Psychisch kranke Eltern_Populärmedizinischer Vortrag

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Themen und Ablauf
• Psychisch kranke Eltern – ein Tabu?
• Zahlen und Fakten – zum Nachdenken!
• Belastungen von Kindern psychisch kranker Eltern
Psychisch kranke Eltern
• Psychische Gesundheit der betroffenen Kinder
– Ressourcen und Risiken
Populärmedizinischer Vortrag
• Spezifische Probleme bei ausgewählten
Krankheitsbildern
29. Oktober 2014
• Prävention und Intervention bei psychisch kranken
Eltern und ihren Kindern
Dr. med. Conrad Frey
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Psychisch kranke Eltern – ein Tabu?
Psychische Erkrankungen sind häufig
...und doch ein Thema mit hoher Relevanz! Warum?
• Jährlich erkranken etwa 30% der europäischen Bevölkerung
an einer psychischen Erkrankungen (Jacobi et. al., 2014).
• Entwicklung und Psychische Gesundheit der Kinder
• Struktur, Dynamik sowie Klima in den betroffenen Familien
• Transgenerationelle Weitergabe von gesundheitlichen Risiken
• Dabei sollte rund ein Viertel der Erkrankten unbedingt
fachgerecht behandelt werden
• Bei ca. der Hälfte der Betroffenen zeigen sich psychische
Auffälligkeiten schon in der Kindheit oder Jugend
• Gesellschaftlichen Kosten im Sozial- und Gesundheitswesen
(Kessler et al., 2005)
Fazit:
Trotz grosser Bedeutung findet das Thema in Fachwelt und
Öffentlichkeit nur spärliche Resonanz / Ressourcen.
Warum?
u.a. Scham, Stigma und Angst der Betroffenen,
keine Lobby, ungenügende Finanzierung (z.B. Prävention),
Lücken in der Behandlung (Spezialisierung vs. Vernetzung)
• Chronische psychische Störungen erhöhen das Risiko von
zusätzlichen körperlichen Krankheiten (Mortalität )
– Stress
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, Soziale Belastungen, Lebensführung, Medikamente
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Psychische Störungen in Europa (Wittchen et al. 2011)
Eltern mit psychischen Störungen
Zwangserkrankungen
• In der stationären Erwachsenenpsychiatrie ist rund jeder dritte
Patient Mutter oder Vater von mindestens einem unmündigen
Kind. Tendenz steigend wegen verbesserten Behandlungen!
Essstörungen
Cannabis-Abhängigkeit
Psychotische Störungen
(Wiegand-Grefe et al., 2011).
Persönlichkeitsstörungen
Posttraumatische
Störungen
• Dennoch findet die Situation der betroffenen Kinder in der
Behandlungsplanung oft nur ungenügend Beachtung («die
Kinder gehen vergessen…»)
Verhaltensstörungen
Alkohol-Abhängigkeit
Somatoforme Störungen
• In den Kinder- und jugendpsychiatrischen Institutionen leben
bis zur Hälfte der betreuten Kinder bei mindestens einem
psychisch erkrankten Elternteil
ADHS
Demenz
Depressionen
(Lenz, Mattejat & Remschmidt, 2008).
Schlafstörungen
Angststörungen (total)
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Betroffene (Prävalenz in %) im Zeitraum von 1 Jahr
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Kinder von psychisch kranken Eltern
Kinder von psychisch kranken Eltern (2)
• Kinder von psychisch kranken Eltern (alle Diagnosen) haben
gegenüber der Gesamtbevölkerung eine 3 bis 7-fach erhöhte
Rate von psychischen Auffälligkeiten (Wiegand-Grefe et al., 2009).
• Sind beide Eltern psychisch krank, steigt das Risiko für
(kindlichen) psychischen Auffälligkeiten nochmals deutlich an
• Wird das Kind später die gleiche psychische Störung
entwickeln wie der Vater / die Mutter?
eine häufige geäusserte Sorge (Stichwort «Vererbung»)
• Das spezifische Krankheitsrisiko ist je nach der psychischen
Störung unterschiedlich ausgeprägt
(Lenz, Mattejat & Remschmidt, 2008).
• Die Ursachen psychischer Erkrankungen sind vielfältig.
Die genetische Belastung erklärt nur einen Teil der Gründe
neuro-behaviorales Modell
• Bei Kindern mit Störungen des Sozialverhaltens ist der Anteil
der Eltern mit psychischen Störungen besonders hoch.
