magazin dez . 1 5

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magazin
dez .15
Programm Dezember 2015
Theater an der Ruhr: »Eines langen Tages Reise in die Nacht« | Foto © Werner Gruban
Bis 18.12.
Ausstellung · schlüsselerlebnisse 2 · ein musée Sentimental für gauting ....................................................................... 04
Di 01.12. 20:00
Film im Bosco · »Pina – tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren« von Wim Wenders .......................................................... 05
mi 02.12. 14:00
gemeinDe gAuting · Weihnachtliches seniorencafé .................................................................................................................... 05
Do 03.12. 20:00
JAzz · Biboul Darouiche & Band · »Soleil bantu« .............................................................................................................................. 05
Fr 04.12. 20:00
literAtur · gautinger literaturwettbewerb – Preisverleihung · »heimat(at)suchen.de« .......................................... 06
sa 05.12. 20:00
KlAssiK · Alexej gorlatch, Klavier .............................................................................................................................................................. 06
so 06. 12. 17:00
Film im Bosco · »Die andere Heimat« von edgar reitz ................................................................................................................. 07
Di 08.12. 20:00
schAusPiel · Bremer shakespeare company · »maria Stuart« nach Friedrich Schiller ................................................ 08
mi 09.12. 20:00
literAtur · Kunstkammern – Die abgedrehte · »Das sterbende Schwein« mit gerd Holzheimer ........................ 08
Do 10.12. 20:00
KABArett · horst schroth · »Null Fehler« ............................................................................................................................................. 09
Fr 11.12. 20:00
VielKlAng · sedaa · »zwischen orient & mongolei« ....................................................................................................................... 09
sa 12.12. 16:00
Für KinDer · Figurentheater margrit gysin · »auguste« nach Friedrich Wolf .................................................................. 10
sa 12.12. 20:00
KABArett · Werner Koczwara · »einer flog übers ordnungsamt« ........................................................................................... 11
Di 15.12. 20:00
Film im Bosco · »Der amerikanische Freund« von Wim Wenders ........................................................................................... 11
mi 16.12. 20:00
KlAssiK · Johannes moser, Violoncello & Benjamin moser, Klavier ........................................................................................ 12
Fr 18.12. 20:00
literAtur · Alain claude sulzer · »edmond & Jules de goncourt und ihr Journal« ...................................................... 12
sa 19.12. 20:00
KABArett · stefan Waghubinger · »außergewöhnliche belastungen« ................................................................................. 13
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Noch zu sehen bis Fr 18.12.
THeaTerForUm | aUSSTeLLUNg
schlüsselerlebnisse 2
ein musée sentimental für gauting
ein Schlüssel, der zur Tür der bahnhofs-Dienstwohnung passt und
zugleich ins gartentor des neuen Hauses. ein Druckklischee,
gefunden im container des bauhofes, auf Papier gedruckt zeigt
sich das bild der alten Haerlinschen Papierfabrik. es sind die alltagsgegenstände, die persönlichen erinnerungsstücke, mit denen
sich die geschichte und die geschichten eines ortes erzählen
lassen.
zahlreiche gautinger aus mehreren generationen haben jeweils
einen gegenstand aus ihrem erinnerungsschatz und die dazugehörige geschichte für diese ausstellung beigesteuert. Die
erzähler der geschichten repräsentieren keinen auserwählten
Kreis, die Liste der noch nicht geführten Interviews ist lang, denn
die reihe der erzählenden lässt sich unendlich fortsetzen. Das
musée Sentimental hat gerade erst begonnen.
Die beiden gautingerinnen rosemarie zacher und Sibylle Sommer
haben das musée Sentimental von 2013 um viele erinnerungsstücke erweitert. So wird ortsgeschichte lebendig – ein geschichtenbuch, in das man hineingehen kann. Das musée Sentimental
für gauting – die „gautinger Schlüsselerlebnisse 2“ – sind bis zum
mi 02.12. | 14:00 | eintritt frei
gemeINDe gaUTINg
18.12.2015 für jedermann erlebbar. Danach verschwinden sie
wieder – in der erinnerung.
geschichten und erinnerungsstücke von:
Ursel andorfer-Schmid, Domenico apostoli (mimmo),
erik berthold, Kirsten Döring-Lohmann, Philine ertsey, Irma
Fahle & maria Prislin, Stefan Feigl, Felix geiger, magda Heller,
gerd Holzheimer, max Indinger, Luitgard Kirchheim, ekkehard
Knobloch, albert Leutenstorfer, Hans Petersen, marc Schürhoff,
Thea Schulze (Tante Thea), Sabine Schwab, Dagmar Sedlmayer,
maria Singer, Peter Spaich, Peter Waller, Tanja Weber
Weihnachtliches seniorencafé
Das letzte Seniorencafé des Jahres wird weihnachtlich.
Die gemeinde gauting veranstaltet jeden ersten mittwoch im
monat einen Seniorennachmittag im bosco, bürger- und Kulturhaus gauting, und lädt ein zu Kaffee und Kuchen. Vertreter des
Seniorenbeirats stehen Ihnen für Fragen zur Verfügung.
▶ Weitere informationen über die gemeinde gauting
tel. 089 / 89337-106, herr zellner
Konzeption roSemarIe zacHer, SIbyLLe Sommer
▶ geöffnet zu den Öffnungszeiten des bosco
und während der Veranstaltungen
zur Ausstellung ist ein Katalog
erschienen, der zum Preis von
9 € an der theaterkasse bzw.
an der bar rosso und in der Buchhandlung Kirchheim erhältlich ist.
