Solar Fotos: Neumann Modul-Abwärme trocknet Heu Das Süddach der Heulager- und Trocknungshalle von Josef Braun besteht aus Photovoltaik-Modulen. Die Module kühlt er von unten mit einem Ventilationssystem. Die über einen Wärmetauscher gewonnene Wärme speichert er in einem Pufferspeicher. Eine Heizung im eigentlichen Sinn gibt es auf dem Betrieb von Josef Braun nicht. Heutrocknung, Wohnhaus, Gastwirtschaft und Käserei heizt er ganz geschickt mit Abwärme aus verschiedenen Anlagen. J Josef Braun baut auf 7 ha Energieholz für die Holzgasanlage an. 50 osef Braun betätigt den Kettenzug, der an der Decke seiner Lagerhalle hängt. Langsam zieht dieser den 20 Meter langen und 3 Meter breiten Deckel von der Heutrocknung. Darunter werden 17 runde Löcher mit einem Durchmesser von jeweils 80 cm sichtbar. „Auf die Löcher lege ich die Rundballen, durch die dann von unten Wärme strömt“, beschreibt der Landwirt aus Freising in Bayern das Prinzip. Ist der Deckel geschlossen, trocknet Braun auf der leicht geneigten Fläche Hackschnitzel. In diesem Fall strömt die warme Luft gleichmäßig durch das Gitterrost, aus dem der Deckel besteht. Die Löcher der Ballentrocknung sind in diesem Fall von Holzdeckeln verschlossen. Neben dieser Lagerhalle hat der Biobetrieb mehrere Kammern, in denen er loses Heu trocknet. Auch hier strömt warme Luft von unten durch Gitterroste hindurch. Viele Trocknungsgüter: Das Heu be- nötigt der Käsereibetrieb mit Direktvermarktung zur Fütterung seiner 24 Milchkühe. Damit kann er das Gras noch feucht mit dem Ladewagen ernten, reduziert das Wetterrisiko und hat Modul-Hinterlüftung: An sonnenrei- chen Tagen ist das vor allem die Wärme, die sich unter dem 750 m2 großen Dach der Trocknungshalle sammelt. Auf der Südseite des Daches ist eine Photovoltaikanlage mit 90 Kilowatt (kW) installiert. Die Anlage ist als Indachanlage, also anstelle einer normalen Dachhaut, installiert. Unter der Anlage befindet sich eine zweite Dachschicht aus Holz, sodass sich die Luft in der Zwischenschicht bei Sonneneinstrahlung erwärmen kann. Diese Zwischenschicht hat Braun an das Belüftungssystem für die Heutrocknung angeschlossen. Über einen Ventilator saugt Braun die warme „Dachluft“ ab, die anschließend durch das Heu oder anderes Trocknungsgut geblasen wird. Dabei nimmt sie die Feuchtigkeit aus dem Trocknungsgut auf. Anschließend wird Übersicht 1: Die Kombination aus Modulkühlung und Heutrocknung Die vom Ventilator angezogene Außenluft erwärmt sich unter der PV-Anlage loses Heu Heu-Rundballen PV-Anlage 90 kW Luftentfeuchter Holzverkleidung Wärmetauscher Pufferspeicher 90 m³ Holzgas-BHKW 30 kWel; 80 kWth Ventilator Grafik: Bendig weniger Bröckelverluste. Auf die gleiche Weise erzeugt er auch Luzerne-Heu, das er u. a. an den Münchner Zoo verkauft. Und damit nicht genug: Braun trocknet zudem Getreide und verschiedene Saatgutmischungen, die er in seinem Betrieb erntet und vermarktet. Die Trocknungsanlage spielt in seinem Betrieb also eine zentrale Rolle. Daher ist es für ihn wichtig, günstige Wärme zur Verfügung zu haben. Hierfür nutzt er ausschließlich Abwärme. Lufkanal unter dem Heustock Die Außenluft erwärmt sich unter den Modulen. Ein Ventilator leitet sie unter die Heutrocknung, neue, kältere Außenluft strömt nach. die feuchte Luft über eine Klappe nach draußen abgeführt. Während die Luft von unten durch die Gitterroste des Heulagers geblasen