Fazit:
Kinder beobachten, denken, fühlen, reagieren… sie leben
intensiv mit und sind dadurch subjektiv stark belastet!!
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Belastungen der Kinder
• Allgemeine Belastungen
spezifische Belastungen
– Art und Verlauf der elterlichen Erkrankungen
• Sorgen um die psychisch erkrankten Eltern
– Suiziddrohungen, dramatische Spitaleinweisung, Spannungen
zwischen den Eltern
• Verlust der verlässlichen Strukturen im Alltag
– aufgezwungener sozialer Rückzug, Einbezug in Wahnsystem,
Vernachlässigung bei Sucht
– Übernahme von zu grosser Verantwortung Verwischung von
Rollen und Grenzen («Parentifizierung»)
– Eingeschränkte Erziehungskompetenzen der Eltern
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Belastungen der Kinder (2)
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Psychisch gesund – Psychisch krank
• Fehlendes oder nicht dem Alter angemessenes Wissen um
die psychische Erkrankung und deren Auswirkungen
• Psychische Erkrankung werden bagatellisiert oder
verschwiegen und es besteht oft ein (unausgesprochenes)
Kommunikationsverbot
«Gar nicht krank ist
auch nicht gesund»
– Tabus auf verschiedenen Ebenen: Fühlen, Wissen, Sprechen
(Karl Valentin)
• Damit (wechselseitig) verbunden findet eine Ausdünnung der
sozialen Unterstützung statt
Fazit:
Die unterschiedlichen Belastungen und Eindrücke führen
zu komplexen Gefühlslagen: Angst, Trauer, Ärger, Wut etc.
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(nach Haas, 2012)
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Entwicklung und Psychische Gesundheit
Umwelt, Soziales
Kind
Allg. Lebenssituation
Wohnverhältnisse
Schule und Bildung
Migration
Soziale Ressourcen
Alter, Geschlecht
Genetik, Biologie
Pers. Ressourcen
Beziehung, Bindung
Trennung, Trauma
Bindungstheorie
Eltern
Art und Verlauf der
psych. Erkrankung
Krankheitsbewältigung
Persönlichkeit
Bindungsstil
John Bowlby
1907-1990
Mary Ainsworth
1913-1999
Die Bindungstheorie befasst sich mit den frühen Einflüssen auf
die emotionale Entwicklung eines Kindes (Mutter
Säugling).
Familiäre Krankheitsbewältigung
Familiendynamik / Elternbeziehung / Soziale Kontakte
Erziehungskompetenzen der Eltern
Sie versucht die Entstehung und Veränderung von starken
gefühlsmässigen Bindungen zwischen Individuen im gesamten
menschlichen Lebenslauf zu erklären.
«Bindung» stellt nur ein Teil des komplexen System von
Beziehungen dar
Kindliche Entwicklung und
Psychische Gesundheit
Brisch, 2009
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Bindungstheorie: Vom sicheren Hafen…
• Das motivationale Bindungssystem (Mutter
Säugling) ist
genetisch verankert, wird hormonell unterstützt (Oxytocin)
und stellt das Überleben des Säuglings sicher.
• Die Bindungsqualität wird von der «Feinfühligkeit» der
Bezugsperson mitgeprägt
• Im ersten Lebensjahr bildet das Kind eine Hierarchie von
wichtigen Bezugspersonen (Trennungsangst, Fremden etc.)
• Für jede Bezugsperson werden «innere «Arbeitsmodelle»
entwickelt. Damit wird das Verhalten bei Bedrohung
zunehmend stabil geregeln (Angst Sucht Nähe zur Mutter).
• Die Stabilität wird durch Verluste oder Traumata gefährdet.
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Jörg Hess, 1996
Brisch, 2009
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… zur neugierigen Erkundung der Welt
• Parallel zum Wunsch nach Bindung (= sicherer Hafen)
entsteht beim Säugling das scheinbar gegensätzliche
Bedürfnis seine Umgebung neugierig zu erkunden.
• Die Regulation von Nähe und Distanz geschieht
wechselseitig. Dabei wird die Selbststeuerung des Kindes
von einer «feinfühligen» Bindungsperson leichter akzeptiert.
• Im Verlauf der weiteren (gesunden) Entwicklung wird die
Balance zwischen Bindungswünschen und neugieriger
Erkundung zunehmend partnerschaftlich ausgehandelt
(«zielkorrigierte Partnerschaft»).
