LP21 für Sonderschulen mit Lehrplananlehnung

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Interkantonale Hochschule
für Heilpädagogik
Der Lehrplan 21 für
Sonderschulen mit Lehrplanbezug
Dr. phil. Rupert Tarnutzer
Dozent HfH
Interkantonale Hochschule
für Heilpädagogik
Themen
1.  Besonderer Bildungsbedarf
2.  Beziehung des ICF-Modells zum Lehrplan 21
3.  Drei Zyklen fachlicher Kompetenzen
4.  Überfachliche Kompetenzen
5.  Entwicklungsorientierter Zugang
6.  Lehrplan 21 und aktuelle Lehrmittel
7.  Zusammenfassung
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1 Besonderer Bildungsbedarf
„Die Sonderpädagogik stellt für Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf eine
bedarfsgerechte und individuumsorientierte
Bildung … sicher.
Das Angebot orientiert sich an der Entwicklung und Stärkung der
personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen der Kinder
und Jugendlichen. …“ *
> Primat der individuellen Voraussetzungen, nicht des Lehrplans
*Leitsatz 1: Ziel der sonderpädagogischen Angebote (SOK im Überblick, S. 7)
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1 Besonderer Bildungsbedarf
ICF-Modell als Grundlage*
Körperfunktionen
mentale Funktionen
Intelligenz, Emotionen,
Motivation, Konzentration
Körperstrukturen
körperliche
Eigenschaften
Allgemeines Lernen
Math. Lernen
Sprache und Begriffsbildung
Umgang mit Anforderungen
...
Personenbezogene
Faktoren
Geschlecht, Alter
*SOK
Aktivitäten
Partizipation
soziale, aber auch
inhaltliche Teilhabe
am Unterricht
> Integration
Umweltfaktoren
didaktisches Angebot
Beziehungsangebot LP
soziale Situation der Klasse
familiäre Lebenssituation
für die Regelschule, S. 10 ff.; Handreichung „Förderplanung“:
http://www.schule.sg.ch/home/volksschule/unterricht/foerderangebote/unterstuetzungsangebote/foerderplanung-und-beurteilung.html
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2 Beziehung des ICF-Modells zum Lehrplan 21
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ICF-Modell
Gesundheitszustand
Allfälliges Gesundheitsproblem oder Krankheitsbild
Körperfunktionen
mentale Funktionen
Intelligenz, Emotionen,
Motivation, Konzentration
Körperstrukturen
körperliche
Eigenschaften
Aktivitäten
Allgemeines Lernen
Math. Lernen
Sprache und Begriffsbildung
Umgang mit Anforderungen
...
Personenbezogene
Faktoren
Geschlecht, Alter
Partizipation
soziale, aber auch
inhaltliche Teilhabe
am Unterricht
> Integration
Umweltfaktoren
didaktisches Angebot
Beziehungsangebot LP
soziale Situation der Klasse
familiäre Lebenssituation
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Beziehung des ICF-Modells zum Lehrplan 21
Aktivitäten nach ICF (gekürzt)
Kompetenzen des LP 21
Allgemeines Lernen
EZ, ÜfK personal: Selbstreflexion, Selbstständigkeit ...
ÜfK methodisch: Informationen nutzen, Probleme lösen ...
Mathematisches Lernen
drei Zyklen Mathematik
Spracherwerb und Begriffsbildung
EZ, drei Zyklen Deutsch, drei Zyklen NMG
Lesen und Schreiben
EZ, drei Zyklen Deutsch, drei Zyklen NMG
Umgang mit Anforderungen
EZ, ÜfK personal: Selbstreflexion, Selbstständigkeit ...
Kommunikation
EZ, drei Zyklen Deutsch oder ÜfK sozial
Bewegung und Mobilität
drei Zyklen Bewegung und Sport
...
...
*Üfk = überfachliche Kompetenz; EZ = Entwicklungsorientierte Zugänge
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Fazit zu ICF-Modell und Lehrplan 21
v Der LP 21 ermöglicht ausschliesslich eine
Kompetenzeinstufung (⏏ ICF-Aktivitäten).
v Das ICF-Modell ermöglicht hingegen ein systemisches
Fallverständnis. Aktivitäten (⏏ Kompetenzen) werden in
Wechselwirkung mit den Voraussetzungen der Person
(= Funktionsfähigkeit) sowie den hemmenden und
förderlichen Kontextfaktoren eingeschätzt.
