Teil 2 - Abenteuer Philosophie

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Klimawandel
Eine moralisch-ethische Herausforderung
für die Menschheit
Teil 2
Teil 1 in Nr. 103
T E X T: W E R N E R S C H M I D T
philoSOCIETY
E
in weiterer globaler Effekt des
Temperaturanstiegs ist die größere Aufnahmefähigkeit der Atmosphäre für Wasserdampf. Dadurch wird
der Wasserkreislauf beschleunigt, das
heißt, dass sowohl die Verdunstung als
auch der Niederschlag global zunehmen.
Wird nun aber an Land die Verdunstung
erhöht und dieser stärkere Wasserentzug
aus dem Boden nicht durch vermehrte
Niederschläge ausgeglichen, reduziert
dies die Wasserverfügbarkeit im Boden
für die Pflanzen und den Abfluss in den
Flüssen.
Da die Niederschlagsszenarien regional
sehr unterschiedliche Entwicklungen zeigen, werden auch Änderungen in der Wasserverfügbarkeit regional von unterschiedlicher Bedeutung sein. In weiten
Regionen muss demnach mit einer Ab-
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nahme der Wasserführung gerechnet werden.
Wassermangel, Dürren,
Klimaflüchtlinge
Die Veränderung der Wasserverfügbarkeit kann große Auswirkungen auf die
landwirtschaftliche Produktion haben.
Besonders in Regionen mit derzeit bereits begrenzten Wasservorkommen, wie
etwa in Nordafrika, aber auch in
den europäischen
Mittelmeerländern,
könnten die Ertragseinbußen in
Folge zunehmender Dürre und zunehmend eingeschränkter Möglichkeiten der Bewässerung
katastrophale Ausmaße annehmen.
Besonders
schlimm betroffen
wären jene Länder,
in denen die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung hauptsächlich
durch die lokale
Produktion sichergestellt ist (Subsistenzlandwirtschaft).
Nicht nur die Pflanzen brauchen Wasser, sondern auch der Mensch. In einigen
Regionen ist mit Problemen bei der Trinkwasserversorgung zu rechnen. Verstärkt
wird dieses Problem durch die zunehmende Verstädterung. Steigender Wasserbedarf in derartigen Ballungszentren bei regionaler Abnahme der Wasserverfügbarkeit bergen den Keim für regionale und
zwischenstaatliche Konflikte, flussabwärts gelegene Regionen und Länder sind
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unmittelbar von wasserbaulichen Maßnahmen der Oberlieger betroffen.
Auch weite Teile Europas könnten von
einer derartigen Wasserverknappung betroffen sein. Der Sommer 2003 hat gezeigt, mit welchen Folgen man selbst in
Mitteleuropa bei anhaltender Hitze und
Trockenheit rechnen muss (Tausende Hitzetote in Frankreich).
Neben der Landwirtschaft und der
Trinkwasserversorgung hängt in Europa
auch die Energieversorgung von der Wasserverfügbarkeit ab. Die Gewinnung von
Strom aus Wasserkraft – in Österreich
immerhin 70 Prozent der Gesamtstromproduktion – ist direkt von den Jahresabflüssen abhängig.
Herkömmliche thermische Kraftwerke
und Atomkraftwerke benötigen Kühlwasser für den Betrieb. Ist nicht genügend
Kühlwasser verfügbar oder kann die Ableitung des Kühlwassers zurück in den
Fluss wegen zu hoher Temperaturen nicht
mehr erfolgen, müssen diese Kraftwerke
abgeschaltet werden.
Im Jahr 2003 kam es in Norditalien und
Frankreich aufgrund der niedrigen Wasserführung zu derartigen Abschaltungen
und Leistungsreduktionen. Dabei wurde
die Wasserführung des Pos, aber auch des
Rheins oder der Donau noch wesentlich
durch das starke Abschmelzen der alpinen
Gletscher gestützt.
In zwanzig oder gar fünfzig Jahren hätte dieselbe Hitze- und Trockenperiode wie
im Sommer 2003 durch den bis dahin erwarteten Rückgang der Gletscher weit
schlimmere Auswirkungen auf die Wasserführung vieler europäischer Flüsse und
damit auch auf die Stromversorgung.
Wanderbewegungen größeren Ausmaßes können natürlich zu Konflikten mit
den benachbarten Ländern führen und
ganze Regionen destabilisieren. Laut Rotem Kreuz gab es im Jahr 2000 schon erst-
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mals mehr Umwelt- als Kriegsflüchtlinge.
Aber auch der zu erwartende Konflikt um
den Rohstoff Wasser wird voraussichtlich
in diesem Jahrhundert verstärkt zu zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen
führen.