• Eine sichere Bindungsqualität hat eine Schutzfunktion im
weiteren Entwicklungsverlauf («psychische Stabilität»)
Brisch, 2009
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Jörg Hess, 1996
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«Feinfühligkeit» der Bezugsperson
• «Feinfühligkeit» und Empathie (Mitgefühl) tragen wesentlich
zu einer guten Bindungsqualität bei
• «Feinfühligkeit»
– Signale des Kindes aufmerksam wahrnehmen, richtig deuten,
rechtzeitig und angemessen reagieren.
– Explorationsbedürfnis altersangemessen Rechnung tragen
• «Feinfühligkeit» und Empathie sind erworben und erlernt
(«Spiegelneuronen» und «Lernen am Modell »)
• Erfahrungen in der Familie sowie gesellschaftliche Normen
und Werte spielen eine wichtige Rolle
Jörg Hess, 1996
Brisch, 2009
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Klassifikation der Bindungsqualität
• Sicher gebundene Kinder
– Deutliches, stabiles Bindungsverhalten. Suchen Schutz und
reagieren freudig bei Rückkehr
• Unsicher - vermeidend gebundene Kinder
– Wenig Protest nach Trennung, kaum Bindungsverhalten. Suchen
wenig Trost oder Körperkontakt. (scheinbar keinen Stress!)
• Unsicher - ambivalent gebundene Kinder
– Reagieren auf Trennung heftig und können dann kaum beruhigt
werden. Reagieren ambivalent auf Köperkontakt und Trost.
• Unsicher desorganisiertes Bindungsmuster (zusätzlich, wechselnd)
– Risikokinder: nach Verlust, Trauma, Beziehungsabbrüchen etc.
Jörg Hess, 1996
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Resilienz in der Technik
Fazit: Bindung und psychisch kranke Eltern
Die Bindungsqualität des Kindes wird durch eine
psychische Erkrankung der Eltern beeinträchtigt.
Insbesondere wenn die Krankheit früh auftritt und der
gesunde Elternteil - oder andere Bezugspersonen nicht kompensatorisch mit Feinfühligkeit und
Kontinuität zur Verfügung stehen.
Moderne Werkstoffe
•Biegsam
•Stabil
•Leitfähig
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Resilienz in der Psychologie
Resilienz als Lebenshaltung
Unter Resilienz oder psychischer Robustheit
versteht man die Fähigkeit eines Menschen, erfolgreich mit belastenden Situationen umzugehen und
diese zu bewältigen.
Wer keinen Sinn
im Leben sieht,
ist nicht nur unglücklich,
sondern kaum lebensfähig
Belastungen sind z.B. Krankheiten, Misserfolge,
Notlagen, Traumata, Bedrohungen.
Inmitten der Schwierigkeiten
liegen die Möglichkeiten.
(nach American Psychiatric Association)
Beachte: Resilienz wird erst bedeutungsvoll unter Belastung
(Analogie zum biegsamen Werkstoff)!
Albert Einstein
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Resilienz: Persönliche Schutzfaktoren
Resilienz: Soziale Schutzfaktoren
• Fähigkeit, realistische Pläne zu tätigen und diese Schritt für
Schritt auszuführen
• Aufbau eines positiven, vertraulichen Bildes von sich selbst
und anderen
• Gute Problemlösefertigkeiten
• Gute Kommunikations- und soziale Interaktionsfähigkeiten
• «Einfaches» Temperament – robust, aktiv, kontaktfreudig
• Eine sichere Bindung an primäre Bezugspersonen, welche
unterstützend, verlässlich, «feinfühlig» und empathisch sind
• Ein tragendes Familienklima, welches offen und flexibel auf
Veränderungen reagieren kann
• Psychisch gesunde Eltern
• Eine ausreichende soziale Unterstützung durch Vertrauenspersonen (sowie bei Jugendlichen durch die Gleichaltrigen)
• Eine Erziehung die klar, strukturiert und wertschätzend ist
sowie fördert und fordert
– angemessene Bewältigung starker Gefühle und Impulse
• Intelligenz (?)
(in Anlehnung an Juen, 2005)
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Erziehungskompetenz
Komponenten der Erziehungskompetenz
Erziehungskompetenz umfasst die Fähigkeit und Fertigkeit, die
kognitive, emotionale, soziale und körperliche Entwicklung von Kindern
und Jugendlichen zu fördern und zu unterstützen.
