Lehrkraftausgabe U M Hygiene Arbeitssicherheit Gesundheitsschutz und Umweltschutz S Ein Handbuch für Medizinisches Praxispersonal R E T Corinne Noth Meggy Bieri Medizinischer Lehrmittelverlag Bieri & Weder Lehrkraftausgabe U M E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz © R Schülerausgabe: ISBN 978-3-9524361-4-1 Lehrkraftausgabe: ISBN 978-3-9524361-5-8 Medizinischer Lehrmittelverlag Bieri & Weder Ausgabe 2015 Printed in Switzerland www.myMPA.ch 2 Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Impressum Autoren Corinne Noth Meggy Bieri ist Berufsschullehrerin an der Berufsschule für MPA in Luzern sowie kantonale Prüfungsexpertin. Iwan Reber ist Illustrator und Cartoonist und leitet zusammen mit seiner Ehefrau die Firma www.animus-grafik.ch. Daniel Ledergerber ist Marketing- und Kommunikationsspezialist für Angewandte Wissenschaft und Bildung mit Berufsschullehrerdiplom. Illustrationen M Layout U Druck P. Schmid + Co. AG S Verlag Bieri & Weder Dank Papiere und Drucksachen für Ärzte, 9122 Mogelsberg, Tel. 071 375 60 80, Fax 071 375 60 81, www.schmid-mogelsberg.ch Med. Lehrmittelverlag Bieri & Weder, 9444 Diepoldsau, www.mympa.ch www.mympa.ch E T Herzlichen Dank an dieser Stelle an alle Personen, die uns in irgendeiner Weise bei der Arbeit zu diesem Lehrmittel unterstützen. Auch der Firma B Braun Medical AG - herzlichen Dank! Auf unserer Homepage bieten wir Lernenden wie Lehrpersonen eine zusätzliche Dienstleistung an – dies als optimale Ergänzung zum Lehrmittel. R Bestellung • Fragenkatalog inkl. Lösungsvorschläge zu allen Kapiteln im Lehrmittel • Fragenkatalog zu fast allen Unterrichtsfächern (Röntgen, Italienisch, Pharmakologie, Anatomie, Pathologie) • E-Learningsystem für eine optimale Prüfungsvorbereitung resp. Vorbereitung auf das Qualifikationsverfahren (QV, früher LAP) www.mympa.ch: Hier finden Sie die Möglichkeit, Ihre Lehrmittel schnell und unkompliziert zu bestellen. Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Lehrmittel oder Teile daraus in irgendeiner Weise zu reproduzieren. Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Lehrmittel oder Teile daraus in irgendeiner Weise zu reproduzieren. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 3 Lehrkraftausgabe U M R E T S 4 Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Vorwort M Gesetzlich wird in Arztpraxen keine systematische (flächendeckende) Überwachung zur den hygienischen Verhältnissen gefordert. Arztpraxen sind jedoch durch den Gesetzgeber aufgefordert, geltende gesetzliche Anforderungen an Hygiene und Arbeitsschutz umzusetzen. Das Thema Hygiene wird von einer Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen, Normen, Empfehlungen und Informationen aus Fachkreisen begleitet. Dadurch wird die korrekte Anwendung und Umsetzung der Vorgaben im Hygiene-Alltag nicht wirklich vereinfacht. Es ist ein Thema, das in seiner Gesamtheit nicht immer durchschaubar und in der Praxis manchmal schwer umzusetzen ist. U Richtig eingesetzte Hygienemassnahmen helfen jedoch, die Sicherheit für den Patienten und den Anwender wesentlich zu erhöhen. Werden die geforderten Auflagen und Massnahmen beachtet, lässt sich die Übertragung von pathogenen Mikroorganismen verhindern und das Risiko einer nosokomialen Infektion minimieren. S In diesem Lehrmittel haben wir das Thema Hygiene und Arbeitssicherheit lehr-, lern, schulund arztpraxistaugliche zusammengefasst. Als Basis dazu diente uns das Leitziel 1.5: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz; aus dem Bildungsplan zur Verordnung über die berufliche Grundbildung Medizinische Praxisassistentin / Medizinischer Praxisassistent. E T Zur Gewichtung der einzelnen Bereiche sind wir von der Überlegung ausgegangen, dass: • Themen, welche mit einer Marginalie (Randvermerk) hervorgehoben werden, wichtig und somit prüfungsrelevant sind. • informativer aber nicht prüfungsrelevanter Text in kleinerer Schrift in einer Infobox dargestellt ist. • die Angaben zu den «Normen» aufzeigen, dass zwar eine Regelung vorhanden ist, die Normen aber nicht prüfungsrelevant sind. R Mit diesem Lehrmittel sollen Lehrpersonen die Möglichkeit haben, den Unterricht individuell sowie abwechslungsreich zu gestalten und Lernende sollen mit diesem Lehrmittel einen Überblick zu den vernetzten, fächerübergreifenden, prüfungsrelevanten Themen erhalten. Wir danken für das Vertrauen in uns und unser «Werk» und wünschen viel Spass und gutes Gelingen bei der Umsetzung. Das Autorenteam Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 5 Lehrkraftausgabe Inhaltsverzeichnis Impressum.................................................................................................................................. 3 M 1Hygiene______________________________________________________________________________ 9 Definition................................................................................................................................... 9 Zeitgeschichte der Hygiene.......................................................................................................... 10 Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene................................................. 15 Hygiene im Alltag...................................................................................................................... 20 Umwelthygiene.......................................................................................................................... 20 Hygiene am Arbeitsplatz............................................................................................................. 24 U 2Infektionskrankheit___________________________________________________________________ 25 Grundbegriffe – Glossar............................................................................................................... 26 Mikrobiologie – LZ 1.5.1.2........................................................................................................... 30 Infektionswege.......................................................................................................................... 31 Bakterien.................................................................................................................................. 38 Viren ................................................................................................................................... 60 Pilze (Fungi, Mycetes)................................................................................................................ 78 Prionen92 Protozoen ................................................................................................................................ 95 Parasiten.................................................................................................................................. 97 Nosokomiale Infektion...............................................................................................................103 S 3 Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht________ 105 Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement.............................................................................106 CIRS – Fehlermanagement..........................................................................................................110 Sentinella-Meldesystem..............................................................................................................111 E T 4Personalhygiene_____________________________________________________________________ 113 Allgemeine Körperhygiene..........................................................................................................113 Händehygiene..........................................................................................................................114 Desinfektion............................................................................................................................117 Haare ..................................................................................................................................118 Kleidung (Berufs- und Arbeitskleidung)........................................................................................118 Schutzausrüstung......................................................................................................................120 Handschuhe.............................................................................................................................126 R 5Desinfektion________________________________________________________________________ 139 Definition................................................................................................................................139 Grundbegriffe – Glossar..............................................................................................................140 Desinfektionsverfahren..............................................................................................................142 Desinfektionsmittel...................................................................................................................144 Wirkstoffe................................................................................................................................147 Regulierung der Desinfektionsmittel in der Schweiz gemäss «Swissmedic»..........................................153 Hautdesinfektion .....................................................................................................................155 Schleimhaut und Wunddesinfektion.............................................................................................156 Händedesinfektion....................................................................................................................157 Flächendesinfektion .................................................................................................................160 6 Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe 6 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte _______________________________________ 167 Gesetzliche Grundlagen..............................................................................................................167 Einstufung nach Risiken.............................................................................................................170 Räumlichkeiten.........................................................................................................................172 Wasser / Prozesschemikalien.......................................................................................................173 Manueller Reinigung- und Desinfektionsprozess.............................................................................178 Oberflächenveränderungen an Instrumenten..................................................................................179 Veränderungen an Gummi-Produkten............................................................................................183 M 7 Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention______________________ 185 Wartezimmer / Garderobe..........................................................................................................186 Toiletten für Personal und Patienten............................................................................................187 Allgemeine Praxisräume und Voraussetzungen................................................................................188 Personalumkleideraum...............................................................................................................189 8Reinigung__________________________________________________________________________ 191 U 9Sterilisation________________________________________________________________________ 201 Definition ...............................................................................................................................201 S Sterilisationsverfahren...............................................................................................................202 Qualitätsmanagement................................................................................................................208 Verpackung .............................................................................................................................209 Sterilisationsüberwachung..........................................................................................................221 Gerätekontrolle.........................................................................................................................224 Produktekontrollen....................................................................................................................226 Wartung des Sterilisators............................................................................................................231 E T 10 Umweltschutz und Entsorgung_________________________________________________________ 233 Umweltprobleme / Umweltverschmutzung.....................................................................................233 Abfälle ..................................................................................................................................234 Rechtliche Grundlagen...............................................................................................................235 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen..............................................................238 R 11Qualitätsmagement__________________________________________________________________ 251 Hygieneplan.............................................................................................................................251 Gefahren.................................................................................................................................255 Vergiftungen............................................................................................................................267 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge........................................................269 Sicherheitsorganisation..............................................................................................................270 Arbeitssicherheit ......................................................................................................................274 Kontamination mit biologischen Agentien (Blut, Körperflüssigkeiten)................................................275 Ionisierende Strahlen................................................................................................................285 Quecksilber .............................................................................................................................287 Zytostatika .............................................................................................................................289 Impfschutz für medizinisches Personal.........................................................................................292 Notfallorganisation – Massnahmen bei Ereignissen.........................................................................298 Ereignis mit Strom - Elektrounfälle .............................................................................................301 Ereignis mit Feuer ....................................................................................................................302 12 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz________________________________________________ 305 Stress am Arbeitsplatz...............................................................................................................305 Lasten heben / tragen...............................................................................................................312 Ergonomie am Arbeitsplatz ........................................................................................................319 Qellen ..................................................................................................................................326 Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 7 Lehrkraftausgabe U M R E T S 8 Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Hygiene 1 Hygiene 1.1 U M Aus der antiken griechischen Mythologie stammt das Wort «Hygeia» oder «Hygieia». Dieser entsprechend hatte Asklepios, der griechische Gott der Heilkunde, zwei Töchter: Panakeia, Göttin der Medizin und der Zauberei sowie Hygeia, Göttin der Gesundheit. Letztere war verantwortlich für die Erhaltung der Gesundheit und für die Verhütung von Krankheiten. Von ihrem Namen stammt somit das Wort «Hygiene» ab. Definition S Das Wort Hygiene hat also einen griechischen Ursprung und bedeutet Gesundheit. Was bedeutet gesund / Gesundheit? E T In der Verfassung der WHO (World Health Organization) wird die Gesundheit folgendermassen definiert: «Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheiten oder Gebrechen.» Die World Health Organization, WHO (deutsch Weltgesundheitsorganisation) ist eine Organisation der Vereinten Nationen und wurde am 07. April 1948 gegründet. Der Generalsitz befindet sich in Genf. Es bestehen sechs Regionalbüros mit Sitz in Europa, Asien, Naher Osten (Alexandria), Amerika, Südostasien und Afrika. Sie ist die Koordinationsstelle der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche Gesundheitswesen. R Aufgabe 1.1.1 Welche Aufgaben übernimmt die WHO, um der gesamten Bevölkerung einen bestmöglichen Gesundheitszustand zu ermöglichen? Suchen Sie im Internet. • weltweite Koordination zur Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten • Förderung globaler Impf- und Prophylaxeprogramme • Erhebung und Auswertung weltweiter Gesundheitsdaten • Entwicklungshilfe Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Definition 9 Lehrkraftausgabe Zeitgeschichte der Hygiene Die Hygiene befasst sich somit mit der Gesundheitslehre und die Gesundheitslehre befasst sich beispielsweise mit folgenden Fragestellungen: • • • • • Wie kann die Gesundheit (körperlich, seelisch, geistig und sozial) erhalten werden? Welche Massnahmen helfen Krankheiten vorzubeugen? Wie kann die Entstehung und Ausbreitung von Krankheiten verhindert werden? Welche Umweltfaktoren wirken sich auf die Gesundheit des Menschen aus? Durch welche Massnahmen kann das Wohlergehen gefördert werden? M U Zusammenfassend bedeutet Hygiene: Massnahmen zu treffen, die zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit dienen. Die Hygiene beschäftigt sich mit prophylaktischen Massnahmen zur Vermeidung von Krankheiten, nicht aber mit deren Heilungsmöglichkeiten. Zeitgeschichte der Hygiene S 1.2 Hygiene in den verschiedenen Zeitepochen E T Hygienische Weisungen hatten ursprünglich einen kulturreligiösen Hintergrund. Sie bestanden einerseits aus Geboten (festgelegte Ruhetage, bestimmte Waschungen) und andererseits aus Verboten (der Genuss von Schweinefleisch oder Alkohol wurde untersagt). Aufgabe 1.2.1 Lesen Sie den folgenden Text und fassen Sie die beschriebenen Hygienestadien der verschiedenen Zeitepochen tabellarisch zusammen. Sie finden eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch. Hygiene in verschiedenen Epochen Altertum 10 Hygiene Hygienevorstellung und persönliche Hygiene R Beispiel Einrichtungen / Institutionen Beispiele Beispiele Die Hygiene diente zur Körperreinigung, Gesundheitsförderung und Sinnesfreuden Gemeinschaftsbäder Seuchen Pest Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Hygiene Altertum (12. bis 8. Jahrhundert v. Chr. bis ca. 600 n. Chr.) Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. U M Im Altertum herrschten hohe Hygienestandards. Noch heute findet man Ruinen von Aquädukten, Thermen, Kanalisationen und Latrinen aus der Zeit der Römer und Griechen, die dies bezeugen. S Die Hygiene diente zur Körperreinigung und Gesundheitsförderung aber auch zur Erfüllung von Sinnesfreuden. R E T Der Begriff «Badekultur» war zeichnend für diese Epoche. In öffentlichen Badehäusern wurden Gemeinschaftsbäder, Schwitzbäder, Massagen und die Anwendung von wohlriechenden Crèmen zelebriert. Für die Zeit der geistigen und physischen Wiederherstellung, der Entspannung und der Unterhaltung wurden wahre Paläste errichtet. Durch den gemeinsamen Toilettengang wurde diese Zeit eingeleitet. Man sass entspannt zusammen und sprach über die Geschäfte und Allerlei. Anschliessend folgten Bäder und Massagen bei gleichzeitigen oder gefolgten Lesungen, musikalischer Unterhaltung oder auch dem Vergnügen mit einer Sklavin. Abgerundet wurde alles durch eine ausgiebige Mahlzeit. Trotz der hohen Standards starben im Jahre 430 vor Christus viele Menschen durch die Pest. Die Übertragungswege waren nicht bekannt und es standen keine wirksamen Behandlungsmethoden zur Verfügung. Man war im Glauben, dass schlechte Ausdünstungen die Ursache für Krankheiten waren. So versuchte man durch Räucherungen, Versprühen von z. B. Essig oder Benetzung der Wunden mit Öl / Essig Genesung zu erlangen. Krankenhäuser standen noch keine zur Verfügung. Vor allem in den Tempeln wurde nach Heilung gesucht. Im alten Ägypten waren Methoden zur Keimabtötung, wie bei der Mumifizierung, bekannt. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Zeitgeschichte der Hygiene 11 Lehrkraftausgabe Zeitgeschichte der Hygiene Mittelalter (6. – 15. Jahrhundert) Der eigenen Körper wird gereinigt, der Schmutz gehört auf die Strasse. Im Mittelalter ging das Wissen der Griechen und der Römer verloren. M In den Städten wurde viel Zeit in die Körperhygiene investiert. In öffentlichen Bädern oder Schwitzbädern kamen die Menschen zur Entspannung zusammen und konnten ihre sozialen Kontakte pflegen. Dabei spielte nicht die Körperpflege sondern das persönliche Vergnügen eine besondere Rolle. Gutes Essen, Musik und Frauen gehörten in die Badestuben. Man parfümierte sich und putzte sich heraus. U Weniger Achtung wurde der Hygiene auf der Strasse geschenkt. Oft wurden die Bedürfnisse vor aller Augen auf der Strasse erledigt. Sämtliche Abfälle wie: Pflanzenreste, Schlachtabfälle, Schlachtblut, häuslicher Unrat oder Mist aus den Ställen wurden auf die Strassen entsorgt. Der durch die Regenfälle verteilte Strassenschmutz und die damit verbundenen Geruchsbelästigungen nahmen dadurch überhand an. Die Bäche und Flüsse dienten zur Entsorgung. S E T Auch das Mittelalter war geprägt von Seuchen. Noch immer starben unzählige Menschen an Lepra oder der Pest. In zahlreichen Siechenstationen wurden die Kranken zum Schutz der Stadtbevölkerung isoliert. Durch Räucherungen oder teils sogar Verbrennung ganzer Städte versuchte man dieser Plagen Herr zu werden. Die Bedingungen in den Krankenhäusern waren fürchterlich: mehrere Kranke lagen in einem Bett, Operationen wurden von «Schneideärzten» (Handwerker, Henker) durchgeführt. Die Sterblichkeitsrate war extrem hoch. Renaissance (15. und 16. Jahrhunderts) R Körper = Tabuthema In der Renaissance kämpfte man noch immer mit der Pestepidemie und es kam zu neuen Krankheiten wie z. B. der Syphilis. Zu dieser Zeit war eine Identifikation der Krankheitserreger noch nicht möglich. Es kam zum Bruch mit den vom Altertum herstammenden Hygienevorstellungen. Die These, dass Wasser durch die Hautporen in den Körper eindringe und dabei Krankheiten übertragen würde, vermehrte sich. Folglich wurde das Waschen als ungesund abgestempelt. Die Körperreinigung fand, wenn 12 Hygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Hygiene überhaupt, auf trockenem Wege statt. Lediglich die nicht bedeckten Körperstellen wurden mit einem sauberen, trockenen Tuch abgewischt. Man glaubte, dass durch eine dicke Schmutzschicht die Hautporen verstopft werden und der Körper somit vor eindringenden Krankheiten geschützt ist. Die Menschen überdeckten den Dreck und den Gestank mit Parfüm und Schminke (Puder). Ein weisses Gewand, das schwarz geworden war, so glaubte man, hatte den Schmutz angezogen und die Körperwäsche sei überflüssig. Waren die finanziellen Mittel vorhanden, wurde häufig die Kleidung gewechselt. Weisse Wäsche und Wohlgeruch waren der Inbegriff für Sauberkeit. M Von Ludwig XIV (1638 – 1715) heisst es, er habe während seines ganzen Lebens zwei Mal ein Vollbad genommen. Im Gegenzug schwamm er in Puder, überdeckte sein fettendes Haar mit Perücken und wechselte dreimal am Tag die Wäsche. U 18. Jahrhundert S Im 18. Jahrhundert wurden die ersten Gemeinschaftslatrinen errichtet. Die Abfälle duften nicht mehr wie bis anhin auf die Strasse entsorgt werden, sondern wurden mittels Karren entsorgt. *Hinweis: Einen Einblick in die hygienischen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts gewährt das Buch «Das Parfum» von Patrick Süskind: ein Werk, in dem die Gerüche die zentrale Rolle spielen. Alles in die Kanalisation Hygiene = Prophylaxe E T 19. Jahrhundert R Die Geburtsstunde der modernen Hygiene ist das 19. Jahrhundert. Die Stadtentwicklung schritt zügig voran. Der Ausbau von Klärgruben wurde vorangetrieben. Jeder Neubau musste ein Abflusssystem zur Abwasserableitung, welche schlussendlich in der Kanalisation mündete, vorweisen. Die Abfallentsorgung fand mehrheitlich über die Kanalisation statt. In dieser Zeit wurden die ersten Wassertoiletten gebaut. Hygienemassnahmen wie das Händewaschen oder die tägliche Köperpflege mit Wasser und Seife wurden eingeführt. Einen grossen Beitrag zur Weiterentwicklung der Hygiene leistete die Wissenschaft. Durch sie konnten altbewährte Überzeugungen überholt werden. Mikroorganismen konnten für das Entstehen von Krankheiten ausgemacht werden. Durch das neu erworbene Wissen konnten Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Zeitgeschichte der Hygiene 13 Lehrkraftausgabe Zeitgeschichte der Hygiene entsprechende Schutzmassnahmen abgeleitet werden. Körperpflege, Impfung, Quarantäne und Bekämpfung ansteckender Krankheiten, sind prägende Begriffe für diese Zeit. 20. Jahrhundert 1907 wurde in Paris das internationale Büro für öffentliche Hygiene gegründet. Später entwickelte sich daraus die WHO, die zum Ziel hatte, gemeinsam gegen die Infektionskrankheiten vorzugehen. M Seit Beginn des 20. Jahrhunderts integrierte sich die Hygiene in das alltägliche Leben der Bevölkerung. Es wurde viel Aufklärung betrieben. Dadurch konnte das Hygienebewusstsein gestärkt werden und folglich konnten viele Krankheiten präventiv bekämpft werden. In den Schulen wurde der Hygieneunterricht eingeführt, wodurch alle sozialen Schichten erreicht wurden. Die Wissenschaft schritt ebenfalls weiter voran. U 21. Jahrhundert Das Wiederaufflammen ehemaliger Plagen wie Tuberkulose oder Ebola, die Entstehung neuer Seuchen (SARS) und das Auftreten antibiotikaresistenter Keime beschäftigen uns in der heutigen Zeit. S E T Die Sitten zwischen den verschiedenen Kulturen unterscheiden sich noch heute mehr oder weniger stark. Oft liegt der Grund in den unterschiedlichen Umweltbedingungen (z. B. bedingt durch Wassermangel). Bis in die heutige Zeit nehmen religiöse Reinheitsgebote und -rituale eine grosse Rolle ein. Wie bei den Indern, die zur Reinigung von Sünden und zum Erlangen der Absolution im Fluss Ganges baden, obwohl er zu den am stärksten verschmutzten Flüssen der Welt zählt. Labile politische Situationen, Kriege, Terroranschläge, Klimaveränderung und die zunehmende Umweltbelastung sind weitere Themen, die uns im 21. Jahrhundert beschäftigen. R Résumé Durch die Sanierung unserer Städte, Gesundheitserziehung, Impfstoffentwicklung und Förderung der öffentlichen Gesundheit, Technik sowie Forschung konnte die Lebensqualität und -erwartung signifikant gesteigert werden. Lag die Lebenserwartung eines Römers vor 2000 Jahren bei zirka 45 Jahren, liegt sie heute in der Schweiz bei über 80 Jahren. Von der gewonnen Lebenserwartung sind ca. 1/6 der kurativen (heilenden) und 5/6 der präventiven (vorbeugenden) Medizin zuzuschreiben. Dies führt zu einer Zunahme des Anteils alter Menschen an der Gesamtbevölkerung. Dadurch müssen wir uns heute intensiver mit den durch die Alterskrankheiten bedingten Anforderungen beschäftigen. Schlussendlich stellt sich auch die Frage, wie trotz des hohen Alters eine gute Lebensqualität sichergestellt und ein würdiges Sterben ermöglicht werden kann. Es soll zum Ziel sein, die dazugewonnenen Lebensjahre mit Lebensqualität zu füllen. 14 Hygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Hygiene 1.3 Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene Aufgabe 1.3.1 Ergänzen Sie den fehlenden Text. Suchen Sie dazu im Internet nach der genannten Persönlichkeit. Beschreiben Sie: Entdeckungen, Erfindungen, Arbeiten der genannten Person. Erbauer seiner eigenen Mikroskope M Antony Van Leeuwenhoek Holländer 1674: Beschrieb erstmals Bakterien, ohne deren wirkliche Bedeutung zu kennen, beschrieb Bazillen, Kokken U und Spirillen. «animalculi» = winzig kleine Tierchen, kleine Insekten, die man mit blossem Auge nicht sieht. Sah 1668 als Erster die roten Blutkörperchen. S Beschrieb 1677 Samenzellen von Insekten und Menschen. 1774: Entdecker vom Chlor. E T Carl Wilhelm Scheele Deutsch-schwedischer Apotheker & Chemiker Chlor wurde einige Jahre später in Verbindung mit Wasser/Natronlösung zur Desinfektion verwendet (Eau de Javel). Carl Wilhelm Scheele isolierte und untersuchte viele chemische Verbindungen und trug zur Entdeckung mehrerer Elemente bei, beispielsweise der des Sauer- R stoffs. (sowie Stickstoff, Barium,…) Johann Peter Frank 1779 - 1819: Herausgeber des sechsbändigen Werkes Deutscher Arzt «System einer vollständigen medicinischen Polizey». Er gilt als Pionier in der Sozialmedizin und im öffentlichen Gesundheitsdienst sowie als Gründer der Hygiene als universitäres Fach. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene 15 Lehrkraftausgabe Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene Edward Jenner Edward Jenner Englischer Landarzt 1796: Impfprinzip: 23 Kinder wurde mit Kuhpockenerreger (= ähnliche Krankheit wie Pocken mit gutartigem Verlauf) geimpft. Der Impfstoff wurde als «Vakzin» bezeichnet, wovon später der Begriff «Vakzination» = Impfung abgeleitet wurde. M Jean Lugol Französischer Arzt U Ignaz Semmelweis Ignaz Semmelweis Ungarisch-österreichischer Arzt 1829: Hersteller und Anwender von Jod-Lösung als Antiseptikum. 1846/1847: Begründer der Händehygiene und –desinfektion S Retter der Mütter – Erkennung von Krankheitsursachen und ihrer Bekämpfung durch Asepsis: R E T Ignaz Semmelwies war Assistenzarzt in der Wiener Klinik für Geburtshilfe. Die Klinik wurde in zwei Abteilungen gegliedert: eine wurde von Ärzten und Medizinstudenten, die sich dem gesamten Patientenspektrum (Geburten, Operationen, Leichensektionen) widmeten, geleitet. Für die anderer Abteilung waren ausschliesslich Hebammen zuständig. Die «Ärzteabteilung» hatte denklich mehr Todesfälle durch das Kindbettfieber zu verzeichnen. Durch Untersuchungen an den Wöchnerinnen wollte Ignaz Semmelweis dieser Tatsache auf den Grund gehen. Allerdings stiegen die Todesfälle in seiner Abteilung trotzdem weiter an. Als ein Gerichtsmediziner, nach einer während der Leichensektion zugeführten Schnittverletzung, einige Tage später an einer Sepsis verstarb, glaube er, die Ursache der hohen Sterblichkeitsrate gefunden zu haben: Mediziner führten Obduktionen durch und mit ungewaschenen Händen untersuchten sie zwischendurch die Gebärenden. So wurde infektiöses Material von den Leichen auf die Patienten übertragen. Die Hebammen hingegen kamen nicht mit den Leichen in Berührung. Daraufhin wies Semmelweis die Studenten an, sich nach einer Leichensektion die Hände mit Chlorkalk zu desinfizieren. Der Erfolg stellt sich schnell ein und die Anzahl Todesfälle konnte minimiert werden. Als auf einen Schlag eine grosse Anzahl Wöchnerinnen verstarben, erkannte er, dass die Gefahr einer Infektion nicht nur von Leichen sondern auch von lebenden Personen her kam. Er konnte erklären, wie eine Infektion zu Stande kommt. (Übertragung der Erreger über die Hände). So ordnete er an, sich vor jeder Untersuchung die Hände zu desinfizieren. Durch diese Massnahme wurde die Sterblichkeitsrate drastisch gesenkt. Die Rate lag sogar geringfügig unter jener der Hebammenabteilung. 16 Hygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Hygiene Die konsequente Händedesinfektion wurde jedoch trotz des sichtlichen Erfolges nicht weiter angewandt. Die «Sauberkeit» wurde für nicht nötig empfunden und viele Ärzte wollten nicht einsehen, dass oft sie selbst die Infektionen verursachten. Es folgten Anfeindungen und Intrigen der Berufskollegen. Semmelweis siedelte daraufhin erbost nach Pest (heute Budapest) über, wo heute die nach ihm benannte SemmelweisUniversität steht. Er verfasste viele Schriften, jedoch ohne nennenswerten Anklang. 1865 starb er in Wien in einer Irrenanstalt an einer Blutvergiftung, jener Krankheit, die er bekämpft hatte. U M Semmelweis Entdeckung wurde erst nach seinem Tod anerkannt, als 1867 Joseph Lister die Desinfektion während Operationen einführte. Vor allem in englischen Sprachraum gibt es heute noch den nach dem ungarischen Arzt benannten Begriff «Semmelweis-Reflex»: Dabei wird eine wissenschaftliche Entdeckung ohne ausreichende Überprüfung unmittelbar abgelehnt und der Urheber bestraft. 1879: Gründer des Institutes für Hygiene in München (LMU). Adolf Neubauer Initiator der Trennung von septischen und aseptischen Operationen. 1886: S Max von Pettenkofer Bayrischer Arzt & Pharmazeut Adolf Neubauer Curt Schimmelbusch Deutscher Mediziner & Pathologe 1889: E T Eröffnung einer Klink mit abwaschbaren OP-Wänden. führte Behälter ein, in denen das Sterilgut bis zur Verwendung gelagert wurde (Schimmelbuschtrommeln). Äthernarkose durch eine Drahtgeflechtsmaske R Claude Bernard Französischer Physiologe 1865: Er nahm nichts für selbstverständlich, widerlege viele traditionelle Lehrmeinungen und verliess sich auf Tierversuche. Entdeckte die Funktion von Bauchspeicheldrüse und Leber bei den Verdauungsvorgängen. «Der Keim ist nicht, das Millieu ist alles.» Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene 17 Lehrkraftausgabe Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene Joseph Lister Britischer Mediziner 1867: Führte die Antisepsis in die Chirurgie ein: Desinfektion von Wunden mit Karbolsäure (erst über Vernebelung, dann mit getränkten Wundverbänden). M Robert Koch Deutscher Mediziner und Mikrobiologe 1876: Entdeckte den Erreger des Milzbrandes mit Hilfe von Nährböden. 1882: Entdeckung des Tuberkelbazillus 1905: Nobelpreis für Medizin Entdeckte Erreger von Gonorrhoe (Tripper), Cholera, U Meningitis, Pest und Syphilis Louis Pasteur: Französischer Naturwissenschaftler 1879: Erkannte das Wirkprinzip des Impfstoffes mit E T Louis Pasteur S 1891 wurde er Direktor am Institut für Infektionskrankheiten in Berlin, das für ihn errichtet worden war und später den Namen Robert Koch-Institut (RKI) erhielt. Das RKI besteht noch heute und fungiert unter dem Leitsatz «Gesundheit schützen, Risiken erforschen» (Leitbild Robert Koch-Institut). Es ist eine zentrale Bundeseinrichtung und beschäftigt sich mit der öffentlichen Gesundheit. Es setzt sich mit Infektionskrankheiten und nicht übertragbaren Krankheiten auseinander und nimmt eine zentrale Überwachungs- und Forschungsfunktion für Deutschland ein. In der Schweiz ist die «Swiss Medic» eine ähnliche Institution. Hilfe von abgeschwächten Erregern. 1885: • Erste Tollwutimpfung am Menschen • Pasteurisierung • Entdeckung der Strepto-, Pneumo- und Staphylokokken R Pasteurisation: Louis Pasteur wurde gebeten zu untersuchen weshalb das Bier durch eine offensichtliche Geschmacksveränderung ungeniessbar wurde. Er konnte aufzeigen, dass Bakterien für diesen Verderbnisprozess verantwortlich sind. Es gelang ihm, diese Schädlinge durch Hitze abzutöten und er wandte dieses Verfahren für die Milchherstellung an. Diese Voraussetzung um die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu gewährleisten wird seither als Pasteurisierung bezeichnet. Charles Chamberland 18 Hygiene 1880: Erfand den erster Druckdampf-Sterilisator. Jahre darauf wurde von Friedrich Trendelenburg der Dampfsterilisator in den Operations-Sälen eingeführt. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Hygiene Alexander Fleming Schottischer Bakteriologe 1928: Entdeckte die antibiotische Wirkung des Penizil- Alexander Fleming lins (hochwirksames, keimtötendes Mittel), welches jedoch erst 10 Jahre später als Antibiotikum eingesetzt wurde. Entdeckte das Lysozym, ein Enzym, das starke antibakterielle Eigenschaften aufweist und in verschiedenen Körpersekreten wie Tränen und Speichel vorkommt. M Penicillin – durch Zufall entdeckt U Im Jahre 1928 beimpfte Fleming vor seinen Sommerferien eine Agarplatte mit Staphylokokken. Nach seiner Rückkehr entdeckte er, dass auf dem Nährboden ein Schimmelpilz gewachsen war. Dort wo sich der Pilz befand, gingen die Bakterien ein und im unmittelbaren Umfeld fand kein Wachstum statt. Fleming nannte dieses Stoffwechselprodukt des Schimmelpilzes, das die Bakterien abtötete, Penicillin. Er untersuchte den neu gefunden Stoff und erkannte, dass Penicillin lediglich grampositive nicht aber gramnegative Bakterien eliminiert und dass es für menschliche Zellen ungefährlich ist. Entgegen all diesen Fakten fand er in der Öffentlichkeit wenig Anklang. Ihm gelang es nicht, aus dem Pilz eine Essenz zur Medikamentenherstellung zu gewinnen und so gab er weitere Versuche auf. Zehn Jahre später stiessen Howard Florey, Norman Heatley und Ernst Chain (Wissenschaftler) auf Flemmings Untersuchungen. Es gelang ihnen, das Penicillin zu isolieren, zu reinigen und in grösseren Mengen zu produzieren. Sie untersuchten seine therapeutische Wirkung erst an Tieren und später an Menschen. So wurde im Februar 1941 der erste Patient mit Penicillin behandelt. Ein Jahr später wurde die industrielle Herstellung lanciert. Es galt als Wundermittel im 2. Weltkrieg. Allerdings war die Herstellung nicht ausreichend und es wurde lediglich für die Streitkräfte eingesetzt. Auf Grund der Knappheit war es üblich, den Urin von Penicillinpatienten zu sammeln und das Antibiotikum daraus zurückzugewinnen. Ab 1944 erfolgte dann die grosstechnische Produktion und er war für die gesamte Bevölkerung zugänglich. E T S Als Entdecker des Penicillins gilt Alexander Flemming. Doch bereits in früheren Zeitabschnitten wurde der Schimmelpilz zur Heilung angewandt. Die Nubier tranken Bier, das antibakteriell wirkte. Bei den Alten Ägypter wurden Entzündungen mit Heilgetränken aus Getreidegebräu behandelt. In der Antike und im Mittelalter wurden zur Prophylaxe schimmlige Lappen auf Operationswunden aufgetragen. Der Wirkstoff wurde jedoch nicht erkannt. Im 19. Jahrhundert konnte erstmals der Zusammenhang zwischen Schimmelpilzen und Bakterienwachstum aufgezeigt werden. So zu Beispiel behandelte Joseph Lister einen Abszess mit einem Schimmelpilz. Doch diese Ergebnisse wurden nicht veröffentlicht oder fanden keine Resonanz. 1930-er Jahren: R René Dubos Französischamerikanischer Mikrobiologe Pionier der Antibiotikaforschung (Isolation von antimik- robiellen Substanzen) aus Bodenbakterien. 1939 isolierte er die antimikrobioelle Substanz Tyrothricin und zeigte, dass es die Fähigkeit besass, bestimme bakterielle Infektionen zu heilen. Es wurde jedoch nicht als Antibiotikum eingesetzt, da es toxische Nebenwirkungen hatte. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene 19 Lehrkraftausgabe Hygiene im Alltag 1.4 Hygiene im Alltag Alltägliche Hygienefragen treffen wir im persönlichen Bereich (Körperpflege, Haushalt, etc.) aber auch in Unternehmungen und öffentlichen Einrichtungen an. Die Hygiene kann in etliche Gruppen unterteilt werden. U HYGIENE M Umwelt Luft Wasser Boden persönliche Körperpflege Haushalt Psychohygiene soziale Kommunikationsfähigkeit Beziehungsfähigkeit Kontaktfähigkeit S Arbeitsplatz E T Umwelthygiene Personal Betriebshygiene Umwelthygiene R Die Umwelthygiene befasst sich mit chemischen, mikrobiologischen und physikalischen Einflüssen auf die menschliche Gesundheit. In den Fokus fallen Themengebiete wie Luft, Abfälle, Wasser, Wetter, Klima, Nahrungsmittel oder Strahlung. Diese Aspekte können sich positiv oder negativ auf die Menschheit niederschlagen. In der Umwelthygiene werden Zusammenhänge ermittelt und analysiert, damit positive Auswirkungen gefördert werden und nachteilige verhindert oder verbessert werden. Für eine Vielzahl der schädigenden Einflüsse sind wir Menschen selbst verantwortlich: • Elektromagnetische Strahlung der Mobiltelefone • Luftschadstoffe von Industrie oder Verkehr • Verunreinigung vom Erdgut durch industrielle Abfälle • usw. Vermehrt nehmen die auf uns schädlich wirkenden Umwelteinflüsse eine dominante (überlegene) Rolle ein. In diesem Zusammenhang sprechen wir von Umweltverschmutzung. Für uns Lebewesen nehmen durch zunehmende Technisierung, zunehmendem Brenn- und Rohstoffverbrauch und der daraus vermehrten Abfallproduktion die gesundheitsschädigenden 20 Hygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Hygiene Substanzen überhand. Durch den Anstieg der Bevölkerungszahl wird der Energie- und Rohstoffbedarf weiter anwachsen, was wiederum die Schadstoffbelastung intensiviert. Um das ökologische Gleichgewicht der Erde langfristig, für unsere kommenden Generationen, zu gewährleisten, müssen Massnahmen getroffen werden, wie z. B.: • Einsetzen von erneuerbaren Ressourcen (Solar-,Wind- und Wasserkraft) • Reduktion der Schadstoffemission • Regenerationsfähigkeit erneuerbarer Naturgüter (Wälder, Fischbestände) fördern Luft U M Auch wenn sich der Erfolg nicht unverzüglich sichtbar einstellt, sollte jedes Individuum seinen Teil dazu beitragen und auch auf politischer Ebene müssen entsprechende Richtlinien und Massnahmen geregelt werden. Nur so ist es langfristig möglich, die oben genannte negative Entwicklung zu verhindern respektive zu verlangsamen. Die Verschmutzung der Luft wirkt sich sowohl auf die menschliche Gesundheit (z .B. bodennahes Ozon) als auch auf die Umwelt (Versauerung) aus. S E T Der grösste Teil der Verschmutzung wird durch das menschliche Tun verursacht. Durch Energienutzung im Eigenheim, in der Industrie, im Verkehr und in der Landwirtschaft produzieren wir Emissionen. Die Partikel aus den Verbrennungsvorgängen werden in der Atmosphäre zu Säuren umgewandelt, welche als «Saurer Regen» das Erdreich versauern. Was wiederum schädlich für viele Kulturpflanzen ist. Ozon verhält sich vielfältig. Ozon in der Stratosphäre schützt uns Menschen vor der gefährlichen Ultraviolettstrahlung der Sonne. Auf der Erdoberfläche, hat zu viel Ozon in der Atemluft eine schädliche Auswirkung auf uns. R Durch eine gesetzlich geregelte Herabsetzung der Obergrenze für die Schadstoffbelastung und eine Senkung der Emissionshöchstmengen wird gegen die Luftverschmutzung vorgegangen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Hygiene im Alltag 21 Lehrkraftausgabe Hygiene im Alltag Treibhauseffekt: Durch die Aktivitäten der Menschen werden vermehrt Treibhausgase in die Atmosphäre geleitet. Ein grösserer Teil der Strahlen wird von der Atmosphäre absorbiert und erneut auf die Erde zurück gestrahlt. Dadurch heizt sich die Luft in Bodennähe zusätzlich zum natürlichen Treibhauseffekt auf. Das lebenswichtige Glasdach wird so zu einer lebensgefährlichen Falle. 1 2 T 4 Erde Atmosphäre E T kurzwellige Sonnenstrahlung erwärmt die Erdoberfläche Die Erdoberfläche gibt langwellige Infrarotstrahlung ab. Die Treibhausgase (T) nehmen einen Teil der Infrarotstrahlung auf und geben ihrerseits Infrarotstrahlung ab. Ein Teil der von den Treibhausgasen ausgesendete Strahlung gelangt an die Erdoberfläche zurück. Dies führt zu einer Erwärmung der Erdoberfläche. R Wasser T T S 1 2 3 4 3 T U M Sonne Sauberes Wasser ist die Basis des Lebens. Das Wasser wird weltweit durch die Industrie, die Landwirtschaft, durch Privathaushalte und Gemeinden verschmutzt. Die Industrie verunreinigt das Wasser, indem sie giftige Produktionsnebenstoffe direkt in die Gewässer einleitet. Vielfach werden anfallende Giftstoffe nicht fachgerecht entsorgt und gelangen indirekt ins Grundwasser. Des Weiteren führen Unfälle (z .B. Tankerunfälle) dazu, dass grosse Mengen problematischer Stoffe in unser Ökosystem gelangen. Durch die Überdüngung in der Landwirtschaft oder der unbedachte Gebrauch von Kunstdünger, Pflanzen- und Insektengiften wird das Wasser belastet. 22 Hygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Hygiene Durch den übermässigen Einsatz von Reinigungsmitteln tragen die Privathaushalt ebenfalls ihren Anteil zur Verunreinigung bei. Die fehlerhafte Entsorgung von Farben, Verdünnungsmittel, Altbatterien, alter Medikamente oder Altöl steuert weiter dazu bei. In vielen Gemeinden ist bei starken Regenfällen die Kapazität der Kläranlagen ausgeschöpft und grosse Mengen ungereinigtes Wasser gelangt in die Natur. Letztendlich ist auch das Regenwasser belastet: sich in der Luft befindliche Giftstoffe werden durch den Regen auf die Erde befördert. M Jedermann sollte Massnahmen treffen, um eine negative Einwirkung auf die Gewässer zu vermeiden. In der Schweiz regelt das Gewässerschutzgesetz (GSchG) den sicheren Umgang mit ober- und unterirdischen Gewässer. Ein Verstoss kann dabei mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. U Boden Die «Gesundheit» des Bodens ist für die Menschheit von wichtiger Bedeutung. Sie steht in engem Zusammenhang mit der Wasser- und Lufthygiene. Bereits in der Luft wird der feuchte Niederschlag mit Schadstoffen akkumuliert (angereichert). Trifft er auf den Erdboden nimmt er weitere, dort abgelagerte (Schad-) Stoffe auf. Das Wasser versickert im Boden und die schädlichen Stoffe werden zum Teil im Erdgut zurückgehalten. S E T Doch auch hier spiegelt sich ein Wiederspruch in unserem Verhalten: Einerseits leiten wir Menschen eine Vielzahl von Abfallstoffen in den Boden, andererseits entnehmen wir ihm unser Trinkwasser, ernähren uns von Pflanzen, die auf ihm gedeihen oder wir konsumieren das Fleisch der Tiere, die diese Pflanzen fressenden. Aufgabe 1.4.1 Halten Sie fest, welche konkreten Massnahmen Sie zum Schutz der Umwelt treffen können. Diskutieren Sie ihre Ideen im Plenum. • Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel • Anschaffung energiesparender Geräte (Energieklasse A / AA) • Einkauf saisonaler Produkte (Gemüse, Früchte) R • Abfalltrennung • zu Fuss statt mit dem Auto für kleinere Strecken • Einsatz von Energiesparlampen • duschen statt baden • beim Zähneputzen Wasser nicht laufen lassen, etc. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Hygiene im Alltag 23 Lehrkraftausgabe Hygiene am Arbeitsplatz Hygiene am Arbeitsplatz 1.5 Hygiene am Arbeitsplatz Die Schwerpunkte der Hygienevorschriften am Arbeitsplatz werden je nach Berufsfeld unterschiedlich stark gewichtet. Die grundsätzlichen Regeln sind überall die gleichen. Nur gelten zum Beispiel im Gastgewerbe zum Teil strengere Regeln als für jemanden der im Büro arbeitet. M Im Allgemeinen lässt sich die Arbeitsplatzhygiene aufteilen in die Personal- und Betriebshygiene. Jedoch spielen am Arbeitsplatz die Bereiche der persönlichen Hygiene, der Sozial- und Umwelthygiene ebenfalls eine dominante Rolle. U Personalhygiene Sie regelt wichtige Punkte wie: • Kleidung • Hände • Tragen von Schutzausrüstung • Haare • allgemeine Körperhygiene S Betriebshygiene Sie regelt Massnahmen, die im Zusammenhang mit dem Gebäude und der Räumlichkeiten stehen. E T Hygiene am medizinischen Arbeitsplatz Wichtige Eckpfeiler der Hygiene in medizinischen Einrichtungen sind Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Strahlenschutz und Umweltschutz. Folgende Punkte werden dabei geregelt: Verhütung von Infektionskrankheiten (Eigenschutz- und Fremdschutz) Schutz vor Innenraumbelastungen (Strahlen, gefährliche Stoffe, Allergien) umweltgerechte Abfallentsorgung Gestaltung eines behaglichen, gesundheitsfördernden Arbeitsplatzes Festigung des physischen, psychischen und sozialen Wohlergehens R • • • • • Auf die relevanten Punkte der Hygiene in der Arztpraxis wird in später folgenden Kapiteln eingegangen. 24 Hygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit 2 Infektionskrankheit U M R E T S In der Umgangssprache wird eine Infektionskrankheit auch als «Infekt» oder «ansteckende Krankheit» bezeichnet. Hervorgerufen werden Krankheiten durch Pathogene = Krankheitserreger. Achtung: Eine Erkrankung ist nicht automatisch einer Infektion gleichzustellen, da nicht jede Infektion notwendigerweise zu einer Erkrankung führt. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Hygiene am Arbeitsplatz 25 Lehrkraftausgabe Grundbegriffe – Glossar Das Wort Infektion stammt vom lateinischen Wort «inficere» ab und bedeutet «anstecken» «vergiften» oder wörtlich «hineintun». In der Umgangssprache spricht man von «Ansteckung». Damit bezeichnet man das aktive oder passive Eindringen, Verbleiben und Vermehren von • pathogenen Lebewesen z. B. Bakterien, Pilze, Parasiten oder • pathogenen Molekülen z. B. Viren und Prionen M in einem Organismus. *Hinweis: Beachten Sie hierzu auch die Unterlagen zum Richtziel «1.4.3 Medizinische Grundlagen, Krankheitslehre/ Pathologie» U Grundbegriffe – Glossar 2.1 Grundbegriffe – Glossar E T S Aufgabe 2.1.1 a) Suchen Sie nach den fehlenden Begriffen und schreiben Sie Ihre persönliche Definition dazu. b) Vergleichen Sie die Definitionen innerhalb der Klasse. c) Lernen Sie die Begriffe und Definitionen indem Sie sich gegenseitig abfragen. *Hinweis: Sie finden eine Memory-Vorlage auf www.mympa.ch, Hygiene Anthroponose Ist ein Sammelbegriff für Infektionserkrankungen mit Erregern, deren einziger natürliche Wirt der Mensch ist. DNS = DNA Desoxyribonukleinsäure = DNS R Deoxyribonucleic acid = DNA (englisch) Träger der Erbinformation, welcher in allen Lebewesen und in bestimmten Virentypen vorkommt Eukaryoten eukaryotisch Sammelbegriff: Bezeichnet zelluläre Lebewesen, die einen Zellkern besitzen Gen Als Gen wird der Träger von Erbinformation bezeichnet, der sich in jeder Zelle befindet. Ein Gen beschreibt einen Abschnitt auf der DNA. 26 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Genom Erbgut eines Lebewesens oder eines Virus iatrogene Infektion Eine Infektion, welche man sich durch ärztliche Massnahmen zugezogen hat. Infektionskrankheit Eine Ansteckung mit entsprechenden Symptomen (Krankheitszeichen) Infektiosität Die Infektiosität beschreibt wie schnell ein Krankheitserreger, nach Übertragung, seinen Wirt infizieren kann. M Inkubationszeit Der Zeitraum zwischen der Aufnahme der Erreger = Ansteckung bis zum Auftreten der ersten Symptome. invasiv U Als invasiv werden alle diagnostischen und therapeutischen Handlungen mit instrumentellem Eindringen in den Körper bezeichnet (die Haut / Schleimhaut wird dabei verletzt). Dazu gehören in der Arztpraxis Tätigkeiten wie: Blutentnahme, Injektionen, Infusionen, kleinchirurgische Eingriffe etc. (mikrobielle) Kontamination Wird auch als «Anschmutzung» bezeichnet und bedeutet, dass S Flächen, Materialien, Gegenstände beabsichtigt oder versehentlich mit Erreger wie: Bakterien, Viren, Hefe- und Schimmelpilze, Protozoen oder deren Toxine und anderen Nebenprodukten Krankheit E T behaftet sind. Als Krankheit bezeichnet man die Funktionsstörung eines Organes, des gesamten Organismus oder der Psyche. Reaktionszeit, Verzögerungszeit oder Verweilzeit ist der Zeitraum zwischen einer Aktion und dem Eintreten einer verzögerten Reaktion. Somit bezeichnet die Latenzzeit im medizinischen Umgang die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Beginn der Infektiosität = Einwirken auf den (Wirt / Wirtzelle). Beispiel: Wenn ein Virus eine Zelle befällt, wird die Zelle (Wirtzelle) zur Virusfabrik umfunktioniert. Dabei wird die Virus-DNA in die Wirt-DNA integriert. Die Zellen «umprogramierten» Zellen vermehren sich. Mutualismus / mutualistische Symbiose Eine Beziehung zwischen zwei unterschiedlichen Arten = Symbiose, aus der beide Partner einen Nutzen haben = mutualistisch R Latenzzeit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Grundbegriffe – Glossar 27 Lehrkraftausgabe Grundbegriffe – Glossar Nosokomiale Infektion Man nennt sie auch Krankenhausinfektion. Sie bezeichnet eine Infektion eines Patienten in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung, die zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht vorhanden war. Dazu gehören Infektionen, die Patienten im Krankenhaus erwerben (die nach ca. 48 Std. ausbrechen), jedoch erst nach der Entlassung in Erscheinung treten sowie berufsbedingte Infektionen bei Mitarbeitern der Einrichtung. Nukleoid Als Nukleoid bezeichnet man das Genom der Prokaryoten, welches nicht von einer Kernmembran umgebene ist. M Als Nukleus wird der Zellkern der Eukaryoten bezeichnet, welcher neben der DNA auch RNA und diverse Proteine enthält. Parasitismus / Schmarotzertum Parasitismus ist die ausbeuterische Beziehung zwischen zwei unterschiedlichen Arten. Ein Partner (= Parasit / Schmarotzer) lebt auf Kosten des anderen (= Wirt). Der Wirt wird dabei geschädigt. In der Regel tötet der Parasit den Wirt nicht, da er von ihm abhängig ist. U Nukleus Pathogene Sind Krankheitserreger, die in einem Organismus gesundheitsschädliche Störungen verursachen. S Pathogenität Ist die Fähigkeit eines Erregers, eine Krankheit bei einem bestimmten Wirt auszulösen. Prokaryoten prokaryotisch Sammelbegriff: Bezeichnet zelluläre Lebewesen, die keinen E T Zellkern besitzen Prophylaxe RNS = RNA Vorbeugung / vorbeugender Schutz Ribonukleinsäure = RNS Ribonucleic acid = RNA (englisch) Substanz für die Umsetzung der Erbinformation. Sie spielt eine R wichtige Rolle bei der «Proteinbiosynthese» - sie liefern die Bauanleitung der Proteine. Serotyp / Serotypen Untergruppen von Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Viren) Superinfektion Von einer Superinfektion spricht man in der Medizin, wenn bereits ein viraler Infekt vorliegt und ein neuer nun bakterieller Infekt das gleiche Organsystem befällt. Symbiose 28 Infektionskrankheit Das Zusammenleben zweier oder mehrere unterschiedlicher Arten, wobei alle (Wirt und Gast) daraus einen Nutzen ziehen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Toxine Organische oder synthetische Giftstoffe Toxischer Schock Das Toxische Schocksyndrom (TSS) ist ein schweres Kreislauf- und Organversagen. Hervorgerufen durch Bakterientoxine. Vektor / Vektoren Als Vektor wird ein Organismus bezeichnet, der einen pathogenen von einem Wirtsorganismus zu einem anderen transportiert. Virulenz Damit wird die Infektionskraft bzw. der Ausprägungsgrad der krankmachenden Eigenschaft eines Erregers bezeichnet. Das heisst die Schwere des Schädigungsmusters bei einer Erkrankung. M Wirt Als Wirt bezeichnet man einen Organismus, der zusätzlich einen oder mehrere andere Organismen mit Ressourcen versorgt. In der Regel ist der Wirt das grössere Lebewesen. U Zoonosen Sind Infektionskrankheiten, die von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragen werden können. Ein gehäuftes Auftreten einer Infektionskrankheit kann mit folgenden Begriffen näher beschrieben werden: S Wird oft auch als Seuche genannt. Als Epidemie bezeichnet man ein gehäuftes Auftreten einer Krankheit, die zeitlich und örtlich begrenztes vorkommt. Endemie Zeitlich unbegrenztes (Dauerdurchseuchung), örtlich begrenztes Vorkommen einer Krankheit. Z. B. durch Zecken übertragene FSME oder Malaria Pandemie Zeitlich und örtlich unbegrenztes Vorkommen einer Krankheit. Z. B. Grippepandemien oder AIDS Inzidenz Zahl der Neuerkrankungen/-infektionen Letalität Anteil der Erkrankten / Infizierten, die an diesem Leiden versterben. Morbidität Zahl, der in einem bestimmten Zeitraum an einer bestimmten Krankheit leidenden Personen. Mortalität R E T Epidemie Zahl, der in einem bestimmten Zeitraum an einer Krankheit / Infektion Verstorbenen. Achtung: Dieser Begriff wird oft mit der Letalität verwechselt. Prävalenz Zahl der Erkrankten / Infizierten an einem bestimmten Stichtag Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Grundbegriffe – Glossar 29 Lehrkraftausgabe Mikrobiologie – LZ 1.5.1.2 Mikrobiologie LZ 1.5.1.2 2.2 Mikrobiologie – LZ 1.5.1.2 Die Mikrobiologie ist ein Teilgebiet der Biologie. Bei der Mikrobiologie handelt es sich um die Wissenschaft und Lehre von den Mikroorganismen = Einzeller oder Wenigzeller, sie gelten als die kleinsten und einfachsten aller bekannten Lebewesen und sind mit blossem Auge nicht erkennbar. Als Einzeller unterscheiden sie sich von den Pflanzen, Tieren und Menschen, deren Zellen unter natürlichen Bedingungen nur im Verband mit dem vielzelligen Organismus lebensfähig sind. M Aufgabe 2.2.1 a) Welche Mikroorganismen kennen Sie bereits? Zählen Sie diese auf. • Bakterien U • Viren • Pilze • Prionen • Mikro-Algen (ein- bis wenigzellige Algen) S • Protozoen E T b) Diese werden in zwei Kategorien eingeteilt. Ordnen Sie zu. • pathogene Lebewesen: Bakterien, Pilze, Parasiten, Algen • pathogene Moleküle: Viren und Prionen R 30 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit 2.3 Infektionswege Infektionswege Infektionsweg Bewegungsprofil eines pathogenen Erregers Infektionsquelle M • Ursprung = Ort, an dem Erreger leben, sich vermehren, von wo sie sich ausbreiten • Mögliche Quellen = Menschen, Tiere, Umwelt: Gegenstände, Substanzen, Umgebung • Infekt.-typen • Infekt.-verlauf •Primärinfektion •Sekundärinfektion / Superinfektion • Reinfektion Infektionstypen •Transiente Infektion •Persistierende Infektion Herkunft der Erreger U Art der Erregerkontakte •Kontakt-/ Schmirinfektion •Tröpfchen •Aerogene Infektion •Umwelt •Vektoren Infektionsverlauf: •foudroyan •akut •subakut •chronisch •latent •rezidivierend Empfänger Eintrittspforte • Enterale Infektion • Parenterale Infektion • Ein gesunder Mensch: Er verfügt über Abwehrmechanismen • Ein Infektion gefährdeter Mensch z. B. mit: >chronischer Grunderkrankung, z. B. Diabetes mellitus >Störungen des Immunsystems >schlechtem Ernährungszustand >Tumorerkrankung >momentaner Strahlentherapie >mit Alkoholkrankheit >aktueller Antibiotikumbehandlung >unter immunsuppressiver Therapie z. B. Zytostatika Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R E T S •Endogene Infektion •Exogene Infektion: >direkte Infektion >indirekte Infektion Übertragungswege Infektionswege 31 Lehrkraftausgabe Infektionswege M Infektionsquellen •Menschen Man spricht von einer Anthroponose, wenn für pathogene Erreger der Mensch der einzig natürliche Wirt ist. Dies ist zum Beispiel der Fall bei: Keuchhusten, Masern. • Tiere Man spricht von einer Zoonose, bei Infektionskrankheiten die von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragen werden. Dies ist zum Beispiel Fall bei: FSME (Zecken), Toxoplasma gondii (Katzen), Salmonellen (Nutztiere). •Umwelt > Erde – zum Beispiel bei: Clostridium tetani > Wasser – zum Beispiel bei: Vibrio cholerae > Gegenstände U Art der Erregerkontakte • Primärinfektion = Erstkontakt mit dem Erreger • Sekundärinfektion / Superinfektion = der bereits infizierte Körper wird mit einem weiteren Krankheitserreger infiziert. Oft wird die Erstinfektion durch Viren ausgelöst. Weitere Bakterien oder Viren lösen dann im geschwächten Körper eine Sekundärinfektion aus. • Reinfektion = Zweitinfektion S R E T Infektionstypen • Transiente Infektion = Hit-and-run-Mechanismus (englisch: zuschlagen und wegrennen). Bei einer transienten Infektion ist es als so, dass der Wirt den eingedrungenen Viren nur für eine sehr kurze Zeit für die Vermehrung zur Verfügung steht und meistens auch nur einmal vom demselben Virusstamm infiziert werden kann. Erkrankungen durch transiente Infektionen verlaufen meist akut und selbstlimitierend, da die Wirtzelle entweder vom Virus selbst oder vom körpereigenen Immunsystem «zerstört» wird. Auf diese Art verlaufen z. B. Erkrankungen wie: Masern, Mumps, Röteln, Hepatitis A, Tollwut, Ebola usw. •Persistente Infektion = Infect and Persist (englisch: infect and persist = infizieren und verbleiben). Bei der persistenten Infektion besitzen die eingedrungenen Viren die Fähigkeit, sich in ihrem Wirt zu halten. Dabei entwickelt der Wirt eine Immuntoleranz gegenüber dem Virus und somit betrachtet das körpereigene Immunsystem das eingedrungene Virus als Teil des Körpers. Die Erkrankungen durch persistente Infektionen verlaufen meist chronisch und oft entwickelt sich nach jahrelanger Latenzzeit (Reaktionszeit) eine Sekundärleiden (Folgeerkrankung). Auf diese Art verlaufen z. B. Erkrankungen wie: Herpes, Hepatitis B, AIDS. 32 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Infektionsverlauf • foudroyant: sehr schneller Beginn mit schwerstem oft tödlichem Verlauf • akut: schnell zum Ausbruch kommend • subakut: mässig schneller Beginn, weniger heftige Symptome als akut • chronisch: langsamer Beginn mit andauerndem Verlauf • latent: symptomlose Phasen über längere Zeiträume • rezidivierend: wiederkehrende Infektionen U M Herkunft der Erreger • Endogene Infektion • Exogene Infektion • Direkte Infektion = Erregerübertragung von Mensch zu Mensch ohne Zwischenwirt • Indirekte Infektion = Erregerübertragung mittels Vektoren (einem Erreger): Zecken und blutsaugende Insekten, Wasser, Nahrung, kontaminierte Gegenstände Aufgabe 2.3.1 a) Suchen Sie nach der Definition der fehlenden Begriffe im Internet oder in Ihren Schulbüchern. b) Schreiben Sie (falls möglich) ein Beispiel als Erklärung dazu. Endogener Infekt S Infektionsweg Erreger sind bereits im Körper vorhanden. Diese gelangen E T nun dahin, wo sie nicht hin sollen. Beispiel: Das Gleichgewicht der Residentflora (körpereigenen Flora) im Mund oder in der Vagina wird gestört. Die Erreger stammen aus der Umgebung und gelangen in den Körper. R Exogener Infekt Zu den exogenen Infektionen zählen zum Beispiel: die Tröpfcheninfektion, die Schmierinfektion, die Ansteckung über Körperflüssigkeiten, die Ansteckung über blutsaugende Insekten oder Zecken. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Infektionswege 33 Lehrkraftausgabe Infektionswege Übertragungweg •Kontaktinfektion >> Schmierinfektion •Tröpfcheninfektion • Luft = aerogen • Umwelt = kontaminierte Nahrungsmittel •Vektoren M Aufgabe 2.3.2 a) Suchen Sie nach der Definition der fehlenden Begriffe im Internet oder in Ihren Schulbüchern. b) Schreiben Sie (falls möglich) ein Beispiel als Erklärung dazu. U Übertragungswege Kontaktinfektion Schmierinfektion Hierbei handelt es sich um die Übertragung von Krankheitserregern durch Berührung eines Lebewesens (Mensch / Tier) oder eines durch Speichel, Urin oder Stuhl kontaminierten Gegenstandes. S Aufgabe 2.3.3 Womit kann ein Gegenstand kontaminiert sein? Zählen Sie die verschiedenen Körperflüssigkeiten auf: E T • Blut •Urin • Sperma •Lusttropfen • Scheidenflüssigkeit •Darmsekret • Wundflüssigkeit •Speichel • • Schweiss Muttermilch • R •Tränen Liquor (Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit) Durch Berührung werden Mikroorganismen von kontaminierten Gegenständen abgestreift, gelangen dadurch auf die Haut oder Schleimhaut des Wirtsorganismus (Menschen) und werden von ihm inkorporiert (eingegliedert, aufgenommen). 34 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Übertragungswege Wiederum wird unterschieden in: M • direkte Kontaktinfektion = Berührung eines infizierten Menschen resp. Tieres. Zum Beispiel erfolgt eine direkte Kontamination beim Händeschütteln, bei einer Wundversorgung, bei sexuellem Kontakt. • indirekte Kontaktinfektion = Berührung oder Benutzung von kontaminierten Gegenständen. Zum Beispiel bei der gemeinsamen Benutzung eines Trinkglases oder durch Trinken resp. Essen von verunreinigtem Wasser / Essen = Schmierinfektion. U Die Schmierinfektion ist in der Regel ein Problem mangelnder Hygiene. Meist werden die Keime dabei über verschmutzte Hände auf eine Oberfläche übertragen. Beispiele von Schmierinfektionen mit Beteiligung von Bakte- S rien: Escherichia coli und Salmonellen (Darmbakterien) sowie Streptokokken und Staphylokokken (Wundbakterien) Beispiele von Schmierinfektionen mit Beteiligung von Viren: Adenoviren, Noroviren und Rotaviren (Darmviren) E T Beispiele von sexuell übertragbaren Krankheiten: Hepatitis B und C (HBV / HCV), HIV, Gonorrhoe Tröpfchen­ infektion R Durch Tröpfchenbildung beim Sprechen, Niesen, Husten, Spucken etc. können Krankheitserreger direkt über die Luft verbreitet werden. Die infektiösen Tröpfchen gelangen über die Schleimhäute (meist) der oberen Atemwege in den Atemtrakt und vermehren sich dort. Bei den Tröpfchen handelt es sich um Partikel, welche einen Durchmesser von mehr als 5 µm aufweisen. Diese sinken durch ihre Grösse relativ rasch zu Boden und werden nur bis zu einer Distanz von einem bis zwei Meter übertragen. Vor einer Übertragung durch Tröpfchen kann man sich schützen, indem man entweder genügend Abstand zur infizierten Person hält oder einen Mundschutz trägt. Beispiele von Krankheiten, die über eine Tröpfcheninfektion übertragen werden: Keuchhusten, Mumps, Röteln, Haemophilus influenzae Typ b, Grippe Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Infektionswege 35 Lehrkraftausgabe Infektionswege Übertragungswege Aerogene Infektion M Umwelt Bei der aerogenen Infektion handelt es sich um die Freisetzung von kleinsten Tröpfchenkernen (weniger als 5µm Durchmesser), durch eine Nies- oder Hustenvorgang. Aufgrund ihrer geringen Grösse können sie lange Zeit in der Luft schweben und somit auch grössere Stecken zurücklegen. Im Vergleich zur Tröpfcheninfektion, dringen die Aerosole in den tieferen Respirationstrakt ein. Zum Schutz werden spezielle Atemschutzmasken (FFP 2, FFP 3) getragen. Beispiele: Tuberkulose, SARS, Cryptococcus neoformans, Aspergillose, allenfalls möglich bei: Varizellen und Masern U Umweltquellen wie Wasser Erde können ein Reservoir für Erreger sein. Beispiele: • Clostridium tetani in der Erde (Wundstarrkrampf) • Legionellen im Wasser (schwere Pneumonie) • Pseudomonas aeruginosa in feuchten Milleus (Pneumonie, Harnwegsinfekte, Wundinfektionen) Über den Stich oder Biss des infizierten Tieres, können Patho- S Vektoren gene auf den Menschen übertragen werden. Beispiele für dies Art von Infektion sind: Malaria wird durch den E T Stich resp. den Speichel der weiblichen Anopheles Mücke übertragen, FSME und Lyme Borreliose wird durch Zecken übertragen. Durch den Biss eines Fuchses / von Fledermäusen kann Tollwut übertragen werden. > Perkutane Infektion > Permuköse Infektion > Inhalationsinfektion > Urogenitale Infektion > Genitale Infektion > Intrauterine Infektion > transmissive Infektion > hämatogen 36 Infektionskrankheit R Eintrittspforte • Enterale Infektion • Parenterale Infektion: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Aufgabe 2.3.4 a) Suchen Sie nach der Definition der fehlenden Begriffe im Internet oder in Ihren Schulbüchern. b) Schreiben Sie (falls möglich) ein Beispiel als Erklärung dazu. Eintrittspforte Die Krankheitserreger dringen über den Magen-Darm-Trakt in den Organismus ein = fäkal-oral. Parenterale Infektion Unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes. Im medizinischen Sprachgebrauch ist parenteral gleichbedeutend mit «direkt ins Blut». •Permuköse Infektion Die Erreger gelangen über die Schleimhäute in den Orga- M Enterale Infektion nismus. U •Inhalationsinfektion Die Erreger gelangen über die Atemwege in den Organismus. •Urogenitale Infektion Die Erreger gelangen über den Harntrakt in den Orga- •Genitale Infektion S nismus. Die Erreger gelangen über die Geschlechtsorgane in den Organismus. Die Erreger gelangen während der Schwangerschaft in den •Transmissive Infektion Die Erreger gelangen über Insektenstiche oder -Bisse in •hämatogen Die Erreger gelangen durch Vektoren über die Blutwege in E T •Intrauterine Infektion Körper des ungeborenen Kindes. den Organismus den Körper R Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Infektionswege 37 Lehrkraftausgabe Bakterien 2.4 Bakterien Escherichia coli (E. coli) Streptococcus pyogenes Clostridium tetani Staphylococcus aureus M Definition Bakterien U Definition Bakterien / das Bakterium (griechisch bakterion: Stäbchen) sind einzellige Organismen, die keinen «echten» Zellkern besitzen. Das Erbgut der Bakterien ist in einem Nukleoid organisiert, welches ohne Membranbegrenzung im Zytoplasma liegt. Somit gehören sie zum Stamm der Prokaryoten. Bakterien werden entsprechend der Struktur ihrer Zellwände in grampositive und gramnegative Bakterien unterteilt. Die Zellwand der grampositiven Bakterien kann aus über 50 Schichten (Murein) bestehen. Die Zellwand der gramnegativen Bakterien hingegen ist lediglich ein bis dreilagig. S *Hinweis: Beachten sie dazu das Thema «Gram-Färbung» in der Labordiagnostik! E T Bakterien haben die Erde erobert. Sie kommen in unvorstellbar grosser Zahl in fast allen Lebensräumen vor: im Erdboden, im Wasser, in oder auf allen Arten von Lebewesen. Man geht davon aus, dass Bakterien die ersten Lebewesen auf der Erde waren. Es gibt sie schon seit mehr als 3.5 Milliarden Jahre. R Obwohl sie winzig klein sind, haben einige Bakterien unglaubliche Eigenschaften, unter anderem können sie extrem schnell schwimmen, sich sehr gut orientieren, unter extremen Bedingungen überleben oder sogar leuchten. Sie sind temperaturunabhängig, das heisst, sie haben sich hier auf der Erde auf die unterschiedlichsten Temperaturen eingestellt: es gibt kälteliebende und hitzeliebende Bakterien und je nach Lebensraum können sie mit oder ohne Sauerstoff leben. Wie bereits erwähnt ist auch der Mensch aussen wie innen besiedelt mit Bakterien. An und in jedem Menschen leben ca. 100 Trillionen (= 100‘000‘000‘000‘000‘000) Bakterien, das ergibt in etwa ein Gewicht von 2 kg. Auf jedem Quadratzentimeter der menschlichen Haut leben ca. 100‘000 Bakterien. 