Di 01.12. | 20:00 | € 9, Schüler € 6
THeaTerForUm | FILm Im boSco
Do 03.12. | 20:00 | € 19, Schüler € 10
THeaTerForUm | Jazz
»Pina – tanzt, tanzt, sonst sind wir
verloren« ein Film für Pina Bausch von
Wim Wenders
Biboul Darouiche & Band: soleil Bantu
eigentlich wollte arthouse-altmeister Wim Wenders sein Tanzfilmprojekt über Pina bauschs berauschende choreographien
gemeinsam mit seiner langjährigen Freundin umsetzen. als bausch
im Sommer 2009 überraschend starb, deutete Wenders den Film
um: „PINa – tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren“ ist nicht länger
ein Film „über und mit“ – sondern einer „für“ Pina bausch. Wenders konnte die räumlichkeit und Physis der furiosen Darbietungen ihres Wuppertaler ensembles angemessen auf die Leinwand
übersetzen. außerdem erkundet Wenders zwischen den Tanzsequenzen Wuppertal und Umgebung – die identitätsstiftende
Heimat seiner verstorbenen Freundin...
Deutscher Filmpreis, europäischer Filmpreis, Prix italia,
oscar-nominierung „Bester Dokumentarfilm“
mit ensemble des Tanztheaters Wuppertal Pina bausch
D/F/uK 2011
▶ mit einführung
.
Soleil bantu ist ein musikalisches Portrait biboul Darouiches
multikultureller geschichte – von seiner Kindheit in afrika bis
hin zu seiner arbeit als internationaler musiker. geboren in
Kamerun, dann Syrien, Kopenhagen, Paris und mü̈nchen: biboul
hat viele Kulturen kennen und lieben gelernt und in seiner musik
vereint er sie, ganz selbstverständlich zu einem stimmigen ganzen.
rhythmen und melodien der Jahrtausende alten, traditionellen
musik der bantu, fusionieren mit der westlichen Jazz- und Popkultur. Das zusammenspiel in dieser Polyrythmie ermöglicht eine
riesige Improvisationsvielfalt, und es entsteht ein unvergleichbarer Puls, der jedes Konzert zu einer entdeckungsreise macht. –
„No matter the style, I’̈m caleidoscoping the groove.“ biboul singt
auf ewondo, seiner kamerunischen muttersprache, englisch und
Französisch.
Die band ist mit hochkarätigen musikern der europäischen JazzSzene besetzt. michael Hornek und christian Lettner gehören
nicht nur zur aktuellen Stammbesetzung von Klaus Doldinger̈s
Passport, sondern haben sich auch in anderen Projekten international einen Namen gemacht.
>>
/
Fr 04.12. | 20:00 | eintritt frei
So 06.12. | 17:00 | € 10, Schüler € 6
THeaTerForUm | FILm Im boSco
THeaTerForUm | LITeraTUr
gAutinger literAturWettBeWerB
»heimat(at)suchen« | Preisverleihung
»Die andere heimat« von edgar reitz
Die chronik einer sehnsucht.
als in der mitte des 19. Jahrhunderts Hungersnöte, armut und
Willkürherrschaft die menschen niederdrückten, sind Hunderttausende aus europa ins ferne Südamerika ausgewandert. „etwas
besseres als den Tod findet man überall“, das war ihre bittere
erkenntnis und ihre Hoffnung. Wieder ist das fiktive Dorf „Schabbach“ Schauplatz und Universum zugleich. Hier erleben wir die
an diesem abend werden die Preisträger/-innen bekannt gegeben,
die das Jurorenteam aus den 331 eingereichten Texten „aus aller
Welt“ ausgewählt hat.
Der 1. Preis des Literaturwettbewerbs ist mit 500 euro dotiert.
Das Jurorenteam bestehend aus Luitgard Kirchheim, Tanja Weber,
Sabine zaplin, gerd Holzheimer, marc Schürhoff und Werner
gruban heißt Sie an diesem abend herzlich willkommen.
© OhWeh
„Als ich ein ganz kleiner Junge war, haben mir die Trommler in
meinem Dorf in Süd-Kamerun richtig Angst eingejagt", erinnert sich
Biboul mit einem herzlichen Lachen. „Wenige Jahre später hat mich
das Ding dann besessen.“ Doch statt der traditionellen Volksmusik
des Bantu-Stamms treu zu bleiben, zog er damals eher Jimi Hendrix
und die Beatles vor. Schwärmte in Jugendjahren aus in andere Länder,
probierte sich musikalisch aus und landete später in der europäischen Jazz-Szene. Neben erfolgreichen Jazzmusikern wie Klaus Doldinger (Passport) etablierte er sich als gefragter Percussionist, nahm
außerdem zahlreiche Alben auf – unter anderem mit der Weilheimer
Independent-Band The Notwist. Erst im Laufe der Zeit hat er wieder
zurückgefunden zu seinen Wurzeln – zur ursprünglichen afrikanischen Volksmusik. Allmählich begann er, mit den alten Rhythmen
zu experimentieren. Soleil Bantu ist das Ergebnis dieses Experiments,
und es geht auf.