Ø  Bei besonderem Bildungsbedarf kann mit der Reduktion auf
Kompetenzbeschreibungen kein angemessenes Fallverständnis
erreicht werden.
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3 Drei Zyklen fachlicher Kompetenzen
Überfachliche Kompetenzen
drei Zyklen
Mathematik
drei Zyklen
Deutsch
Entwicklungsorientierter Zugang
weitere
Fächer
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Beispiel 1: Kompetenzaufbau in Mathematik
MA.1 Zahl und Variable
A Operieren & Benennen; B Erforschen & Argumentieren; C Mathematisieren & Darstellen
MA.2 Form und Raum (> Geometrie)
A Operieren & Benennen; B Erforschen & Argumentieren; C Mathematisieren & Darstellen
MA.3 Grössen, Funktion, Daten und Zufall
A Operieren & Benennen; B Erforschen & Argumentieren; C Mathematisieren & Darstellen
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MA.1 Zahl und Variable
A Operieren & Benennen
Die SuS …
1  … verstehen und verwenden Begriffe und Symbole.
2 … können flexibel zählen, Zahlen nach der Grösse ordnen und
Ergebnisse überschlagen.
3 … können addieren, subtrahieren, multiplizieren,
dividieren und potenzieren (s. folgende zwei Folien).
4 … können Terme vergleichen und umformen, Gleichungen
lösen, Gesetze und Regeln anwenden.
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Heinz (3. Klasse), Zahl und Variable (MA.1)
1 ...verstehen und
verwenden Begriffe
und Symbole. ...*
MA.1.1.c versteht und verwendet die Begriffe mal, grösser
als, kleiner als, ..., ergänzen, halbieren, ..., Zehner, Einer ...
kann natürliche Zahlen bis 100 lesen und schreiben
2 ... können flexibel
zählen ...
MA.1.2.c kann im Zahlenraum bis 100 in 1er-, 2er-, 5er- und
10er-Schritten vorwärts zählen
kann sich im 100er-Raum orientieren ...
3 ... können
addieren,
subtrahieren ...
MA.1.3.c kann im Zahlenraum bis 100 ohne
Zehnerüberträge addieren und subtrahieren ohne Zählen ...
kann zweistellige Zahlen in Zehner und Einer zerlegen ...
4 ... können Terme
vergleichen und
umformen ...
MA.1.4.b kann natürliche Zahlen bis 20 verschieden zerlegen
kann Additionen im Zahlenraum bis 20 umformen
(insbesondere mit dem Kommutativgesetz ...)
* alle Texte stark gekürzt
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Beispiel 2: Kompetenzaufbau im Lesen
D.2 Lesen
A Grundfertigkeiten
… verfügen über Grundfertigkeiten des Lesens. Sie können ihren
rezeptiven Wortschatz aktivieren, um das Gelesene schnell zu verstehen.
B Verstehen von Sachtexten
… können wichtige Informationen aus Sachtexten entnehmen.
C Verstehen literarischer Texte
… können literarische Texte lesen und verstehen.
D Reflexion über das Leseverhalten
… können ihr Leseverhalten und ihre Leseinteressen reflektieren.
Sprachen S. 6–11, online: http://sg.lehrplan.ch/index.php?code=a|1|11|2|1|1
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Heinz (3. Klasse), Lesen (D.2)
A
Grundfertigkeiten
D.2A.c* ... erkennt vertraute Wörter auf einen Blick (Sichtwortschatz); ... kann kurze Texte, deren Thema vertraut ist,
laut oder still lesen.
B
Verstehen von
Sachtexten
D.2B.b ... kann kurze Sätze zu einem Sachthema mit BildUnterstützung oder unter Anleitung verstehen
C
Verstehen
literarischer Texte
D.2C.b ... kann erzählte ... Texte verstehen und darin den
Handlungsstrang erkennen; kann einen linearen Erzählverlauf mit einer dazu gehörenden Bildabfolge verbinden.
