Vortrag Sven Plöger Klimawandel: Gute Aussichten für morgen? Das Jahr 2011 war geprägt von Extremen. Einem viel zu trockenen Frühjahr folgte ein wechselvoller Sommer, der im Juli vor allem im Osten der Republik große Überschwemmungen mit sich brachte. Der November 2011 wurde dann der trockenste seit Messbeginn: Statt über die Fläche des Landes 66 Liter Regenwasser auf jeden Quadratmeter zu verteilen, waren es nur drei. Und 2012 setzte diesen Trend fort – zunächst wurde über den fehlenden Sommer geklagt, am 19.08. kletterte dann aber das Thermometer auf rekordverdächtige 39,2 Grad in Göllheim in Rheinland-Pfalz. Wie auch beim Orkan „Kyrill“ 2007 folgt auf diese Ereignisse immer ein Medienecho, das kaum überhörbar die Frage stellt, ob das jetzt der Klimawandel sei. Doch diese Ereignisse sind zunächst schlicht und einfach (extreme) Wetter- oder Witterungsereignisse, die es immer schon gab und die es auch in Zukunft geben wird. Für den Einzelfall lässt sich nicht sagen, ob sie durch die Erderwärmung entstanden sind. Aber umgekehrt lässt sich argumentieren: Eine wärmere Atmosphäre führt physikalisch belegbar dazu, solche extremen Wetterphänomene häufiger zu produzieren. Dennoch muss natürlich nicht jedes Jahr extrem verlaufen. Wie setzen wir uns mit der Herausforderung Klimawandel auseinander? Zum einen sind die Begriffe Klima und Wetter voneinander zu trennen. Während wir Wetter fühlen und erleben können, ist Klima „nur“ Statistik. Wie soll jemand „fühlen“, dass es in 100 Jahren über den ganzen Globus gemittelt 0,8 Grad Celsius wärmer geworden ist? Wie kann man verständlich machen, dass Klimawandel nicht gleichbedeutend mit „mehr Unwetter“ ist? Zumal dieser Irrtum zur Folge hat, dass man beim Ausbleiben von Unwettern glauben könne, der Klimawandel existiere gar nicht. Wie wird deutlich, dass ein kalter Winter in Deutschland kein Widerspruch zur aktuellen globalen Erwärmung ist? Nach den Daten der NASA (Goddard Institute for Space Studies, GISS) sind die weltweit zehn wärmsten Jahre seit 1880 die Jahre 2010, 2005, 2007, 1998, 2002, 2009, 2006, 2003, 2011 und 2004. Hinzu kommt, dass das komplexe Klimasystem natürlich auf eine große Anzahl von Einflüssen reagiert. Es geht deshalb darum, anhand einiger Beispiele festzustellen, dass sich natürliche und anthropogene Prozesse überlagern, die sich auch noch verstärken oder abschwächen können (positive oder negative Rückkopplungen). Freisprechen von einer Mitverantwortung an der derzeitigen Erwärmung können wir uns nicht, das zeigt allein schon die Geschwindigkeit der Erwärmung. Zudem sollte das CO­2 etwas genauer unter die Lupe genommen und vom Negativimage eines „Klimakillers“ befreit werden. Dennoch sind die menschlichen CO­2-Emissionen mit 33 Milliarden Tonnen weltweit und bei jährlich rasch steigender Tendenz ein viel zu hoher Wert. Doch warum tun wir uns so schwer damit, diese zu begrenzen? Weil wir ein unsichtbares und geruchloses Gas in eine durchsichtige Atmosphäre bringen. Wir sehen und spüren nicht, was wir da tun und deshalb sind wir uns des Risikos nicht oder zu wenig bewusst. Leider schlägt sich das auch bei den Klimakonferenzen nieder. So wurde auf der 17. Vertragsstaatenkonferenz (COP17) im Dezember 2011 wieder nur ein Minimalziel erreicht, nämlich einen Ablaufplan für eine verbindliche Klimaschutzregelung ab 2020 ausarbeiten zu wollen. Das nicht ganz unbedeutende Land Kanada trat quasi unmittelbar nach der Konferenz aus dem Kyoto-Protokoll aus, mutmaßlich um der Strafzahlung von umgerechnet 10 Milliarden Euro zu entgehen, die für die völlige Verfehlung der Klimaschutzziele angefallen wären. Chancen des Klimawandels Derzeit beschränken sich Staaten auf internationalen Klimakonferenzen gerne auf dieses Vorgehen „wenn der andere anfängt, ist man selbst auch bereit, etwas zu tun“ oder „wenn der andere nicht mitmacht, dann lohnt es sich für einen selbst auch nicht“. Dass man so nicht vorankommen kann, steht wohl außer Zweifel. Die Industrienationen haben jedoch früher mit den Emissionen von Treibhausgasen begonnen und davon profitiert. Nun sollten sie auch Verantwortung übernehmen und früher mit dem Ausstieg beginnen. Oder einfacher: Wer als Erster anfängt sollte auch als Erster aufhören. Gleichzeitig müssen aber auch die Ankerländer einbezogen werden: Ein Anstieg der Emissionen sollte nur bis zum Erreichen stark sinkender Werte der Industrienationen erlaubt sein. Voraussetzung für ein solches Handeln ist aber der Wille dazu und Staaten ganz unterschiedlichen Entwicklungsstandes und mit unterschiedlicher Kultur zu einer einmütigen Haltung zu bringen, ist kein einfaches Unterfangen. Derzeit gewinnt man den Eindruck, dass wir schlicht und einfach „noch nicht so weit sind“. Wir alle brauchen dazu ein besseres Verständnis für die Vorgänge in der Atmosphäre. Begriffe wie Klimakatastrophe helfen da wenig. Sie machen dem Einen Angst und fördern des anderen Widerspruch. Der Schlüssel zum Erfolg findet sich vielmehr in einer neuen Energiepolitik und deren großen Chancen, die es zu sehen gilt. Denn in einer Welt mit 7 Milliarden Menschen und weiterem Bevölkerungswachstum wird der Energieverbrauch stetig zunehmen. Schon jetzt nutzen wir jährlich die nachwachsenden Ressourcen von 1,4 Erden obwohl wir nur eine haben. Täglich werden 13,8 Milliarden Liter Erdöl verbrannt. Eine Strategie, die mehr als 80% der benötigten Energie aus endlichen fossilen Energieträgern erzeugt, kann nicht nachhaltig sein und wird auf Dauer nicht funktionieren. Energieverbrauch und Schadstoffemission können nur durch den Einsatz erneuerbarer Energien entkoppelt werden. Die Zukunft gehört deshalb Wind, Wasser, Biomasse und Sonne, letztere liefert uns knapp 6000 Mal so viel Energie, wie wir derzeit verbrauchen. Für die Kommunen bedeutet dies, lokal zu handeln. Erst wenn viele Kommunen in Deutschland, viele Regionen in Europa und auf der ganzen Welt lokal handeln, erreichen wir ein globales Ergebnis. Und genau darauf kommt es beim globalen Thema Klimawandel in den kommenden Jahren und Jahrzehnten an.