aNNa WeININger, SüDDeUTScHe zeITUNg
bIboUL DaroUIcHe voc, calimba, percussion
mIcHaeL HorNeK voc, keys, percussion
cHrISTIaN LeTTNer drums | Igor KLJUJIc bass
mIKo WaTaNabe percussion | FerDINaND KIrNer guitar
0
musikalische Beiträge:
aUgUSTa Laar musikerin, bildende Künstlerin, Lyrikerin,
Kommunikatorin
sprecher:
PeTer VeIT Sprecher, moderator beim br
Sa 05.12. | 20:00 | € 25, Schüler € 15
THeaTerForUm | KLaSSIK
Alexej gorlatch, Klavier
Seinem Sieg beim Internationalen arD musikwettbewerb 2011,
wo er zugleich den Publikumspreis und mehrere weitere Sonderpreise entgegennehmen durfte, war eine bemerkenswerte musikalische Laufbahn vorausgegangen – innerhalb von nur sechs
Jahren bekam er die ersten Preise von neun bedeutenden internationalen Klavierwettbewerben zugesprochen. Seitdem führt
ihn eine intensive Konzerttätigkeit auf die wichtigsten Konzertpodien der Welt, u.a. in die carnegie Hall New york, Wigmore Hall
London, berliner Philharmonie, das Wiener Konzerthaus, Suntory
Hall Tokyo, Herkulessaal und Philharmonie münchen. aktuell ist
er Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes, der Deutschen Stiftung musikleben u.a.
>>
© Priska Ketterer
BeethoVen Klaviersonate Nr. 17 d-moll, op. 31/2 „Der Sturm“
BeethoVen Klaviersonate Nr. 14 cis-moll, op. 27/2
„mondscheinsonate“
Bill WhelAn The currach (komponiert 2008)
choPin Préludes op. 28, auswahl
choPin Scherzo Nr. 2 b-moll, op. 31
Wie Alexej Gorlatch [...] Beethovens „Sturmsonate“ anpackt, ist
hervorragend. Eigentlich weiß man hinterher gar nicht, ob er nun
Beethovensche Kernigkeit oder doch eher den schwelgenden Virtuosenton herausgestellt hat; doch dieses Vermitteln ist es, das sein
Spiel auszeichnet.
Seine neue CD […] mit Beethovens „Pathétique“, „Mondschein“- und
„Sturm“-Sonate verblüfft, denn so oft man diese Werke schon gehört
hat, hier klingen sie wie neu: Gorlatch putzt alle Patina weg und
spielt mit erstaunlichem Purismus, der sich keinerlei Übertreibung
gönnt.
SüDDeUTScHe zeITUNg
▶ 19 uhr einführung durch reinhard Palmer
1
mi 09.12. | 20:00 | € 15, Schüler € 8
THeaTerForUm | LITeraTUr
gerd holzheimer: »Kunstkammern«
3. Die abgedrehte: Das sterbende
schwein
geschichte zweier brüder, die in ihrem Dorf erkennen, dass nur
ihre Träume sie retten können. Jakob, der jüngere bruder lässt
alle grenzen, die einem bauernjungen in dieser zeit gesetzt sind,
hinter sich. er liest jedes buch, dessen er habhaft werden kann,
er studiert die Sprachen der Urwald-Indianer, er entwirft Pläne
für die romantischsten abenteuer in den Wäldern brasiliens und
beschreibt seinen aufbruch aus dem Hunsrück in einem erstaunlichen Tagebuch, das nicht nur seine geschichte und seine
gedanken wiedergibt, sondern das Lebensbild einer ganzen zeit.
Doch dem Vorhaben, nach brasilien auszuwandern, stellen sich
immer neue Hindernisse entgegen.
mit Jan Dieter Schneider, antonia bill, maximilian Scheidt, marita
breuer u.a. | D/F 2013
2x Bayer. Filmpreis 2013, 3x Deutscher Filmpreis 2014
▶ überlänge! in der snackpause gibt’s Kartoffelsuppe.
Di 08.12. | 20:00 | ausverkauft
THeaTerForUm | ScHaUSPIeL
Bremer shakespeare company
»maria stuart« nach Friedrich schiller
▶ lassen sie sich auf die Warteliste setzen
2
In der Kunstkammer des abgedrehten finden sich einige Herrschaften, die dem erhabenen durchaus nicht abhold sind, denen
jedoch die Nähe des erhabenen zum Lächerlichen tief vertraut
ist.
In dem 1746/47 geschriebenen roman Tom Jones Die Geschichte
eines Findlings füllt Henry Fielding diese Nähe gern mit etwas
Trinkbarem: „Und bier, geselle der geschichte, /mildert den ernsten Trübsinn der berichte.“ Davon kann es kaum zu wenig geben:
„Was den Herrn Wirt betrifft, so war Trinken sein beruf, und der
alkohol wirkte auf ihn ebenso wenig wie auf irgendein anderes
gefäß im Hause“.
Laurence Sterne bringt es in seinem ein paar Jahre später
geschriebenen roman Tristam Shandy fertig, seinen Helden im
ersten buch mit knapper Not zeugen zu lassen, im dritten halb
und im vierten buch ganz gebären zu lassen, womit man sieht,
wie wichtig dergleichen im Leben eines menschen ist. Dabei wäre
die zeugung schon beinah missglückt: „Sag doch, mein lieber
mann“, fragt seine mutter sozusagen mittendrin, „hast du auch
nicht vergessen, die Uhr aufzuziehen?“ Was den Vater zu dem
ausruf bewegt: „Hat je eine Frau seit erschaffung der Welt einen
mann mit einer so dummen Frage unterbrochen?“ ein Leser
möchte gar die antwort noch einmal erfahren, doch antwortet der
autor mit: „Nichts“.