Für die gesamte Menschheit stellt sich
das moralische Problem, wie mit derartigen Entwicklungen umzugehen ist. Wie
verhalten sich die Industriestaaten? Werden die Grenzen
für Klimaflüchtlinge geöffnet
oder dicht gemacht? Der globale Klimawandel stellt also das
derzeitige gesellschaftliche System vor grundlegende Probleme.
Auswirkungen auf
Österreich
Peak Oil – Chance
für den Klimaschutz ?
Als Peak Oil wird der Zeitpunkt bezeichnet, an dem die maximale Förderleistung global erreicht ist. Ab diesem
Zeitpunkt ist die Nachfrage größer als die
Produktion und folglich steigt der Preis
an. Regional war dies schon in den USA
in den 70er Jahren der Fall. Aufgrund
Problem beim Klimawandel, weil er ein
schleichendes Phänomen ist. Es ist keine
so plötzliche Katastrophe wie eine Lawine.
Peak Oil ist aber leider auch keine
Chance für den Klimaschutz. Das Ende
des Erdöls oder die hohen Kosten würden
zwar die Chancen für erneuerbare Energien erhöhen, aber die sauberen Alternativen werden nicht rechtzeitig in ausreichender Menge zur
Verfügung stehen.
Man wird also auf
Kohle zurückgreifen,
da ist die Technologie vorhanden und
rasch
umsetzbar.
Kohle ist aber für die
Klimaproblematik
viel schlimmer als Öl
und führt zu einer
sehr raschen Treibhausgaszunahme in
der Atmosphäre.
Anteile einzelner Regionen und Länder an der globalen Erwärmung (1990-1999).
HauptverantÖsterreich ist
Auffällig ist, wie wenig Lateinamerika und Afrika bisher zu den Emissionen beigetragen haben.
wortliche
eines der am
kompetenter Schätzungen international
meisten betroffenen Länder – zumindest
für den Klimawandel
angesehener Geologen, z. B. des French
in Europa. Der Wandel geht rascher vor
Die reichen Industrieländer – also auch
Petroleum Institutes, der Colorado School
sich als sich viele Bereiche der Natur anwir – sind zwar hauptverantwortlich für
of Miner, der Uppsala University und Pepassen können, besonders im empfindden Klimawandel, leiden aber deutlich
troconsultants Genf werden die Auswirlichen alpinen Bereich. Wir müssen mit
weniger und später unter den Auswirkunkungen von Peak Oil weltweit Ende des
Muren, Gletscherseen und absterbenden
gen, weil wir klimatisch günstigere VorJahrzehnts, oder sogar schon früher, drasWäldern rechnen, abgesehen natürlich
bedingungen haben, aber vor allem, weil
tisch zu spüren sein. Peak Oil ist unumvon Überschwemmungen und Schneewir – noch – den Auswirkungen des Klistritten. Ob es morgen kommt oder erst in
mangel.
mawandels mit Finanzkraft und technizwanzig Jahren – es ist höchste Zeit, dass
Der Schnee ist aber nicht nur für den
schen Möglichkeiten begegnen können. In
man sich darauf vorbereitet. Aber es wird
Tourismus wichtig, sondern auch für die
Europa, Japan und Nordamerika leben
tapfer ignoriert. Das ist wirklich beachtLandwirtschaft. Wenn der Boden im Winzwar nur 15% der Weltbevölkerung, diese
lich, was da an Realitätsverweigerung
ter nicht schneebedeckt ist, fehlt im Frühverursachen aber zwei Drittel der CO2passiert.
jahr die Schneeschmelze, und der Boden
Emissionen, während China mit 20% der
Es ist wohl ein Charakteristikum unseerhält nicht die nötige Feuchtigkeit. Er ist
Weltbevölkerung nur 10% emittiert.
rer Zeit, dass die Menschen immer kurzdaher auch frostanfälliger.
Umgelegt auf die Emissionen pro Kopf
fristiger denken, das gilt für die Politiker
Gleichzeitig ist auch mit zunehmenden
liegen die USA mit knapp 20 t/Kopf an der
genauso. Was bringt das nächste Halbjahr,
Dürreperioden zu rechnen. Es wird eine
Spitze, aber auch europäische Länder, mit
bestenfalls das nächste Jahr, was bringt
Vielzahl von Auswirkungen geben, in
meist zwischen neun und 12 t/Kopf, liedie nächste Wahl? Darüber hinaus wird
irgendeiner Form ist jede Branche und jegen noch um vieles über Ländern wie Inkaum gedacht.Das ist natürlich ein großes
der Mensch in Österreich betroffen.
dien (1,1 t) oder den afrikanischen LänA b e n t e u e r
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dern wie Togo, Nigeria, Äthiopien, Uganda, aber auch Bangladesh, mit weniger als
0,5 t/Kopf.Der Weltdurchschnitt liegt bei
3,8 t/Kopf.