38 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Aufgabe 2.4.1 Beschriften Sie den Aufbau einer Bakterienzelle. U M S *Hinweis: 1. Ein Video über den Aufbau einer Tier-, Pflanzen- und Bakterienzelle finden Sie hier. https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/bakterien/av_bakterien_ kompakt3.jsp E T 2. Die schriftlichen Detail-Informationen über den Zellaufbau von Tier-, Pflanzen- und Bakterienzelle finden Sie hier. https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/bakterien/zelltypen.jsp R Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 39 Lehrkraftausgabe Bakterien Grösse Bakterien sind mit 0,5 bis 10 μm (Mikrometer) extrem klein. Lebensraum Eine Vielzahl von Bakterien bevorzugen ein Milieu mit einem pH-Wert von 6 bis 9, für andere ist ein pH-Wert von 7 optimal und der Laktobazillus zum Beispiel benötigen ein Lebensraum mit pH-Wert 4. Vermehrung U M Vermehrung R E T S Wenn die Lebensbedingungen gut sind, benötigen Bakterien in einer neuen Umgebung nur eine kurze Anpassungszeit und fangen dann sofort mit Zellteilung an (1 Mutterzelle ergibt 2 Tochterzellen). Dabei bilden sie häufig grosse Zellketten und/oder Zellkolonien. • Es erfolgt eine ungeschlechtliche Vermehrung • Das Temperaturoptimum zur Vermehrung der medizinisch relevanten Bakterien liegt meist um 36 – 43° C • Unter optimalen Wachstumsbedingungen teilen sich gewisse Bakterien alle 20 Minuten (Escherichia coli). Das bedeutet, dass aus einer Zelle nach 20 Minuten 2 Zellen entstanden sind, nach 40 Minuten 4 Zellen, nach 60 Minuten 8 Zellen usw. 40 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Einige Bakterien bilden Sporen. Sporen sind sehr widerstandsfähige und in dieser Form inaktive «Familienmitglieder», die auch unter ungünstigen Lebensbedingungen (Klimaveränderungen, Trockenheit, Alkohol, knappen Nahrungsvorräten) nahezu unbegrenzt überleben und keimfähig bleiben können. In dieser Art sichern sie das Überleben von Bakterien über eine sehr lange Zeit. Kommen Sporen, z. B. über Staub, in ein günstiges Milieu (Umfeld), können sie wieder aktiv werden und sich vermehren. Eine offene Wunde zum Beispiel bietet den Sporen einen idealen Nährboden um wieder aktiv werden zu können. U M Aussehen / Differenzierung Bakterien kommen in verschiedenen äusseren Formen vor. Fünf davon sind hier aufgeführt: • stäbchenförmige, sogenannte Bazillen = Bacillus (z. B. Escherichia) • kugelförmig, sogenannte Kokken (z. B. Micrococcus) • gebogene, sogenannte Vibrionen (z. B. Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera) • schraubenförmig, sogenannte Spirillen oder Spirochäten Aufgabe 2.4.2 Zeichnen Sie hier die verschiedenen Bakterienformen ein. Recherchieren Sie dazu in anderen Lehrmitteln oder im Internet. R E T S 1. Bazillen 2. Kokken 3. Vibrionen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 4. Spirillen 5. Spirochäten Bakterien 41 Lehrkraftausgabe Bakterien Bei den Bakterien gibt es keine rein «männlichen» respektive «weiblichen» Formen und dennoch lassen sie sich nach unterschiedlichen Kriterien differenzieren, z. B. hinsichtlich der • Stoffwechseltypen • Milieubedingungen • Energieversorgung Hier wird unterschieden nach: >> Obligate Aerobier = aerobe Bakterien Man nennt sie häufig auch Enterobakterien. Sie benötigen zum Leben elementaren Sauerstoff (O2) ohne ihn sterben sie ab. >> Obligate Anaerobier = anaerobe Bakterien Diese Art von Bakterien brauchen zum Überleben keinen Sauerstoff. U M Obligate Aerobier Fakultativ anaerobe Bakterien >> Fakultativ anaerobe Bakterien können sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen leben. Ihr Stoffwechsel funktioniert sowohl mit, wie auch ohne Sauerstoff. S >> Aerotolerant = Die Bakterien benötigen den Sauerstoff nicht für ihren Stoffwechsel, können aber trotz seiner Anwesenheit überleben. E T • Ernährungsversorgung Hier wird unterschieden nach: >> autotrophen Bakterien: Sie können ohne organische Fremdsubstanzen leben und beziehen ihre Energie aus dem Sonnenlicht (= photoautotroph) >> heterotrophen Bakterien: Sie ernähren sich von organischer Substanz. Viele dieser Arten können auch ohne Sauerstoff existieren (= anärobe Bakterien). R 42 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Lebenswichtige Bakterien Oftmals gehen wir von der falschen Vorstellung aus, dass Bakterien für uns und unsere Umwelt schädlich sind und uns krank machen. Das ist jedoch eine gänzlich falsche Meinung. M Nur die wenigsten der rund 6‘000 bekannten Bakterienarten sind Krankheitserreger. Bakterien sind für uns Menschen lebenserhaltend und für die ökologischen Prozesse auf unserer Erde unentbehrlich. Sie sorgen als Verarbeiter dafür, dass z. B. Stickstoff, Kohlenstoff und andere wichtige Elemente, nach deren Absterben in den Organismen, in mineralischer Form wieder an die Stoffkreisläufe zurückgegeben werden. Manche Bakterien bilden in unserem Körper sogar eine Symbiose (enge Zusammenarbeit) mit dem Organismus. Bakterien können somit weiter unterschieden werden in: Symbiotische Bakterien • Pathogene Bakterien: Besitzen eine stärkere Virulenz und verursachen unabhängig vom Krankheitszustand des Wirts Infektionen. Patogene Bakterien U • Symbiotische Bakterien: Bakterien sind zum Beispiel Bestandteil der normalen Hautflora des Menschen (residente Hautflora). Diese Bakterien sind normalerweise harmlos für den Menschen bzw. üben vielmehr eine bedeutende Schutzfunktion aus, indem sie die Besiedelung mit pathogenen Mikroorganismen verhindern. Manche symbiotischen Bakterien können jedoch Infektionen verursachen, wenn der natürliche Wirtsorganismus geschwächt ist oder wenn die Bakterien in das Gewebe des Wirts eingebracht werden. E T S Aufgabe 2.4.3 Sie finden auf der Homepage www.mympa.ch, unter Hygiene, das Arbeitsblatt «Residente Flora». Downloaden Sie sich dieses und beschreiben Sie, wo überall eine residente Flora zu finden ist. R Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 43 Lehrkraftausgabe Bakterien Aufgabe 2.4.4 a)Erklären Sie mit eigenen Worten wo und wie gute Bakterien im menschlichen Körper wirken. Recherchieren Sie dazu im Internet sowie in Ihren Schulbüchern. b) Schauen Sie sich das Video an oder suchen Sie anderweitig nach Beispielen, die aufzeigen, warum Bakterien für Mensch, Tier und Natur existenziell sind. Wo und wie werden gute Bakterien bei der Nahrungsmittelherstellung eingesetzt? https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/bakterien/av_bakterien_ nuetzlich.jsp M Wo wirken «gute» Bakterien im menschlichen Körper? • Die transiente Hautflora Die Hautflora mit den verschiedenen Bakterien schützt die Haut vor einer Besiedlung U mit krankmachenden Keimen. Diese Bakerien ernähren sich von Hautschuppen, spalten Fette und bakterienabtötende Fettsäuren auf, die das Wachstum von weiteren Bakterien vermindern. Feuchte Hautregionen werden von den Bakterien S bevorzugt: > Leistenbeugen > Achselhöhlen und E T > Zwischenräume zwischen Zehen und Fingern bieten den meisten Bakterien ein besseres Milieu als trockene oder verhornte Hautstellen. Ein Großteil der «Haut-Bakterien», sitzt in den Haarfollikeln. Dort sind sie gut geschützt vor Ausseneinflüssen und haben hervorragende Wachstumsbedingungen. Typische Bakterien der Hautflora sind bestimmte Staphylo- und Peptostreptokokken R sowie Coryne- und Propionibakterien - zuviel von diesen verursacht übrigens Akne. • Im Verdauungssystem Indem sie z. B. in der Darmflora wichtige Vitamine und Mineralstoffe aus dem Verdauungsbrei für die Aufnahme in den Blutkreislauf bereitstellen. Zu diesen zählen z. B. Proteus vulgaris und Escherichia coli 44 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Wo wirken «gute» Bakterien im menschlichen Körper? • Im Mund Normalerweise wird der Mund durch eine Mikroorganismengemeinschaft durch hunderte von Bakterienarten und Hefen besiedelt. Diese Mundflora hat zum grössten Teil die Aufgabe einer Schutzfunktion, um Krankheitserreger, die sich in der Mundhöhle einnisten könnten, abzuwehren. M • Im Vaginalbereich Döderlein-Bakterien (Laktobazillen) halten bei geschlechtsreifen Frauen den pH-Wert des Scheidenmilieus aufrecht. Laktobazillen produzieren Milchsäure aus U Glykogen. Das so entstehende saure Milieu sorgt dafür, dass sich von aussen in die Scheide eindringende Keime (Bakterien und Pilze) nicht vermehren können. Wo wirken «gute» Bakterien im menschlichen Körper? S Um den ökologischen Kreislauf zu schliessen: Die im Erdboden zahlreich vorkommenden Bakterien zersetzen Abfälle oder Pflanzen- und Tierüberreste. So wandeln sie giftige oder unnütze Stoffe in Nähr- E T stoffe um. Um den ökologischen Kreislaufes zu unterstützen: Es gibt Bakterien, die Öl zersetzen können. Diese Bakterien können dazu genutzt werden, Öl, das z. B. bei einer Ölpest in das Meer ausgetreten ist, schneller abzubauen. R In Kläranlagen zur Aufbereitung des Abwassers: Die Wasserreinigung ist kein einzelner Schritt, sondern ein Prozess, der aus verschiedenen Teilschritten besteht. Mit Hilfe von Bakterien werden schädliche Substanzen in unschädliche umgewandelt. Ein Beispiel ist die sogenannte «Denitrifikation»: Bakterien wandeln Stichstoffverbindungen wie z. B. Ammonium (NH4+) über die Zwischenstufen Nitrit (NO2-) (durch die Bakterienart Nitrosomonas) und Nitrat (NO3-) (durch die Bakterienart Nitrobakter) in unschädlichen molekularen Stickstoff (N2) um, welcher danach in die Atmosphäre entweicht. *Hinweis: Beachten Sie dazu im Laborordner das Kapitel «Urinlabor: Urinstix» Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 45 Lehrkraftausgabe Bakterien Wo werden «gute» Bakterien in der Nahrungsmittelherstellung eingesetzt? • Bei der Herstellung von Joghurt und Käse, unter Mithilfe des Lactobacillus • Bei der Herstellung von Essig, mit Hilfe von Essigsäurebakterien (Acetobacteraceae) • Bei der Herstellung von Kaffee, Tee, Kakao erfolgt die Fermentierung (Gärung) mit Hilfe von Bakterien M Wie werden «gute» Bakterien in der Pharmaindustrie eingesetzt? • Bei der Herstellung von Insulin Mit einer gentechnischen Verfahrensweise können Bakterien zum Insulinlieferanten werden. U Pathogene Bakterien E T S • Bei der Herstellung von Präbiotika Medikamente, die Bakterien oder Pilze enthalten, welche die Aktivität bestimmter gutartiger Bakterien fördern. Zum Beispiel: >> Für den Aufbau der Darmflora (Laktoferment ) >> Bei Erkrankung resp. Stärkung der oberen Atemwege >> Für das Aufrechterhalten des pH-Wertes im Vaginalbereich (Döderlein-Bakterien) Pathogene Bakterien R Es gibt Bakterienarten, die beim Menschen Krankheiten auslösen. Sie haben sich auf den Befall bestimmter Gewebe, Organe und Körperhohlräume spezialisiert. 46 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Das Immunsystem kann diese krankmachenden Bakterien in der Regel abtöten, bevor wir überhaupt etwas spüren. Erst wenn wir grosse Mengen von krankheitserregenden Bakterien ausgesetzt sind oder unser Immunsystem geschwächt ist, bemerken wir die Reaktion unseres Körpers, z. B. in Form von Fieber, Durchfall, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Schüttelfrost. Unser Immunsystem läuft dann auf Hochtouren und wird dann meistens im Verlauf von Tagen oder Wochen mit den angreifenden Bakterien fertig. U M Behandlungsmöglichkeiten Wenn unser Immunsystem die Bakterien nicht effektiv bekämpfen kann, ist unter Umständen Antibiotikum eine medikamentöse Therapie mit einem Antibiotikum (Plural: Antibiotika) indiziert. Antibiotika beeinflussen und greifen Strukturen der Bakterien, wie zum Beispiel die Zellwand, an und können so zum Absterben der Bakterien führen. Weil die Zellwand von Bakterien anders aufgebaut ist als die Zellmembran der Körperzellen, greifen Antibiotika nur Bakterien an und keine Körperzellen. Manche Antibiotika töten die Bakterien gar nicht ab, sondern hindern sie lediglich an der Vermehrung. Allerdings sind Bakterien eigenständige Zellen, die sich auf veränderte Umweltbedingungen einstellen und daher Antibiotikaresistenzen entwickeln können. Bei der Behandlung mit Antibiotika muss immer auch beachtet werden, dass nicht nur pathogene (krankmachende) Bakterien, sondern auch mutualistische (nützliche) Bakterien durch das Medikament gestört bzw. getötet werden können. S Bakteriellen Infekten vorbeugen – Prophylaxe Prophylaxe R E T 1. Beachten eines guten Allgemeinzustandes (AZ) durch gesunde Lebensführung • Auf eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung und eine genügende Flüssigkeitszufuhr achten. • Auf genügend Sonnenlicht achten oder allenfalls ersatzweise Vitamin D zuführen. • Regelmässige körperliche Betätigungen einplanen • Regelmässig frische Luft zuführen. • Auf genügend Schlaf achten. • Vor allem ältere Menschen sollen sich genügend warm halten, auf warme Füsse achten und sich vor Zugluft schützen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 47 Lehrkraftausgabe Bakterien U M 2.Im Alltag die allgemein bekannte Hygienemassnahmen beachten und konsequent anwenden • Regelmässiges, gründliches Händewaschen mit Seife ist eine der besten Vorbeugemassnahmen, um sich vor Infektionskrankheiten zu schützen: sofort beim Nachhause kommen, vor Arbeitsbeginn und bei Arbeitsende, vor den Mahlzeiten respektive Zwischenmahlzeiten, zwingend nach jedem Toilettengang. • Gute Hautpflege: Keine zu aggressive Seifen (Duschmittel) verwenden und die Haut nicht austrocknen lassen, indem regelmässig, eine schnell einziehende Handcreme (Lotion) angewendet wird. • Gute Wundpflege: Schnittwunden, Risse, Schrunden desinfizieren und mit einem Salbenverband gut abdecken. • Vor allem in der «Erkältungszeit» sind Menschenansammlungen und die Nähe zu Menschen mit akuten Atemwegserkrankungen zu meiden. • Konsequent in die Ellenbeuge Husten oder Niesen. • Auf eine gute Küchenhygiene und auf ein sauberes Zubereiten von Mahlzeiten achten. • Bei der Essenszubereitung nur frische Produkte verwenden. Früchte, Gemüse, Salate vor dem Rohverzehr gründlich waschen. • Im Kühlschrank Fleischwaren und Gemüse voneinander getrennt lagern. • Eierspeisen nur über kurze Zeit und im Kühlschrank aufbewahren. • Beachten der Wasserqualität. Vor allem in den Ferien ist im Umgang mit «Frischwasser» Vorsicht geboten: trinken direkt ab dem Wasserhahnen, Zähneputzen, erfrischen mit Eiswürfeln oder Wasser-Glaces, essen von rohem Gemüse oder Salaten. • Mit entsprechender Kleidung die Haut vor Insektenstichen und Zecken schützen. • Bei neuen sexuellen Beziehungen einen geeigneten Schutz, z. B. Kondom, E T S verwenden. R 3. Im Arbeitsalltag die Hygienevorschriften beachten und konsequent umsetzen • Die Vorschriften zur Handhygiene kennen und anwenden • Einen praxiseigenen Hygieneplan erstellen und danach arbeiten. • Bewusstes und kontrolliertes Tragen von Handschuhen. • Arbeitskleidung tragen • Bei Assistenzarbeiten (Untersuchen, Eingriffen, Therapien) eine Schutzbrille und einen Mundschutz tragen. • Bei Epidemien oder Pandemien (Grippewelle) wird über den ganzen Arbeitstag einen Mundschutz getragen. Dabei müssen das korrekte Tragen und die Tragzeit unbedingt beachtet werden. • Qualitätsmanagement: Eine regelmässige Kontrolle aller Hygienemassnahmen durch die dafür verantwortliche Praxismitarbeitenden. 48 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit 4. Bakteriellen Infekten vorbeugen • Mit Schutzimpfungen können bakterielle Erkrankungen wie zum Beispiel: Tetanus, Diphterie, Pneumokokken (Kleinkinder und ab dem 60-igsten Altersjahr) vermieden oder zumindest den Krankheitsverlauf deutlich abgemildert werden. • Abschirmen mit Antibiotika. Vor gewissen medizinischen Eingriffen werden Antibiotika vorbeugend eingesetzt. Zum Beispiel in der Zahnmedizin oder der Herzchirurgie • Die wohl wichtigste Massnahme in der heutigen Zeit ist das Erhalten der Wirkung von Antibiotika und somit einer Antibiotika-Resistenz vorzubeugen. M U Aufgabe 2.4.5 Beantworten Sie folgende zwei Fragen. a) Was bedeutet Antibiotikaresistenz? b) Mit welchen Massnahen soll einer Antibiotikaresistenz vorgebeugt werden? Nennen Sie die Punkte, welche das BAG vorschlägt und erklären Sie die Punkte kurz. c) Ein Entwurf zur «Strategie gegen Anbitiotikaresistenz» vom BAG (Bundesamt für Gesundheit) liegt seit dem 15.12.14 vor. Details dazu können Sie ab dieser Homepage entnehmen. S a) Bakterien entwickeln ständig neue Strategien, um den Angriffen von Antibiotika zu entgehen. Sie passen sich an, verändern sich und werden somit widerstandsfähig gegenüber von Antibiotika. Das heisst, die Wirkung von Antibiotika wird abge- E T schwächt oder ganz zu neutralisieren. b) Sensibilisierung der Bevölkerung / Patienten • Klare Rahmenbedingungen bezüglich des Einsatzes von Antibiotika werden geschaffen. Das bedeutet, sowohl in der Humanmedizin, wie auch in der Veterinär- • Überwachung der Handlungsfelder (Gesetze / Verkauf / Einsatz) R medizin und der Landwirtschaft regeln Gesetzte den Einsatz von Antibiotika. • Prävention: Damit ist gemeint, Infektionskrankheiten generell besser vorzubeugen. • Sachgerechter = zielgerechter und korrekter Einsatz von Antibiotika in der Humanund der Veterinärmedizin sowie in der Landwirtschaft. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 49 Lehrkraftausgabe Bakterien > Je häufiger Antibiotika eingesetzt werden, desto grösser ist die Gefahr, dass sich die Bakterien dem Antibiotika entsprechend anpassen. Somit verliert das Antibiotika seine Wirkung. > Auf eine zu geringe Dosierung und/oder einen vorzeitiger Therapieabbruch reagieren Bakterien auf dieselbe Weise, sie passen sich dem Medikament an. > Falsche Behandlungsmassnahmen vermeiden. Bei z. B. virale Infekten M (Schnupfen, Grippe) ist eine Behandlung mit Antibiotika erstens wirkungslos und zweitens Antibiotikaresistenz fördernd. • Kooperation = gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten und Betroffenen. U • Investieren in die Forschung und Entwicklung von neuen Antibiotika. •Resistenzbekämpfung LZ 1.5.1.2 S Zeichen einer bakteriellen Infektion Pathogene Bakterien: Typen und Folgeerkrankungen Zeichen einer bakteriellen Infektion sind: Die Symptome sind je nach Bakterienart und dem Ort des Befalles unterschiedlich. Es treten allgemeine Entzündungsreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen oder Abgeschlagenheit auf. Lokal kann sich eine Infektion durch Eiterbildung bemerkbar machen. E T Eiter (Pus) ist das Ergebnis einer Entzündung, welche als Reaktion auf einen bakteriellen Infekt entsteht. Eiter setzt sich zusammen aus: R • Bakterien, meistens handelt es sich hierbei um die kugeligen Familienmitglieder, die es praktisch überall in der Natur gibt, sich sehr schnell vermehren und entsprechend gefürchtet werden: die Streptokokken und durch das Darmbakterium Escherichia coli. • abgestorbene Zellen und • Leukozyten Aus einer von Bakterien verursachten Infektion (Wundentzündung), kann eine Sepsis (Blutvergiftung) entstehen. Wundinfektionen 50 Infektionskrankheit Bei Wundinfektionen sind meistens verschiedene Bakterien zusammen aktiv. Die beteiligten Bakterienarten beeinflussen den Charakter des Eiters: • Viskosität (dünn- bis dickflüssig) • Farbe (von blassgelb über grün bin hin zu blaugrün) •Geruch Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Aus einer von Bakterien verursachten Infektion (Wundentzündung), kann eine Sepsis (Blutvergiftung) entstehen. Sepsis M Aufgabe 2.4.6 a) Lesen und bearbeiten Sie den nachfolgenden Text b) Fassen Sie die hier beschriebenen Bakterientypen tabellarisch zusammen. Sie finden hierzu eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch c) Ergänzen Sie Ihr Tabelle mit Bildern. Fügen Sie möglichst zu jedem Bakterium ein entsprechendes Bild ein. Beispiel Bakterieller Erreger Nachweis im Mikroskop Morphologie U Clostridium tetani Erkrankungen Beispiele Stäbchen Bild grampositiv E T S Erreger des Wundstarrkrampfes (Tetanus). Die resistenten Sporen des Bakteriums kommen vorwiegend in der (Garten-) Erde, im Strassenstaub etc. Färbeverhalten Bakterien-Typen Erkrankung(en) R Folgende Bakterien-Typen sind beschrieben. Ziel: Sie wissen für welche Erkrankung(en) das entsprechende Bakterium verantwortlich ist. • Proteus vulgaris •Clostridien: >> Clostridium tetani >> Clostridium perfringens • Staphylokokkus aureus • MRSA = Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus • Escherichia coli • Salmonella enteritidis >> Salmonella typhi / Salmonella Paratyphi • Clostridium botulinum • Streptococcus pyogenes • Helicobacter pylori • Borrelia burgdorferi • Bordetella pertussis •Pneumokokken Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 51 Lehrkraftausgabe Bakterien Wundinfektionen Proteus vulgaris Proteus sind stäbchenförmige, gramnegative, Zellen mit Geisseln. Sie haben einen Durchmesser von 0,4 - 0,8 µm und sind unterschiedlich lang. Das Bakterium Proteus vulgaris fühlt sich besonders wohl in der Erde oder auch in menschlichem Stuhl. Gelangt Proteus vulgaris in eine Wunde, so fängt es sofort an, Körperzellen zu zersetzen. Dabei entstehen faule, stinkende Gase. Das Körpergewebe sieht schmierig und jauchig aus. M U Clostridien Die gefährlichsten anäroben Bakterien sind die Clostridien. Clostridien sind stäbchenförmige, grampositive, sporenbildende Bakterien. Die Sporen der Clostridien sind hitzeresistent und können in siedendem Wasser viele Stunden, einige bei 110 °C etwa eine Stunde, überleben. Wenn ihre Sporen aktiv werden, bilden sie gefährliche Toxine (Gifte). Zu den Clostridien gehören die bekannten Erreger: E T S • Clostridium tetani C. tetani ist der Erreger des Wundstarrkrampfes (Tetanus). Die resistenten Sporen des Bakteriums kommen vorwiegend in der (Garten-) Erde, im Strassenstaub und Holz sowie in Ausscheidungen von Rindern vor. Offene Wunden können schnell mit dem Bakterium infiziert werden und so zur Tetanuserkrankung führen. Tetanus, auch Wundstarrkrampf genannt, ist eine häufig tödlich verlaufende Infektionskrankheit, da durch die Toxine der C. tetani die muskelsteuernden Nervenzellen geschädigt werden kommt es zu den typischen Muskelkrämpfen. Prophylaxe: Aufgrund der konsequenten Durchimpfung der Bevölkerung ist die Erkrankung heutzutage bei uns sehr selten, in Entwicklungsländern aber bedeutend R • Clostridium perfringens C. perfringens ist ein anärobes Bakterium, welches das kurzzeitige Aussetzen in sauerstoffreicher Atmosphäre jedoch problemlos überlebt. C. perfringens können im Boden (anärobe Zonen), in Wasser, Staub und Lebensmitteln, aber auch im Darm von Mensch und Tier nachgewiesen werden. C. perfringens zählt mit weiteren Clostridien zur Gruppe der gasbrandbildenden Bakterien und ist der häufigste Erreger des Gasbrands. Der durch Clostridium perfringens verursachte Gasbrand gilt als schwerste Form der Wundinfektion. Die Infektion entwickelt sich meistens nach Verletzungen bei Gartenarbeit, Tätigkeiten im landwirtschaftlichen Bereich oder nach Bissverletzungen sowie nach Amputationen. Die Inkubationszeit beträgt ca. 2 Tagen. Das Infektionsgebiet kennzeichnet sich durch Schwellung und bräunlich-livide (blaue) Verfärbung. Bei der Palpation kann eventuell ein «Knistern» festgestellt werden. Aus der infizierten Wunde entleert sich meist ein stinkendes, seröses Wundsekret. Erfolgt keine schnelle Behandlung, kann es zu einem «toxischen Schock» kommen. 52 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Staphylokokkus aureus Staphylococcus aureus kommt fast überall in der Natur vor: beim Menschen auf der Haut, auf der Mundschleimhaut und in den oberen Atemwegen, auf der Haut und der Schleimhaut von warmblütigen Tieren, in Nahrungsmitteln und in Gewässern. M Der Staphylococcus aureus löst bei Menschen und Tieren meistens keine Krankheitssymptome aus. Trifft das Bakterium jedoch auf ein günstiges Milieu oder auf ein schwaches Immunsystem des Wirts, nutzt es die Gelegenheit und breitet sich aus. Es kommt beim Menschen zu Krankheitssymptomen wie: zu Hautentzündungen (Furunkel), Muskelerkrankungen, Angina, in ungünstigen Fällen auch zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Lungenentzündung, Endokarditis (Entzündung am Herzen), toxisches Schocksyndrom (TSS) und Sepsis. U Wichtig zu wissen: Die Schleimhautflora im Nasen-Rachen-Raum und somit auch die umgebende Hautflora sind nicht selten mit pathogenen Erreger umgeben. Zum Beispiel sind 20 – 40 % der Erwachsenen im Nasenvorhof mit Staphylococcus aureus und 20 % im Oropharynx mit Streptococus pyogenes besiedelt, ohne dass irgendwelche Symptome vorhanden sind. S Abstriche von Staphylococcus aureus erscheinen mikroskopisch als haufenförmig gelagerte grampositive Kokken. Magen-Darminfektionen E T MRSA = Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus Als MRSA (gleichbedeutend wie ORSA) bezeichnet man Staphylococcus-aureus-Stämme, die gegen alle bisher marktverfügbaren Antibiotika (z. B. Penicillin) resistent sind. In Kliniken und Pflegeeinrichtungen spielen MRSA als Verursacher von nosokomialen Infektionen eine wichtige Rolle R Escheria coli Das Bakterium Escherichia coli (Kolibakterium) ist ein gramnegatives, säurebildendes, stäbchenförmiges Bakterium mit Geisseln. Es gehört zum Stamm der Enterobakterien und kommt in der Darmflora von Mensch und Tier vor. Mit weniger als einem Prozent macht das Escherichia coli im Verhältnis zu den anderen Bakterien der Darmflora einen geringen Anteil aus. Es kann jedoch auch zum Krankheitserreger werden. Gelangen E.-coli-Bakterien aus dem eigenen Darm in andere Körperbereiche, kann es zu Infektionen kommen: Eine falsche Toilettenhygiene etwa kann insbesondere bei Frauen eine Harnwegsinfektion auslösen. *Hinweis: detaillierte Informationen dazu finden Sie im nächsten Kapitel «Harnwegsinfektionen»! Bestimmte E.-coli-Stämme produzieren zudem Toxine, die beim Menschen zu Durchfallerkrankungen führen, wenn sie oral (z. B. durch fäkal kontaminierte Nahrung) aufgenommen werden. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 53 Lehrkraftausgabe Bakterien In der Trinkwasser- und Lebensmittelkontrolle dient die Anzahl von E.-coli-Bakterien als Hinweis auf fäkale Verunreinigungen. Man spricht bei Escherichia coli deshalb auch von einem Indikatorkeim. U M Salmonella enteritidis Salmonellen sind gramnegative Stäbchen und gehören zu den obligat pathogenen Enterobakterien. Somit kommt es bei einer Infektion mit Salmonella enteritidis immer zu einer Erkrankung - im Gegensatz zu manchen E. coli-Arten. Eine Ansteckung mit der Bakterienart Salmonella enteritidis führt zu einer Infektion des Dünndarms. In der medizinischen Terminologie spricht man von einer Salmonellen-Gastroenteritis. Diese äussert sich durch einen plötzlich einsetzenden Brech-Durchfall, oft begleitet mit leichtem Fieber. Meist halten die Symptome mehrere Tage lang an. Mehr Beschwerden zeigen Patient, welche sich mit Salmonella typhi (Typhus) oder Salmonella paratyphi (Paratyphus) anstecken. Der Beginn der Krankheit ist schleichend: mit Fieber, Kopf-, Glieder- und Bauchschmerzen, Mattigkeit, Verstopfung sowie Gewichtsabnahme. In den ersten drei Wochen steigt das Fieber, in der vierten Woche erreicht die Körpertemperatur wieder den normalen Wert. Typisch für diese Salmonellen-Erkrankungen sind ausserdem folgende Anzeichen: Gelb-grau belegte Zunge Bradykardie (Langsamer Herzschlag) Geschwollene Milz Hautausschlag auf dem Bauch (Roseolen) S • • • • • Erbsenbreiartiger Stuhl und Verstopfung im Wechsel E T Abwehrstarke Menschen können sich auch unbemerkt mit Salmonellen anstecken. Sie bleiben dann entweder beschwerdefrei oder verspüren nur leichte Symptome wie geringe Verdauungsprobleme. Man spricht in diesem Fall von einer stillen Infektion. Staphylokokkus aureus Besonders häufig findet man diese grampositiven Kokken auf eiweissreichen Nahrungsmitteln wie Milchprodukte, Speiseeis, Konditoreiwaren. R Die Symptome bei einer oralen «Vergiftung» mit Staphylokokkus aureus sind ähnlich der einer Salmonellenvergiftung. In der Regel brechen die Krankheitssymptome nach Genuss von kontaminierten Nahrungsmitteln, nach ca. 3 - 6 Stunden aus, schneller als bei einer Salmonellenansteckung. Normalerweise tritt im Gegensatz zur Salmonellenvergiftung auch kein Fieber auf. Die Beschwerden klingen auch rascher als bei einer Salmonellenvergiftung wieder ab. Normalerweis 3 - 5 Stunden nach Symptomausbruch, spätestens nach einem Tag. Clostridium botulinum Clostridium botulinum ist ein anärobes, grampositives, sporenbildendes Bakterium, das ein starkes Neurotoxin, das Botulinumtoxin, produziert. 54 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Die Lebensmittelvergiftungen durch Clostridium botulinum Bakterien sind die seltensten aber tödlichsten. Das Bakterium selbst kann nur unter Luftabschluss (anärob) existieren. Clostridium botulinum ist wie Clostridium tetani ein so genanntes Bodenbakterium. Der Erreger kommt in einer Vielzahl von Typen und Stämmen vor. Die Sporen von Clostridium botulinum sind sehr widerstandsfähig und hitzebeständig. Sie können daher in unzureichend erhitzten Lebensmitteln überleben – vor allem in Konserven. Eine Reaktivierung der Sporen ist auch nach Jahrzehnten noch möglich. Heutzutage ist es bei gekauften Lebensmitteln normalerweise nicht mehr zu finden. Da Konserven ausreichend sterilisiert werden, so dass eventuell vorhandene Sporen des Bakteriums abgetötet werden. M U Die vom Clostridium botulinum ausgeschiedenen Toxine = Neurotoxine (auch bekannt als Botox = BTX-A ) gehören zu den potentesten aller bekannten Toxinen. Bei der oralen Aufnahme von Clostridium botulinum aus kontaminierter Konserven kann zu einer schweren Nahrungsmittelvergiftung, dem so genannten Botulismus kommen. Dabei zeigen sich die gleichen tödlichen Symptome wie bei einer Tetanus-Erkrankung. S Helicobacter pylori Helicobacter pylori ist ein gramnegatives, begeisseltes Stäbchenbakterium, welches den menschlichen Magen besiedelt. Erworben wird das Bakterium meist im Kindesalter durch eine oral—oral oder fäkal–orale Infektion. Europaweit sind ca. 40 % der Bevölkerung mit dem Bakterium infiziert, aber nicht jeder der befallenen erkrankt daran und hat Beschwerden! E T Das Bakterium bildet zum Schutz vor der aggressiven Magensäure ein Enzym (Urease), welches den Harnstoff in ein basisches Ammoniak umwandelt. Dadurch wird das saure MagenMilieu neutralisiert und der Keim kann überleben. Das Ammoniak, und weitere vom Bakterium gebildete Toxine, schädigen die Magenschleimhaut und können eine Gastritis (Magenschleimhautentzündung) hervorrufen. R Wegen den Entzündungsprozessen produzieren die Magen-Schleimhautzellen vermehrt Magensäure, was schlussendlich zu einem Ulcus (Magengeschwür) führen kann. Die überproduziere Magensäure kann ebenfalls die Schleimhaut des Zwölffingerdarmes angreifen und dort ein Geschwür hervorrufen. Eine chronische Schädigung der Magenschleimhaut kann im schlimmsten Fall zu einem Magenkarzinom führen. Nicht jede Infektion mit dem H. pylori ruft jedoch Beschwerden hervor! Im akuten Stadium finden sich typische Magen-Darm-Beschwerden wie: Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen in der Magengegend. Diagnostisch lässt sich eine Infektion nachweisen durch: • Einen Bluttest • Einen Stuhltest • Einen Atemtest • Eine Endoskopie mit Biopsie Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 55 Lehrkraftausgabe Bakterien Bei einer akuten Magenschleimhautentzündung wird der Patient mit der sogenannten Eradikationstherapie (auch Tripeltherapie genannt) behandelt. Sie setzt sich zusammen aus zwei Antibiotika und einem Protonenpumpenhemmer. M Borrelia burgdorferi Borrelien burgdorferi sind begeisselte, schraubenförmige (Spirochäten) und gramnegative Bakterien. Sie werden durch einen Zeckenstich auf den Menschen übertragen und führen zur Lyme-Borreliose. Eine Erkrankung äussert sich oft, aber nicht zwingend, durch einen lokalen Hautausschlag um die Einstichstelle (sogenanntes Erythema migrans oder auch Wanderröte). Der Ausschlag dehnt sich wären Tagen bis Wochen ring- oder flächenförmig aus und verschwindet von alleine wieder. Was aber nicht bedeutet, dass der Patient geheilt ist! U Wird die Borreliose nicht behandelt, können die Erreger Gewebe oder Organe wie: Gelenke, Nerven, Hirnhäute, Herz, Augen oder Haut befallen. Was sich nach Monaten durch grippeähnliche Symptome bemerkbar machen kann. Nach weiteren Monaten oder Jahren kann sich eine Lyme-Arthritis einstellen. Hierbei handelt es sich um eine schubweise oder chronisch verlaufende Gelenksentzündung. S Eine Diagnose kann mittels eines klinischen Krankheitsbildes (Hautausschlag) oder laborchemisch gesichert werden. Harnwegsinfektionen = HWI R E T Zur Behandlung wird eine Antibiotika-Therapie eingesetzt. Mit der Therapie sollte so schnell als möglich begonnen werden, damit sich die Erreger nicht auf andere Organe ausbreiten können. Gegen die Lyme-Borreliose steht kein Impfstoff zur Verfügung! Prophylaxe: Beim Aufenthalt im Wald, in Parkanlagen oder Gärten sollten möglichst geschlossene Schuhe sowie lange, glatte und helle Hosen getragen werden. Zur Vorbeugung eines Stiches sind im Handel Sprays erhältlich, welche Zecken fernhalten. Nach dem Besuch eines Risikogebietes wird der Körper auf einen möglichen Zeckenbefall untersucht und gegebenen Falls die Zecke schnellstmöglich entfernt. Blasenentzündung Schuld an einer akuten Zystitis sind Bakterien, welche die sterile Blase besiedeln. Meist ist das gramnegative, stäbchenförmige, uropathogene Bakterium Escherichia coli Verursacher des Infektes. In der Regel handelt es sich um einen Infekt der über die Harnröhre erfolgt. Man spricht in diesem Fall von einer aufsteigenden Infektion. Zu den Risikofaktoren, die zu einem HWI führen können, gehören: die genetische Veranlagung, Geschlechtsverkehr, eine verzögerte Blasenentleerung nach dem Geschlechtsverkehr, seltene (wenige) Blasenentleerungen durch den Tag, die Verwendung von Diaphragmen resp. 56 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Spermiziden oder Katheter sowie anatomische Besonderheiten respektive Grundkrankheiten wie: Immunschwäche, Diabetes mellitus, Harnsteine, Östrogenmangel oder Schwangerschaft. Bei Frauen zählen akute, «unkomplizierte» Blasenentzündungen zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Als «unkompliziert» respektive «einfach» werden Blasenentzündungen bezeichnet, wenn der Harntrakt funktionell und strukturell normal ist und keine Grundkrankheiten vorliegen, welche die Infektion begünstigen. M Bei einer akuten Zystitis kommt es zu Symptomen wie: • Häufige, schmerzhafte und erschwerte Harnentleerung • Starker Harndrang • Unterbauchschmerzen: Schmerzen oberhalb des Schambeins • Trüber, übelriechender, evtl. blutiger Urin U Im Urin sind Bakterien und Leukozyten nachweisbar. Meist verläuft eine «einfache» Zystitis ohne Fieber und ohne Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes. In diesem Fall wird empfohlen, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen (mindestens 2 Liter täglich), um die Wasserausscheidung zu erhöhen und so die Bakterien auszuwaschen. Die Infektion heilt so innerhalb von Tagen bis Wochen auch spontan ohne Behandlung ab. Etwa 20 % der Frauen, die einmal eine Blasenentzündung hatten, können innert einiger Monate wieder an einer erkranken. S Vorsicht: Gilt nicht für Patienten mit Herzschwäche - grosse Trinkmengen können bei ihnen Atemnot auslösen. E T Steigt der Infekt weiter auf, das heisst, die Bakterien gelangen über die Harnleiter ins Nierenbecken, kommt es zu einer Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung). Eine Nierenbeckenentzündung kann unterschiedlich verlaufen. Klassische Anzeichen für eine unkomplizierte akute Pyelonephritis sind: R • Plötzliches schweres Krankheitsgefühl •Appetitlosigkeit • Fieber mit evtl. Schüttelfrost • Schmerzen in der Nierengegend (Flanken) einseitig oder beidseitig • Starker Harndrang • Häufige, schmerzhafte und erschwerte Harnentleerung Die chronische Pyelonephritis verläuft schubweise und über eine lange Zeit ohne Symptome verlaufen. Nach einiger Zeit ist jedoch bei einer chronischen Nierenbeckenentzündung die Nierenfunktion beeinträchtigt, was im Extremfall bis hin zur Niereninsuffizienz reichen kann. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 57 Lehrkraftausgabe Bakterien Möglichen Anzeichen für eine chronische Pyelonephritis sind: • Stark reduzierter Allgemeinzustand •Rückenschmerzen •Magen-Darm-Beschwerden •Gewichtsabnahme •Anämie •Bluthochdruck M Infektionen der oberen Luftwege (Respirationssystems) U Streptococcus pyogenes Das grampositive Bakterium Streptococcus pyogenes (A-Streptokokken*) wird vor allem durch Tröpfcheninfektion oder Schmierinfektion übertragen. A-Streptokokken sind häufig als Bestandteil der Rachenschleimhaut zu finden, ohne dass sie zwangsläufig zu Erkrankungen führen müssen: Gemäss Schätzungen sind circa 10 bis 20 Prozent aller Kinder Keimträger. Sie tragen das Streptococcus pyogenes als Teil ihrer Haut- und Schleimhautflora und können die Erreger übertragen, ohne dass bei ihnen selbst zur Erkrankung kommt. S * Als A-Streptokokken bezeichnet man grampositive, unbewegliche Kettenkokken, die anaerob wachsen. E T A-Streptokokken können durch verletzte Haut und Schleimhaut in den Körper eintreten. Nach einer Inkubationszeit von etwa ein bis drei Tagen können verschiedene Krankheiten auftreten: •Hautinfektionen • Rachenentzündung (Pharyngitis) • Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) • Mittelohrentzündung (Otitis media) • Mandelentzündung (Tonsillitis) •Scharlach • Blutvergiftung (Sepsis) R Bordetella pertussis Keuchhusten (Pertussis) ist eine hochansteckende und zum Teil tödlich endende Infektionskrankheit der Atemwege. Verursacht wird der Keuchhusten von Bakterien der Gattung Bordetella pertussis. Die gramnegativen Stäbchen werden über die Luft übertragen (Tröpfcheninfektion) und gelangen so auf die Schleimhäute des Rachens und der Bronchien. Die Inkubationszeit beträgt eine bis drei Wochen. Die Krankheit selbst kann Wochen bis Monate andauern. Neugeborene und Säuglinge sind besonders gefährdet. Mädchen werden häufiger befallen, als Jungen. Die meisten Todesfälle, die auf den Keuchhusten zurückgehen, betreffen Erkrankungen im ersten Lebensjahr. Eine überstandene Erkrankung führt nicht zu einer lebenslangen Immunität. Sie kann jedoch zwischen 10 bis 20 Jahre anhalten. Daher erkranken Kinder häufiger an Keuchhusten. 58 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit U M Charakteristisch für eine Pertussis-Infektion sind die typischen Hustenanfälle. Die Erkrankung beginnt jedoch meist untypisch mit Niesen, Schnupfen und Heiserkeit. Zudem können leichtes Fieber und eine Rötung der Bindehäute auftreten. Dieses Stadium wird Stadium catarrhale genannt und dauert etwa 1 bis 2 Wochen an. Erst nach 2 Wochen treten die typischen Hustenanfälle auf. An das Stadium catarrhale schliesst sich das Stadium convulsivum an. Die Hustenattachen äussert sich in 15 bis 20 heftigen «stakkatoartigen» Hustenstössen und schliessen mit einem hörbaren keuchenden Einatmen ab. Die Hustenanfälle wiederholen sich, bis ein zäher glasiger Schleim herausgewürgt wird. Nicht selten kann es dabei auch zu Erbrechen kommen. Atemnot bis hin zu Erstickungsanfällen lösen grosse Angst aus. Beachtet werden sollte, dass bei älteren Kindern, und auch bei Erwachsenen Infektionen mit den verwandten Bakterium Bordetella parapertussis oder Bordetella bronchiseptica vorkommen. Die Infektionen verlaufen ähnlich. Die Symptome sind aber nicht so schwer. Oft zeigt sich auch nicht das typische Krankheitsbild, sondern ein chronischer Husten. R E T S Pneumokokken Pneumokokken Streptococcus pneumoniae sind grampositive Bakterien, besiedeln den NasenRachen-Raum und können verschiedene Erkrankungen verursachen. Dazu gehören Otitis media (Mittelohrentzündung), Pneumonie (Lungenentzündung), Sepsis (Blutvergiftung) und Meningitis (Hirnhautentzündung). Die Übertragung von Mensch zu Mensch verläuft über Tröpfcheninfektion. Zum Ausbruch der Krankheit kann es, teilweise auch lange nach der eigentlichen Ansteckung, kommen, wenn die Immunabwehr vermindert ist. In der Schweiz kommt es pro Jahr zu etwa 1000 schweren Pneumokokken-Erkrankungen, meist Lungenentzündungen, seltener Blutvergiftungen oder Hirnhautentzündungen. Sie treten in den Wintermonaten häufiger auf als im Sommer. Hauptsächlich betroffen sind Kinder unter zwei Jahren, bei denen ein Pneumokokken-Infekt die häufigste Ursache für eine akute bakterielle Hirnhautentzündungen darstellt sowie Personen über 65 Jahren. Insgesamt sterben jährlich gegen 100 Erkrankte, von denen rund 80 % über 65 Jahren alt sind. Zur Vorbeugung gegen schwere Pneumokokken-Erkrankungen steht eine Impfung zur Verfügung. Sie wird Risikopersonen z. B. nach Splenektomie (operative Entfernung der Milz), mit Immunschwäche, mit chronischer Herz-, Lungen- oder Nierenerkrankung, mit Leberzirrhose, mit Innenohrimplantat etc. und, als ergänzende Impfung, allen gesunden Kindern unter fünf Jahren empfohlen. *Hinweis für Interessierte: Mehr Information zur Pneumokokken-Infektion finden Sie über diese Homepage! http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/00682/00684/01097/?lang=de Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Bakterien 59 Lehrkraftausgabe Viren 2.5 HI-Virus Viren Epstein Barr Virus Influenza Virus Hepatits Virus M 1883 setzte der deutsche Forscher Adolf Mayer den Grundstein für die Entdeckung der Viren. Adolf Mayer untersuchte eine Krankheit an der Tabakpflanze. Er vermutete, dass Bakterien das Leiden der Pflanzen verursachten. U 1935 gelang es dem US-Amerikaner Wendell M. Stanley nach mehr als 50 Jahren weltweiter, anstrengender Suche, das infektiöse Partikel, das Tabakmosaikvirus, zu isolieren. 1898 beschrieben die beiden deutschen Wissenschaftler Friedrich Loeffler (Mediziner, Hygieniker und Bakteriologe) und Paul Frosch (Bakteriologe und Virologe) als Erste einen Virus, den Erreger der Maulund Klauenseuche. S E T Ob Aids, Sars oder Schweinegrippe – Viruskrankheiten machen den Menschen Angst. Viren sind darauf programmiert, ihr Erbgut in Zellen von Mensch, Tier, Pflanzen oder Bakterien einzuschleusen, damit sie sich vermehren können. Kann das Lebewesen (der Körper) die Eindringlinge abwehren, suchen sich die Viren einen neuen Wirt. Viren mutieren und verändern sich stetig. Lebewesen können darauf reagieren, indem sie neue Abwehrmechanismen entwickeln – die Viren jedoch werden immer einen Schritt voraus sein! *Hinweis für Interessierte: Mehr Information zu den Viren finden Sie über diese Homepage! https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/viren/index.jsp Definition Viren / das Virus R Definition Viren / das Virus Viren (lat. Gift, Schleim, Gestank) sind Zellparasiten die einfach aufgebaut sind. Sie bestehen aus einem Genom, welches je nach Virustyp aus einer doppelsträngigen oder einer einzelsträngigen Nukleinsäure in Form von DNA oder RNA besteht und mit einem Mantel aus verschiedenen Proteinen, einem Kapsid umhüllt sind. Manche Viren besitzen zusätzlich noch eine Hülle aus einer Lipiddoppelmembran. Viren besitzen keinen eigenen Stoffwechsel. Daher ist umstritten, ob Viren zu den Lebewesen zählen. Gemäss Definition können Lebewesen ohne fremde Hilfe überleben und fruchtbare Nachkommen zeugen. Viren müssen Zellen befallen, ansonsten können sie sich nicht vermehren. Viren sind somit auf die Lebensenergie anderer angewiesen. 60 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Aufgabe 2.5.1 a) Beschriften Sie den Aufbau eines Virus. b) Wie funktionieren Viren? Schauen Sie sich dazu das Video auf oben genannter Homepage an. U M E T S R Grösse Viren sind zwischen 10 bis 350 nm (Nanometer) klein. Viren sind somit kleiner als die kleinsten zellulären Mikroorganismen, das bedeute, dass Bakterien ca. 100-mal grösser als Viren sind. Als Vergleich: Zu den grössten Vieren zählen die Pockenviren (Poxviridae), sie können bei ihrer rechteckigen bis ovalen Form eine Größe von 200 bis 400 nm erreiche. Die Bakteriophagen befallen mit ihrer Grösse von ca. 200 nm sogar Bakterienzellen und die kleinsten Viren, das Parvovirus, befällt Erythrozyten (Durchmesser: etwa 7,5 μm) von Menschen, Säugetieren und Vögeln. Lebensraum Als Virion (Plural Viria, Virionen oder Virions) oder selten auch Viron wird ein einzelnes Viruspartikel bezeichnet, das sich ausserhalb einer Zelle befindet. Viren findet man beim Tier genauso wie beim Menschen. Auch Pflanzen, Pilze, Algen, Parasiten, Bakterien*, überhaupt alle Arten von Lebewesen, lassen sich von Viren infizieren. Ein davon ausgehende Krankheit ist dabei eher die Ausnahme. Manche Viren sind ständige Begleiter ihrer Wirtsorganismen und bleiben dabei meist unbemerkt. Das friedliche Zusam- Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lebensraum Viren 61 Lehrkraftausgabe Viren menleben kann jedoch durch ein zweitweises Ungleichgewicht zwischen den vorhandenen Viren und den Abwehrkräften des infizierten Organismus aus dem Gleichgewicht geraten. Wie lange ein Virus ausserhalb seines Wirts, z. B. auf Oberflächen überleben kann, hängt von der Virus-Art, der Temperatur und der Luftfeuchte ab. Erkältungsviren beispielsweise bleiben auf glatten Oberflächen bis zu zwei Tage ansteckend. Das Norovirus hat eine extreme Widerstandskraft. Auf einem Teppich konnten Noroviren nachgewiesener Massen zwölf Tage überleben und zudem halten sie mühelos Temperaturen zwischen minus 20° und plus 60° C aus. M *Bakteriophagen, auch Phagen genannt, sind Viren, die sich ausschliesslich in Bakterien vermehren können. Vermehrung U Vermehrung Damit eine Infektion beginnen kann, muss das Virus auf eine Zelle treffen, die: 1. empfänglich ist = das Eindringen des Virus erlaubt und 2. permissiv ist = die Virusvermehrung unterstützt E T S Ziel eines Virus ist es, seine Erbinformation in die Wirtszelle zu übertragen und diese dazu zu bringen, die eingeschleuste Erbinformation zu übernehmen und zu kopieren. Ist also eine Körperzelle infiziert und das Erbgut durch das Virus verändert, fängt die Wirtzelle mit der Produktion vieler neuer Viren an. Diese verlassen die Wirtszelle auf verschiedenen Wegen, um an einer anderen Zelle anzudoggen, um sich so weiter zu vermehren. Auch der befallene Organismus wird verlassen, um Wirtszellen anderer Individuen zu infizieren. Unterlaufen den Körperzellen während der Virenproduktion «Fehler», dann können Viren entstehen, die eine andere Oberflächenstruktur besitzen, als die ihrer Vorgänger. Man spricht in diesem Fall von Mutationen. Manche Fehler stellen für die Virusvermehrung einen Nachteil dar und die mutierten Viren können sich in der Viruspopulation nicht weiter halten. Manche sind neutral und der Zufall entscheidet, ob sie bestehen bleiben. Einige Mutationen sind sogar von Vorteil, weil sie das Virus besser an den Wirt anpassen. R Eine Virusinfektion lässt sich in sechs Phasen unterscheiden: 1. Adsorption, das Anheften des Virus an passende Proteine auf der Zelloberfläche der Wirtszelle. 2. Penetration, das Eindringen des Virus durch die Zellmembran hindurch. 3. Uncoating, die Befreiung des Virus-Genoms von der schützenden Hülle und dem Capsid. 4. Biosynthese, Ausführung der Instruktionen des Virus-Genoms durch die Wirtszelle, damit neue Virusproteine und neue Virus-Genome entstehen. 5. Zusammenbau, das selbsttätige Zusammenfügen der Virusbestandteile zu neuen Viruspartikeln. 6. Freisetzung, durch: • Lyse = Auflösung der Zelle oder • Knospung = das Ausschleusen von Viruspartikeln ohne Zellzerstörung 62 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Aus einem einzigen Viruspartikel können so in einem Zyklus von etwa 12 Stunden Tausende von Nachkommen-Viren produziert werden. Um die Gefahr einer Pandemie zu verringern, sind heute viele Viruskrankheiten meldepflichtig. Breitet sich eine Infektion seuchenartig aus, greifen die Schutzmechanismen staatlicher Einrichtungen, die infizierte Person (Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohnort) muss beim Kantonsarzt oder beim Gesundheitsdepartement gemeldet werden. U M Aufgabe 2.5.2 Beschriften Sie den Kreislauf: vom Viren-Befall über die Reproduktion bis hin zur Freisetzung der neuen Viren. R E T S Virenattacken versetzen Körper in Alarmbereitschaft, das körpereigene Abwehrsystem wird aktiv. Hat der Körper die Infektion überstanden, ist er künftig immun gegen diese Art von Viren: Seine Abwehr hat Gedächtniszellen gebildet, die den Feind fortan wiedererkennen. Aus diesem Grund erkrankt ein Mensch nur einmal in seinem Leben an Krankheiten wie Mumps Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Viren 63 Lehrkraftausgabe Viren und Masern. Die Medizin nutzt diesen Mechanismus, in Form von Impfungen: Wird einem Patienten ein Impfstoff mit abgeschwächte Viren injiziert, kann dieser so die eigenen Abwehrkräfte entwickeln, ohne dass die Krankheit ausbricht = aktive Immunisierung. Infiziert sich der Geimpfte später mit dem richtigen Erreger, kann das Immunsystem unmittelbar reagieren. Aussehen / Differenzierung M Aussehen / Differenzierung Die genetische Information hat somit eine von zwei möglichen Formen und deshalb kann man die Viren in • DNA-Viren und •RNA-Viren einteilen. U Diese DNA- respektive RNA-Moleküle sind geschützt durch eine Proteinhülle. Wobei hier zwischen den • Viren mit einer doppelten Hülle (Lipidhülle und Kapsid) = behüllte Viren und • Viren mit einer einfachen Hülle (Kapsid) = unbehüllte Viren unterschieden wird. R E T S Behüllte Viren Die Lipidhülle der «behüllten» Viren stammt von der Wirtszelle in die je nach Virus sogenannte Spikes eingebettet sind. Diese Hülle spielt einerseits eine grosse Rolle für die Beständigkeit des Virus gegenüber Umwelteinflüssen und andererseits wird durch diese die Entdeckung des Virus durch das Immunsystem erschwert. Behüllte Viren rufen vorwiegend chronische oder latente (unsichtbare / unerkannte) Infektionskrankheiten hervor wie z. B. AIDS, chronische Hepatitis B, C, D oder Herpes. Diese Art Viren sind jedoch labil (anfällig / schwach) und durch austrocknen oder chemische Substanzen wie z. B. Seife leicht zerstörbar. Deshalb werden umhüllte Viren meist durch Tröpfcheninfektion übertragen. Manche Viren können über diesen Weg eine zyklische Allgemein- 64 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit infektion erzeugen. Zum Beispiel Kinderkrankheiten wie: Masern, Mumps, Röteln, Drei-TageFieber, Windpocken. M Unbehüllte Viren Bei «unbehüllten» Viren bildet das Kapsid die äusserste Schicht des Virus und ist damit für die Anheftung und das Eindringen in die Wirtszelle verantwortlich. Hüllenlose Viren sind sehr umweltstabil und resistent sowohl vor Austrocknung als auch gegenüber Desinfektionsmittel. Hüllenlose Viren werden deshalb leicht per Kontaktinfektion bzw. Schmierinfektion übertragen und infizieren den Darm. Durch unbehüllte Viren verursachte Infektionskrankheiten bleiben nicht chronisch. Das Kapsid eines Virus kann entweder die Form • eines Stäbchens (=helikale Form) z. B. Tabakmosaikvirus oder • die Form des Ikosaeders (20-Flächer) z. B. Herpes Virus oder Bakteriophage besitzen. U E T S R Retroviren: Retroviren sind behüllte Viren, welche nur ein einstrangiges RNA-Genom haben. Wenn ein Retrovirus die Wirtzelle befällt, schreibt das Virus mit Hilfe eines Enzyms seine RNA in DNAStränge um. Somit passt es sein Genom dem der Wirtszelle an. Die neu entstandene VirenDNA wird anschliessend in das Genom der Wirtszelle eingebaut. Das Virus hat die DNA der Wirtszelle so verändert, dass diese neue Retroviren produziert. Die veränderte Wirts-DNA wird bei der Zellteilung an die Tochterzelle weitergegeben. Zu den humanpathogenen Retroviren zählt z. B. das HI-Virus. Die starke Mutationsfreudigkeit der Retroviren erschwert die Therapiemöglichkeiten. Gutartige Viren Gutartige Viren Zu Unrecht assoziieren wir das Wort «Virus» mit Negativem, Bösem, mit Krankheiten. Viren können auch von Nutzen sein, etwa bei der Therapie von Krebspatienten oder Fische in der Fischzucht respektive in der Meeresbiologie. Manche Viren befallen jene Bakterien, die etwa Hummer besiedeln. Werden die Hummer mit den entsprechenden Viren geimpft, müssen die Zuchttiere nicht mehr mit Antibiotika behandelt werden, die verabreichten Viren töten die unerwünschten Bakterien ab. Andere Meeresviren schützen vor einer Algenplage. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Viren 65 Lehrkraftausgabe Viren Pathogene Viren Da Viren keinen eigenen Stoffwechsel und auch keine Zellwand besitzen, sind Antibiotika bei der Therapie von viralen Infekten machtlos. Somit beschränkt sich die Behandlung oftmals auf eine Therapie, die zwar nicht die Viren selbst bekämpft, aber die Symptome der Krankheit lindert. Den Rest muss die körpereigene Abwehr dann allein erledigen. Virostatika U M Behandlungsmöglichkeit Allerdings gibt es Mittel, die Viren in ihrer Vermehrung hemmen. Virostatika sind Medikamente, die mit unterschiedlichen Mechanismen die Vermehrung von Viren hemmen. Virostatika haben unterschiedliche Angriffspunkte in den Vermehrungsstadien eines Virus. Manche Medikamente verhindern das Andocken oder das Eindringen des Virus in die Wirtszelle. Andere wiederum stören die Herstellung und Zusammensetzung des Erbguts oder der Hülle. Virostatika werden auf Grund ihrer Nebenwirkungen nur dann eingesetzt, wenn das menschliche Immunsystem nicht in der Lage ist, den Virus alleine zu bekämpfen. Da die meisten Viren mutieren können, kann es zu einer Resistenz der Viren gegenüber dem Virostatikum kommen. Eine Ausnahme sind Medikamente, welche lokal, auf der Haut zur Anwendung kommen, (wie z. B. bei «Fieberbläschen». Leider ist das Medikament, das nur Viren und nicht körpereigene Zellen abtötet, noch nicht «erfunden» worden. S Prophylaxe Viralen Infekten vorbeugen – allgemeine Prophylaxe E T Die allgemeinen prophylaktischen Massnahmen sind bereits im Kapitel der Bakterien beschrieben! 1. Beachten eines guten Allgemeinzustandes (AZ) durch gesunde Lebensführung 2. Im Alltag die allgemein bekannte Hygienemassnahmen beachten und konsequent anwenden 3. Im Arbeitsalltag die Hygienevorschriften beachten und konsequent umsetzen R Viralen Infekten vorbeugen – Impfschutz Mit Schutzimpfungen können virale Erkrankungen vermieden oder zumindest den Krankheitsverlauf deutlich abgemildert werden. Ein Impfstoff enthält entweder abgeschwächte Krankheitserreger = aktive Immunisierung oder nur harmlose Teile des Erregers = passive Immunisierung. Bei beiden Impfarten erkennt das Immunsystem die fremden Strukturen und bildet Antikörper dagegen. Wenn nach der Impfung die gleiche Erregerart in den Körper gelangt, kann der Eindringling in der Regel schnell unschädlich gemacht werden. 66 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Vorsicht! Die hier aufgeführten prophylaktischen Massnahmen zu den Noroviren, gelten genauso für die, im selben Ausmass hoch ansteckenden, Rotaviren und Adenoviren! Besondere Vorsichtsmassnahmen sind im Umgang mit Norovirus-infizierten Patienten zu treffen. Schon die unglaublich winzige Zahl von zehn bis 100 Erregern reicht, um einem Menschen infizieren. Wer sich die Viren einfängt, wird binnen zwölf bis 18 Stunden krank und kann, wenn er selbst längst wieder gesund ist, noch wochenlang Erreger ausscheiden. M Am grössten ist die Ansteckungsgefahr, wenn ein Familienmitglied am Norovirus erkrankt. Kann der Betroffene für sich allein sorgen, sollten seine Angehörigen den Kontakt mit ihm meiden. Nach Möglichkeit sollten ihm ein eigenes Bad und Zimmer zugestanden werden. U Kommt die erkrankte Person, beispielsweise ein Kind, nicht allein zurecht, sollte nur ein Familienmitglied seine Betreuung übernehmen und bei der Pfleg Mundschutz und Handschuhe tragen. Das Risiko einer Ansteckung kann dadurch gesenkt werden. Wer den Kranken pflegt sollte nicht zugleich das Essen für die Familie zubereiten. Die Gefahr, dass winzige Erregermengen in die Speisen gelangen, ist sehr gross. S Kinder oder betagte Familienmitglieder sollten die erkrankte Person nicht besuchen. Sie stecken sich besonders leicht an und eine Infektion kann für sie schwerwiegende Folgen haben. E T Wer selbst erkrankt ist oder einen Erkrankten versorgt, sollte seine Hände regelmässig gründlich mit Seife waschen. Man sollte sich dabei ruhig Zeit nehmen. Ratsam ist, die Hände mit Wegwerftüchern zu trocknen oder für jedes Familienmitglied ein eigenes Händehandtuch bereit legen. R Alles, womit der Kranke oder seine Ausscheidungen in Berührung gekommen sind, muss gründlich gereinigt werden. Dabei sollten Gummihandschuhe getragen und Wegwerftücher verwendet werden. Auch Türklinken, Wasserhähne und Lichtschalter müssen einer gründlichen Reinigung unterzogen werden. Zur Reinigung reichen die im Handel erhältlichen Putzmittel völlig aus, Desinfektionsmittel sind im Privathaushalt nicht unbedingt nötig. Wer sie dennoch verwenden möchte, sollte darauf achten, dass sie auch speziell gegen Viren wirken. Noroviren können Temperaturen bis 60 Grad überstehen. Damit ist der 60-Grad-Waschgang nicht hundertprozentig sicher, zumal längst nicht jede Waschmaschine diese Temperatur tatsächlich erreicht. Sicherer ist, den Kochwaschgang zu benützen. Ist dies nicht möglich, sollte die Wäsche des Erkrankten getrennt von anderen Textilien bei 60 Grad gewaschen werden. Achtung: Achtung: Desinfektionsmittel sind kein Ersatz für das Händewaschen! Forscher haben gezeigt, dass Wasser und Seife ein wirksamerer Schutz gegen Noroviren sind, als die Desinfektion. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Viren 67 Lehrkraftausgabe Viren Pathogene Viren: Typen und Folgeerkrankungen Aufgabe 2.5.3 a) Lesen und bearbeiten Sie den nachfolgenden Text b) Fassen Sie die hier beschriebenen Virentypen tabellarisch zusammen. Sie finden hierzu eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch c) Ergänzen Sie Ihr Tabelle mit Bildern. Fügen Sie möglichst zu jedem Virus ein entsprechendes Bild ein. M Beispiel Lokalisation, Übertragung Erkrankungen Beispiel Noroviren Magen-Darm-Trakt Sie werden von Person zu Person, über die Luft, kontaminierte Gegenstände, Wasser und Nahrungsmittel übertragen. Magen-Darm-Erkrankung mit starken Durchfällen und schwallartigem, heftigem Erbrechen. U Viraler Erreger Bild S Folgende Bakterien-Typen sind beschrieben: Ziel: Sie wissen für welche Erkrankung(en) das entsprechende Virus verantwortlich ist. R E T •Noroviren •Rotaviren •Rhinoviren, •Coronaviren, >> SARS-assoziierte-Coronaviren •Adenoviren, •Enteroviren >> Polioviren >> Coxsackie-Viren •Influenza •FSME-Virus •HI-Virus Magen-Darminfektionen Meist verursacht durch eine Schmierinfektion befallen die Viren den Magen-Darm-Trakt. Als Gastroenteritis (Magendarmentzündung) wird die Entzündung der Schleimhäute des Magens und des Dünndarms bezeichnet, die üblicherweise mit Brechdurchfall einhergeht. Sehr häufig sind bei Erwachsenen Noroviren und bei Kindern Rotaviren die Ursache einer Magen-Darm-Grippe. 68 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Noroviren Noroviren sind RNA-Viren. Erstmals wurden sie 1972 entdeckt. Die Viren sind weit verbreitet und schuld an einem Grossteil von akuten Magen-Darm-Infektionen bei Kindern 30 % und bis zu 50 % bei Erwachsenen. Sie werden von Person zu Person, über die Luft, kontaminierte Gegenstände, Wasser und Nahrungsmittel übertragen. Deshalb kommt es oft zu Epidemien in Gemeinschaftseinrichtungen wie Heimen und Spitälern. U M Noroviren haben eine Inkubationszeit von ca. 10 – 50 Stunden und verursachen ganz plötzlich eine akute Magen-Darm-Erkrankung. Die durch starke Durchfälle und – vor allem bei Kindern – schwallartiges, heftiges Erbrechen gekennzeichnet ist. Beides führt in kurzer Zeit zu einem erheblichen Flüssigkeitsverlust. In der Regel besteht ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl mit Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Mattigkeit. Die Körpertemperatur kann leicht erhöht sein, meist kommt es jedoch nicht zu hohem Fieber. Die Beschwerden dauern etwa 12 – 48 Stunden. S Rotaviren Rotaviren sind RNA-Viren, die durch eine Schmierinfektion, fäkal-oral übertragen wird und hochansteckend ist. Eine Infektion mit Rotaviren führt vorwiegend bei Kindern zu einer Magen-Darm-Grippe mit Fieber, Erbrechen und schwerem Durchfall. Die Erkrankung ist sehr häufig, kann über eine Woche anhalten und einen schweren Verlauf nehmen. Fast jedes Kind macht die Erkrankung einmal durch und wird dagegen immun. E T Enterovirus Enteroviren sind unbehüllte RNA-Viren. Sie sind säurestabil und kommen weltweit bei Menschen, Nagern, Schweinen, Rindern und verschiedenen Affenarten vor. Sie sind Krankheitserreger des Magen-Darm-Trakts. Es gibt verschiedene Arten von Enteroviren, die eine Vielzahl von Krankheiten auslösen können: Polioviren, Coxsackie-Viren, Echoviren, Hepatitis-A-Virus, Humane Enteroviren. Einige dieser Viren befallen die Luftwege und führen zu grippeähnlichen Symptomen. R Infektion der oberen Luftwege (Respirationssystems) Meist verursacht durch eine Tröpfcheninfektion befallen die Viren die Schleimhäute, vermehren sich dort und zerstören dabei die oberste Zellschicht. Dadurch kommt es zum Anschwellen der Schleimhaut, die Nase verstopft, der Hals schmerzt. Es entsteht eine Entzündung (Rhinitis) wobei vermehrt Schleim gebildet wird und die Nase läuft. Kopf- und Gliederschmerzen, auch Fieber können auftreten. Hat der Körper sich auf die Erkältungsviren eingestellt, kann er sie gut bekämpfen. Nach einer Woche ist der Infekt meist ausgestanden. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Viren 69 Lehrkraftausgabe Viren M Zu der Vielzahl von Virusarten, die grippale Infekte hervorrufen können, gehören zum Beispiel die: •Rhinoviren •Coronaviren >> SARS-assoziierte-Coronaviren •Adenoviren •Enteroviren >> Polioviren >> Coxsackie-Viren •Influenza U Rhinovirus Das Rhinovirus ist ein RNA-Virus. Die Inkubationszeit beträgt maximal vier Tage. Rhinoviren findet man auf jedem Kontinent. Sie werden durch Tröpfcheninfektion oder Schmierinfektion von Mensch zu Mensch übertragen. S Durch die zytolytischen (zellzerstörenden) Eigenschaften der Rhinoviren treten innerhalb von 48 h nach Infektion lokale Zerstörungen des Epithels im Nasen- und Rachenbereiche auf, wobei es in der Regel nicht zu ausgeprägteren Nekrosen kommt. Bei immungeschwächten Patienten kann das Virus in die tieferen Atemwege eindringen und zu einer Bronchitis oder Bronchopneumonie führen. E T Coronavirus Das Coronaviren ist ein RNA-Viren, das sowohl Menschen wie auch Tiere infiziert. Die Familie der Coronaviren ist in mehrere Unterfamilien und Gattungen aufgeteilt. Coronaviren treten weltweit auf und werden meist über Tröpfcheninfektion übertragen. Zahlreiche Vertreter sind unter Fledermäusen endemisch und gehen von ihnen als Zoonose auf andere Tierarten oder auf den Menschen über. Die Inkubationszeit ist abhängig vom jeweiligen Virustyp. Die Infektion führt häufig zu einer Rhinitis, mit Husten, Kopfschmerzen und Fieber. R SARS-assoziiertes-Coronavirus[ Das Schwere Akute Respiratorische Syndrom, kurz SARS, ist eine durch Betacoronaviren ausgelöste Infektionskrankheit, die sich unter dem klinischen Bild einer atypischen Lungenentzündung (atypische Pneumonie) präsentiert. SARS wurde erstmals im November 2002 in der chinesischen Provinz Guangdong beobachtet. Es wird angenommen, dass der Erreger beim Handel mit wildlebenden Tieren erstmals auf den Menschen übertragen wurde. SARS kann jedoch auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Es ist davon auszugehen, dass das SARS-assoziierte Corona-Virus oder ähnliche Corona-Viren in verschiedenen wildlebenden Tieren Südostasiens weiterhin vorkommen. 