Und Jean Paul darf natürlich nicht fehlen in dieser reihe – selbst
wenn es seinem zeitgenossen, dem geheimrath goethe zu Weimar,
etwas aufstößt dabei, wenn Jean Paul nach Weimar kommt und
sagt: „ach, hier sind Weiber!“ Doch auch in abwesenheit des Jean
Paul hat goethe etwas zu ärgern an ihm: als ihn das bei Herzogin
amalia permanent im Schlösschen Tiefurt aufgetischte Sauerkraut
verdrießt, und er, da sich alle Proteste dagegen als vergeblich
erwiesen hatten, sich ins Nebenzimmer begibt – was liegt da? ein
Jean Paulscher roman, seinerzeit bestseller-autor, vor allem aufgrund starker Nachfrage in der weiblichen Leserschaft. goethe
liest darin, springt dann aber auf und ruft: „Nein, das ist zu arg!
erst Sauerkraut und dann fünfzehn Seiten Jean Paul! Das halte
aus, wer will!“ richtig schön absurd wird es u.a. auch bei Daniil
charms, dessen Texte zum beispiel so enden: „So dass unklar ist,
um wen es hier eigentlich geht. reden wir lieber nicht weiter
darüber.“
Konzeption & moderation gerD HoLzHeImer
sprecherin JUDITH HUber
Do 10.12. | 20:00 | ausverkauft
THeaTerForUm | KabareTT
horst schroth: »null Fehler«
▶ lassen sie sich auf die Warteliste setzen
Fr 11.12. | 20:00 | € 18, Schüler € 10
THeaTerForUm | VIeLKLaNg
sedaa: zwischen orient & mongolei
Die mongolisch-persische Formation verbindet auf außergewöhnliche Weise die archaischen Klänge der traditionellen mongolischen musik mit orientalischen Harmonien und rhythmen zu
einem faszinierenden ganzen. Die in ihrer mongolischen Heimat
ausgebildeten meistersänger Nasaa Nasanjargal (Filmmusik „Das
weinende Kamel“), Naraa Naranbaatar und der virtuose Hackbrettspieler ganzorig Davaakhuu entführen gemeinsam mit dem
iranischen multiinstrumentalisten omid bahadori in eine wahrhaft
exotische Welt zwischen orient und mongolischer Steppe. Die
grundlage ihrer modernen Kompositionen bilden Naturklänge –
erzeugt mit traditionellen Instrumenten und durch die anwendung
uralter gesangstechniken nomadischer Vorfahren, bei denen ein
3
margrit gysin ist absolventin der Theaterschule J. Lecoq Paris,
ausgebildete Kindergärtnerin, Heilpädagogin und Puppenspieltherapeutin. Seit 1976 freischaffende Figurentheaterspielerin gibt
sie seit 1980 Unterricht in Theaterpädagogik, Figurenspiel und
Kreativität an Seminaren, Kunst- und Fachhochschulen im In- und
ausland. außerdem ist sie Leiterin der Weiterbildung Figurenspiel
an der zürcher Hochschule der Künste.
Sie wird eingeladen zu Festivals in aller Welt, zuletzt Indonesien,
Indien, bhutan, Israel, Palästina, afghanistan, Pakistan, Tansania,
zimbabwe und Kanada.
mensch mehrere Töne zugleich hervorbringt. Vibrierende Untertongesänge und der Kehlgesang Hömii sowie die wehmütigen
Klänge der Pferdekopfgeige morin Khuur verschmelzen zu einem
mystischen Klangteppich der Schwingungen und Stimmungen,
der den zuhörer mitnimmt auf eine akustische reise entlang der
Seidenstraße.
sedaa ist gewinner des Bundeswettbewerbs für Weltmusik
„creole“ 2013/14.
Naraa NaraNbaaTar bassgeige, gesang
NaSaa NaSaNJargaL Pferdekopfgeige, mong. oboe, gesang
omID baHaDorI gitarre, cajon, rahmentrommel, gesang
gaNzorIg DaVaaKHUU mong. Hackbrett, gesang
© Helmut Pogerth
Sa 12.12. | 16:00 | € 8
THeaTerForUm | Für KINDer
Figurentheater margrit gysin
»Auguste«
Frei nach »Die Weihnachtsgans Auguste« von Friedrich Wolf
zwei Frauen erzählen und spielen mit Nadel und Faden
in erinnerung an ihre Kindheit.
Da war alles anders: Da war märchenzeit.
Und hinten beim Stall gänsezeit. –
es weihnachtet, es schneit Federn, weltein und weltaus.
Das Kind verbrüdert sich mit dem Tier und öffnet die Tür…
eine weihnachtliche geschichte für alle ab 4 Jahren.
spiel margrIT gySIN, IreNe beeLI
regie aNDrea groNemeyer
+*
▶ Ab 4 Jahre >>
Was mir wichtig ist!
Das Figurentheater ist für mich Verkörperungskunst. Märchen und
Geschichten stecken voller Bilder, die emotional und seelisch berühren, sie fördern Lebendigkeit und Kreativität. Im Alleingang spiele
ich für Kinder und Erwachsene. Theater spielen heißt für mich:
Geschichten erzählen.