Bei den EU 15 entfällt auf die Energiegewinnung etwa 32% der Treibhausemissionen, auf den Verkehr, einschließlich
Warentransport, 24% und auf die Industrie
22%. In Österreich, mit einem hohen Wasserkraftanteil am Energiesektor, verteilte
sich 2003 der Treibhausgas-Ausstoß so:
Industrie 26%, Verkehr 25%, Energiegewinnung 18%, Raumwärme 17%, Landwirtschaft 8%, wobei der Verkehr die
stärksten Zuwachsraten aufweist – mit einem Plus von 83% zwischen 1990 und
2003!
Vom Kyoto-Ziel, der Reduktion der
Treibhausgase um 13% vom Stand von
1990, sind wir meilenweit entfernt, wie
der letzte Kyoto-Fortschrittsbericht des
Umweltbundesamtes vom Mai 2005
zeigt. Statt einer Reduktion gab es bis
2003 einen Anstieg um 12%!!! Auch in
den anderen Ländern, innerhalb und
außerhalb der EU, zeigt sich das gleiche
Bild. Es bleibt uns keine Zeit mehr, wir
müssen jetzt handeln. Der Klimawandel
ist nicht mehr zu stoppen, aber man kann
ihn verlangsamen. Damit können wir
Hungersnöte, Wassermangel und die
Flucht von Millionen von Klimaflüchtlingen vielleicht vermindern, aber wir müssen jetzt handeln und nicht in zwanzig
Jahren !!
Q
Quellen:
Helga Kromp-Kolb/Herbert Formayer,
Schwarzbuch Klimawandel, ecowin Salzburg
Rüdiger Glaser, Klimageschichte Mitteleuropas, WBG Darmstadt 2001
Zeitschriften/Zeitungen,
Spektrum der Wissenschaften
Dossier 1/2002, Klima
Kurier Sonderbeilage, Klimawandel und Artenschutz 23. Sept. 2004
ACT - Greenpeace 2/Juni, August 2005 –
S. 19, 20 und 21
Ökoenergie Heft 59, Juni 2005, S. 6
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Zu ergreifende Maßnahmen
Gesamtstaatliche und gesellschaftspolitische Maßnahmen
Temperaturzunahmen bis 2100 zwischen 1,4 und 5,8 Grad werden mit Klimamodellen errechnet, je nach dem, welche Maßnahmen zur Reduzierung von
Treibhausgasen gesetzt werden, und je nachdem, ob Lösungen angestrebt
werden, die global und umweltschonend sind, oder ob nur auf regionale Wirtschaftsoptimierung geschaut wird. In Mitteleuropa und vor allem im alpinen
Raum ist mit noch rascherer Erwärmung zu rechnen.
Vor allem im Hinblick auf Peak Oil
sind umgehend folgende Maßnahmen notwendig:
* Massive staatliche Förderung, auch mit fiskalischen und ordnungspolitischen Maßnahmen, der Alternativenergien (erneuerbare Energien) wie
Solarenergie, Windkraft, Biomasse, Erdwärme. Bessere Einspeistarife!
* Verstärkte Investitionen in Forschung und Entwicklung der Alternativenergien, damit diese rasch zu kostengünstigen Massenprodukten werden.
* Wärmedämmung und massive Erhöhung der Energieeffizienz.
Hier liegen die größten Energiereserven.
* Mehr Förderung des öffentlichen Verkehrs, Citymaut oder Roadpricing,
auch für Pkws.
* Kostenwahrheit beim Straßenverkehr.
* Güterverkehr vermehrt auf die Schiene.
* Nahversorgung stärken.
* Besteuerung von Kerosin (schon längst fällig!).
* Ausweitung des biologischen Landbaues durch weitere Verbesserung
der Fördermaßnahmen
* Umweltfolgekosten den Verursachern verrechnen
Was jeder tun kann bzw. tun sollte oder müsste
Jeder sollte und müsste seine Lebensweise so einrichten, dass er Energie und
Ressourcen sparsam und effizient nützt und genau überlegt, wo durch sein
Handeln und seine Aktivitäten Treibhausgase freigesetzt werden. Eine Reduktion der Treibhausgase um etwa 25% sollte das Ziel sein. Langfristiges Ziel
wird es sein, dass jedem Menschen dieser Erde ein gleich hohes Emissionsrecht zugestanden wird!
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