70 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass solche Viren eines Tages wieder vom Tier auf den Menschen übertragen werden und eine neue Epidemie auslösen. Adenovirus Adenoviren sind DNA-haltige Viren mit weltweiter Verbreitung. Bisher wurden mehr als 80 Adenoviren klassifiziert, die zur Familie Adenoviridae gehören und wovon 47 humanpathogen sind. M Die Übertragung der Adenoviren erfolgt über Tröpfcheninfektion sowie fäkal-oral. Da sich die Adenoviren nur schwer durch Desinfektionsmittel inaktivieren lassen, besteht immer die Gefahr einer nosokomialen Infektion. Die Inkubationszeit beträgt fünf bis acht Tage. U Adenoviren verursachen hauptsächlich Erkrankungen der Atemwege. Die Symptome der Atemwegserkrankung durch Adenoviren reichen von der einfachen Erkältung über die akute Bronchitis bis zur Pneumonie. Bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem besteht eine besondere Anfälligkeit für ernsthafte Komplikationen. Abhängig vom jeweiligen Typ können eine Reihe anderer Erkrankungen hervorgerufen werden, so beispielsweise Gastroenteritis, Keratokonjunktivitis , Zystitis, Rhinitis, Pharyngitis oder Durchfälle. S Poliovirus Das Poliovirus gehört zu den Enteroviren und ist somit ein unbehülltes RNA-Virus. Polioviren sind Auslöser grippaler Infekte, unter Umständen mit ZNS-Beteiligung. Die bekannteste von ihnen verursachte Krankheit ist die Poliomyelitis = Kinderlähmung. E T Coxsackie-Virus Das Coxsackie-Virus gehört ebenfalls zu den Enteroviren und ist somit ein unbehülltes RNAVirus. Coxsackie-Viren verursachen grippale Infekte, Angina oder Rhinitis (Schnupfen). Selten treten Infektionen des ZNS, Respirationstrakts und Herzmuskels (Myokard) auf. Ausserdem sind sie die Erreger der überwiegend bei Kindern auftretenden Hand-Fuss-Mundkrankheit. Influenza Influenzaviren gehören zur Familie Orthomyxoviridae, sind RNA-Viren und führen zur Influenza = echten Grippe. Es werden drei verschiedene Influenza-Typen unterschieden R Die Viren der Influenza sind hartnäckiger und rufen, im Gegensatz zu den «Schnupfen-Viren» schwerwiegendere Symptome hervor. Typisch für die echte Grippe ist ein heftiger und plötzlicher Beginn, plötzliches hohes Fieber, starken Husten und massive Schwäche. Es dauert länger, bis man sich vollständig erholt. Influenza kann auch tödlich enden. Da das Immunsystem durch den Virus-Infekt bereits geschwächt ist, kommt oftmals ein bakterieller Infekt dazu = Sekundärinfekt. Dabei kann es zusätzlich z. B. zu einer bakteriellen Mandelentzündung, Lungenentzündung, Vereiterung der Nebenhöhlen oder Scharlach kommen. Die Inkubationszeit von Influenza beträgt wenige Stunden bis drei Tage. Schon während dieser Zeit (also sofort nach der Ansteckung mit dem Grippevirus, aber bevor die ersten Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Viren 71 Lehrkraftausgabe Viren Grippe-Symptome auftreten) sind die Betroffenen ansteckend. Nach dem Ausbruch der Grippe besteht die Ansteckungsgefahr dann noch etwa drei bis fünf Tage weiter. *Hinweis für Interessierte: Mehr Information zu den Viren finden Sie über diese Homepage! https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/viren/grippeviren.jsp M Aufgabe 2.5.4 Recherchieren Sie im Internet nach den drei Influenzatypen. a) Wie werden die drei Typen bezeichnet? b) Wie unterscheiden Sie sich bezüglich Krankheitsverlauf? Typ Verlauf / Klinik Influenza-A-Viren führen unter den Influenza-Viren zu den meisten Ster- U Pandemien auslösen und sind durch schwere Krankheitsverläufe gekennzeichnet. können sich schnell verbreiten, sie rufen aber in der S Influenza-B-Viren befällen. Sie können grosse Grippeepidemien bis hin zu Regel nur leichte bis mittelschwere Erkrankungen hervor. E T Influenza-C-Viren Verursacht meist keinen Infekt und wenn doch, dann verläuft dieser in der Regel harmlos. R Die A- und B-Viren haben kleine «Spikes» aus Glykoproteinen an ihrer Oberfläche. Vor allem eines dieser Proteine, das Hämagglutinin (HA), verändert sich andauernd. Zwar nur ganz geringfügig, trotzdem sorgt es so für Mutationen des Virus. Gegen solch ein mutiertes Virus ist die menschliche Abwehr oft machtlos. Deshalb muss sich das Immunsystem immer wieder anpassen und auch die Impfstoffe müssen immer wieder überprüft und angepasst werden. FSME-Virus Der FSME-Erreger wird durch Zecken übertragen und führt beim Menschen zur FrühsommerMeningo-Enzephalitis (FSME). Die Erkrankung äussert sich erst durch grippeähnliche Symptome. In der Regel klingen die Symptome nach ca. fünf Tagen ab. Bei einer Minderheit der Betroffenen kommt es nach einem symptomfreien Intervall zum Befall der Organe, hauptsächlich des zentralen Nervensystems (Meningitis, Enzephalitis, Myelitis). Zusätzlich zu den allgemeinen Schutzmassnahmen vor Zeckenstichen existiert gegen die FSME eine Schutzimpfung. 72 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Herpesvieren Die Herpesviren sind «DNA-Viren», verfügen über einen Hüllenmembran und eine kubische Form. Herpesviren haben einen ähnlichen strukturellen Aufbau und trotzdem rufen sie sehr unterschiedliche Erkrankungen hervor. Eingeteilt werden die Herpesvieren in die drei Gruppen: Alphavirinae, Betavirinae, Gammavirinae. U M Alphavirinae In diese Gruppe gehören: •Das Herpes-simplex-Virus: Es verursacht kleine Bläschen im Gesicht, an Lippen, Mundschleimhaut und Augen. Herpes simplex kann in den Nervenzellen respektive in den Fortsätzen der Nervenzelle (Nervenaxonen) persistieren = verbleiben und zu einem späteren Zeitpunkt reaktiviert werden. •Das Varizella-Zoster-Virus verursacht Windpocken (Spitze Blattern, Wilde Blattern), ist sehr ansteckend und verbreitet sich durch Tröpfcheninfektion. Auch dieser Virus kann in den Nervenzellen persistieren und z. B. bei einem abwehrgeschwächten Organismus als Gürtelrose (Herpes zoster) wieder ausbrechen. E T S Betavirinae In diese Gruppe gehört unter anderem das Zytomegalie-Virus (CMV) = Humanes Herpesvirus 5 (HHV 5). Das CMV kommt auf der ganzen Welt vor und wird durch Tröpfcheninfektion oder Schleimschmierinfektion übertragen. Die Übertragungsarten erfolgen: über Speichel, Blut, Muttermilch, Samenflüssigkeit und Zervixsekret. Zudem ist eine Infektion über Blutkonserven oder Gewebetransplantate möglich. Das Zytomegalievirus befällt vorwiegend die Epithlzellen der Speicheldrüsen und bleibt nach der Infektion lebenslang im Körper nachweisbar. R Die Erstinfektion (Primärinfektion) mit CMV verläuft meist unauffällig, das heisst, ohne Symptome, sofern das Immunsystem der Betroffene nicht geschwächt ist. Kommt es zur Erkrankung, ähnelnd der Verlauf einer Mononukleose (dem Pfeifferschen Drüsenfieber), mit Symptomen wie: Fieber und Lymphknotenschwellung, Kopf- und Gliederschmerzen. Selten kommt es zur Leberentzündung (Hepatitis) und/oder Nervenentzündung. Für den immungeschwächten Patienten wie z. B. AIDS-, Leukämie-, Tumorpatienten oder Transplantierte, kann die Erkrankung schwerwiegend verlaufen. Gammavirinae Dazu gehört unter anderem das Epstein-Barr-Virus = Humanes Herpesvirus 4 (HH4), ein doppelsträngiges DNA-Virus. Das EBV ist der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers (infektiöse Mononukleose = IM). Das EBV kommt auf der ganzen Welt vor und wird hauptsächlich bei engem Kontakt durch Speichel übertragen. Bei Kleinkindern erfolgt die Übertragung als Schmierinfektion von den Eltern, Geschwistern oder Spielkameraden, bei jungen Erwachsenen typischerweise durch Küssen. Die Verbreitung des Virus ist entsprechend hoch: Mit dem Ende des 40. Lebensjahres haben ca. 95 – 98 % aller Menschen eine Infektion mit EBV durchlebt. Wie alle Herpesviren Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Viren 73 Lehrkraftausgabe Viren kann auch das Epstein-Barr-Virus nach einer Infektion lebenslang in infizierten Wirtszellen überleben und reaktiviert werden. U M Symptome Bei einer EBV-Infektion kommt es nicht immer zu Symptomen. Vor allem bei Kindern verläuft die Primärinfektion völlig unbemerkt. Mit dem Älterwerden nehmen die Symptome zu. Die Schwere und Dauer der Erkrankung sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Krankheit entwickelt sich meistens langsam und zeigt zunächst eher milde Symptome. Je weiter die Krankheit fortschreitet, umso schwerwiegender werden bei vielen Patienten die Beschwerden. Das Fieber steigt und kann 40 °C erreichen. Bei einem akuten Pfeifferschen Drüsenfieber kommt es zudem zu geschwollenen Lymphknoten in der Hals-, Nacken-, Achsel- und Leistengegend, Kopfschmerzen, einer Mandelentzündung und einem allgemeinen Schwächegefühl. Zudem können Nervosität, Schlafstörungen, erhöhte Leberwerte, eine vergrösserte Milz, Depressionen, Muskel- und Gliederschmerzen, Angstgefühle und Bauchschmerzen auftreten. Bei schwerwiegenderen Verläufen dauert insbesondere die Müdigkeit mehrere Monate lang an. Bei chronischen Infektionen, bei denen das Virus phasenweise immer wieder aufflackert, fühlen sich die Betroffenen jahrelang krank. E T S Hepatitis Viren Es gibt fünf verschiedene Arten von Hepatitsviren, die mit den Buchstaben A bis E gekennzeichnet werden. Zwischen den Krankheiten, die durch diese fünf Virusarten ausgelöst werden, gibt es grosse Unterschiede: bezüglich Übertragung, dem Krankheitsverlauf und der Symptomatik. Eines aber haben die Hepatitisviren gemeinsam, sie befallen hauptsächlich die Leber und verursachen dann eine Leberentzündung, eine sogenannte Hepatitis. Hepatitis, wird im Volksmund auch Gelbsucht genannt und ist eine tückische Krankheit. Viele Hepatitis-Infektionen verlaufen schleichend. Betroffene merken oft erst nach Jahren, dass sie sich angesteckt haben. Doch dann ist die Leber häufig schon zerstört. Die akute Leberentzündung higegen kann plötzlich auftreten und rasch wieder verschwinden, oder aber länger andauern und sich zu einer chronische Hepatitis entwickeln. R Symptome Eine Hepatitis kann ganz unterschiedliche und unspezifische Symptome zeigen: Müdigkeit, Leistungsschwäche, Appetitlosigkeit, Gelenkschmerzen, Unwohlsein, Übelkeit / Erbrechen, Fieber, Gelbfärbung der Haut und Dunkelfärbung des Urins, Schmerzen im rechten Oberbauch usw. *Hinweis: Mehr Informationen zum Thema «Hepatitis» finden Sie hier! http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/krankheiten/hepatitis/ 74 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Es werden fünf humanpathogene Viren unterschieden: Hepatitis-BVirus Hepatitis-CVirus Hepatitis-DVirus Hepatitis-EVirus Das HAV ist ein sehr hitzeresistentes Virus. Das HBV ist ein sehr widerstandsfähiges Virus. Das HCV ist nicht sehr widerstandsfähig und ist durch Desinfektions- und Lipidlösungsmittel leicht zu inaktivieren. Das HDV ist ein inkomplettes RNAVirus. Eine HDVInfektion ist daher nur bei gleichzeitiger HepatitisB-Virus-Infektion möglich. Das Hepatitis-EVirus ist weltweit die wichtigste Ursache für eine enteral übertragene Non-A/NonB-Hepatitis. Das HCV wird in erster Linie durch Blut übertragen, selten erfolgt eine sexuelle Übertragung. Die Übertragungswege sind identisch mit jenen des Hepatitis-BVirus. Das Virus wird vor allem durch Blut und Blutprodukte übertragen. Es ist aber auch in anderen Körperflüssigkeiten nachweisbar, u. a. in Sperma, Zervikalsekret, Tränenflüssigkeit und Muttermilch. Übertragung erfolgt fäkal-oral. M Hepatitis-AVirus Das HAV ist weit verbreitet. Übertragung erfolgt fäkal-oral. U Besonders betroffen von der HBV-Infektion sind die Entwicklungsländer. Etwa 5 bis 10% der HBV-Infektionen verlaufen chronisch. Die HBV-Infektion ist eine hoch infektiöse Erkrankung, da sich sehr hohe Viruskonzentrationen in minimalsten Blutspuren befinden. Die Übertragung geschieht heutzutage in den entwickelten Industriestaaten in den meisten Fällen durch ungeschützte Sexualkontakte oder bei Drogengebrauch durch verunreinigtes Drogenbesteck. R E T S Die Hepatitis B ist zurzeit die wichtigste Berufskrankheit unter medizinisch tätigem Personal. Impfung empfohlen! Medizinischem Personal wird die hochwirksame Impfung dringend empfohlen! Es gibt keine Impfung! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Wer gegen Hepatitis B geimpft ist, ist damit gleichzeitig auch gegen Hepatitis D geschützt! Ein Impfstoff befindet sich in klinischer Erprobung! Viren 75 Lehrkraftausgabe Viren HI-Virus Das HI-Virus (humanes Immundefizienz-Virus) ist ein behülltes Virus und gehört zu den Retroviren. Das Virus ist gegenüber äusseren Einflüssen sehr empfindlich und daher im Vergleich zu anderen Krankheiten schwerer übertragbar. Es wird weder beim Husten oder Niesen noch bei Umarmungen oder beim Küssen übertragen. M Eine Übertragung des HI-Virus ist auf zwei Wege möglich: • Eine infektiöse Körperflüssigkeit trifft auf entsprechende Schleimhäute oder direkt in eine offene Wunde. • Schleimhäute, welche HIV-aufnahmefähige und HIV-abgabefähige Zellen enthalten, treffen aufeinander. Beispiel: Vaginalschleimhaut und Innenseite der Penisvorhaut / Darmschleimhaut U Zu den infektiösen Flüssigkeiten gehören: • Blut (dazu gehört auch Menstruationsblut) • Samenflüssigkeit, auch Präejakulat •Scheidenflüssigkeit • Flüssigkeiten auf Penis-, Darm- und Scheidenschleimhaut •Muttermilch S E T HI-Viren befallen im Menschen die CD4-Lymphozyten (= Steuerzentrale des Immunsystems). Die Viren integrieren ihre Erbinformationen in die Lymphozyten, stören ihre Funktion und vermehren sich in ihnen. Die neu produzierten Viren befallen weitere CD4-Lymphozyten. Durch das, teils fehlerhafte, Umschreiben der RNA in die DNA entstehen mutierte Viren. Kaum hat sich unser Immunsystem auf den Virus eingestellt, hat dieser sich bereits wieder verändert und die vom Immunsystem hergestellten Antikörper sind wirkungslos. (Dies erschwert die medikamentöse Therapie!) Die Zahl der Abwehrzellen (CD4-Lymphozyten) sinkt immer tiefer, bis das Immunsystem nicht mehr ausreichend vor Infektionen schützen kann. R Die Infektion verläuft in verschiedenen Stadien. Von AIDS spricht man erst in der letzten Phase. Zuvor wird ein Patient als HIV-positiv bezeichnet. Akute HIV-Infektion / Primoinfektion Nach einer Inkubationszeit von ca. drei bis sechs Wochen treten grippeähnliche Symptome auf (Fieber, Müdigkeit, Hautausschläge, Lymphknotenvergrösserung, Rachenentzündung, Muskel-, Kopf- und Gelenksschmerzen etc.). Nach wenigen Wochen klingt die akute Infektion ab. Oft bleibt die HIV-Infektion unerkannt. Während der Primoinfektion versucht das Immunsystem die HI-Viren zu bekämpfen. Der Körper bildet Antikörper, welche nach drei bis zwölf Wochen im Blut nachweisbar sind. 76 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Latenzphase / symptomfreies Stadium Sie dauert oft mehrere Jahre und beinhaltet keine gravierenden Symptome. Die Infizierten fühlen sich gesund könne aber durchaus andere Personen anstecken. Es kommt zu einer zunehmenden Abwehrschwäche (abfallende CD4 Lymphozyten). M Symptomatisches Stadium Oft tritt anschliessend an die Latenzphase eine erste Erkrankung auf, welche auf ein mittelschwer geschwächtes Immunsystem zurückzuführen ist. Lymphknotenschwellungen und Infektionskrankheiten (keine lebensbedrohlichen) treten auf. Diese Phase dauert Wochen bis Jahre. AIDS-Erkrankung (Acquired Immuno Deficiency syndrome = «erworbenes Immunschwäche-Syndrom» U Durch den Immundefekt treten ganz bestimmte Krankheiten auf. Charakteristische Symptome der AIDS-Erkrankung sind: • Fieber, Nachtschweiss • Husten, Atemnot • Mundbrennen, Schluckbeschwerden •Diarrhoe • HIV-Kachexie-Syndrom (Kachexie = pathogener Gewichtsverlust) •Hautveränderungen •Nervenstörungen E T S Therapie / Prognose Die Therapie zielt vorrangig darauf ab, den Ausbruch von AIDS so lange wie möglich hinauszuzögern. Dies erfolgt medikamentös durch eine sogenannte antiretrovirale Therapie. Darunter versteht man eine Kombinationstherapie aus mindestens drei verschiedenen antiretroviralen Medikamenten, welche ein Leben lang eingenommen werden müssen. Bricht AIDS einmal aus, müssen auch die Begleiterkrankungen (z. B. Pneumonie) behandelt werden. R In den Industrieländern hat sich durch neue Therapiemöglichkeiten die Lebenserwartung deutlich erhöht. Die Phase der AIDS-Erkrankung lässt sich oft lange hinausschieben, aber nicht verhindern. AIDS ist (noch) nicht heilbar! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Viren 77 Lehrkraftausgabe Pilze (Fungi, Mycetes) Pilze (Fungi, Mycetes) 2.6 Pilze (Fungi, Mycetes) Giesskannenschimmel Hefepilz Fadenpilz Pinselschimmel M Pilze sind eukaryontische Lebewesen. Von den etwa 100`000 beschriebenen Pilzarten sind beim Menschen nur etwa 180 krankheitserregend. Definition Definition Grundsätzlich wird zwischen zwei Wachstumsformen unterschieden: U • Myzelpilz (Fadenpilzen) – alle Arten von Dermatophyten* und Schimmelpilzen • Hefen (Sprosspilzen) S In der Medizin kann man hinsichtlich ihrer Morphologie grob drei Pilzformen unterscheiden: E T • Sprosspilze (Hefen) •Fadenpilze • Dimorphe Pilze (kommen je nach Umweltbedingungen in der Faden- oder Sprosspilzform vor) Bezüglich der Pilz-Infektionsarten wird nach dem DHS-Prinzip unterscheiden: • D ermatophyten (Fadenpilze): Trichophyton, Microsporum • H efen (Sprosspilze): Candida, Pityrosporum • S chimmelpilze (Fadenpilze): Aspergillus R 78 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Aufgabe 2.6.1 Beschriften Sie den Aufbau einer Pilzzelle U M E T S Lebensraum Vermehrung durch Sporen bzw. Konidien Die Fortpflanzung von Pilzen basiert auf der Bildung von Sporen. Pilze können sich ungeschlechtlich und geschlechtlich vermehren: • anamorph = ungeschlechtlich: Eine Zelle verdoppeln ihr Erbmaterial und verteilen es anschliessend auf zwei Zellen. • telemorph = geschlechtlich: Zwei unterschiedliche Keimzellen (männlich u. weiblich) kommen zusammen und erzeugen eigenständige Nachkommen. Vermehrung R Lebensraum / Risikofaktoren Pilze sind ein natürlicher Bestandteil unserer Umwelt und in der Natur an der Zersetzung organischen Stoffe beteiligt. Nebst den Bakterien leben auf der Haut des Menschen eine Vielzahl von Pilzen, die ihm aber normalerweise nicht schaden. Sie siedeln in den oberen Hautschichten und ernähren sich von abgestorbenen Hautzellen und von Schweiss. Einflüsse wie Stress, ein geschwächtes Immunsystem, hormonale Umstellungen (z. B. Schwangerschaft), chronische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus) oder die Einnahme von Antibiotika, können dazu führen, dass ansonsten harmlose Pilze Krankheiten auslösen, die die Kopfhaut, die Scheide, den Magendarm-Trakt oder andere innere Organe befallen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Pilze (Fungi, Mycetes) 79 Lehrkraftausgabe Pilze (Fungi, Mycetes) Sporen, die bei der anamorphen Vermehrung entstehen, heissen Konidiosporen bzw. Konidien. Bei Spezies, von denen nur die anamorphe Form bekannt ist spricht man von Fungi imperfecti. Dies trifft auf die meisten pathogenen Pilze zu. Pilze, die sich telemorph fortpflanzen werden als Fungi perfecti bezeichnet. Sprosswachstum U M Myzelpilze S Aussehen / Differenzierung E T Myzelpilze (Fadenpilze) Fadenpilze bestehen aus fadenartigen Zellen, welche als Hyphen (Hyphe/Hyphen = Pilzzelle/ Pilzzellen) bezeichnet werden. Hyphen sind sich verzweigende, ineinander verschlungene Zellfäden. Hyphen können septiert oder unseptiert sein. In der Mykologie sind septierte Hyphen solche, die durch Querwände (Septen) unterteilt sind. Oft verschmelzen Hyphen von Individuen derselben Art miteinander und erhöhen so den Verflechtungsgrad des Netzwerkes noch stärker. Das gesamte Netzwerk nennt man Mycel oder Pilz-Kolonie. a = Hyphe mit Verzweigungen c = Mycel R 80 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Hefen Schimmelpilz Schimmelpilze sind ein natürlicher Bestandteil unserer Umwelt und in der Natur sind sie ein nützlicher Zersetzer von organischen Stoffen. Normalerweise sind sie harmlos. Als Schimmelpilze bezeichnet man eine heterogene Gruppe von Pilzen, welche ein Netzwerk von Hyphen haben und daher als ein Organismus angesehen wird. Man spricht dabei auch von einer Pilz-Kolonie oder von einem Myzel. Makroskopisch ist ein solches Schimmelpilz-Myzel oft sichtbar als mehl- oder watteartiger, meist weisser, grünlicher, grauer oder andersfarbiger Saum, der organische Substrate überzieht. Schimmelpilz U M Hefen = Sprosspilze Die Zellen der Sprosspilze treten in ovaler Form als Blastospore auf. Ihre Vermehrung findet durch Sprossung statt. Aus der Mutterzelle stülpt sich also ein Bereich der Zellwand aus. In diese Knospe wandert eine Kopie des Zellkerns ein, um sich im weiteren Verlauf vollständig von der Mutterzelle zu trennen. Unter günstigen Bedingungen können Sprosspilze Zellverbände bilden, deren Einzelzellen jedoch nicht miteinander über Septen kommunizieren. Daher wird eine solche Zellgemeinschaft in Analogie zu den Fadenpilzen als Pseudomyzel bezeichnet. S Wie gefährlich Mykotoxine = Aflatoxine (Pilzgifte) für Lebewesen sein können, wurde erstmals 1960 in England deutlich, als ein aus Erdnüssen bestehendes Futtermittel für den Tod von fast 100.000 Zuchtputen verantwortlich gemacht wurde. Erst nach diesem Vorfall beschäftigte sich auch die Humanmedizin mit den Auswirkungen von Mykotoxine auf den menschlichen Organismus. E T Lebensraum Prinzipiell gilt: Schimmelpilze kommen überall dort vor, wo es feucht ist und organisches Material vorhanden ist. Besonders gut gedeihen sie bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 80 % und einer Temperatur von über 20° C. Vermehrung Zur Zeit der Forpflanzung sind Sporangien (Sporenträger) zu erkennen. Ihre Gestalt und ihr Aussehen sind wichtige Unterscheidungsmerkmale zwischen den einzelnen Arten. R Abbildung 1: Pinselschimmel = Penicillium Abbildung 2: Giesskannenschimmel = Aspergillus Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Pilze (Fungi, Mycetes) 81 Lehrkraftausgabe Pilze (Fungi, Mycetes) Die Vermehrungsphase dient der Bildung von Fortpflanzungszellen (Sporen). Ein Schimmelpilz kann innerhalb kurzer Zeit Millionen Sporen in die Luft abgeben. Es gibt männliche und weibliche Sporen. Der sichtbare Schimmelpilz entsteht bei Lebensmitteln nur dann, wenn eine männliche Spore, die ihr Fadengeflecht bereits in einem geeigneten Substrat (z. B. im Gemüse, Obst, Brot, Aufstrich etc.) entwickelt hat, dort auf eine weibliche Spore trifft. Jetzt kann daraus der sichtbare Schimmelpilz wachsen. M Sporen können in der Luft über weite Strecken schweben und mit dem Wind transportiert und eingeatmet werden. Pilzsporen sind schwerer als Luft und sinken daher bei ruhiger Luft ab und können so neue Substrate (Opfer) besiedeln. Schimmelpilzsporen können somit auf zwei Arten Einfluss auf den menschlichen Körper nehmen: U • über die orale Aufnahme – Vergiftungen durch Mykotoxine, welche in der vegetativen Phase von den Hyphen gebildet werden • über die inhalative Aufnahme - Allergien verursacht durch das Einatmen von Sporen S Wenn bereits geringe Konzentrationen an Schimmelpilzsporen über die Luft in die Atemwege gelangen, werden beim Allergiker Substanzen freigesetzt, die zu einer übersteigerten Abwehrreaktion = Allergie führen. Schimmelpilze können bei allergischen Personen zu folgenden Krankheitssymptomen führen: E T • Infektionen der oberen und der unteren Atemwege •Husten • Augenentzündungen (Augenjucken, Augentränen, gerötete und geschwollene Augen) • Im fortgeschrittenen Stadium: Asthma bronchiale Der Schimmelbefall bleibt dem Auge vorerst verborgen. Im befallenen Lebensmittel aber produzieren die Hyphen bereits Abbaustoffe respektive Giftstoffe, die Mykotoxine genannt werden. Dabei gibt es Unzählige von unsichtbaren Toxinen, die für Menschen und Tiere bereits in geringster Konzentration stark gesundheitsschädlich wirken. Mykotoxine können: R • • • • • Krebs verursachen das Zentralnervensystem schädigen das Immunsystem schwächen bei schwangeren Frauen Fehlbildungen beim ungeborenen Kind hervorrufen Schäden an Leber, Herz und Nieren verursachen Mykotoxine sind sehr stabil, das heisst, sie besitzen eine dicke Zellwand und sind so weder durch starkes Erhitzen oder langes Kochen noch durch Einfrieren zerstörbar. Schimmelsporen hingegen, nicht zu verwechseln mit den Bakteriensporen, stellen für die Desinfektion keine Probleme dar. 82 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Gutartige Pilze Gutartige Pilze Aufgabe 2.6.2 Wo kommen Schimmelpilze in der Natur, Industrie und der Lebensmittelproduktion als Nützlinge vor? • Waldboden oder Blumenerde • Als Speisepilze: Steinpilz, Trüffel, Champignons, Pfifferlinge M • Hefe: als Backtreibmittel, in alkoholischen Getränken (Bier) • Quorn (Myzel eines Schimmelpilzes) als Fleischersatz • in Komposthaufen oder in Biotonnen • als Edelschimmel auf Käse oder Salami U • Gewinnung und Herstellung von Arzneimitteln: > Penicillin: Antibiotika, Breitspektrumantibiotika > Griseofulvin: Antimykotikum, besitzt eine antibiotische Wirkung auf Dermatophyten S Mykosen Mykosen E T Weltweit zählen Mykosen zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Mykosen sind pilzbedingte Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Fusspilz, Nagelpilz, Scheidenpilz und Mundsoor. Die Infektionen können nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden. Wichtig ist die Abgrenzung oberflächlicher Hautmykosen, die bei allen Menschen auftreten können, von der opportunistischen Pilzinfektion, die hauptsächlich bei einem geschwächtem Immunsystem auftreten. Pilzinfektionen werden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt: 1. Endogene und Exogene Mykosen Exogene (primäre) Mykosen werden durch die Übertragung von Sporen pathogener Pilze verursacht. R Endogene (opportunistische) Mykosen entstehen, wenn das Gleichgewicht der natürlich auf und im Menschen vorkommenden Pilze, z. B. durch Antibiotika oder ein geschwächtes Immunsystem, verschoben wird. 2. Oberflächliche und systemische Mykosen Oberflächliche Mykosen betreffen die Haut und Schleimhäute, dazu zählen Dermatophytosen, Candidamykosen der Haut, des Mundes und der Vagina sowie Pityriasis versicolor. Endogene und Exogene Mykosen Bei systemischen Mykosen werden die Sporen über das Blut verteilt und befallen innere Organe. Systemische Mykosen werden weiter in primäre (Pilzinfektion bei Gesunden) und opportunistische Systemmykosen unterteilt. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Oberflächliche und systemische Mykosen Pilze (Fungi, Mycetes) 83 Lehrkraftausgabe Pilze (Fungi, Mycetes) DHS-System 3. DHS-System nach Rieth Es sind zahlreiche Pilze bekannt, die zu unterschiedlichen Krankheitsbildern führen können. Medizinisch relevante Pilze werden unabhängig von ihrer mikrobiologischen Gattung in das sog. DHS-System (Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze) eingeteilt: Hefen Schimmelpilze Häufigkeit 70.5 % 24.4 % 5.1 % Beispiele Trichophyton Mikrosporum Epidermophyton Candida Cryptococcus Malassezia Aspergillus Mucor Fadenpilze Führen zu oberflächlichen Pilzinfektionen der Nägel, der Haut und der Kopfhaut Sprosspilze Fadenpilze Befallen vor allem die Schleimhäute, aber auch die Haut und die inneren Organe (systemische Mykose). Befallen vorwiegend innere Organe, eher seltener die Nägel oder die Haut. M Dermatophyten Eigenschaften U S Übertragung Hefepilze treten vorwiegend bei Personen mit Immunschwäche auf. Schimmelpilze treten nur bei Personen mit Immunschwäche auf. E T Übertragung • Subkutane Mykosen Die Pilze dieser Mykosen leben eigentlich im Boden oder auf absterbenden Pflanzen. Sie können aber durch kleine Verletzungen der Haut in den Körper bzw. ins unter der Haut liegende (subkutane) Bindegewebe eindringen. Dort siedeln sie und können sich weiter im Körper ausbreiten. Subkutane Mykosen sind in tropischen und subtropischen Gebieten verbreitet. R •Dermatophyten Direkter Kontakt von Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch, Schmierinfektion via kontaminierte Gegenstände. • Opportunistische Mykosen Verschiebung des Gleichgewichts der körpereigenen Flora durch z. B. ein geschwächtes Immunsystem. 84 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Diese Pilzerkrankungen betreffen vor allem die Haut und die Schleimhäute. Eine Erkrankung entsteht dann, wenn bereits geschwächte Abwehrkräfte vorliegen. Opportunistische Mykosen gehören zu den endogenen Infektionen. Sie werden sowohl durch Hefen als auch durch Schimmelpilze verursacht. > Erreger: z. B. Cryptococcus neoformans oder Schimmelpilze (Aspergillus, Mucor) prädisponierend (begünstigend) wirken: • Behandlung mit Kortison-Präparaten • Langandauernde Behandlung mit Antibiotika • ____________________________________ • ____________________________________ M U • Systemische Pilzinfektionen Entstehen meist durch das Einatmen von Sporen z. B. Aspergillen oder Cryptococcus neoformans und betreffen daher als erstes die Lunge, bevor die Erreger via Blut oder Lymphe im Körper verteilt werden und sich die Krankheit auf andere Organe ausdehnt. S Pilzinfektionen vorbeugen – allgemeine Prophylaxe Prophylaxe E T Einer Schwächung des Immunsystems vorbeugen durch: • Genügend Schlaf • Gesunde Ernährung, mit möglichst wenig Zucker- und Weizenprodukten • Auf regelmässige körperliche Aktivität und frische Luft achten • Hektik und Stress möglichst vermeiden R • Einer Schwächung des Immunsystems vorbeugen durch: >> Genügend Schlaf >> Gesunde Ernährung, mit möglichst wenig Zucker- und Weizenprodukten >> Auf regelmässige körperliche Aktivität und frische Luft achten >> Hektik und Stress möglichst vermeiden • Auf eine gute allgemeine Hygiene achten: Gerade zur Vorbeugung von Haut-, Fuss- und Nagelpilzen: >> Regelmässig Waschen und Duschen mit einem milden, pH-neutralen Duschmittel >> Auf sorgfältiges Abtrocknen, insbesondere auf die Sauberkeit und Trocknung der Hautfalten achten >> Bei Nagel- oder Fusspilz zuerst die Socken anziehen und danach die Unterhose. So wird vermieden, dass die Pilze vom Fuss in die Leistengegend geschleppt werden. Man spricht hier von einem «Fahrstuhleffekt». Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Pilze (Fungi, Mycetes) 85 Lehrkraftausgabe Pilze (Fungi, Mycetes) M • Auf die richtige Intim- und Toilettenhygiene achten: >> Keine übermässige Intimhygiene >> Keine agressiven oder parfümierten Seifen und Intimsprays verwenden. >> Bei der Toilettenhygiene sollte zudem stets darauf geachtet werden, von vorne nach hinten, keinesfalls umgekehrt, zu wischen. >> Während der Periode keine luftdichten oder kunststoffbeschichteten Slipeinlagen verwenden. >> Während der letzten Tage der Periode keine oder sehr kleine Tampons verwenden. >> Keine eng anliegende, synthetische Kleidung und/oder Unterwäsche tragen. >> Nach dem Baden die nassen Badesachen nicht am Körper trocknen lassen. >> Unterwäsche täglich wechseln. >> Mit Kondomen vor Pilzübertragungen schützen. U • Schimmelpilz vorbeugen: >> Die Wohnung möglichst mit einer konstanten Temperatur von mindestens 20 Grad beheizen. >> Ausreichend Lüften = 2-mal pro Tag für 10 Min. >> Sofort lüften nach dem Kochen, Bügeln oder nach dem Duschen resp. Baden. >> Die Luftfeuchtigkeit beachten, diese sollte 60 % nicht übersteigen. >> Genügend Abstand (mind. 5 – 10 cm) zwischen Wand und Schränken resp. Gardinen lassen. >> Innentüren sollten zwischen unterschiedlich beheizten Räumen geschlossen bleiben. >> Klimaanlagen müssen regelmässig gewartet werden. R E T S 86 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Pathogene Pilze: Typen und Folgeerkrankungen Pathogene Pilze Nicht die Pilzinfektion ist die Ursache für ein geschwächtes Immunsystem – durch das geschwächte Immunsystem kommt es zur Pilzinfektion! M Aufgabe 2.6.3 a) Lesen und bearbeiten Sie den nachfolgenden Text b) Fassen Sie die hier beschriebenen Pilzerkrankungen tabellarisch zusammen. Sie finden hierzu eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch c) Ergänzen Sie Ihr Tabelle mit Bildern. Fügen Sie möglichst zu jeder Pilzart ein entsprechendes Bild ein. Beispiel U Viraler Erreger Lokalisation, Übertragung Erkrankungen Beispiel Kutante Kandidose Haut, Schleimhaut Windel-Dermatitis • Personen, die an einer Zuckerkrankheit leiden • Personen, die HIVinfiziert sind usw. S Meist eine opportunistische Infektionen Bild Erkrankung(en) E T Ziel: Sie wissen für welche Erkrankung(en) die entsprechende Pilzart verantwortlich ist respektive Sie kennen die verschiedenen Pilzerkrankungen und können diese beschreiben. R Dermatophyten Als Dermatophyten werden jene Fadenpilze bezeichnet, die eine spezifische Pilzinfektion der Haut, die sogenannte Dermatophytose, auslösen. Es handelt sich um Parasiten, die sich in den oberen Hautschichten einnisten und sich vom Hornstoff der abgestorbenen Hautzellen ernähren. Die Folge ist eine Entzündungsreaktion der Haut, die je nach betroffenem Körperteil unterschiedliche Ausprägung hat. Beispiele • Tinea corporis = Hautmykose, kommt vor allem an den Füssen interdigital/plantar (= Tinea pedis) vor • Onychomykose (Tinea unguium) = Nagelpilz • Tinea capitis = Haarmykose Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Pilze (Fungi, Mycetes) 87 Lehrkraftausgabe Pilze (Fungi, Mycetes) Es werden drei Aren von Dermatophyten unterschieden, welche eine Dermatophytose hervorrufen können. Bei den drei Arten handelt es ich um Fadenpilze (Hyphen). •Trichophyton: befällt Haut, Nägel und Haare und kommt auch bei Haustieren vor. •Microsporum: befällt Haut und Haare und kommt auch bei Haustieren vor. • Epidermophyton floccosum: befällt Haut und Nägel. Pathogene Hefepilze M U Kutane Kandidose (Hefepilzerkrankungen) Einige Hefenspezies können beim Menschen Krankheiten hervorrufen. Dabei handelt es sich in der Regel um opportunistische Infektionen bei Patienten mit herabgesetzter Immunkompetenz. Hefepilze können im Prinzip alle Teile der Haut und der Schleimhäute befallen. Besonders gut gedeiht der Pilz an feucht-warmen Stellen, etwa in Hautfalten (intertriginöse Kandidose) oder im Genitalbereich (genitale Kandidose). Kandida-Infektionen sind oft als endogene Infektionen zu betrachten. S Eher seltener entstehen Hefepilzinfektionen durch direkten Kontakt, zum Beispiel durch Geschlechtsverkehr oder durch indirekten Kontakt, etwa beim Gebrauch eines gemeinsamen Handtuchs übertragen werden. Besonders betroffen von einer kutanen Kandidose sind: E T • Kleinkinder mit einer Windel-Dermatitis • Personen, die an Zuckerkrankheit oder einer anderen Stoffwechselkrankheit leiden • Übergewichtige Personen (durch tiefere Hautfalten) • Schwangere Frauen oder Frauen, die ein hormonelles Verhütungsmittel (z. B. Pille) einnehmen • Personen, die im Nassen arbeiten • Personen, die HIV-infiziert sind oder andere Immundefekte haben R Zu den häufigsten Verursachern einer Kandidose zählen unter anderem: • Cryptococcus neoformans Cryptococcus neoformans kommen weltweit vor und ist der wichtigste Erreger einer opportunistischen Infektion, die fast immer bei Patienten mit massiver Immunschwäche auftritt. Er wächst in der Erde und auf verschiedenen Gräser und Getreidearten. Der Pilz ist häufig im Kot verschiedener Vogelarten nachzuweisen. Unter anderem auch im Kot von Stubenvögeln. 88 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Der Pilz dringt in Form von Staubpartikeln über die Atemwege in den menschlichen Körper ein und kann bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem (z. B. AIDS) zu Krankheiten führen wie: >> Lungen-Mykosen >> Haut-Mykosen >> Meningo-Enzephalo-Mykose >> Knochen-Mykosen U M • Candida albicans Candida albicans ist bei Warmblütern (Mensch und Tier) häufig auf der Haut, den Schleimhäuten von Mund und Rachen und im Genitalbereich sowie im Verdauungstrakt zu finden – jedoch ohne Schaden zuzufügen. Gerät das Immunsystem des Menschen jedoch aus dem Gleichgewicht und ist somit geschwächt, dann kommt es zu einer Kandidose (Soor), die sich in einer Vielzahl von Krankheitssymptomen äussern kann: S >> Allergien, Asthma >> Verdauungsbeschwerden >> Herzmuskelentzündung >> Herz-Kreislauf-Beschwerden >> Rheuma, Gicht, Arthritis >> Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) E T >> Gastritis >> Migräne >> Nierenprobleme >> Müdigkeit, Stimmungsschwankungen etc. Als Schmarotzer entzieht der Hefepilz Candida albicans seinem Wirt wichtige Nährstoffe, um sich vermehren und ausbreiten zu können. Diese Nährstoffe fehlen dann dem Wirt-Organismus und führen zu den mannigfaltigen Symptomen. R Auch Heisshunger-Attacken, besonders auf Süsses, sind oft auf den Candida albicans zurückzuführen, da dieser eine besonders Vorliebe für Zucker jeder Art und raffinierte Kohlenhydrate hat. Diese ständigen Gelüste nach Süssem macht es vielen Betroffenen auch unmöglich abzunehmen. Der pathogene Candida Pilz breitet sich nicht nur unkontrolliert aus, sondern hat auch noch die unangenehme Eigenschaft, seinen eroberten Bereich vehement zu verteidigen in dem er schädliche Stoffwechselprodukte = Mykotoxinen freisetzt. Diese Mykotoxine dienen dem Pilz gleich doppelt: Zum einen schwächen sie das Immunsystem des Wirt noch mehr und zum anderen halten sie damit ihre Konkurrenten, wie etwa Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Pilze (Fungi, Mycetes) 89 Lehrkraftausgabe Pilze (Fungi, Mycetes) Bakterien oder Viren, fern. Dabei nützen die Hefepilze ihre Fähigkeit Alkohol zu produzieren zu können und funktionier somit nach dem Prinzip der Desinfektionsmittel! Damit sichert sich der Candida albicans seinen Lebensraum in unserem Körper. M Malassezia furfur Malassezia gehört zu der Gattung der sogenannten Brandpilzen. Aufgrund der lipophilen (fettliebenden) Eigenschaften des Pilzes, wächst er vor allem in der obersten Schicht der Haut. Am wohlsten fühlen sich die Malassezia-Hefen auf der Kopfhaut und im Gesicht. Die Besonderheit bei den Malassezia-Hefen ist, dass diese auf der Haut jedes Menschen und bei einigen anderen Warmblütern (z. B. Hunden) vorhanden sind und somit grundsätzlich keine schädliche Wirkung haben. Allerdings sind die Malassezia-Hefen schuld an einer Vielzahl von Hauterkrankungen. U Gut vom Immunsystem geschützt, können die «Pilznester» zu hyperkeratotischen Hautveränderungen (starker Verhornung) führen. Die Fähigkeit der Malassezia UV-Strahlung zu absorbieren führt dazu, dass vom Pilz befallene Stellen nach Sonneneinstrahlung keine Bräunung aufweisen und als weisse, rundliche Flecken auffallen. Die Erkrankung durch Malassezia-Hefen ist grundsätzlich nur ein kosmetisches Problem für die betroffenen Personen. E T S Pathogene Schimmelpilze R Aspergillus Aspergillus ist eine Gattung der Schimmelpilze. Aspergillus-Arten wachsen gerne auf natürlichen Materialien wie: Baumwollstoffen, auf Polstermöbeln und Schaumstoffmatratzen, Holz, Papier und Tapeten. Auf Lebensmitteln wie: Früchten, Gemüse, in Mehl, Nüssen, Marmelade, Brot, Heu und auch auf Tierkot. Im Badezimmer und in allen feuchten Ecken des Hauses (z. B. Keller) sowie in feuchter Blumenerde besonders über Heizungen fühlen sie sich besonders wohl. Ihre Stoffwechselprodukte = Mykotoxine, können zu Lebensmittelvergiftungen führen. Bei abwehrgeschwächten Menschen kann Aspergillus auch allergische Reaktionen auslösen oder sogar Organe wie Lunge, Magen, Darm und das Nervensystem befallen. Mucor Mucor, auch Köpfchenschimmel genannt, gehört zur Gattung der Schimmelpilze. Es sind rund 40 Arten bekannt. Diese Art Schimmelpilz ernährt sich von totem organischem Material. Mucor-Arten sind Verursacher der Mucormycosen. Durch Einatmen gelangt dieser Schimmelpilz in die Lunge, von wo er über das Blut zu anderen Organen gelangt. Später kann auch eine Ausbreitung in das zentrale Nervensystem erfolgen. Eine Infektion findet im Regelfall nur bei 90 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit stark abwehrgeschwächten Patienten (u. a. durch AIDS, Chemotherapie oder Knochenmarkstransplantation) statt, verläuft dort aber schnell fortschreitend und sehr häufig tödlich. Behandlung Antimykotika sind Arzneimittel zur Behandlung von Pilzinfektionen, wie etwa Fusspilz, Nagelpilz oder Scheidenpilz. Antimykotika wirken: Antimykotika Aufgabe 2.6.4 Erklären Sie diese Begriffe gegen Pilze wirkend fungizid pilztötend fungistatisch das Pilzwachstum hemmend z. T. zusätzlich antibakteriell gegen Bakterien wirkend U M antimykotisch Oberflächliche Mykosen werden wenn möglich äusserlich behandelt, in einigen Fällen ist aber auch eine innerliche Behandlung notwendig. E T S Bei innerlichen Pilzinfektionen müssen in der Regel Antimykotika oral oder parenteral verabreicht werden. Zum Beispiel bei der Behandlung von Candida albicans. Nicht jedes Antimykotikum wirkt gegen jeden Pilz. Insbesondere, wenn das Medikament eingenommen werden soll, sollte eine vorherige Bestimmung der Pilzart erfolgen. Das ist deshalb wichtig, weil die Anwendung systemischer Antimykotika unter Umständen mit schwereren Nebenwirkungen einhergehen kann. Antimykotika sind Substanzen, die das Wachstum von Pilzen beeinflussen, indem sie in unterschiedliche Mechanismen des Pilzwachtums eingreifen. äussere (topische) Anwendung Medikamente gelangen in den Blut- •Salben kreislauf: •Tinkturen •Tabletten •Zäpfchen •i. v. Injektionen R •Crème innere (systemische) Anwendung •Säfte Wichtig: Im Mittelpunkt der Darmpilz-Therapie steht immer die Ernährungsumstellung. Eine systemische Anwendung von Antimykotika ist währender der Schwangerschaft und Stillzeit, bei Allergien und Lebererkrankungen kontraindiziert. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Pilze (Fungi, Mycetes) 91 Lehrkraftausgabe Prionen Prionen 2.7 Prionen U M pathogene Prion-Form PrPC PrPC S Definition normales Prion E T Definition Prionen stellen in ihrer Einfachheit alle bisher bekannten Krankheitserreger in den Schatten. Sie besitzen weder Erbgut noch Stoffwechsel und können sich somit nicht selbst vermehren. Bei Prionen handelt es sich um Proteine, die bei Mensch und Tier vorwiegend im Nervensystem vorkommen. Neben einer physiologischen Variante, gibt es die pathogene Variante des Proteins. Hierbei handelt es sich nicht um Lebewesen, sondern um reine «infektiöse Proteine» mit virusähnlichen Eigenschaften. Grösse Prionen besitzen eine Grösse von ca. 10-15 nm. R Prionen sind gegenüber Hitze (auch bei >100 °C), Chemikalien und vielen Desinfektionsmitteln resistent. Funktion der physiologischen Variante Prionen wurden erst 1982 entdeckt. Die genaue Funktion der physiologisch vorkommenden Prionen ist noch nicht bekannt. Forschungen gehen davon aus, dass diese Prionen die Funktion des Langzeitgedächtnisses unterstützen, indem sie neuronale Verbindungen stabilisieren. Weitere, in Tierversuchen 92 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit gewonnene Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass das körpereigene PrPc die hämatopoetischen Stammzellen (blutbildenden Stammzellen) vor Stress schützt und ihre Regenerationsfähigkeit erhält. U M Funktion der pathogenen Variante Infektiöse Prionen (PrPSc) unterscheiden sich von natürlich vorkommenden Formen lediglich in ihrer Proteinfaltung. Sie sind in der Lage, normale Prionproteine (PrPc) in infektiöse Prionen (PrPSc) umzuwandeln. Dies geschieht über eine Art Kettenreaktion: Durch die Anlagerung falsch gefalteter Prionproteine wird die Faltung körpereigener Prionproteine in eine pathogene Form verändert, die wiederum weitere Proteine umformen kann. E T S Auftreten R Das Auftreten der Krankheit kann auf drei klassische und eine neue (variante) Arten erfolgen, was unter allen Krankheiten einmalig ist: 1. Sporadisch: D. h. zufällig bzw. ohne erkennbare Ursache: Scheinbar normale Prionproteine (PrPc) faltet sich «zufällig» in infektiöse Prionen (PrPSc ) um und löst dadurch die Kettenreaktion aus. Mit steigendem Alter nimmt das Risiko, daran zu erkranken zu. Ein Beispiel ist die klassische Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (sCJD). 2. Genetisch: Das Gen PRNP, welches das normale Prionprotein (PrPc) kodiert kann einen Fehler enthalten, so dass ein für die Fehlfaltung anfälligeres Protein entsteht. Die Mutation wird auf die Kinder vererbt. Beispiele sind die familiäre Form der Creutzfeldt-JakobKrankheit (fCJD), das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom (GSS) und die fatale familiäre Insomnie (FFI). Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Prionen 93 Lehrkraftausgabe Prionen U M 3. Iagtrogen: durch Übertragung bzw. «Ansteckung» durch medizinische Eingriffe: Führt man sich von aussen PrPSc zu, kann dies das eigene PrPc wiederum in PrPsc umwandeln. Eine Ansteckung im alltäglichen Kontakt mit Patienten ist nicht möglich. Eine Übertragung erfolgt, wenn stark PrPSc-haltiges Material, also z. B. Gehirn von kranken Tieren oder Menschen direkt ins Gehirn gelangt (iCJD). So können z. B. im Rahmen von Operationen am Gehirn, mit nicht ausreichend sterilisierten Instrumenten, versehentlich veränderte Prionen ins Gehirn vom Gesunden gelangen. Zur Inaktivierung solcher Erreger müssen qualitativ hochstehende Desinfektionsmittel zum Einsatz kommen und die Sterilisation soll unter hohen Temperaturen erfolgen. (siehe Kapitel Sterilisation, Prionen; Verordnung über die Prävention der Creutzfeldt-JakobKrankheit) 4. Neue Form (vCJD): Die Übertragung erfolgt durch den Verzehr von stark PrPSc-haltigem Material. Ein Beispiel ist Kuru, eine Krankheit auf Papua-Neuguinea; Angehörige des betroffenen Volksstamms assen bei kulturellen Riten das Gehirn von Verstorbenen und nahmen damit hohe Mengen an PrPSc zu sich. Das bekannteste Beispiel ist aber sicherlich BSE (Bovine spongiforme Enzephalopathie). Rinderbestandteile mit PrPsc wurden zu Tiermehl verarbeitet und dieses verfüttert, wodurch sich immer mehr Kühe infizierten. In geringerem Umfang könnten sich auch andere Tiere (Katzen, Zootiere) durch dieses Tiermehl infiziert haben. Schliesslich erkrankten besonders in Grossbritannien auch Menschen aufgrund des Verzehrs von BSE-Kühen an einer neuen Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. E T S BSE: Bovine Spongiforme Enzephalopathie (engl. «bovine spongiform encephalopathy»). Rinderkrankheit, landläufig «Rinderwahnsinn» genannt. Schwammartige Hirnerkrankung, die mit zentralnervösen Störungen einhergeht und tödlich endet. BSE trat 1985 erstmals in Großbritannien auf und wird durch die infektiöse, fehlgefaltete Form eines körpereigenen Proteins, dem Prion-Protein PrPSc, verursacht. Die Wissenschaft geht heute davon aus, dass BSE auf den Menschen übertragbar ist und eine neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) auslösen kann. CJK CJK: Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (engl. «Creutzfeldt Jakob Disease, CJD»). Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist eine durch Prionen verursachte, schwammartige Hirnerkrankung beim Menschen. R BSE Die beiden deutschen Mediziner: Creutzfeldt und Jakob haben die Krankheit erstmals in den 20-er Jahren bei älteren Menschen mit Demenz so beschrieben: Neuronen verklumpen im Gehirn, so dass dieses löchrig wird wie ein Schwamm. Eine Heilung ist bislang unmöglich. CJK tritt in verschiedenen Formen auf (sporadisch, vererblich, iatrogen = durch eine ärztliche Massnahme verursacht), ist sehr selten und lässt 94 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit sich erst nach dem Tod mit Sicherheit diagnostizieren. Pro Jahr tritt weltweit ein Fall pro eine Million Menschen auf. Aufsehen erregt jedoch eine neue Variante der Krankheit (vCJK), die erstmals Mitte der 90er Jahre in Grossbritannien auftrat und einen Zusammenhang mit BSE aufweist. 2.8 Protozoen Protozoen M Protozoen werden auch als Urtiere beziehungsweise Urtierchen bezeichnet, wobei dies als eine veraltete Bezeichnung gilt. Definition U Definition Protozoen (Einzahl: Protozoon) sind einzellige, eukaryonte, heterotrophe Organismen. Sie gehören zu den einfachsten Organismen und werden dem Tierreich zugeordnet. E T S Lebensraum Protozoen leben vorwiegend in feuchten Lebensräumen und können sich den unterschiedlichen Lebensbedingungen sehr gut anpassen. Protozoen leben frei z. B. im Meer, im Süsswasser, Flüssen, Biotopen oder als Parasiten in oder an anderen Tieren. Protozoen, die in Lebensräumen vorkommen, welche periodisch austrocknen, können als Zysten überleben. Vermehrung Die Vermehrung von Protozoen kann geschlechtlich oder ungeschlechtlich erfolgen. Vermehrung auf ungeschlechtlichem Weg bedeutet: Zweiteilung oder Knospung. Vermehrung auf geschlechtlichem Weg bedeutet: Vereinigung der Keimzellen bei der Befruchtung. Es gibt ungefähr 20‘000 Protozoenarten. Protozoen sind zwischen 1 μm und 300 μm gross. R Aussehen Die Zellstruktur von Protozoen ähnelt den Zellen von Säugetieren. Protozoen besitzen ebenfalls einen Zellkern, Mitochondrien und einen Golgi-Apparat. Zur Fortbewegung besitzen viele Protozoen Geisseln , Wimpern oder sie sind Wurzelfüssler. Morphologisch werden sie in vier Gruppen unterteilt: • Geisseltierchen (Flagellaten): bewegen sich durch eine/mehrere Geisseln • Sporentierchen (Sporozoen): bewegen sich gleitend oder schlängelnd fort • Wimperntierchen (Ciliaten): bewegen sich durch Flimmerhärchen • Wurzelfüsser (Rhizopoden): bewegen sich durch veränderliche Zellfortsätze fort Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Protozoen 95 Lehrkraftausgabe Protozoen Protozoonosen Pathogene Protozoen können beim Menschen für zahlreiche Erkrankungen = Protozoonosen verantwortlich sein. Geisseltierchen Trichomoniasis ist eine der häufigsten sexuell übertragenen Infektionen des Urogenitaltraktes. Sie wird durch Trichomonas vaginalis verursacht und führt bei der Frau zu einer juckenden / brennenden Entzündung der Vaginalschleimhaut mit Ausfluss. M Sporentierchen Sporentierchen sind Innenparasiten bei Tieren. Werden Sie auf Menschen übertragen, können sie schwere Krankheiten verursachen. Zum Beispiel: Malaria oder Toxoplasmose Malaria (auch Sumpffieber oder Wechselfieber genannt) ist eine der gefährlichsten und häufigsten parasitären Tropenkrankheiten. Der Erreger, das Plasmodium falciparum, wird durch den Stich respektive dem Speichel der weiblichen Anopheles Mücke übertragen. U E T S Toxoplasmose: Ist eine parasitäre Infektionskrankheit, die vom Toxoplasma gondii verursacht wird. Die Erregeraufnahme erfolgt entweder über Katzenkot oder nicht vollständig durchgekochtem Fleisch. Bei normalem Immunstatus verläuft sie in der Regel symptomlos und unbemerkt. Grippeähnliche Beschwerden können auftreten. Wenn sich Schwangere neu mit dem Parasiten anstecken, ist mit schweren Folgen für das Kind und seine spätere Entwicklung zu rechnen. Deshalb sollten Schwangere einige Verhaltensregeln beachten, um eine Infektion möglichst zu vermeiden. Wimperntierchen Ciliaten sind im Plankton der Meere und des Süsswassers ein wichtiger Bestandteil der Nahrungsketten. Ebenso kommen sie terrestrisch (irdisch) in feuchter Erde vor. Das bekannteste von ihnen ist das Pantoffeltierchen. R Das einzige humanpathogene Wimperntierchen ist das Balantidium coli. Es führt beim Menschen zur Balantidiose oder auch Balantidienruhr genannt. Der Parasit lebt in Dickdarm von Schweinen, Affen und Ratten und wird über den Kot ausgeschieden. Der Mensch nimmt den Erreger oral durch verunreinigte Nahrung auf. Klinisch äussert sich der Befall durch blutig-schleimige Durchfälle, heftigen Unterleibsschmerzen und Übelkeit. Wurzelfüsser Amöben (Wechseltierchen) Die wenigsten der Amöben sind humanpathogen, eine dieser humanpathogenen Amöben stellt die Entamoeba histolytica dar, welche der Auslöser für die sogenannte Amöbenruhr ist. Eine Infektionskrankheit die zu blutig-schleimigen Durchfällen oder einem Leberabszess führen kann. Übertragen wird die Krankheit durch kontaminierte Lebensmittel, Trinkwasser und anal-orale Sexualpraktiken. 96 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit 2.9 Giardien Parasiten Parasiten Askariden Milbe Malaria Mücke M Parasiten leben in oder auf einem anderen Organismus (= Wirt). Sie ernähren sich vom Wirt oder nutzen ihn zu Fortpflanzungszwecken. Definition U Definition Im Allgemeinen ist ein Parasit stark von seinem Wirt abhängig. Das heisst, je nach dem um welche Parasitenart es sich handelt, ist dieser von verschiedenen Wirtfaktoren abhängig: • Körpersubstanz • Nahrungsangebot • Sauerstoffbedarf • Osmotik • pH-Verhältnisse oder • Wärmehaushalt. S E T Der Wirt wird dabei geschädigt, indem der Parasit seine Organfunktionen beeinträchtigt, seine Zellen zerstört oder ihm Nährstoffe entzieht. In der Regel wird der Wirt nicht getötet Übertragung Parasiten werden meist von Tieren auf den Menschen übertragen. Weitere Infektionsquellen sind Nahrungsmittel, die mit Eiern oder Kot verunreinigt sind. Viele Parasiten schmarotzen während ihrer Entwicklung in verschiedenen Wirten. Man unterscheidet Zwischenwirte, dem Endwirt, dem Fehlwirt und Transportwirt, der auch als Sammelwirt bezeichnet wird. R Zwischenwirt Als Zwischenwirt bezeichnet man einen Organismus, der die Larvenform oder das Jugendstadium eines Parasiten in seinen Körper aufnimmt und diese nach ihrer ungeschlechtlichen Vermehrung und/oder Umwandlungen auf einen anderen Organismus überträgt. Zwischenwirt Zwischenwirte, die Parasiten z. B. durch Verletzung des Endwirtes übertragen, werden als aktive Zwischenwirte bezeichnet (Blut saugende Insekten: Malariamücke). Passive Zwischenwirte übertragen die Erreger auf den Endwirt, wenn dieser die Zwischenwirte oder Teile von ihnen mit der Nahrung aufnimmt (Fische, Schnecken). Endwirt, Hauptwirt Im Endwirt entwickeln sich die Parasiten in vermehrungsfähigen Stadien. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Endwirt, Hauptwirt Parasiten 97 Lehrkraftausgabe Parasiten Transport- oder Sammelwirte Sie übertragen den Parasiten, dienen aber nicht der Vermehrung / Wandlung. Transport-/ Sammelwirte werden nicht in Mitleidenschaft gezogen. Fehlwirt Fehlwirt Im Fehlwirt kann sich der Parasit nicht weiterentwickeln resp. aus ihm kann der Erreger nicht vom Endwirt aufgenommen werden. Der Entwicklungszyklus wird hier unterbrochen. Temporäre und stationäre Parasiten Auf Grund der Dauer der parasitischen Lebensphase unterscheidet man temporäre und stationäre Parasiten: M Transport- oder Sammelwirte U Stationäre Parasiten Bleiben einem Wirt treu. Ein Wirtswechsel findet nur bei engem Kontakt mit einem anderen möglichen Wirtstier oder beim Tod des ursprünglichen Wirtes statt (Filzlaus mit hoher Bindung an den Wirt, Floh mit bedingter Bindung). S Weiter kann man die stationären Parasiten in zwei Gruppen gliedern: Periodische Parasiten leben nur in bestimmten Entwicklungsstadien parasitisch (Hakenwurm). Permanente Parasiten haben kein freies (nichtparasitisches) Lebensstadium (Trichinella spiralis). Ektoparasiten Ektoparasiten Leben auf anderen Organismen. Sie dringen nur mit dem für die «Anzapfung» dienenden Organ in ihren Wirtsorganismus ein, ernähren sich von Hautsubstanzen oder nehmen Blut oder Gewebsflüssigkeit auf. (Stechmücken, Läuse oder Zecken). Ektoparasiten sind häufig auch Krankheitsüberträger (Malaria oder Lyme-Borreliose). Endoparasiten Endoparasiten Leben im Inneren ihres Wirtes. Sie besiedeln Hohlräume, Epithelien, das Blut oder auch das Gewebe verschiedener Organe. (Würmer) Infektionskrankheit R 98 E T Temporäre Parasiten Sie besuchen einen Wirt nur für begrenzte Zeit, z. B. zur Nahrungsaufnahme (Stechmücke). Der Parasit kann sich sowohl als Ektoparasit auf dem Organismus als auch im Organismus als Endoparasit aufhalten. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Parasiten werden grundsätzlich in zwei Hauptgruppen unterteilt: in die Gruppe der Mikroparasiten und der Makroparasiten. Mikroparasiten = Ein-/Wenigzeller Makroparasiten = Vielzeller Mikroparasiten vermehren sich im Wirt Makroparasiten wachsen in der Regel im Wirt Mikroparasiten und der Makroparasiten ohne sich zu vermehren • Viren Würmer (Helminthen) • Bakterien • Cestoda (Bandwurm): M • Protozoen • Rinder-/Schweinebandwurm • Flagellaten (Geisseltierchen) • Fischbandwurm • Sporozoen (Sporentierchen) • Fuchs-/Hundebandwurm • Ciliata (Wimperntierchen) • Rhizopoden (Wurzelfüsser) • Giardien (Giardia) werden traditionell zu den • Nematoden (Fadenwürmer): • Spulwurm (Ascaris) • Hakenwurm (Ancylostomatidae) U Protozoen gezählt • Oxyuren (Madenwürmer) • Peitschenwurm (Trichuriasis) Giardien sind Dünndarmparasiten. Sie kommen • Trematoden (Saugwürmer): • Pärchenegel (Schistosomen) (Hunden), Amphibien, Reptilien und Vögeln • Leberegel S weltweit bei einer Vielzahl von Säugetieren vor. Um andere Lebewesen (u. a. auch Menschen) zu befallen, umgeben sich jeweils zwei Giardien mit einer schützenden Hülle und die Hülle sind sie tage- bis wochenlang geschützt, bevor sie vom neuen Wirt über verschmutztes Wasser oder Nahrungsmittel aufgenommen werden. Giardien stellen ein Problem in der Trinkwasseraufbereitung dar, sie lassen sich weder durch Chlor noch durch Ultraviolettstrahlung • Flöhe • Läuse E T lassen sich über den Kot ausscheiden. Durch Arthropoden (blutsaugende Ektoparasiten) • Zecken • Milben • Fliegen • Wanzen • Mücken Oberflächenwasser-Aufbereitung häufig Ultrafiltration eingesetzt, um sie abzufiltrieren. Metatoen R komplett abtöten. Aus diesem Grund wird zur Vielzellige Parasiten, zahlreiche Beispiele finden sich im Tierreich. *Hinweis: Mehr Information zu Malaria finden Sie über diese Homepage! http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/krankheiten/malaria/ Video zu Maden- Spulwürmer https://www.youtube.com/watch?v=cxTevv2SRHg Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Parasiten 99 Lehrkraftausgabe Parasiten Helminthen Helminthen Oxyuren (Madenwürmer) Die Madenwurminfektion ist die häufigste Wurminfektion in den gemässigten Breiten. Hauptsächlich tritt sie bei Kindern auf. Der ausgewachsene Wurm lebt im Darm des Wirtes und ernährt sich von dessen Nahrungsbrei. In der Nacht kriechen die weiblichen Würmer auf die Analhaut und legen dort die Eier ab. Dies führt zu einem Juckreiz. Durch das Kratzen werden die Eier auf die Umgebung verteilt und über die Finger wieder oral aufgenommen. M U Mögliche Übertragungswege: • anal-orale Auto-Reinfektion • Schmierinfektion durch kontaminierte Personen / Objekte • Inhalation der Eiter (z.B. beim Schütteln der Bettwäsche) • orale Aufnahme durch kontaminierte Nahrungsmittel / Trinkwasser • die Eier auf der Analhaut können zu Larven schlüpfen und von dort aus zurück in den Darm kriechen. S Diagnostik Die Diagnose wird durch den mikroskopischen Nachweis der Eier gesichert. Hierzu wird am Morgen über die Afteröffnung ein durchsichtiger Klebestreifen gelegt und wieder entfernt. Dadurch werden die Eier fixiert und können nun mikroskopisch nachgewiesen werden. R E T Bandwürmer Bandwürmer gehören zu den Endoparasiten. Für menschliche Bandwurmerkrankungen sind verantwortlich: •Schweinebandwurm •Rinderbandwurm •Fuchsbandwurm •Hundebandwurm • Schweine- und Rinderbandwurm Beim Schweine- und Rinderbandwurm ist der Mensch der Endwirt des Entwicklungszyklus. Der Mensch nimmt, z. B. über den Verzehr von rohem Muskelfleisch von Schweinen oder Rindern, die Finnen = Larvenstadium des Bandwurmes auf. Rinder / Schweine sind somit der Zwischenwirt. Im Darm entwickeln sich die Finnen zu ausgewachsenen Bandwürmern, welche wiederum Eier produzieren, die vom Menschen über den Stuhl ausgeschieden werden. Eine Infektion verläuft oft symptomlos. Seltener treten gastrointestinale Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe etc. auf. Allerdings führt der Wurmbefall zum Nährstoffentzug beim Wirt. Dies äussert sich durch Mangelerscheinungen und einem ungewollten Gewichtsverlust. 100 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit Über den Verzehr von rohem Fleisch gelangen die Larven in den Darm des Endwirtes und entwickeln sich zu Würmern. Endwirt M Die Larven lagern sich in den Muskeln als Finnen ab. Ausgewachsene Würmer befinden sich im Darm. U Wurmeier werden über den Kot ausgeschieden. Zwischenwirt S E T Fuchs- und Hundebandwurm Träger des ausgewachsenen Wurmes ist der Fuchs / der Hund. Die Tiere scheiden über den Kot Bandwurmeier aus. Der Mensch nimmt über verunreinigte Lebensmittel (z. B. Waldbeeren) diese Eier auf. Die Eier entwickeln sich im menschlichen Darm zu Larven (Finnen), welche wiederum über die Blutbahn in die Leber und Lunge gelangen. Dort entwickeln sich die Larven (Finnen) zu sogenannten Hydatiden (durch die Finne verursachtes Zystengebilde), welche invasiv ins Gewebe einwachsen, und die Organfunktion stört. R Hier fungiert der Mensch als Fehlzwischenwirt, da sich in ihm keine Würmer bilden können und er auch nicht vom Fuchs gefressen werden kann. Die Inkubationszeit beträgt Monate bis mehrere Jahre. Symptomatisch sind Infektionen, mit starken Oberbauchschmerzen, Müdigkeit, Schwäche und je nach dem, einer Vergrösserung der Leber. Die Krankheit kann tödlich verlaufen. Parasiten überlisten unser Immunsystem Parasiten sind in hohem Masse spezialisierte Lebewesen. Das zeigt sich unter anderem dadurch, wie sich Parasiten vor dem Immunsystem zu schützen wissen: Kleine Parasiten können sich in den Zellen des Wirts verstecken und sind somit für Immunsystem unerreichbar. Ein Bespiel dafür ist der Befall von Erythrozyten durch Plasmodien (z. B. bei Malaria). Eine weitere Möglichkeit zur Überlistung der Abwehrmechanismen ist der Wechsel der Oberflä- Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Parasiten 101 Lehrkraftausgabe Parasiten chenstruktur. Sobald der Wirt eine Immunabwehr gegen den Parasiten aufgebaut hat, häutet sich dieser und ist somit von den Antikörpern vorerst nicht erkennbar. Ein Beispiel dafür sind die Trypanosomen. Trypanosomen kommen hauptsächlich in den Körperflüssigkeiten ihrer Wirte vor, z. B. im Blut, in der Lymphe, im Liquor oder in der Herzbeutelflüssigkeit. Einige Parasiten haben auch eine besonders dickes «Häutchen» gebildet und können damit immunologisch nicht erkannt werden. Prophylaxe Parasiteninfektionen vorbeugen – allgemeine Prophylaxe Grundsätzlich sind immer dieselben grundlegenden Hygienemassnahmen zu beachten: M U 1. Beachten eines guten Allgemeinzustandes (AZ) durch gesunde Lebensführung. 2. Im Alltag die allgemein bekannte Hygienemassnahmen beachten und konsequent anwenden. 3. Im Arbeitsalltag die Hygienevorschriften beachten und konsequent umsetzen. 4.Parasiteninfektionen vorbeugen durch artgerechte Tierhaltung speziell auf die Tierrasse abgestimmter Hygienemassnahmen. S Es konnte nachgewiesen werden, dass sich bei Personen, die häufigen nahen Kontakt zu Tieren haben, die physiologische Keimflora von Mensch und Tier mit der Zeit angleicht. Somit haben fast nur noch akute Erkrankungen der Tiere eine infektiologische Bedeutung. E T Aufgabe 2.9.1 Erarbeiten Sie eine Gegenüberstellung respektive eine Übersicht zu Bakterien, Viren, Pilzen, Prionen, Parasiten. Sie finden hierzu eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch. Beispiel Genom Zellkern vorhanden Vermehrung Viren Pilze Prionen Protozoen Parasiten R Bakterien Prominente Beispiele Umgang in der Arztpraxis 102 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Infektionskrankheit 2.10 Nosokomiale Infektion Nosokomiale Infektion Als Nosokomialinfektion = Krankenhausinfektion werden alle Arten von Infektionserkrankungen bezeichnet, die im Zusammenhang mit einem Klinikaufenthalt durch Mikroorganismen hervorgerufen werden und zwar unabhängig davon, ob Symptome bestehen oder nicht. Nosokomiale Infektionen sind ein grosses Sicherheitsproblem. Gemäss Schätzungen von Schweizer Infektiologen sterben jährlich ca. 2000 Menschen in der Schweiz an Spitalinfektionen. Nosokomiale Erreger sind somit Erregern die zu Krankenhausinfektionen führen. M Vor allem für immungeschwächte Patienten besteht eine besonders grosse Gefahr, sich mit einem nosokomialen Erreger zu infizieren. Für Besucher sowie für Ärzte und Pflegepersonalstellen stellen die Krankenhauskeime gewöhnlich kein Risiko dar. Aufgabe 2.10.1 U Welche Patientengruppen zählen zu den immungeschwächte Patienten? Nennen Sie Beispiel. • hohes Alter • die Schwere der Grundkrankheit •Mangelernährung •Frühgeburten E T S • Einschränkung durch Immunabwehr • Verlust der normalen Schutzmechanismen der Haut Es werden zwei Typen von nosokomialen Infektionen unterschieden: R • Die endogene nosokomialen Infektion: Hierbei wechselt der bereits im PatientenKörper vorhandenen Erregers seinen Standort. (z. B. Beatmungspneumonie, Gasbrand nach OP) Etwa 70 – 80 % der NI sind endogen! • Die exogene nosokomialen Infektion: Übertragung des Erregers von aussen auf den «geschwächten» Patienten. Man spricht hier auch von einer Kreuzinfektion. Im etwas weiteren Sinne wird mit einer Kreuzinfektion das gegenseitige Anstecken mit unterschiedlichen Erkrankungen bezeichnet. Etwa 20 – 30 % der NI sind exogen! Im eigentlichen Sinne wird als Kreuzinfektion eine Infektionskette von einem Infizierten auf einen anderen Wirt und von dort wieder zurück auf den ursprünglich Infizierten beschrieben. Derartige Infektionsketten finden sich v. a. in medizinischen bzw. pflegerischen Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Altenheime). Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Nosokomiale Infektion 103 Lehrkraftausgabe Nosokomiale Infektion Aufgabe 2.10.2 a) Welche Arten von Nosokomialinfektion sind bekannt? Nennen Sie diese. b) In welchem Verhältnis kommen diese vor? Ordnen Sie nach der Grösse der Vorkommnisse. • Harnweginf. (ca. 40%) • Wundinf. (15 – 25 %) • Atemwege (ca. 15 %) • Haut und Schleimhäute (ca. 10 %) M • Sepsis (ca. 5 %) U Aufgabe 2.10.3 In welchem Ausmass verursachen Mikroorganismen eine nosokomiale Infektion? Suchen Sie nach den entsprechenden %-Zahlen. Viren 71 % Bakterien 21 % S Pilze und Parasiten 8% R E T Nosokomiale Infektionen betreffen jedoch nicht nur Patienten, die stationär behandelt werden, sondern auch Menschen, die im Bereich der stationären und ambulanten Pflege versorgt werden. Häufig sind dies ältere Menschen, die durch pflegerische Massnahmen und dem teils nicht sachgemässen Einsatz von Antibiotika unter zusätzlichen Infektionsrisiken leiden. Bakterien, die eine Resistenz gegenüber gebräuchlichen Antibiotika entwickelt haben, sind auch bei Bewohnern von Pflegeeinrichtungen inzwischen verbreitet. Es gilt also sich der Aufgabe zu stellen und eine geeignete Balance zwischen der Wahrung des häuslichen Lebensumfelds und dem Infektionsschutz zu finden. 