Durch das Spiel bin ich immer wieder mit dem Neuen, dem Kindlichen, der Kreativität verbunden. Ich stehe in einem stetigen Prozess
und erhalte dadurch viele Energien. In meinem Spiel geht es mir um
das Geheimnis oder das Geheimnisvolle im Leben. Während eines
längeren Gestaltungsprozesses erhalten die Figuren Form, Ausdruck
und Charakter. Ich verarbeite Textilien und Naturmaterialien. In der
Verbindung der Materialien liegt Spannung und immer wieder der
lebendige Bezug zur Natur. Figurentheater spielen heißt, Material
beleben, durch Stimme, Bewegung und Emotionalität.
Alle meine Figuren sind Teile von mir. Ich habe diese Figuren interessanterweise als Archetypen auch in den Märchen gefunden.
Ich schreibe Stücke über Themen, die mich interessieren: Andersartigkeit, Solidarität, Menschenwürde, Sinnfragen. Es reizt mich, aus
unspektakulären Kleinigkeiten Geschichten entstehen zu lassen.
margrIT gySIN
Sa 12.12. | 20:00 | ausverkauft
THeaTerForUm | KabareTT
Werner Koczwara:
»einer flog übers ordnungsamt«
▶ lassen sie sich auf die Warteliste setzen
Di 15.12. | 20:00 | € 9, Schüler € 6
THeaTerForUm | FILm Im boSco
»Der amerikanische Freund«
von Wim Wenders
Wenn man todkrank ist, dann hat man nichts mehr zu verlieren.
Der erkrankte bildrestaurateur Jonathan zimmerman, der für das
Hamburger auktionshaus gantner arbeitet, glaubt aufgrund
gefälschter befunde, dass er bald das zeitliche segnen wird. Deswegen gelingt es dem sinistren geschäftsmann Tom ripley, der
nicht nur neu erstellte bilder eines angeblich verstorbenen malers
zu hohen Preisen versteigern lässt, sondern der auch zimmerman
die fatalen arztbefunde untergejubelt hat, den bildrestaurateur
in ein gefährliches Unterfangen hineinzuziehen. zimmerman soll
sich als auftragskiller verdingen, um durch die gute bezahlung
seiner Familie ein auskommen zu sichern, da diese bald ohne
ihn leben muss. zimmerman gerät schließlich in ein undurchsichtiges Spiel, an dem bald auch weitere gangster teilnehmen.
Spannende Patricia-Highsmith-Verfilmung.
D / F 1977 | mit Dennis Hopper, bruno ganz, Lisa Kreuzer u.a.
▶ mit einführung
++
mi 16.12. | 20:00 | ausverkauft
THeaTerForUm | KLaSSIK
Johannes moser, Violoncello
Benjamin moser, Klavier
▶ lassen sie sich auf die Warteliste setzen
Goncourt alles, was sie wahrnahmen vom Lebensstil, der Mode, dem
Essen, den Feindseligkeiten, Liebschaften, politischen Intrigen.
SrF
Lassen Sie sich überraschen und tauchen Sie ein in die aufregendsten
und farbigsten Dekaden, die die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts je
erlebt hat, denn „da kann man reingreifen egal wo, das ist immer
ein Bömbchen oder eine Atombombe, je nachdem“.
HaraLD ScHmIDT, SWr
Das vollständige Tagebuch der brüder goncourt (11 bände) wurde
erstmals auf deutsch im Haffmans-Verlag bei zweitausendeins
im Jahr 2014 veröffentlicht.
>>
Fr 18.12. | 20:00 | € 18, Schüler € 10
THeaTerForUm | LITeraTUr
edmond & Jules de goncourt und ihr
Journal (1851 – 1896)
Passagen gelesen von Alain claude sulzer
Das vollständige Journal der brüder edmond & Jules de goncourt,
beginnt am 2. Dezember 1851, dem Tag des Staatsstreichs Napoleons III. und endet mit edmonds Tod am 16. Juli 1896.
Wir treffen als gäste bei Prinzessin mathilde oder im restaurant
magny die granden des französischen geisteslebens wie Heine,
baudelaire, Flaubert, gautier, Victor Hugo, renan, Taine, Saintebeuve, zola, Huysmans, Daudet, maupassant, Vater & Sohn Dumas
sowie Iwan Turgenjew und oscar Wilde und lauschen Tischgesprächen von unerhört freier und hemmungsloser art. Nur
Denk- & Sprachverbote waren verboten.
+,
liebevoller blick auf den Sinn und Unsinn des Lebens. So treiben
ihn die Kästchen in den grünen bögen von der erinnerung an
seine erste Liebe und an seine erste Lüge bis zu apokalyptischen
Visionen ü̈ber das jüngste gericht, das erstaunlicherweise einer
Steuerpüfung gleicht, bis zur angst vor dem einen weißen Kästchen, das immer irgendwann auftaucht und bei dem man nicht
wissen wird, was man hineinschreiben soll. am Schluss bleibt nur
eine Frage. Ist dieses Leben eine außergewöhnliche belastung
oder ist es außergewöhnlich schön?