D
Reflexion über das
Leseverhalten
D.2D.b ... kann unter Anleitung und mit passenden
Beurteilungshilfen anderen Rückmeldungen geben, wie gut
sie (vor-)lesen
* alle Texte gekürzt
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Querverweise
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Suchfunktion
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Fazit zu fachbezogenen Kompetenzzyklen
Kompetenzzyklen bieten aus sonderpädagogischer Sicht …
… hierarchisierte Kompetenzbeschreibungen für eine
erste diagnostische Verortung.
… einen grossen Mehrwert im Vergleich zu Beschreibungen
des ICF.
… Kompetenzabstufungen ohne Jahrgangsraster.
… keinen Ersatz für eine detaillierte Lernstandsbestimmung bei gravierenden Entwicklungsproblemen.
… eine gemeinsame Sprache bei Übertritten in die Regelschule.
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4 Überfachliche Kompetenzen
Überfachliche Kompetenzen
drei Zyklen
Mathematik
drei Zyklen
Deutsch
Entwicklungsorientierter Zugang
weitere
Fächer
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Überfachliche Kompetenzen sind für
eine erfolgreiche Lebensbewältigung
zentral. …
Es gehört zum verbindlichen
Auftrag der Lehrpersonen, die
fachlichen und überfachlichen
Kompetenzen in allen drei Zyklen
… aufzubauen.
Die Schülerinnen und Schüler
arbeiten an den überfachlichen
Kompetenzen während ihrer ganzen
Schulzeit. Einige der … beschriebenen Kompetenzen erreichen sie im
Laufe der Schulzeit.
(Grundlagen, S. 14 ff.; online: http://sg.lehrplan.ch/index.php?code=e|200|3) Methodische Kompetenzen: Probleme lösen
1*… kennen allgemeine und fachspezifische Lernstrategien und können sie nutzen.
2… können die Aufgaben- und Problemstellung sichten und verstehen und fragen
bei Bedarf nach.
3… können einschätzen, wie schwer oder leicht ihnen die Aufgaben
Problemlösungen fallen werden.
4… können bekannte Muster hinter der Aufgabe/dem Problem erkennen und
daraus einen Lösungsweg ableiten.
5… können neue Herausforderungen erkennen und kreative Lösungen entwerfen.
6… können Ziele für die Aufgaben und Problemlösungen setzen und
Umsetzungsschritte planen.
7… können Lern- und Arbeitsprozesse durchführen, dokumentieren und
reflektieren.
*offiziell
nicht nummeriert
Hasselhorn, M. (2006). Metakognition. In D. Rost (Hrsg.).
Handwörterbuch Pädagogische Psychologie (S. 541–545). Weinheim: PVU.
Soziale Kompetenzen: Konfliktfähigkeit
1 … *können sachlich und zielorientiert kommunizieren … und Konflikte direkt
ansprechen.
2 … können sich in die Lage einer anderen Person versetzen …
3 … können Kritik angemessen … mitteilen …
4 … können Kritik annehmen und die eigene Position hinterfragen.
5 … können Formen und Verfahren konstruktiver Konfliktbearbeitung anwenden.
6 … können in einer Konfliktsituation einen Konsens suchen und diesen Konsens
anerkennen.
7 … können Konfliktsituationen, die sich nicht lösen lassen, aushalten und nach
neuen Konfliktlösungsmöglichkeiten suchen.
*gekürzte
Texte
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Fazit überfachliche Kompetenzen
•  Sinnvolle Kompetenzbeschreibungen sowohl bei
Lernschwierigkeiten als auch bei Verhaltensauffälligkeit.
•  Die Entwicklungshierarchie ist nachvollziehbar,
allerdings deutlich zu wenig differenziert.
•  Deshalb gut anwendbar für eine erste Eingrenzung
überfachlicher Förderbereiche.
•  Sie bieten eine gemeinsame Sprache bei Übertritten in
die Regelschule.