104 Infektionskrankheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht 3 Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht U M Normen nationale europäische weltweite DIN = deutsche Industrienorm E T S SN = schweizer Norm BS = British Standard EN = europäische Norm ISO = International Standard Organization R Europäische Normen sind für alle Mitgliederstaaten, also auch für die Schweiz verbindlich! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Nosokomiale Infektion 105 Lehrkraftausgabe Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement 3.1 Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement Hierarchie regulatorischer Vorgaben Gesetz Heilmittelgesetz (HMG) M Verordnungen Medizinprodukteverordnung (MepV) U Normen, Leitlinien ISO, EN, SN Leitlinien der SwissMedic S Normen Der Begriff «Norm» wird auf der Homepage der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV) folgendermassen erklärt. Zitat ab www.snv.ch: E T Gemäss Definition aus der «Norm SN EN 45020» ist eine Norm «… ein Dokument, das … für die allgemeine und wiederkehrende Anwendung Regeln, Leitlinien oder Merkmale für die Tätigkeiten oder deren Ergebnisse festlegt …» *SN EN 45020 = Beschreibung der Normung und den damit zusammenhängenden Tätigkeiten und Allgemeine Begriffe. R Eine Norm ist also ein Dokument, das die charakteristischen Eigenschaften und Merkmale eines Produkts, eines Prozesses oder einer Dienstleistung beschreibt. «… ein Dokument, das mit Konsens erstellt … wurde.» Eine Norm ist damit nicht das Werk einer einzelnen Interessengruppe, die nur eigene Ziele verfolgt, sondern eine Norm wird immer im Einvernehmen mit anderen erstellt. «… ein Dokument, das von einer anerkannten Institution angenommen wurde.» Eine Norm muss von einer Institution anerkannt werden, die über den Interessen des Einzelnen steht. Somit ist gewährleistet, dass eine Norm auf ihre Tauglichkeit hin geprüft und erst dann veröffentlicht wird. *Hinweis: Details dazu finden Sie in der Broschüre «Kleines 1 x 1 der Normung» https://www.snv.ch/fileadmin/snv/ Normung/Dokumente/120509_SNV_WEB_1x1_Brosch_D.pdf 106 Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht Normen sind grundsätzlich keine Gesetze. Vielmehr dienen sie als Leitplanken und Vollzugshilfen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Das Heilmittelgesetz (Art. 3, Sorgfaltspflicht) besagt: «dass die Anwender der Medizinprodukte alle Massnahmen treffen müssen, die dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechen, um die Gesundheit von Mensch und Tier nicht zu gefährden.» M Somit kann eine Norm im Schadensfall einen Gesetzescharakter annehmen. Wer die Normen nicht befolgt, muss belegen können, dass er die gesetzlichen geforderten Sicherheitsziele im gleichen Ausmass erfüllt hat. U Beweislastumkehr Wer durch die ärztliche Behandlung einen gesundheitlichen Schaden erleidet, hat das Recht den Beweis zu verlangen, dass an ihm nach besten Wissen und Gewissen, sowie nach dem neusten Stand von Wissenschaft und Technik (Norm) invasiv Hand angelegt wurde. S → die Beweispflicht liegt somit beim Anwender (= Arztpraxis) E T Bezeichnung von Normen Jede Norm-Bezeichnung besteht aus einer Normennummer und einer alphanumerischen Bezeichnung, die der Nummer vorangesetzt wird. Durch diese ist ersichtlich, woher die Norm stammt und auf welcher Ebene sie anerkannt ist. Bezeichnung von Normen Schweizer Normen Schweizer Normen Schweizer Norm R -SN -SN EN Norm, die auf europäischer Ebene erarbeitet und ins Schweizer Normenwerk aufgenommen wird. -SN EN ISO Europäische Norm, die auf einer internationalen Norm basiert und ins Schweizer Normenwerk aufgenommen wird. -SN ISO Norm, die auf internationaler Ebne erarbeitet und ins Schweizer Normenwerk aufgenommen wird. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement 107 Lehrkraftausgabe Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement Normen im Wiederaufbereitungsprozess: *Hinweis: Diese Tabelle dient lediglich zur Information! Sterilisation Reinigung, Desinfektion Chemische Indikatoren Biologische Indikatoren Verpackung DIN EN ISO 14937 Anforderung an Entwicklung, Validierung und Routine­kontrolle aller Sterilisationsverfahren DIN EN 13060 DIN EN ISO 15883-1 Allgemeine Anforderun-gen an RDGs DIN EN 867-5 DIN EN ISO 11138-1 Allgemeine Anforderungen an Bio-Indikatoren DIN EN ISO 11607-1 Verpackung von Medizinprodukten DIN EN ISO 17665-1 -3 Dampf-Prozesse DIN 58946-7 DIN EN ISO 15883-2 Anforderungen an RDGs für chirurg. Instrumente DIN EN ISO 11140-1 Allgemeine Anforderungen & Klassifizierung von ChemoIndikatoren DIN EN ISO 11138-3 Bio-Indikatoren für Dampfsterilisation DIN EN ISO 11607-2 Validierungsanforderungen an Prozesse der Formgebung DIN EN ISO 17664 Herstellerinfo für wiederverwendbare Medizinprodukte DIN EN ISO 15883-3 Anforderungen an RDGs mit thermischer Desinfektion für Behälter DIN EN ISO 11140-3 Prüfnorm für das Testblatt im BD-Wäschetest DIN EN ISO 14161 Leitfaden für die Auswahl & Verwendung von Bioindikatoren E-DIN EN ISO/ PTS 16775 Richtlinien für die Anwendung von DIN EN ISO 11607-1 +2 DIN 58921 DIN EN ISO 15883-4 Anforderungen an RDGs mit chemischer Desinfektion f. thermolabile Endoskope DIN EN ISO 11140-4 Prüfnorm für BD-Simulatoren DIN EN ISO/TS 15883-5 RDGsPrüfanschmutzungen und -verfahren ISO 11140-5 DIN EN ISO 15883-6 Anforderungen und Prüfverfahren von RDGs mit thermischer Desinfektion für nichtkritische MPs DIN EN ISO 15882 Leitfaden für die Auswahl & Verwendung von Chemo-Indikatoren Anforderungen an Kleinsterilisatoren Bauliche Voraussetzungen und Betriebsmittel für Dampfsterilisatoren U M Validierung DIN EN 556 – 1 108 Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht DIN EN 868 Serie 2-10 Verpackung von Sterilgütern Prüfnorm für US-BD-Ref.-Test R Definition: Sterilisationswahrscheinlichkeit E T S Validierung von Medizinproduktesimulatoren Chemo-Indikatorensysteme für Dampfsterilisation (Prüfnorm für Hohlkörpertest) Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht Validierung Sterilisation Reinigung, Desinfektion Chemische Indikatoren Biologische Indikatoren Verpackung E-DIN EN ISO Anforderungen und Prüfverfahren von RDGs mit chemischer Desinfektion für Bettgestelle, Container, etc. Sterilisiermittel Desinfektionsmittel und -Geräte Aseptische Herstellung Begleitende Normen DIN 58950-1 DIN EN ISO 14160 Flüssige chemische Sterilisiermittel für Medizinprodukte DIN EN 1499 DIN EN ISO 13408-1 Allgemeine Anforderungen DIN EN 980 DIN EN ISO 13408-4 Reinigung vor Ort DIN EN 1041 DIN EN ISO 13408-5 Sterilisation vor Ort E DIN EN 15224 Dienstleistungen in der Gesundheitsversorgung Risikomanagement bei Medizinprodukten DIN EN ISO 13408-6 Isolatorensysteme DIN EN ISO 13485 MP-Qualitätsmanagementsystem DIN EN 15986 M Pharmazeutische Verfahren Begriffe DIN 58950-3 DIN EN 1500 Hygienische Händedesinfektion Kennzeichnung von Medizinprodukten Bereitstellung von Informationen durch den Hersteller von MPs DIN 12353 Aufbewahrung von Testorganismen DIN 58950-6 DIN EN 14476 Betrieb Quantitativer Suspensionsversuch zur Bestimmung der viruziden Wirkung DIN 58950-7 DIN 58949 Anforderungen an die Betriebsmittel & bauliche Anforderungen Dampf-Desinfektionsapparate EN ISO 14971 OP-Abdecktücher DIN EN 13795 Operationsabdecktücher Allg. Anforderungen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 E DIN EN 15223-1 Aufschriften von MPs Symbol zur Kennzeichnung von MPs R Prüfungen DIN EN ISO 11737-1 -2 Mikrobiologische Methoden E T S Geräteanforderungen U DIN 58950-2 Hygienische Händewaschung DIN EN ISO 11139 Ausdrücke & Definitionen DIN 58953 Sterilgutversorgung – Begriffe, Logistik DIN EN ISO 10993-1 -17 Beurteilung von MPs Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement 109 Lehrkraftausgabe CIRS – Fehlermanagement Robert Koch-Institut Eine zentrale Rolle bezüglich Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, im speziellen von Infektionskrankheiten, übernimmt das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. Das RKI ist eine zentrale Überwachungs- und Forschungseinrichtung, welche bei der Entwicklung von Normen und Standards massgeblich mitwirkt. Qualitätsmanagement Qualitätsmanagement Qualitätsmanagement bedeutet, die Qualität der Prozesse in einem Unternehmen (z. B. Arztpraxis) zu sichern, stetig anzupassen und zu verbessern. M Robert Koch-Institut U Die Qualitätssicherung im Bereich der Hygiene in der Arztpraxis wird durch klare Vorgaben und definierte Verantwortlichkeiten erzielt. Ein zentraler Punkt spielt dabei die Dokumentation. Einerseits in Form von Prozessbeschreibungen (Arbeitsanweisung, Verfahrensanweisung, Handlungsablauf) und andererseits in Form der Organisationsstruktur = Organigramm, Stellenbeschreibung. Ebenfalls übernimmt der Hygieneplan im Bereich der Infektionshygiene eine wichtige Rolle. *Hinweis: ausführliche Angaben zum QM siehe Praxisadministration, 1.4 Qualitätsmanagement in der Arztpraxis. S Kontrollen Gesetzlich wird in Arztpraxen keine systematische (flächendeckende) Überwachung gefordert. Gemäss Medizinprodukteverordnung, Art. 23 Abs. 2 erfolgen die Kontrollen: E T • in Form von Stichproben (risikobasiert) • aufgrund von Hinweisen Dritter / schwerwiegender Vorkommnisse Der Vollzug der Kontrollen wird kantonal geregelt. Üblicherweise werden durch die Vollzugsbehörde (z. B. Kantonsapotheker) unangemeldete Inspektionen der Arztpraxen durchgeführt. Die Behörde kann veranlassen, dass nicht konforme Gegebenheiten behoben und in Extremfällen, dass Praxen geschlossen werden müssen. 3.2 CIRS – Fehlermanagement R CIRS – Fehlermanagement CIRS steht für «Critical Incident Reporting System» und ist ein sogenanntes Zwischenfallmeldesystem via Internet. Ziel dieses oder ähnlicher Systeme ist es, dass die Systemnutzer in einer geschützten Umgebung über kritische Vorfälle berichten, aus den Fehlern anderer lernen und sich verbessern können. Dabei wird nicht nach einem Schuldigen sondern nach der Ursache gesucht. Die Systembenutzer können anonym Zwischenfälle oder Beinahe-Zwischenfälle aus ihrem Arbeitsumfeld melden. Dem Melder werden daraufhin von Moderatoren oder Berufskollegen Lösungsvorschläge unterbreitet. 110 Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht Dennoch soll auf ein praxisinternes Fehlermanagement nicht verzichtet werden. Zur fortlaufenden Optimierung von Prozessen und in Hinblick auf die Vermeidung von Fehlern ist ein offener Umgang mit Fehlern notwendig. Das Thema Fehlermanagement sollte ein wiederkehrendes Traktandum an Teamsitzungen sein. *Hinweis: ausführliche Angaben zum QM siehe Praxisadministration, 5.11. Meldeformular für Fehler- und Verbesserungsmanagement. Sentinella-Meldesystem Sentinella-Meldesystem M 3.3 U Das Sentinella-Meldesystem ist ein Projekt zwischen Hausärzten und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG). Es existiert bereits seit 1986. Die Teilnahme ist freiwillig. Durch die Meldetätigkeit «nicht meldepflichtigen Krankheiten» von Allgemeinpraktikern, Internisten und Pädiatern, werden wichtige Einblicke in das Krankheitsgeschehen der Bevölkerung ermöglicht. Zudem wird damit die Bedeutung der Hausarztmedizin in der medizinischen Grundversorgung unterstrichen. E T S Vorkommnisse, wie zum Beispiel übertragbare sowie nichtinfektiöse Krankheiten werden mittels spezieller Formulare dem BAG zugestellt. Dabei wird jeder Patient, der den betreffenden Falldefinitionen entspricht, mit Angaben von Jahrgang und Geschlecht erfasst. Das BAG analysiert und verarbeitet die eingegangenen Daten. Die aktuellen Ergebnisse werden wöchentlich im «Bulletin» des BAG veröffentlicht. Des Weiteren werden detailliert Artikel in Jahresberichten und wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Aufgabe 3.3.1 Welche Ziele verfolgt das Sentinella-Meldesystem? Lesen Sie dazu die Systembeschreibung auf der Homepage des BAG durch und nennen Sie mindestens drei Punkte. http://www.bag.admin.ch/k_m_meldesystem/00733/00814/index.html?lang=de • Übertragbare und andere akute Erkrankungen zu überwachen • Forschung in der Hausarztmedizin zu ermöglichen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R • Epidemiologische Daten zu erheben Sentinella-Meldesystem 111 Lehrkraftausgabe Sentinella-Meldesystem U M R E T S 112 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene 4 Personalhygiene M Kleidung Hände U Schutzausrüstung Haare E T S Körper 4.1 Allgemeine Körperhygiene Allgemeine Körperhygiene R Da die MPA oftmals als erste mit dem Patient in Kontakt tritt, muss sie auf ein gepflegtes Erscheinungsbild achten. Für die Körperhygiene gelten die allgemeinen Empfehlungen zur Gesunderhaltung. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Allgemeine Körperhygiene 113 Lehrkraftausgabe Händehygiene Händehygiene 4.2 Händehygiene Die Hände sind unsere alltäglichen Werkzeuge. Um sich vor Verletzungen, Infektionen und Hautkrankheiten zu schützen, müssen bei der manuellen Arbeit im Berufsalltag einige Punkte beachtet werden. Zudem spielen die Hände die wichtigste Rolle bei der Übertragung von Mikroorganismen, daher gehört die Händehygiene zu den zentralen Massnahmen zur Vermeidung von Infektionskrankheiten. U M E T S 114 Personalhygiene Schmuck Das Tragen von jeglichem Schmuck an Händen oder Unterarmen ist nicht adäquat (angemessen). Folgende hygienische Aspekte sprechen gegen das Tragen von Hand-/Armschmuck: • Unter Fingerringen, Armbändern und Ähnlichem findet nur ein ungenügender Reinigungs- und Desinfektionserfolg statt. • Unter Schmuckstücken wird die Kolonisation von gewissen Keimen erhöht. (Feuchtigkeit!) • Reinigung- und Desinfektionsmittelrückstände können unter Schmuckstücken anhaften und Hautirritationen auslösen. • Es können Verletzungen am Patienten verursacht werden. • Durch Schmuckstücke können die Handschuhe beschädigt werden. R Schmuck Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Reinigung der Hände Reinigung der Hände Beseitigung grober Verschmutzung, wobei gleichzeitig Keime abgeschwemmt werden. Zusätzlich können die Seifen die Lipidhüllen von Mikroorganismen zerstören und diese somit unschädlich machen. S Wann: U M Ziel: bei sichtbarer Verschmutzung nach dem Besuch der Toilette. E T Ein zu häufiges Händewaschen trocknet die Haut aus und somit wird die natürliche Schutzbarriere durchbrochen. In erster Linie sollte die Hände-Desinfektion erfolgen. R Durchführung: Zum Waschen soll kaltes (lauwarmes) Wasser verwendet werden, da warmes, gar heisses Wasser, die Haut entfettet und austrocknet. Um den Säureschutzmantel der Haut aufrecht zu erhalten, muss die flüssige Waschlotion alkali- und seifenfrei sein und einen hautneutralen pH-Wert (ca. 5.5) aufweisen. Für empfindliche Haut empfiehlt sich der Gebrauch einer farbstoff- und parfümfreien Lotion. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Händehygiene 115 Lehrkraftausgabe Händehygiene M 1 Hände mit Wasser benetzen U 2 Genügend Seife auftragen, um die ganzen Oberflächen der Hände zu bedecken 3 Die Handflächen aneinander reiben S 4 Die rechte Handfläche über den linken Handrücken reiben mit ineinander geflochtenenen Fingern – und umgekehrt 5 Die Handflächen mit ineinander geflochtenen Fingern aneinander reiben 7 Den linken Daumen rundum in der geschlossenen rechten Hand reiben – und umgekehrt 8 In kreisenden Bewegungen die geschlossenen Finger der rechten Hand in der linken Handfläche reiben – und umgekehrt 9 Die Hände gut mit Wasser abspülen 10 Die Hände gründlich mit einem Einwegpapiertuch trocknen 11 Das Papiertuch benutzen, um den Wasserhahn zu schliessen 12 Jetzt sind ihre Handflächen sauber – und übertragen kaum gefährliche Keime 116 Personalhygiene R E T 6 Bei geschlossener Hand die Fingerrücken über den Ballen der anderen Hand reiben Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Seifenfehler: Durch Seifenrückstände kann die Wirkung der nachfolgenden Desinfektion vermindert, ausfallen oder komplett ausbleiben. Es kann zu einer Neutralisationsreaktion kommen, da die anionischen* Seifenbestandteile durch die kationischen* Desinfektionsmittelwirkstoffe beeinträchtigen werden. Deshalb ist es wichtig, die Seife komplett abzuspülen! *Anion = negatives Ion; *Kation = positiv geladenes Ion Handpflege Ziel: Aufrechterhaltung der natürlichen Schutzbarriere der Haut. Die Pflegemittel Wann: dienen zur Rückfettung und Regeneration. Bei längeren Pausen Nach dem Arbeitsende Handpflege M U Aus hygienischen Gründen soll die Entnahme der Pflegemittel aus Spender erfolgen. Pflegemittel in «Gemeinschaftsdosen» eignen sich nicht. Die Eigenschaften der Präparate sind dem jeweiligen Hauttyp anzupassen. Grundsätzlich sind folgende Eigenschaften erwünscht: • Haut-pH-neutral • farbstofffrei • schnell einziehend ohne nachfetten / verkleben Ziel: E T S Desinfektion Reduktion von Mikroorgansimen, so dass über die Hände keine Infektion mehr verursacht werden kann. *Hinweis: Der exakte Ablauf wird im Thema «Desinfektion» abgehandelt. Nägel Nägel R Länge der Fingernägel • Nägel sollen kurz und rund geschnitten werden. Je länger die natürlichen aber auch künstlichen Nägel sind, desto grösser ist die Gefahr der Ansammlung von Keimen. Zudem erhöhen lange Fingernägel das Risiko der Perforation von Handschuhen und das Risiko den Patienten zu verletzen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Händehygiene 117 Lehrkraftausgabe Haare Nagellack • Auf Nagellack sollte möglichst verzichtet werden. Abgesplitteter Lack fördert die Kontamination. In den entstandenen Rillen können sich Keime gut einnisten. Zudem wird oftmals, um den Lack zu schonen, die Händedesinfektion vernachlässigt. Wird nicht auf dessen Anwendung verzichtet, muss ein Nagellack gewählt werden, deralkoholbeständig ist, damit er nicht vom Desinfektionsmittel angegriffen wird. Um das Intakt-Sein zu gewährleisten, muss der Nagellack alle zwei bis drei Tage frisch aufgetragen. M Künstliche Fingernägel • Auf das Tragen von Kunstnägeln ist zu verzichten. Sie können die Ansammlung von Keimen begünstigen. 4.3 Haare U Haare Kleidung 4.4 R E T S Die Verunreinigung der Kopfhaare erfolgt zur Mehrheit durch die eigenen Hände. Um dies zu vermeiden müssen einige Punkte beachten werden: • Lange Haare (ab schulterlänge) müssen eng am Kopf getragen werden (ein Zusammenbinden ist nicht ausreichend, da herunterhängendes Haar mit Untersuchungsmaterial in Kontakt kommen kann oder zu Belästigung des Patienten führt.) • nicht mit den Händen durch die Haare fahren • Haare, die ins Gesicht fallen (lange Stirnfransen, Strähnen oder Ähnliches) vermeiden • Haare sauber und gepflegt halten • Bartpflege Kleidung (Berufs- und Arbeitskleidung) Die Berufskleidung hat keine spezifische Schutzfunktion. Sie wird anstelle oder ergänzend zur der Privatkleidung getragen. In der Arztpraxis wird vielfach über der Privatkleidung ein Kittel oder eine Hängeschürze getragen, um damit die private Kleidung zu schützen. Diese Massnahme dient allerding nur dem Schutz vor «grober» Verunreinigung. Mikroorganismen können so über die Privatkleidung problemlos vom Arbeitsplatz in das private Umfeld gelangen oder zu einer «Kreuzkontamination» führen. 118 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Beispiel einer «Kreuzkontamination»: Die Praxismitarbeiterin assistiert dem Arzt. Durch Berührungspunkte der Arbeitskleidung mit dem Patienten werden z. B. die Ärmel oder die Vorderseite der Arbeitskleidung kontaminiert. Schliesst die MPA ihre Arbeit am Patienten ab und widmet sich dem nächsten, können Mikroorganismen übertragen und für den Patienten gefährlich werden. M Grundsätzlich darf die Privatkleidung auch als Berufskleidung benutzt werden, sofern sie erst bei Arbeitsbeginn an- und bei Ende wieder abgelegt wird. Unter diesen Umständen muss die Kleidung so gewählt werden, dass sie einer thermischen (bei 95° C waschbar) Aufbereitung Stand hält. Damit die Berufskleidung ihren Zweck erfüllt, muss folgendes eingehalten werden: • • • • • • Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R • E T • S • Sie wird nur am Arbeitsplatz getragen. Sie wird geschlossen getragen. Die private Kleidung muss vollständig abgedeckt werden. Privatkleidung und Berufskleidung müssen getrennt voneinander untergebracht werden. Am besten eignet sich Kleidung aus Baumwollstoff (sie ist bei hohen Temperaturen waschbar und gut hautverträglich). Die Kleidung wird regelmässig, je nach Tätigkeitsfeld täglich, gewechselt. Bei sichtbarer Verschmutzung oder möglicher Kontamination muss sie sofort gewechselt werden! Die Hände müssen nach dem Kontakt mit kontaminierten Textilien sofort desinfiziert werden! Es sind helle Farben sind zu wählen, da Verschmutzungen besser sichtbar sind. Kleidung bei 95° C waschen Wird die Aufbereitung der Kleidung durch den Betrieb ausgeführt, soll sie desinfizierend, das heisst bei 95° C und mit einem speziellen (desinfizierenden) Waschmittel gewaschen werden. Die gewaschene Kleidung muss kontaminationsgeschützt transportiert und aufbewahrt werden. Das Praxisschuhwerk wird nur innerhalb der Arztpraxis getragen. Dabei muss beachtet werden, dass es sich um rutschfeste, geschlossene, flüssigkeitsabweisende und desinfizierbare Schuhe handelt. U • • • • Kleidung (Berufs- und Arbeitskleidung) 119 Lehrkraftausgabe Schutzausrüstung Muss medizinisches Personal weisse Kleidung tragen? Als der Übertragungsweg von Keimen noch nicht bekannt war, trugen die Ärzte lange schwarze Gehröcke. Erst Ende des 19. Jahrhunderts, wurde erkannt, dass sich Keime nebst in der Luft auch an Händen befinden können. Ausserdem wurde die Abtötung von Erregern durch Hitze entdeckt. Da jedoch die schwarzen Röcke durch heisses Waschen auszufärben drohten, begannen die Ärzte weisse Kittel zu tragen. Diese konnte man ohne Bedenken bei hohen Temperaturen waschen und somit die Keime eliminieren. Überdies steht die Farbe Weiss in unseren Kulturkreisen für Reinheit, Verlässlichkeit und Vollkommenheit. M Zwischenzeitlich können auch farbige Stoffe ohne auszufärben heiss gewaschen werden. Vor allem in Spitälern trifft man immer häufiger farbige Arbeitskleidung an. In Arztpraxen ist mehrheitlich der «weisse Kittel» erhalten geblieben. Schutzausrüstung 4.5 Schutzausrüstung U Die Schutzkleidung wird ergänzend zur Berufskleidung beim Umgang mit erhöhtem Gefahrenpotenzial getragen. Ziel: S Die Kontamination der Berufskleidung wird vermieden. Dadurch wird die Keimverschleppung verhindert. Schutz vor infektiösen Patienten resp. infektiösem Material Schutz vor gefährlichen Stoffen, wie Chemikalien oder Zytostatika Schutz für immungeschwächte Patienten R E T Je nach Gefahrengrad gehört zur Schutzkleidung: • Mundschutz oder Atemschutzmaske • Handschuhe • Augenschutz • Schutzkittel / Schürze • Überschuhe • Kopfhaube 120 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene PSA – persönliche Schutzausrüstung Sie enthält sämtliche Ausrüstungen, die eine Person vor gesundheitsgefährdenden Einflüssen schützt. Durch sie können Unfälle und Berufskrankheiten vermieden werden! Die PSA wird in Kategorie I, II und III unterteilt, wobei Kategorie III den höchsten Schutzgrad besitzt. Kategorie Schutz II III vor geringfügigen Risiken vor mittleren Risiken vor tödlichen Gefahren, vor irreversiblen Gesundheitsschäden M I U Alle PSA entsprechen den Mindestanforderungen der Richtlinie 89/686/EWG. Für die PSA der Kategorie I sind keine Prüfungen vorgesehen. Die PSA der Kategorien II und III* müssen ordnungsgemäss geprüft werden und die Konformitätserklärungen sowie die Prüfberichte müssen vorliegen. Zudem sind die Produkte aus diesen beiden Kategorien entsprechend gekennzeichnet und mit Gebrauchsanweisungen versehen. *Eine detaillierte Erklärung dazu finden Sie in diesem Kapitel beim Thema Einmalhandschuhe! E T S Entsprechende rechtliche Bestimmungen zur PSA finden sich: • Im Unfallversicherungsgesetz (UVG), Art. 82 und Arbeitsgesetz (ArG), Art. 6 • In der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV), insbesondere Art. 5, 11 (Abs. 1), 38 und 90 • In der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV3), Art. 20 und 27 • In Richtlinie 89/686/EWG Mund-Nasen-Maske R Mund-Nasen Maske DIN EN 14683 (medizinischer Mund-Nasen-Schutz / Operations-Maske) Das Tragen eines Mundschutzes kann die Keimausbreitung prägnant reduzieren. Primär verringert sie die Erregerzahl, die durch den Anwender in die Umgebung abgeatmet wird (= Patientenschutz). Zudem schütz sie den Träger, wenn auch in begrenztem Masse, vor dem Einatmen grosser Tröpfchen (= Personalschutz). Zusätzlich schützt sie den Träger vor Flüssigkeitsspritzern. Die Mund-Nasen-Maske bietet keinen perfekten Schutz! • Da der Atemstrom nicht komplett gefiltert wird und v. a. an den Seiten zusätzliche Luft zirkulieren kann. • Da die Filterporen zu grosse Durchmesser aufweisen, und somit kleinere Partikel nicht zurückgehalten werden. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Schutzausrüstung 121 Lehrkraftausgabe Schutzausrüstung DIN EN 14683 Mit der Norm DIN EN 14683 werden folgende drei Eigenschafen überprüft und bewertet: • Bakterielle Filterwirksamkeit (BFE) • Druckdifferenz zur Messung des Atemwiderstandes • Spritzerfestigkeitsdruck Die Norm sieht vier Leistungstypen vor: Typ IR Typ II Typ IIR bakterielle Filterleistung > 95% > 95% > 98% > 98% Atemwiderstand < 29 Pa < 49 Pa < 29 Pa < 49 Pa Spritzwiderstand -- ja -- ja M Typ I *PA = Pascal, ist eine abgeleitete SI-Einheit des Drucks sowie der mechanischen Spannung. U Mund-Nasen-Masken sind Medizinprodukte und sind in der Schweiz dem Heilmittelgesetz unterstellt. E T S In medizinischen Einrichtungen wird vorwiegend vom Typ II und Typ IIR Gebrauch gemacht. Aufgabe 4.5.1 In welchen Situationen soll die medizinische Praxisassistentin einen Mundschutz tragen? • Einsatz von Mund-Nasen-Masken: • bei invasiven Eingriffen z. B. Operationen, Gelenkspunktionen etc. • bei aseptischen Tätigkeiten R • in Situationen, wo eine Freisetzung einer Tröpfcheninfektion (z. B. erkältungsähnlichen Erkrankungen) des Personals möglich ist, zum Schutz des Patienten • bei der Versorgung von Patienten, mit einer infektiösen Erkrankung zum Eigenschutz • Korrekte Anwendung: • durchfeuchtete Masken wechseln (nach ca. 2 – 3 Stunden) • kein Ab- und wieder Anlegen → Keimverschleppung durch die Hände! • Mund und Nase müssen vollständig bedeckt sein • Maske muss ans Gesicht angepasst werden können 122 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene • trocken lagern • falls vorhanden, Verfalldatum beachten M •Merkmale: • Bindebänder zur Befestigung am Kopf oder Ohrbänder, die um die Ohrmuschel geschlungen werden • Nasenbügel aus elastischem Metall zur optimalen Anpassung an die Nase • aus Vlies oder Papier • ein- oder mehrlagig • Einmalgebrauchsartikel Je exakter der Mundschutz an die individuellen Gesichtszüge angepasst werden kann, desto höher ist seine Wirksamkeit! Atemschutzmaske DIN EN 149 (partikelfiltrierende Halbmasken, FFP = filtering face piece) U Atemschutzmaske DIN EN 149 S Bietet eine Mund-Nasen-Masken keinen der Situation entsprechenden geeigneten Schutz, wird eine Atemschutzmaske getragen. Sie bietet Schutz vor kleinsten Partikeln (bis zu 0.6 µm). Primär schützt sie medizinisches Personal vor Partikeln in der Luft. Zum Beispiel: Dämpfen, Rauch, Gasen, Staub, Bioaerosolen. E T Bioaerosole entstehen auf verschiedene Weisen: Husten und Niesen gehört zu den häufigsten Quellen. Jedoch stellen verschiedene andere medizinische Prozeduren ebenfalls eine Gefahr dar: z. B. Bronchoskopien, Herz-Lungen-Reanimationen, Sputum-Induktionen, Sterilisation oder chirurgische Eingriffe - besonders jene mit mechanischen Hochleistungsinstrumenten oder bei Eingriffen, die Abgase erzeugen. Die Anforderungskriterien sind in der DIN EN 149 festgehalten und werden danach geprüft. Atemschutzmasken werden nach den drei Geräteklassen (FFP 1, FFP 2 und FFP 3) unterschieden. R Geprüft wird: •Atemwiderstand: FFP1-Masen bieten den geringsten Schutz und Atemwiderstand. FFP3-Masken schützen am besten, weisen jedoch den höchsten Widerstand auf, was die Atmung deutlich erschwert. •Leckage: (= Undichtigkeit) Es wird der Filterdurchlass und die undichten Stellen an Nase, Gesicht und allenfalls am Ausatemventil geprüft. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Schutzausrüstung 123 Lehrkraftausgabe Schutzausrüstung Gesamtleckage: Mittelwerte: Schutzwirkung FFP 1 FFP 2 FFP 3 max. 25 % max. 22 % max. 11 % max. 8 % max. 5 % max. 2 % fester und flüssiger gesundheitsschädlicher Staub, Rauch und Bio-Aerosole – • offene Tuberkulose • Influenzapandemie • blutübertragbare Virusinfektionen • aerogen-übertragbare Infektionen (z. B. Bronchoskopie, SARS) • unbeabsichtigte Freisetzung von Zytostatika M ungiftiger und nichtfibrogener Staub, Rauch und Aerosole giftiger und gesundheitsschädlicher Staub, Rauch und Bio-Aerosole. Filtration von radioaktiven und karzinogenen Stoffen sowie Erreger wie Viren, Bakterien und Pilzsporen U Einsatzgebiet Medizin S Filter von FFP3-Masken Durch mechanische Filterung werden Partikel zurückgehalten. Darüber hinaus findet eine magnetische Filtration statt: durch die elektrostatische Ladung hält der Filter die Partikel magnetisch fest. E T R • Korrekte Anwendung: • wenn sie durchfeuchtet sind wechseln (nach ca. 8 Stunden) • Einweggebrauch • die Maske muss optimal an das Gesicht angepasst werden können • Mund und Nase müssen vollständig bedeckt sein • es darf keine Luft entweichen (Bartträger Achtung!) • Dichtsitz überprüfen • besonderer Vorsicht beim Ab- und wieder Anlegen • trocken lagern • Verfalldatum beachten *Hinweis: mehr Informationen zum Thema sowie eine Veranschaulichung zur korrekten Anwendung finden Sie hier. 124 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Augenschutz Um die Augen vor Verletzungen, vor Medikamentenspritzern oder potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten zu schützen, ist das Tragen einer Schutzbrille erforderlich. Augenschutz Gefahrenquellen für die Augen in der Medizin Chemische Stoffe • biologische Stoffe (Blut) • Röntgenstrahlung M • Säuren • Laugen • Lösungen • Dämpfe • Staub Besondere Einwirkungen Optische Einwirkung • Laser • Ultraviolett U Bei der Auswahl einer Schutzbrille werden folgende Punkte beachtet: • Passform, Funktionalität, Tragkomfort • verstellbare Bügellänge und verstellbarer Neigungswinkel • Anpassung durch Kaltverformung soll möglich sein • Grösse, Gesichtsfeld • Beschlagfreiheit, Kratzbeständigkeit, Antistatik, UV-Schutz der Scheiben • allenfalls Möglichkeit zur Sterilisation S Die Anforderungen werden in folgenden Normen geregelt: persönlicher Augenschutz Standardnorm DIN EN 170 Schutz gegen UV-Strahlung DIN EN 171 Schutz gegen Infrarot-Strahlung DIN EN 207 Persönlicher Augenschutz – Filter und Augenschutzgeräte gegen Laserstrahlung (Laserschutzbrillen) E T DIN EN 166 Bei der Normierung werden die Gläser und das Gestell separat beurteilt. Schürze R Schürze Sie schützt die Arbeitskleidung vor Nässe, Verunreinigung und Verschmutzung. Eigenschaften: • aus PE-Folie • flüssigkeitsdicht • strapazierfähig • für den Einmalgebrauch • unsteril verpackt • verschiedene Grössen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Schutzausrüstung 125 Lehrkraftausgabe Handschuhe Schutzkittel Kittel bieten im Vergleich zur Schürze einen grösseren Schutz. Die Vorderseite ist vollkommen verschlossen und der Halsausschnitt ist hochgezogen. Die Kittel sind in unterschiedlichen Qualitätsstufen erhältlich. Das Gefahrenpotenzial bestimmt den Schutzfaktor. In den entsprechenden Normen wird der Schutz vor mechanischen und chemischen Gefahren sowie gegenüber Infektionserregern geprüft. Schutzkittel M 4.6 Medizinische Einmalhandschuhe Handschuhe Medizinische Einmalhandschuhe U E T S Einmalhandschuhe dienen zum einem dem Eigenschutz vor potenziell infektiösen Substanzen wie: Blut, Urin oder Stuhl und zum Schutz vor Chemikalien wie: Reinigung-, Desinfektionsmittel oder Zytostatika. R Zum anderen werden sie zum Schutz des Patienten getragen. Zum Beispiel bei Wundversorgungen, Punktionen oder anderen invasiven Eingriffen spielt der Patientenschutz eine besonders wichtige Rolle. Im folgenden Kapiteln wird detaillierter auf den Umgang mit den Handschuhen eingegangen. 126 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Einmalhandschuhe sterile Handschuhe (Operationshandschuhe) unsterile Handschuhe M U Ziel Schutz des Personals vor Kontakt mit Gefahrenstoffen = persönliche Schutzhandschuhe Schutz vor Infektionen des Tragenden und des Patienten = Untersuchungshandschuhe und E T S Schutz vor infektiösem Material in der Patienten-Arzt / MPA-Beziehung = Untersuchungshandschuhe Damit mit dem Tragen von Handschuhen einen möglichst allumfassenden Hände-Schutz erzielen werden kann, werden grosse Anforderungen an die Handschuhe gestellt: • sie sollen elastisch sein • für Flüssigkeiten undurchlässig • sich der Hand anpassen • die Haut nicht schädigen und keine Allergien auslösen • eine hohe Tastfähigkeit gewährleisten R Damit all diese Anforderungen erfüllt werden können, muss je nach Tätigkeit ein anderes Handschuhmaterial gewählt werden. Die richtige Auswahl der Handschuhe wird getroffen anhand der folgenden Überlegungen: • welcher Stoff ist abzuwehren • welchen mechanischen Belastungen muss er Stand halt oder • wie lange solle er getragen werden Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Handschuhe 127 Lehrkraftausgabe Handschuhe Schutzhandschuhe unterliegen ebenfalls der PSA-Richtlinie 89/686/EWG und werden je nach Anwendung den Kategorien I, II oder III zugeordnet: Kategorie I Die Handschuhe erfüllen die Mindestanforderungen gemäss der Richtlinie 89/686/ EWG, hier sind keine Prüfungen vorgesehen. Dieser Kategorie sind Handschuhe für «anspruchslose» Arbeiten zugeordnet, wie z. B. für: Haushalt- oder Gartenarbeiten, Schutz vor Werkstoffen etc. M Kategorie II Die Kontrollprüfung der Handschuhe wird durch ein autorisiertes Prüfinstitut entsprechend der Europäischen Normen (EN) durchgeführt. Dieser Kategorie sind Handschuhe, die gegen mechanische, mikroorganische und/oder chemische Gefährdungen schützen sollen, zugeordnet. U Kategorie III Die Herstellung und der Vertrieb der Handschuhe muss nachweislich aufgrund eines Qualitätssicherungssystems und einer komplexen Kontrollprüfung erfolgen. Diese Handschuhe schützen gegen komplexe und irreversibel Gefährdungen wie: aggressive Chemikalien, aggressive Medikamente (Zytostatika), Mikroorganismen, ionisierende Strahlung etc. S R E T Normen und Symbole für Handschuhe (gemäss EN 420, allgemeine Anforderungen für Handschuhe): Die Anwesenheit von einem Symbol weist darauf hin, dass die Handschuhe nach einem der europäischen Norm definierten Verfahren getestet wurden. Für den fachgerechten Einsatz muss die Gebrauchsanweisung der der Handschuhe oder die Anweisung der gefährlichen Substanz beachtet werden. 128 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Gebrauchsanleitung beachten! Zum Schutz vor geringer chemische Gefährdung (EN 374): M Luft- und Wasserdichtigkeitstest wurde bestanden, Handschuhe haben keine porösen Stellen, keine undichte Nähte und keine weitere Mängel. Sie schützen gegen weniger gefährliche Chemikalien. U Zum Schutz vor Mikroorganismen (EN 374): Zusätzlich zum ersten Symbol wird hier der Handschuh gegen das Eindringen von Mikroorganismen getestet. S Zum Schutz vor chemischer Gefährdung (EN 374): E T Die Handschuhe schützen vor Luft, Wasser, Mikroorganismen und zusätzlich vor dem Eindringen von chemischen Substanzen. Schutz gegen mechanische Gefährdungen (EN 388): Schutz gegen ionisierende Strahlen (EN 421) Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R Es wird geprüft auf: A) Abriebfestigkeit B) Schnittfestigkeit C) Weiterreissfestigkeit D) Durchstichfestigkeit Handschuhe 129 Lehrkraftausgabe Handschuhe Erklärung der Norm EN 374 Diese Norm legt die Eigenschaften von Handschuhen zum Schutz des Anwenders vor Chemikalien und/oder Mikroorganismen fest und wird bezüglich der Penetration und der Permeation definiert. M Penetration Sie beschreibt das Eindringen von Stoffen (Chemikalien, Mikroorganismen) durch nicht intakte Schutzhandschuhe. Mögliche Ursachen für das Leck sind poröse Stellen, Nähte, Nadellöcher etc. Permeation U E T S Dieser Begriff beschreibt die Durchbruchszeit, die eine gefährliche Flüssigkeit bis zum Hautkontakt benötig. Die Gummi- und Kunststoffschichten eines Hand-schuhs bilden nicht immer eine undurchdringbare Flüssigkeitsbarriere. Manchmal reagieren sie wie ein Schwamm, indem sie Flüssigkeiten aufsaugen und gegen die Haut drücken. Daher ist es wichtig, die Permeation zu kennen. R Das Piktogramm «Chemikalienfestigkeit» muss von einem dreistelligen Zahlencode begleitet sein. Dieser Schlüssel bezieht sich auf die Buchstabencodes von drei Chemikalien (aus einer Liste von zwölf definierten Standardchemikalien), für die eine Durchbruchszeit (Permeation) von mindestens 30 Minuten ermittelt wurde. • A Methanol • B Aceton • C Acetonitril • D Dichlormethan • E Kohlenstoffdisulfid abc • F Toluol • H Tetrahydrofuran • IEthylacetat • Jn-Heptan • K Natriumhydroxid 40% • L Schwefelsäure 96% 130 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Das Piktogramm «Geringe Chemikalienfestigkeit» oder «Wasserdichtigkeit» muss für die Handschuhe verwendet werden, die zwar den Penetrationstest bestehen, aber nicht bei mindestens drei Chemikalien aus obiger Auflistung eine Mindestdurchbruchszeit von 30 Minuten erreichen. M Achtung! Diese Informationen über Chemikalien entsprechen nicht unbedingt der tatsächlichen Kontaktdauer am Arbeitsplatz! Name / Handelsname / Hersteller oder Lieferant Typenangabe / Modellnummer Grösse Symbol mit Leistungsstufen falls erforderlich, Angabe des Verfallsdatums E T S • • • • • U CE-Kennzeichnung Mit der CE-Kennzeichnung wird vom Hersteller oder dem Inverkehrbringen bestätigt, dass das Produkt den geltenden Anforderungen, gemäss der EU-Verordnung 765/2008, genügt. DIN EN 455-1: Anforderungen und Prüfung auf Dichtheit und Freiheit von Löchern. DIN EN 455-2: Anforderung und Prüfung der physikalischen Eigenschaften Regelt Anforderungen, Mindestmasse, Grössen und Reissfestigkeit DIN EN 455-3: Anforderungen und Prüfung für die biologische Bewertung (Biokompatibilität) Regelt die Herstellung und die Kennzeichnung DIN EN 455-4: Anforderung und Prüfung der Haltbarkeitsdauer, inkl. Lagerungshinweise R Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Handschuhe 131 Lehrkraftausgabe Handschuhe Medizinische Untersuchungshandschuhe Medizinische Untersuchungshandschuhe – persönliche Schutzhandschuhe Untersuchungshandschuhe bieten nicht genügend Schutz gegenüber allen Gefahrenstoffen. Deshalb wird unter bestimmten Bedingungen das Tragen von speziellen Handschuhen, sogenannten persönlichen Schutzhandschuhen, empfohlen. Persönliche Schutzhandschuhe (unterliegen der EN 374, 388, 420) •schützen das Personal und auch die Patienten vor einer Infektionsübertragung •werden als Medizinprodukte gehandelt •dienen nur dem Schutz des Anwenders •gehören zur persönlichen Schutzausrüstung •schützen vor Kontakt mit Desinfektionsmittel, Labor-Chemikalien, Zytostatika etc. M Medizinische Schutzhandschuhe (unterliegen der EN 455- bis 455-4) U Handschuhe, die sowohl als Untersuchungshandschuhe als auch persönliche Schutzhandschuhe qualifiziert sind, lassen sich in der Praxis am vielseitigsten gebrauchen. Sie müssen dabei sämtliche Normen erfüllen. S Medizinische Untersuchungshandschuhe werden getragen, sobald ein möglicher Kontakt mit potentiell infektiösem Material zustande kommen kann sowie bei sämtlichen invasiven Tätigkeiten. E T Aufgabe 4.6.1 Notieren Sie «Materialien», welche als potentiell infektiös zu betrachten sind! •Urin •Stuhl •Gewebeproben • Hirn- / Rückenmarksflüssigkeit •Sputum •Wundexsudat R •Bakterienkulturen • Blut (Vollbut, Serum, Plasma) •Gewebsflüssigkeit •Sperma •Erbrochenes • Vaginalsekret, Speichel, Tränen 132 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Farben Handschuhe sind in diversen Farben wie weiss, blau, schwarz etc. erhältlich. Vorteile sind: M • gute Indikatorwirkung als Unterziehhandschuh (durch farbige Unterziehhandschuhe während Operationen werden Beschädigungen am äusseren, weissen Handschuh besser sichtbar. • für die verschiedenen Anwendungszwecke können unterschiedliche Farben stehen • Farben können auf den menschlichen Organismus eine beruhigende oder anregende Wirkungen haben. Grössen Handschuhe sollen eng anliegen und gleichzeitig angenehm zu tragen sein. Die verschiedenen Grössen werden in der EN 455-2 deklariert. Jedem Mitarbeiter muss seine individuelle Grösse zur Verfügung stehen. unsterile Handschuhe XS-S-M-L-XL-XXL 6 – 6,5 – 7 – 7.5 – 8 – 8.5 - 9 Teilanatomische Handschuhe E T S Passformen U Masse: unsterile Handschuhe Anatomische Handschuhe R Meist haben Operationshandschuhe eine anatomische Form und sind dadurch nicht für jede Seite identisch. Die anatomische Formung verlangt eine Unterscheidung in links- und rechtstragbar. Die übrigen Handschuhe sind mehrheitlich flach und beidseitig (links oder rechts) anwendbar. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Handschuhe 133 Lehrkraftausgabe Handschuhe Verpackung Sterile Handschuhe sind paarweise verpackt. Nicht sterile werden in Spenderkartons unterschiedlicher Packungsgrössen auf dem Markt angeboten. Für die Spenderboxen sind Wandhalterungen erhältlich. Diese vermeiden zum einen eine Kontamination der anzuziehenden Handschuhe und zum anderen ein mögliche Verunreinigung der verbleibenden Handschuhe. U M Entnahme aus Wandhalterung E T S Die Handschuhe sind so eingelagert, dass sie an der Stulpe entnommen werden können. Die Finger werden von einer möglichen Kontamination verschont. Entnahme aus der Spenderbox R Beim Gebrauch von herkömmlichen Packungen kann eine Kontamination auf verschiedene Wege zu Stande kommen: Die Handschuhe werden im Hand- oder Fingerbereich entnommen und so möglicherweise kontaminiert. Weiter haben Untersuchungen ergeben, dass, wenn eine Spenderbox zu 60 – 70 % entleert ist, oft unabsichtlich mehrere Handschuhe entnommen werden. Diese werden dann mit einer möglichen Verunreinigung zurück in die Box gesteckt. *Hinweis: Detailinformation dazu erhalten Sie unter dieser www-Adresse: http://www.berner-international.de/ schutzhandschuh_mit_safedon_system_dermagrip_ultra_lt_de_994.html 134 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Materialeignung Die unterschiedlichen Anforderungen, Beanspruchungen und Zwecke der Handschuhe verlangen verschiedenen Materialien. Um einen optimalen Schutz zu gewährleisten, sind für jede Tätigkeit adäquate Handschuhe zur Verfügung zu stellen. Trageigenschaften Schutzeigenschaften • höchste Elastizität • sehr reissfest • hohe Griffsicherheit • gutes Tastempfinden erhöhtes Risiko für Sofortallergie (Typ I) und Kontaktallergie (Typ IV) • höchster Schutz vor Mikroorganismen • gute Schutz vor Säuren und Laugen, durchlässig für Öle und viele Lösungsmittel mittleres Niveau Nitril (synthetischer Latex) • verringert das Schwitzen im Handschuh • stichfester wie Latex • mässig elastisch • gute Reissfestigkeit • für Latexallergiker Risiko für Kontaktallergie • hoher Schutz vor Chemikalien • Schutz vor blutübertragbaren Erregern mässiges Preisniveau Vinyl (PVC) • kaum elastisch • niedrige Reissfestigkeit Allergierisiko durch enthaltene Weichmacher geringes Schutzpotential (Anwendung nur bei niedrigem Risikofaktor) sehr preisgünstig Isopren • sehr hohe Elastizität • sehr gute Reissfestigkeit Risiko für Kontaktallergie -guter Chemikalienschutz Insbesondere beim Umgang mit Zytostatika hochpreisig Chloropren (Neopren) • mässig elastisch • gute Reissfestigkeit Risiko für Kontaktallergie guter Chemikalienschutz (wird nur in Spezialgebieten eingesetzt) M Allergierisiko Latex (natürlicher Latex) Preis U R E T S hochpreisig Detailliert Informationen über die jeweiligen Produkte mit der ansprechenden Anwendungsindikation werden dem jeweiligen Produktedatenblatt entnommen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Handschuhe 135 Lehrkraftausgabe Handschuhe Latex-Allergie – Kontaktallergie Kommt die Haut mit einem Produkt das Latex enthält in direkten Kontakt, kann eine allergische Reaktion provoziert werden. Ausgelöst wird sie durch die darin enthaltenen Proteine, die mehrheitlich von Produktionsrückständen her stammen. Die Latex-Proteine können eine lokal begrenzte Wirkung, in Form von Nesselsucht, Juckreiz, Hautrötung oder Schwellungen, hervorrufen. Werden die Allergene über die Haut in den Blutkreislauf aufgenommen und im Organismus verteilt, treten heftigere Reaktionen (Asthmaanfälle, Lippenschwellung, Kehlkopfschwellung oder Nesselfieber am ganzen Körper, bis hin zum anaphylaktischen Schock) auf. Die «Behandlung» besteht aus der Vermeidung des allergieauslösenden Stoffes. Zurzeit steht (noch) keine Immuntherapie zu Verfügung. Die Verwendung latexarmer/-freier und weniger allergen wirkender Handschuhe ist indiziert. M Gepuderte Handschuhe U Gepuderte Handschuhe – oder besser ohne? Die Thesen, dass Puder im Innern das Anziehen der Handschuhe erleichtern soll und Puder den Schweiss absorbiert sind überholt. S Auf das Tragen von gepuderten Handschuhen sollte verzichtet werden. Viele Handschuhe weisen eine synthetische Innenbeschichtung auf, die den Puder überflüssig macht. R E T Risiken durch gepuderte Handschuhe: • Schädigung der Haut: Feuchtigkeitsentzug, Erhöhung vom pH-Wert, Abnutzung der Epithelschicht → natürlicher Hautschutzfilm wird zerstört. • Handschuhpuder kann Reizungen der Augenbindehaut und der Atemwegsschleimhaut hervorrufen. • Handschuhinhaltsstoffe werden durch Handschweiss und auftretende Flüssigkeiten vermehrt an den Puder gebunden. Dadurch werden Hautirritationen (Kontaktekzem) Entzündungen durch Endotoxine begünstigt oder es kann zu allergischen Reaktionen kommen. • belastete Puderpartikel können durch perforierte Handschuhe oder die An- und Ausziehbewegung grossräumig über die Raumluft verteilt werden. Es werden somit weitere Personen gefährdet. • Mikroorganismen können an Puderpartikel anhaften und über die Raumluft ausgestreut werden (Operationskomplikationen!). • Puderpartikel setzten sich auf medizinischen Instrumenten und Medizinprodukten ab. Sie können deren Funktion beeinträchtigen oder bei deren Anwendung den Patienten gefährden. • über die Luft übertragenen Partikel von Puder können sich auf Untersuchungsmaterial (Blut, Urin, …) ablagern und zu falschen Ergebnissen führen. 136 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Personalhygiene Inhalative Latexbelastung – Latexallergie Typ I (Sofortallergie) Zum Einsatz als Handschuhpuder kommt Maisstärke. Sie wurde jedoch nicht als Auslöser von Allergien nachgewiesen. Vielmehr dient die Maisstärke als Transportmedium für die Latexproteine. Diese werden an Handschuhpuder gebunden und verteilen sich beim An- und Ausziehen der Gummihandschuhe. Die aufgewirbelten, allergenbeladenen Puderpartikel werden inhaliert und können allergische Reaktionen des Atemtraktes hervorrufen (z. B. allergischer Schnupfen oder Bronchialasthma). In schweren Fällen kann ein lebensbedrohlicher anaphylaktischer Schock zu Stande kommen. M Lagerung Handschuhvorräte (In der DIN 7716 – Vorschriften zur Lagerung von Elastomeren – wird die Lagerung explizit geregelt.) Lagerung Handschuhvorräte U Die Einwirkung von folgende Lagerungsbedingungen wirkt sich negativ auf die Lebensdauer aus: • Extremtemperaturen • Feuchtigkeit • Licht / Ozon • Sauerstoff S Hinweis: für sterile Einmalhandschuhe siehe Kapitel 7.3, Sterilisation; Aufbewahrungsverfahren Dadurch werden Oberflächenschäden wie Verhärtungen, Weichwerden oder Risse hervorgerufen. Um dies zu vermeiden sind die genannten Faktoren möglichst zu vermeiden. E T Allgemeine Hinweise R Allgemeine Hinweise im Umgang mit unsterilen Einmalhandschuhen • keine lange Fingernägel und keinen Handschmuck tragen • Handschuhe nicht desinfizieren und nur einmal verwenden • kein Dauertragen (max. eine Stunde) • neuer Patient, neue Handschuhe • vor dem Anziehen und nach dem Ausziehen Hände desinfizieren • Händedesinfektionsmittel vollständig trocknen lassen (Alkoholrückstände unter den Handschuhen können zu verbrennungsartigen Beschwerden führen) • nur mit trockenen Händen anziehen (Feuchtigkeit lässt die Haut aufquellen) • beim Ausziehen ist der Kontakt mit der äusseren Seite zu vermeiden, indem die Innenseiten nach aussen gestülpt wird • via Doppelsack entsorgen • auf das Haltbarkeitsdatum achten • die Handschuhauswahl richtet sich nach der Tätigkeit • vor dem Anziehen keine Pflegemittel auftragen (Öl- und Fettrückstände schädigen Latexhandschuhe) • nicht mit Handschuhen anzufassen sind: >> Tastatur >> Lichtschalter >> Mikroskop Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Handschuhe 137 Lehrkraftausgabe Handschuhe >> Zentrifuge >> Türfallen >> Schreibmaterial >> Wasserhahn >> … Findet trotzdem ein Kontakt mit Handschuhen statt, muss anschliessend eine Desinfektion des Materials erfolgen. M Handschuhe schützen nicht vor Stichverletzungen! Bei Verletzungen mit Skalpellklingen oder Nähnadeln verringern sie allerdings die Menge des übertragbaren Blutes. Jedoch nicht bei Verletzungen mit Hohlnadeln! U Aufgabe 4.6.2 Notieren Sie, wann Sie als MPA Handschuhe tragen sollten! S • Verbandswechsel • Blutentnahme • Injektionen / Infusionen E T • Flächendesinfektion • Aufziehen von Zytostatika • Urinanalyse • Instrumentenreinigung • etc. R 138 Personalhygiene Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion 5 Desinfektion U M Definition R E T S 5.1 Definition Die Desinfektion ist eine Hygienemassnahme. Sie dient dazu, pathogene Erreger abzutöten (z.B. bakterizid) respektive in ihrer Aktivität einzuschränken (z. B. bakteriostatisch). Durch die Desinfektion wird eine Keimarmut, nicht aber eine Keimfreiheit erzielt. Was bedeutet, dass die Keimzahl der Haut oder eines Objektes soweit reduziert wird, dass eine Keimübertragung und somit die Übertragung von Infektionen nicht mehr möglich ist (von 100’00 Keimen bleibt einer übrig). Man spricht von einer Antisepsis Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Definition 139 Lehrkraftausgabe Grundbegriffe – Glossar Ziel der Desinfektion • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gewährleisten • Umweltsicherheit ein- und aufrecht halten • Produktesicherheit garantieren Grundbegriffe – Glossar 5.2 Grundbegriffe – Glossar M Aufgabe 5.2.1 a) Suchen Sie nach den fehlenden Begriffen und schreiben Sie Ihre persönliche Definition dazu. b) Vergleichen Sie die Definitionen innerhalb der Klasse. c) Lernen Sie die Begriffe und Definitionen indem Sie sich gegenseitig abfragen. U Massnahmen, die zu einer Keimreduktion oder –inaktivierung führt. antiseptisch keimreduzierend und –bekämpfend z. B. durch die Desinfektion Antiseptik Unter Antiseptik versteht man die Anwendung antimikrobieller Substanzen am lebenden Gewebe. Ziel ist die Abtötung oder Vermehrungshemmung von Krankheitserregern am Ort oder an der Eintrittspforte einer Infektion (z. B. präoperative Haut-und Schleimhautdesinfektion). bakteriostatisch bakteriozid Die Vermehrung von Bakterien hemmen aber nicht abtöten. bakterienabtötend = Bakterien so stark schädigen, dass sie den irreversiblen Zelltod der Erreger auslösen. R Bioziede E T S Antisepsis = Antiseptik Biozide sind Substanzen und Produkte, die Mikroorganismen: Bakterien, Viren, Pilze, Algen ect. aber auch Schädlinge: wie Insekten, Mäuse oder Ratten, unschädlich machen, bekämpfen oder zerstören. Gerinnung. Denaturierung ist, wenn z. B. Protein-(Eiweisse) Denaturierung oder DNS-Struktur durch physikalische oder chemische Einflüsse verändert wird. fungizid 140 Desinfektion Pilz(e) abtötend Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion Inaktivierung In der Virologie versteht man unter Inaktivierung das Verfahren, welches zur Verminderung der Infektiosität führt. Die Infektiosität beschreibt die Fähigkeit eines Krankheitserre- Infektiosität gers (Pathogens), nach erfolgter Übertragung einen Wirt zu infizieren. Ein Reiz oder eine Erregung, welcher meist von negativer Bedeu- M Irritation (Schleimhaut­ irritation) Unter der Keimzahl versteht man die Anzahl Mikroorganismen in einer bestimmten Substanzmenge. Keimzahl levurozid U Korrosion / korrosiv tung ist. mikrobizid Das Wachstum von Mikroorganissmen vollständig oder teilweise hemmen aber nicht abtöten. Mikroorganismen abtötend E T Parameter Unterbegriff von fungizid: Hefepilze abtötend S mikrobiostatisch Beschädigung / schädigend (zernagend) Eine charakterisierende Eigenschaft, eine Kenngrösse, Kennzahl oder Einflussgrösse möglich / möglicherweise / denkbar / wahrscheinlich Remanenzwirkung (lateinisch remanere = zurückbleiben) beschreibt die Dauer, während der ein desinfiziertes Objekt vor Neukontaminationen geschützt ist. Resistenzbildung Unempfindlichkeit gegen ein betreffendes Mittel. R potenziell / potentiell Mit Resorption wird der Prozess bezeichnet, bei dem körpereiResorption / resorbieren gene oder -fremde Stoffe durch lebende Zellen oder Gewebe aufgenommen werden. sporizid Sporen abtötend Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Grundbegriffe – Glossar 141 Lehrkraftausgabe Desinfektionsverfahren mykobakterizid Mykobakterien abtötend Die Validierung ist in der europäischen Normung ein dokumentiertes Verfahren zur Erbringung, Aufzeichnung und Interpreta- Validierung tion von Ergebnissen. Diese zeigen, dass ein Verfahren dauerhaft mit den vorgegebenen Spezifikationen übereinstimmt. (SN EN M ISO 17665-1, 3.60). virustatisch Die Vermehrung von Viren hemmen aber nicht abtöten. Virenabtötend = Viren so stark schädigen, dass sie den irreversi- viruzid U blen Tod der Erreger auslösen. Desinfektionsverfahren S 5.3 Desinfektionsverfahren Anwendung in der Humanmemedizin Physikalisch Desinfektion •Thermische Desinfektion (trockene oder feuchte Hitze) •Strahlendesinfektion E T Desinfektionsverfahren Definition Bei der physikalischen Desinfektion werden Mikroorganismen durch trockene, feuchte Hitze oder durch Strahlung abgetötet respektive in ihrer Aktivität eingeschränkt. (auskochen, Verbrennung, Reinigungs-Desinfektionsgeräte, strömender Dampf, ultraviolette Strahlung) Vorteile / Nachteile Die thermische Reinigung und Desinfektion von Medizin-produkten wird in einem voll-automatischen Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG*) vorgenommen und ist der manuellen Aufbereitung vorzuziehen. (80 – 95° C) R *Hinweis: Das RDG wird im Kapitel «Sterilisation» beschrieben. 142 Desinfektion Vorteile: • Keine Wirkungslücken • Gute Arbeitssicherheit und Personenschutz • Gute Umweltverträglichkeit • Dokumentation zur Validierung Nachteile: • Hohe Anschaffungskosten • Nicht für hitzeempfindliche Materialien geeignet Einsatzmöglichkeit • Chirurgische Instrumente • Desinfektion der Raumluft durch UV-Strahlen (OP Schleusse) Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion Desinfektionsverfahren Anwendung in der Humanmemedizin Chemischthermische Desinfektion Definition Durch die Kombination von Hitze und chemischen Desinfektionsmittel werden Mikroorganismen abgetötet respektive in ihrer Aktivität eingeschränkt. (Reinigungs-Desinfekionsgeräte) Vorteile / Nachteile M Eine chemisch-thermische Desinfektion wird ebenfalls maschinell durchgeführt. Die desinfizierende Wirkung wird durch die Kombination: Desinfektionsmittels und Wassertemperatur erreicht. (40 – 65° C) Nachteile: • Kostenaufwändiger durch das Mitführen von Desinfektionsmitteln •Umweltbelastend Einsatzmöglichkeit • Thermolabile Medizinal-produkte z. B. Endoskope •Wäsche U Vorteile: • Auch für hitzeempfindliche (thermolabile) Medizinprodukte geeignet • Kein Wirkungsverlust durch Zersetzung des Desinfektionsmittels • Gute Arbeitssicherheit und Personenschutz Bei der chemischen Desinfektion werden Mikroorganismen durch die Anwendung von Biozieden abgetötet respektive in ihrer Aktivität eingeschränkt. Je nach Art des verwendeten Wirkstoffes kommt es zu unterschiedlichen Reaktionen. Zum Beispiel: • Eiweissveränderungen = Denaturierung • Schädigung der Lipid-memranen • Schädigung der Nuklein-säuren etc. Vorteile / Nachteile E T •Tauchverfahren (Einlegen) •Wischverfahren •Sprüh-WischDesinfektion Definition S Chemische Desinfektion Chemische Desinfektions-mittel werden sowohl bei der Hände- als auch bei der Flächen- oder Wäsche-desinfektion eingesetzt. Vorteile: • Breites Einsatzgebiet • Schnelle Wirkung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R Einsatzmöglichkeit Nachteile: • Wirkungslücken • Resistenz gegenüber bestimmten Bakterien • Störung oder Inaktivierung der Wirkung durch andere Substanzen. Z. B. Eiweiss- oder Seifenfehler •Gesundheitsbelastend •Händedesinfektion •Hautdesinfektion •Schleimhautdesinfektion •Wunddesinfektion •Flächendesinfektion •Instrumentendesinfektion Desinfektionsverfahren 143 Lehrkraftausgabe Desinfektionsmittel Es gibt kein universelles Desinfektionsverfahren! Die Wahl des Verfahrens richtet sich nach dem Objekt und der Art und dem Umfang der mikrobiellen Kontamination. Desinfektionsmittel 5.4 Desinfektionsmittel M Durch Desinfektionsmittel werden pathogene Mikroorganismen abgetötet oder in ihrer Lebens- und Überlebensfähigkeit = antiseptischer Zustand. U Genau genommen unterscheidet man zwischen dem Begriff «Desinfektionsmittel» und «Antiseptika». Erstere töten Keime auf unbelebten Oberflächen ab. Antiseptika hingegen zerstören / inaktivieren Keime auf lebendem Gewebe. Antiseptika Desinfektionsmittel S Anwendungsgebiet •Haut •Schleimhaut •Wunden E T Antiseptika kommen prophylaktisch und auch therapeutisch zur Behandlung bestehender Infektionen zum Einsatz. Desinfektionsmittel werden ausschliesslich Infektionsprophylaxe eingesetzt. R Viruzide •Flächen •Instrumente • Hände («sprachliche Ausnahme»: Die Hände werden im Gesundheitswesen gleich wie die medizinischen Instrumente verstanden und eingesetzt.) Viruzide sind Substanzen, welche die Viren ausserhalb von lebenden Organismen inaktivieren. Die Viren lassen sich aufgrund ihrer Struktur hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegenüber Desinfektionsmitteln in zwei Gruppen unterteilen: • unbehüllte Viren • behüllte Viren. 144 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion Kennzeichnung der Viruzide: «begrenzt viruzid» (wirksam gegen behüllte Viren) Die Desinfektionsmittel werden zur Zulassung mit folgenden «Test-Viren» getestet: • BVD-Virus (Bovine Viral Diarrhea Virus) •Vakziniavirus «Viruzid» M «viruzid» bedeutet, dass das Desinfektionsmittel gegen behüllte und unbehüllte Viren wirksam ist. Zusätzlich wird gegen folgende Viren getestet: •Poliovirus •Adenovirus •Polyomaviren U Die Unterteilung erfolgt, da die viruzide Wirkung schwerer zu erzielen ist, aber nicht in allen Fällen verlangt wird. Je nach Anwendungsbereich wird entschieden, welches Wirkspektrum das Desinfektionsmittel besitzen soll. Viele Desinfektionsmittelhersteller deklarieren ihre Produkte mit den für den Anwender relevanten Viren. So kann eine Beschriftung lauten: «begrenzt viruzid (inkl. HBV, HIV, HCV)». S Anforderungen Anforderungen R E T Aufgabe 5.4.1 Welche Anforderungen stellen Sie an ein Desinfektionsmittel bezüglich mikrobiologische Wirksamkeit, Anwendungseigenschaften, Toxizität und Umweltverhalten? a) Schreiben Sie möglichst viele Kriterien auf. b) Vergleichen Sie anschliessend im Klassen-Plenum. c) Vervollständigen Sie die nachfolgende Tabelle. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Desinfektionsmittel 145 Lehrkraftausgabe Desinfektionsmittel Anforderungen an ein Desinfektionsmittel • breit wirken = bakterizid und sporozid, viruzid sowie fungizid • eine kurze Einwirkzeit haben • eine irreversible und lange Wirkung haben • eine zuverlässige Wirkung haben, auch bei Belastung Ein Desinfektionsmittel soll: • eine gute Material-verträglichkeit haben • eine gute Reinigungs-kraft aufweisen sowie eine Hartwasserstabilität • sicher in der Anwendung sein (z. B. Flammpunkt) S Anwendungseigenschaften U M Mikrobiologische Wirksamkeit Ein Desinfektionsmittel soll: • gut dosierbar und einfach in der Anwendung sein • eine gute Akzeptanz haben (z.B. Geruch, Hautgefühl) E T • Es soll wirtschaftlich sein = in einem guten Kosten-/Nutzenverhältnis stehen Toxizität Ein Desinfektionsmittel soll: •Es soll gut verträglich sein gegenüber: Haut, Schleimhaut und Wunden 146 Desinfektion R Umweltverhalten • Es soll eine niedrige Dermale- und Inhalation-Toxizität aufweisen Ein Desinfektionsmittel soll: •Es soll umweltfreundlich sein = biologisch abbaubar •Es soll eine geringe Abwassertoxizität aufweisen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion 5.5 Wirkstoffe Wirkstoffe Desinfektionsmittel für verschiedene Anwendungsgebiete In der INB NK 158 werden die Chemischen Desinfektionsmittel und Antiseptika derfiniert. Das heisst, die Normung der Terminologie, Anforderungen, Prüfmethoden einschliesslich der potentiellen Wirksamkeit unter Gebrauchsbedingungen, Gebrauchsempfehlungen und Etikettierung auf dem gesamten Gebiet der chemischen Desinfektion und Antiseptik. Die Aktivitäten schliessen die Gebiete Landwirtschaft (ausgenommen chemische Pflanzenschutzmittel), Haushalt, Nahrungsmittelhygiene und andere industrielle Gebiete, gewerbliche, medizinische und veterinäre Anwendungen, ein. M U Aufgabe 5.5.1 Welche Wirkstoffe enthalten die Desinfektionsmittel, welche Sie aus Ihrer Lehrpraxis respektive aus dem ÜK kennen? Schauen Sie nach und schreiben Sie die Namen der Produkte zu den entsprechenden Wirkstoffen. S Alkohole Alkohole trocknen sehr schnell und somit sind die Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis in der Regel innerhalb von 30 Sekunden wirksam. E T Alkoholhaltige Desinfektionsmittel sind nicht geeignet für die Wunddesinfektion, da der Alkohol in der Wunde brennt. Auch für die grossflächige Desinfektion sind Desinfektionsmittel auf alkoholischer Basis nicht geeignet, da der Alkohol feuergefährlich ist und leicht entzünden kann. Alkohole sind keine allergisierende Desinfektionsmittel. Trotzdem werden zur Hautdesinfektion keine reinen Alkohole verwendet, da diese die Haut austrocknen würden. R Bei der Anwendung von Sprays können sich Alkoholdämpfe bilden, welche die Atemwege reizen. Zur Vermeidung von Dämpfen sollte das Desinfektionsmittel in ein «Fliestuch» dosiert und anschliessend durch Wischen der Oberfläche aufgetragen werden. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Wirkstoffe 147 Lehrkraftausgabe Wirkstoffe Beispiele Wirkspektrum Anwendungsbereich •Ethanol •1-Propanol (n-Propanol) • 2-Propanol (Isopropanol) bakterizid, tuberkulozid, fungizid, viruzid: auf behüllte und unbehüllte Viren: durch verlängerte Einwirkzeit oder Mischungen verschiedener Alkohole Vorwiegend für die Haut- und Händedesinfektion Sprüh-Wisch-desinfektion für kleinere Flächen Beispiele •Sterilium • Desderman pure • Helipur H plus N •Softa-Man • Softasept N •Braunoderm • Alcohol Pads B. Braun •Meliseptol •Bacillol M Jedoch nicht sporozid! U Aldehyde Aldehyde besitzen eine sehr gute Materialverträglichkeit und sind gut biologisch abbaubar. Jedoch besteht die Gefahr des Eiweissfehlers. Das heisst, sind Instrumente strakt mit eiweisshalten Rückständen (Blut, Gewebe,…) kontaminiert, werden diese auf den Oberflächen fixiert und es findet keine Desinfektion statt. Hiervon ausgenommen sind Formaldehyd, sie denaturieren Eiweisse. S Beispiele •Formaldehyd •Glutaral •Glyoxal E T Formaldehyd Formaldehyd ist ein starkes Allergen und kann Haut-, Atemwegs- und Augenreizungen hervorrufen, zum Teil werden sie in der Literatur auch als kanzerogen bezeichnet. Deshalb soll es nur gezielt eingesetzt werden und Schutz-/Sicherheitshinweise sind zu beachten (Handschuhe tragen, Vermeiden von direktem Hautkontakt, gut gelüftete Räume). Formaldehyd hat ein breites Wirkungsspektrum und wie bereits erwähnt, nur einen geringen Eiweissfehler. Wirkspektrum Flächendesinfektion Instrumentendesinfektion Wäsche Beispiele • Korsolex® extra • Kohrsolin FF Tissues (gebrauchsfertige aldehydhaltige Desinfektionstücher) R bakterizid, tuberkulozid, fungizid, sporozid, viruzid auf behüllte und unbehüllte Viren Anwendungsbereich • Helipur H plus N •Meliseptol Amine Amine setzten die Oberflächenspannung einer Lösung herab und haben deshalb auch einen reinigenden Effekt. 148 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion Aminhaltige Konzentrate können Verätzungen verursachen. Deshalb ist im Umgang mit diesen immer eine entsprechende Schutzausrüstung zu tragen. Der Wirkungseintritt ist bei ihnen sehr schnell und sie sind gut biologisch abbaubar. Beispiele • Chloramin T •Alkylamine Wirkspektrum bakterizid, tuberkulozid, fungizid, viruzid auf behüllte Viren Anwendungsbereich Instrumenten- und Flächendesinfektion Beispiele •Stabimed M U Kationenaktive Substanzen Quartäre Ammoniumverbindungen* und Biguanide* sind Wirkstoffe, die in Flächen- und Instrumentendesinfektionsmitteln zum Einsatz kommen. Diese Stoffe haben eine geringe Toxizität, eine gute Materialverträglichkeit und sind geruchsfrei. Die Umweltverträglichkeit muss allerdings als mässig bezeichnet werden. Im Unterschied zu Aldehyden und Alkoholen verläuft der mikrobiologische Abbau wesentlich langsamer. *Quartäre Ammoniumverbindungen = QAV oder Quats, sind Salze (ionische Verbindungen) bestehend aus einem Kation und einem Anion. S *Polihexanid = Polihexanidum oder Polyhexamethylenbiguanid = PHMB, ist ein Biquanid-Derivat. Polihexanid ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Desinfektionsmittel, das gegen Bakterien und Pilze wirksam ist. Der Wirkstoff verfügt über eine sehr gute Gewebeverträglichkeit und hat eine wundheilfördernde Wirkung. E T Quats und Biguanide bilden bei Kontakt mit Chemikalien (z. B. Haushaltsreinigern) mit anionischer organischer Struktur wasserunlösliche Verbindungen, wodurch die desinfizierende Wirkung aufgehoben wird (Seifenfehler). Das Vorhandensein von Eiweissen, hartem Wasser und Eisenionen beeinflusst die Desinfektionswirkung ebenfalls negativ. Quats und Biguanide kommen deshalb nicht als einziger Wirkstoff in Desinfektionsmitteln vor. Vielmehr werden sie zur Wirkungssteigerung und –verlängerung anderen Desinfektionsmitteln zugefügt. • Quartäre Ammoniumverbindungen (Quats/QAV) und •Biguanide Wirkspektrum Bakterizid, fungizid, viruzid auf behüllte Viren Anwendungsbereich Flächen- und Instrumentendesinfektion R Beispiele Beispiele •Meliseptol Halogene Halogene (Fluor, Chlor, Brom und Iod) sind hochwirksame Mikrobiozide. Medizinisch kommen Iod (I) und Chlor (Cl) zum Einsatz. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Wirkstoffe 149 Lehrkraftausgabe Wirkstoffe Jod Da das herkömmliche Jod im Wasser schlecht löslich ist und auf Haut, Schleimhaut und Wunden irritierend wirkt, wurde es an eine Trägersubstanz gebunden. Somit entstand ein wasserlöslicher Jodkomplex (PVP-Jod: Povidon-Jod), der sich durch eine hohe Wirksamkeit, bei gleichzeitig guter Verträglichkeit auszeichnet. Für Wundspülungen sollte Jod immer in verdünnter Form verwendet werden! U M PVP-Jod ist kontraindiziert bei: • Hyperthyreose oder anderen manifesten Schilddrüsenerkrankungen • Dermatitis (herpetiformis Duhring) •Radioiodtherapie • bei Frühgeborenen (Geburtsgewicht < 1‘500 g) • je nach Arzneiform (v. a. jodhaltige Salben) auch in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Neugeborenen Jod wird durch Eiweisse inaktiviert! E T S Jod ist als gefärbtes (braun) oder ungefärbtes Produkt erhältlich. Beim gefärbten PVP-Jod kann durch die Braunfärbung die Wundbeurteilung erschwert werden und Fleck lassen sich schlecht aus Textilien entfernen. Als positive Eigenschaft der Braunfärbung kann die gute Kennzeichnung des desinfizierten Hautareals genannt werden. So kommen gefärbte Präparate vor allem zur Hautdesinfektion vor operativen Eingriffen zum Einsatz. Auf dem Markt sind wässrige (für Wunden, Schleimhaut) und alkoholische (für intakte Haut) Lösungen erhältlich. Beispiele •Chlor •Jod Wirkspektrum Chlor und Chlorabspalter: Desinfektion von Wasser oder Geschirr Beispiele •Braunoderm •Braunol •Betadine •Braunosa •Jodoplex R bakterizid (tuberkulozid), viruzid auf behüllte und unbehüllte Viren, (fungizid), (sporozid), Anwendungsbereich Iod zur Desinfektion von Haut, Schleimhaut und Wunden. Octenidin Octenidin wird relativ gut vertragen und eignet sich zur Hau-, Schleimhaut- und Wunddesinfektion. Teils kann ein Brennen / Jucken beim Auftragen auf die Haut wahrgenommen werden. Bei der Anwendung im Mund empfinden manche einen bitteren Geschmack. Es ist schnell (60 Sekunden) und lange wirksam sowie für Schwangere, Säuglinge und Frühgeborene geeignet. Es besitzt keine Eigenfarbe und weist nur einen geringen Eiweissfehler auf. 150 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion Octenidin darf nicht gemeinsam mit PVP-Jod angewendet werden, da sich Jodradikale bilden, welche die Haut stark reizen und eine tiefe Braunverfärbung des Gewebes hervorrufen Beispiele •Octenidindihydrochlorid Wirkspektrum bakterizid, tuberkulozid, viruzid auf behüllte und unbehüllte Viren, fungizid Anwendungsbereich Wund- und Schleimhautdesinfektion Beispiele •Octenisept • Octenisan Waschlotion • Octenilin Wundgel M U Oxidanzien Neben den Halogenen existieren einige Stoffe, deren mikrobiozide Wirkung ebenfalls auf Oxidationsvorgänge zurückzuführen ist. Es handelt sich hierbei um sauerstoffreiche und leicht Sauerstoff freisetzende Verbindungen wie: Ozon, anorganische und organische Peroxide sowie Persäuren. S Oxidanzien haben ein sehr breites Wirkungsspektrum, sind aber chemisch instabil, haben humantoxische Risiken und eine korrosive (zernagende) Wirkung. Im Umgang mit Oxidanzien sind der Hautkontakt und die Inhalation der Dämpfe zu vermeiden. Peressigsäuren sind sehr gut umweltverträglich, da sie in Sauerstoff und Essigsäure zerfallen. •Peressigsäure Wirkspektrum bakterizid, (tuberkulozid), fungizid, sporozid, viruzid auf behüllte und unbehüllte Viren Anwendungsbereich Beispiele E T Beispiele Flächendesinfektion , Instrumentendesinfektion •Diosol • Helix ultra •Gigasept R Phenolderviate Phenolderviate sind Abkömmlinge des Phenols (auch Karbol genannt). Aufgrund seiner Toxizität und schwachen Wirksamkeit kommt Phenol heute nicht mehr zum Einsatz. Derviate des Phenols weisen im Vergleich zu den anderen Wirkstoffen den geringsten Eiweissfehler auf. Sie verbleiben in grossen Mengen auf der behandelten Fläche, was zu einer ausgeprägten Remanenzwirkung* führt. Jedoch können sie zu Hautreizungen führen. *Die Remanenzwirkung beschreibt die Zeitdauer, während der das desinfiziert Objekt vor einer Neukontamination nach dem Zeitpunkt der direkten Desinfektion geschützt ist. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Wirkstoffe 151 Lehrkraftausgabe Wirkstoffe Beispiele Halogen-derivate (o-Phenylphenol) Alkylderivate Wirkspektrum Viruzid auf behüllte Viren, bakterizid, tuberkulozid Anwendungsbereich Instrumentendesinfektion, Flächendesinfektion, Desinfektion von Ausscheidungen Beispiele • Sekusept plus M Polyhexanide Polyhexanide sind geruchs- und farblos und verursacht bei der Anwendung keinerlei Schmerzen / Brennen. Zudem wird es durch Eiweisse nicht denaturiert. Einziger Nachteil ist der im Vergleich langsame Wirkungseintritt. Wirkspektrum U Beispiele Polyhexamethylenbiguanid bakterizid, tuberkulozid, viruzid auf behüllte und unbehüllte Viren Anwendungsbereich Wund- und Schleimhautdesinfektion Beispiele •Lavasept® •Prontosan •Prontoderm S E T Glucoprotamin Glucoprotamin hat eine starke mikrobiologische Wirksamkeit, keine humantoxikologische Risiken und ist hervorragend biologisch abbaubar. Es weist eine sehr gute Reinigungswirkung auf: entfernt Blutrückstände rückstandslos, wodurch eine effektive Desinfektion gesichert wird. Gegenüber Metallen und Kunststoffen ist es bestens verträglich, auf der Haut jedoch wirkt es ätzend! Beispiele bakterizid, fungizid, viruzid auf behüllte und unbehüllte Viren Anwendungsbereich Instrumente und Flechendesinfiktion Beispiele • Sekusept PLUS R •Glucoprotamin Wirkspektrum Die einzelnen Desinfektionsmittel bestehen oft aus mehreren Wirkstoffen. Mit der Kombination verschiedener Wirkstoffe wird ein synergetische Effekte (Zusammenwirken) erzielen. 152 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion 5.6 Regulierung der Desinfektionsmittel in der Schweiz gemäss «Swissmedic» In der Schweiz sind die gesetzlichen Regulierungen der Arzneimittel, der Medizinprodukte und der Chemikaliengesetzgebung beim Inverkehrbringen von Desinfektionsmitteln zu beachten. Je nach dem vom Hersteller vorgesehenen Verwendungszweck treffen eine oder mehrere dieser Regelungen zu: M Desinfektionsmittel, die als Arzneimittel gelten, unterliegen der Arzneimittelkontrolle Desinfektionsmittel, die als Medizinalprodukt gelten unterliegen dem Medizinalproduktegesetz U Alle anderen Desinfektionsmittel, eingeschlossen solche, die in Gesundheitsein-richtungen und Laborbetrieben sowie für die menschliche Hygiene, Desinfektionsmittel für den Privatbereich, Biozidprodukte für die Hygiene im Veterinärbereich usw. verwendet werden, sind im Chemikaliengesetz3 geregelt und brauchen eine Zulassung gemäss Art. 7 der Verordnung über das Inverkehrbringen von und dem Umgang mit Biozidprodukten. Desinfektionsmittel, die nicht unter Körperberührung verwendet werden, müssen zudem gemäss Europäischem Chemikalienrecht eingestuft, verpackt und gekennzeichnet werden. Beispiele: Instrumentendesinfektion Desinfektionsmittel für Endoskope R E T Beispiele: Hautdesinfektion Schleimhautdesinfektion Wunddesinfektion Desinfektionsmittel gelten als Zubehör von Medizinprodukten, wenn sie der Hersteller dazu bestimmt. S Desinfektionsmittel fallen unter den Zuständigkeitsbereich von Swissmedic und müssen als Arzneimittel zugelassen werden, wenn diese zum Vorbeugen oder Heilen von Krankheiten (Infektionen) mit Anwendung auf der Haut / Schleimhaut des Patienten oder zur Anwendung am Patienten vor chirurgischen Eingriffen (präoperative Hautdesinfektion, antiseptische Körperwaschung) bestimmt sind. Biozidprodukte fallen unter das Chemikalien­ gesetz Beispiele: Händedesinfektion Flächendesinfektion In der heutigen Zeit erfolgt die Desinfektion mit chemischen Lösungen. Diese können zum Teil gebrauchsfertig, zum Teil als Konzentrate gekauft werden. Konzentrate müssen vor Gebrauch mit den auf den Beipackzetteln empfohlenen Wassermengen verdünnt werden. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Regulierung der Desinfektionsmittel in der Schweiz gemäss «Swissmedic» 153 Lehrkraftausgabe Regulierung der Desinfektionsmittel in der Schweiz gemäss «Swissmedic» Allgemeine Regeln zur Herstellung und Handhabung von Desinfektionsmitteln Allgemeine Regeln zur Herstellung und Handhabung von Desinfektionsmitteln 1. U M Zubereitung von Desinfektionslösungen • Für die Zubereitung von Lösungen / Verdünnungen wird Leitungswasser verwendet. • Die vorgeschriebenen Wassermenge respektive Menge des Konzentrats ist genau abzumessen und erfolgt mit einem dazu geeigneten Dosiergerät (Messbecher, Zylinder etc.). • Um Schaumbildung zu vermeiden, wird zuerst das Wasser und danach das Konzentrat in den Behälter gegeben. • Wasser und Desinfektionsmittel müssen sorgfältig miteinander vermischt werden. • Wenn keine speziellen Vorschriften bestehen, sollte die Temperatur des Desinfektionsmittel-Gemischs Zimmertemperatur betragen. • Bei der Herstellung des Gemisch und bei der Durchführung der Desinfektion muss eine entsprechende Schutzkleidung getragen werden: Handschuhe, Schürze, allenfalls Brille. • Die vom Hersteller vorgeschriebene Haltbarkeit muss beachtet werden und die Validierung ist entsprechend zu dokumentieren. Anwendung von Desinfektionslösungen • Chemische Desinfektionsmittel dürfen nur dann mit der Haut in Berührung kommen, wenn eine Hautdesinfektion beabsichtigt ist. Ansonsten müssen unbedingt feste, flüssigkeitsdichte Handschuhe getragen werden. E T S 2. *Hinweis: Beachten Sie hierzu das Kapitel «PSA – persönliche Schutzausrüstung» R • Desinfektionsmittel sind nur für den vom Hersteller angegebenen Zweck zu verwenden. • Die für die Lösung vorgeschriebene Einwirkungszeit muss eingehalten werden. • Das Zumischen von Reinigungsmitteln ist strikte zu unterlassen. Die Wirkung des Desinfektionsmittels könnte eingeschränkt werden (Seifenfehler) und allenfalls können dabei gesundheitsschädigende Dämpfe entstehen. • Bei der Anwendung von alkoholischen Desinfektionsmitteln sind die Sicherheitsregeln bezüglich der Brand- und Explosionsgefahr zu berücksichtigen. Der Einsatz von Desinfektionsmitteln soll gezielt erfolgen. Durch eine sachgemässe Reinigung wird bereits ein hoher Sauberkeitsgrad erreicht. Durch eine gründliche Reinigung z. B. ist eine 50 – 90 %-ige Keimreduktion möglich. Je nach Gefahreneinstufung müssen Desinfektionsmittelabfälle gesondert entsorgt werden! 154 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion 5.7 Hautdesinfektion Hautdesinfektion Bei invasiven Eingriffen wird die körpereigene Schutzbarriere, die vor Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilzen etc.) schützt, zwangsläufig zerstört. Hierdurch bietet sich den Mikroorganismen eine gute Möglichkeit in das Körperinnere einzudringen. M Invasive Schritte kommen in der Arztpraxis häufig vor. Zum Beispiel bei den täglichen Blutentnahmen! Deshalb ist permanent auf eine gewissenhafte Hautantiseptik zu achten. Mit dem Ziel: Alle Mikroorganismen abzutöten, um eine Übertragung ins Körperinnere zu vermeiden. Wird dies nicht oder zu wenig beachtet, kann es zum Einbringen von Mikroorganismen in tiefere Hautschichten, in Körperöffnungen, Muskulatur oder auch Gefässe kommen. Die Folgen können z. B. Abszesse, eine Thrombophlebitis (Venenentzündung) bis hin zur generalisierten Sepsis sein. U Die Hautdesinfektion erfolgt mittels Wischverfahren durch ein alkoholisches Präparat. Wichtig dabei ist, die korrekte Einwirkzeit zu beachten. Je nach Eingriff und Körperregion ändert sich die Zeit. Da in talgdrüsenreichen Bereichen höhere Keimzahlen vorzufinden sind, als in talgdrüsenarmen, ist eine längere Einwirkzeit nötig. E T S Grundsätzlich gilt : • Einwirkzeit talgdrüsenarmer Haut: >> vor Injektionen / Punktionen: mindestens 15 Sekunden >> vor Punktionen von Gelenken, Körperhöhlen und Hohlorganen sowie Operationen mindestens 60 Sekunden R • Einwirkzeit talgdrüsenreiche Haut: >> vor allen Eingriffen mindestens 2.5 Minuten Einwirkzeit: • Lesen Sie immer vorgängig die Anwendungsbeschreibung des jeweiligen Produktes durch! • während der gesamten Zeit muss das Hautareal mit dem Desinfektionspräparat feucht gehalten werden! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Hautdesinfektion 155 Lehrkraftausgabe Schleimhaut und Wunddesinfektion Beachte Sie die Empfehlungen bezüglich der Hygienevorschriften zu Punktionen. Ein entsprechender Hygieneplan finden Sie auf www.mympa.ch Schleimhaut und Wunddesinfektion 5.8 Schleimhaut und Wunddesinfektion M Die Schleimhäute sind besonders empfindlich und können toxische Stoffe sehr schnell resorbieren. Daher sind an die Schleimhaut- und Wunddesinfektionsmittel besondere Anforderungen zu stellen. Schleimhaut- und Wunddesinfektionsmittel müssen so aufgebaut und ausgewählt werden, dass sie keine Allergien, keine Reizungen, keine Irritationen oder gar Korrosionen der Schleimhaut verursachen. Für die Wund- und Schleimhautdesinfektion werden keine alkoholischen Präparate eingesetzt. U Aufgabe 5.8.1 Nennen Sie hier Desinfektionsmittel, die für die Wund- und Schleimhautdesinfektion geeignet sind. R E T S Wichtig: Beachten Sie bei der Wunddesinfektion die korrekte Ausführung der aseptischen respektive septischen Desinfektion. 156 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion 5.9 Händedesinfektion Händedesinfektion Die hygienische Händedesinfektion ist erforderlich vor jeder Arbeit am Patienten sowie vor jeder invasiven Massnahme, unabhängig davon ob sterile oder unsterile Handschuhe getragen werden oder nicht. Zudem ist sie erforderlich vor aseptischen Tätigkeiten, nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material und nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung. M U Die Hände des Personals sind der häufigste Weg für die Übertragung von nosokomialen Infektionen. Hygienefehler unter anderem auch bei der Händedesinfektion, d. h. die Nichtbeachtung der Prinzipien der Asepsis zum Beispiel bei der Zubereitung von Medikamenten und ihrer Applikation durch Injektionen oder bei Verbandwechsel führen immer wieder zu Ausbrüchen von Infektionen durch bakterielle Erreger oder blutübertragene Viren. (z. B. Staphylococcus aureus, Hepatitis-B-, Hepatitis-C-Virus) S EN 1500 (praxisnahe Testmethode für die hygienische Händedesinfektion) Das geeignete Vorgehen beim Test eines neuen Produktes für die hygienische Händedesinfektion wird in Europa durch Benutzung der Standard-Methode EN 1500 vorgegeben. Dadurch werden praxisnahe Gegebenheiten simuliert und die Wirksamkeit des Referenz-Produktes wird mit dem getesteten Produkt verglichen. E T Hygienische Händedesinfektion Die korrekt durchgeführte Händehygiene schützt vor der Ausbreitung von Mikroorganismen und ist daher der effektivste Schutz gegen nosokomiale Infektionen. Die hygienische Händedesinfektion hat zum Ziel, die transiente Hautflora zu eliminieren. Die residente Flora wird dabei kaum beeinträchtigt. Dabei wird eine geeignete Menge Desinfektionsmittel während mind. 30 Sekunden in die Hände (einschliesslich Handgelenke) eingerieben. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Händehygiene *Hinweis: Beachten Sie dazu das Kapitel: Händehygiene, in diesem Lehrmittel! R • • • • Es sollte kein Schmuck und keine Uhr getragen werden. Fingernägel sollten kurz und abgerundet geschnitten sein. Künstliche Fingernägel sind verboten. Die Hände sollten keine Verletzungen des Nagelbetts, Entzündungsherde oder andere Verletzungen, insbesondere Schnittverletzungen, etc. aufweisen. • Das Händedesinfektionsmittel sollte auf trockene Hände aufgetragen werden. • Im Falle einer möglichen Kontamination mit Viren muss sichergestellt sein, dass das zu verwendende Produkt ein breites Wirkungsspektrum hat und gegen die entsprechenden Viren wirksam ist. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Händedesinfektion 157 Lehrkraftausgabe Händedesinfektion Korrekte Durchführung der hygienischen Händedesinfektion (Standard-Einreibemethode für die hygienische Händedesinfektion gemäss EN1500) U M E T S Fünf-Momente-Konzept Wann die hygienische Händedesinfektion in der Arztpraxis erforderlich ist – Die fünf Momente der Händehygiene • • • • • 158 Desinfektion R Im Fünf-Momente-Konzept werden detaillierte Empfehlungen zur Händedesinfektion in fünf zentrale Risikosituationen aufgeteilt. Demzufolge erfolgt die hygienische Händedesinfektion, unabhängig ob Handschuhe getragen werden: vor Patientenkontakt vor aseptischen Tätigkeiten nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material nach Patientenkontakt nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion Aufgabe 5.9.1 Notieren Sie zu jedem Moment konkrete Beispiele aus Ihrem Arbeitsalltag, in denen eine hygienische Händedesinfektion durchgeführt werden muss. a) Vor Patientenkontakt • vor körperlicher Untersuchung • vor Blutdruckmessung M • vor dem Entfernen von Verbänden • vor sämtlichen Verrichtungen am Patienten, auch wenn Handschuhe getragen werden b) Vor aseptischen Tätigkeiten U • vor Injektionen • vor Blutentnahmen • vor dem Zubereiten von Infusionen S • vor Verband-wechseln c) Nach Kontakt mit potentiell infektiösem Material • nach möglichem Kontakt mit Blut, Urin, Erbrochenem, Wundsekret, Sputum etc. d) Nach Patientenkontakt E T • Auch wenn Handschuhe getragen wurden! • nach sämtlichen Verrichtungen am Patienten, auch wenn Handschuhe getragen wurden! • nach körperlichen Untersuchungen • nach dem Anlegen von Verbänden • nach Kontakt mit der Untersuchungsbehandlungsliege • nach Kontakt mit Beistelltischen R e) Nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung • nach Kontakt mit am Patienten angewandten Materialen oder Geräten Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Händedesinfektion 159 Lehrkraftausgabe Flächendesinfektion Mittel zur Händedesinfektion Die meisten Mittel enthalten als desinfizierenden Wirkstoff Alkohol. Zusätzlich sind zur Hautverträglichkeit pflegende Substanzen integriert: • Feuchtigkeitsbinde Komponenten, welche einem Wasserverlust entgegenwirken. • rückfettende Substanzen, welche rauen, trockenen Händen vorbeugen. M Chirurgische Händedesinfektion Sie hat zum Ziel sowohl die transiente als auch die residente Hautflora zu zerstören. Somit soll jegliche Keimübertragung verhindert werden. Hierbei werden während 1.5 bis 3 Minuten die Hände bis und mit Ellbogen mit dem Desinfektionsmittel behandelt. Flächendesinfektion 5.10 Flächendesinfektion U Pathogene Mikroorganismen und Sporen können monatelang auf Oberflächen überleben und stellen eine potentielle Infektionsquelle dar. Besonders problematisch sind in der Arztpraxis: • häufig berührte Flächen (z. B. Türgriffe, Handläufe an Stühlen, Telefon, Schränke) • patientennahe Flächen (Empfangs-Theke, Oberflächen von Geräten) • Flächen im Sanitärbereich (Toiletten, Lavabo, Seifenspender) • Arbeitsflächen für die Vorbereitung von Medikamenten, Injektionen, Infusionen, Verbandwechsel • Fussböden • Flächen, die mit Körperflüssigkeiten in Kontakt gekommen sind E T S Überlebensfähigkeit pathogener Keime auf unbelebten Flächen: Erregerart Bakterien Desinfektion Überlebenszeitraum Escherichia coli bis 16 Monate Pseudomonas aerungionsa trockene Oberflächen bis zu 5 Wochen feuchte Oberflächen bis zu 16 Monaten Staphylococcus aureus (inkl. MRSA) bis zu 7 Monate Mykobakterien Mycobacterium tuberculosis Bakteriensporen Clostridium difficile Sporen Pilze Candida albicans R 160 Typ bis zu 4 Monate bis zu 5 Monate bis zu 4 Monate Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion Erregerart Typ Überlebenszeitraum Viren Noro-Virus bis zu 7 Tage HBV (Hepatitis B Virus) bis zu 7 Tage HIV trockene Oberflächen ca. 1.5 Minuten feuchte Oberflächen bis zu 7 Tage Adenovirus bis zu 5 Monate M *Zusammenstellung aus: drweigert.com (Quelle: Kramer er al.: BMC Infectious Diseases 2006, 6:130, leicht modifiziert) U Methoden Die Flächendesinfektion erfolgt mit speziell dafür vorgesehen Flächendesinfektionsmitteln, die meist mittels Wischen auf die zu behandelnden Flächen aufgebracht werden. Die Wahl eines geeigneten Desinfektionsmittels hängt vorwiegend vom Wirkspektrum des Produkts ab. Die unterschiedlichen Typen und Stärken werden in der internationalen Produkteklassifizierung zusammengefasst: Wirkungsspektrum Wirkungsbereich A Inaktivierung / Abtötung von Bakterien, Mykobakterien, Pilzen, Sporen pathogener Pilze Wirkungsbereich B Wirkungsbereich A und Inaktivierung / Abtötung von Viren Wirkungsbereich C Wirkungsbereich A, B sowie Sporen des Milzbranderregers Wirkungsbereich D Wirkungsbereich A, B, C und hitzeresistente Sporen von Bakterien E T S Bezeichnung R Mittel für den Bereiches A eliminieren leicht abzutötende Mikroorganismen, Mittel für den Bereich D werden für schwer abzutötende Keime eingesetzt. Demzufolge haben Mittel der letzten Klasse den grössten Wirkungsbereich. Sie sind praktisch dem Sterilisationsverfahren gleichzusetzten. Daneben spielen auch andere Kriterien, wie etwa die Geruchsbelastung, eine Rolle. Bei der Anwendung müssen die individuellen, vom Hersteller vorgeschriebene Angaben wie: Einwirkzeit, Dosierung, Konzentration sowie Wirkspektrum des Desinfektionsmittels unbedingt berücksichtigt werden, um eine ausreichende keimreduzierende Wirkung zu erzielen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Flächendesinfektion 161 Lehrkraftausgabe Flächendesinfektion Die Häufigkeit und der Umfang der Desinfektion sind vom Risikopotential abhängig. Deshalb wird in eine routinemässige und eine gezielte Desinfektion unterteilt: Routinemässige Flächendesinfektion (laufende, vorbeugende, prophylaktische Flächendesinfektion genannt) Ziel M Einsatz Gezielte Flächendesinfektion Die Weiterverbreitung von Erregern soll verhindert werden. Flächen, welche möglicherwiese mit erregerhaltigem Material kontaminiert sind. Die Kontamination muss dabei nicht sichtbar sein. Erkennbare Kontamination z. B. Flächen, die sichtbar mit Blut, Urin etc. verunreinigt sind. Schlussdesinfektion von Bereichen, welche von infizierten Patienten genutzt wurden. U Während der Behandlung soll eine mögliche Keimverbreitung vermieden werden. E T S Sichtbar mit Körperflüssigkeiten kontaminierte Flächen müssen umgehend desinfiziert und gereinigt werden. Es ist ratsam, zunächst sichtbare Verunreinigungen mit einem in Desinfektionsmittel getränkten Einmaltuch zu entfernen und anschliessend die Fläche von aussen nach innen gemäss der üblichen Prozedur zu desinfizieren. Für die alltägliche, routinemässige Desinfektion grosser Flächen eignen sich besonders wässrige Desinfektionsmittelkonzentrate, mit denen Reinigung und Desinfektion in einem Arbeitsgang erfolgen (desinfizierende Reinigung). Ist das Desinfektionsmittel getrocknet, ist die Fläche sofort wieder benutzbar. R Bei der Desinfektion vom Fussboden kommt am häufigsten die «Zwei-Bezugs-Methode» zum Einsatz. Hierbei wird mit einem ersten Wischbezug die Gebrauchslösung auf dem Fussboden verteilt. Anschliessend wird dieser verworfen und mit einem neuen Bezug die benetzte Fläche nachgewischt. Kleinere Flächen können unmittelbar mit einem schnell wirkenden, hochwirksamen auf Alkohol basierendem Desinfektionsmittel (z. B Meliseptol® rapid) desinfiziert werden. Besonders anwenderfreundlich sind hierzu gebrauchsfertige Desinfektionstücher, die einfach aus einem Spender zu entnehmen sind ( z. B. Meliseptol® HBV-Tücher). Die Effektivität der Flächendesinfektion lässt sich durch regelmässige mikrobiologische Umgebungskontrollen (Abklatschverfahren) überwachen. Dies dient gleichermassen dem Schutz von Personal und Patient! Die Flächendesinfektion ist Teil des Qualitätsmanagements 162 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion in der Arztpraxis und erfordert die gewissenhafte, routinemässige Umsetzung der im Hygieneplan festgelegten Flächendesinfektions-Massnahmen. M Sprühen Beim alleinigen Sprühen bilden sich auf der zu desinfizierenden Fläche Luftinseln, wo keine Desinfektion stattfinden kann. Deshalb muss nach dem Sprühen das Desinfektionsmittel sofort durch Einwegtücher verwischt werden. Zusätzlich besteht durch die Bildung von Sprühnebel die Gefahr von Reizungen der Atemwege (je nach Produkt). Dies kann vermieden werden, indem das Präparat nahe der Oberfläche aufgesprüht und mit einer auf Flaschen aufgeschraubten Sprühpistole gearbeitet wird. Hier wird die Flüssigkeit durch den manuellen Pumpvorgang mit geringem Druck durch eine vergleichsweise grosse Düsenöffnung kegelförmig streuend bzw. sprühend ausgebracht. U Der Einsatz von alkoholischen Flächen-Desinfektionsmittel zum Sprühen ist für die Desinfektion von kleineren Flächen weder ineffizient, verboten noch eingeschränkt. Manuelle Instumenten­ desinfektion S Manuelle Instumentendesinfektion Medizinische Instrumente (z. B. Schere, Pinzette) und Chirurgische Instrumente (z .B. Klemmen) müssen sofort nach Benutzung in eine dafür geeignete Desinfektionslösung gelegt werden. Dadurch wird eine Keimverschleppung und somit das Infektionsrisiko für Personal und Patienten um ein vielfaches reduziert. Ausserdem wird die Antrocknung von Blut, Eiter, Sputum und anderen Sekreten verhindert. Hierbei handelt es sich um eine chemische Aufbereitung! E T Zur Instrumentendesinfektion werden Desinfektionsmittel mit einem breiten Wirkungsspektrum verwendet (z. B. Aldehyde, Phenolderivate). In einem Wannenbad (*Tauchbad: Wanne mit Deckel und herausnehmbaren Siebeinsatz) werden die Desinfektionsmittel angesetzt. R Wiederum ist es unerlässlich, dass die vom Hersteller vorgeschriebenen Anwenderkriterien sowie die Vorgaben aus dem praxiseigenen Hygieneplan eingehalten werden. Zum Beispiel: • Dosierung, • Einwirkungszeit • Kriterien zum Austausch / Erneuerung de Lösung • Vorgaben zur persönlichen Schutzausrüstung • Validierung Die maschinelle Desinfektion ist der manuellen vorzuziehen! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Flächendesinfektion 163 Lehrkraftausgabe Flächendesinfektion Aufgrund der meist toxischen Wirkung von Instrumentendesinfektionsmittel auf die Haut, ist es besonders wichtig, dass sowohl bei der Herstellung von Lösungen, als auch im Umgang mit diesen sowie bei der Handhabung der Instrumente, flüssigkeitsdichte Handschuhe getragen werden. M Einsatz von Desinfektionsmittelwirkstoffen • Folgt auf die Desinfektion eine Sterilisation, kommen Wirkstoffe wie Aldehyde, Amine, Quads / Biguanide, Oxidanzien oder Phenole zum Einsatz. • Folgt auf die Desinfektion keine Sterilisation sind Aldehyde oder Oxidanzien zu wählen. Amine und Aldehyde sind nicht miteinander kompatibel. Beim gleichzeitigen Einsatz kann es zu irreversiblen bräunlichen Verfärbungen kommen! U E T S Das Tauchbad wird in der Regel mit kaltem Wasser hergestellt und muss zugedeckt sein. Somit wird dem Abdampfen der Wirkstoffe vorgebeugt. Ist eine Desinfektionsmittellösung getrübt, so kann man nicht davon ausgehen, dass diese unwirksam ist. Dieser Nachweis muss durch einen bakteriologischen Test erbracht werden. In der Regel wird die Desinfektionslösung alle sieben Tage frisch angesetzt. Ist sie jedoch sichtbar verunreinigt (Blut, Eisweiss, Geweberesten) muss sie unverzüglich frisch angesetzt werden. Ein neu zubereitetes Tauchbad wird beschriftet mit: • Produkt inklusive Konzentration • Datum der Zubereitung • Einwirkzeit • Initialen / Visum der durchführenden Person Der Desinfektionslösung darf kein Reinigungsverstärker beigemischt werden. Ausser es wird dies vom Hersteller ausdrücklich empfohlen und beschrieben. R Nach Beendigung der Einwirkzeit werden die Instrumente mit Leitungswasser gereinigt, mit demineralisiertem Wasser abgespült und mit einem weichen, fuselfreien Tuch gründlich abgetrocknet. *Hinweis: Details zur Instrumentenaufbereitung und zur Wasserqualität finden Sie in diesem Lehrmittel, im Kapitel 9! 164 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Desinfektion *Bei einem desinfizierenden Tauchbad müssen alle Gegenstände vollständig mit Lösung bedeckt sein. Schläuche und anderer Hohlräume müssen sorgfältig mit der Lösung gefüllt werden. Scheren, Klemmen, usw. sind mit geöffneten Gelenken einzulegen und Luftblasen an Instrumenten sind zu entfernen. Wichtig: Eine Überdosierung des Desinfektionsmittel kann zu Korrosionsschäden an den Instrumenten führen und eine Unterdosierung zu einer ungenügenden Desinfektion. U M E T S Aufgabe 5.10.1 Lösen Sie die folgen Aufgaben zu den Verdünnungsreihen. Lösung Mischverhältnis Wasser / Des.-Mittel 2 Liter 1 % 2 Liter 10 % Verdünnung R Menge Desinfektionsmittel 4 Liter 3 % 1 Liter 2 % 5 Liter 4 % 3 Liter 5 % Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Flächendesinfektion 165 Lehrkraftausgabe Flächendesinfektion Aufgabe 5.10.2 Zusammenfassung: Fehler bei der Desinfektion. Welche Auswirkungen haben die folgenden Fehlerquellen auf die Ergebnisse? Fehlerquelle Auswirkung Falsche Dosierung Zu niedrig: Wirkungsverlust, ungenügende Desinfektion Zu hoch: Geruchsbelästigung, Korrosionsschäden an den M Instrumenten Falsche Temperatur Durch zu warmes Wasser verdunstet das Desinfektionsmittel verstärkt U Seifenfehler Gewisse Desinfektionsmittel flocken aus, wenn sie mit Seifen(-Rückstände) vermischt werden und verlieren somit ihre desinfizierende Wirkung. S Eiweissfehler Bei hoher Eiweisskonzentration (durch Blut, Sekret, Stuhl) reagieren sich gewisse Desinfektionsmittel an den Eiweissen E T ab statt an den Mikroorganismen. Somit ist die desinfizierende Wirkung eingeschränkt. Ungenügende Bedeckung Ungenügende Einwirkzeit Lufteinchlüsse oder unvollständige Bedeckung der Instrumente verunmöglichen eine vollständige Desinfektion. Ungenügende Desinfektion R 166 Desinfektion Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte 6 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte M U Instrumente werden bei Gebrauch potenziell mit Krankheitserregern kontaminiert. Findet vor erneutem Einsatz keine fachgerechte Aufbereitung statt, fungieren sie als Infektionsquellen. Durch die aufbereitenden Massnahmen wird ein Medizinprodukt in einen Zustand versetzt, dass von ihm keine Gesundheitsgefahr mehr ausgeht. Zu den Massnahmen zählen insbesondere der Reinigungs-, Desinfektions- und Sterilisationsprozess. Die Massnahmen sind im praxiseigenen Hygieneplan beschrieben und für alle Praxismitarbeitenden zwingend einzuhalten. 6.1 Sorgfaltspflicht = Schutz von Patient und Anwender Werterhaltung der Produkte = Wiederaufbereitung, Instandhaltung, Abänderung Ausstattung der Arztpraxis mit geeignete Räume und Geräte Ausbildung und Schulung des Praxis-Personals Gesetzliche Grundlagen E T • • • • S Um den Wiederaufbereitungsprozess erfolgreich zu gestalten, müssen folgende Aspekte berücksichtig werden: Gesetzliche Grundlagen R ➡ Sorgfaltspflicht, Heilmittelgesetz (HMG), Artikel 3: Wer mit Heilmitteln umgeht, muss dabei alle Massnahmen treffen, die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlich sind, damit die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet wird. Zur Umsetzung stehen Normen und Vollzugshilfen (Leitfäden, Wegleitungen, Empfehlung) zur Verfügung. Arzneimittel sowie Medizinprodukte fallen somit unter das Heilmittelgesetz! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Gesetzliche Grundlagen 167 Lehrkraftausgabe Gesetzliche Grundlagen Arzneimittel HMG, Artikel 4a: Arzneimittel sind Produkte chemischen oder biologischen Ursprungs, die zur medizinischen Einwirkung auf den menschlichen oder tierischen Organismus bestimmt sind oder angepriesen werden, insbesondere zur Erkennung, Verhütung oder Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen; zu den Arzneimitteln gehören auch Blut und Blutprodukte. → pharmakologische Wirkung M HMG, Artikel 4b: Medizinprodukte U Sind Produkte, einschliesslich Instrumente, Apparate, In-vitro-Diagnostika, Software und andere Gegenstände oder Stoffe, die für die medizinische Verwendung bestimmt sind oder angepriesen werden und deren Hauptwirkung nicht durch ein Arzneimittel erreicht wird. → physikalische Wirkung E T S ➡Werterhaltung Die Medizinprodukteverordnung (MepV) trägt ebenfalls zu einem sicheren Umgang mit Medizinprodukten bei. Sie regelt: • Wiederaufbereitung (Artikel 19) • Instandhaltung (Artikel 20) • Abänderung (Artikel 20a) ➡Wiederaufbereitung MepV Art. 19: R ¹ Wer als Fachperson ein zur mehrmaligen Verwendung bestimmtes Medizinprodukt mehrfach verwendet, sorgt vor jeder erneuten Anwendung für die Prüfung der Fähigkeit und die korrekte Wiederaufbereitung. ² Als Wiederaufbereitung gilt jede Massnahme der Instandhaltung, die notwendig ist, um ein gebrauchtes oder neues Medizinprodukt für seine vorgesehene Verwendung vorzubereiten, insbesondere Aktivitäten wie Reinigung, Desinfektion und Sterilisation. ³ Die Prozess- und Validierungsdaten der Sterilisation sind aufzuzeichnen. Wer Medizinprodukte für Dritte wiederaufbereitet, hat sich über ein bestandenes Konformitätsbewertungsverfahren gemäss Anhang 3 für die Aufbereitung und Sterilisation von Medizinprodukten auszuweisen. 4 168 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Medizinproduktehersteller müssen dem Anwender Informationen zur Wiederaufbereitung der Produkte zur Verfügung stellen. Diese Angaben müssen vom Anwender im Wiederaufarbeitungsprozess mitberücksichtig werden. Instandhaltung Art. 20: M ¹ Wer Medizinprodukte als Fachperson anwendet, sorgt für die vorschriftsgemässe Durchführung der Instandhaltung und der damit verbundenen Prüfungen. ² Die Instandhaltung hat nach den Grundsätzen der Qualitätssicherung zu erfolgen, ist betriebsintern zweckmässig zu planen und zu organisieren und richtet sich insbesondere: a. nach den Anweisungen der Person, die das Produkt erstmals in Verkehr gebracht hat; U b. nach dem Risiko, das dem Produkt und seiner Verwendung eigen ist. S ³ Die Ergebnisse der Instandhaltung und der damit verbundenen Prüfungen, festgestellte Mängel und Störungen sowie getroffene Massnahmen sind aufzuzeichnen für: a. aktive Medizinprodukte; b. kalibrierbare Medizinprodukte mit Messfunktion; E T Für Medizinprodukte mit Messfunktion sind Prüfverfahren, gemäss der Verordnung vom 17. Dezember 1984 über die Qualifizierung von Messmitteln (Eichverordnung), vorgesehen. 4 Für aktive Medizinprodukte, z. B. Sterilisatoren, Reinigungs- und/oder Desinfektionsgeräte, Thermodesinfektoren gilt: R Werden bei der Instandhatlung nicht die Anweisungen des Herstellers befolgt, entstehen neue Risiken. In diesem Falle muss eine neue Risikobewertung, gemäss MepV, Art. 20a, Abänderung,erfolgen. Sie beinhaltet deren Analyse und Tragbarkeit der Restrisiken sowie die Dokumentation der Ergebnisse. MepV, Abänderung Art. 20a: Wer Medizinprodukte so abändert oder abändern lässt oder wiederaufbereitet oder wiederaufbereiten lässt, dass sie nicht mehr dem vorgesehenen Zweck dienen oder die vorgesehene Leistung erbringen, muss die Anforderungen für das erstmalige Inverkehrbringen erfüllen. Wer Artikel, die vom Hersteller zum einmaligen Gebrauch (single-use) deklariert sind, wiederaufbereitet, muss ebenfalls nach Artikel 20a handlen. Er wird somit zum neuen Hersteller* des Artikels. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Gesetzliche Grundlagen 169 Lehrkraftausgabe Einstufung nach Risiken Dies bedeutet, er muss die Anforderungen erfüllen, die zur erstmaligen Inverkehrbringung von Medizinprodukten verlangt werden. Da dies sehr aufwendige Prozesse sind, wird dieses Vorgehen für kleinere Institutionen kaum möglich sein. *Als Hersteller gilt jede Person oder Firma, die ursprünglich konforme Produkte in eigener Verantwortung ändert. 6.2 M Einstufung nach Risiken Einstufung nach Risiken Bevor ein Medizinprodukt wiederaufbereitet wird, erfolgt dessen Risikobeurteilung. Anhand dieser Einstufung gestaltet sich der weitere Prozess. Aufgrund der Anwendungsart und dem daraus resultierendem Risiko wird grob in drei Gruppen unterschieden: Sie kommen bei der Anwendung nur oberflächlich mit der Haut in Kontakt. semikritische Medizinprodukte Sie kommen während der Anwendung mit der Schleimhaut oder mit nicht intakter Haut in Kontakt. Weitere Unterteilung in Gruppe A und B U unkritische Medizinprodukte S kritische Medizinprodukte E T Sie durchbrechen die Haut/Schleimhaut und kommen dabei in Kontakt mit Blut / innerem Gewebe / Organen (inklusive Wunden) oder sie kommen bei der Anwendung von Blut, Blutprodukten oder weiteren sterilen Arzneimitteln/Medizinprodukten zur Anwendung. Weitere Unterteilung in Gruppe A, B und C Diese Produkte müssen bei der Anwendung steril sein! Durch die Einteilung in die Gruppe A, B oder C wird die differenzierte Aufbereitung ersichtlich: keine besonderen Anforderungen nötig: glatte, massive Instrumente Gruppe B: erhöhte Anforderungen: Hohlräume, raue Oberflächen, komplexer Aufbau Gruppe C: besonders hohe Anforderungen: Eine Dampfsterilisation ist nicht möglich. Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte R 170 Gruppe A: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Risikoklasse Beispiele Massnahmen unkritische MP • Stethoskop • Blutdruckmanschette • EKG-Elektroden • Messschieber Reinigungsverfahren mit anschlies­sender Desinfektion zur Elimination der wichtigsten pathogenen Erreger → intermediate-level Desinfektion semikritische MP • Mundspatel • Spekulum M Gruppe A Aufbereitung ohne besondere Anforderungen Gruppe B • Endoskop • Tubus nicht fixierendes Reinigungsverfahren mit anschliessender chemischer oder thermischer Desinfektion zur Elimination aller Mikroorganismen ausser einigen Sporen → high-level Desinfektion U erhöhte Aufbereitungsanforderungen da: • Reinigungseffektivität nicht beurteilbar (lange, enge Lumen, Hohlräume) • die Sicherheit beeinflussende Effekte (geknickte Schläuche, empfindliche Oberflächen) vorhanden sind • die Anzahl der Aufbereitungszyklen begrenzt ist S kritische MP Gruppe A Aufbereitung ohne besondere Anforderungen Gruppe B • Trokare • Endoskopzangen nicht fixierendes Reinigungs- und Desinfektionsverfahren mit anschliessender Sterilisation zur Elimination aller Keime inklusive Sporen E T • Wundhaken • chirurgische Pinzetten • Skalpellgriffe • chirurgische Scheren Gruppe C • Herzkatheter besonders hohe Anforderungen: Gruppe B und zusätzlich thermolabil R erhöhte Aufbereitungsanforderungen da: • die Reinigungseffektivität nicht beurteilbar (lange, enge Lumen, Hohlräume) ist • die Sicherheit beeinflussende Effekte (geknickte Schläuche, empfindliche Oberflächen) vorhanden sind • die Anzahl der Aufbereitungszyklen begrenzt ist In ambulanten Betrieben ist die Aufarbeitung der Gruppe C aufgrund der hohen Anforderungen meist nicht möglich. (fehlende Fachkunde und technische Ausstattung, externe Qualitätssicherung) Jedes Instrument ist nach Gebrauch individuell nach Risiken einzustufen. So kann zum Beispiel ein für üblich semikritisches Medizinprodukt der Gruppe A, durch das Vorhandensein von Blut, in die Gruppe «kritisch» fallen. Das wiederum stellt andere Anforderungen an den Aufbereitungsprozess. Im Zweifelsfall soll der «Worst Case» angenommen werden! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Einstufung nach Risiken 171 Lehrkraftausgabe Räumlichkeiten Bei den jeweiligen Massnahmen müssen die produktspezifischen Aufbereitungsempfehlungen des Herstellers eingehalten werden. Werden die wesentlichen Punkte vom Anwender befolgt, ruht die Produktehaftung beim entsprechenden Hersteller! Hält sich der Anwender nicht an die Vorgaben, so übernimmt dieser die Haftung. Der Medizinproduktehersteller wiederum ist verpflichtet, den Anwendern die Empfehlungen zur Verfügung zu stellen. In der Norm DIN EN ISO 17664 wird festgehalten, welche Informationen in welcher Form erteilt werden müssen. M Räumlichkeiten 6.3 Räumlichkeiten U Der Aufbereitungsprozess muss ausserhalb der Behandlungszone erfolgen. Wenn möglich, sollte ein separater Raum zur Verfügung stehen. Der Arbeitsplatz wird in drei Zonen aufgeteilt. Die Unterteilung kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Optimal ist die Abtrennung mittels Plexiglasscheiben. Aber auch farbliche Markierungen lassen eine Unterscheidung zu. Bewährt haben sich die Farben rot, gelb und grün. R E T S Dabei gilt es folgende Anforderungen zu beachten: • Eine logische Folge der Arbeitsschritte muss möglich sein. • Eine Rekontamination von bereits desinfiziertem/sterilisiertem Material muss ausgeschlossen werden. • Sich kreuzende Transport-/Verkehrswege des Personals müssen zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen vermieden werden. • Räumlichkeiten inklusive Flächen und Geräte dürfen nur zum Wiederaufbereitungszweck verwendet werden. • Sämtliche Flächen (Fussboden, Wände, Arbeitsflächen) müssen fugendicht, leicht abwischbar und leicht zu desinfizieren sein. 172 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte 6.4 Wasser / Prozesschemikalien Wasser / Prozesschemikalien Wasser U M Die Wasserqualität hat einen bedeutenden Einfluss im Aufbereitungsprozess und trägt zur Werterhaltung der Instrumente bei. Das Wasser kommt in verschiedenen Schritten zum Einsatz: • zum Lösen von wasserlöslichen Ablagerungen • als Lösungsmittel für Prozesschemikalien (Reinigungsund Desinfektionskonzentrate) • zum Abspülen von Prozesschemikalien • als Überträger von Temperatur und Mechanik auf des Instrumentengut • zur Herstellung von Dampf für die Sterilisation • als keimtötender Faktor bei der thermisch-maschinellen Desinfektion E T S Anforderungen an die Wasserqualität: Grundsätzlich muss das eingesetzte Wasser mindestens den Trinkwasseranforderungen entsprechen. Zur Schlussspülung und zur Dampfsterilisation wird vollentsalztes Wasser verwendet. Es sind jedoch zusätzlich immer die Anweisungen der Gerätehersteller miteinzubeziehen (gemäss Norm SN EN 13060). Demineralisiertes Wasser – entionisiertes Wasser – vollentsalztes Wasser (VE-Wasser) Das normale Leitungswasser enthält gelöste Mineralien (Salze, Ionen) und Gase sowie geringe Mengen an apathogenen Keimen. Der Mineraliengehalt kann sich negativ in der Instrumentenaufbereitung niederschlagen. Deshalb werden in Arztpraxen oft sogenannte Ionenaustauscher (Säulen, die mit einem Ionenaustauschermaterial gefüllt sind) eingesetzt, die Salzionen aus dem normalen Leitungswasser entfernen. R Destilliertes Wasser – Aquadest Vorgereinigtes oder normales Leitungswasser wird durch Destillation (Verdampfen und anschliessende Kondensation) weitgehend von Salzen, organischen Stoffen, Schwermetallen und Mikroorganismen befreit. Je nach gewünschtem Reinheitsgrad wird das Wasser mehrmals destilliert: • Aqua destillata • Aqua bidestillata • Aqua tridestillata einfach destilliertes Wasser zweifach destilliertes Wasser dreifach destilliertes Wasser Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Wasser / Prozesschemikalien 173 Lehrkraftausgabe Wasser / Prozesschemikalien Da die Herstellung von Aquadest aufwändig ist, wird es im Fachhandel bezogen. Prozesschemikalien Zu den Chemikalien zählen Reiniger, Spül- und Pflegemittel, Mittel zur Neutralisation und solche zur Desinfektion. Diese Produkte gelten ebenfalls als Medizinprodukte (MP) und müssen, bevor sie in den Handel kommen, entsprechend geprüft werden. Zum Einsatz sollen nur Produkte mit entsprechender Kennzeichnung kommen. = MP Klasse I CE-Kennzeichnung Desinfektionsmittel für MP = MP Klasse IIa CE-Kennzeichnung & Registernummer Desinfektionsmittel für invasive MP = MP Klasse IIb CE-Kennzeichnung & Registernummer U M Reiniger, Neutralisatoren, Spül- und Pflegemittel R E T S 174 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Die Medizinprodukte werden aufgrund ihres Gefahrendpotentials in vier Gruppen unterteilt: • Klasse I • Klasse IIa und IIb • Klasse III tiefe Gefährdung mittlere Gefährdung hohe Gefährdung Bei der Auswahl von Medizinprodukten ist zu beachten, dass diese eine entsprechende Kennzeichnung aufweisen. U M Für die Schweiz und den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) kommt die CE-Kennzeichnung zur Anwendung. Die Kennzeichnung sagt aus, dass ein Produkt den geltenden Richtlinien und Vorschriften entspricht. Zusätzlich zum CE-Zeichen wird teils eine Registernummer verlangt. Dabei handelt es sich um eine vierstellige Zahl, die auf die verantwortliche (benannte) Stelle rückschliessen lässt. Produkte, welche in der Schweiz in den Verkehr gebracht werden, haben als Zeichen der bestanden Konformitätsbewertung das Zeichen «MD» aufgedruckt. XYXY S CE-Kennzeichen ohne Registernummer für nicht-sterile Medizinprodukte der Klasse I ohne Messfunktion CE-Kennzeichen mit Registernummer für Medizinprodukte der Klassen IIa, IIb und III. Für diese drei Klassen sind Angaben über eine Benannte Stelle obligatorisch. E T Rechtlicht gilt das «CE» als ein «Verwaltungszeichen», welches den zuständigen Überwachungsbehörden die Konformität und Verkehrsfähigkeit des Produktes im europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anzeigt, tatsächlich hat es jedoch auch die Funktion eines «Gütesiegels». Die in einem Aufbereitungsprozess eingesetzten Chemikalien müssen aufeinander abgestimmt werden. Es empfiehlt sich, Prozesschemikalien nur eines Herstellers zu verwenden. R Es dürfen nur Medizinprodukte aufbereitete werden, welche dafür zugelassen sind. Produkte für den Einmalgebrauch müssen entsorgt werden. Dieses Symbol bezeichnet, dass das Produkt nur zum. Einmalgebrauch geeignet ist; nicht wiederverwendbar! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Wasser / Prozesschemikalien 175 Lehrkraftausgabe Wasser / Prozesschemikalien Aufgabe 6.4.1 Setzen Sie die Begriffe, in der nachfolgenden Tabelle, korrekt ein:: Reinigung - Desinfektion Transport Verpackung Kontrolle/ Dokumentation Freigabe Vorreinigung Prüfung auf Unversehrtheit/ Sauberkeit Verwendung Pflege & Instandhaltung Funktionskontrolle Trocknung Entsorgung Etikettierung Sterilisation Spülung Überprüfung M Lagerung Sammlung Medizinprodukte zum Einmalgebrauch sind fachgerecht zu entsorgen Vorreinigung Noch am Behandlungsort werden grobe Verschmutzungen entfernt, damit diese nicht eintrocknen. Sammlung trocken Entsorgung: kontaminierte Instrumente werden geöffnet in trockene Sammelbehälter abgelet (nicht werfen!) Transport der Sammelbehälter wird verschlossen zum Aufbereitungsraum transportiert U Entsorgung S Reinigung & maschinelle oder manuelle Prozesse inklusive Sammelbehälter Desinfektion Trocknung Sauberkeit/ Unversehrtheit Pflege & Instandhaltung Funktionskontrolle Verpackung 176 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte äusserlich sind die Instrumente manuell mit einem fuselfreiem Tuch zu trocknen Hohlinstrumente (Gruppe B!) mit Druckluft nach Herstellerangaben trocknen optische Prüfung unter ausreichender Beleuchtung: Verunreinigung, Korrosion, Spannungsrisse, Verformung, Brüche, Isolationsverlust →nur makroskopisch saubere Instrumente dürfen weiter verarbeitet werden. R Prüfung auf E T Spülung intensives Spülen zur Beseitigung von Reinigungs- und Desinfektionsmittelrückständen mit Trinkwasser Schlussspülung mit entionisiertem Wasser gezieltes, manuelles Auftragen von den von den Herstellern empfohlenen Pflegemittel auf Gelenken, Gewinden, Gleitflächen technisch-funktionelle Prüfung der beweglichen Teile geeignetes Sterilbarrieresystem & evtl. Schutzverpackung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Sterilisation Etikettierung Kontrolle/ Doku- kann auch vor der Sterilisation erfolgen zur Identifiaktion, Rückverfolgung zum Sterilisationsprozess und Haltbarkeit • Sichtkontrolle de Verpackung • Überprüfung der druchgeführten Kontrollen • Dokumentation (Tagesprotokoll) M mentation wenn möglich bei 134 °C, 18 Minuten unter gesättigtem Dampf inklusive Überwachung Lagerung Lagerung nach Angaben des Medizinprodukte- und Verpackungsmaterials- hersteller U Freigabe • wenn alle Kontrollen den Vorgaben entsprechen und diese schriftlich festgehalten wurden, erfolgt durch Unterzeichnung die Freigabe • die Dokumentation ist zu archivieren Verfallsdatum S Verwendung optische Kontrolle der Indikatoren & Verpackung Kontrolle der Funktion nach Herstellerangaben • die verwendete Charge wird in den Patientenunterlagen hinterlegt R E T Pflegemittel Silikonölhaltige Pflegemittel beeinflussen die Sterilisation. Bei der Auswahl ist zu beachten, dass sie: • dampfsterilisationsfähig sind • dampfdurchlässig sind • nicht gesundheitsschädlich sind • auf Paraffin- /Weissöl-Basis hergestellt sind • die Gelenke nicht verkleben Anwendung bei Metallinstrumenten: Instrumente zur Vermeidung von Metallabrieb auf Raumtemperatur abkühlen lassen. • Pflegemittel wird manuell mit Hilfe von einem Ölstift, einer Tropfflasche, einer Sprühdose mit Rüssel oder ähnlichem, gezielt aufgetragen. (Gelenke, Gewinde, Schlüsse, Gleitflächen) • Durch Bewegung der entsprechenden Instrumentenbestandteile wird das Mittel gleichmässig verteilt. • Zum Schluss wird überschüssiges Mittel mit einem fusselfreien Tuch beseitigt. • Achtung: Instrumentenpflegmittel dürfen nicht bei Gummi- und Latexprodukten eingesetzt werden. Gummi / Latex quillt durch die Pflegemittel auf und die Oberfläche wird zerstört. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Wasser / Prozesschemikalien 177 Lehrkraftausgabe Manueller Reinigung- und Desinfektionsprozess Fabrikneue Instrumente Medizinprodukte, die fabrikneu sind, müssen vor der ersten Instandsetzung den gesamten Aufbereitungszyklus durchlaufen haben. Dabei werden mögliche Rückstände aus der Herstellung, von Pflegemitteln oder von Verpackungsmaterialien entfernt. M 6.5 Manueller Reinigung- und Desinfektionsprozess Grundsätzlich sind drei verschiedene Varianten möglich: U E T S Desinfektionsbad - Reinigung In Arztpraxen ist dies die am häufigsten praktizierte Methode. Zu beachten ist, dass durch die Desinfektion Verschmutzungen an den Instrumenten fixiert werden und die anschliessende Reinigung somit erschwert wird. R Die Instrumente werden nach Gebrauch für eine vorgegebene Zeit in die Desinfektionslösung eingelegt. Anschliessend erfolgt die Reinigung unter der Flüssigkeitsoberfläche mit geeigneten Handschuhen (möglichst durchstichsicher, flüssigkeitsdicht, desinfektionsmittelbeständig, mit verlängertem Schaft). Auf die Auswahl des Desinfektionsmittels ist besonders viel Gewicht zu legen. Reinigung - Desinfektionsbad Steht eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung und fallen grosse Mengen an zu Reinigenden Instrumente an, ist dieses Vorgehen zu bevorzugen. Durch die Reinigung werden erst die Verschmutzungen entfernt und das Desinfektionsmittel kann seine voll Wirkung entfalten. Da bei diesem Verfahren die Gefahr vom Verspritzen oder Versprühen von infektiösen Materialien / Flüssigkeiten besteht, sind besondere Vorkehrungen zu treffen: Zur Reinigung muss zusätzlich zu den Handschuhen eine persönliche Schutz- 178 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte ausrüstung getragen werden. Diese besteht aus Mundschutz, Schürze und Sichtschutz. Beim Ausziehen der Ausrüstung ist achten, dass keine Kontamination der Haut oder Berufskleidung stattfindet. Reinigungsbad - Desinfektionsbad - Reinigung Bei besonders starker Verschmutzung kann zuerst eine Behandlung im Reinigungsbad erfolgen. 6.6 U M Aufbereitung durch Dritte Eine Gesundheitseinrichtung kann Medizinprodukte für Verbraucher anderer Einrichtungen aufbereiten. Jedoch muss der Auftragnehmer zur Sterilisation eine Zertifikation «zur Aufbereitung und Sterilisation von Medizinprodukten» vorweisen können (gemäss SN EN ISO 13485). Dabei handelt es sich um sehr aufwendige Verfahren, die für kleinere Unternehmungen nicht rentabel sind. Liegt keine entsprechende Zertifikation vor, ist eine Reinigung und Verpackung von Fremdprodukten grundsätzlich möglich, nicht jedoch die Sterilisation. Oberflächenveränderungen an Instrumenten Oberflächenveränderungen an Instrumenten S Instrumente zum Mehrmalgebrauch bestehen mehrheitlich aus nichtrostendem Stahl. Chemische, physikalische und thermische Einflüsse können zu Veränderungen der Instrumenten­ oberfläche führen. Ursachen sind: • Aufbereitung erfolgt nicht umgehend (Antrocknung!) • aldehydhaltige Desinfektionsmittel (Proteinfixierung!) • verschmutze Reinigungs-/Desinfektionsbäder • unzureichende Reinigung vor der Desinfektion • Proteinfixierung durch anfänglich zu hohe Wassertemperaturen • Instrumente werden zur Reinigung nicht geöffnet/zerlegt R E T Beläge durch organische Rückstände Durch Operationsrückstände (Blut, Eiweiss, Kochsalz-/Arzneimittelrückstände) verursachte Rost. Beläge durch Chemikalienrückstände Es entstehen helle bis dunkelgraue, flächendeckende, fleckende oder punktuelle, Veränderungen. Ursachen sind: •Spülschatten • falsche Beladung • ungenügende Spülprozesse Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Oberflächenveränderungen an Instrumenten 179 Lehrkraftausgabe Oberflächenveränderungen an Instrumenten Durch Kalk bedingte Wasserflecken Es entstehen milchig weisse bis graue, flächige oder fleckige, Beläge. Durch eine Schlussspülung mit entionisiertem Wasser können diese Flecken vermieden werden. Zur Sterilisation sollte ebenfalls entionisiertes Wasser verwendet werden, da der hohe Kaltgehalt im Dampf sich auf den Instrumenten ablagert. U M Korrosionen R E T S Wird die Instrumentenoberfläche durch Stoffe aus seiner Umgebung zerstört, spricht man von einer Korrosion. Instrumente können dadurch zerstört und unbrauchbar gemacht werden. Verschiedenen Faktoren können zur Korrosion führen. 180 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Lochkorrosion Durch die Einwirkung von Halogenid-Ionen (insbesondere von Chloriden aber auch Jodide) oder längerdauernde Anhaftung organischer Rückstände, können nadelstichartige Löcher auf der Instrumentenoberfläche auftreten. Die Löcher sind oft mikroskopisch klein. Um die Löcher bilden sich häufig kreisförmige, rotbraune Ablagerungen. Zur Vermeidung der Lochkorrosion werden die Instrumente nach Gebrauch umgehend gereinigt und von chloridhaltigen Rückständen befreit. Zur Schlussspülung und Dampfsterilisation wird demineralisiertes Wasser eingesetzt. U M Reibkorrosion E T S Chlorid Vor allem hohe Chloridkonzentrationen- und Antrocknungen führen zum «Lochfrass». Chloride kommen vor in Blut und Wasser aber auch physiologischer Kochsalzlösung. Ungenügende Schmierung resp. Fremdkörperansammlungen in der sich gegeneinander bewegenden Metallflächen, führt zum Abrieb feinster Metallpartikel. Dies Partikel rauen die Oberfläche auf und zerstören sie somit. Um blank geriebene Bereiche in Gelenken, Schlüssen oder Gleitbahnen, wird Braunverfärbungen / Rostbildung sichtbar. R Spannungskorrosion Die Spannungskorrosion führt zu mehrheitlich sichtbaren Brüchen oder Rissen an: • Verbindungsstellen (z. B. Niet- /Schraubenverbindungen bei Gelenken, Schweiss- /Lotverbindungen • Stellen mit schwächstem Materialquerschnitt wie die Arbeitsenden Durch das Ergreifen folgender Massnahmen kann die Spannungskorrosion vermieden werden: • Instrumente mit Gelenken im geöffnet Zustand reinigen / desinfizieren • zur Sterilisation Instrumente nicht mehr als im ersten Zahn einrasten • Chloridbelastungen möglichst vermeiden • bei der Anwendung auf eine übermässige Biegung verzichten • Gelenke regelmässig pflegen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Oberflächenveränderungen an Instrumenten 181 Lehrkraftausgabe Oberflächenveränderungen an Instrumenten Flächenkorrosion Bei der Flächenkorrosion entsteht ein Angriff auf die gesamte Metalloberfläche. Dies äussert sich durch gleichmässige, mattgraue Veränderungen. Diese werden durch die Anwesenheit von Feuchte begünstigt. M Kontaktkorrosion Die Korrosion tritt im Bereich auf, wo sich zwei Instrumente aus nichtrostendem Stahl während der maschinellen Reinigung berühren. Typisch ist im Kontaktbereich eine kleine punkt- oder ringförmige, braunblaue Verfärbung mit schwachen Rostringen/-inseln. U Flugrost - Korrosion Flugrost äussert sich durch stellenweise bis flächige, braune Rostpartikel. Er bildet sich, indem wärend dem Reinigungs-, Desinfektions- oder Sterilisationsvorgang der Rost von den befallenen Instrumenten / Maschinen ablöst und sich an weiteren Instrumenten mit Oberlächenverletzungen ablagert. S Um Flugrost zu vermeiden, können folgenden Massnahmen getroffen werden: • Rostbefallene Instrumente behandlen oder aussondern. • Rosteintrag über Leitungswasser in Reingungs-, Desinfektions- oder Sterilisationsgerät durch Verwendung von Filtern etc. vermeiden. E T Spaltkorrosion Durch Feuchtigkeit oder Fremdkörper (chloridhaltige Rückstände, Salzbelastung) bildet sich in den engen Spaltbreiten (Pinzetten, Gelenkspalten) brauner Rost, welcher aus den Spalten hervorquillt. Folgerost Stehen Instrumente direkt und grossflächig in Kontakt mit stark verrostetem Material, können im Berührungsbereich Folgerostschäden auftreten. R 182 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte 6.7 Veränderungen an Gummi-Produkten Im Vergleich zu Instrumenten aus Metall haben Gummi-Produkte eine kürzere Lebensdauer und müssen vorzeitig ausgetauscht werden. Alterung: U M Anzeichen sind: • Risse • bräunliche Verfärbung, Vergilbung • Erweichung / Verhärtung. R E T S Quellung: Treten Gummiflächen in Kontakt mit Parffinöl, Vaseline oder bestimmten Chemikalien (Desinfektions-/Lösungsmittel), können sie irreversibel anschwellen und werden unbrauchbar. Bei der Behandlung von Gummiprodukten sind die Anweisungen des Herstellers zu beachten. Spannungsrisse: ungenügende Spülung, hohe Temperaturen, Chemikalien können im Aufbereitungsvorgang zu Rissen an Stellen mit erhöhter Spannung führen. Hier sind ebenfalls die Herstellerangaben zu berücksichtigen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Veränderungen an Gummi-Produkten 183 Lehrkraftausgabe Veränderungen an Gummi-Produkten Vorgehen bei Veränderungen Vorgehen bei Veränderungen 1 Erschienungsbild analysieren und zuordnen 2 Ursache ermitteln M 4 Vorbeugende Massnahmen einführen Aufbereitungsprozess optimieren U 3 Massnahmen zur Beseitigung • der Ursachen • der Oberflächenveränderung R E T S 184 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention 7 Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention M Durch gezielte Massnahmen wie Reinigung, Desinfektion und/oder Sterilisation sowie korrekter Umgang mit Abfällen sorgt die betriebliche Hygiene fuur die Aufrechterhaltung der Gesundheit des Personals und der Patienten. U R E T S Um den hygienischen Anforderungen gerecht zu werden, sind bei der Ausstattung einer Arztpraxis einige funktionelle und bauliche Massnahmen zu berücksichtigen. Zudem muss ein individueller Hygieneplan mit den dazugehörenden Stellenbeschreibung(en) ausgearbeitet werden. Im praxiseigenen Organigramm ist festgehalten, welches Teammitglied für die Hygienemassnahmen und das entsprechende Qualitätsmanagement verantwortlich ist. * Hinweis: Beachten dazu das Kapitel 2.4, im Lehrmittel Praxisadministration – Betriebliche Prozesse. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Veränderungen an Gummi-Produkten 185 Lehrkraftausgabe Wartezimmer / Garderobe In der Arztpraxis wird nicht geraucht! Am Empfang, im Labor und in Zimmern, wo ein Patientenkontakt stattfindet, wird nicht gegessen und nicht getrunken! M 7.1 Wartezimmer / Garderobe Oftmals ist das Wartezimmer in einer Arztpraxis ein eher enger Raum mit einer beschränken Lüftungsmöglichkeit, wo sich viele Patienten während längeren Zeiten aufhalten. Diese Gegebenheiten fördern die Übertragung von Infektionskrankheiten durch Aerosole oder Tröpfchen, aber auch durch direkten oder indirekten (Körper-) Kontakt. U Beachten Sie, dass Patienten mit einer akut ansteckenden Krankheit, respektive Patienten mit einem geschwächten Immunsystem, nicht ins Wartezimmer gesetzt werden. S R E T Achten Sie zudem darauf: • dass regelmässig gelüftet wird. • dass keine Plüsch-/Stofftiere zum Spielen zur Verfügung stehen. • dass abwaschbares Spielzeug vorhanden ist. Bei sichtbarer Verschmutzung muss dieses sofort gereinigt und desinfiziert werden. • dass «abgelutschte» Gegenstände (Spielsachen) konfisziert, gereinigt und desinfiziert werden. • dass das Wartezimmer mit abwaschbarem und desinfizierbarem Mobiliar ausgestattet ist. • dass nur Pflanzen in Hydrokulturen vorhanden sind – falls überhaupt! • dass ein geschlossener, abwasch- und desinfizierbarer Abfalleimer mit Fusspedal zur Verfügung steht. • dass eine grosszügig dimensionierte Kleiderablage vorhanden ist sowie ein Ständer für Regenschirme und ausreichend Kleiderbügel! Immer am Ende des Halbtages werden alle Ablageflächen, Stuhllehnen, Türfallen etc. desinfiziert. Spielsachen werden in Kinderarztpraxen täglich, ansonsten mindestens einmal pro Woche, gewaschen (z. B. in einem Wäschesack in der Waschmaschine) und/ oder desinfiziert. Verwenden Sie dazu ein geeignetes Desinfektionsmittel. 186 Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention Hinweis: Machen Sie die Mütter, z. B. mit einem Anschlag im Wartezimmer, darauf aufmerksam, dass sie aus hygienischen Gründen und zum Schutz ihrer Kinder dafür sorgen: • dass ihr Kind die Spielsachen nicht in den Mund nimmt. • dass sie ihr Kinde nicht in der Arztpraxis «füttert» (verpflegt). • dass sie mit dem Kind nach dem Arztbesuch die Hände waschen geht. Toiletten für Personal und Patienten Toiletten für Personal und Patienten M 7.2 Getrennte Räumlichkeiten für Patienten und Personal! U Patienten-Toiletten sind so anzuordnen, dass sie vom Wartezimmer und vom Labor aus einfach zu erreichen sind und dass sie mit einer «Durchreiche» (ins Praxislabor) ausgestattet ist. Personal-Toiletten sind so anzuordnen, dass die Entfernung vom Arbeitsplatz nicht mehr als 100 m oder eine Geschosshöhe beträgt und so, dass das Gebäude nicht verlassen werden muss. S E T Toiletten und Pissoire sind von Arbeitsräumen und Aufenthaltsbereichen durch einen Vorraum zu trennen. Sie sind durch Wände vollständig von den Garderoben abzutrennen und sollen nicht über Garderoben zugänglich sein. Personaltoiletten z. B. im Gastgewerbe, in Spitälern, Arztpraxen, Warenhäusern, Bahnhöfen, Fitnessstudios oder Tankstellen dürfen nicht öffentlich zugänglich sein oder von Patienten benutzt werden. R Zudem gelten für Personal- und Patiententoilette folgende Hygiene-Bestimmungen: • Handwaschbecken mit Einhebelbedienung oder Sensor • Seifen- und Desinfektionsmittelspender an der Wand, welche mit dem Ellbogen zu bedienen sind oder automatisch funktionieren • Papiertücher, (Endlostücher mit Sensor) • geschlossener, abwasch- und desinfizierbarer Abfalleimer mit Fusspedal aus Kunststoff oder Metall • Belüftungsmöglichkeit - fensterlose Toilettenbereiche sind mechanisch zu lüften • Regelmässige Kontrollgänge auf Sauberkeit inklusive Dokumentation Toiletten werden immer am Ende des Halbtages sowie nach dem Toilettengang von Kindern oder Betagten kontrolliert und dokumentiert. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Toiletten für Personal und Patienten 187 Lehrkraftausgabe Allgemeine Praxisräume und Voraussetzungen Gesetzliche Grundlagen und Richtlinien zu Toilettenanlagen für Personal und Publikum Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV3) Planungs- und Baugesetz (PBG) Besondere Bauverordnung l (BBV I) Hygieneverordnung (HyV) Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) SIA 500:2009 Hindernisfreie Bauten Vereinigung Schweiz. Sanitär- und Heizungsfachleute (VSSH), SI-Handbuch 7.3 M Allgemeine Praxisräume und Voraussetzungen Allgemeine Praxisräume und Voraussetzungen U Zum Patientenschutz und zur Vermeidung einer beruflichen Exposition von Mitarbeitenden gegenüber biologischen Flüssigkeiten, müssen für die einzelnen Arbeitsplätze Empfehlungen erarbeitet, sichere Arbeitstechniken entwickelt und persönliche Schutzmassnahmen ergriffen werden. Unfallereignisse müssen analysiert und Massnahmen zur Vermeidung getroffen werden. Diese Prozesse werden im praxiseigenen Hygieneplan beschrieben und sind von allen Mitarbeitenden zwingend einzuhalten. *Mehr dazu erfahren Sie in diesem Lehrmittel im Kapitel 11! *Mehr dazu erfahren Sie in diesem Lehrmittel im Kapitel 10! R E T S Des Weiteren sind folgende Punkte zu beachten: • Handwaschplätze sind dort bereitzustellen, wo es zu direktem Patientenkontakt oder dem direkten Umgang mit Körperflüssigkeiten oder infektiösem Material (z. B. in Laboratorien) kommt. Ausgestattet mit: >> Waschbecken mit Warm- und Kaltwasser sowie Benutzung ohne Handkontakt >> wandständiger Seifen- und Desinfektionsmittelbehälter mit handberührungsfreier Entnahme >> Papierhandtücher aus einem Spender >> geschlossener, abwasch- und desinfizierbarer Abfalleimer mit Fusspedal aus Kunststoff oder Metall • Durchstichsichere Entsorgungsbehälter für Kanülen, Skalpellklingen, Glasampullen etc. • Abfalleimer für medizinische Sonderabfälle • Einmalpapier auf den Liegen • Sichtschutz in Behandlungs- und Therapiezimmer (Vorhänge, Trennwände,…) aus glatten, vertikalen, nass zu reinigenden Lamellen (kein Stoff!) • Ausserhalb von Behandlungs- und Therapiezimmer ist ein textiler Sichtschutz erlaubt, sofern er regelmässig (vierteljährlich) gereinigt wird • Fugendichte, feucht abwischbare Fussböden, Arbeitsflächen und Wände (desinfektionsmittelbeständig) • Schränke zur Lagerung (keine Regale) • Inventar soll glatt und abwischbar sein (desinfektionsmittelbeständig) • keine Pflanzen in Erde / Trockengestecke (Belastung mit sporenbildenden Erregern!) 188 Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention • Hydrokulturen / Schnittblumen am Eingang, im Flur, in Schreibzimmer und Büro erlaubt Kunstpflanzen müssen engmaschig feucht gereinigt werden • Separater Kühlschrank für Medikamente / Impfstoffe / Laborchemikalien und Lebensmittel Medikamentenkühlschrank M Medikamentenkühlschrank • tägliche Überwachung und Dokumentation der Kühlschranktemperatur • regelmässige Überprüfung der Verfalldaten (mindestens zweimal pro Jahr) • zweimal jährlich Gefrierfach abtauen und monatlich den Kühlschrank reinigen Wichtig: Alle Reinigungsarbeiten sowie Kontrollen werden dokumentiert und viesiert! U 7.4 Personalumkleideraum Personalumkleideraum R E T S • Mitarbeitende müssen während der Arbeitszeit ihre Kleidung unzugänglich für andere aufbewahren können. • Die persönlichen Kleidung muss getrennt von der sauberen und benutzten Arbeitskleidung aufbewahrt werden können. • Benutzte Wäsche ist in widerstandsfähigen und dichten sowie eindeutig gekennzeichneten Behältnissen zu sammeln. • Waschbecken mit der nötigen Hygieneausstattung und einem geschlossenen, desinfizierbaren Abfalleimer mit Fusspedal muss vorhanden sein. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Personalumkleideraum 189 Lehrkraftausgabe Personalumkleideraum U M R E T S 190 Reinigung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Reinigung 8 Reinigung U M E T S Durch sie wird nicht nur Sauberkeit erlangt, sondern sie dient darüber hinaus der Infektionsverhütung und somit dem Personal- und Patientenschutz. Durch die mechanischen Reinigungsmassnahmen wird unerwünschte Materie inklusive Keime entfernt. Dabei findet keine Abtötung / Inaktivierung von Keimen statt! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R In der Arztpraxis unterscheiden wir drei Arten von Reinigung: • Hände (siehe Kapitel 5) • Flächen • Instrumente Personalumkleideraum 191 Lehrkraftausgabe Flächen 8.1 Flächen Flächen Die alleinige trockene Reinigung durch staubsaugen, wischen mit Besen oder reinigen mit einem trockenem Lappen (abstauben) ist in medizinischen Einrichtungen nicht gestattet. Flächen (inklusive Wände und Gegenstände) müssen unter Verwendung von Wasser mit reinigungsverstärkenden Zusätzen gesäubert werden. Welche Flächen / Geräte in welchem Umfang gereinigt werden müssen, ist im Hygieneplan zu regeln. M Folgende Punkte beeinflussen den Reinigungsprozess: U Instrumente R 8.2 E T S Instrumente Die Reinigung (zusammen mit der Desinfektion) ist ein unerlässlicher Schritt vor der Verpackung zur Sterilisation. Durch physikalisch-chemische Massnahmen, soll das Instrument von organischen und chemischen Rückständen befreit werden. Dazu wird unter dem Einsatz einer mechanischen Methode ein entsprechendes Reinigungsmittel verwendet. Die Reinigung soll ohne zeitliche Verzögerung stattfinden, um das Antrocknen von Blut-, Eiter-, Geweberückständen etc. zu vermeiden. Reinigungserfolgsfaktoren 192 Reinigung Dabei beeinflussen folgende vier Faktoren den Reinigungserfolg massgebend: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Reinigung Sinnerscher Kreis U M Der Sinnersche Kreis beschreibt die vier Faktoren, die hauptsächlich für den Reinigungserfolg ausschlaggebend sind, in Form von einem Kreisdiagramm. Die Faktoren sind voneinander abhängig. Sie ergeben stets dieselbe Endsumme, sind aber in deren Grösse untereinander veränderbar: ein einzelner Faktor kann durch die anderen kompensiert werden. So war zum Beispiel der Mechanikanteil bei der früher üblichen Handwäsche von Kleidern besonders hoch. (siehe Abbildung) Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R E T S Sinnerscher Kreis Instrumente 193 Lehrkraftausgabe Instrumente • Zeit: • Mechanik: • Chemie: M • Temperatur: Die Zeit steht im umgekehrten Verhältnis zur Konzentration und Mechanik. Sie beschreibt den Zeitraum vom Auftragen bis zum Entfernen des Reinigungsmittels = Einwirkzeit. Die auf die Verschmutzung einwirkenden Kräfte bestimmen den mechanischen Faktor. Es wird unterschieden in manuelle (schrubben, bürsten) undmaschinelle Reinigung (Sprühdruck, Sprühstrahl, etc.). Sie beschreibt die Wirkung eines alkalischen, sauren, neutralen oder enzymatischen Reinigungsmittels. Die Höhe der Konzentration beeinflusst die Wirkung und die Zeit. Die Auswahl wird auf Grund der Schmutzqualität- und Quantität sowie der Instrumentenbeschaffenheit getroffen. bei leicht flüchtigen Reinigungsmitteln darf nicht mit warmem/heissem Wasser gereinigt werden, da sich die Inhaltsstoffe leicht verflüchtigen. U Manuelle Reinigung E T S Wenn möglich sollte die Reinigung maschinell (z. B. Ultraschall) erfolgen. Ist dies nicht möglich, muss zum manuellen Reinigungsvorgang eine schriftliche Anleitung (Arbeitsablauf) vorhanden sein. In einem ersten Schritt, nach der Desinfektion, werden die Instrumente im Sieb der Reinigungs-/Desinfektionswanne mit kaltem Wasser abgespritzt. Die gezielte Reinigung erfolgt mit weichen, flexiblen und desinfizierbaren Kunststoffbürsten (alternativ Einmalhandbürsten). Auf die Säuberung der Lumen (Hohlräume), Scharniere und Rillen ist eine besondere Aufmerksamkeit zu legen. Bei Medizinprodukte mit Hohlräumen kann die Reinigungslösung zum Beispiel mit Hilfe einer Einmalspritze in die Kanäle gebracht werden. Für grössere Hohlräume sind spezielle Reinigungsbürsten erhältlich. Danach wird alles nochmal gründlich mit demineralisiertem Wasser gespült und mit einem weichen Tuch sofort abgetrocknet. Um bei einer anschliessenden Desinfektion den Erfolg nicht zu mindern, müssen sämtliche Reinigungsmittelrückstände beseitigt werden. R Die wiederverwendbaren Reinigungsbürsten werden nach der Verwendung gereinigt und anschliessend im Desinfektionsbad eingelegt! Die Bürsten sind je nach Gebrauch regelmässig auszuwechseln. Maschinelle Reinigung Maschinelle Reinigung Zum Einsatz kommt entweder das Ultraschallreinigungsgerät oder das Reinigungs-undDesinfektionsgerät (RDG). Bei beiden Verfahren kann der Chemiezusatz so gewählt werden, dass eine Reinigung und Desinfektion im selben Durchgang erfolgt. Der maschinelle Einsatz hat zum Vorteil, dass die Qualität stets dieselbe bleibt, kleinste und schwer zugängliche 194 Reinigung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Reinigung Stellen zuverlässig gereinigt werden, das Personal zeitlich weniger beansprucht wird und die Verletzungsgefahr geringer ist. RDG (Thermodesinfektor): Der RDG kommt überwiegend in grösseren Institutionen zum Einsatz. Die Reinigung / Desinfektion erfolgt maschinell durch chemo-thermische Verfahren. Dabei werden chemische Wirkstoffe mit erhöhten Temperaturen kombiniert. Das Gerät ist mit einer Geschirrspülmaschine zu vergleichen: Die Maschine wird beladen, das gewünschte Programm gewählt und die einzelnen Prozesse laufen automatisch ab. Der Ablauf lässt sich gliedern in Reinigung, Desinfektion und Trocknung mit eingelagerten Spülphasen. M Die Anforderungen an die RDG inklusive deren Kontrolle und Überwachung der Aufbereitung werden in der ISO EN 15883 festgehalten. Vorspülung Meist ohne chemische Zusätze und mit kaltem Wasser werden grobe Ver-schmutzungen beseitigt. Unter Einsatz einer Reinigungschemie werden alle anhaftenden Verschmutzungen entfernt. Dabei sind die Hinweise der Chemiehersteller zu beachten. S Reinigung U Beispiel einer möglichen Abfolge der einzelnen Prozessschritte, welche jedoch variieren können: Eine Neutralisation ist nötig, wenn zur Reinigung alkalische Chemie ver-wendet wurde. Mit Hilfe eines Neutralisationsmittels wird der pH-Wert aufein möglichst neutrales Niveau gesenkt. Spülung Die Medizinprodukte werden von Resten der eingesetzten Chemikalien befreit. E T Neutralisation Die Desinfektion kann entweder thermisch oder chemo-thermisch er-folgen. Die chemothermische Anwendung ist effizienter als ein reinchemisches Verfahren, jedoch weniger zuverlässig als die thermische Desinfektion. R Desinfektion thermisch: Thermostabile Medizinprodukte werden vorzugsweise thermische behandelt. Dabei werden noch anhaftende Keime durch Wärmeeinwirkung von mind. 80 °C reduziert. Bewährt hat sie die Temperatur von 90 °C bei einer Einwirkzeit von circa fünf Minuten. chemo-thermisch: Sie kommt bei thermolabilen Medizinprodukten, bei denen Temperaturen von > 65 °C nicht möglich sind, zum Einsatz. Durch die Zugabe eines Desinfektionsmittels wird die Keimreduktion erzielt. Der Chemiehersteller gibt die Parameter Temperatur, Konzentration und Einwirkzeit vor. Nachspülung Dieser Schritt ist nur bei der chemo-thermischen Desinfektion notwendig.Dabei werden Desinfektionsmittelrückstände entfernt. Die Schlussspülung erfolgt mit vollentsalztem Wasser. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Instrumente 195 Lehrkraftausgabe Instrumente Trocknung Sie dient zur Elimination von Restfeuchte. Erfolgt dies mittels Heissluft,müssen entsprechende Filter zu Einsatz kommen, um eine Rekontami-nation zu verhindern. Reiniger Je nach Instrument und Verschmutzung kommen unterschiedliche Reinigungsmittel zum Einsatz: U M Enzyme = Proteine, die Eiweisse, Kohlenhydrate und Fett katalytisch zersetzten und somit wasserlöslich machen. R E T S Die einzelnen Komponenten können auch in Kombination vorkommen. Mögliche Varianten von Reinigern sind: • pH-neutral, mit/ohne Enzyme • mildalkalisch, mit/ohne Enzyme • alkalisch, mit/ohne Tensid* (setzt Oberflächenspannung herab) • kombinierte Reinigungs- und Desinfektionsmittel (Reiniger mit antimikrobieller Wirkung) *Tenside bewirken, dass zwei eigentlich nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Öl und Wasser, fein vermengt werden können. 196 Reinigung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Reinigung Ultraschall Die Ultraschallbehandlung eignet sich vor allem für Glas, Keramik und Instrumente aus Edelstahl. Im Weiteren können mechanisch empfindliche Instrumente und teils Endoskope behandelt werden. Für Instrumente mit Elektronik und elastische Materialen eignet sich das Verfahren nicht. U M Das Gerät besteht aus einem Gehäuse, einem Einsatzkorb für die Instrumente und einem Deckel. Die reinigende Wirkung wird durch hochfrequente Schwingungen im Wasser erzeugt: Ein Generator wandelt die elektrische Energie aus dem Stromnetz in mechanische Energie = Ultraschallwellen um. Durch die Ultraschallwellen entstehen Druckschwankungen. Über- und Unterdruck wechseln sich mehrere tausend Mal pro Sekunde ab. Dadurch werden an der Instrumentenoberfläche kleinste Dampfblasen gebildet. Durch deren Implosion (Gegenteil der Explosion, also in sich zusammenfallen) entstehen kraftvolle Druckstösse, welche die Instrumente von Verschmutzungen etc. befreien. Die Schmutzteilchen werden dabei regelrecht von den Oberflächen abgesprengt und in die Flüssigkeit suspendiert. Dieser Vorgang wird als «Kavitation» bezeichnet. In der Regel dauert die Behandlung mit Ultraschall 3 – 5 Minuten. R E T S Die Gitter vom Beladungskorb müssen miteinander verlötet sein, damit bei der Beschallung keine Schwingung stattfindet. Temperatur Der Reinigungseffekt wird durch eine höhere Temperierung des Bades verstärkt. Deshalb ist bei den meisten Geräten eine Beheizung der Wanne möglich. Dabei wird mit Temperaturen von 40 – 60 °C gearbeitet. Zu beachten ist jedoch, dass sich die Gebrauchslösung während dem Betrieb durch die Energie der Ultraschallwellen zusätzliche erhitzen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Instrumente 197 Lehrkraftausgabe Instrumente Sollte mittels Ultraschallbad eine Desinfektion erfolgen, darf keine zusätzliche Erwärmung stattfinden. Bei Temperaturen über 40 °C beginnt die Eiweisskoagulation (Gerinnung von Eiweissen), welche die Desinfektion erschwert! Die Flüssigkeit soll bei täglichem Gebrauch auch täglich gewechselt werden. Bei starker sichtbarer Verunreinigung wird das Bad umgehend frisch angesetzt. Der Wechsel respektive das Neuansetzen der Ultraschall-Lösung muss dokumentiert werden. U M Entgasen Das Leitungswasser enthält immer eine gewisse Menge an gasförmigen Stoffen. Die Anwesenheit dieser Gase beeinträchtigt die Reinigungswirkung. Zum einen stören sie die Ausbreitung der Ultraschallwellen und zum andern ver hindern sie die Bildung von Dampfblasen. Zur Elimination der Gase wird eine neu angesetzte Lösung zuerst entgast. Dies geschieht, indem das Gerät ohne Ware eingeschaltet wird. Durch die Ultraschallschwingungen werden die gebundenen Gase freigesetzt. Dabei kann man beobachten, wie viele kleine Bläschen hochsteigen. E T S Sweep-Funktion Sie steigert zusätzlich das Reinigungsresultat indem sie die Frequenz der Ultraschallwellen verschiebt. Somit werden die Wellen verschiedenartig in der Reinigungsflüssigkeit verteilt. ohne sweepmit sweep R Beladung Überladene Körbe führen zu sogenannten Ultraschallschatten, welche die Schallenergie absorbieren und somit zu einer ungenügenden Reinigung führt. Die Beladung sollte einlagig und ohne gegenseitige Berührung der Instrumente erfolgen. Gelenksinstrumente (Scheren, etc.) werden geöffnet behandelt. Alle Instrumente müssen vollständig von der Lösung bedeckt sein. Nach Programmende wird das Reinigungsgut entnommen und gründlich mit demineralisertem Wasser gespült, um Rückstände der Badflüssigkeit und Schmutzteilchen zu entfernen! 198 Reinigung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Reinigung Qualitäts-Kontrolle Zur Kontrolle der Reinigungsleistung sind im Handel verschiedene gebrauchsfertige Testsysteme erhältlich. Eine weitere Kontrollmöglichkeit ist der Aluminiumfolie-Test: dazu wird ein handelsüblicher Aluminiumfolienstreifen in die zuvor entgaste Lösung getaucht und beschallt. Nach der Entnahme muss der Streifen eindeutige, gleichmässige Perforationen aufweisen. Anschliessend an die Testung muss die Flüssigkeit verworfen und das Bad gründlich gespült werden. (Elimination der Aluminium-Rückstände!) Die Ergebnisse der Leistungsüberprüfung müssen dokumentiert werden. U M Chemie Die Konzentration der Reinigungs- resp. Reinigungs-Desinfektionslösung, die Badtemperatur und die Beschallungszeit wird vom Hersteller angegeben und ist einzuhalten. R E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Instrumente 199 Lehrkraftausgabe Instrumente U M R E T S 200 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation 9 Sterilisation U M R Definition E T S 9.1 Definition Durch die Sterilisation werden sämtliche pathogene und apathogene Mikroorganismen, und Viren einschliesslich ihrer Ruhestadien (z. B. Sporen), irreversibel (nicht umkehrbar) inaktiviert respektive abgetötet. In der Norm SN EN 556-1 wird die Sterilisation mathematische definiert. Sie hält fest, dass ein als «steril» deklariertes Medizinprodukt mindestens dem Sicherheitsgrad von 106 besitzen muss. Das heisst, dass in einer Million sterilisierter Produkte nicht mehr wie ein überlebensfähiger Keim nachweisbar sein darf. Oder anders ausgedrückt: ein Produkt ist erst dann als steril zu handeln, wenn die theoretische Wahrscheinlichkeit einen lebenden Keim zu finden, je Objekt, nicht grösser als 1 : 1 Million ist. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Definition 201 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Ziel Ziel ist, das Erlangen einer totalen Keimfreiheit = Asepsis. Ziel Ein Medizinprodukt, das invasiv angewendet wird, das heisst, die Haut respektive Schleimhaut durchdringt oder mit Wunden respektive Blut in Kontakt kommt, muss sich in einem sterilen Zustand befinden. 9.2 M Sterilisationsverfahren Sterilisationsverfahren U Gesetzliche Grundlagen Der nachfolgende Text stammt aus der «Anleitung – Gute Praxis zur Aufbereitung von Medizinprodukten in Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei weiteren Anwendern von Dampf-KleinKlein-Sterilsatoren» von Swissmedic (Schweizerisches Heilmittelinstitut). Zitat: E T S Die Anforderungen an die Aufbereitung von Medizinprodukten im niedergelassenen, ambulanten Bereich sind im Laufe der Jahre anspruchsvoller geworden. Viele Therapiemassnahmen, welche früher mit einer Spitaleinweisung verbunden waren, können heute ambulant in einer Praxis durchgeführt werden. Das Gesundheitssystem unterstützt Kurzhospitalisationen, was wiederum eine frühere Konsultation beim niedergelassenen Arzt bedeutet. Die Ärzteschaft wird somit auch mit neuen Situationen – z. B. nosokomialen (im Spital erworbenen) Infektionen - konfrontiert, welche früher praktisch nur den Spitälern vorbehalten waren. Neue innovative Behandlungsmethoden mit technisch komplexen chirurgischen Instrumenten (z. B. Instrumente für die minimal invasive Chirurgie MIC) aber auch Erkenntnisse zu neuen Übertragungsrisiken von nicht mikrobieller Natur (Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) und der steigende Anspruch der Patienten an die Sicherheit, tragen ebenso dazu bei. R 202 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation • Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG), SR 812.21 Seit dem 1. Januar 2002 ist das Heilmittelgesetz in Kraft. Zweck dieses Gesetzes ist, dass nur qualitativ hoch stehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden. Heilmittel sind sowohl Arzneimittel wie auch Medizinprodukte. • Medizinproduktverordnung (MepV) vom 17. Oktober 2001 (Stand am 1. April 2010), SR 812.213 M Zum gleichen Zeitpunkt wurde die revidierte Medizinprodukteverordnung (MepV) in Kraft gesetzt; die geänderte Fassung vom 24. März 2010 wurde per 1. April 2010 in Kraft gesetzt. Diese Verordnung soll einen sicheren Umgang mit Medizinprodukten gewährleisten, und regelt das Inverkehrbringen, die Produktebeobachtung sowie die nachträgliche Kontrolle von Medizinprodukten und deren Zubehör durch die Behörden. Die Medizinproduktverordnung (MedpV) regelt im Artikel 19 die «Wiederaufbereitung», in Artikel 20 die «Instandhaltung» und in Artikel 20a die «Abänderung». U • Art. 19 Wiederaufbereitung 1. Wer als Fachperson ein zur mehrmaligen Verwendung bestimmtes Medizinprodukt mehrfach verwendet, sorgt vor jeder erneuten Anwendung für die Prüfung der Funktionsfähigkeit und die korrekte Wiederaufbereitung. S 2. Als Wiederaufbereitung gilt jede Massnahme der Instandhaltung, die notwendig ist, um ein gebrauchtes oder neues Medizinprodukt für seine vorgesehene Verwendung vorzubereiten, insbesondere Aktivitäten wie Reinigung, Desinfektion und Sterilisation. 3. Die Prozess- und Validierungsdaten der Sterilisation sind aufzuzeichnen. 4 Wer Medizinprodukte für Dritte wiederaufbereitet, hat sich über ein bestandenes Konformitätsbewertungsverfahren gemäss Anhang 3 für die Aufbereitung und Sterilisation von Medizinprodukten auszweisen. E T • Art.20 Instandhaltung 1. Wer Medizinprodukte als Fachperson anwendet, sorgt für die vorschriftsgemässe Durchführung der Instandhaltung und der damit verbunden Prüfung. 2. Die Instandhaltung hat nach den Grundsätzen der Qualtiätssicherung zu erfolgen, ist betriebsintern zweckmässig zu planen und zu organisieren und richtet sich insbesondere: a) nach den Anweisungen der Person, die das Produkt erstmals in Verkehr gebracht hat; b) nach dem Risiko, das dem Produkt und seiner Verwendung eigen ist. R 3. Die Ergebnisse der Instandhaltung und der damit verbundenen Prüfungen, festgestellte Mängel und Störungen sowie getroffene Massnahmen sind für alle «aktiven Medizinprodukte» aufzuzeichnen. • Art. 20a Abänderung Wer Medizinprodukte so abändert oder abändern lässt oder wiederaufbereitet oder wiederaufbereiten lässt, dass sie nicht mehr dem vorgesehenen Zweck dienen oder die vorgesehene Leistung erbringen, muss die Anforderungen für das erstmalige Inverkehrbringen erfüllen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 203 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Normen und Vollzugshilfen (Vorgaben) sind keine Gesetze. Wer diese nicht anwendet, muss aber belegen können, dass die Arbeitsweise den Stand von Technik und Wissenschaft berücksichtigt, und dass die gesetzlich geforderten Sicherheitsziele im gleichen Ausmass erfüllt sind. Die Beweispflicht liegt beim Anwender. M Physikalische Verfahren Physikalische Verfahren U Das Sterilisationsprinzip beruht auf der Behandlung vom Beladungsgut mit Hitze. Die Hitze führt zur Keimabtötung indem sie die Eiweisse der Keime irreversibel verändert = Denaturierung. Dampfsterilisation E T S Dampfsterilisation Durch gesättigten Wasserdampf werden die Keime abgetötet. Um die Benetzung sämtlicher Oberflächen zu gewährleisten, werden fraktionierte (aufgeteiltes / unterschiedliches) Vakuumverfahren eingesetzt. Zur Prozessüberwachung stehen geeignete Validierungsmethoden (Kontroll-/Prüfmethoden) zur Verfügung. In der Arztpraxis ist die Dampfsterilisation das sicherste Verfahren. Es eignet sich für eine Vielzahl Materialen wie Textilien, Papier, Glas, Metall oder Gummi. *Hinweis: Die Dampfsterilisation wird in späteren Kapiteln detailliert aufgeführt. Heissluftsterilisation R Heissluftsterilisation Die Sterilisation erfolgt durch heisse, trockene und bewegt Luft, die das Sterilgut umströmt. Dabei kommen Temperaturen von bis zu 250 °C zur Anwendung. Aus diesem Grund eignet sich das Heissluftverfahren nur für hitzebeständige Gegenstände wie Metall, Glas oder Porzellan nicht aber für Textilien und Papier oder Gummi. Letztere würden verbrennen respektive schmelzen. Die Sterilisation mittels heisser Luft ist in der Praxis / Spital aus folgenden Gründen nicht mehr vertretbar: • Da die Behandlung durch trockene Hitze erfolgt, dauert die Übertragung der Wärme auf das Sterilgut relativ lange, was eine lange Sterilisationszeiten (bis zu 200 Minuten) zur Folge hat. • Da sich auf dem Sterilgut Kälteinseln bilden können, welche den Sterilisationserfolg negativ beinträchtigen. • Die Beladung des Sterilisators beeinflusst im hohen Mass den Sterilisationserfolg. • Es stehen keine Validierungsmöglichkeiten zur Verfügung. 204 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Strahlensterilisation Physikalisch-chemische Verfahren Physikalisch-chemische Verfahren M Strahlensterilisation Hier erfolgt die Sterilisation durch Bestrahlung der Ladung mit ionisierenden Strahlen. Hauptsächlich werden Gamma- oder Elektronenbestrahlung angewendet. Seltener kommen Beta- oder Röntgenstrahlen zum Einsatz Die Anwendung von Strahlung verlangt sehr aufwändige Sicherheitsmassnahmen. Zudem können die Strahlen eine Veränderung von Latex, Gummi und Kunststoffen bewirken. Zur Anwendung kommt die Strahlensterilisation in der industriellen Aufbereitung von Einwegartikeln (Kanülen, Spritzen). Bei diesen Methoden erfolgt die Sterilisation vorwiegend mit Hilfe chemischer Stoffe. Teils kommen zusätzlich physikalische Komponenten zum Einsatz. Gassterilisation U Gassterilisation Hierbei handelt es sich um eine Kaltsterilisation (Temperaturen von ca. 50 °C). Die Zerstörung der Eiweisse erfolgt durch ein toxisches Gas. Die Toxizität und Explosivität der Gase verlangt nach hohen Sicherheitsanforderungen. Zum Einsatz kommen Gase wie Ethylenoxid (EO), Formaldehydgas oder Ozon. Die Gassterilisation wird bei hitzeempfindlichen und porösen Gegenständen angewandt. S Plasmasterilisation Dampfsterilisation Die Sterilisation in der Arztpraxis erfolgt durch die Behandlung mit gesättigtem Wasserdampf. Das dazu benötigte Gerät wird als Sterilisator oder Autoklav bezeichnet. Dampfsterilisation R E T Plasmasterilisation Sterilisationstechnik, die durch Hochfrequenz- oder Mikrowellen verursachte Plasmaentladungen erfolgt. Der sterilisierende Effekt basiert auf mehreren Faktoren: Der entstandene Dampf wird in freie Radikale (chemische, aggressive Stoffe) aufgebrochen, welche die Keime eliminieren. Zusätzlich wird zur Keimabtötung UV-Strahlung aus dem Plasma generiert und ein Ionenbeschuss findet statt. Die Sterilisation erfolgt bei niedrigen Temperaturen (ca. 45 °C). Es ist ein materialschonendes Verfahren für thermolabile und feuchtigkeitsempfindliche Instrumente wie Optiken, Endoskope oder Elektronik. Die Leistungsanforderungen an Dampf-Klein-Sterilisatoren im medizinischen Bereich, wie z. B. Arzt- und Zahnarztpraxis, werden in der europaweit gültigen Norm EN 13060 festgehalten. Der Einsatz von Klein-Sterilisatoren eignet sich für kleine Produktemengen. In der Norm EN 13060 ist eine Leistungsdifferenzierung von Autoklaven nach Typen der Sterilisationsprogramme vorgesehen. Diese Typen können jedoch auch gleichzeitig in einem Gerät kombiniert sein: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 205 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Typ S Typ B Mit diesem Sterilisationstyp werden unverpackte, massive Medizinprodukte sterilisiert. Sterilisationstyp, der nach den Angaben der Instrumenten-Hersteller angewendet wird.* Universalautoklav der höchsten Leistungsklasse, welcher ein fraktioniertes (unterteiltes) Vakuum besitzt. (Die Erklärung dazu finden Sie unten!) Diese Gerätetypen sind nur für den Einsatz in Arztpraxen geeignet, in welchen keine operativen Eingriffe durchgeführt werden. Z. B. •Scheren •Pinzetten Zur Sterilisation aller verpackten oder unverpackten, massiven Medizinprodukte sowie von Hohlkörpern (Typ A) und porösen Produkten. M Typ N U Die Anwendung dieses Sterilisationstypes erfolgt nur bei unkritischen Medizinprodukten, bei denen keine Sterilisation vorgeschrieben ist. Z. B. •Spekula •Zungenspatel S Können sämtliche Anforderungen an die Sterilisation thermostabiler Produkte erfüllen E T * Hinweis: Sterilisation nach Herstellerangaben – beim Kauf unbedingt eine schriftliche Bestätigung über das Leistungsspektrum des Gerätes verlangen. Bei der Anschaffung eines Dampf-Sterilisators für die Arztpraxis eignet sich ein Gerät vom Typ B, da mit ihm zusätzlich eine sichere Sterilisation von Hohlkörperinnenflächen gewährleistet ist. Funktionsweise R Funktionsweise der Dampf-Sterilisation Ursprünglich beruht das Prinzip der Dampfsterilisation auf der Erfindung des Druckkochtopfes (Papin’scher Topf, Dampfkochtopf); Wasser wird in einem geschlossenen System erhitzt, bis es siedet. Der Innenraum füllt sich dabei mit gesättigtem Dampf. Da dieser nicht entwichen kann, steigt seine Temperatur über 100 °C an. Durch den daraus resultierenden Druckanstieg entsteht der gesättigte-gespannte Dampf (Druck > 1 bar). (In einem offenen System würde das Wasser bei 100 °C zu sieden beginnen und der Dampf entweichen!) ➡ Entlüftungsphase = fraktioniertes Vor-Vakuum-Verfahren Die Luft wird durch Dampf ersetzt! 206 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Damit der Dampf die ganze Sterilisationskammer und das ganze Sterilgut benetzten kann, muss zuerst die gesamt Luft entzogen werden. Dies geschieht mit Hilfe einer Vakuumpumpe, die ein fraktioniertes Vakuum erzeugt: es wird mehrmals Luft abgezogen und mit Wasserdampf gefüllt, bis die gesamte Luft entfernt ist. Dies führt dazu, dass in Hohlkörper-Instrumenten, in Verpackungen oder Textilien keine Luft mehr vorhanden ist, welche den Erfolg der Sterilisation gefährden würde. Die ganze Kammer ist nun mit gesättigtem Dampf gefüllt. Jetzt wird die notwendige Temperatur und der Druck aufgebaut = Steigezeit. Wo sich Luft befindet, kann kein Dampf vorhanden sein und umgekehrt! M ➡ Sterilisationsphase: U Das Sterilgut ist eine gewisse Zeit dem gesättigtem, gespannten Dampf ausgesetzt. Durch die Kondensation vom Wasserdampf am kühleren Sterilgut wird Energie frei, die gemeinsam mit dem Wärmeeinfluss die Keime irreversibel schädigt (abtötet). Der eigentliche Sterilisationsvorgang setzt sich zusammen aus der Ausgleichs- und Abtötungszeit sowie dem Sicherheitszuschlag. S Alles, was steril werden soll, muss nass sein! E T ➡ Trocknungsphase: Trocknungsphase = fraktioniertes Nach-Vakuum-Verfahren Der Wasserdampf wird durch sterile Luft ersetzt! Zuerst wird der Dampf abgelassen und anschliessend das Sterilgut durch ein Vakuum getrocknet. Das Kondensat (=Restfeuchtigkeit) wird zu verdampfen gebracht und wird über die Vakuumleitung abgeleitet. Zum Abschluss erfolgt die Belüftung durch sterile Luft. R Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 207 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Wasser Das Wasser zur Sterilisation muss der Norm SN EN 13060 entsprechen, was den Einsatz von destilliertem oder demineralisiertem = vollentsalztem Wasser verlangt. Um stets mit der selben Wasserqualität zu sterilisierten, soll das Wasser täglich vor der Inbetriebnahme ausgewechselt werden. Sterilisationsprogramme M Schonprogramm für thermolabiles Gut (Kunststoff, Gummi, Textilien): 121 °C 15 - 20 Minuten 2.05 bar 134 °C 3 – 5 Minuten 3.04 bar 18 Minuten 3.04 bar für übrige Materialen: U Prionenprogramm: 134 °C S Prionen Verordnung über die Prävention der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bei chirurgischen und medizinischen Eingriffen vom 20. November 2002: E T Seit dem 01. Januar 2003 ist diese Verordnung (CJKV, SR 818.101.21) in Kraft. Sie regelt besondere Vorsichtsmassnahmen gegen die Übertragung von Prionen in der Aufbereitung von wiederverwendbaren Medizinprodukten. In Bezug auf die Sterilisation schreibt sie folgendes vor: Wiederverwendbare invasive Medizinprodukte, welche in sterilem Zustand zu verwenden sind, insbesondere wiederverwendbare chirurgische Instrumente, müssen vor jeder Anwendung bei 134 °C gesättigtem gespanntem Wasserdampf während 18 Minuten sterilisiert werden. (CJKV, SR 818.101.21, Artikel 2b) R Qualitätsmanagement Wie bereits erwähnt ist die aktualisierte Fassung der Medizinprodukteverordnung (MepV) seit 1. April 2010 in Kraft. Die behördliche Überwachung wurde per 1. Juli 2011 an die Kantone delegiert. Wer die Aufbereitung von sterilen Medizinprodukten wahrnimmt, muss über die notwendigen Mittel wie Räumlichkeiten, Personal, Ausrüstungen und Informationssysteme verfügen. Die Verantwortung für die Durchführung des Aufbereitungsprozesses wird definiert und schriftlich festgehalten (Hygieneplan). 208 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Für die Aufbereitung von Medizinprodukten gelten folgende Empfehlungen: • Dampfsterilisatoren müssen bei der Inbetriebnahme validiert werden = der Nachweis über die Einsatzeignung muss erbracht werden. Jeder Sterilisationszyklus muss dokumentiert werden (z. B. mit der Chargennummer). Zudem ist zu belegen, dass die Sterilisation erfolgreich war. Alle Dokumentationen müssen 10 Jahre aufbewahrt werden. M Achtung: Es ist ratsam, beim Neuerwerb eines Dampf-Klein-Sterilisators, darauf zu achten, dass das Gerät mit integriertem Drucker bzw. mit einer Schnittstelle für einen anschliessbaren externen Drucker ausgestattet ist oder über einen Kartensteckplatz, welcher die Prozessdaten aufzuzeichnen kann, verfügt. U • Die Lagerhaltung der sterilen Medizinalprodukte mit dem Sterilisationsdatum soll überwacht werden, z. B. nach längeren Praxisabwesenheiten. • Die Rückverfolgbarkeit jedes Instrumentes auf Patientenebene, d. h. bis in die Krankengeschichte, ist je nach Komplexität des Eingriffes sinnvoll, aber nicht zwingend vorgeschrieben. S • Die manuelle Vorreinigung (Tauchdesinfektion) ist nach wie vor zulässig, aber fehleranfällig. Sie wird deshalb nicht mehr empfohlen. Stattdessen empfiehlt sich die Umstellung auf Thermodesinfektoren zur Aufbereitung von Medizinprodukten. Verpackung E T *Beachten Sie dazu das Kapitel 7, RDG! (Die Verpackungsmethoden müssen der DIN EN 868 und SN EN ISO 11607 entsprechen.) Ziel R Ziel Das Ziel der Verpackung ist es, die gereinigten und sterilisierten Medizinprodukte vor einer möglichen Rekontamination zu schützen. Der sterile Einsatz der Produkte kann nur garantiert werden, wenn diese in der Endverpackung sterilisiert wurden. Unverpackte Medizinprodukte Solange ein Medizinprodukt lediglich mit intakter oder krankhaft veränderter Haut / Schleimhaut in Kontakt kommt, besteht keine Pflicht, dass das Produkt steril sein muss. In diesem Falle sind vorgängige Reinigung- und Desinfektionsmassnahmen ausreichend. Die Sterilisation unverpackter Produkte gilt als thermisches Desinfektionsverfahren! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 209 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Anforderungen U M Allgemeine Anforderungen • Die trockenen Medizinprodukte müssen möglichst schnell nach der Reinigung verpackt werden. • Das Sterilbarrieresystem (Verpackung, die in Kontakt mit dem Medizinprodukt steht) muss undurchlässig sein. • Die Verpackung muss mit der Sterilisationsmethode kompatibel sein. • Die Aufrechterhaltung der Sterilität bis zur Anwendung der Medizinprodukte muss gewährleistet sein. • Die Verpackung muss eine aseptische Entnahme der Produkte ermöglichen. • Sie muss in ihrer Beschaffenheit und Verwendung dem jeweiligen Medizinprodukt gerecht werden. • Ein Behandlungs-/Prozessindikator (Klasse 1: dieser zeigt an, ob das Produkt einen Sterilisationsprozess durchlaufen hat) muss mitgeführt werden. • Besteht die Gefahr, der Beschädigung vom Sterilbarrieresystem, ist eine Schutzverpackung (Schachtel, Plastikbeutel, Container, etc.) zu verwenden. *Siehe Skizze unten! 210 Sterilisation *Mehr dazu erfahren Sie im nachfolgenden Kapitel «Beschriftung»! R E T S • Das Verpackungsgerät (Schweissgerät) muss regelmässig kontrolliert und gewartet werden. • Wiederverwendbare Verpackungsbehälter müssen vor jeder Sterilisation gemäss Herstellerempfehlungen überprüft werden (Sicht- und Funktionskontrolle). Der sichere Verschluss wird nach der Sterilisation visuell überprüft. • Die Gegenstände werden so in die Verpackung gebracht, dass das Sterilisationsmittel (z. B. Wasserdampf) ungehindert auftreffen kann und eine aseptische Entnahme möglich ist. • Die Beschriftung erfolgt vor der Sterilisation und besteht aus: Sterilisationsdatum, Verfallsdatum, Sterilisationsart, Chargennummer, Verpackungsinhalt, freigebende Person. • Ist der Dampf-Klein-Sterilisator mit einem Drucker verbunden, kann ein Etikett ausgedruckt werden, auf welchem zusätzlich eine Barcode-Beschriftung aufgedruckt ist. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Verpackungssystem nach ISO 11607-1: M Das Sterilbarrieresystem dient zur Aufrechterhaltung der Sterilität vom Sterilgut. Die zusätzliche Schutzverpackung schützt das Sterilgutbarrieresystem vor Schäden. U Materialien Materialien Materialien Inhalt der SN EN ISO 11607 Weichverpackung Folien befüllen & siegeln Sterilisationsbögen (Vlies, Papier) falten & einschlagen Container befüllen & schliessen Hartverpackung (wiederverwendbare Behälter) E T S Verpackungsart Für die verschiedenen Arten der Verpackungsmaterialen gibt es zur SN EN ISO 11607 ergänzende Normen: spezifische Anforderungen an das Material des Verpackungssystem Normen zur Anwendungstechnik DIN 58953-7 DIN EN ISO 11607-2 DIN EN 868-5 Papier, Vlies zur Dampfsterilisation DIN EN 868-2 DIN EN 868-10 DIN EN 868-9 DIN 58953-7 wiederverwendbare Behälter zur Dampfsterilisation DIN EN 868-8 DIN 58953-9 DIN EN ISO 11607-2 Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R Klarsichtbeutel, -Rollen Sterilisationsverfahren 211 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Folien • Folien Folien sind mit oder ohne Seitenfalz als Sterilisationsbeutel oder Rollenware (=Schläuche) erhältlich. U M E T S Vom Gebrauch der selbstklebenden Sterilisationsbeutel und des Indikatorklebers sollte abgesehen werden. Zum einen erreichen sie keine dauerhafte Dichtigkeit und zum anderen lagern sich Kleberrückstände in der Sterilisatorentrommel ab. R Auswahl der Sterilisationsbeutel/Schläuche nach gültigen Normen • Vorgefertigte Beutel werden anhand der Grösse des zu verpackenden Produktes ausgewählt. • Sind die Beutel zu lang, können sie gekürzt werden. • Wird mit Schläuchen gearbeitete, werden diese entsprechend zugeschnitten und an einer Kante versiegelt. Die Befüllung erfolgt somit analog den vorgefertigten Beuteln. • Weder das Sterilbarrieresystem noch die Schutzverpackung dürfen geknickt oder gefaltete werden. • Der Inhalt darf die Pakete maximal zu 75 % ausfüllen. • Die Breite der Verpackung muss ein ungehindertes Hineingleiten der Medizinprodukte ermöglichen. (Allenfalls ist eine Grössenzugabe in Betracht zu ziehen.) • Das Griff-Ende des Medizinproduktes muss einen Mindestabstand zur Siegelnaht an der Peelseite von 3 cm aufweisen. • Um eine aseptische Entnahme und ein reibungsloses Peelen zu ermöglichen, muss nach dem Siegeln oberhalb der Siegelnaht ein Überstand von mindestens 1 cm bestehen. (Empfehlung: 2 – 3 cm) 212 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation • Werden Folien mit Seitenfalten verwendet, muss der Abstand zur Siegelnaht grösser wie 3 cm sein. Um eine ordnungsgemässe Siegelung zu erzielen, muss zusätzlich darauf geachtete werden, dass die gefaltete Folie beim Siegeln plan auf der Papierseite aufliegt. • Zur Risikominimierung sollte, statt eine Folie mit Falten, ein grösseres Format ohne Falten eingesetzt werden. U M Verpacken der Medizinprodukte nach gültigen Normen • Das Medizinprodukt muss bei der Entnahme vom Anwender an den Griffenden gefasst werden können: Griffe befinden sich auf der Peelseite! • spitze/scharfe Gegenstände werden vor dem Verpacken mit einem kompatiblen Schutz versehen. • Medizinprodukte mit einem Hohlraum (Tupferschale) mit der Öffnung zur Papierseite hin verpacken. Siegelung/Verschweissung der Folien nach gültigen Normen Um einen sicheren Verschluss zu gewährleisten, wird das offene Ende straff gezogen. So, dass Papier und Folie «plan» aufeinander liegen und werden dann in das Schweissgerät eingeführt. S Nach dem Verschlussvorgang wird die Siegelnaht optisch geprüft: • Die Naht muss über die gesamte Breite intakt und lückenlos versiegelt sein. • Es dürfen keine Kanäle, Knicke, Falten, Lufteinschlüsse oder Einkerbungen erkennbar Siegelgeräte - Norm DIN EN ISO 11607-2 E T sein. • Es dürfen keine Verbrennung- oder Abschmelzerscheinungen sichtbar sein. • Die Gesamtbreite der Versiegelung(en) muss mindestens 6 mm betragen! (DIN EN 868-5 § 4.3.2) R Die Folienbeutel und Folienschläuche werden maschinell durch Hitze versiegelt. Folgende Parameter garantieren eine zuverlässig dichte Siegelnaht, die aber noch zu peelen ist: • korrekte Siegeltemperatur • korrekte Anpresskraft (Siegeldruck) • korrekte Siegelzeit resp. Durchlaufgeschwindigkeit Gerätetyp Durchlaufsiegelgerät Balkensiegelgerät kritische Parameter mind. Siegeltemperatur und Anpresskraft Durchlaufgeschwindigkeit wird zusätzlich empfohlen Siegeltemperatur Siegeldruck Siegelzeit kontrollieren Geräte, die der Norm entsprechen, müssen die kritischen Prozessparameter automatisch überwachen und bei Nichteinhaltung den Anwender alarmieren (Alarmvorrichtung, Warnsystem oder das Anhalten vom Gerät). → DIN EN ISO 11607-2 § 5.2.4 Die genannten Eigenschaften müssen durch adäquate Verfahren überprüft und dokumentiert werden. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 213 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Testmethoden zur Überprüfung der Siegelnaht Kanalbildung oder offene Siegelnähte Durchstiche oder Risse Siegelindikator intakte Siegelung über die gesamte Siegelnahtbreite Kanalbildung oder offene Siegelnähte Durchstiche oder Risse Peel Test nach DIN EN 868, Anhang E Delaminierung Materialablösung Sichtprüfung Intakte Siegelung über die gesamte Siegelnahtbreite Durchstiche oder Risse Die Anpresszeit und die Geschwindigkeit/Siegelzeit wird normalerweise vom Siegelgerätehersteller fix eingestellt. Die optimale Siegeltemperatur muss der Anwender dem technischen Datenblatt des Verpackungsmaterials entnehmen. Von den Grenzwerten wird der Mittelwert eingestellt. (Bsp. Grenzwerte: 180 – 200 °C → Mittelwert: 190 °C) U M Siegelnahtdichtigkeitstest E T S Schutzverpackung durch äussere Klarsichtverpackung Die vorangegangenen Abläufe werden wiederholt. Zusätzlich muss dabei auf folgendes geachtet werden: • Das bereits versiegelte Paket muss ungehindert in die Schutzverpackung gleiten können. • Das Sterilbarrieresystem darf weder geknickt noch gefaltete werden. • Das Sterilbarrieresystem darf nicht in die Siegelnaht der Schutzverpackung eingesiegelt werden (ausreichende Grösse der Schutzverpackung wählen!) • Die Papierseite liegt auf der Papierseite. R Beschriftung der Sterilpackung • Die Beschriftung erfolgt mit einem Etiketten: >> Das Etikett wird nach dem Sterilisationsprozess für gewöhnlich auf der Folienseite aufgeklebt. (Bei Anbringung auf der Papierseite darf die Etikettengrösse nicht grösser wie 20 % der Papierfläche sein!) >> Das Etikett darf nicht über der Siegelnaht liegen. • Auf dem Etikett ist zusätzlich zu: Sterilisationsdatum, Verfalldatum, Inhalt, Sterilisationsart, Chargennummer, Initialen der der durchführenden Person, ein Barcode aufgeführt! • Dazu muss ein speziell dafür geeigneter Stift ohne Schadstoffe, gemäss DIN 58953-7, verwendet werden. (Weicher, sterilisationsfester Faserschreiber) • Die Beschriftung erfolgt ausserhalb der Siegelnaht auf der Folienseite. • Der Text wird ausserhalb des Bereiches, der das Medizinprodukt keimfrei umschliesst, angebracht. 214 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation • Die Beschriftung erfolgt vor der Sterilisation und beinhaltet: >> Sterilisationsdatum >> Inhalt >> Sterilisationsart >> Verfalldatum >> Chargennummer >> durchführende Person M Wird das Sterilgut für einen invasiven Eingriff verwendet, wird das Etikett in das Patientendossier (KG) eingeklebt oder die Chargennummer wird manuell dokumentiert. U Entnahme Folien werden nach der Peeling-Methode geöffnet, das heisst mittels den Laschen am Ende der Verpackung. Das Sterilgut darf auf Grund der Kontaminationsgefahr auf keinen Fall durch die Verpackung gestossen werden. Hartverpackung E T • Hartverpackung S Da sich die Poren der Verpackung nach dem Sterilisationsvorgang unwiderruflich verschliessen, sind Folien nur für den Einmal-Gebrauch bestimmt. Hierbei handelt es sich um Behälter aus Aluminium oder Kunststoff, die meist ein Sieb oder eine Kassette mit oder ohne Innenverpackung enthalten. Ihr Anschaffungspreis ist im Vergleich höher, dafür ist ihre Beladung und Lagerung (Stapelfähigkeit!) vereinfacht. R Die Norm DIN EN ISO 11607-2, § 5.3.2 c stellt folgende Anforderungen an Hart­ verpackungen: • durchgängiger Verschluss • keine sichtbaren Beschädigungen und Materialunregelmässigkeiten Die Container sind nach der Entleerung Desinfektionsmassnahmen zu unterziehen! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 215 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Sterilisationsbögen • Sterilisationsbögen (In der Norm DIN EN ISO 11607-2, § 5.3.2 c) Beim Arbeiten mit Papier ist darauf zu achten, dass die Poren des Papiers gross genug sind damit Dampf resp. Gas penetrieren kann. Gleichzeitig muss die Porengrösse so klein sein, damit keine anderen Organismen durchdringen können. M Laut oben genannter Norm werden folgende Eigenschaften an die Sterilisationsbögen gestellt: • durchgängiger Verschluss • keine Durchstiche oder Risse • keine sichtbaren Beschädigungen und Materialunregelmässigkeiten U Das Falten und Einlegen von Sterilisationsbögen muss auf vorgeschriebener Art (DIN 58953-7, § 6.2) erfolgen. Die Verpackungstechnik wird unterschieden in Diagonal- und Parallelverpackung. R E T S Diagonalverpackung (http://www.klsmartin.com/fileadmin/Inhalte/Downloads_Prospekte/Sterilcontainer/ZT_Suppl_Leitlinie_Internet. pdf) 216 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Parallelverpackung U M E T S ( http://www.klsmartin.com/fileadmin/Inhalte/Downloads_Prospekte/Sterilcontainer/ZT_Suppl_Leitlinie_Internet. pdf) R Die Sterilisationsbögen sind aus unterschiedlichen Materialen mit unterschiedlicher Qualität auf dem Markt erhältlich. Die in der Norm verlangten Mindesteigenschaften werden durch Datenblätter oder / und Spezifikationen seitens der Hersteller / Lieferanten präzisiert. Sie enthalten beispielsweise detailliert Informationen zum Einsatzzweck, zur Sterilisationsneigung oder Altersbeständigkeit des jeweiligen Produkts. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 217 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren • Beladung der Sterilisationskammer M Folgende Punkte sind zu beachten, um den Sterilisationserfolg nicht nachteilig zu beeinflussen: • Container über Container • Instrumente nach unten, Textilpacks nach oben legen • Papierseite nach unten (bei Folien) • nicht überladen, da sich weiche Verpackungen während dem Sterilisationsablauf aufblähen • Pakete nicht auf Container legen • Sterilgut darf weder Boden noch Wand berühren • Pakete flach einlegen Lagerung Lagerung (DIN 58953, DIN EN 868) U Damit die Sterilität der Medizinprodukte bis zur Anwendung gewährleistet wird, müssen die keimdichten Verpackungen folgendermassen gelagert werden: trocken (nicht > 70 % Luftfeuchtigkeit, gut belüftet) geschützt vor Verschmutzungen aller Art (Staub, Schmutz, Ungeziefer,…) dunkel, geschützt vor UV-Strahlung geschützt vor Beschädigung S • • • • • • E T • • • • vor mechanischer Abnutzung geschützt ohne grosse Temperaturschwankungen (20 – 25 °C Raumtemperatur) nicht zusammen mit unsterilen Produkten auf glatten, unbeschädigten und desinfizierbaren Ablageflächen eine geschützte Lagerung (im geschlossenen Schrank, Schublade) einer ungeschützten (im Regal) vorziehen neues Material hinter das ältere einräumen (FIFO-Prinzip: first in – first out) Die Aufrechterhaltung der Sterilität ist ereignisbezogen. Die zeitliche Lagerfähigkeit lässt sich durch die Verpackungs- und Lagerungsart sowie des Lagerortes errechnen. R 218 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Zur Arbeitshilfe steht ein Punktesystem zur Verfügung: Beschreibung Punkte Bsp.1 Bsp.2 Eigene Evaluationen Verpackungsart (Primärverpackung) Krepp-Papier 20 Fliesstuch 40 Papierbeutel 40 Papier-Folien-Beutel 80 Filter-Container 100 M Container mit Fliess 80 100 210 Zweite Primärverpackung («doppelt verpackt») (Punkte nur anrechenbar, wenn innere Verpackung nicht als steril gelten soll) 60 Fliesstuch 80 Papierbeutel U Krepp-Papier (zweite Lage) 80 Papier-Folien-Beutel 100 Filter-Container 250 100 S Transport- / Schutzverpackung (nach Sterilisation) PE-Beutel hermetisch verschlossen 400 PE-Beutel nicht hermetisch verschlossen 250 E T Verschlossene Schutzverpackung (Behälter, Karton, etc.) Zwischentotal: (sofern >50, weiterfahren) Lagerungsart Pflegewagen offenes Gestell 180 100 0 0 0 100 100 Lagerungsort Korridor / Praxisraum 0 Allgemeiner Lagerort (geschützt) 75 Räumlich abgegrenztes Sterillager 250 Total aller Punkte Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 0 R geschlossener Schrank / Schublade 250 250 180 450 Sterilisationsverfahren 219 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Lagerungszeiten nach Punktetotal: 1 – 25 Punkte: 24 Stunden M 26 – 50 Punkte: 1 Woche 51 – 100 Punkte: 1 Monat 101 – 200 Punkte: 2 Monate 201 – 300 Punkte: 3 Monate 301 – 400 Punkte: 6 Monate 401 – 600 Punkte: 12 Monate 601 – 750 Punkte: 24 Monate > 750 Punkte: 60 Monate U *Hinweis: gekürzte Version der Kadergroep Richlijnen Steriliseren-Richtlijnen 5301 – National Control Laboratory Bethoven NL, gefunden bei SwissMedic. S Aufgabe 9.2.1 Ergänzen Sie die Übersicht der verschiedenen Verpackungsmöglichkeiten. Sterilisationsverpackungen E T Weichverpackung • Folienrollen Hartverpackung • Container • Folienbeutel/ Klarsichtbeutel • Papier • Vlies R 220 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Sterilisationsüberwachung Sterilisationsüberwachung Übersicht der Vorschriften: Funktionstest des Sterilisators Prozessüberwachung Dokumentation & Standardisierung jährlich bei Betriebsbeginn jede Charge jede Charge Aufzeichnung der wesentlichen technischen Parameter Jede Charge muss durch ausgebildetes Personal nach bestimmten Kriterien erfolgen. M Validierung erneute Leistungsbeurteilung Die Geräteprüfung erfolgt: • beim Hersteller • bei der Aufstellung • bei wesentlichen Reparaturen → IQ und OQ U Funktionstests beim Anschalten des Gerätes S Die Leistung aller Prozesse/Programme wird anhand einer «Worst-Case»-Beladung beurteilt. → PQ Routineüberwachung E T * IQ = Installational Qualification = Abnahmebeurteilung OQ = Operational Qualivication = Funktionsbeurteilung PQ = Performance Qualification = Leistungsbeurteilung Routineüberwachung R Routineüberwachung Bei der Sterilisation kann der Erfolg des Sterilisationsprozesses nicht durch eine Kontrolle des Endproduktes (=Sterilgutes) überprüft werden. Würden wir beweisen wollen, dass ein Medizinprodukt keimfrei ist, würden wir unweigerlich dessen Sterilität zerstören und es kann nicht mehr für aseptische Tätigkeiten verwendet werden. Gemäss Medizinprodukteverordnung (MepV5), Artikel 19, sind Daten der Prozesse sowie Validierungsdaten aufzuzeichnen, sofern das Endziel sterile Medizinprodukte sind. Die Überprüfung erfolgt also durch die komplette Überwachung der Parameter, die sich auf den Sterilisationserfolg auswirken. Neuere Sterilisatoren besitzen integrierte Drucker, welche die Aufzeichnung von Druck- und Temperaturverlauf über die Zeit automatisch vornehmen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 221 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Routineüberwachung Gerätekontrolle M Sichtkontrolle Sterilisationsprozessüberwachung Kontrolle der Geräteleistung Indikatoren/ Dokumentation U Gerätekontrolle Gerätekontrolle Bevor der Autoklav in Betrieb genommen werden darf, muss er auf die einwandfreie Funktion überprüft werden: S Kontrolle der Geräteleistung •Wird täglich durchgeführt (sofern sterilisiert wird) geprüft wird: •die Dichtigkeit der Sterilisationskammer •die Dampfdurchdringung E T Sichtkontrolle Hilfsmittel: •Vakuumtest •Bowie-Dick-Test resp. Helixtest DIN EN ISO 17665-1: 12.1.6: «Wenn das Sterilisationsverfahren darauf angewiesen ist, dass die Luft aus der Sterilisator-Kammer entfernt wird, […] dann muss täglich vor der Verwendung des Sterilisators eine Prüfung auf Dampfdurchdringung durchgeführt werden.» R Überprüft wird: •Sauberkeit, v. a. in der Kammer •Funktion vom Türdichtungssystem und Türverschluss •Anzeigedisplay des Gerätes auf Betiebsbereitschaft (für Geräte, die ein Selbstdiagnosesystem, welches beim Einschalten automatisch eine Kontrolle durchführt, besitzen.) - 222 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Sterilisationsprozessüberwachung Sterilisationsprozessüberwachung M Der ordnungsgemässe Ablauf eines Sterilisationszyklus muss bei jedem Durchgang überwacht und dokumentiert werden. Die Parameter: • Druck • Temperatur • Zeit werden festgehalten und die Dampfdurchdringung überprüft. Jedem Sterilisationszyklus soll ein Indikator der Klasse 1 und mindestens einer der Klasse 5 oder 6 mitgeführt werden. Letzterer ist verpackt der Beladung beizulegen. U DUm den Sterilisationsprozess von komplexen Instrumenten abzusichern, wurden während der letzten 10 Jahre so genannte Chargenüberwachungssysteme = CÜS resp. (englisch) Batch Monitoring System = BMS in den Markt eingeführt. S Die heute verwendeten BMS sind in den meisten Fällen jedoch ebenso Typ-Tests wie oben erklärt. Diese Tests zeigen also nur, dass der Sterilisator entsprechend seinen Spezifikationen funktioniert, haben aber keine Beziehung zur Beladung. Allerdings stellen sie sicher, dass die möglichen Programmänderungen durch NKG (nicht kondensierbare Gase) während des Tages festgestellt werden. Nicht kondensierbare Gase (NKG) E T Professor Bowie hat bereits im Jahr 1961 gezeigt, dass innerhalb von Sterilisationsprozessen keine homogenen Bedingungen vorliegen und die Ansammlung von nicht kondensierbaren Gasen (NKG) die Dampfdurchdringung in kritischen Bereichen von porösen Gütern und Hohlkörpern verhindern können. Die Grenze von biologischen und chemischen Indikatorstreifen liegt darin, dass sie die Wirksamkeit der Sterilisation nur an der Stelle überwachen können, an der sie innerhalb der Sterilisatorkammer oder eines Paketes platziert sind. NKG treten auf bei: • mangelnder Luftentfernung beim fraktionierten Vakuum • Leckagen • mangelnden Türdichtungen, Ventilen, Aggregaten • Einschleppung über Leitungen • Luft-Eintritt durch Pressluft hinter der Türdichtung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R NKG behindern durch die Bildung von Luftinseln die Sterilisation. Dort wo Luft ist, kommt kein Wasserdampf hin, es findet folglich keine Kondensation und somit auch keine Sterilisation statt. Um den Sterilisationserfolg zu gewährleisten, müssen alle äusseren und inneren Oberflächen des Sterilisiergutes möglich frei von solchen Gasen sein. Die nicht kondensierbaren Gase spielen vor allem bei der Sterilisation von komplexen Hohlkörperinstrumenten eine grosse Rolle. Diese Instrumente sind erschwert zu entlüften. Sterilisationsverfahren 223 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Kontrollmöglichkeiten Kontrollmöglichkeiten Kontrollen seitens vom Gerät M Vakuumtest Bowie-Dick seitens der Produkte Helix-Test U ChemoIndikator BioIndikator S Gerätekontrolle Behandlungs-/ Prozessindikator Gerätekontrolle Vakuumtest (Prüfung auf Luftleckage) E T Dieser Test überprüft die Kammer auf ihre Dichtheit. Die Durchführung findet mit leerer Kammer und stabilisierter Temperatur statt. Die Vakuumpumpe führt die Entlüftung durch und stellt anschliessend ab. Das Vakuumventil wird geschlossen. Nun wird geprüft, ob der niedrige Druck eine gewisse Zeit gehalten werden kann. Wäre ein Leck vorhanden, würde Luft einströmen und der Druck wieder steigen. Bowie-Dick-, Helix-Test R Der Test überwacht die Luftentleerung und die Dampfdurchdringung. Es wird kontrolliert, ob die gesamte Luft abgesaugt wurde und der Dampf überall eindringen konnte. Er ist demzufolge ein Funktionstest und kein Test auf Sterilität. Der Test ist zu Beginn eines jeden Tages, an dem der Sterilisator verwendet wird zu vollziehen. Er wird mit leerer Sterilisationskammer mit dem Bowie-Dick-Programm (134 °C, 3.5 Minuten) durchgeführt. 224 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Bowie-Dick (DIN EN 867-3) Er prüft die Dampfdurchdringung bei poröser Beladung (Tupfer, Gazen, Kompressen, Tücher, Schläuche) und soliden Instrumenten. Zur Testung wird ein Einmal-Prüfpacket verwendet. Dieses besteht aus einem Papierstapel, welchem in der Mittei ein Indikator eingelagert ist. Der Chemoindikator verfärbt sich beim Kontakt mit Dampf. M Helix (DIN EN 867-5) Er prüft die Dampfdurchdringung bei komplexen Hohlkörpern. Er besteht aus Prüfkörper und einem Detektor: U Der Prüfkörper besteht aus hintereinander geschalteten Hohlräumen unter schiedlicher Längen und Volumen. Er simuliert die Entlüftungseigenschaften der entsprechenden Instrumente. Um den unterschiedlichen Hohlkörperinstru menten gerecht zu werden, gibt es verschiedene Prüfkörper. Zusätzlich muss dieser schwerer zu entlüften sein, als die Instrumente. S Der Detektor ist ein Chemoindikator, dessen Farbe bei Kontakt mit Wasserdampf umschlägt. Er befindet sich im verschraubten Prüfkörper am Ende der geschalteten Hohlräume E T Es sind Kombinationstests von Bowie-Dick- und Helix-Test im Handel erhältlich. R Chargenüberwachungssystem = CÜS (englisch BMS = Batch Monitoring System) Das optimale CÜS überprüft die kritischen Parameter (Temperatur, Zeit und Wasser) wie ein Klasse 5 oder 6 Indikator plus zusätzlich die Luftentleerung und Dampfdurchdringung (Validation nach DIN 58921). Mit ihm kann folglich nachgewiesen werden, dass eine Sterilisation an der am schwersten zu sterilisierenden Stelle stattgefunden hat. In diesem Falle kann allein aus dem Ergebnis des Chargenüberwachungssystems (= erfolgreicher Indikatorumschlag) die Freigabe der Charge erfolgen. Das System wird dazu ausserhalb der Verpackung positioniert. Der Prüfkörper muss so konzipiert sein, dass die Dampfdurchdringung schwerer ist als die der Beladung unter Worst-Case-Bedingungen. Zusätzlich wird angenommen, dass der Sterilisationszyklus unter Worst-Case-Bedingungen abläuft. Das System ist analog dem Helix-Test aufgebaut. Zusätzlich gibt er über die Sterilisationszeit (z. B. 18 Min. im Prionenprogramm) Auskunft. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 225 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Produktekontrollen Produktekontrollen Behandlungs- / Prozessindikator Der Indikator wird auf jedem zu sterilisierenden Produkt mitgeführt. Er dient zur Unterscheidung in bereits sterilisierte und nicht sterilisierte Pakete. Durch ihn wird nachgewiesen, dass das Sterilgut mit Hitze behandelt wurde. Es kann keine Aussage über die Sterilität gemacht werden, da die Farbe bereits durch geringe Wärmeeinwirkung umschlägt. M Chemoindikator Diese Indikatoren prüfen je nach Aufbau einen oder mehrere Sterilisationsparameter, nicht aber die nicht kondensierbaren Gase in der Kammer. Bioindikatoren U Die Überwachung mittels Bioindikatoren muss mindestens halbjährlich oder nach 400 Sterilisationsdurchgängen erfolgen. E T S Zur mikrobiologischen Prüfung werden bestimmte Zubereitungen mit Mikroorganismen eingesetzt. Werden diese Testkeime durch das Sterilisationsverfahren abgetötet, kann davon ausgegangen werden, dass der Prozess wirksam war. Die nicht kondensierbaren Gase in der Sterilisationskammer werden nicht überprüft. Der Indikator kann in verschiedenen Formen angeboten werden (z. B. Sporenpäckchen, Sporenstreifen). Da die Bioindikatoren durch die Dampfsterilisation innert kürzester Zeit abgetötet werden, können sie nicht zur Gewährleistung der Haltezeit eingesetzt werden. Sie werden ergänzend zu den anderen Testmethoden angewandt. Zur Durchführung wird der Sterilisator mit dem Sterilisiergut beladen und dazwischen die Indikatoren positioniert. Nach Programmablauf muss der Bioindikator zuerst inkubiert werden. Die Inkubation kann im Betrieb direkt oder aber auch extern erfolgen. Dies hat zur Folge, dass keine sofortigen Informationen über den Sterilisationserfolg vorliegen. Klassifizierung der Indikatoren (EN 11140-1) R Die Norm unterteilt die Indikatoren numerisch von 1 – 6. Die Indikatorenstufe lässt keine Rückschlüsse auf die Qualität des Indikators zu. Das heisst, ein Indikator der Klasse 5 ist nicht besser wie einer der Klasse 1. Die Klassifizierung erfolgt auf Grund des Verwendungszweckes des Indikators. Indikatoren lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilen. 226 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation • Indikatorenstreifen: ein Indikator-Reagens ist auf einem Träger platziert: Indikatorenstreifen M • Prüfkörper (=PCD) & Indikatorsystem/ Detektor = Klasse 2 - Indikator U E T S → Klasse 1 – Prozess-/Behandlungsindikatoren Der Indikator wird auf der Oberfläche der Packung aufgebracht. Jede Verpackung muss mit einem Indikator versehen sein. Durch ihn wird ersichtlich, ob das Sterilgut einen Sterilisationsprozess durchlaufen hat oder nicht. Er hat eine rein logistische Funktion (Unterscheidung in behandeltes und nicht behandeltes Gut) und gibt keine Informationen über die Sterilität. R Der Indikator wird in unterschiedlichen Formen angeboten: Aufdrucke auf Verpackungsmaterial, selbstklebende Etiketten, etc. Die Behandlung mit Wärme erzeugt eine sichtbare Veränderung des Indikators: von hell auf dunkel oder ein Farbumschlag von zwei deutlich unterschiedlichen Farben. In die Verpackung integrierte Indikatoren dürfen diese nicht nachteilig beeinflussen. ➡ Klasse 2 – Indikatoren für spezielle Prüfungen Die Indikatoren weisen nach, dass keine nicht kondensierbare Gase vorhanden sind. Durch sie wird die Penetrationseigenschaft von Dampf in die schwierigsten internen Lumen gewährleistet. Sie bestehen aus einem Prüfkörper (PCD) und einem darin platzierten Indikator- Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 227 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren system. Durch sie werden die Temperatur, die Zeit und das flüssige Wasser (kritische Parameter) sowie das Vorhandensein vom flüssigen Wasser an allen Sterilisationsflächen geprüft. Die Anforderungen an die Indikatoren werden nicht in der Norm EN 11140-1 geregelt. Die gebräuchlichsten Testsysteme sind: • der Bowie-Dick-Test (DIN EN 867-3) • der Hohlkörper-Helix-Test (DIN EN 867-5) und das •Chargenüberwachungssystem. • Für die Testung auf Sporen ist ein Bioindikator-PCD erhältlich. M ➡ Klasse 3 – Indikatoren zur Überwachung eines kritischen Parameters Dieser Indikator kommt selten zum Einsatz. Er überwacht lediglich einen einzelnen Parameter während dem Sterilisationsprozess. ➡ Klasse 4 – Indikatoren zur Überwachung mehrere kritischer Parameter Es werden mehrere Parameter überwacht, aber nicht alle. Er wird selten eingesetzt. U E T S ➡ Klasse 5 – integrierende Indikatoren Der Indikator überwacht sämtliche Sterilisationsparameter. Sie sollten so konzipiert sein, dass sie als Bioindikatoren eingesetzt werden können. Werden nur solide (massive, feste) und/ oder poröse Medizinprodukte Kritisch A sterilisiert, kann ein Indikator der Klasse 5 oder 6 im Sterilisiermedium mitgeführt werden. Wird ein Chargenüberwachungssystem (Indikator Kl. 2) mitgeführt, sind die Indikatoren im Paket hinfällig. ➡ Klasse 6 – emulierende Indikatoren Hier werden alle kritischen Parameter überwacht. Zusätzlich gehen die Anforderungen betreffend Umschlagverhalten über jene der Bioindikatoren hinaus. R Kritische Parameter Die Norm besagt im Punkt 5.2, dass im Dampfsterilisationsprozess die Zeit, Temperatur und das Wasser zu den kritischen Parametern gehören. Die nicht kondensierbare Gase (NKG) werden dabei nicht berücksichtigt. Früher wurde davon ausgegangen, dass während dem Sterilisationsprozess in der gesamten Kammer homogene Bedingungen herrschen, was den Einsatz von Indikatoren der Klasse 5 und 6 zur Sterilitätsgewährleistung rechtfertigte. Diese Annahme muss revidiert werden, da durch die NKG inhomogene Verhältnisse herrschen. Die Klasse 5 und 6 – Indikatoren können die Sterilität nur an der Stelle, an der sie platziert wurden nachweisen: sie können innerhalb eines Sterilpaketes lediglich die Dampfpenetration auf die Instrumenten- und Hohlkörperoberfläche überprüfen, nicht aber die Dampfdurchdringung in das Instrumenteninnere. 228 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Empfehlung zu notwendigen Kontrollen nach Swiss Medic Was? Wie? Wann? Dokumente Maschinenkontrolle Betriebsbereitschaft Sichtkontrolle (Sauberkeit, Türsystem, Anzeigeeinheit, etc.) täglich bei Arbeitsbeginn kein Eintrag nötig (Arbeitsanweisung) Leckagetest (Vakuumtest) (falls Zyklus vorhanden) Leere Kammer, gemäss Hersteller wöchentlich Sterilisationsprotokoll Eintrag mit Ergebnis und Visum Dampfdurchdringungstest (falls Zyklus vorhanden) b) B&D-Prüfpaket, Programm gemäss Hersteller Sterilisationsprotokoll Eintrag mit Ergebnis und Visum M Art oder täglich Prozessindikatoren Auf jeder Verpackung anbringen, sofern nicht schon aufgedruckt jede Charge, jede Verpackung kein Eintrag nötig (Arbeitsanweisung) Kennzeichnung Sterilisationsdatum und Chargennummer (falls schon bekannt) sowie Packungsinhalt (sofern nicht ersichtlich) auf Verpackung anbringen jede Charge, jede Verpackung kein Eintrag nötig (Arbeitsanweisung) Verpackungskontrolle Siegelnähte auf durchgehende Siegelung prüfen, Container und Trays auf sauberen Verschluss prüfen jede Charge, jede Verpackung kein Eintrag nötig (Arbeitsanweisung) Chargenfreigabe Ein chemischer Indikator der Klasse 5 oder 6 verpackt zu der Charge geben, bei Hohlkörpern mit Vorteil Prozessprüfkörper (PCD) verwenden b) jede Charge Sterilisationsprotokoll Eintrag mit Ergebnis und Visum Prozessausdruck Prozessausdruck auf Korrektheit der Prozesswerte kontrollieren, visieren Sofort nach Programmende Ausdruck visiert ablegen in Ringordner, Sterilisationsprotokoll Eintrag mit Ergebnis und Visum Verpackungen Verpackungen auf Unversehrtheit prüfen, Behandlungsindikatoren auf Umschlag prüfen Sofort nach Programmende Sterilisationsprotokoll Freigabe zur Anwendung Verpackungen auf Unversehrtheit prüfen, Ablaufdatum beachten Immer vor Anwendung Nachtrag Sterilisations- protokoll falls nötig R E T Sterilgutkontrolle Helixtest, Programm gemäss Hersteller S Chargenüberwachung bei regelmäs­ siger Sterilisation von porösen Gütern täglich U Behandlungskontrolle a) Bemerkungen Empfehlung zu notwendigen Kontrollen nach Swiss Medic Eintrag mit Ergebnis und Visum Eintrag mit Ergebnis und Visum, falls Nachtrag a) mindestens dreimal monatlich (CEN ISO TS 17665-2:2009, Tab. A3) b)Kombination mittels Chargenüberwachungssystems (BMS, Batch Monitoring System) möglich Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 229 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren Chargendokumentation Chargendokumentation Zur Rückverfolgung des Sterilisationsverfahrens wird ein Tagesprotokoll erstellt. Dies bestätigt einen vollständigen und korrekten Prozessablauf der freigegebenen Charge. Die Unterlagen sind mindestens bis 10 Jahre nach dem Verwenden des Produktes aufzubewahren. Beispiel Tagesprotokoll Sterilisation U M R E T S Dokument verfügbar unter http://www.swissmedic.ch/md.asp, Rubrik Berufliche Anwender und Spitäler) 230 Sterilisation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Sterilisation Wartung des Sterilisators Wartung des Sterilisators Zur fachgerechten Wartung müssen die Herstellerangaben des jeweiligen Gerätes beachtet werden. Die Arbeiten, Mängel und Störungen sowie entsprechende Behebungsmassnahmen müssen protokolliert werden. U M Grundsätzlich gilt: • Die Reinigung soll in regelmässigen Abständen, je nach Gebrauch, erfolgen. • Der Aussenbereich und die Kammer müssen gereinigt werden, inkl. Kammereinsätze, Haltesysteme, Einsatzgestelle u. ä. • Der Wassertank muss regelmässige kontroliert und gereinigt werden. • Der Filter für die Zufuhr der Trocknungsluft muss in regemässigen Abständen ausgetauscht werden. • Türdichtung auf Verschmutzung prüfen und gegebenenfalls reinigen • Türdichtung regelmässig auswechseln • Der Hersteller/Vertreiber soll eine periodische Wartung und Sicherheitsprüfung sowie die Kalibrierung und Justierung der Messinstrumente vornehmen. R E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Sterilisationsverfahren 231 Lehrkraftausgabe Sterilisationsverfahren U M R E T S 232 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung 10 Umweltschutz und Entsorgung M 10.1 Umweltprobleme / Umweltverschmutzung Umweltprobleme / Umweltverschmutzung Umweltprobleme werden verursacht, indem Menschen Veränderungen in der natürlichen Umwelt (Ökosystem) hervorrufen. Ursachen sind: U • Nutzung natürlicher Ressourcen • Besiedlung neuer Gebiete • Nutzung neuer Technologien führen zu Nebenprodukten S Zusammengefasst kann gesagt werden, dass Umweltprobleme / Umweltverschmutzungen als Nebenprodukt des Modernisierungsprozesses entstehen. Probleme des heutigen Ökosystems R E T Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Umweltprobleme / Umweltverschmutzung 233 Lehrkraftausgabe Abfälle Die Verschmutzung des natürlichen Lebensumfeldes des Menschen wird als Umweltverschmutzung bezeichnet. Belastet wird die Umwelt hauptsächlich durch Abfälle / Emissionen wie Abgase, Abwässer, Müll, giftige Schadstoffe aber auch Strahlung oder Lärm. Abfälle fallen überwiegend bei der Produktion, beim Konsum und nach Abschluss der Nutzung von Gütern an. Um die Umweltbelastung zu verringern muss ausser der Entsorgung auch ein Augenmerk auf folgende Punkte gelegt werden: Produktion mit weniger Rohstoffen Produktion mit geringeren Abfallmengen schonender Umgang mit Rohstoffen den eigenen Konsum, hinsichtlich der Möglichkeit zur Vermeidung, Verminderung und Verwertung, überdenken. • Produkte nach Möglichkeit solange Nutzen, wie es geht. Abfälle U M • • • • 10.2 Abfälle R E T S Nach einem gewissen Zeitraum wird jedes Gebrauchsprodukt ausrangiert und es wird zum Abfallprodukt. In der Schweiz herrscht ein hoher Entsorgungsstandard und es stehen gesetzliche Bestimmungen sowie eine adäquate (entsprechende) Infrastruktur zu Verfügung. Ziel ist es, die Umwelt möglichst wenig zu belasten aber auch den Umgang mit Abfällen sicher zu gestalten. 