• Beziehungsfähigkeit
Erziehende begegnen Heranwachsenden mit Wertschätzung, fördern
ihre Eigenständigkeit und soziale Verantwortung.
• Fähigkeit Kontinuität und Stabilität zu vermitteln
Sie können ihre Haltungen, das eigene Handeln und die Wechselwirkung von eigenem Verhalten und demjenigen der Heranwachsenden
reflektieren.
• Fähigkeit zur Grenzsetzung
Sie sind in der Lage, neues Verhalten, angepasst an die Entwicklungsphase des Kindes, zu erlernen und im Alltag anzuwenden.
Sie pflegen Netzwerke, die sie in ihrer Erziehungsaufgabe unterstützen.
• Kommunikationsfähigkeit
– Konsistenz im Erziehungsverhalten («voraussehbar»)
• Förderfähigkeit
– Feinfühligkeit gegenüber den kindlichen Bedürfnissen;
Eingehen auf das Kind («Perspektivenwechsel»), etc.
• Vorbildfähigkeit
• Fähigkeit zum Alltagsmanagement
Schweizerischer Bund für Elternbildung, 2009
Petermann & Petermann, 2006; Haas et. al 2009
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Eltern mit einer Suchterkrankung
Suchterkrankung: Belastungen der Kinder
• Substanzgebundene Süchte (Alkohol, Medikamente, Heroin,
Cannabis etc.) www.fosumos.ch
• Pränatale Risiken und Belastungen
• Verlust der verlässlichen, sicheren Strukturen im Alltag
– Vernachlässigung, Arbeitslosigkeit, Beziehungsabbrüche
– Mangelhafter Halt und Schutz bei ungünstigen äusseren
Einflüssen (z.B. Suchtverhalten unter Jugendlichen)
• Verhaltenssüchte (Spielsucht, Internetsucht, Sammelsucht
etc.) www.spielsucht-radix.ch
• Suchterkrankungen sind häufig und teuer. Alkohol z.B.
gehört zu den fünf wichtigsten Krankheitsfaktoren, verursacht in der Schweiz 9% der gesamten Krankheitslast sowie
soziale Kosten von ca. 6.5 Milliarden CHF
(Forum Suchtmedizin Ostschweiz)
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• Erhöhtes Risiko für Gewalt und Missbrauch
• Eingeschränkte Erziehungskompetenzen, u.a.
–
–
–
–
Fehlende Kontinuität und Stabilität in der Erziehung
mangelhafte Förderfähigkeit
Brüchiges, zwiespältiges Vorbild
Einschränkungen im Alltagsmanagement
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Suchterkrankung: Risiken der Kinder
• Selbstwert, Selbstwirksamkeit und Lebenszufriedenheit
resignierte Lebenseinstellung
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Eltern mit einer schizophrene Störung
,
• Schwere psychiatrische Erkrankung mit charakteristischen
Störungen von Denken und Wahrnehmung sowie einer
inadäquaten oder verflachten Affektivität
• Deutlich erhöhtes Risiko für eine Psychische Störungen
– Externalisierende und affektive Verhaltensstörungen
– Suchterkrankung (Alkohol, Drogen u.a.), Essstörungen,
Persönlichkeitsstörungen
• Das Bewusstsein und die intellektuellen Fähigkeiten sind in
der Regel nicht beeinträchtigt (später ev. kognitive Defizite)
• Re-Inszenierung der belasteten familiären Beziehungsdynamik
z.B. problematische Partnerwahl, verstrickte Beziehungen
(„Co-Abhängigkeit“)
• Die Störung beeinträchtigt die Grundfunktionen, die dem
normalen Menschen ein Gefühl von Individualität,
Einzigartigkeit und Entscheidungsfreiheit geben.
Die Betroffenen glauben oft, dass ihre innersten Gedanken,
Gefühle und Handlungen anderen bekannt sind oder, dass
andere daran teilhaben (Halluzination, Wahn)
(nach ICD -10)
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Marion Crane in „Psycho“
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Schizophrenie: Belastungen der Kinder
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Schizophrenie: Risiken der Kinder
• «Bizarres» Elternverhalten (Wiefel und Lehmkuhl, 2004)
• Gehäuft (unspezifische) emotionale, soziale und
psychosomatische Symptome
– unvorhersehbar, wechselhaft, widersprüchlich, feindselig
– Widersprüche auf den verschiedenen Kommunikationsebenen
– Ängstlich, unsicher, verstimmt, sozialer Rückzug
– Aufmerksamkeitsstörung ( beeinträchtiges Lernen) u.a.