Die Utopien des Stefan Waghubinger, sie sind zugleich sanfte
Rebellion gegen die öden Pragmatiker dieser Welt, die jegliches
Staunen verlernt haben: „Kämen Außerirdische zu uns, am zweiten
Tag gäb’s Beschwerden wegen Fluglärms!“ Ja, der Kopf ist voll, „aber
nix Brauchbares dabei“, sagt der Steuerpflichtige einmal. Und dann
ruft auch noch Gott persönlich auf dem Handy an, und wie einst
beim Kollegen Josef Hader wird verhandelt – nicht über steuermindernde Lasten diesmal, sondern über Sintflut und Gottesfürchtigkeit
und darüber, woher der am anderen Ende eigentlich seine Nummer
habe: „Sind wir auf Facebook befreundet?“ Keine Antwort, Gott hat
einfach aufgelegt. Und Waghubinger sitzt wieder alleine da mit
seinem Steuerformular und sagt: „Irgendwas muss gwesn sein…“
Es bleibt nur ein sachtes Ahnen, und die Leute fühlen mit ihm. Dankbarer, solidarischer Applaus für einen wunderbaren Abend.
THomaS LocHTe
Sa 19.12. | 20:00 | € 20, Schüler € 10
THeaTerForUm | KabareTT
stefan Waghubinger:
»Außergewöhnliche Belastungen«
Das ungeheuer umfangreiche, klatschsüchtige Journal der Brüder
Goncourt ist eines der längsten, fesselndsten und aufschlussreichsten
Tagebücher der europäischen Literatur. Dieses witzige und lästerliche
Journal wurde aus Eitelkeit geschrieben und zeigt, welche Schätze
durch Eitelkeit angehäuft werden können.
graHam robb
Ab 1851 schrieben sie jeden Abend auf, was ihnen tagsüber aufgefallen und zu Ohren gekommen war in ihrem Paris der Literaten,
Prinzessinnen, Dirnen und Denker. Schonungslos und mit spitzer
Feder enthält das 7.000-Seiten-Journal von Jules und Edmond de
alain claude Sulzer wurde 1953 in riehen (bei basel) geboren.
1972 entstand sein erstes Hörspiel, 1983 erschien sein erster roman
„Das erwachsenengerüst“, für den er den rauriser Literaturpreis
erhielt. Neben vielfältiger schriftstellerischer Tätigkeit übersetzte
er aus dem Französischen und arbeitete als freier autor für zeitungen und rundfunkanstalten.
alain claude Sulzers eigentlicher Durchbruch auf der internationalen literarischen bühne erfolgte 2004 mit dem roman „ein perfekter Kellner“, der, wie auch „annas maske“ (2001) und „Privatstunden“ (2007) im zürcher Verlag „edition epoca“ erschien und
in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. 2008 wurde er dafür in
Paris mit dem renommierten Prix médicis étranger ausgezeichnet.
Im selben Jahr erschien sein roman „zur falschen zeit“ im neu
gegründeten berliner Verlag galiani, in dem zuletzt 2012 „aus
den Fugen“ herauskam. ab Herbst 2015 wird dort auch sein neuestes buch „Postskriptum“ vorliegen.
Von 2008 bis 2011 war alain claude Sulzer Juror bei den „Tagen
der deutschsprachigen Literatur“ (Ingeborg-bachmann-Preis) in
Klagenfurt. er schreibt regelmäßig essayistische beiträge für die
Neue zürcher zeitung.
alain claude Sulzer lebt in basel, Vieux Ferrette und berlin.
gemeinsam mit Harald Schmidt hat er vor einem Jahr ausschnitte
aus dem Journal sehr erfolgreich einer begeisterten zuhörerschaft
vorgetragen.
© Julia Baier
Waghubinger sollte ein neues Kabarettprogramm schreiben, mit
dem er endlich die Welt erklärt, aber er kam nicht dazu, weil er
noch seine Steuererklärung fertig machen musste. Das ganze Jahr
ü̈ber Unsinn gemacht und jetzt muss er ihn auch noch versteuern.
also macht er sie auf der bühne, diese Steuererklärung. auf dieser
bühne stehen noch ein Tisch, eine Schreibtischlampe, ein Stuhl,
und auf dem Tisch liegen ein paar Papierstapel. Was nach eineinhalb Stunden dabei herauskommt, ist kein einziges ausgefülltes
Formular, dafür ein tiefschwarzer, bissiger und trotzdem irgendwie
+-
NacHrIcHTeN aUS Dem boSco
NacHLeSe
heim(At)suchen.De –
ein themA DAs BeWegt
KLaSSIK
ensemble Berlin:
zwischen kammermusikalischer
Feinheit und orchestraler größe
Für den gautinger Literaturwettbewerb 2015 wurden Texte gesucht,
die den Heimatbegriff ausloten. ein Thema, das die menschen
beschäftigt. In den Wochen zwischen ausschreibung und einsendeschluss war der briefkasten im bosco regelmäßig überfüllt, die
gautinger Postboten und Postbotinnen überlastet und das Theaterbüro überflutet von Kurzgeschichten, reimen, erzählungen,
Dramen und vielem mehr. Insgesamt gab es 331 einsendungen
aus ganz Deutschland sowie aus Österreich, Italien und der
Schweiz. gäbe es einen Preis für die einsendung mit dem weitesten Weg, würde ihn der/die Teilnehmer/in aus chile bekommen.
Die Preisverleihung findet am 04.12.2015 im bosco statt. bis dahin
wühlt sich unser Jurorenteam durch 4 ordner voller Literatur. Wir
sind gespannt auf die gewinner und bedanken uns jetzt schon
einmal für die überwältigende Teilnahme.