234 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung Rechtliche Grundlagen Folgende Dokumente bieten Hilfe im Umgang mit Abfällen: Gesetze Gesetze • Umweltschutzgesetz (USG) • Gewässerschutzgesetz (GSchG) M Für die Handhabung der Abfälle ist grundsätzlich der Bund zuständig. Der Vollzug wird jedoch durch die Kantone geregelt. Sie können an die nationale Gesetzgebung eigene Anschlussgesetze festlegen. Die Kantone wiederum dürfen gewisse Aufgaben auf die einzelnen Gemeinden übertragen. Somit können kantonale Abweichungen im Umgang mit Abfällen entstehen. • • • • • E T • Technische Verordnung über Abfälle (TVA) Verordnung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA) Verordnung des UVEK über Listen zum Verkehr mit Abfällen (LVA) Verordnung über Getränkeverpackungen (VGV) Verordnung über die Höhe der vorgezogenen Entsorgungsgebühr für Getränkeverpackungen aus Glas Verordnung über die Höhe der vorgezogenen Entsorgungsgebühr für Batterien und Akkumulatoren Verordnung über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte (VREG) Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV) Luftreinhalte-Verordnung (LRV) Gewässerschutzverordnung (GSchV) Verordnung über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP) S • • • • • U Verordnungen R Ferner erlässt das Bundesamt für Umwelt (BAFU) Richtlinien in Bezug auf Zwischenlagerung, Transport und Entsorgung von Abfällen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Abfälle 235 Lehrkraftausgabe Abfälle Entsorgungsverfahren von Normen Entsorgungsverfahren Recycling Recycling beschreibt die Rückführung von Abfallstoffen in den Produktionskreislauf. Dadurch wird die Abfallmenge vermindert und rare Rohstoffe können geschont werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Rückgewinnung ist die einfache Abtrennbarkeit der Abfallbestandteile und eine getrennte Sammlung. M Abfälle aus dem häuslichen Alltag, welche sich zur Rückführung eignen: U E T S 236 Umweltschutz und Entsorgung R Abfallstoffe können auf drei verschiedene Arten zurück in den Kreislauf fliessen: 1. Wiederverwendung: Ein Rückstand wird für den ursprünglichen Verwendungszweck wieder eingesetzt (Mehrwegflaschen). 2. Weiterverwendung: Der Rückstand wird für einen anderen Zweck eingesetzt. (Aus Altreifen wird ein Granulat zur Produktion von Bodenbelägen hergestellt.) 3. Weiterverwertung: Sekundärstoffe werden zum Wiedereinsatz in den ursprünglichen Produktionsprozess hergestellt. (Altglas zur Herstellung von Behälterglas) Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung Verbrennung Abfälle, welche nicht recycelt werden können und brennbar sind werden in Kehrichtverbrennungsanlagen oder Verbrennungsanlagen für Sonderabfälle thermisch verwertet. Die dabei entstandene Wärme erzeugt Strom und dient zur Beheizung von Gebäuden. M Biologische oder chemisch-physikalische Behandlung Durch diese beiden Massnahmen werden entweder Schadstoffe aus den Abfällen eliminiert oder eine sichere Ablagerung wird ermöglicht. Ein Beispiel hierzu ist die Wasseraufbereitung: Das «verschmutzte» Wasser wird durch Filtration oder auch mit Hilfe von Mikroorganismen soweit von Schadstoffen befreit, dass es in die Kanalisation eingeleitet werden kann. Die extrahierten Schadstoffe werden je nach Zusammensetzung entweder verbrannt oder deponiert. U Deponie Abfälle, die durch keine der drei im Voraus erwähnten Methoden verwertet werden können sowie Rückstände aus der Verbrennung werden auf unterschiedlichen Deponien gelagert. Je nach Schadstoffgehalt der nicht-verwertbaren Abfälle besteht eine Vorbehandlung-Pflicht. E T S Entsorgung Gemäss Umweltschutzgesetz beinhaltet die Entsorgung von Abfällen deren: • Verwertung resp. Deponierung • Sammlung • Beförderung • Zwischenlagerung • Behandlung Je nach Eigenschaft des Abfalles muss dieser unterschiedlich entsorgt werden. Dazu sind die jeweiligen kantonalen Richtlinien zu befolgen. R Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Abfälle 237 Lehrkraftausgabe Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen 10.3 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen Die Erstellung eines konkreten Abfallkonzeptes erleichtert den sachgemässen Umgang mit Abfällen. Das Konzept muss Bestandteil vom Hygieneplan sein. Übersicht der anfallenden Abfälle: U M E T S Besondere Bedeutung kommt den medizinischen Sonderabfällen zu. Für sie gelten spezielle Entsorgungsmassnamen. R Kehricht ist ein handlicher, brennbarer Siedlungsabfall, der gesammelt und verbrannt wird. Es besteht keine Möglichkeit zur Verwertung. Er muss nicht separat entsorgt werden. Darunter fallen zum Beispiel Tetrapackungen oder Papierschnitzel (Arztgeheimnis beachten!) Recycling-Abfälle sind verwertbare Abfälle, welche nicht der Kehrichtsammlung zu übergeben sind. Sie werden getrennt gesammelt und entsprechend weiterverwertet. Papier, Glas, Aluminium, Eisen, Styropor oder PET fallen unter diese Gruppe. 238 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung Medizinische Abfälle Medizinische Abfälle Definition Medizinische Abfälle entstehen bei spezifischen, gesundheitsdienstlichen Tätigkeiten im Gesundheitswesen. Dazu gehören Untersuchungen, Vorsorge, Pflege, Behandlung, Therapie sowie Diagnostik und Forschung. M Unproblematische Abfälle Von ihnen geht keine Sicherheits- oder Umweltgefährdung aus. Es sind keine speziellen Massnahmen notwendig. Medizinische Sonderabfälle Abfälle aus der Medizin müssen hinsichtlich der Ökologie, Hygiene und Sicherheit entsorgt werden. Daraus folgt eine Unterscheidung in drei Gefahrenkategorien: Medizinische Sonderabfälle U S 1. Verletzungsgefahr durch scharfe / spitze Gegenstände (Skalpell, Injektionskanülen etc.) 2. Kontaminationsgefahr durch Abfälle, welche mit Blut, Sekreten oder Exkreten verunreinigt sind. 3. Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch infektiöse Abfälle oder Arzneiwirkstoffe Abfälle, welche diesen Kriterien zuzuordnen sind, gehören zu den Sonderabfällen und werden separat gesammelt und unter speziellen Bedingungen entsorgt sowie verwertet. E T Sie dürfen nur an Entsorgungsunternehmen mit einer kantonalen Bewilligung zur Verwertung übergeben werden. Jeder Abgabebetrieb erhält hierzu eine Betriebsnummer. Dadurch wird eine sichere und umweltfreundliche Entsorgung gewährleistet. Die «Verordnung über den Verkehr mit Abfällen» (VeVA) regelt die Übergabeverfahren. Die Finanzierung wird nach dem Verursacherprinzip geregelt. R → VeVA: Sie schreibt den Abgabebetrieben vor, bei der Übergabe von Sonderabfällen diese mit dem entsprechenden Abfallcode zu versehen sowie mit der Betriebsnummer und den Begleitscheine beizulegen. → Abfallverzeichnis: Ihm wird der jeweilige Abfallcode zur Verwertung entnommen. Das Verzeichnis gliedert sich nach der Herkunft der Abfälle und besteht aus 20 Kapiteln. Jeder darin enthaltenen Abfallart wird ein sechsstelliger Code zugeordnet. Im Weiteren werden die Abfälle klassifiziert: «S» steht dabei für Sonderabfälle. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen 239 Lehrkraftausgabe Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen Kapitel aus der «Verordnung des UVEK über Listen zum Verkehr mit Abfällen» Auszug möglicher Abfälle aus der Medizin U M E T S R → Betriebsnummer: Den Abgabebetrieben von Sonderabfällen wird von der Fachstelle des zuständigen Kantons eine Betriebsnummer zur Identifikation zugeteilt. Die Vergabe der Nummer ist kostenlos und kann vorzugsweise per E-Mail / Fax bezogen werden. Die Betriebsnummern von Abgabebetrieben aber auch Entsorgungsunternehmen sind öffentlich unter veva-online.ch abrufbar. Ebenfalls ist dort das Abfallverzeichnis aufgeschaltet und es lassen sich elektronische Begleitscheine erstellen. 240 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung → Betriebsnummer, den Abgabebetrieben von Sonderabfällen wird von der Fachstelle des zuständigen Kantons eine Betriebsnummer zur Identifikation zugeteilt. Die Vergabe der Nummer ist kostenlos und kann vorzugsweise per E-Mail/Fax bezogen werden. Die Betriebsnummern von Abgabebetrieben aber auch Entsorgungsunternehmen sind öffentlich unter veva-online.ch abrufbar. Ebenfalls ist dort das Abfallverzeichnis aufgeschaltet und es lassen sich elektronische Begleitscheine erstellen. Aufgabe 10.3.1 Suchen Sie auf der Internet-Seite www.veva-online.ch die Betriebsnummer Ihres UnternehAufgabe mens. Suchen Sie auf der Internet-Seite www.veva-online.ch die Betriebsnummer Ihres Unternehmens. Lösung: Öffnen der Startseite Betrieb suchen U M Betriebsnummer S E T über den Button «Anzeigen» gelangt man zur Detailanzeige der Betriebsadresse. Sie enthält die Betriebsdaten und bei Entsorgungsunternehmen die aktuell bewilligten Abfallcodes/ Entsorgungsverfahren. R → Begleitscheine: Sie enthalten genaue Angaben über Abfall, Abgeber, Transporteur und Entsorger. Je nach Art und Menge des Abfalles stehen verschiedene Begleitscheine zur Verfügung. Siehe unter www.bafu.ch/veva-inland Ausnahmeregelung: Sonderabfallmengen bis 50 kg pro Abfallcode und Lieferung dürfen ohne VeVA-Begleitschein abgegeben werden. Der Abfall wird unter Angabe der VeVABetriebsnummer dem Entsorgungsunternehmen übergeben, welches dem Abgeber eine Quittung (Übergabebeleg) ausstellt. Die Begleitscheine als auch die Übergabebelege sind fünf Jahre aufzubewahren. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen 241 Lehrkraftausgabe Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen Gruppierung der Abfälle aus dem Gesundheitswesen Abfälle im Gesundheitswesen Abfälle im Gesundheitswesen Gruppe Abfallbeschreibung A unproblematische medizinische Abfälle, die mit dem Kehricht zu vergleichen sind medizinische Sonderabfälle Abfälle mit Kontaminationsgefahr •Abfälle von Körperteilen, Organen und Gewebe mit Kontaminationsgefahr (Pathologieabfälle) B1.2 •Abfälle mit Blut, Exkreten und Sekreten mit Kontaminationsgefahr U B1.1 Abfälle mit Verletzungsgefahr (spitze und scharfe Gegenstände = Sharps B3 Altmedikamente B4 Zytostatika-Abfälle (Altmedikamente, Materialien aus Anwendung, Herstellung und Zubereitung) C D E T S B2 Medizinische Abfälle M B1 Infektiöse Abfälle andere Sonderabfälle, die nicht nur in Gesundheitseinrichtungen anfallen können! Infektiöse Abfälle mit Verletzungsgefahr fallen unter die Gruppe C! R A unproblematische medizinische Abfälle Diese Abfälle gleichen in der Zusammensetzung dem Kehricht. Von ihnen geht kein erhöhtes Risiko aus. Die Entsorgung erfolgt im Doppelsacksystem via Kehrrichtabfuhr. 242 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung Aufgabe 10.3.2 Was sind unproblematische Abfälle? Schreibe Sie Ihre Antwort in den Abfallsack. leere Spritzen (ohne Kanülen!) M Kompressen Einweghandschuhe normalverschmutztes Verbandsmaterial U Hygieneartikel (Windeln, Binden, Inkontinenzeinlagen, Papiertaschentücher, Wattestäbchen) entleerte Einwegbehältnisse (Urinbecher) S Tupfer Heftpflaster leere Medikamentenbehältnisse E T (kleinste) Hautabschnitte aus Arztpraxen Gipsverbände Infusionsbesteck ohne Dorn Mundschutz Medikamente, welche im Nicht-Fachhandel tabletten, Magensiumtabletten, usw.) R bezogen werden können (Medizinaltee, Vitamin- Einzelne Körperflüssigkeiten wie, Blut, Urin oder Eiter, in einfach zu entleerenden Behältern können direkt über den Ausguss entsorgt werden. Anschliessend wird mit ausreichend Wasser nachgespült und die Ausgusseinrichtung gegebenenfalls desinfiziert. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen 243 Lehrkraftausgabe Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen Medizinische Sonderabfälle Medizinische Sonderabfälle Aufgabe 10.3.3 a) Laden Sie im Internet auf www.bafu.admin.ch das Dokument «Entsorgung vom medizinischen Abfällen» herunter und vervollständigen Sie die sechs folgenden Tabellen. B1.1 Abfälle von Körperteilen, Organen und Gewebe mit Kontaminationsgefahr (Pathologieabfälle) M Es handelt sich um nicht infektiöse Teile von menschlichen Körper-, Organ- und Gewebeteilen, wie: Beispiele Entsorgung U Gewebeabfälle Am Entstehungsgort sofort in geeignete, dichte Behälter sammeln. Bei längerer Zwischenlagerung gekühlt lagern. Plazenten S - Körperteile Die Verbrennung erfolgt in geeigneter Abfallverbrennungsanlage. Ausnahmen sind: - Amputate humane Körperteile Humane Teile wie: E T - entfernte Organe - Föten Plazenten. Diese werden aus ethischen Gründen in Krematorien verbrannt. R 244 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung B1.2 Abfälle mit Blut, Exkreten und Sekreten mit Kontaminationsgefahr Unter diese Kategorie fallen Abfälle, welche stark oder ekelerregend mit Blut, Exkreten oder Sekreten verunreinigt sind. Es muss angenommen werden, dass diese Abfälle potentiell mit pathogenen Erregern kontaminiert sind. Entsorgung nicht entleerte / nicht entleerbarer Sammlung in flüssigkeitsdichten Behäl- Urin- und Bluttransfusionsbeutel tern, an einem nur für Fachpersonal verfallene Blutpräparate zugänglichem Ort M Beispiele Blutproben U Abszessdrainagen gefüllte Behälter sind nicht wieder zu Dialysefilter öffnen Cell-Saver-Systems stark verblutete Verbände S gefüllte Redonflaschen Entsorgung via geeigneter Verbrennungsanlage R E T Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen 245 Lehrkraftausgabe Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen B2 Abfälle mit Verletzungsgefahr («Sharps) Sharps sind Gegenstände, welche in einem engen Zusammenhang mit gesundheitsdienstlichen Tätigkeiten stehen und von denen auf dem gesamten Entsorgungsweg eine Verletzungsgefahr ausgeht. Entsorgung Nadeln Sammlung in Behältern mit folgenden Anforderungen: M Beispiele Kanülen sie sind überprüft Einsteckdorne sie sind stichfest Brechampullen sie sind flüssigkeitsundurchlässig U Kapillaren sie sind nach Verschluss nicht mehr zu Pasteurpipetten öffnen Skalpellklingen S Lanzetten Glasröhrchen (ohne Inhalt!) Objektträger E T Die Sammelbehälter werden klar erkennbar beschriftet und an einem nur für Fachpersonal zugänglichem Ort zwischengelagert. Die Verwertung erfolgt in Verbrennungsanlagen. Vollständig entleerte Stechampullen könnten grundsätzlich der Glassammlung übergeben werden! R Absolut ungeeignet und nicht vorschriftgemäss sind zur Sammlung von Sharps in Altgebinde wie Kanister oder Infusionsflaschen sowie Glasbehälter. 246 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung B3 Altmedikamente Arzneimittel werden zu Altmedikamenten wenn: • die Aufbrauchsfrist (Verfalldatum) abgelaufen ist • der Inhaber sich der Medikamente entledigen will • aus sonstigen Gründen ihre Anwendung entfällt (Rückruf, etc.) Entsorgung Medikamentenprodukte, welche nur über Sammlung in geeigneten Behältern mit Zwischenlagerung an einem für nur Fachpersonal zugänglichem Ort. M Beispiele den Fachhandel (Apotheke, Praxen, Phar- U maindustrie) erhältlich sind. Medikamentenbehälter, welche noch Die Entsorgung erfolgt in einer Verbrennungsanlage. Medikamentenreste enthalten oder mit Altmedikamente dürfen auf keinen Fall über die Kanalisation (Toilette, Spülbecken) entsorgt werden! S diesen kontaminiert sind. Altmedikamente mit unbekannten oder gefährlichen Inhaltsstoffen aus der E T Homöopathie und der Alternativmedizin. R Betäubungsmittel: Für verfallene, nicht mehr verwendete oder von Patienten zurückgebrachte Betäubungsmittel gelten verschärfte Vorschriften gemäss dem Betäubungsmittelgesetz. Die kantonalen Heilmittelkontrollen vollziehen die gesetzlichen Vorgaben im Bereich der Betäubungsmittel, die der Bund den Kantonen übertragen hat. Abgelaufene oder nicht mehr benötigte Betäubungsmittel müssen mit einem Lieferschein, auf dem alle Artikel und genauen Mengen notiert sind, dem Lieferanten oder der Dienststelle Gesundheit und Sport per Einschreiben zugestellt werden. Der Abgeber (die Arztpraxis) muss die Herkunft der Betäubungsmittel (verfallene Lagerware, Retoure Patient etc.) belegen können. Solange die Ware beim Abgeber an Lager ist, muss sie auch im Bestand (Betäubungsmittel-Journal) geführt werden. Entsprechende Dokumente fallen in die Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen 247 Lehrkraftausgabe Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen Aufgabe 10.3.4 Suchen Sie im Internet nach dem entsprechenden Lieferschein «für BetäubungsmittelRetouren resp. -Entsorgung» Ihres Wohnkantons. Drucken Sie diesen aus und ordnen Sie den Ausdruck an dieser Stelle ein. B4 Zytostatika-Abfälle M Diese Abfälle entstehen: • bei der Anwendung, Herstellung und Zubereitung von Zytostatika • bei der Behandlung von Patienten mit zytostatisch wirkenden Medikamenten • bei «Putzarbeiten» nach einem Ereignis, Materialien wurden mit geringer oder grossen Mengen Zytostatika kontaminiert. U Welche Substanzen zu den Zytostatika gezählt werden, kann in spezifischen Listen nachgeschlagen werden. (vgl. Arzneimittelkompendium Schweiz) C S Die Sammlung erfolgt in festen, nach der Verfüllung nicht mehr zu öffnenden Behältern. Die Behälter sind deutlich zu kennzeichnen. Die Endentsorgung wird in der Verbrennungsanlage oder über eine Entsorgungsfirma vollstreckt. Infektiöse Abfälle E T In diese Gruppe werden Abfälle eingeordnet, von denen eine Gefahr der Weiterverbreitung von Infektionserregern ausgeht. Darunter fallen: Körperflüssigkeiten, Exkrete und Sekrete sowie Abfälle welche erheblich damit kontaminiert sind. R 248 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Umweltschutz und Entsorgung Aufgabe 10.3.5 Welche «infektiösen Abfälle» kennen Sie aus Ihrer Lehrpraxis? Schreiben Sie die Beispiele in die nachfolgende Tabelle. Beispiele Entsorgung mit Prionen infizierte Abfälle (auch Zwischenlagerung in keimdichten UN-geprüften Behältern, welche gekennzeichnet sind. Die Behälter werden unter Verschluss an einem kühlen Ort gelagert bis die Entsorgung in der Verbrennungsanlage erfolgt. M nach Vorbehandlung durch Sterilisation, etc. ) Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit bei klassischer Prionenerkrankung U Sputum inkl. Auffangbehälter bei Tuberkulose Wundsekret und Wundverband bei Milz- S brand Stuhl in Windeln / Inkontinenzeinlagen phus-, Cholera- und Ruhrbakterien , Rotaviren etc. infektiöse pathologische Abfälle infektiöse Proben aus med. Laboratorien infektiöse Sharps R E T bei Ausscheidung von Typhus-, Paraty- Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen 249 Lehrkraftausgabe Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen D Andere Sonderabfälle Hierbei handelt es sich um Sonderabfälle, welche auch ausserhalb des Gesundheitswesen anfallen können. Die Entsorgung unterliegt den abfallrechtlichen Vorschriften. Beispiele Entsorgung Batterien Rückgabe an Fachhandel M Sammlung in geschlossenen Glasbehäl- Quecksilberhaltige Abfälle (Blutdruckmessgeräte) tern Entsorgung über Giftsammelstelle oder U bewilligtem Entsorgungsbetrieb Leuchtstoffröhren Rückgabe an Fachgeschäft Laborchemikalien Abgabe zur Entsorgung an bewilligten S Fotochemikalien (Entwickler- und Fixierlösungen aus dem konventionellem Röntgen) Entsorgungsbetrieb für Sonderabfälle Abgabe zur Entsorgung an bewilligten Entsorgungsbetrieb für Sonderabfälle E T Silberhaltige Röntgenfilme fallen nicht unter die Sonderabfälle. Sie werden zur Rückgewinnung des Silbers separat gesammelt und einer Verwertung zugeführt. Dabei sind die Vorschriften über den Datenschutz zu beachten! Vermischte Sammlungen von Kleinmengen medizinischer Sonderabfälle in Arztpraxen R Kleinmengen medizinischer Sonderabfälle Fallen nur kleine Mengen (max. 20 kg pro Monat) medizinische Sonderabfälle an, können diese in gleichen Behältern gesammelt und entsorgt werden. Dabei müssen folgende Kriterien erfüllt werden: • Alle Sonderabfälle werden in derselben Anlage entsorgt. Es sind keine Sortierungen mehr notwendig. • Die Lagerung und Verpackung entspricht den Vorgaben für den kritischsten Sonderabfall. • Es dürfen weder infektiöse Abfälle (Gruppe C) noch andere Sonderabfälle (Gruppe D) beigemischt werden! 250 Umweltschutz und Entsorgung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement 11 Qualitätsmagement Hygieneplan Ziel Ziel M 11.1 Hygieneplan Der Hygieneplan dient zum Patienten- und Mitarbeiter und Umweltschutz und ist eine Ansammlung von verbindlichen Anweisungen in der Arztpraxis, mit dem Ziel: U S • Schutz der Patienten vor Infektionen • Schutz der Mitarbeitenden vor Infektionen und anderen gesundheitsschädigenden Faktoren • Die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden E T Zur Vermeidung einer beruflichen Exposition gegenüber biologischen Flüssigkeiten müssen für die einzelnen Arbeitsplätze Empfehlungen erarbeitet, sichere Arbeitstechniken entwickelt und persönliche Schutzmassnahmen ergriffen werden. Unfallereignisse müssen analysiert und Massnahmen zur Vermeidung getroffen werden. Wird ein Hygieneplan nach den aktuellen Erkenntnissen und Regeln der Hygiene erstellt, dient er zur Aufrechterhaltung der Gesundheit von Patienten und Mitarbeiter. Dabei ist eine einheitliche, lückenlose und konsequente Anwendung der Massnahmen zu gewährleisten R Anforderungen • Der Inhalt muss den aktuellen Vorschriften entsprechen. • Ein Hygieneplan muss für jede Einrichtung individuell verfasst werden. • Er muss in schriftlicher Form vorliegen, inklusive Praxislogo, Erstelldatum und Verfasser. • Er wird an einer für alle zugänglichen, zentralen Stelle deponiert. • Nach der Erstellung/Abänderung eines Planes werden die Angestellten in Kenntnis gesetzt und entsprechend geschult. Ein diesbezügliches Protokoll wird erstellt und die Anwesenden bestätigen Schulung durch ihre Unterschrift. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Hygieneplan 251 Lehrkraftausgabe Hygieneplan • Ein Hygieneplan wird ständig revidiert. Mindestens einmal pro Jahr muss er auf die Aktualität und Gültigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. • Die Einhaltung der Massnahmen wird durch die verantwortliche Person regemässig überprüft. Inhalt Inhalt M Der Plan enthält konkrete, verfahrensspezifische Hygieneanleitungen, die verpflichtend als tägliche Arbeitshilfe eingesetzt werden müssen. Sämtliche hygienebezogenen Prozesse müssen darin nachvollziehbar und detailliert dokumentiert werden. Wie bereits erwähnt, wird ein Hygieneplan individuell erstellt. Eine inhaltliche Aufgliederung könnte folgendermassen erfolgen: U Hygieneplan S Der praxisindividuelle Hygieneplan basiert auf verschiedenen gesetzlichen Grundlagen zu den Themen: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umwelschtutz Hände-­‐ Hygien Haut-­‐ anBsepBk Flächen-­‐ Reinigung /Desin-­‐ fekBon AuHe-­‐ reitgung von Medi-­‐ zinproduk-­‐ ten Lager-­‐ fristen Abfallent-­‐ sorgung Hygienisch, mikrobio-­‐ logische, phyisische RouBneun-­‐ tersuchung E T Die Themen sind im Lehrmittel unter folgenden Kapiteln beschrieben: 252 Qualitätsmagement Kapitel 5 -­‐ Instrumenten-­‐ desinfektion Kapitel 7 -­‐ Instrumenten-­‐ reinigung Kapitel 8 -­‐ Sterilisation Kapitel 9 -­‐ Lagerfreisten Die The-­‐ men sind im Lehr-­‐ mittel unter folgen-­‐ dem Ka-­‐ pitel be-­‐ schrie-­‐ ben: Die The-­‐ men sind im Lehr-­‐ mittel unter folgen-­‐ dem Ka-­‐ pitel be-­‐ schrie-­‐ ben: Die The-­‐ men sind im Lehr-­‐ mittel unter folgen-­‐ dem Ka-­‐ pitel be-­‐ schrie-­‐ ben: Kapitel 9 Kapitel 11 Kapitel 2 R Kapitel 4: -­‐ Hände waschen -­‐ Handpflege Kapitel 5: -­‐ Händedesinfektion -­‐ Hautantiseptik -­‐ Flächendesinfektion Kapitel 7: -­‐ Flächenreinigung Die Themen sind im Lehrmittel unter folgenden Kapiteln beschrieben: Meldung übertrag-­‐ barer Krankheiten Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Reinigungs-/Desinfektionsplan Da ein Hygieneplan sehr umfänglich ist, empfiehlt es sich als Anhang einen separaten Plan für die Reinigungs- und Desinfektionsmassnahmen zu führen. Dabei handelt es sich um eine tabellarische Kurzfassung aus und somit um einen Bestandteil aus dem Hygieneplan. Somit gelten dieselben Anforderungen. Reinigungs-/ Desinfektionsplan In ihm wird festgehalten, welche Massnahme, wann, wie, womit und durch welche Person zu erfolgen hat. M • • • • • Was:Massnahme Wann: Häufigkeit/ Zeitpunkt der Massnahme Wie: Vorgang/ Umsetzung der Massnahme Womit:Produkt Wer: welche Mitarbeiter U Die Pläne sind an allen Arbeitsbereichen sichtbar, möglichst an Wänden o. ä., anzubringen. Auszug aus einem Reinigung-/Desinfektionsplan R E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Hygieneplan 253 Lehrkraftausgabe Hygieneplan Aufgabe 11.1.1 Erstellen Sie den Grundriss eines Reinigungs-/Desinfektionsplanes für Ihre Praxis. Erfassen Sie diesen tabellarisch in einem Word-Dokument. Möglicher Inhalt: Personalschutz: Handreinigung -Händedesinfektion (evtl. hygienisch / chirurgisch) M -Handpflege Patientendesinfektion: -Hautdesinfektion -Schleimhautdesinfektion -Wunddesinfektion U Instrumentenaufbereitung: … -Instrumente desinfizieren -manuelle/ maschinelle Reinigung S … Desinfektion der Hilfsmittel: Blutdruckmanschette Stethoskop E T Blutentnahmekissen EKG-Elektroden … Flächenreinigung und – desinfektion: -Fussböden (Sprechzimmer, Labor, …) -Liegen … 254 Qualitätsmagement R -Urindurchreiche Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement 11.2 Gefahren Gefahrenstoffe «Alle Ding sind Gift und nichts ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.» PARACELSUS Gift Grundbegriffe – Glossar Glossar M Was ist ein Gift? Ein Gift ist eine Substanz, die dosisabhängig durch ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften schädlich auf den Organismus einwirkt. Bundesamt für Gesundheit S BAG U Aufgabe 11.2.1 a) Suchen Sie nach den fehlenden Begriffen und schreiben Sie Ihre persönliche Definition dazu. b) Vergleichen Sie die Definitionen innerhalb der Klasse. c) Lernen Sie die Begriffe und Definitionen indem Sie sich gegenseitig abfragen. Biologische Agenzien Biologische Agenzien sind: Mikroorganismen die Infektionen, CLP-Verordnung Classification, Labelling and Packaging; Verordnung Dekontamination Mögliche Schadstoffe (radioaktive Partikel, Chemikalien, Keime, Allergien oder eine toxische Wirkungen hervorrufen können. E T etc.) werden von einer Oberfläche entfernt. Liefert keine Informationen über den Verbleib/Intaktheit der Schadstoffe. EUH-Sätze sind Ergänzungen zu den H- und P-Sätzen. EUH-Sätze sind Sicherheitskennzeichnungen für Gefahrstoffe die im GHS nicht berücksichtigt worden sind. Exposition signifikante Exposition Einwirkung von Umgebungseinflüssen auf den Organismus Gefahrenmerkmale (von Gefahrstoffen) Erkennungszeichen (kennzeichnende Eigenschaften) von → R EUH-Sätze signifikant = wesentlich, erheblich, deutlich, erkennbar Gefahrstoffen; Beispiele: entzündlich, explosiv, giftig, radioaktiv. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Gefahren 255 Lehrkraftausgabe Gefahren Gefahrenstoffe = gefährliche Stoffe Als gefährliche Stoffe gelten Zubereitungen/Gemische und Gegenstände (fest, flüssig oder gasförmig), die eine oder mehrere gefährliche Eigenschaften aufweisen und damit das Leben oder die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden, die Umwelt belasten oder Sachwerte beschädigen können. GHS M Heilmittel GHS = Globally Harmonized System Das GHS vereinheitlicht auf der Basis einer UN-Resolution die Verwendung von Gefahrensymbolen weltweit. «Heilmittel» ist ein Oberbegriff für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die beiden Produktgruppen werden im Heilmittelgesetz U geregelt und von Swissmedic zugelassen und überwacht. Dieses Gesetz soll den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gewährleisten. Was bedeutet, dass nur qualitativ hoch stehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden. IgG IgG steht für «Immunglobulin G» Immunglobuline G sind ein wichtiger Bestandteil unseres Abwehrsystems. Intoxikation Vergiftung Karzinogen karzinogene Wirkung Latenzzeit E T S Heilmittelgesetz Ein Karzinogen ist eine Substanz, ein Organismus oder eine Strahlung, die Krebs erzeugen oder die Krebserzeugung fördern kann. Krebserzeugende Wirkung Die Latenzzeit ist der Zeitraum zwischen Stattfinden eines Reizes und der Reizantwort Piktogramme R Radionukliden Gefahrensymbole Instabile Atome, die radioaktiv zerfallen. Es bilden sich Alpha-, Beta und/oder Gammastrahlungen 256 Qualitätsmagement signifikant wesentlich, erheblich, deutlich, erkennbar UN Vereinigte Nationen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement H- und P-Sätze H- und P-Sätze Die R- und S-Sätze = Risiko- und Sicherheitssätze (englisch risk and safety) waren kodifizierte Warnhinweise. Damit wurden in der EU bis anhin Gefahrenmerkmale von chemischen Gefahrstoffen und Gemischen charakterisiert. Jetzt sind diese durch die H- und P-Sätze ersetzt worden! • H-Sätze (Hazard Statements) • P-Sätze (Precautionary Statements) M GHS = Globally Harmonized System Die GHS-Kennzeichnung, ist das von den Vereinten Nationen (UN) angeregte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien und steht als Abkürzung für «Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals». GHS = Globally Harmonized System U Ziel der GHS! Durch die weltweit gültige Einstufungsmethode, mit einheitlichen GefahrenPiktogrammen und denselben Gefahren- und Sicherheitshinweisen auf Etiketten, Verpackungen und in Sicherheitsdatenblättern, sollen die Gefahren bei der Herstellung, beim Transport und der Verwendung von Chemikalien bzw. Gefahrstoffen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt weltweit minimiert werden. S Zudem wird durch die Vereinheitlichung der internationale Handel vereinfacht. NEU! Seit dem 01.12.2012 muss in der Schweiz für «Stoffe» verbindlich die GHS-Kennzeichnung angewendet werden. Für «Gemische» ab dem 01.06.2015. Einteilung in Gefahrenklassen R E T *Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage: http://www.bag.admin.ch/themen/chemikalien/00531/00533/index.html?lang=de Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Gefahren 257 Lehrkraftausgabe Gefahren Physikalische Gefahren explosive Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff entzündbare Gase entzündbare Aerosole entzündend (oxidierend) wirkende Gase unter Druck stehende Gase entzündbare Flüssigkeiten entzündbare Feststoffe selbstzersetzliche Stoffe und Gemische selbstentzündliche (pyrophore) Flüssigkeiten selbstentzündliche (pyrophore) Feststoffe selbsterhitzungsfähige Stoffe und Gemische Stoffe und Gemische, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln entzündend (oxidierend) wirkende Flüssigkeiten entzündend (oxidierend) wirkende Feststoffe organische Peroxide auf Metall korrosiv wirkend U M 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) Gesundheitsgefahren Umweltgefahren E T S 1) akute Toxizität 2) Ätzung/ Reizung der Haut 3) schwere Augenschädigung/ -reizung 4) Sensibilisierung von Atemwegen oder Haut 5)Keimzell-Mutagenität 6)Karzinogenität 7)Reproduktionstoxizität 8) spezifische Zielorgan-Toxizität (einmalige Exposition) 9) spezifische Zielorgan-Toxizität (wiederholte Exposition) 10)Aspirationsgefahr 1)gewässergefährdend Zusätzliche EU-Gefahrenklasse 1) die Ozonschicht schädigend R 258 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Definition GHS-System Mit dem GHS-System werden die Warnsymbole für Gefahrstoffe definiert durch: Definition GHS-System 1 9 GHS-Gefahrenpiktogramme (Gefahrensymbole) inkl. einer GHS-Nummer Die Piktogramme geben eine erste bildhafte Information über die Gefahr. Sie sind auf einem weissen Untergrund mit roter Umrandung dargestellt. Signalwörter (Gefahrenstufe) Signalwörter stehen im Zusammenhang mit einem Gefahren-Piktogramm und geben eine Groborientierung auf den relativen Gefährdungsgrad: Gefahr: wird verwendet für ernsthaftere (höhere) Gefahrenkategorien Achtung: wird verwendet für weniger schwerwiegende (tiefere) Gefahrenkategorien. M 2 U 3 H-Sätze (Hazard Statements) Die Gefahrenhinweise = H-Sätze beschreiben die Gefahren, welche von Chemikalien ausgehen können im Detail. Zum Beispiel: H 3 1 8 → «verursacht schwere Augenschäden» E T S R Beispiele von H-Sätzen: • H201 Explosiv, Gefahr der Massenexplosion • H261 In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase • H300 Tödlich bei Verschlucken (Kategorie 1 und 2) • H301 Giftig bei Verschlucken (Kategorie 3) • H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken (Kategorie 4) • H360 Kann das Kind im Mutterleib schädigen • H400 Sehr giftig für Wasserorganismen • H412 Schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger P-Sätze (Precautionary Statements Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Gefahren 259 Lehrkraftausgabe Gefahren 4 P-Sätze (Precautionary Statements Die Sicherheitshinweise = P-Sätze geben Informationen zum sicheren Umgang mit Chemikalien: Sie beschreiben, wie man sich vor Gefahren schützen kann oder wie man vorgehen sollte, falls sich ein Zwischenfall ereignet. Zum Beispiel: P 4 0 3→ «an einem gut belüfteten Ort aufbewahren» U M R E T S Beispiele von P-Sätzen: • P102 Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen • P211 Nicht gegen offene Flamme oder andere Zündquelle sprühen • P314 Bei Unwohlsein ärztlichen Rat einholen / ärztliche Hilfe hinzuziehen • P361 Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen • P403 An einem gut belüfteten Ort aufbewahren • P501 Inhalt / Behälter der Problemabfallentsorgung zuführen 260 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Aufgabe 11.2.2 Definieren Sie die folgenden Piktogramme. Nennen und ergänzen Sie: die Bedeutung, Bezeichnung und die typische Eigenschaften und suchen Sie nach Beispielen in der Arztpraxis, in der Schule oder Zuhause! GHS 01 = Explodierende Bombe Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG M Bezeichnung: explosiv Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können explodieren, sei es durch den Kontakt mit einer Flamme, einem Funken, durch elekt- U rostatische Aufladung, Erhitzung oder einen Schlag. Massnahmen: Handhabung nur durch Fachleute oder ausgebildetes Personal. Bei Lagerung und Anwendung Umgebungswärme beachten. Nach Gebrauch sorgfältig verschliessen. S Beispiel/Produkte: Nitroglyzerin E T GHS 02 = Flamme Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG Bezeichnung: hochentzündlich Typische Eigenschaften: Chemikalien, die sich entzünden können durch den Kontakt mit einer Flamme, einem Funken, durch elektrostatische Aufladung, Erhitzung, Luft- oder Wasserkontakt. Kann sich bei falscher R Lagerung auch ohne Fremdeinwirkung selber entzünden. Massnahmen: Zündquellen vermeiden. Geeignete Löschmittel immer bereithalten. Auf die Lagertemperatur achten. Nach Gebrauch sorgfältig verschliessen. Beispiel/Produkte: Grillanzünder, Lampenöle, Spraydosen, Lösungsmittel Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Gefahren 261 Lehrkraftausgabe Gefahren GHS 03 = Flamme über Kreis Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG Bezeichnung: brandfördernd Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können einen Brand verursachen oder verstärken. Sie haben eine oxidierende Wirkung. Das heisst, sie setzen beim Brand Sauerstoff frei und lassen sich daher nur mit Massnahmen: Immer entfernt von brennbaren Materialien aufbewahren. Geeignete Löschpräparate bereithalten. Nach Gebrauch sorgfältig verschliessen. U M speziellen Mitteln löschen. Ein Ersticken der Flammen ist unmöglich. Beispiel/Produkte: Wasserstoffperoxid, Bleichmittel GHS 04 = Gasflasche S Bedeutung: ACHTUNG Bezeichnung: Gas unter Druck Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien sind komprimierte, verflüs- E T sigte oder gelöste Gase. Geruchlose oder unsichtbare Gase können unbemerkt entweichen. Behälter mit komprimierten Gasen können durch Hitze oder Verformung bersten. Massnahmen: Vor Sonneneinstrahlung schützen und an gut belüftetem Ort aufbewahren (nicht im Keller!). Nach Gebrauch sorgfältig R verschliessen. Beispiel/Produkte: Propan- und Butangasflaschen, CO2-Flaschen für Sodawasserherstellung 262 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement GHS 05 = Ätzwirkung Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG Bezeichnung: ätzend Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien sind ätzend und/oder verursachen schwere Augenschäden. Kann bestimmte Materialien auflösen (z. B. Textilien). Ist schädlich für Tiere, Pflanzen und organi- M sches Material aller Art. Massnahmen: beim Umgang immer Handschuhe und Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen. Nach Gebrauch sorgfältig verschliessen. U Beispiel/Produkte: Backofenreiniger, Entkalker, Abflussreiniger, starke Reinigungsmittel, Reinigungskonzentrate S GHS 06 = Totenkopf mit gekreuzten Knochen Bedeutung: GEFAHR Bezeichnung: hochgiftig E T Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können schon in kleinen Mengen zu schweren Vergiftungen oder zum Tod führen. Massnahmen: grösste Vorsicht im Umgang mit solchen Chemikalien anwenden. Geeignete Schutzkleidung wie Handschuhe und Maske verwenden. Die Gefährdung Unbeteiligter ausschliessen. Nach Gebrauch Beispiel/Produkte: Mäuse- und Rattengift Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R sorgfältig verschliessen. Gefahren 263 Lehrkraftausgabe Gefahren GHS 07 = Ausrufezeichen Bedeutung: ACHTUNG Bezeichnung: Vorsicht gefährlich Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können reizend sein, Allergien oder Ekzeme auslösen, Schläfrigkeit verursachen, in grösseren Mengen Vergiftungen auslösen oder die Ozonschicht Massnahmen: Etikette lesen, damit die Gefahr erkannt wird und die notwendigen Schutzmassnahmen getroffen werden können. Hautkontakt vermeiden. Nur die benötigte Menge verwenden. Nach Gebrauch sorg- U M schädigen. fältig verschliessen. Beispiel/Produkte: Geschirrspültabs, Reinigungsmittel, Javelwasser S GHS 08 = Gesundheitsgefahr Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG Bezeichnung: gesundheitsschädigend E T Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können zu schweren Beeinträchtigungen der Gesundheit führen, sei es, weil sie krebserzeugende, erbgutschädigende, fruchtbarkeits- oder entwicklungsschädigende Eigenschaften haben, zu Schädigungen bestimmter Organe oder zu Sensibilisierung führen können. R Massnahmen: beim Umgang immer die nötigen Schutzmassnahmen treffen. Niemals einnehmen, jeden unnötigen Kontakt vermeiden, langfristige Schädigungen bedenken. Nach Gebrauch sorgfältig verschliessen. Beispiel/Produkte: Benzin, Methanol, Lacke, Grillanzünder, Lampenöle, gewisse ätherische Öle 264 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement GHS 09 = Umwelt Bedeutung: ACHTUNG Bezeichnung: gewässergefährdend Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien sind sehr giftig für Wasserorganismen (Fische, Algen, Krustentiere, u. a.). Kann bereits in geringen Konzentrationen akut oder durch Langzeitwirkung schädigen. M Massnahmen: Nicht in die Umwelt gelangen lassen. Gefahren- und Sicherheitshinweise auf der Etikette beachten sowie Gebrauchsanweisung/Dosiervorschriften befolgen. Nicht mehr benötigte Produkte oder teilentleerte Gebinde der Verkaufsstelle zurückgeben U oder als Sonderabfall entsorgen. Beispiel/Produkte: Schimmelentferner, Anti-Insektensprays, Schwimmbadchemikalien, Motorenöle S *Hinweis: Piktogramme und Erklärungen stammen von der Homepage /www.reach-compliance.ch E T Beispiele zur Sicherheitshinweisen Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen Sie sehen hier zwei Kennzeichnungen: nach der neuen GHS- und der alten EU-Vorschrift. Quecksilber (Hg, Ordnungszahl: 80) Ethylendiamintetraessigsäure = EDTA R Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Gefahren 265 Lehrkraftausgabe Gefahren Aufgabe 11.2.3 a) Welche Bedeutung haben die Gefahrensymbole b) Suchen Sie die folgenden H- und P-Sätzen Quecksilber a) EDTA Gefahrensymbole • Sehr giftig Gefahrensymbol • Gesundheitsge- H330 heitlichen Schäden fahr: krebserzeugend • Umweltgefährlich U M b) Lebensgefahr bei H 319 Einatmen c) P 201 • Führt zu gesund- Verursacht schwere Augenreizung S Vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen P 305 P 351 Bei Kontakt mit den Augen: 20 Minuten behutsam E T mit Wasser ausspülen Etikette R Etikette Bei chemischen Produkten vermittelt die Etikette dem Kunden die wichtigsten Informationen für einen sicheren Umgang mit dem Produkt. Sie gibt Auskunft: • über die möglichen Gefahren, die vom Produkt ausgehen können, • über das korrekte Verhalten und • über das Vorgehen im Unglücksfall Die aufgeführten gefährlichen Inhaltsstoffe dienen Ärzten dazu, bei Vergiftungen rasch die richtige Behandlung des Patienten einzuleiten. Der Name, die Adresse und die Telefonnummer des Herstellers oder Importeurs erleichtern Rückfragen beim Hersteller. Bis 2017 können auch Produkte mit den alten schwarzen Symbolen auf orangem Grund im Verkauf sein! 266 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Achtung! Chemische Produkte ohne aufgedruckte Gefahrensymbole sind nicht automatisch harmlos. Wenn Hinweise fehlen, ist es möglich, dass die Gefahren unterhalb einer gewisser Grenzen liegen, oder die Chemikalien sind noch nicht vollständig auf ihre Wirkung geprüft worden. Es empfiehlt sich, generell vorsichtig mit chemischen Produkten umzugehen! U M Beispiel Gefahrenkennzeichnung Vergiftungen E T S *Hinweis: Bild ab Homepage www.bag.admin.ch Vergiftungen R Bei Vergiftungsverdacht empfiehlt das BAG, einen Arzt oder das Schweizerische Toxikologische Informationszentrum unter der Telefonnummer 145 (www.toxi.ch) anzurufen. Die Notfallnummer des Toxikologischen Informationszentrums ist gratis und das Telefon während 24 Stunden betreut. Versuchen Sie im Notfall, die folgenden Informationen zu liefern, welche für eine individuelle Risikobeurteilung und Behandlung wichtig sind: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Gefahren 267 Lehrkraftausgabe Gefahren Aufgabe 11.2.4 Welche Informationen braucht das Toxikologische Informationszentrum, damit eine Beurteilung der Situation vorgenommen werden kann? Erarbeite Sie eine Zusammenstellung der «5-W-Fragen» und die Erklärung dazu. • Wer • Wer ist betroffen? Alter, Gewicht und Geschlecht der betroffenen Person. Telefonnummer für den Rückruf angeben. M • Was • Was wurde eingenommen? Mit welchem Produkt kam die Person in Kontakt? Produktetikette bereithalten. U • Wie viel • Versuchen Sie die maximale Menge abzuschätzen, die die betroffene Person eingenommen hat oder mit der sie in Kontakt kam. S • Wann • Vor wie langer Zeit kam es zum Vorfall? • Weitere Informationen E T • Erste beobachtete Symptome? Erste getroffene Massnahmen? Rücknahmepflicht Rücknahmepflicht für gefährliche Chemikalien Wer an Privatpersonen gefährliche Chemikalien abgibt, muss Kleinmengen kostenlos zur fachgerechten Entsorgung zurücknehmen. R Bezeichnung einer Chemikalien-Ansprechperson Betriebe, die gefährliche Chemikalien abgeben, müssen intern eine Chemikalien-Ansprechperson bezeichnen. Wenn sie für diese Tätigkeit eine Person mit Sachkenntnis benötigen, muss die ChemikalienAnsprechperson der zuständigen kantonalen Vollzugsbehörde unaufgefordert mitgeteilt werden. Alle übrigen Betriebe müssen ihre Chemikalien-Ansprechperson auf Anfrage bekannt geben. Die ChemikalienAnsprechperson ist Bindeglied zwischen dem Betrieb und den kantonalen Vollzugsbehörden und muss hierzu einen Überblick über die chemikalienrechtlichen Pflichten des Betriebs haben. 268 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement 11.3 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Definitionen Definitionen M • «Arbeitssicherheit» bedeutet Verhütung von (Berufs-)Unfällen • «Gesundheitsschutz» bedeutet Vermeidung von (Berufs-)Krankheiten • «Betriebliche Gesundheitsvorsorge» bedeutet, die allgemeine Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz wird gefördert Betriebliche Gesundheitsvorsorge Gesundheitsvorsorge U Gesetzgebung Das Arbeitsgesetz ist auf private Betriebe sowie auf selbständige öffentlichrechtliche Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit anwendbar. Für wichtige juristische Abklärungen sind die entsprechenden Gesetzes- und Verordnungstexte einzusehen. *Hinweis: Die Gesetze und Verordnungen des Bundes sind im Internet unter www.bk.admin.ch abrufbar R E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 269 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge U M Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zusammengefasst: ArG Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, SR 822.11) ArGV 1 Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (SR 822.111) ArGV 2 Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz (Sonderbestimmungen für bestimmte Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, SR 822.112) ArGV 3 Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (Gesundheitsschutz, SR 822.113) ArGV 4 Verordnung 4 zum Arbeitsgesetz (Industrielle Betriebe, Plangenehmigung und Betriebsbewilligung, SR 822.114) ArGV 5 Verordnung 5 zum Arbeitsgesetz (Jugendarbeitsschutzverordnung, SR 822.115), Verordnung des WBF über gefährliche Arbeiten für Jugendliche SR 822.115.2) Verordnung des WBF über die Ausnahmen vom Verbot von Nacht- und Sonntagsarbeit während der beruflichen Grundausbildung (SR 822.115.4) Mutterschutzverordnung Verordnung des WBF vom 20. März 2001 über gefährliche und beschwerliche Arbeiten bei Schwangerschaft und Mutterschaft (SR 822.111.52) Sicherheitsorganisation E T S Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind: UVG Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 20.03.1981 VUV Verordnung über die Verhütung von Unf ällen und Beruf skrankheiten vom 19.12.1983 UVV Verordnung über die Unfallversicherung vom 20.12.1982 StSG Strahlenschutzgesetz vom 22.03.1991 StSV Strahlenschutzverordnung vom 22.06.1994 Sicherheitsorganisation R Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz verlangen von den Arbeitnehmenden ein solides Grundwissen. Dabei entscheidet die Grösse und das Tätigkeitsfeld einer Arztpraxis über den dafür notwendigen Umfang und Aufwand. Wiederum ist es notwendig, dass innerhalb der Praxis, eine Mitarbeitende die Verantwortlichkeit bezüglich «Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge» übernimmt und als Ansprechperson zur Verfügung steht. Falls nötig, wird diese Person zusätzlich als Chemikalien-Ansprechperson ausgewiesen. Beide Funktionen müssen im Organigramm der Arztpraxis ersichtlich sein und sind in einer Stellenbeschreibung zu umschreiben und in einem Pflichtenheft zu beschreiben. *Hinweis: Die Organisation einer Arztpraxis in Form von Strukturen, Aufgaben und Abläufen werden im Lehrmittel Betriebliche Prozesse, Praxisadministration, Kapitel 2.4, beschrieben. 270 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement M Diese für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz autorisierte Person sorgt dafür, dass: • neue Teammitglieder entsprechend den Praxisrichtlinien instruiert und geschult werden. • das Team mindestens einmal pro Jahr, z. B. an einer Teamsitzung, auf die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz sensibilisiert wird. • Instruktionen, Schulungen oder Informationsveranstaltungen, von einzelnen Mitarbeitenden oder vom ganzen Team, dokumentiert werden. • Änderungen respektive Neuerungen den Teammitgliedern bekanntgemacht und die Praxisdokumentationen entsprechend angepasst werden. Gefahren und Risiken in der Arztpraxis erkennen In einer Arztpraxis lauern eine Vielzahl von Gefahren und Risiken. Jedes Teammitglied muss sich dessen bewusst sein und Verantwortung bezüglich Arbeitssicherheit sowie Gesundheits- U schutz für sich selbst, für die Mitarbeitenden und die Patienten übernehmen. S Viele der potentiellen Gefahren und Risiken, welche im Arbeitsalltag einer MPA vorkommen, werden in den vorgängigen Kapiteln beschrieben und sind somit bereits bekannt. Hier nochmals eine Zusammenstellung: • Belastung durch gesundheitsgefährdende Stoffe - konzentrierte Reinigungsmittel R E T - Desinfektionsmittel - Laborchemikalien z. B. EDTA, Reagenzien, Jod, Xylol, Formaldehyd - Arzneimittel z. B. Methotrexat, Antibiotika oder steroidhaltige Medikamente (insbesondere in Salben- und/oder Ampullen-Form) - allergene Substanzen z. B. gepuderte Handschuhe - Okklusion = Einschluss von Feuchtigkeit im Handschuh - evtl. Röntgenchemikalien - evtl. Anästhesiegase z. B. Lachgas, Halothan • Verätzung der Atemwege, Augen und Haut Durch Sprühnebel und Dämpfen von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln • Strahlenbelastung Durch ionisierende Strahlen, welche z. B. beim Röntgen entstehen. Ionisierende Strahlung ist grundsätzlich karzinogen und kann Mutationen verursachen. • Kontamination mit biologischen Agentien* (*pathogene Erreger und Toxine) - Durch Stich- und Schnittverletzungen oder Spritzer - Durch aerogene Übertragung (Tröpfcheninfektion) • Ergonomische Belastung Zwangshaltung z. B. am Bildschirm, langes Sitzen und/oder Stehen, ungünstiges Raumklima, eingeengter Bewegungsraum • Arbeitspsychologische Belastung Stress durch immer «nett sein müssen», Stress durch mangelhafte Arbeitsorganisa- Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 271 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge tion und/oder Arbeitsplanung, ungenügende Team-Organisation resp. TeamFührung, Mobbing, sexuelle Belästigung oder Über-, beziehungsweise Unterforderung • Gefährdung durch fehlende Infrastruktur Fehlende soziale Ecke/sozialer Raum, fehlende Personal-Toilette • Gefährdung durch fehlende oder nicht geeignete Arbeitskleidung und -Schuhe Ausgleiten/Ausrutschen, Verunreinigung Gefährdungsbeurteilung «Gesunde Arbeitsplätze – ein Gewinn für alle» Mit diesem Leitgedanken hat die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (OSHA) eine Kampagne zur Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz gestartet. Mit dem Ziel: Das Bewusstsein aller am Arbeitsprozess Beteiligten für das Erkennen und Beseitigen von Gefahren und Risiken zu schärfen sowie entsprechende Massnahmen einzuleiten, um damit die arbeitsbedingten Unfälle möglichst zu verhindern. U M Gefährdungsbeurteilung S Damit in einer Arztpraxis (sowie in allen anderen Unternehmen) geeignete Schutzmassnahmen organisiert und umgesetzt werden können, muss vorab eine Gefährdungsbeurteilung stattfinden. Diese Beurteilung basiert auf einem systematischen Verfahren. Dabei werden alle Arbeitsaspekte untersucht und nach Gefahren und Risiken beurteilt. Der entsprechende Leitfaden der Europäischen Kommission umfasst die folgenden fünf Schritte: R E T 1 Die vorkommenden Gefahren sowie die möglicherweise gefährdeten Personen werden ermittelt. 2 Die Gefahren werden nach Schweregrad und nach der Wahrscheinlichkeit des Eintretens beurteilt, dokumentiert sowie nach Wichtigkeit eingeteilt. 3 Geeignete präventive Massnahmen werden ermittelt und in einem Massnahmenkatalog festgehalten. 4 Die Präventions- und Schutzmassnahmen werden gemäss dem erarbeiteten Massnahmenkatalog eingeführt. Die für die Sicherheit verantwortliche Person, diese wurde im Zusammenhang mit der «Sicherheitsorganisation in der Arztpraxis» bereits ermittelt, übernimmt die Verantwortung. 5 Die Gefahrenbeurteilung und die Schutzmassnahmen werden z. B. mit Hilfe von Checklisten und Prozessabläufen regelmässig überprüft und aktualisiert. Änderungen in der Organisation werden sofort angepasst. 272 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Nach Unfällen, Expositionen und Erkrankungen werden Gefahrenbeurteilung und Schutzmassnahmen immer sofort neu beurteilt. Unfälle, Expositionen und berufsbedingte Erkrankungen werden kommuniziert und mit einem CIRS-Meldeformular festgehalten. Somit können ähnliche Ereignisse verhindert werden. *Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage: http://www.ekas.admin.ch/index-de. php?frameset=62 M Risiken vorbeugen U Risiken vorbeugen In der EU-Richtlinie 2010/32/EU-Präventionsmassnahmen werden sechs Punkte zur Risikovorbeugung beschrieben: 1 Risikoeliminierung bei Exposition gegenüber scharfen medizinischen Instrumenten 2 Verwendung von Medizinprodukten mit integrierten Sicherheits- und Schutzmechanismen 3 Vermeidung unnötiger Verwendung von scharfen medizinischen Instrumenten 4 Schutz vor blutübertragbaren Pathogenen 5 Einbeziehung wirksamer Entsorgungsverfahren und deutlich gekennzeichneter Sicherheitsentsorgungsbehälter 6 Verwendung persönlicher Schutzausrüstung (PSA) 7 Infektionsprävention (Prophylaxe) 8 Angebot von kostenlosen Impfungen bei hohem Infektionsrisiko E T S Arbeitsmedizinische Vorsorge (AMV) Um den Berufsrisiken von medizinischem Personal möglichst optimal vorbeugen zu können, gehört nebst der Gefährdungsbeurteilung, die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung, gemäss der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (Art. 70ff (VUV)), dazu. Mit dieser Verordnung werden die folgenden Ziele verfolgt: R • Arbeitnehmende mit individuellen Risikofaktoren und somit einem erhöhten Berufs- krankheitsrisiko zu erkennen. • Eine beginnende Berufskrankheit frühzeitig zu erfassen. • Eine unzulässige innere Belastungen und Beanspruchungen (z. B. durch chemische Substanzen) durch das biologische Monitoring* bereits vor dem Ausbruch einer Berufskrankheit zu beurteilen. * Beurteilung der Exposition von Arbeitnehmenden gegenüber chemischen Arbeitsstoffen durch die Bestimmung des entsprechenden Arbeitsstoffes im biologischen Material: z. B. Blut, Urin oder Ausatmungsluft. • Berufskrankheiten mit langer Latenzzeit (Reaktionszeit), wie durch berufliche Faktoren verursachte Krebserkrankungen, durch nachgehende Untersuchungen auch nach Ende der Exposition frühzeitig zu diagnostizieren. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 273 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge • Nicht bekannte oder erkannte Berufskrankheitsrisiken anhand einer kollektiven Auswertung zu identifizieren. • Allgemeine medizinische Probleme zu erkennen und individuell «massgeschneiderte» Massnahmen einzuleiten. Publikationen der SUVA zum sicheren Umgang mit Arbeitsstoffen im Gesundheitswesen Suva 2869/18.d Verhütung gesundheitlicher Gefahren bei der Desinfektion von Flächen und Instrumenten in Spital und Praxis Suva 2869/23.d Umgang mit Anästhesiegasen Suva 2869/29.d Niedertemperatursterilisation im Gesundheitswesen: Sicherer Umgang mit Ethylenoxid und Formaldehyd Suva SBA 501.d Aerosolbehandlung mit Pentamidin: Gefährdung, Schutzmassnahmen Suva 2869/32.d U M Sicherer Umgang mit Zytostatika Verhütung von Berufskrankheiten in pathologisch-anatomischen Institu-ten und histologischen Laboratorien Suva 2869/25.d Latexallergie: Gefährdung und Schutzmassnahmen am Arbeitsplatz Suva 2869/33.d S Publikationen der SUVA zur Verhütung blutübertragbarer Infektionen 2869/30.d Verhütung blutübertragbarer Infektionen in medizinischen Laboratorien 2869/19.d Verhütung blutübertragbarer Infektionen beim Umgang mit Patienten 2869/20.d Verhütung blutübertragbarer Infektionen - Empfehlungen für Berufsgruppen ausserhalb des Gesundheitswesens 2869/31.d HIV, HBV, HCV Exposition - Erstmassnahmen 2869/36.d E T Verhütung blutübertragbarer Infektionen im Gesundheitswesen Arbeitssicherheit R Arbeitssicherheit ist das Gewähren der Sicherheit jedes einzelnen Mitarbeitenden bei der Arbeit. Das heisst, das Beherrschen und Minimierung von Gefahren zur Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeitenden. Sie ist damit Bestandteil des Arbeitsschutzgesetzes, welches Massnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschliesslich Massnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit fordert. 274 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Arbeitssicherheit in der Arztpraxis Arbeitssicherheit in der Arztpraxis Kontamination mit biologischen Agentien (Blut, Körperflüssigkeiten) M Rechtliche Grundlagen Die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250) wurden bereits im Jahr 2003 hinsichtlich der Empfehlung zum Einsatz sicherer Instrumente ergänzt. 2007 wurde diese Empfehlung für Betriebe im deutschen Gesundheitswesen verbindlich. Die im Mai 2013 in Kraft tretende EU-Richtlinie fordert zusätzlich den Verzicht spitzer und scharfer Gegenstände für Zubereitungsprozesse. Während der beruflichen Tätigkeit können zahlreiche Krankheiten durch Blut oder andere potenziell infektiöse biologische Flüssigkeiten, wie z. B. Urin, übertragen werden. Das HI-, Hepatitis B und Hepatitis-C-Virus sind besonders zu beachten. U S Die Gefahr einer Infektion besteht bei: • perkutanen Verletzungen (Schnitt- und Stichverletzungen) durch kontaminierte Medizinprodukte • Kontamination lädierter Haut mit potenziell infektiösem Material • mukokutanem* Kontakt mit potenziell infektiösem Material *mukokutan = Haut und Schleimhaut betreffend E T Das Risiko einer Übertragung/ Infektion hängt von diversen Faktoren ab: • Erregerart • Infektionsstadium beim Index-Patienten • Viruskonzentration im infektiösen biologischen Material • Expositionsart • Menge des infektiösen biologischen Materials • -Serologie- und Impfstatus der Expositionsperson für Hepatitis B • Durchführung einer Postexpositionsprophylaxe (PEP) R Schutzmassnahmen Zur Vermeidung einer beruflichen Exposition gegenüber biologischen Flüssigkeiten müssen für die einzelnen Arbeitsplätze Empfehlungen erarbeitet, sichere Arbeitstechniken entwickelt und persönliche Schutzmassnahmen ergriffen werden. Unfallereignisse müssen analysiert und Massnahmen zur Vermeidung getroffen werden. Als oberster Grundsatz gilt, dass sämtliche biologische Materialien (Blut, Urin, Speichel, ect.) als potentiell infektiös zu betrachten sind! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 275 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge M Dies hat zur Folge, dass generelle Schutzmassnahmen zur Anwendung kommen. Dadurch werden sämtliche, durch biologisches Material übertragenen Infektionskrankheiten, vermieden und nicht nur jene, die bei Patienten bereits nachgewiesen wurden. Vorteile genereller Schutzmassnahmen gegenüber selektiver Massnahmen: • keine Probleme mit falsch positiven/negativen Testresultaten • serologisches Zeitfenster zwischen Infektionszeitpunkt und serologischen Nachweisbarkeit wird umgangen • keine Massentestungen mit eventueller Gruppendiskriminierung und erheblichem Kostenaufwand • es sind keine gezielten Untersuchungen bei Risikopatienten notwendig Ferner sind die Grundsätze der Reinigung, Desinfektion und Sterilisation zu befolgen. U Die generellen Schutzmassnahmen lassen sich in vier Gruppen einteilen. Nur eine Kombination aller vier Gruppen bietet einen sicheren Schutz! E T S Technische Massnahmen In ihnen wird der Einsatz von etablierten technischen Hilfsmitteln geregelt. Dies sind: • gefährdende Instrumente (spitze, scharfe) durch nichtgefährdende austauschen R • Einsatz von Sicherheitsprodukten zur Reduzierung von Stich- und Schnittverletzungen sowie der Möglichkeit von Kontakt mit Blut u.ä. • Bereitstellung von entsprechenden Entsorgungs- und Transportbehälter • bauliche Massnahmen Organisatorische Massnahmen Ein Konzept wird erstellt, welches zur Verhütung von Infektionen durch organische Materialien dient. In jeder Gesundheitsinstitution wird eine Person bestimmt, welche für die Arbeitssicherheit zuständig ist. Sie befasst sich mit: • dem Erstellen einer Risikoanalyse • dem Erstellen von einem Gesamtkonzept • der Bereitstellung von Arbeitsanweisungen für gefährdete Tätigkeiten • der Informierung der Arbeitnehmer über die entsprechenden Gefahren • der regelmässigen, präventiven Schulungen der Arbeitnehmer • dem Führen eines Hygieneplans 276 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement M • der Organisation personalärztlicher Massnahmen (Eintrittsuntersuchung ect.) • den internen Massnahmen, Regelungen und Abläufen nach Kontakt mit potentieller Infektionsgefährdung • der Umsetzung der Richtlinien der Eidgenössischen Koordinationsstelle für Arbeitssicherheit (EKAS) • der Umsetzung der SAMV (Verordnung über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Gefährdung durch Mikroorganismen) • der Umsetzung der Vorschriften der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz und der Mutterschutzverordnung bei der Beschäftigung von schwangeren und stillenden Arbeitnehmerinnen • der Überprüfung, ob invasive Abläufe durch nichtinvasive ersetzt werden können • der Überprüfung der getroffene Schutzmassnahmen U Personenbezogene Massnahmen Sie beinhalten persönliche Schutzmassnahmen wie Tragen von: • Schutzhandschuhen • chirurgischen oder Atemschutzmasken • Schutzbrillen • Schutzkleidung S Arbeitsmedizinische Massnahmen • aktive Hepatitis B-Immunisierung • Regelung der Postexpositionsmassnahmen für Hepatitis B und HIV in Zusammenar- E T beit mit dem personalärtzlichen Dienst Stich- und Schnittverletzungen Die häufigsten Verletzungen von beschäftigten im Gesundheitswesen erfolgt durch Verletzungen an spitzen/scharfen Gegenständen, die mit potenziell infektiösen biologischen Flüssigkeiten kontaminiert sind. Stich- und Schnittverletzungen Folgende Faktoren erhöhen das Risiko einer Nadelstichverletzung: • Zeitdruck • Ärger • Ablenkung • Übermüdung • mangelnde Patientenkooperation • mehrfach gescheiteter Versuch der Durchführung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R Verletzungen durch Nadelstiche (Hohlkanülen) Zu ihnen zählen Spritzen- und Blutentnahmekanülen, Venenverweilkanülen sowie Butterfly-Kanülen. Sie gelten als hochriskant, da die Kanüle mit Blut verunreinigt ist. Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 277 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Zum Schutz gegen Stich-/Schnittverletzungen stehen zwei sicherheits-technische Massnahmen im Vordergrund. • geeignete Sicherheitsprodukte verwenden und • der Entsorgungsprozess muss sicher gestaltet werden Sicherheitsprodukte Die Verwendung von Sicherheitsprodukten ist besonders bei invasiven Eingriffen indiziert. Dabei müssen die Produkte folgende Anforderungen erfüllen: U M • Der Mechanismus ist im Produkt integriert. • Passive Systeme = selbstaktivierend, sind den aktiven = Aktivierung durch Benutzer, zu bevorzugen. • Bei aktiven Produkten soll die Aktivierung mit einer Hand ausgelöst werden können. • Produkte mit einhändiger Aktivierung sind denjenigen mit zweihändiger Aktivierung vorzuziehen. • Die Auslösung des Sicherheitsmechanismus soll hör- oder sichtbar sein. • Der Mechanismus darf nicht reversibel (umkehrbar) sein. • Die Anwendungstechnik wird grundsätzlich nicht verändert. • Der Patient wird nicht gefährdet. S Sicherheitsprodukte - Varianten • Injektionsspritzen E T • • • • • • kapillare Blutentnahme-Systeme venöse Blutentnahme-Systeme Venenverweilkatheter Sicherheitsskalpelle Flügelkanülen Implantierte, venöse Zugänge R 278 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Aufgabe 11.3.1 Notieren Sie bei den Pfeilen (→) ob es sich um ein «passives» oder «aktives» SicherheitsSystem handelt. U M R E T S Auch gesicherte Sicherheitsproduckte müssen über geeignete Sicherheitsboxen entsorgt werden! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 279 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Kein Recapping Die Schutzhülle darf niemals wieder auf eine auf eine gebrauchte Kanüle aufgesetzt werden! M Dies lässt sich vermeiden durch: • Sicherheitsprodukte mit Schutzhülle zur Sicherung der Kanüle. • Sicherheitsboxen, in denen die ganze Spritze entsorgt werden kann. • Sicherheitsboxen, in welche die Kanüle abgestreift werden kann. Entsorgung Entsorgung U Nach Gebrauch werden kontaminierte Gegenstände unverzüglich in geeigneten durchstich- und bruchsicheren Behältern entsorgt. S Die Entsorgungsbehälter müssen folgende Kriterien erfüllen: • • Film «Medibox® Entsorgungsbehälter» 280 Qualitätsmagement R • • • Die Grösse wird den Bedürfnissen angepasst. Es handelt sich um Einwegbehälter. Sie können definitiv verschlossen und samt Inhalt entsorgt werden. Die Öffnung muss auf die verschieden grossen Entsorgungsgegenstände abgestimmt sein. Der Standort ist einfach zugänglich. Die Behälter werden nur bis zur vorgegebenen Markierungsgrenze gefüllt. (max. 4/5) Sie werden als medizinische Sonderabfälle entsorgt. (siehe Kapitel 10) Sie sind möglichst überall dort platziert, wo die invasiven Tätigkeiten stattfinden. E T • • • • Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Mögliche Risiken nach perkutanen Verletzungen Übertragung nach Nadelstichverletzung Hepatitis C – Virus Humanes Immunodefizienzvirus 300 von 1000 30 von 1000 3 von 1000 30 % Risiko der Serokonversion nach Exposition gegenüber positiver Quelle 3 % Risiko der Serokonversion nach Exposition gegenüber positiver Quelle 0.3 % Risiko der Se-rokonversion nach Exposition gegenüber positiver Quelle vorhanden nicht möglich nicht möglich M Hepatitis B – Virus Impfung Publikationen U *Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage: http://www.bbraun.ch/documents/Knowledge/Content_Wissen_Risikopraevention_Infusionstheraphie_Stich-_und_ Schnittverletzungen.pdf E T S Kontakt lädierter Haut mit potentiell infektiösen Flüssigkeiten Wichtigste Massnahme ist das Tragen von geeigneten Schutzhandschuhen. Sie sind zutragen bei sämtlichen invasiven Tätigkeiten und bei Tätigkeiten mit möglichem Kontakt zu Blut oder Körperflüssigkeiten. Bei der Auswahl ist auf eine geeignete Qualität und passende Grösse zu achten. Bei Verletzungen durch solide Instrumente wie Nähnadel oder Skalpellen wird das Risiko der Infektionsübertragung durch das Tragen von Handschuhen reduziert. Ergänzend kann es in gewissen Situationen nötig sein, zusätzliche Hautschutzmittel wie Brillen oder Schutzkleidung zu tragen. R Durch Kontakt von potenziell infektiösem Material mit komplett intakter Haut besteht keine Gefahr einer Infektionsübertragung. Häufig sind jedoch kleine, nicht bemerkte Läsionen vorhanden, die als Eintrittspforte dienen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 281 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Infektionsübertragung durch Spritzer / Aerosole auf die Schleimhäute Bei allen Tätigkeiten mit der Gefahr von Flüssigkeitsspritzern / Aerosolen auf die Schleimhäute von Nase, Mund oder Augen sind geeignete Schutzprodukte zu tragen. Zu ihnen zählen Schutzbrillen sowie chirurgische Masken respektive Atemschutzmasken. Massnahmen nach Exposition mit potentiell infektiösen Körperflüssigkeiten Die Massnahmen müssen in einer bestimmten Abfolge ablaufen: U M R E T S 282 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Aufgabe 11.3.2 Vervollständigen Sie mit Hilfe der SUVA-Broschüre «Verhütung blutübertragbarer Infektionen im Gesundheitswesen 2869/30.d» das Schema der Sofortmassnahmen. Sofortmassnahmen M Stiche, Schnitte, Kratzer, Bisse: Schleimhautspritzer: lädierte Haut: ausgiebig mit Stelle mit Wasser und Seife auf umliegendes Gewebe Wasser oder einer waschen fördern (≥ 1 Min.) jedoch physiologischen nicht zusätzlich traumati- Flüssigkeit spülen sieren U bluten lassen, durch Druck S Desinfektion (60 – 80 % waschen Alkohol oder Hautdesinfekti- E T Wunde mit Wasser und Seife onsmittel) Desinfektion (60 – 80 % Alkohol oder Hautdesinfekti- unverzügliche Meldung an Vorgesetzte! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R onsmittel) Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 283 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Ärztliche Sofortmassnahmen • Infektionsrisiko abklären (Art der Exposition, Art und Menge der Körperflüssigkeit, involviertes Instrument, Infektionsnachweis beim Indexpatienten) • je nach Situation sofortiger Beginn einer HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) innerhalb von 1 – 2 Stunden • Kontrolle Impfstatus gegenüber Hepatitis B • Antikörperbestimmung, Nullserologie (HIV, Hepatitis B und C), evt. Transaminasen M Eine Bluttestung des Indexpatienten auf HIV, HBV und/oder HCV darf nur mit seiner Einverständniserklärung erfolgen. U E T S Nachsorge und Beratung • Fortsetzung der HIV-PEP • evt. HBV-Immunglobulingabe/aktive Hepatitis-B-Impfung • Nachkontrolle der Serologien nach mind. 3 Monaten, evt. Transaminasen • Verhaltensänderung während der folgenden drei Monate (Safer-Sex, kein Stillen, Schwangerschaft, Blutspende) • Symptome einer allfälligen Infektion mit HIV oder einer akuten Hepatitis erläutern • Meldung an UVG-Versicherer • falls nötig, psychologische Unterstützung • Dokumentation Der Vorfall ist in der Gesundheitsakte des betroffenen Arbeitnehmers zu dokumentieren (SAMV Artikel 14). Eine Kontamination wird grundlegend als Unfallereignis behandelt. Die Kosten für HIV-PEP, Immunglobulingabe, Impfung, etc. werden vom Unfallversicherer getragen. R Um ähnliche Zwischenfälle zu vermeiden wird das praxisinterne Fehlermanagement und/ oder CIRS berücksichtig! 284 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Auswirkungen bei Kontakt mit potentiell infektiösem Material Die Auswirkungen betreffen sowohl die Arbeitnehmende als auch die Arbeitgeber. Unabhängig davon, ob es zu einer Infektionsübertragung gekommen ist oder nicht. Wobei erstgenannte durch gravierendere und längerfristige, wenn nicht lebenslängliche, Folgen geprägt werden. Verursachung von Kosten psychische Traumatisierung seelische Belastung Einfluss auf soziale Beziehungen soziale Stigmatisierung Nebenwirkungen durch medikamentöse Behandlung Personalfluktuation Infektionsrisiko für die Patienten Krankheit Tod U M • • • • • • • • • • Ionisierende Strahlen S Ionisierende Strahlen E T Ionisierende Strahlung ist der Sammelbegriff für den Transport von Energie in Form von Teilchenstrahlung (Korpuskularstrahlung) oder Wellen (Photonenstrahlung), deren Energie ausreicht, um bei Atomen oder Molekülen Elektronen aus der Atomhülle herauszulösen. Röntgenstrahlung ist eine Photonenstrahlung und besteht aus elektromagnetischen Wellen! Als beruflich strahlenexponierte Person gilt, wer in seiner beruflichen Tätigkeit oder bei seiner Ausbildung durch eine kontrollierbare Strahlung, eine effektive Dosis von mehr als 1 mSv*pro Jahr akkumulieren (ansammeln) kann oder regelmässig in kontrollierten Zonen arbeitet oder ausgebildet wird. * 1 mSV = 1 Millisievert - Sievert ist die physikalische Masseinheit u. a. für ionisierender Strahlung R Personen unter 16 Jahren dürfen nicht beruflich strahlenexponiert werden, für Jugendliche sowie Schwangere und Stillende gelten besondere Schutzbestimmungen. Ein Unternehmen (Arztpraxis), das in der Schweiz mit ionisierender Strahlung umgeht, braucht eine behördliche Bewilligung. Diese wird nur erteilt, wenn u. a. im Betrieb ein Strahlenschutz-Sachverständiger, mit einer anerkannten Ausbildung im Strahlenschutz, vorhanden ist. Die Bewilligungsbehörden sind: • Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Gesundheitswesen, Forschung und Industrie • Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) für den Bereich der Kernanlagen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 285 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Bei der Aufsicht über die Durchführung des Strahlenschutzes kommt als zusätzliche Institution noch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ins Spiel, die für Industrie und Gewerbe = Arztpraxen, sowie für private Forschungsinstitute die Aufsichtsbehörde ist. Der Dosisgrenzwert für beruflich strahlenexponierte Personen aus kontrollierbaren Strahlenquellen ist auf 20 mSv/Jahr Ganzkörperexposition festgesetzt. M Bei beruflich strahlenexponierten Personen ist die Exposition mit einer geeigneten persönlichen Dosimetrie zu erfassen und die Belastungswerte sind durch eine anerkannte Personendosimetriestelle zu bestimmen. Die Dosiswerte erhält der Bewilligungsinhaber zur Kenntnis. Der Strahlenschutzsachverständige des Betriebes addiert am Jahresende, oder beim Ausscheiden der betroffenen Person aus dem Beschäftigungsverhältnis, die Monatsdosen und überträgt die kumulierte Dosis in das persönliche Dosisdokument. U Die medizinische Überwachung von beruflich strahlenexponierten Arbeitnehmenden ist in Art. 13 des Strahlenschutzgesetzes geregelt und liegt in der Kompetenz der SUVA. Analog zu anderen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen hat die Suva Eintrittsuntersuchungen und Kontrolluntersuchungen in periodischen Abständen definiert. • • • • E T S Im Regelbetrieb einer Anlage mit ionisierender Strahlung (z. B. Röntgenanlage in der Arztpraxis) oder bei Aufenthalt in strahlungsbelasteten Bereichen, müssen sich Arbeitnehmende durch Schutzausrüstung und Verhalten gegen vermeidbare Belastungen schützen. Dabei finden die 4-A Prinzipien des Strahlenschutzes Anwendung: Abstand vergrössern Abschirmung verwenden Aufenthaltszeit verringern Aufnahme (von Radionukliden) vermeiden R Dennoch kann es zu regelwidrigen Zuständen mit erhöhter Strahlenbelastung kommen, die als «Störfälle» bezeichnet werden. Ein «Störfälle» liegt dann vor, wenn eine Anlage vom bestimmungsgemässen Betrieb abweicht. Sind Arbeitsnehmende betroffen, muss die Suva, Abteilung Arbeitsmedizin, über die getroffenen Massnahmen informiert werden. Sie ordnet eventuelle Folgeuntersuchungen an und überprüft die weitere Eignung für die berufliche Strahlenexposition. *Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage: http://www.suva.ch/factsheet-ionisierende-strahlung.pdf 286 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Zum Risikomanagement von ionisierenden Strahlen in einer Arztpraxis gehören: Was alles gibt es zu beachten? Erstellen Sie im Zweier-Team eine Checkliste. • Röntgenraum korrekt kennzeichnen. Zum Beispiel mit: Zutritt für Unbefugte ist nicht erlaubt! • Türe beim Röntgen immer ganz zu ziehen. M • Korrekte Gerätebedienung: neue Mitarbeitende werden entsprechend geschult. • Röntgenaufnahmen dürfen nur von ausgebildetem Personal durchgeführt werden, respektive unter deren Anweisung und Kontrolle. U • Das Tragen eines Dosimeters ist Pflicht. Ebenso die regelmässige Auswertung des Dosimeters und das Protokollieren der Dosiswerte. • Selbst- und Patientenschutz durch Bleischürzen, Bleihandschuhe • Notwendigkeit abklären z. B. durch direkte Befragung des Patienten. Vielleicht S bestehen bereits entsprechende Röntgenaufnahmen. Quecksilber E T Quecksilber Quecksilber (Hg) ist ein toxisches Schwermetall. Es ist das einzige Metall, das bei Zimmertemperatur flüssig ist und bei Luftkontakt leicht verdampfen kann. Quecksilberdämpfe sind hoch toxisch! Quecksilber dehnt sich zwischen 0° C - 100° C proportional zur Temperatur aus. R Die Umweltminister der Vereinten Nationen haben im Januar 2013 ein Verbot von Quecksilber beschlossen. Quecksilberhaltige Batterien, Energiesparlampen, Thermometer und Quecksilberamalgame in Zahnfüllungen sollen bis 2020 nicht mehr hergestellt und verkauft werden. Toxizität Quecksilber wird praktisch nur über die Lunge (da es rasch verdampft) und die Haut (wenn es in direkten Kontakt kommt) in den Körper aufgenommen. akut Die Aufnahme von Quecksilber über das obere Respirationssystem führt zu Reizungen der Nasenschleimhaut, des Rachens, des Kehlkopfes sowie der Luftröhre. Bei Aufnahme von einer Konzentration über 1 mg/m3 Quecksilber kommt es zu toxischen Lungenentzündung. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 287 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge chronisch M Das Einatmen von nur 0.1 - 1 mg Quecksilber täglich führt zu chronischen Vergiftungen, da 80 Prozent des eingeatmeten Quecksilbers vom Körper aufgenommen und nur ungefähr 20 Prozent wieder ausgeatmet werden.Eine andauernde Intoxikation mit Quecksilber hat neurologischen Folgen, wie zum Beispiel: Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Nervosität, zunehmend Depressionen sowie Tremor und/oder chronischen Nephropathie. Behandlung TOX-Zentrum kontaktieren Massnahmen nach Austreten von Qecksilber (Hg) U S Aufgabe 11.3.3 Wie ist vorzugehen, wenn ein Quecksilber-Blutdruckgerät zerbricht und sich Quecksilber auf dem Boden verteilt. Schreiben Sie dazu einen Handlungsablauf. • Einweg Handschuhe anziehen – unbedingt vermeiden, dass Quecksilber auf die Haut E T kommt. • Nicht über den Quecksilber verseuchten Bodenbereich laufen! Das heisst, unbedingt darauf achten, dass das Quecksilber nicht weiter verteilt wird. • Luftzug vermeiden – Fenster und Türen schliessen. • Quecksilber «einsammeln» z. B. durch Zusammenschieben mit einem festen Blatt, zusammenwischen mit einem Pinsel, Aufsaugen mit einer Spritze und in ein R verschliessbares Glas mit kaltem Wasser geben. • Niemals: Quecksilber darf nicht mit dem Staubsauger eingezogen werden! • Mit einem geeigneten Instrument, z. B. Pinzette, Glassplitter vorsichtig aufnehmen. • Nach der Aufnahme des Quecksilbers sind alle Materialien, die damit in Kontakt gekommen sind, in ein verschliessbares Glasgefäss, einen Plastikbehälter oder eine Plastiktüte zu füllen und mit Klebeband zu verschliessen. • Als Sondermüll korrekt entsorgen z. B. über eine Apotheke oder Arztpraxis. 288 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Gut zu wissen: Wird Quecksilber verschluckt, ist dies absolut ungefährlich! Da das Quecksilber im Körper nicht verdampfen kann, wird es einfach wieder ausgeschieden. Da kann das zerbrochene Glas des Thermometers eine wesentlich grössere Gefahr darstellen! Zytostatika M *Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage: https://www.unispital-basel.ch/fileadmin/unispitalbaselch/Bereiche/Querschnittsfunktionen/Spital-Pharmazie/ suva-Zytostatika.pdf U Krebs oder schwere rheumatische Erkrankungen können in einer Chemotherapie mit hochwirksamen Arzneimitteln - den Zytostatika - bekämpft werden. Wegen der Zellteilung hemmenden sowie karzinogenen (krebserregenden), reproduktionstoxische (fortpflanzungsgefährdender) und mutagenen (erbgutverändernden) Eigenschaften sind beim beruflichen Umgang mit dieser Art von Medikamenten besondere Vorsichtsmassnahmen zu beachten. Dies gilt insbesondere: • Für die Herstellung von Infusionslösungen • Für den innerbetrieblichen «Transport» und • Für die Anwendung dieser Medikamente am Patienten S E T Wichtig! Niemals dürfen weder Arzt noch MPA oder sonstige Beschäftigte, Zytostatika bei ihrer Arbeit durch die Haut oder die Atemwege aufnehmen. Gesetzliche Bestimmungen Es gelten die Empfehlungen, die im Umgang mit CMR-Arzneimitteln zu beachten sind. Unter CMR-Arzneimittel werden solche verstanden, die als krebserzeugend ( C = carcinogen), erbgutverändernd (M = mutagen) oder fortpflanzungsgefährdend (R = reproduktionstoxisch) gelten. R Verpflichtungen des Arbeitgebers: VUV, Art. 3 Abs 1 Der Arbeitgeber ist verpflichtet die Verhütung von Berufskrankheiten und zur Wahrung der Arbeitssicherheit alle Anordnungen und Schutzmassnahmen zu treffen. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass eine zweckmässige Organisation zur Gewährleistung der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitssicherheit geschaffen wird und die dafür notwendigen personellen und materiellen Mittel zur Verfügung stehen. VUV, Art. 6 Der Arbeitgeber ist verpflichtet Arbeitnehmende über die Massnahmen vor oder bei der Arbeitsaufnahme zu instruieren, dies soll regelmässig wiederholt werden und ist zu dokumentieren. VUV Art. 5 Der Arbeitgeber ist verpflichtet personenbezogene Schutzmassnahmen zur Verfügung zu stellen Zudem ist der Arbeitgeber verpflichtet Arbeitsärzte und andere Spezialisten der Arbeitssicherheit beizuziehen falls dies erforderlich ist (EKAS Richtlinie). Verpflichtungen des Arbeitnehmers sind beschrieben im: UVG, Artikel 82, Absatz 3 VUV Eidgenössische Koordinationskommission (EKAS), Wegleitung für Arbeitssicherheit Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 289 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Massnahmen im Umgang mit Zytostatika Die Arztpraxis verfügt über ein Qualitätssicherungssystem mit den entsprechenden Dokumentationen: Checklisten, Prozessabläufe z. B. zum Richten von Zytostatika-Infusionen, über die Verabreichung von Zytostatika-Infusionen, die korrekte Entsorgung von Infusionsbesteck und Ampullen, Vorgehen bei Ereignissen mit Zytostatika etc. M Mitarbeitende, welche mit Zytostatika arbeiten, wurden entsprechend instruiert und geschult. Den Mittarbeitenden ist bekannt, bei welchen Packungen es sich um Zytostatika handelt und welche Vorsichtsmassnahmen im Umgang mit diesen zu treffen sind. Regelmässige (mind. 1-mal pro Jahr) werden praxisinterne Weiterbildungen vorgenommen und dokumentiert. • Für die fachgerechte Herstellung von Zytostatika-Infusionen muss die vorgeschriebene Ausrüstung vorhanden sein: >> Schürze mit langen Armen und enganliegenden Bündchen U >> Schutzbrille >> Handschuhe (Latex oder Nitril) >> Zytostatika-Sicherheitswerkbank oder Atemschutzmaske und Schutzbrille S • Bei der Verabreichung von Zytostatika sind Schutzhandschuhe zu tragen. In der Regel sind keine Schutzbrillen, Schutzkittel oder Atemschutzmasken nötig. E T • Werdende und stillende Mütter sowie Jugendliche unter 16 Jahren sind von der Herstellung von Zytostatika-Therapien auszuschliessen. Ebenso dürfen Mitarbeitende mit ansteckenden Krankheiten oder Hautverletzungen an unbedeckten Körperstellen keine Zytostatika-Therapien bereitstellen (dies zum Schutz des Patienten!). • Mit Zytostatika kontaminierte Materialien werden als Sonderabfälle entsorgt. Der Vollzug unterliegt den kantonalen Richtlinien. R • Bei Ereignissen mit Zytostatika können Notfallmassnahmen sofort eingeleitet werden. Dafür sind entsprechende Prozessbeschreibungen vorhanden. Zudem wird das Unfallereignis kommuniziert, evt. CIRS-Ereignisformular ausfüllen, um ähnlichen Zwischenfällen vorzubeugen. Ereignis Die Arbeitsfläche wurde mit einer geringen Zytostatikamenge (wenig Tropfen) kontaminiert: • Schutzhandschuhe anziehen • Zytostatika-Lösung mit Einmaltüchern oder Zellstoff aufwischen • verunreinigte Schutzhandschuhe sofort wechseln • verunreinigtes Material nach Vorschrift entsorgen • Fläche mit Seifenwasser und Alkohol reinigen 290 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement U M Die Arbeitsfläche wurde mit einer grossen Zytostatikamenge kontaminiert: • Die verunreinigte Stelle ist bis zum Ende der Reinigungsarbeiten abzusperren • Die Reinigungsarbeiten dürfen nur durch entsprechend geschulte Mitarbeitende und entsprechenden Schutzmassnahmen vorgenommen werden: >> Schutzhandschuhe = ungepuderte Latexhandschuhe mit Wandstärke von mindestens 0,2 mm oder Nitrilhandschuhe >> Atemschutzmaske der Schutzstufe P 3 >> Schutzbrille >> flüssigkeitsdichte Einwegschürze >> Überschuhe >> saugfähige Einmaltücher in ausreichendem Mass >> Instrument zum Aufnehmen von Glassplittern >> Handbesen und Handschaufel >> Seifenlösung und Alkohol zur Reinigung >> flüssigkeitsdichte Behältnisse zum Aufnehmen der Zytostatika kontaminierten Materialien und der verwendeten Schutzausrüstungen inkl. Handbesen und Handschaufel • verunreinigtes Material nach Vorschrift entsorgen. S Massnahmen nach Exposition Bei einer Kontamination mit Zytostatika der Haut und/oder Schleimhaut ist die betroffene Stelle sofort mit fliessendem Wasser gründlich zu spülen und anschliessend mit Seife zu E T reinigen (nicht bei Augenkontakt!). Arzt informieren! In der Onkologiepflege in einem Spital oder in der Arztpraxis eines Onkologes repektive überall dort, wo mit Zytostatika gearbeitet wird (Herstellung, Zubereitung, Verabreichung), muss zusätzlich ein Spill Kit vorhanden sein. Dieser ist für die Reinigung nach unbeabsichtigter Freisetzung von grösseren Mengen Zytostatika an einem für alle bekannten Ort bereitzustellen. R Ein Spill Kit sollte folgend Materialien enthalten: • 2 Paar geeignete Schutzhandschuhe (ungepuderte Latexhandschuhe mit Wandstärke von mindestens 0.2 mmm oder Nitrilhandschuhe • Atemschutzmaske der Schutzstufe P3 und Schutzbrille • Flüssigkeitsdichte Einwegschürze und Überschuhe • Saugfähige Einmaltücher in ausreichendem Mass • Instrument zum Aufnehmen von Glassplittern • Handbesen und Handschaufel • Seifenlösung und Alkohol zur Reinigung • Warnschilder/Markierstift zum Anzeichnen/Absperren • Flüssigkeitsdichte Behälter zum Aufnehmen der Zytostatika kontaminierten Materialien und der verwendeten Schutzausrüstung Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 291 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Impfschutz für medizinisches Personal Impfschutz für medizinisches Personal Vor allem durch den direkten Kontakt mit den Patienten sind Medizinalpersonen (MPAs) einem erhöhten Risiko ausgesetzt bestimmte Infektionskrankheiten zu erwerben. Umgekehrt können Medizinalpersonen aber auch zur Infektionsquelle für die Patienten werden. Es liegt in der Verantwortung des Medizinalpersonals (MPA), sich selbst und die Patienten nach Möglichkeit vor einer Infektion respektive Infektionsübertragung zu schützen. M U Es ist Aufgabe des Arztes/Ärztin, sich selbst und seine Mitarbeitenden bezüglich des aktuellen Impfschutzes, im Rahmen einer Risikobeurteilung zu prüfen und fehlende Erst- oder Auffrischimpfungen vorzunehmen. Wird eine Impfung abgelehnt, ist dies aus rechtlichen Gründen schriftlich festzuhalten und es müssen allenfalls geeignete Massnahmen getroffen werden (z. B. Freistellen von bestimmten Arbeiten mit Infektionsrisiko). Die Rechtslage in der Schweiz sieht vor, dass die Kosten sämtlicher arbeitsmedizinisch indizierter Impfungen vom Arbeitgeber zu tragen sind. E T S Nicht vergessen: Neue Praxismitarbeitende müssen bezüglich ihres Impfstatus befragt werden! Mit einer jährlich wiederkehrenden Team-Sitzung zum Thema «Impfschutz» kann die Wichtigkeit des ausreichenden Impfschutzes zum Thema gemacht werden. Mit Vorteil wird diese Teamsitzung im Herbst geplant, so kann gleichzeitig der Impfstatus aller Mitarbeitenden kontrolliert und auf die Influenza-Impfung aufmerksam gemacht werden. *Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage: http://www.sohf.ch/Themes/Vaccinations/2869_34_D.pdf R 292 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Aufgrund des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) vom 20. März 1981 (SR 832.20), die Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) vom 19. Dezember 1983 (SR 832.30) und die Verordnung über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Gefährdung durch Mikroorganismen (SAMV) vom 25. August 1999 (SR 832.321) sind Arbeitgeber dafür verantwortlich, für Beschäftigte, die Gefahr laufen, sich mit impfverhütbaren Infektionserregern anzustecken oder solche zu übertragen, wirksame Impfungen kostenlos anzubieten, wo dies möglich und sinnvoll ist. M Das neue Epidemiengesetz (EpG) und die Verordnungen treten am 1. Januar 2016 in Kraft. In diesem werden mehrere Zwecke verfolg. Es soll einerseits gewährleisten, dass übertragbare Krankheiten frühzeitig erkannt, überwacht, verhütet und bekämpft werden. Anderseits trägt es dazu bei, Krankheitsausbrüche mit grossem Gefährdungspotenzial für die öffentliche Gesundheit besser zu bewältigen. U So kann in sensiblen Bereichen von Spitälern (z. B. Neugeborenen- oder Krebsabteilungen) ein Impfobligatorium beim Personal angezeigt sein, um Patientinnen und Patienten vor gefährlichen Infektionskrankheiten zu schützen. Entscheidet sich eine Person gegen eine Impfung, so kann dies bedeuten, dass sie als nichtgeimpfte Person in sensiblen Spitalbereichen nicht eingesetzt werden kann. S E T Alle Beschäftigten im Gesundheitswesen = BIG mit möglicher Exposition zu Blut oder potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten sind aktiv gegen Hepatitis B zu impfen. Auszubildende werden möglichst vor Aufnahme der risikoreichen Tätigkeit immunisiert. Zur Kontrolle der Antikörperkonzentration soll ein bis zwei Monate nach abgeschlossener Grundimmunisierung eine Titer-Bestimmung erfolgen. Liegt der Anti-HBs-Titer > 100 IE/l (Responder), sind keine weiteren Auffrischimpfungen mehr nötig. R Der Impfstatus für Beschäftigte im Gesundheitswesen (BiG) ist gemäss dem Impfplan für routinemässige Schutzimpfungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zu kontrollieren und gegebenenfalls zu vervollständigen. Dazu gehören Schutzimpfungen gegen • Diphtherie/Tetanus, Poliomyelitis sowie Masern/Mumps/Röteln Für das Personal mit Tätigkeiten in einem Umfeld mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer fäko-oralen Hepatitis-A-Virusübertragung, z. B. in Arbeitsbereichen wie Pädiatrie, Gynäko- Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 293 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge logie/Geburtshilfe, Infektionsstationen, Onkologie und Labors sowie bei engem beruflichen Kontakt mit drogeninjizierenden Personen, ist der Impfschutz zu erweitern mit • Varizellen-Schutzimpfung (v. a. Pädiatrie und Gynäkologie/Geburtshilfe) und Hepatitis A-Schutzimpfungen Für Beschäftigte im Gesundheitswesen (BiG) mit dem Risiko einer Exposition gegenüber Aerosolen, die Neisseria meningitidis enthalten, empfiehlt sich eine zusätzliche • Meningokokken-Schutzimpfung M Für Laborpersonal, welches mit der Verarbeitung von entsprechenden Proben beauftragt ist, sind weitere Schutzmassnahmen (-Impfungen) zu treffen. Zum Beispiel gegen • Vaccinia (Pocken), Rabies (Tollwut), Gelbfieber Wichtige Merkmale Empfehlung Verursacht eine Leberentzündung mit dem Risiko einer chronischen Infektion, welche zu Leberzirrhose und Leberkarzinom führen kann. Das Übertragungsrisiko ist hoch: 30 % nach signifikanter Exposition (hauptsächlicher, vorwiegender Aussetzung) mit virushaltigen biologischen Flüssigkeiten. Alle BiG, die mit Blut oder mit blutkontaminierten Körperflüssigkeiten in Berührung kommen können. Serologische Erfolgskontrolle nach dritter Dosis. Eine Atemwegsinfektion mit saisonaler Häufung im Winter. Komplikationen sind Pneumonie (Lungenentzündung) und Dekompensation von vorbestehenden Krankheiten (Herz, Lunge etc.). Alle BiG mit Patientenkontakt Infektion der oberen Atemwege mit Gefahr der Atemwegsobstruktion (Erstickung) oder Wundinfektion. Bakterientoxine können zu lebensbedrohlichen Komplikationen und Spätfolgen führen. Alle BiG Regelmässige Auffrischung: Um die Immunität gegen Starrkrampf und Diphtherie aufrechtzuerhalten, reicht in der Folge eine DT-Auffrischimpfung alle 20 Jahre (z.B. mit 45 und 65 Jahren). U Infektionskrankheiten / Infektionserreger Influenza, Influenzaviren, (Grippe) 294 Qualitätsmagement jährliche Impfung R Diphtherie Corynebacterium diphtheriae, (echter Krupp) E T S Hepatitis B, Hepatitis B Virus, (Gelbsucht) Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Infektionskrankheiten / Infektionserreger Wichtige Merkmale Empfehlung Bakterientoxine führen zu einer Schädigung von Nervenzellen und in Folge zu den typischen Lähmungen und Muskelkrämpfen bis hin zum Tod. Pertussis (Keuchhusten) Hustenanfälle, ziehende Atmung und Erbrechen sind typische Symptome. Bei Erwachsenen kommt es selten zu schweren Komplikationen. Bei Neugeborenen können Atempausen und –stillstände auftreten. Weiter kann es zu Pneumonien, Otits media, Krampfanfällen oder Hirnerkrankungen kommen. Oft stecken Erwachsene (Eltern) Säuglinge/ Kinder unwissentlich an. Alle BiG (Basisimpfung) einmalige Auffrischung mit 25 -29 Jahre Poliomyelitis, Polioviren, (Kinderlähmung) Durch Schädigung muskel-steuernder (motorischer) Nervenzellen des Rückenmarks kommt es zu bleibenden Lähmungserscheinungen bis hin zum Tod. Alle BiG (Basisimpfung) Für Laborpersonal: Auffrischung alle 10 Jahre Masern, Masernvirus Eine typische Kinderkrankheit mit Fieber und Hautauschlag. Komplikationen sind Pneumonie (Lungenentzündung) und Hirnentzündungen (Enzephalitis, Meningitis). Komplikationen sind häufiger bei Infektion im Erwachsenenalter und bei Immunsuppression. Alle BiG, die mit weniger als 2 Dosen geimpft oder seronegativ sind. Eine typische Kinderkrankheit mit Schwellung der Parotis (Speicheldrüsen). Komplikationen sind Hirnentzündungen (Enzephalitis, Meningitis) und Hörverlust. Komplikationen treten häufiger auf bei Infektion im Erwachsenenalter. Alle BiG, die mit weniger als 2 Dosen geimpft oder seronegativ sind. Bei 2x Geimpften ist keine Antikörperkontrolle empfohlen. U M Tetanus, Clostridium tetani, (Starrkrampf) E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R Mumps, Mumpsvirus, (Ziegenpeter) Bei 2x Geimpften ist keine Antikörperkontrolle empfohlen. Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 295 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Infektionskrankheiten / Infektionserreger Rubella, Rubellavirus, (Röteln) M Empfehlung Eine typische Kinderkrankheit mit Hautauschlag. Die wichtigste Komplikation ist die Infektion während der Schwangerschaft mit einem hohen Risiko der Schädigung des Embryo/Fetus (kongenitale Röteln). Alle BiG, die mit weniger als 2 Dosen geimpft oder seronegativ sind. Eine typische Kinderkrankheit mit bläschenförmigem Hautauschlag. Die Virusreaktivierung kann später zu einem begrenzten Hautausschlag (Herpes zoster «Gürtelrose») führen. Komplikationen sind Pneumonie (Lungenentzündung), Hirnentzündungen (Enzephalitis, Meningitis) und Leberentzündung, sowie das konnatale Varizellensyndrom (Erkrankung der Mutter). Komplikationen sind häufiger auf bei Infektion im Erwachsenenalter und bei Immunsuppression. Alle BiG ohne sichere Varizellenanamnese und mit negativem VZV-IgGBefund. Eine Hepatitis-A-Virusinfektion verläuft meist unbemerkt aber niemals chronisch. Weitet sich die Leberentzündung aus, kommt es zu grippeähnlichen Symptomen. Man fühlt sich müde, hat Kopfschmerzen und oft leichtes Fieber. Häufig treten zudem Symptome wie Übelkeit oder Brechreiz auf. Verstopfung, Durchfall oder Blähungen können folgen. Da die Leber sich etwas vergrössert, können sich zudem unter dem rechten Rippenbogen Schmerzen entwickeln. Und schliesslich können sich Augen und Haut gelb verfärben und der Urin wird dunkel. Alle BiG, die Gemäss SUVA-Empfehlungen, bei Tätigkeit in einem Umfeld mit erhöhter Wahrscheinlichkeit einer fäkooralen Hepatitis-A-Virusübertragung. U Varizellen, Varizella-ZosterVirus, (Windpocken, spitze Blattern, Gürtelrose) Wichtige Merkmale Bei 2x Geimpften ist keine Antikörperkontrolle empfohlen. Serologische Erfolgskontrolle nach zweiter Dosis. R E T S Hepatitis A 296 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Infektionskrankheiten / Infektionserreger Meningokokken Wichtige Merkmale M Meningokokken besiedeln beim Menschen den Nasen-RachenRaum und können zu schweren Erkrankungen wie Meningitis (Hirnhautentzündung) und Sepsis (Blutvergiftung) führen. Tuberkulose, Mycobacterium tuberculosis (Schwindsucht) Empfehlung Tätigkeit in mikrobiologischen Laboratorien und Umgang mit Proben, von denen die Gefahr einer Ausbreitung aerosolisierter Meningokokken ausgeht. Auffrischung alle 5 Jahre Eine Impfung gegen Tuberkulose (BCG) ist ausserhalb des ersten Lebensjahres nicht indiziert. U Eine hoch-ansteckende Infektion, welche sich meist als chronische Pneumonie (Lungenentzündung) manifestiert. Besonders schwere Krankheitsverläufe treten bei Neugeborenen, Kleinkindern und Immunsupprimierten (geschwächtem Abwehrsystem) auf. S Publikationen mit Hinweisen zur Impfprävention E T Impfungen des Personals im Gesundheitswesen 2869/34.d Verhütung blutübertragbarer Infektionen im Gesundheitswesen 2869/30.d Verhütung von Berufskrankheiten in pathologisch-anatomischen Instituten und histologischen Laboratorien 2869/25.d Verhütung von Berufskrankheiten in diagnostisch-mikrobiologischen Laboratorien 2869/27.d Bundesamt für Gesundheit: Impfempfehlungen für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Bull BAG 2009; 43: 804-808 / www.bag.admin.ch/ impfinformation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R Bundesamt für Gesundheit: Schweizerischer Impfplan / www.bag.admin. ch /impf-information Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 297 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Notfallorganisation Notfallorganisation – Massnahmen bei Ereignissen Bei der «Gefahrenbeurteilung in der Arztpraxis» wurden praxiseigene Checklisten, Merkblätter, Anhänge etc. erstellt, die das Vorgehen und die Massnahmen bei einem Ereignis (Notfallsituation) beschreiben. Diese Dokumentationen sind von allgemeiner Gültigkeit und müssen bei einem Ereignis vorgabengetreu umgesetzt werden. M Mit einer jährlich wiederkehrenden Team-Sitzung zum Thema «Notfallorganisation» kann einerseits auf die Wichtigkeit hingewiesen und andererseits können Vorgänge wiederholt, geübt und allenfalls angepasst werden. U «Leichte Zwischenfälle» sind im Allgemeinen durch die verursachende Person selbst zu beheben – eventuell mit Unterstützung der in der Arztpraxis verantwortlichen Sicherheitsbeauftragten. S Achten Sie darauf, dass «jegliche Art von Zwischenfall» im Team besprochen, eventuell sogar dokumentiert (CIRS), wird. So kann sich das ganze Praxisteam weiterentwickeln und verhindern, dass das gleiche Ereignis nicht ein zweites Mal vorkommt. E T In einer Notfallsituation ist immer nach demselben Muster und nach dem gleichen Ablauf vorzugehen: 1. Gefahrenbereich verlassen 2. Alarmieren 3. Sichern 4. Massnahmen ergreifen Notfallsituation 1. Überblick verschaffen (Ruhe bewahren) 1. Gefahrenbereich verlassen (Ruhe bewahren) 2. Sicherheitsbeauftragte informieren 2. Notruf - alarmieren 3. Eingrenzen des kontaminierten Bereichs 3. Sichern & Retten 4. Desinfizieren und/oder dekontaminieren 4. Erste Massnahmen: löschen etc. R Ereignis mit Reinigungsund Desinfektionsmittel Leichte Zwischenfälle Ereignis mit Reinigungs- und Desinfektionsmittel Das Arbeiten mit Desinfektionsmitteln in der Arztpraxis birgt eine Reihe von Gefahren. Es ist wichtig, dass bei der Wahl des geeigneten Desinfektionsmittels, unter anderem auf das geringste Gefährdungspotential für Mitarbeitende und Patienten geachtet wird. In CIRRNET gemeldeter Fall: *Hinweis: CIRS wird im Zusammenhang mit der Fehlermeldung im Kapitel 3, dieses Lehrmittels beschreiben! CIRRNET ist ein überregionales Netzwerk lokaler Fehlermeldesysteme der «Stiftung Patientensicherheit Schweiz». 298 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement «Der Patient kommt für eine Hernienoperation in den OP. Zusätzlich zur geplanten OP wünscht er die Entfernung eines Fibroms am Thorax. Am Ende der OP ‐ der Patient ist nur noch in sehr oberflächlicher Narkose – erinnert man sich an den Wunsch des Patienten das Fibrom (gutartige Geschwulst des Bindegewebes) zu entfernen. Rasch wird mit Betaseptic desinfiziert und ein Lochtuch zum Abdecken aufgeklebt. Noch bevor das Betaseptic ganz trocken ist, wird mit dem Elektrokauter das Fibrom entfernt. Dabei entzünden sich das noch nasse Betaseptic und das vom Betaseptic feucht gewordene Abdecktuch. Es entsteht eine Stichflamme.» M Massnahmen bei Entflammung Sofort wird das brennende Abdecktuch vom Patienten gerissen. Die Flamme am Thorax wird mit einer feuchten Longuette gelöscht. Die Haut wird sofort mit nassen, kalten Longuetten gekühlt. U Massnahmen bei Hautkontakt • Benetzte Kleider rasch entfernen • Die betroffene Hautpartie ausgiebig mit fliessendem Wasser spülen. *Hinweis: siehe ATMB, Kapitel Notfälle; Verbrennungen S Massnahme bei Augenspritzern E T Insbesondere bei Unfällen mit Säuren oder Alkali beginnt eine Verätzung bereits in dem Augenblick, wo der Schadstoff mit dem Auge in Kontakt kommt. Das Ausmass der Verletzung wird dabei von folgenden Faktoren beeinflusst: R • Konzentration - starke Säuren und Alkali haben großes Verätzungspotential • Temperatur - eine hohe Temperatur verstärkt die Verätzungseigenschaften • Kontaktdauer - je tiefer die Durchdringung, desto größer ist die Gefahr schwerer Verletzungen Verätzungen durch alkalische Chemikalien wie z. B. Laugen, schädigen die Hornhaut und die Lederhaut nachhaltig, so dass operative Korrekturen oft nicht mehr möglich sind. Im Vergleich mit säurehaltigen Lösungen, sind alkalische Chemikalien deutlich schwerer einzustufen, da die Laugen noch tagelang im Gewebe der Hornhaut nachwirken können. Säuren hingegen verursachen eine rasche oberflächliche Nekrose und wirken nicht in die Tiefe des Gewebes. Säuren (Batteriesäure, Essigsäure, Ameisensäure) lassen sich rascher neutralisieren als Laugen und haben daher die bessere Prognose. Im Endergebnis führen jedoch beide Chemikalien zu Hornhautnarben! Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 299 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Massnahmen Bei Augenspritzern muss sofort mit dem Spülen begonnen und ein Arzt informiert werden. Auch währen eines Transportes sollte die Augenspülung, z. B. mit Augenspülflaschen (DIN EN 15154-4) fortgeführt werden. Beim Spülen unter dem Wasserhahn, muss unbedingt beachtet werden, dass anders als gewohnt, von der Nase weg nach Aussen gespült wird! M Sicherheitsnotduschen Gemäss DIN EN 15154-2 ist das Wort Sicherheitsaugendusche das normatives Synonym für Augendusche (mit Wasseranschluss). U S Der Umgang mit Gefahrstoffen in Labor erfordert standardisierte Sicherheitsvorkehrungen. Hierzu zählen Sicherheits-Not- und Augenduschen für das Praxislabor (DIN EN 15154). Diese müssen in unmittelbarer Nähe des jeweiligen Arbeitsplatzes stehen und ohne fremde Hilfe für den Verletzten erreichbar sein. E T In der Arztpraxis wird nach Sicherheitsaugendusche (DIN EN 15154-2) und Augenspülung (DIN EN 15154-4) unterschieden. Wobei bei der Augenspülung wiederum zwei Varianten zur Verfügung stehen. • Abhängig vom jeweiligen Schadstoff wird eine pH-neutralisierende Augenspülung für Unfälle mit Säuren oder Basen verwendet. • Zum Augenspülen bei Fremdkörpern, wie z. B. Schmutz, Holz oder Metallsplitter kann eine Kochsalzlösung oder ph-neutralisierende Augenspülung benutzt werden. R Wasser oder Kochsalzlösungen haben auf die chemischen Stoffe im Auge lediglich einen Verdünnungs-/Spüleffekt. «pH-Neutralisierer» hingegen können den pH-Bereich viel schneller auf ein unschädliches Niveau bringen. 300 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement Ereignis mit Strom - Elektrounfälle Elektrounfälle passieren in einer Arztpraxis zum Glück sehr selten. Dennoch sollte man bei einem Unfall die entsprechenden Notfallabläufe kennen. Ereignis mit Strom Elektrounfälle Vergleich Häufigkeit Blitzschlag Hochspannung Niederspannung Sehr selten 70% 30% M >1 Million >1000 <1000 Ampère >200000 <1000 <240 Dauer Sehr kurz Mässig Lang Gleichstrom Gleichstrom/Wechselstrom Wechselstrom Sekundär via ZNS Tetanie Tetanie Asystolie Kammerflimmern/ Asystolie häufig Kammerflimmern selten Stromart Respiration S Kardial U Volt Häufig betroffen Mässig Selten Verbrennung Lichtenberg-Figuren S c h w e re Ve r b re n nungen L e i c h t e Ve r b r e n nungen Operationen Häufig (sekundäre Traumata) Häufig (Verbrennungen und Nekrosen) Selten Mortalität Hoch Moderat Gering E T ZNS *Hinweis: Die Tabelle stammt aus der Dokumentation «Unfallbedingte_Körperschäden_N2_11» des Schweizerischen Militär-Sanitäts-Verbandes R Mögliche Risiken • Kinder, welche an der Steckdose manipulieren. • Unfälle mit elektrischem Strom sind besonders gefährlich, wenn Wasser mit im Spiel ist (nasser Boden). • defekte Geräte oder Stromkabel z. B. im Labor, in der Therapie etc. Ereignis /Zeichen erkennen • Muskelverkrampfung, solange die Stromeinwirkung besteht. • «Strommarken» – An den Stromeintritts- und -austrittsstellen entstehen beim Durchströmen des Körpers Verbrennungen mit Brandwunden. • Eventuell kommt es zur Bewusstlosigkeit und Herz-Kreislauf-Stillstand. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 301 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge Verglichen mit anderen Unfallursachen führen Elektrounfälle häufiger zum Tod! U M Massnahmen Erste Hilfe bei Niederspannung (bis 1000 Volt): • Unterbrechen Sie den Stromkreis – sofort Stecker ziehen oder Sicherung ausschalten. Ist das nicht möglich, die Person mit einem schlecht leitenden, trockenen Gegenstand (Besenstiel, Holzstuhl, Ledergürtel), Plastiksack von der Stromquelle entfernen. • Arzt informieren und/oder Notruf 144 und lebensrettende Sofortmassnahmen einleiten. • Brandwunden an Ein- und Austrittstelle kühlen, Wundverband und allenfalls Tetanusschutz vornehmen. • Mit einem EKG Herzrhythmus-Störungen als Folgeerscheinung ausschliessen. • CIRS-Ereignisformular ausfüllen und Unfallereignis kommunizieren, um ähnlichen Zwischenfällen vorzubeugen. S Wichtig: Denken Sie bei Elektrounfällen unbedingt an den Eigenschutz! Sie wissen, wo in der Arztpraxis die Sicherungen sind und können sich über diese einen schnellen Überblick verschaffen, damit Sie im Notfall sofort die richtige Sicherung ausschalten können. Eine funktionierende Taschenlampe liegt bereit! E T Ereignis mit Feuer Ereignis mit Feuer R Wissen Sie, was zu tun ist, wenn es in der Arztpraxis brennt? Wissen Sie, wo der Feuerlöscher ist oder wo Sie in der Praxis die Löschdecke aufbewahren? Gibt es einen «Fluchtweg» - kennen Sie diesen? Wo besammeln Sie Ihre, im Moment des Brandes, in der Praxis anwesenden Patienten? Es ist ein Muss, dass die Arztpraxis auf ein mögliches Feuer-Szenario vorbereitet ist. Dabei stellt sich die Frage der Verantwortlichkeit – wer übernimmt welche Funktion: • Wer alarmiert die Feuerwehr? • Wer organisiert, evakuiert die Paienten und begleitet Sie zum • Besammlungsort? • Wer informiert allenfalls die Mitbewohner im Haus? • Wer kontrolliert die Praxisräume zur Sicherstellung, dass Niemand vergessen geht und schliesst dabei alle Fenster und Türen? • Wer übernimmt (falls möglich) die Löscharbeiten? 302 Qualitätsmagement Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Qualitätsmagement • Wer weist die Feuerwehr ein? All diese Zuständigkeiten müssen organisiert und für jedes Teammitglied klar sein. Die Abläufe «Verhalten im Brandfall» werden schriftlich, in Form einer Verfahrensanweisung, festgehalten. Die Abläufe sind mindesten einmal pro Jahr an einer Teamsitzung zu wiederholen. Nicht vergessen: Bei einem Personalwechsel muss die Verfahrensanweisung falls nötig neu organisiert und das Team entsprechend informiert werden. M Verrauchtes Treppenhaus! Bleiben Sie mit den Patienten in der Praxis und warten Sie am Fenster auf die Feuerwehr. Beispiel einer Verfahrensanweisung U *Verfahrensanweisungen (Prozessabläufe) werden in Betriebliche Prozesse, Praxisadministration, beschrieben! S Dr. med. Martin Muster Facharzt FMH für Allgemeine Innere Medizin Stadtplatz 4a 9000 St. Gallen Telefon Fax E-Mail Homepage EAN 071 228 54 41 071 228 54 42 [email protected] www.musterpraxis.ch 779788552 E T Arbeitsanweisung / Verfahren bei Feuer in der Arztpraxis Geltungsbereich: Zuständigkeit: Freigegeben: ganze Praxis ganzes Team Dr. med. Martin Muster (Datum) Ablauf Wer? Tätigkeit? Wichtig! Erstellte Dokumente/ Bemerkungen jede Mitarbeitende alarmiert sofort MPA am Empfang 2. MPA am Empfang alarmiert sofort den Arzt 3. Arzt -­‐ alarmiert die Feuerwehr, 118 -­‐ beginnt mit der Brandbekämpfung 4. MPA am Empfang evakuiert alle anwesenden Patienten 5. MPA 2 Informiert die Hausbewohner 6. …. …. Feuer – Verfahren Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R 1. -­‐ wo brennt es? -­‐ was brennt? -­‐ wo ist der Patient / sind die Patienten -­‐ sind Türen und Fenster geschlossen? -­‐ Patienten müssen zum Besammlungsort gebracht werden -­‐ Kontrolliert die Vollzähligkeit -­‐ zeigt den Fluchtweg auf -­‐ verweist auf die den Besammlungsort ….. Ausdruck der Agenda vorhanden hat Übersicht über die anwesenden Mitbewohner Versio Nr. 3 Mai 2015/mb Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge 303 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge U M R E T S 304 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz 12 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz M 12.1 Stress am Arbeitsplatz Stress am Arbeitsplatz U R E T S Stressfaktoren führen zu einer seelisch-physischen Reaktion im Körper, welche das Ziel hat, die Herausforderung zu bewältigen. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Stress am Arbeitsplatz 305 Lehrkraftausgabe Stress am Arbeitsplatz Grundsätzlich ist Stress nicht als schlecht zu bewerten. Ob er als negativ oder positiv erlebt wird, hängt davon ab, wie eine Person die aktuelle Lage bewertet und welche Möglichkeiten und Ressourcen ihr zur Bewältigung zur Verfügung stehen. So unterscheidet Selyein* Eustress und Distress. *Hans Selye: entwickelte in den 1930-er Jahren die Grundlagen der Lehre vom Stress M Eustress Eustress «belastende und schädlich wirkende Reaktion Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz» U Distress «notwendige und positiv erlebte Aktivierung des Organismus» Der Eustress beeinflusst den Körper positiv. Stress in positiver Form erhöht die Aufmerksamkeit und fördert die Maximalleistungsfähigkeit. Somit wird Stress fürs Überleben unentbehrlich. Das Empfinden von Glücksmomenten, wie die Freude über eine Geburt aber auch z.B. die Nervosität bei einer Hochzeit führen zu Eustress. S Stress am Arbeitsplatz Distress Stress am Arbeitsplatz E T Definition von Stress Der Begriff «Stress» wird 1936 von H. Selye definiert. So wird Stress als «ein Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt» bezeichnet. Ursprünglich ist Stress eine natürliche sinnvolle kurzzeitige Reaktion unseres Körpers auf eine Herausforderung: Die Hypophyse befiehlt den Nebennieren in Stresssituationen Adrenalin auszuschütten. Das Hormon reaktiviert körperliche und geistige Kräfte und der Körper gelangt so schnell an Energiereserven, um rasch fliehen oder kämpfen zu können. R Reaktion auf ein Übermass an «Anforderungen» Durch den Zustand der ständigen Alarmbereitschaft ohne Regenerationsphasen wird die körperliche, geistige sowie seelische Gesundheit gefährdet. Es können ernsthafte Probleme auftreten. Folgend wird ausschliesslich auf die negative Form des Stresses, den Distress, am Arbeitsplatz eingegangen. 306 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Ist Stress messbar? Das Empfinden von Stress ist subjektiv, also von Person zu Person unterschiedlich. Je nach Situation und Umständen wird er verschieden empfunden. Deshalb kann keine allgemeingeltende Belastungsgrenze angegeben werden. M Arbeitsbedingte Ursachen von Distress Bedingungen/Faktoren, welche zu Stress führen können, werden als «Stressoren» bezeichnet. Nicht jeder Stressor muss, aber jeder kann, Stress hervorrufen. Je mehr Stressoren gleichzeitig auftreten, desto höher ist die Gefahr, unter Stress zu leiden. Ungünstige Merkmale der Arbeit können Stress verursachen! Um Stress zu bekämpfen, muss man seine Ursachen ausfindig machen. Als Verursacher von Stress können eine Vielzahl von Faktoren genannt werden, welche den folgenden Bereichen zugeordnet werden können. U S • Arbeit, welche zu vollbringen ist (Arbeitsumfang) •Arbeitsorganisation • Arbeitsklima (Zusammenarbeit) •Führung •Arbeitsumgebung • Balance zwischen Berufs- und Privatleben •Fehlzeiten • Überschreitung von Fristen • Disziplinarprobleme verringerte Produktivität •Unfälle •Fehler • erhöhte Kosten für Gesundheitsversorgung • Umsatzeinbussen durch unzufriedene Patienten •Fluktuation Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R E T Stresssignale Anzeichen für Stress lassen sich beim einzelnen Mitarbeiter auch auf der Unternehmensebene einer Arztpraxis feststellen. Folgende wiederholt auftretende Signale deuten auf einen Stresszustand hin: Stress am Arbeitsplatz 307 Lehrkraftausgabe Stress am Arbeitsplatz Signale beim einzelnen Mitarbeiter: U M emotionale, psychische Reaktion: E T S •allgemeine Unzufriedenheit •Nervosität •Reizbarkeit •Ungeduld •Überempfindlichkeit •Wut, Aggression •Pessimismus •Niedergeschlagenheit •depressive Verstimmung •Selbstzweifel •Hilflosigkeit •Gefühl der Überforderung •… Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz •Konzentrationsstörung •herabgesetzte Lernfähigkeit •vermindertes Erinnerungsvermögen •Schwierigkeiten bei Entscheidungsfindungen •Denkblockaden Verhaltensebene: •Spannung, Streit, Mobbing •allgmeines Misstrauen, Neid, Eifersucht •herabgesetzte Teamfähigkeit •sozialer Rückzug •Workaholismus •vermehrtes Suchtverhalten (Drogen, Alkohol, Tabak) •ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel •… R 308 kognitive Reaktion: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz körperliche Reaktion: M •Burnout •Hypertonie •Hörsturz •Herzinfarkt •Diabetes •Magengeschwür •… U schwerwiegende Erkrankungen: •Kopfschmerzen •vermehrtes Schwitzen •trockener Mund •Müdigkeit •rasche Erschöpfung •beeinträchtigtes Seh oder Hörvermögen •Schlafstörungen •Magenschmerzen •Verdauungsprobleme •Atemprobleme •Tachykardie, Herzklopfen, Herzstechen •Kreislaufprobleme, Schwindel •kalte Hände/ Füsse •geschwächte Immunabwehr •Verspannungen •Zyklusstörungen, Libidoverlust •… E T S Drei Stress-Phasen nach Selye Gemäss Selye löst chronischer Stress eine körperliche Anpassungsreaktion aus, welche in drei Phasen verläuft: Ausschüttung von Hormonen (Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin) → Erhöhung vom Blutzuckerspiegel und Blutdruck, Steigerung vom Herzschlag, vermehrte DurchBlutung. 2. Widerstandsphase: Der Körper versucht sich dem Stressor anzupassen. Die Widerstandsfähigkeit gegenüber anderen Stressoren wird herabgesetzt und das Immunsystem wird geschwächt. 3. Erschöpfungsphase: Organische Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Hypertonie treten auf. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R 1. Alarmreaktionsphase: Stress am Arbeitsplatz 309 Lehrkraftausgabe Stress am Arbeitsplatz Massnahmen in akuten Stress-Situationen Massnahmen M Prävention U Prävention Die Vorbeugung besteht darin, die Stressoren so gute wie möglich auszuschalten / zu minimieren. Als erster Schritt folgt die Analyse der Stressfaktoren: S • • • • Was löst Stress aus? Wo tritt der Stressor auf? Wann treten sie auf? Warum werden sie wirksam? E T Anschliessend werden gemeinsam Lösungswege gesucht. Ansatzpunkte können sein: R • Wie lässt sich eine permanente Überforderung vermeiden/ reduzieren? • Können negative Zusammenarbeits- und Führungsprozesse vermieden werden? • Können positive Faktoren gefördert werden? (Eigenverantwortung, Mitsprachemöglichkeit, Arbeitsklima,…) • Wie kann ich mein individuelles Verhalten ändern, um mit den Stressoren besser umgehen zu können. Im Vordergrund steht der stetige Austausch untereinander. Frühzeitiges Reden miteinander kann viel Stress verhindern. Regeneration nach Stress Stress lässt sich nie völlig vermeiden. Zum Ausgleich sind deshalb entspannende Massnahmen nötig. Sinnvoll ist eine regelmässige körperliche Aktivität. Geeignet sind: 310 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz • • • • • • • ein Spaziergang nach der Arbeit joggen Yoga mentales Training walken progressive Muskelentspannung usw. U M Stellen Sie sich eine Situation am Arbeitsplatz vor, in welcher Sie sich unter Stress gefühlt haben. Schreiben Sie dazu einige Stichworte auf. Diskutieren Sie nun in Zweiergruppen die Fragen: 1. Wie kann man in der jeweiligen Situation reagieren? 2. Hätte die Situation evtl. vermieden werden können? Wenn ja, wie? R E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Stress am Arbeitsplatz 311 Lehrkraftausgabe Lasten heben / tragen Lasten heben / tragen 12.2 Lasten heben / tragen Beim Tragen und Heben von Lasten ist die Wirbelsäule der am meisten strapazierte Körperteil. Werden diese Tätigkeiten unter einer Fehl- oder Überbelastung durchgeführt, kann dies schädlich für den Rücken sein. Durch bewusstes Verhalten und Beachten einiger Regeln kann man seinen Rücken schützen. U M Anatomie der Wirbelsäule Die Wirbelsäule besteht hauptsächlich aus den Bandscheiben und Wirbelkörper. Sie setzt sich zusammen aus 7 Halswirbeln, 12 Brustwirbeln, 5 Lendenwirbel und 9 im Laufe der Entwicklungsgeschichte fest zum Kreuz- bzw. Steissbein verschmolzenen ehemaligen Wirbeln. Zwischen den Wirbeln sind insgesamt 23 Bandscheiben eingelagert. Sie verteilen den auf der Wirbelsäule lastenden Druck gleichmässig, Dämpfen in gewissem Masse Stösse ab und ermöglichen die Biegung des Rückens. Bänder, welche sich über die Wirbelsäule erstrecken geben ihr Stabilität. Durch die Übereinanderreihung der einzelnen Wirbelkörper entsteht der Wirbelkanal. Er enthält Teile des Nervensystems wie das Rückenmark und ihm entspringen die Spinalnerven. S Funktion der Wirbelsäule E T •die Wirbelkörper bilden ein Stützgerüst, so dass der Rumpf nicht zusammen sinkt. •Der Wirbelkanal schützt das Rückenmark und die Nervenabgänge. •Die Doppel-S-Form mit den eingelagerten Bandscheiben schützt das Gehirn vor Erschütterungen. •ferner können wir durch die Konstruktion der Wirbelsäule Bewegungen wie Beugen, Streckung, Neigung und Rotation ausführen. R 312 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Damit die Wirbel, Bänder und Bandscheiben nicht überbelastet werden, stehen Muskeln zur Unterstützung bei. Vor allem beteiligt sind Muskelgruppen von: •Rücken •Bauch •Oberschenkeln •Gesäss •Oberarme •Schultern M Kriterien, welche sich auf das Hebe- /Tragevermögen auswirken Kriterien U E T S Richtwerte für zumutbare Lastgewichte Wieviel während der Arbeit getragen werden darf, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das Arbeitsgesetz hält die Leistungsfähigkeit aufgrund des Geschlechtes und Alters fest. So kommen folgende Richtwerte für gelegentliches Heben (=1- bis 2-mal stündlich) zustande: Alter in Jahren Männer Frauen 16 - 18 19 kg 18 – 20 23 kg 20 - 35 25 kg 15 kg 35 – 50 21 kg 13 kg > 50 16 kg 10 kg 12 kg 14 kg R (Tabelle 325-1 der Wegleitung zur Verordnung 3 des Arbeitsgesetzes (ArGV3, Art.25)) Auffällig ist, dass den Frauen deutlich tiefere Richtwerte zugeordnet werden. Dies lässt sich damit begründen, dass Frauen 40% weniger Muskelmasse besitzen und so entsprechend weniger belastet werden können. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lasten heben / tragen 313 Lehrkraftausgabe Lasten heben / tragen Gesetzliche Grundlagen Der manuelle Umgang mit Lasten wird massgebend geregelt in: • Artikel 6 und 41 der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) • Artikel 25 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) Darüber hinaus stellt die SUVA Informationsmaterial zum korrekten Umgang mit Lasten zur Verfügung (Richtwerte für physische Belastungen gemäss «Grenzwerte am Arbeitsplatz», SUVA Publikation 1903.d). M Artikel 25 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) ¹ Um zu vermeiden, dass die Arbeitnehmer Lasten manuell handhaben müssen, sind die geeigneten organisatorischen Massnahmen zu treffen und die geeigneten Mittel, insbesondere mechanische Ausrüstungen, zur Verfügung zu stellen. U ² Lässt sich die manuelle Handhabung von Lasten nicht vermeiden, so sind die geeigneten Arbeitsmittel zum Heben, Tragen und Bewegen schwerer oder unhandlicher Lasten zur Verfügung zu stellen, um die Gefährdung der Arbeitnehmer bei deren manuellen Handhabung möglichst gering zu halten. ³ Die Arbeitnehmer sind über die mit dem Handhaben von Lasten verbundenen Gesundheitsgefahren zu informieren und über das richtige Heben und Tragen von Lasten anzuleiten. Schutzbedingungen S 4 Die Arbeitnehmer sind über Gewicht und Gewichtsverteilung der Lasten zu informieren. Erweiterte Schutzbedingungen gelten für arbeitende Jugendliche und Schwangere: R E T • Verordnung 5 zum Arbeitsgesetz (Jugendarbeitsschutzverordnung, ArGV 5): - Jugendliche befinden sich noch im Wachstum und dürfen deshalb nicht gleich stark wie Erwachsene belastet werden. - Jugendarbeitsschutzverordnung, ArGV 5, 2. Abschnitt: Besonderer Tätigkeiten, Art. 4 gefährliche Arbeiten: Absatz 1: «Jugendliche dürfen nicht für gefährliche Arbeiten beschäftigt werden.» Absatz 2: «Als gefährlich gelten alle Arbeiten, die ihrer Natur nach oder aufgrund der Umstände, unter denen sie verrichtet werden, die Gesundheit, die Ausbildung und die Sicherheit der Jugendlichen sowie deren physische und psychische Entwicklung beeinträchtigen können.» Absatz 3: «Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)1 legt fest, welche Arbeiten nach der Erfahrung und dem Stand der Technik als gefährlich gelten.» • Mutterschaftsverordnung, Artikel 7: Bewegen schwerer Lasten: ¹ «Als gefährlich oder beschwerlich für Schwangere gelten bis zum Ende des sechsten Schwangerschaftsmonats das regelmässige Versetzen von Lasten von mehr als 5 kg oder das gelegentliche Versetzen von Lasten von mehr als 10 kg sowie bei der Bedienung mechanischer Hilfsmittel wie Hebeln und Kurbeln ein maximaler Kraftaufwand in beliebiger Richtung, der dem Heben oder dem Tragen einer Last von mehr als 5 beziehungsweise 10 kg entspricht.» ² «Ab dem siebten Schwangerschaftsmonat dürfen Schwangere schwere Lasten im Sinn von Absatz 1 nicht mehr bewegen.» 314 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Grundregeln zum korrekten Tragen und Heben von Lasten Eine Fehl-/Überbelastung des Rückens entsteht entweder durch das Tragen / Heben von zu schweren Lasten oder durch die falsche Hebe-/Tragetechnik. Das Einhalten einiger einfacher Grundsätze dient zur langfristigen Gesunderhaltung des Rückens. Grundregeln zum korrekten Tragen und Heben von Lasten M U Massnahmen zur Umsetzung • auf sicheren Stand achten • Last sicher, möglichst mit beiden Händen, greifen • aus der Hocke heben (nur so tief wie nötig!) • mit gestrecktem, flache Rücken heben und tragen • Last körpernah halten • absetzten der Last mit geradem Rücken & in die Knie gehen • bei schweren Lasten: Transporthilfe verwenden >> Last in mehrere Frachten aufteilen >> Last zu zweit tragen mögliche Gefahren beim falschen Umgang mit Lasten • Muskel und Bänderzerrungen • Muskelrisse • Wirbelsäulenschäden • Muskelhartspann • Gelenkschäden • Schmerzen Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R E T S unbedingt zu vermeiden sind • krummer Rücken • Hohlkreuz • ruckartige Hebebewegungen • Verdrehen des Oberkörpers • schweres einseitiges Tragen / Heben • bis zum Anschlag in die Knie gehen • verdeckte Sicht Lasten heben / tragen 315 Lehrkraftausgabe Lasten heben / tragen Die Gefahr der körperlichen Schädigung besteht nicht nur beim falschen Tragen / Heben von Lasten. So können zum Beispiel Hindernisse auf dem Transportweg zu Sturz- oder Stolperstellen werden. Knochenbrüche, Schürfungen oder Prellungen können weitere Folgen sein. M Diskushernie - Bandscheibenvorfall Durch eine hohe oder ungleichmässige Belastung der Bandscheiben kann deren Faserring reisen, der Gallertkern tritt aus und kann das Rückenmark oder Nerven quetschen. Ein Bandscheibenvorfall kann sich unterschiedliche bemerkbar machen. Es kann von praktisch keinen Beschwerden bis hin zu Lähmungserscheinungen kommen: • starke Schmerzen in einem Bein • Taubheit, Kribbeln, Ameisenlaufen • Blasen- / Stuhlschwäche U Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad des Vorfalles. Bei milden Symptomen kann eine konservative Behandlung mittels Fango, Heilbäder, Muskeltraining, Physiotherapie, Analgetika und/oder Muskelrelaxanzien erfolgen. Treten Lähmungserscheinungen oder Ausscheidungsstörungen auf, ist eine operative Versorgung oft unumgänglich. S E T Aufgabe 12.2.1 Betrachten Sie die Bilder. Notieren Sie: 1. Was wird falsch gemacht 2. Zu welchen Folgen kann die Fehlbelastung führen? 3. Wie wird es richtig gemacht? *Hinweis an die Lehrperson: Die Lösung zu dieser Aufgabe (mit den entsprechenden Bilder) kann über www.mympa. ch, Kapitel Hygiene, heruntergeladen werden! R 316 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz U M R E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lasten heben / tragen 317 Lehrkraftausgabe Lasten heben / tragen U M R E T S 318 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz 12.3 Ergonomie am Arbeitsplatz Ergonomie am Arbeitsplatz Publikationen der Suva *Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage: http://www.suva.ch/startseite-suva/service-suva/lernprogramme-suva/bildschirmarbeitsplatz-einrichten-suva.htm Publikationen Arbeiten am Bildschirm. Entspannt statt verspannt - die Tipps Suva 84021.d M Suva 44034.d Checkliste für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das richtigeArbeiten an Bildschirmen Suva 67052.d Checkliste: Einkauf von Mobiliar und Zubehör für die Bildschirmarbeit Suva 67050.d Checkliste: Beleuchtung an Arbeitsplätzen Suva 67051.d Praktische Tipps für mehr Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Büro Suva 6091.d U Bildschirmarbeit. Wichtige Informationen für Ihr Wohlbefinden (für Benützerinnen und Benützer) S Ergonomie bedeutet: •präventiver Arbeitsschutz •Arbeitssicherheit •Wirtschaftlichkeit •Humanität Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 R E T Schreibtisch Langes Sitzen mit falscher Körperhaltung kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Es kommt zu Fehlbelastungen der Wirbelsäule und der unterer Extremitäten sowie von Schulter-, Ellbogen-, Hand- und Kiefergelenken. Ziel der Schreibtischergonomie ist es, die Arbeitsbedingungen und Arbeitsgeräte für eine zu vollbringende Aufgabe zu optimieren. Dabei soll zum einen das Arbeitsergebnis bestmöglich werden und zum anderen der arbeitende Mensch möglichst wenig geschädigt werden, auch wenn der die Tätigkeit langfristig ausübt. Ergonomie am Arbeitsplatz 319 Lehrkraftausgabe Ergonomie am Arbeitsplatz U M E T S Bürostuhl Korrekt angepasster Bürostuhl Die Einstellungen stimmen, wenn: R • die Füsse bequem auf den Boden zu stehen kommen • Ober und Unterschenkel einen Winkel von mindestens 90 ° bilden • Unterarmt bilden im Ellbogen beim Auflegen auf den Tischen ungefähr einen rechten Winkel Reichen die Füsse nicht bis zum Boden, kann mit Hilfe einer rutschfesten Fussstütze die optimale Sitzhöhe trotzdem erreicht werden. 320 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Alternativen zum Bürostuhl Weitere Sitzgelegenheiten, wie Gymnastikball, Kniestuhl oder Stehendsitz sollten nur sporadisch eingesetzt werden. Sie ersetzen keines Falls einen ergonomischen Bürostuhl. Eigenschaften eines ergonomisch gestalteten Bürostuhles U M S R E T Bildschirm • frei von Schmutz, Staub • Bildschirmneigung 10 – 25° (Unterkante zu Anwender hin) • hinter dem Bildschirm befindet sich kein Fenster und möglichst kein heller Hintergrund • hinter dem Anwender befindet sich kein Fenster • Bildschirm-Helligkeit und Kontrast sind optimal eingestellt • gut lesbare Zeichengrösse • zwischen Tischkante und Schirm ist Platz für Tastatur und Dokumentenauflage • Nicht spiegelnde Bildschirm-Oberfläche • Verstellbar in Höhe und Neigung – der Abstand zwischen Tischplatte und Bildschirmrand soll nicht mehr als 4 cm betragen. • oberer Bildschirmrand 10 cm unter Augenhöhe→ leicht gesenkter Blick auf Bildschirmmitte • Die Sehdistanzen zwischen Auge und Bildschirm ist von der Grösse des Bildschirmes abhängig und beträgt mindestens 50 cm. • Der Bildschirm steht gerade (zentral) vor dem Bediener. • Die Blickrichtung verläuft parallel zum Fenster und/oder der Beleuchtung. • Der Einsatz von zwei Bildschirmen gleichzeitig kann die Arbeitseffizienz bis zu 35 % steigern. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Ergonomie am Arbeitsplatz 321 Lehrkraftausgabe Ergonomie am Arbeitsplatz Sehdistanzen Bildschirmdiagonale LCD Richtwerte Sehabstand 15 Zoll – 38 cm 60 cm 17 Zoll – 43 cm 70 cm 19 Zoll – 48 cm 80 cm 21 Zoll – 53 cm 80 cm M 22 Zoll Breitformat 90 cm U Tastatur • steht parallel zur Tischkante • Tischkante – Tastatur → 20 cm Abstand → Unterarme können zwischendurch auf dem Tisch • abgestützt werden • evt. mit Handgelenksstütze zum Schreiben (Handballen sollen nicht auf Tisch S liegen beim Maus Schreiben) möglichst niedrig (mittlere Tastenreihe < 3 cm über Tischplatte) Neigung verstellbar (5°-15°) frei positionierbarer separater Zahlenblock evtl. in der Mitte mit Knick, damit die Handgelenke keinen Winkel bilden E T • • • • • • evtl. kabellos R • beim lockeren Auflegen wird sie möglichst vollständig von der Handfläche umschlossen • Klicktasten liegen richtig unter den Fingern • kabellos • integriertes Rädchen zum Scrollen • für links- oder rechts Händigkeit angepasst • optimale Zeigergeschwindigkeit Dokumente • Dokumentenauflage verwenden (Höhe hinten 7 cm) • optimale Bildschrift: Arial, min. 12 Punkt, schwarz auf weiss • keine Texte nur in Grossbuchstaben oder kursiv 322 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz U M Bürotisch So wie der Bürostuhl soll der Tisch auf jeden Mitarbeiter individuell angepasst werden können. • Tischplatte mind. 80 cm (ideal 100 cm) tief & 120 cm breit • matte Oberfläche • farblich neutrale Oberfläche (grau, grün, braun, beige) • keine kalte Oberfläche (kein Blech, Glas, Stein) • genügend Beinraum • Kabelkanal • höhenverstellbar durch Kurbel / Drucktaste • Höhe: Unterarme können flach auf den Tisch aufgelegt werden, ohne die Schultern hochzu• ziehen • in der Neigung verstellbare Tischplatte(waagrecht für Bildschirmarbeit, geneigt für konventionelle Büroarbeit) • abgerundete Tischkante • stabil stehen S E T Beleuchtung, Licht • -Kombination von Tageslicht und künstlicher Beleuchtung • Farbe der Leuchtmittel: neutral oder warmweiss • flimmerfreie Beleuchtung • Leuchten in parallelen Reihen, parallel zur Fensterfront • jede Leuchtreihe kann separat ein-/ausgeschaltet werden • Mobiliar und Wände ohne störende Reflexion • Lamellenstoren an Fensteraussenseite • soll auch die Decke anstrahlen R Bewegung Alles in Griffweite zu positionieren führt zum einem Mangel an Bewegung, was längerfristig das Risiko für Gesundheitsschäden erhöht. Einfache Massnahmen schaffen die Möglichkeit, sich zwischendurch vom Schreibtisch zu entfernen: • Kataloge, Telefonbücher, Preislisten, etc., welche nur gelegentlich benötigt werde, in einem nahegelegenen Schrank aufbewahren. • Drucker ein wenig abseits vom Arbeitstisch platzieren. • usw. Ideal sind Arbeitsplätze, die sich leicht von der Sitzposition in einen Steharbeitsplatz umwandeln lassen. Der Wechsel von sitzender zu stehender Haltung regt den Kreislauf an, beansprucht jeweils unterschiedliche Muskelgruppen und verhindert einseitige Belastungen des Bewegungsapparates. Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Ergonomie am Arbeitsplatz 323 Lehrkraftausgabe Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes Wir über längerer Zeit ununterbrochen am Bildschirm gearbeitet, soll der Blick regelmässig vom Schirm weggleiten (z. B. aus dem Fenster blicken). Währendem können Entspannungsund Lockerungsmassnahmen (Schulter, Nacken, Handgelenke,…) durchgeführt werden. Telefonieren am PC Wer beim Telefonieren gleichzeitig Maus und Tastatur bedienen muss, sollte ein Head-Set tragen. M Raumklima Eine Temperatur von 20 - 23 °C, angemessene Lüftung und eine Luftfeuchtigkeit von 30 – 50 % führen zu einem angenehmen Arbeitsklima. 12.4 Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes U Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes Wird versucht, genannte Massnahmen möglichst deckend anzuwenden, können gesundheitlichen Folgen vermieden werden. Mögliche Probleme bei ungeeignetem Arbeitsplatz sind: S 324 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz R • • • • • • • • • • • • • • • • Augenermüdung («schwere» Augen, Stechen, Kopfschmerzen) Augentrockenheit (Brennen, Fremdkörpergefühl) chron. Schmerzen im Nacken, im Rücken oder Schulterblatt (Cervicalsyndrom) Tendovaginitis Karpaltunnelsyndrom Bursitis Tendinopathie Zeigefinger, Daumen (Druck durch die Hände auf die Maus ist zu gross) Schmerzen kleiner Finger, Ringfinger (zu kleine / grosse Maus) Haltungsschäden Kopfschmerzen Kreuzschmerzen Verdauungsbeschwerden schmerzende Beine Herz-/Kreislaufstörungen geringe Hirndurchblutung Konzentrationsstörungen Armschmerzen Hämorrhoiden Venen- und Lymphstau Muskelschwund Muskelverkürzung (Brustkyphose) einseitige Überbeanspruchung der Unterarmmuskulatur (Maus-Syndrom) Handgelenkbeschwerden (zu langsam Eingestellt Geschwindigkeit der Maus) E T • • • • • • • Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz U M Arbeiten am Mikroskop Um eine bequeme Sitzhaltung einzunehmen, werden am Stuhl dieselben Einstellungen wie für den Schreibtischarbeitsplatz vorgenommen. Besonders zu beachten ist, dass eine möglichst natürliche Kopfhaltung eingenommen werden kann. Das heisst, dass man mit geradem Rücken und leicht nach vorne geneigter Kopfhaltung entspannt ins Mikroskop blicken kann. Bei kleinen Mikroskopen ist es evtl. hilfreiche, diese auf einen soliden Aufsatz zu stellen. Die Tischhöhe wird so eingestellt, dass die Arme bequem abgestützt werden können und dabei der Ellbogenwinkel circa 90° beträgt. Die Handgelenke dürfen beim Arbeiten nicht abgeknickt werden. Scharfe Tischkanten werden mit einer Armauflage abgepolstert. R E T S Aufgabe 12.4.1 Welche Fehlhaltung / Fehleinstellung nimmt die Person jeweils ein? Sie finden die Aufgabe dazu auf www.mympa.ch Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes 325 Lehrkraftausgabe Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes Qellen U M BAG Health Care www.admin.ch www.bafu.admin.ch www.bag.admin.ch www.biotechnologie www.de.wikibooks.org www.flexikon.doccheck.com www.gke.eu www.google.ch www.pharmawiki.ch www.planet-schule.de www.snv.ch www.suva.ch www.swissmedic.ch www.umweltbundesamt.de www.uvex.safety.com www.wikipedia.org www.smsv.ch www.ch.ch/de/brand www.bbraun.ch www.bag.admin.ch www.suva.ch www.ekas.ch www.smsv.ch www.ch.ch/de/brand www.bbraun.ch www.bag.admin.ch www.suva.ch www.ekas.ch Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz R E T S 326 Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 Lehrkraftausgabe U M R E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015 327 Lehrkraftausgabe U M E T S Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz © R Schülerausgabe: ISBN 978-3-9524361-4-1 Lehrkraftausgabe: ISBN 978-3-9524361-5-8 Medizinischer Lehrmittelverlag Bieri & Weder Ausgabe 2015 Printed in Switzerland www.myMPA.ch 328 Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder Corinne Noth und Meggy Bieri 2015