• «Verzerrte» Vorstellungen von ihrem Kind und seiner
Entwicklung
• Bindungsmuster: desorganisiert (unsicher, vermeidend,
ambivalent)
– Ängstlichkeit, unangemessene Überbehütung und Kontrolle
– Einbezug des Kindes in das eigene Wahnsystem
• Haben als Erwachsene ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für
Schizophrenie (1% 13% LZP)
• Eingeschränkte Fähigkeiten die (wirklichen) Bedürfnisse der
Kinder wahrzunehmen Gefahr der Vernachlässigung
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Eltern mit einer depressiven Störung
Depression: Belastungen der Kinder
• Verwirrende Gefühlslage und Beziehungsgestaltung
– Ängstlichkeit, Unsicherheit, Verärgerung, Anspannung etc.
Suizidgedanken
Suizidale
Handlungen
Negative,
pessimistische
Zukunftsperspektiven
• Eingeschränkte Erziehungskompetenz u.a.
Selbstwertgefühl
Verlust von
Interesse / Freude
Depressive Stimmung
Schuldgefühle
Ermüdbarkeit
Gefühl der Wertlosigkeit
– Beziehung und Kommunikation (Interaktion) „gebremst“
– Förderfähigkeit und Fähigkeit zu Grenzsetzung: gehemmt,
inkonsequent
– Alltagsmanagement erschwert (Erschöpfung, Antriebsmangel)
Selbstvertrauen
Appetit
• Unsichere Bindung bei Kleinkinder (postnatale Depression)
Konzentration
– «anwesende Abwesenheit» bei schwerer Depression
(Wiefel & Lehmkuhl, 2004)
Aufmerksamkeit
Schlafstörungen
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Sonderfall «Bipolare affektive Störungen»
Depression: Risiken der Kinder
• Viele der durch depressive Eltern belasteten Kinder reagieren
selber mit (unspezifischen) psychischen Auffälligkeiten wie
Angststörungen oder Verhaltens- und Lernstörungen
• Das spezifische Depressionsrisiko ist ebenfalls deutlich erhöht
(Groen & Petermann, 2002)
• Sind beide Eltern krank steigt das Erkrankungsrisiko zusätzlich
• Im späteren Lebensverlauf (als Erwachsene) haben Kinder
von depressiven Eltern ein ca. 3 mal häufiges Risiko für eine
Depression (Weissmann et. al 2005)
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Eltern mit Persönlichkeitsstörungen
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Trauma, Gewalt und Borderline-Störung
• Verschiedenen Formen von Persönlichkeitsstörung
– paranoid, dissozial, histrionisch, zwanghaft, ängstlich etc.
• Häufig sog. emotional instabile Persönlichkeitsstörung
– Impulsivität, Defizite in Planung / Steuerung, instabile Stimmung
• Unterform „Borderline Typ“
– Identitätsstörung: Selbstbild, Persönliche Ziele und „innere
Präferenzen“ (inkl. sexuelle Identität)
– Intensive jedoch unbeständige (ambivalente) Beziehungen
– Gefühle von „innerer Leere“
– Suiziddrohungen und selbstschädigendes Verhalten
Ch. Schmahl, 2010
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Borderline-Störung: Risiken der Kinder
Themen
• Eingeschränkte Erziehungskompetenz in den meisten
Komponenten Gefahr der Vernachlässigung
• Psychisch kranke Eltern – ein Tabu?
• Ungefestigte Identität, emotionale Instabilität, Impulsivität,
Krisen etc. Unsicheres Bindungsverhalten
• Belastungen von Kindern psychisch kranker Eltern
• Wechselnde bzw. belastende Beziehungen
Trauma, Gefahr von Missbrauch
• Zahlen und Fakten – zum Nachdenken!
• Psychische Gesundheit der betroffenen Kinder – Ressourcen und
Risiken
Verluste,
– Exkurs 1: Bindungstheorie
– Exkurs 2: Resilienz
– Exkurs 3: Erziehungskompetenz
Fazit:
Die Kinder haben im Vergleich zu anderen Risikokindern eine
hohe Rate von psychischen Auffälligkeiten (Sozialverhalten,
ADHS, Essstörungen, Suchterkrankung etc.). Sie haben durch
die erhöhte Gefährdung ein besonderes Schutzbedürfnis!