wird, entsteht ein Sog, der die Luft aus dem Zwischenraum unter den Modulen mitzieht. Dadurch strömt Außenluft unter den Modulen nach. Das hat zwei Vorteile: Die Trocknungsluft erwärmt sich unter den Modulen um bis zu 20° C, wie eine Bachelor-Arbeit der TU München gezeigt hat (siehe Kasten auf S. 54). Dadurch sinkt der Wärmebedarf zum Trocknen des Heus. Gleichzeitig sorgt die Hinterlüftung der Module für einen Kühleffekt, wodurch diese um rund 5 % mehr Strom erzeugen als ohne Hinterlüftung. Die so erzielten Mehrerlöse für die Solarstromeinspeisung übersteigen die 51 Solar Holzgas: Viel mehr als Strom und Wärme Josef Braun betreibt auf seinem Betrieb seit 2009 eine Holzgasanlage. Mit Kraft-Wärme-Kopplung kennt sich der Landwirt aus: Er hatte bereits im Jahr 1995 ein Pflanzenöl-­ Blockheizkraftwerk (BHKW), das er aber wegen der hohen Pflanzenölpreise sowie der zunehmenden Kritik am intensiven Rapsanbau nicht mehr betreibt. Holzgas ist dagegen für ihn interessant, weil er den Rohstoff auf dem eigenen Acker erzeugen kann. Dazu hat er 36 000 Stecklinge von Pappeln, Erlen, Weiden und Haselnüssen auf einer Fläche von rund 7 ha gepflanzt. Allerdings wachsen die Bäume nicht auf einer kompletten Fläche, sondern auf sechs Meter breiten Streifen zwischen den Ackerflächen. Braun erwartet, dass pflanzenbauliche Vorteile wie weniger Winderosion, weniger Wasserverdunstung und Rückzugsraum für Nützlinge den Ertrag der landwirtschaftlichen Kulturen auf den Flächen erhöht und damit die Agroforst-Fläche mehr als ausgleicht. Das Holz soll alle 5 bis 8 Jahre geerntet und dann in der Holzgasanlage verwertet werden. Bis es soweit ist, kauft Braun Pappelholz von Kommunen, Berufskollegen und dem Staatsforst zu. „Es ist das günstigste Holz, weil es kaum jemand haben will“, begründet er das. Er zahlt dafür 36 € je Festmester, umgerechnet also 18 € je Schütt­ raummeter. Im Jahr benötigt er 600 m3 für die Holzgasanlage. Diese läuft an 5 000 Stunden, also nur dann, wenn Wärme benötigt wird. Der Holzvergaser hat für den Betrieb noch einen weiteren Vorteil: Die anfallende Holzkohle. Im Jahr fallen davon rund 7,5 t an, die Braun zusammen mit Mist und anderen Materialien kompostiert und dann zur Bodenverbesserung einsetzt. Den Stromerlös für die rund 150 000 produzierten Kilowattstunden (kWh) setzt er ein, um das Darlehen für die Holzgasanlage sowie die Hackschnitzel zu finanzieren. „Mit den Stromerlösen kann ich die Kosten nicht ganz decken, aber dafür habe ich eine sehr günstige Wärme sowie die Kohle“, fasst er zusammen. -neu- Stromkosten für den Ventilator. Aber wenn es draußen regnet oder nachts feucht ist, saugt Braun keine Außenluft unter die Module. Dann entfeuchtet er die warme Luft, die aus dem Heu strömt, über einen Verdampfer. Mithilfe einer Luft-Luft-Wärmepumpe erwärmt er die Luft wieder und lässt sie dann erneut durch das Heu strömen. Braun macht insgesamt vier Schnitte Heu im Jahr. Das Heu kommt mit einem Feuchtegehalt von ca. 45 % ins Lager und ist nach drei bis fünf Tagen auf 8 % Feuchtegehalt getrocknet. Wird die Wärme nicht zur Trocknung benötigt, leitet er die warme Luft der Modulbelüftung über einen Wärmetauscher in einen Pufferspeicher. In diesem lagern ganze 86 m3 Warmwasser. Er ist unter einer 50 cm dicken Hackschnitzel-Isolierung sowie einer Schicht des Dämmmaterials Perlite dick eingepackt. Ebenfalls Wärme in den Speicher liefert das Blockheizkraftwerk der Holzgasanlage mit 30 kW elektrischer und 80 kW thermischer Leistung (siehe Kasten links) sowie die warme Luft aus dem BHKW-Raum. Pufferspeicher ist Zentrale:Mit der Wärme aus dem Pufferspeicher versorgt er die hofeigene Käserei sowie einen Schankraum, die beide einen hohen Wärmebedarf haben. Ebenfalls viel Foto: Neumann Die Holzgasanlage auf dem Betrieb Braun. Hier erzeugt er aus PappelHackschnitzeln ein Holzgas, das er im BHKW zu Wärme und Strom veredelt. 