise explizit mit den jüdischstämmigen Freiwilligen und Collabos befasst. Noch viel zahlreicher waren die „Noirs“ in den Kompanien der LVF, dunkelhäutige Menschen aus den Kolonien, die den Anforderungen einer sich im rassistischen Sinne als „arisch“ verstehenden Armee noch viel weniger entsprachen, als die Franzosen selber. Im Gegensatz zu den Freiwilligen aus Indien oder Palästina, die auf deutscher Seite für die Freiheit ihrer von den Briten besetzten „Heimat“ kämpften, waren sie „Bürger zweiter Klasse“ eines von den Deutschen besetzten Landes. Es wäre interessant zu wissen, aus welchen Gründen sie sich der LVF anschlossen und wie sie in die Wehrmacht integriert wurden. Überhaupt muss ich den Themenbereich des Antisemitismus für die militärische Collaboration aus Zeitgründen unangetastet lassen. Gerade hier könnte man allenfalls Anhaltspunkte finden, ob und inwiefern sich die Freiwilligen der LVF von 1941 und die Politsoldaten der französischen SS von 1944 allenfalls unterschieden. Schliesslich muss man auch die Rolle der Frauen betrachten, die sich durch ihren zahlreichen Einsatz bei den Vereinigungen der Collaboration nicht selten die Freilösung ihrer Ehemänner, Väter und Brüder aus deutscher Kriegsgefangenschaft erhofften.107 106 30'000 Polizisten in deutschen Diensten sorgten für Ordnung und waren an Deportationen und Verhaftungen beteilig. Diese Zahl nennt Ory, in: Collaboration, S. 260. 107 Gordon, Collaborationism, S. 134. 23 8. Bibilographie 8.1. Quellen Akten zur deutschen auswärtigen Politik, Serie D, Baden-Baden 1950-1970. Augier, Marc (aka „Saint-Loup“), Die Legion der Aufrechten - Frankreichs Freiwillige an der Ostfront, München 1984. Im Original: Les Volontaires, Paris 1963. Augier, Marc, Les Partisans, Paris 1943. Bayle, André, Von Marseille bis Nowosibirsk, Rosenheim 1994. De La Mazière, Christian. Le réveur casqué. Paris 1972. 8.2. Darstellungen Aglan, Alya. La Légion des volontaires français contre le bolchevisme. In: Sirinelli, JeanFrançois (Hg.). Dictionnaire de l'histoire de France. S. 885. Amouroux, Henri. La Grande Histoire des Français sous l'Occupation 1939-1945: Les beaux jours des collabos. Paris 1978. Aron, Robert. Histoire de Vichy. Paris 1954. Azéma, Jean-Pierre. La Collaboration. Paris 1975. Benoist-Méchin, Jacques. De la défaite au désastre. Paris 1984. Brender, Reinhold. Marcel Déat und das Rassemblement national populaire. München 1992. Brunet, Jean-Paul. Jacques Doriot: du communisme au fascisme. Paris 1986. Burrin, Philippe. Le Collaborationisme. In: Azéma, Jean-Pierre. La France dans les années noires. Paris 1993. Cotta, Michele. La Collaboration 1940-1944. Paris 1965. Davey, Owen. The origins of the Legion des Volontaires Français contre le bolchevisme. Journal of Contemporary History 6 (1971). Defrasne, Jean. Histoire de la collaboration. Paris 1982. Dreyfus, François-Georges. Histoire de Vichy. Paris 1990. Evleth, Donna. France under Occupation: An annotated bibliography. Greenwood 1991. Franz, Corinna. Fernand de Brinon. Bonn 2000. Gordon, Bertram. Collaborationism in France during the Second World War. Ithaca 1980. Hartmann, Peter. Frankreich im Jahre 1941. In: Bosl, Karl. Das Jahr 1941 in der europäischen Politik. München 1972. Hoffman, Stanley. Collaborationism. Journal of modern history 40 (1968). S. 378-395. Jaeckel, Eberhard. La France dans l'Europe de Hitler. Paris 1968. Kletzin, Birgit. Trikolore unterm Hakenkreuz. Opladen 1996. 24 Laborie, Pierre. L'opinion française sous Vichy. Paris 1990. Lambauer, Barbara. Otto Abetz et les Français ou l'envers de la collaboration. Paris 2001. Lambert, Pierre und Le Marec, Gérard. Les Français sous le casque allemand. Paris 1994. Lefèvre, Eric und Mabire, Jean. La LVF – par –40° devant Moscou. Paris 1985. Lemberg, Hans. Kollaboration in Europa mit dem Dritten Reich um das Jahr 1941. In: Bosl, Karl. Das Jahr 1941 in der europäischen Politik. München 1972. Merglen, Albert. Soldats français sous uniformes Allemands. Revue de l’Histoire de la deuxième Guerre Mondiale 108 (1977). S. 71-84. Milza, Pierre. Le fascisme français - passé et présent. Paris 1987. Ory, Pascal. La France allemand – paroles françaises. Paris 1977. Ory, Pascal. Les Collaborateurs. Paris 1977. Paxton, Robert. La collaboration d’état. In: Azéma, Jean-Pierre. La France dans les années noires. Paris 1993. Paxton, Robert. La France de Vichy. Paris 1974. Randa, Philippe. Dictionnaire commenté de la collaboration française. Paris 1997. Rousso Henry. La Collaboration: Les noms/Les Themes/Les Lieux. Paris 1987. Sartre, Jean-Paul. Situations III: Qu'est-ce que qu'un collaborateur? Paris 1949. Sternhell, Zeev. Ni droite ni gauche. Paris 1983. Tessin, Georg. Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939-1945. Osnabrück 1972-2002. Filme: Ophüls, Marcel. Le chagrin et la pitié. F/D/CH 1969. Als DVD erschienen in der „Collection le Cinéma du Monde“, 2001. Der Ausschnitt aus dem Kinofilm „X-Files-the Movie“ wurde der Internet-Seite http://xfiles.stylicious.com entnommen. 25