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• Spezifische Probleme bei ausgewä
ausgewählten Krankheitsbildern
• Prävention und Intervention bei psychisch kranken
Eltern und ihren Kindern
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Wann ist die kindliche Entwicklung gefährdet?
Prävention – Wichtige Voraussetzungen
• Belastungen und Gefährdungen kennen, erkennen und
anerkennen (= handeln), d.h.…
• Die Risikoeinschätzung berücksichtigt die aktuelle Situation,
der bisherige Verlauf (Prozess), die psychosoziale Situation
der Familie bzw. des Kindes sowie kindliche und elterliche
Ressourcen und Belastungen
• die Kinder in der Behandlung des erkrankten Elternteils als
Angehörige bzw. die psychisch erkrankten Patienten als
Eltern wahrnehmen
• Je früher Unterstützung und Hilfe einsetzen, desto eher kann
dem Auftreten oder der Verfestigung einer Störung und ihren
Spätfolgen vorgebeugt werden
• Die einzelnen Komponenten beeinflussen sich wechselseitig,
können sich aufschaukeln bzw. abmildern
• Checklisten sind zur Risikoeinschätzung hilfreich (Blum 2012)
Grundsatz
Kinder von psychisch kranken Eltern haben dann gute Entwicklungschancen, wenn Eltern, Angehörige und Fachleute lernen, in sinnvoller
und angemessener Weise mit der Erkrankung umzugehen, und wenn
sich die Patienten und ihre Kinder auf tragfähige Beziehung stützen
können (Mattejat & Lisofsky, 2004, Blum 2012)
• Risikofaktoren beeinflussen (Eltern, Kinder)
• Psychosoziale Belastungsfaktoren reduzieren
• Ressourcen fördern und aktivieren (Familie, Netzwerke)
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Beispiele für eine hohe Risikoeinschätzung
Beispiele „Ressourcen fördern“
• Mit der Erkrankung geht ein Ausfall der Alltagsversorgung des
Kindes einher.
• Förderung der familiären Kommunikation
– Erlernen konstruktiver Kommunikationsfertigkeiten wie z.B.
Gesprächsregeln oder Rückmeldungen geben
– Regelmässiger Austausch, z.B. Familienkonferenz
• Das Kind hat den Verlust oder die Trennung von wichtigen
Bezugspersonen erlebt (Tod, Scheidung, Einweisung in ein Heim)
• Die Krankheit wird verleugnet (keine Krankheitseinsicht) oder in der
Familie wird nicht offen über die Krankheit geredet
• Die Beziehung des Kindes zum gesunden Elternteil ist nicht
tragfähig und vermittelt keine Sicherheit und Kontinuität.
• Es sind beide Elternteile des Kindes erkrankt.
• Seitens des Kindergartens, der Schule oder vom Arbeitsplatz wurde
von Auffälligkeiten wie sozialem Rückzug, Abbruch von Kontakten,
Leistungsabfall berichtet.
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• Förderung sozialer Ressourcen / sozialer Unterstützung
– Netzwerkanalyse („wer weiss alles von deinen Problemen, an
wen könntest du dich wenden, mit wem kannst du reden“?)
– Netzwerkkonferenz („Es können alle kommen, die zu einer
Lösung betragen können und wollen“) Selbstorganisation
– Interdisziplinäre Helfersitzungen Koordination durch
professionelle Helfer (freiwillig vs. angeordnet, z.B. durch KESB)
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Angehörigenarbeit
Psychoedukation
• Wenn möglich in Anwesenheit der ganzen Familie
– Transparenz, Verbindlichkeit, Teilhabe
• Ausgangspunkt ist das persönliche Erleben der Kindes
– Informationsbedürfnis, Fragen
• Informationen dem Alter und der Entwicklung angemessen
– Offen und ehrlich, ohne Details oder Versprechungen
– nur so viel wie emotional verarbeitet werden kann
• Das Kind sollten von der psychischen Erkrankung erfahren
– Auswirkungen, Behandlung, Veränderungen für das Kind im
Alltag oder in der Familie
• Informationen zu Krankheitsursachen (inkl. „Schuldfrage“),
Prognose, Verlauf, etc. (optional)
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Selbsthilfegruppen für Kinder nach Suizid
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Psychoedukation - Bilderbücher
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[email protected]
Psychoedukation - Bilderbücher
Handout: www.ksow.ch
Danke fü
für die Aufmerksamkeit!
Fragen?
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Flugaufnahme Georg Gerster
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