52 Solar Schnell gelesen • Die Modulhinterlüftung liefert Wärme für die Trocknung von Heu und Hackschnitzeln. Die Heu­ trocknung, hier mit geöffnetem Deckel. Ist dieser zu, verschließen die Holzdeckel die Öffnungen der Ballentrocknung. • Gleichzeitig erhöht die Kühlung den Solarstromertrag um 4 bis 5 %. • Auch das Holzgas-BHKW liefert günstige Abwärme. • Mit der Trocknung stellt der Foto: Bleul Betrieb Braun nicht nur Heu her, sondern trocknet auch verkaufsfähige Güter. Wärme benötigt gerade im Sommer Brauns Trocknungsanlage, die die zusätzlich benötigte Wärme aus dem Pufferspeicher bezieht. Die Modulhinterlüf- tung trägt also zur Wärmeversorgung bei und sorgt dafür, dass er weniger Holz für die Holzgasanlage einsetzen muss. Die Kombination aus Agroforst, Holz­ • Die Nutzung der Abwärme macht die Trocknung sehr günstig. gaserzeugung, Photovoltaik und Heubelüftung ist für den Betrieb also ein sinnvolles Gesamtkonzept mit vielen Synergieeffekten. Hinrich Neumann Die solare Heutrocknung rechnet sich 54 durchschnittlich 3,8 bis 4,9 %, hat Obermaier festgestellt. Das Schweizer Agroscope-Institut Tänikon kommt mit 6 % Mehrertrag durch Kühlung der Module auf ähnliche Werte. „Die Heutrocknung mit der Warmluft, die sich unter dem doppelschaligen Dach ge- bündelt hat, ist die schonendste, schnellste und kostengünstigste Art der Heuproduktion“, resümiert Obermaier. Wichtig dafür seien die Stärke des Lüfters und die richtige Konstruktion der Luftkanäle. -neu- Übersicht 2: Der Effekt der Modulkühlung 56 900 76 000 Globalstrahlung Einspeisung Temperatur 800 Einschaltung Modulhinterlüftung 700 74 000 12:30 13:00 48 72 000 70 000 12:00 52 13:30 14:00 In diesem Versuch wurde um 13 Uhr der Ventilator der Modulhinterlüftung eingeschaltet. Sofort sank die Modultemperatur, die Einspeisung stieg an. 44 Temperatur Solarmodul [°C] 78 000 Einspeisung [W] Globalstrahlung [W/m²] 1000 Grafik: Bendig Das ausgeklügelte Konzept mit der Kombination aus Modulhinterlüftung und Heutrocknung ist wirtschaftlich sehr interessant. Das zeigt eine Vollkostenrechnung von Sabine Obermaier, die sie im Rahmen ihrer Bachelor-Arbeit im Jahr 2012 an der TU München verfasst hat. Wie Obermaier berechnete, hängen die Trocknungskosten jedoch von der Witterung ab. Ist es beispielsweise vier Tage lang sehr trocken und heiß, liegen die Kosten bei rund 1,50 €/dt TM. Bei feuchtem und kühlen Wetter können die Kosten dagegen auf 5,23 €/dt TM ansteigen, da in diesem Fall die Wärme überwiegend mit der Holzgas-Anlage bereitgestellt werden muss. Einschließlich Fixkosten für die Anlage liegen die Energiekosten im Mittel bei 6,40 €/dt TM und damit leicht über Literaturwerten von vergleichbaren Anlagen. „Die schonende Trocknung sorgt aber für eine hohe Futterqualität, was die leicht erhöhten Kosten mehr als kompensiert“, schlussfolgert Obermaier. Die Kühlung der Module steigert gleichzeitig den Stromertrag um