Kuscheltiere Für syrien
Wir sammeln bis 28.01.2016 für christian Springers orIeNTHeLFer
e.V. Kuscheltiere für syrische Flüchtlingskinder. Sie können diese
gewaschen im Theaterbüro abgeben. am 28.01.2016 ist der Kabarettist mit seinem Programm »oben ohne« im bosco zu sehen.
christian Springer und sein Freiwilligenteam fahren regelmäßig
in den Libanon, sowie nach Jordanien und Syrien, um syrischen
Flüchtlingen zu helfen. Das ziel: schnell, effektiv und professionell
vor ort Hilfe zu leisten
imPressum
Besinnliche zeit
Das bosco service team wünscht Ihnen eine besinnliche adventszeit, schöne Weihnachten und einen wunderbaren Start ins neue
Jahr!
Für die letzten Weihnachtseinkäufe haben wir am 23. Dezember
2015 bis 12:00 Uhr geöffnet. zwischen Weihnachten und Neujahr
ist das Theaterbüro im bosco vom 24. Dezember 2015 bis einschließlich 6. Januar 2016 geschlossen. ab dem 7. Januar 2016
sind wir wieder zu den gewohnten Öffnungszeiten für Sie da.
Das bosco startet am 6. Januar 2016 ins neue Jahr mit der ausstellungseröffnung von rainer Viertlböck „münchen – und die
ganze Welt“ im rahmen der gesprächsreihe Tee beI SabINe.
+.
herausgeber bosco service team
Vorsitzender Thomas Hilkert
leitung des bosco Désirée raff (i.V.)
Veranstaltungsfotos Werner gruban
gestaltung majazorn mediendesign, Stockdorf
Druck miraprint beiner Kg, gauting
Vier Streicher und fünf bläser sind zusammen im grunde ein
orchester en miniature. aber schon die einzelbesetzung der
Stimmen, die ein sorgfältiges austarieren der ensemblebalance
verlangt, ist ein Indiz für den kammermusikalischen zugriff. In
diesem Umfeld bewegt sich die Herausforderung an das ensemble
berlin, das schon traditionell alljährlich im oktober in gauting
gastiert. eine weitere Herausforderung ist zweifelsohne die
erweiterung des repertoires um Werkbearbeitungen, die schon
seit Jahren fürs ensemble berlin von Wolfgang renz gemacht
werden. Im grunde sind bearbeitungen heutzutage keine Seltenheit mehr in den Konzertprogrammen. Und doch sind so extremfälle, wie die übertragungen von reiner Klavierliteratur, eine heikle
angelegenheit. gerade bei mendelssohn, dessen Klavierstil
zwischen Wiener Klassik und romantik nicht nur klar pianistisch,
sondern auch virtuos angelegt ist, kommt sowohl auf die Streicher
wie auch auf die bläser stets eine technisch knifflige aufgabe zu.
Pianistische Finessen wie pedalunterstützt wogend fließende
bewegungen oder ein Leggiero verlangen schon in der Streicherbläser-besetzung meisterhafte Instrumentenbeherrschung, um
einem Klavierwerk einigermaßen die Treue zu halten. In den „Trois
Fantaisies ou caprices“ op. 16 war dies nicht gar so schwierig, da
es dort letztendlich vor allem auf den ausdruck ankommt,
weniger auf die Detailtreue. mendelssohn charakterisierte in den
drei Stücken die Töchter einer befreundeten Familie in Wales:
ernst und melancholisch die erste, quirlig und ruhelos die zweite,
romantisch und schwärmerisch die dritte. Hier traf das Nonett
des ensembles berlin absolut überzeugend die charaktere der
mädchen, wie sie die Klavierfassung wohl kaum besser vermitteln
kann.
Im rondo capriccioso, gesetzt für Flöte, oboe, Klarinette, Horn
und Fagott, konnte zwar über weite Strecken nah am original
interpretiert werden, doch wo die pianistische Textur im Sinne
von Klangvolumen und Plastizität allzu dicht wurde, erwies sich
gerade die weiche bläsersubstanz deutlich anders geartet. als
eine eigenständige Schöpfung bestand jedoch sowohl die
bearbeitung als auch die geradezu rhapsodische Interpretation
mit feinsinnigen emotionalen gesten und einem stimmigen Ineinandergreifen der bestandteile. Perfekt war dies in einer mozartbearbeitung möglich. ohne Kenntnis des originals für Klavierquintett mit bläsern KV 452 hätte man diese großartige bearbeitung
für oktett (ohne Flöte) für eine original mozartische Schöpfung
halten können, zumal das ensemble berlin hier trotz der großen
besetzung den rein kammermusikalischen Parametern treu blieb.
Dazu gehörten eine präzis ausbalancierte ensemblehomogenität,
tief empfundene rücknahmen und vor allem ein einhelliges
empfinden, ist doch die Komposition insbesondere von der langen
Largo-einleitung im Kopfsatz und dann im zentralen Larghetto
besonders auf die lyrische charakteristik fokussiert. andererseits
aber auch auf eine erfrischende, muntere, teils folkloristisch
anmutende Spielart wie im allegro und allegretto der rahmensätze.
Dem Franzosen george onslow gelang mit seinem original-Nonett
a-moll op. 77 ein interessanter brückenschlag zwischen kammer-
theaterbüro oberer Kirchenweg 1 · 82131 gauting
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Samstag
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+/
musikalischen Finessen und orchestralen Passagen, die klanglich
kombinierte instrumentale blöcke gegeneinander in Kontrast
setzten. Was mozart noch subtil im feinsten changieren der Stimmen bewältigte, exponierte onslow mutig als künstlerisches
mittel. In der gestik imposanter aufgestellt, zeigte sich die viersätzige Komposition immer wieder symphonisch wie konzertant.