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5 Entwicklungsorientierter Zugang
Überfachliche Kompetenzen
drei Zyklen
Mathematik
drei Zyklen
Deutsch
Entwicklungsorientierter Zugang
weitere
Fächer
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Entwicklungsorientierter Zugang
Körper, Gesundheit, Motorik
Wahrnehmung
Zeitliche Orientierung
Fachlicher Zugang
mit je drei Zyklen
Sprache
Mathematik
Räumliche Orientierung
Natur, Mensch, Gesellschaft
Fantasie und Kreativität
Gestalten
Lernen und Reflexion
Sprache und Kommunikation
Eigenständigkeit & soziales Handeln
Grundlagen (S. 27 ff.)
http://sg.lehrplan.ch/index.php?code=e|200|1
Musik
Bewegung und Sport
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Beispiel Wahrnehmung (s. Grundlagen, S. 28, gekürzt)
… Sie nehmen sich selbst, ihren Körper, die Mitmenschen … über
die verschiedenen Sinne wahr. … Die Kinder …
• 
machen sich über die Wahrnehmung von Gegenständen,
Situationen und Vorgängen mit der Aussenwelt vertraut;
• 
erkennen die für die aktuelle Situation bedeutsamen
Sinneseindrücke;
• 
lernen, Wahrnehmungen zu beschreiben und zu vergleichen;
• 
bauen durch Erfahrung ein entsprechendes Begriffsfeld auf.
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Fazit entwicklungsorientierter Zugang
•  zur Zielbestimmung zu pauschal, daher kaum von
praktischem Nutzen
•  kann als Hinweis zum Gestaltung des Lernsettings
gelesen werden
6 Lehrplan 21 und aktuelle Lehrmittel
Kompetenzorientiert sind Lehrmittelaufgaben, die …*
1.  … auf vorhandenem Wissen aufbauen.
2.  … fachbedeutsame Begriffe vermitteln.
3.  … fachbedeutsame Fähigkeiten zum Lösen von Problemen
verlangen.
4.  … zu eigenaktivem resp. selbstmotiviertem Lernen anregen.
5.  … zum Anwenden von Lernstrategien anregen.
6.  … ihre Bearbeitung in unterschiedlichen Sozialformen verlangen.
Kompetenzorientiert sind Lehrmittel, die mit den drei
Zyklen kompatibel sind. (vgl. nächste Folie)
*vgl. auch Grundlagen (S. 8; online: http://sg.lehrplan.ch/index.php?code=e|200|3) Auftrag des
1. Zyklus
Grundanspruch
CH-­‐ Zahlenbuch Auftrag des
3. Zyklus
Orientierungspunkt
Ende 4. Klasse
Grundanspruch
Grundanspruch
math-­‐ buch Oberstufe Die Sprachstarken 1–8 Auftrag des
2. Zyklus
Sprach-­‐ welt 3. bis 6. Klasse Sprachland 4–6 Sprach-­‐
fenster Kindergarten bis 2. Klasse Orientierungspunkt
Mitte OS
LP 21 und Sonderpädagogik
HfH, FAQ-Ordner:
https://www.hfh.ch/de/unser-service/expertenwissenonline/lehrplan21/#c20539
7 Zusammenfassung
1.  Kompetenzen des LP 21 beschreiben ausschliesslich Aktivitäten (nach ICF),
also weder Kontext noch Partizipation, noch mentale Funktionen.
2.  Allerdings sind die fachlichen Kompetenzbeschreibungen für den Bereich
Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeit deutlich differenzierter und
damit praktisch brauchbarer als die Aktivitätsbeschreibungen nach ICF.
3.  Mit den Kompetenzbeschreibungen können einfache Förderpläne erstellt
werden.
4.  Bei ausgeprägten Schulschwierigkeiten (speziell im Bereich der überfachlichen Kompetenzen) sind die Kompetenzbeschreibungen jedoch zu wenig
differenziert.
5.  Die Beschreibungen des Lehrplan 21 bieten längerfristig eine gemeinsame
Sprache mit der Regelschule.
Kindergarten bis 2. Klasse Auftrag des
1. Zyklus
Grundanspruch
Orientierungspunkt
Ende 4. Klasse
3. bis 6. Klasse Auftrag des
2. Zyklus
Grundanspruch
Oberstufe Auftrag des
3. Zyklus
Grundanspruch
Orientierungspunkt
Mitte OS
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