Und das ensemble berlin beherrscht die hierbei dringend nötige
Kunst der übergänge großartig. Das emporwachsen, Hervorgehen
und Versinken geschah hier mit homogener einfühlsamkeit und
emotionaler authentizität. Lang anhaltender, begeisterter applaus
und eine Wiederholungszugabe.
reINHarD PaLmer
KabareTT
Faltsch Wagoni:
Der gedanke kommt aus dem Wald
es gibt offenbar doch einen rohstoff, der zugleich erneuerbar
und unerschöpflich ist: Das stets zu justierende Verhältnis zwischen den geschlechtern dient dem Duo „Faltsch Wagoni“ seit
mittlerweile 33 Jahren als fruchtbarer acker, privat wie auf der
bühne. Schon mit dem Titel ihres neuen Programms weisen Silvana
und Thomas Prosperi sanft darauf hin, dass das gerangel um die
Poleposition im beziehungszweisitzer munter weitergeht. bei
Faltsch Wagoni ist es freilich eher ein geplänkel mit geschliffenen
Worten, kunstvolles Florett statt rechthaberischer Säbel: Die beiden
Wahl-Herrschinger mit Stuttgarter Wurzeln haben vermutlich auch
aus den erfahrungen ihrer langen Partnerschaft geschöpft, als sie
so lebenskluge erkenntnisse formulierten wie: „Paare sind, von
außen betrachtet, eine art terroristischer Vereinigung.“ Im binnenleben einer solchen zweckgemeinschaft geht es offenbar kaum
weniger kriegerisch zu. Sagt sie im schicken rosenkleid: „eine
Lady ist die personifizierte aufforderung an den mann, sich zivilisiert zu benehmen!“, entgegnet er, ins grüne Leibchen des oberförsters gewandet: „Dies ist eine metapher, sich die erde untertan
zu machen!“ Das Ping und Pong dieser dialogischen beziehung
funktioniert auf denkbar hohem sprachlichem Niveau und wird
immer wieder aufgelockert durch das Ich-und-Du in den Liedern:
Silvana hat eine sehr gute Stimme, sie spielt Percussion und imitiert ohne Instrument eine „maultrommel“ oder eine schallgedämpfte Trompete – notfalls ist sie auch für die Waldgeräusche
zuständig, damit sich der „oberförster“ in seinem element fühlt
+0
Das letzte Wort aber hat eigentlich doch wieder sie: „zu viel Verständnis macht aus Kindern und männern monster.“ Da war er
wieder, der kleine erziehungsratgeber, den Frauen ja stets bei
sich tragen. Punktsieg für Silvana, aber ein Trostpreis für Thomas,
der sich die rest-Würde des oberförsters bis zur zweiten zugabe
bewahrte.
THomaS LocHTe
KLaSSIK
isabelle Faust, Jean-guihen Queyras &
Alexander melnikov: seeleneinblicke
und behaupten darf: „Der gedanke kommt aus dem Wald!“; Thomas
zupft dazu die gitarre und gibt den Part des zu einiger Intelligenz
gelangten Primaten – männer: vorerst Förster.
Im Vergleich zum Vorgänger-Programm „Deutsch ist Dada hoch
drei“ (2014 auch im bosco zu erleben) setzen die beiden Feld(und Wald-)forscher nicht ganz so auf die sprachliche zuspitzung,
dafür mehr aufs musikalische. Die reibung weiblich/männlich
gibt es auch weiterhin und schöne aphorismen selbstverständlich auch: „Komplimente sind die Tomaten im beziehungssalat“,
säuselt Silvana, und Thomas ergänzt in aller ernüchternder
mannestapsigkeit: „Und das Hauen und Stechen sind die zwiebeln!“
Um noch etwas im Salat zu bleiben: Für ihn ist das Weibliche
nicht nur balsam, sondern „reines balsamico“ – schöner kann man
es kaum ausdrücken. Die jeweilige Ich-bezogenheit bei Frauen
und männern wird ebenfalls wunderbar herausgearbeitet – sagt
sie, er sei „der mann meines Lebens“, sagt er prompt, er sei auch
„der mann meines Lebens“. Touché! In ein Lied verpackt ist dann
wieder die Weisheit „Liebe kann man üben“, entlehnt dem alten
arbeiterschlachtruf „Vorwärts und nicht vergessen...“. gut beobachtet ist übrigens auch die Feststellung des mannes: „Ich koche
nicht, weil du immer kochst“. Hier wird aus dem Vortritt einräumenden „Ladies First“ eine Pose der bequemlichkeit, bis frau ihn
an die Steinzeit erinnert und verlangt: „Förster in spe – brennholz
und reh!“ Der Steinzeit-macho aber hat hinzugelernt und
schwingt heutzutage ganz andere Keulen bzw. zückt das erwähnte
Florett: „Der emanzipierte mann hält nichts von der patriarchalischen rolle des mannes!“
>>
es war keine leichte Kost, die hier das Trio mitbrachte. man kann
es auch so sehen: es nahm das Publikum ernst und traute ihm
schon etwas zu. Und letztendlich kann eine Konzertreihe nur so
gut sein, wie ihr Publikum ist – vom Fachverständnis her. Und
letzteres war mit der Komposition von Salvatore Sciarrino schon
sehr gefordert. Das Trio Nr. 2 ist zwar nicht gerade das glücklichste
Werk des 1947 in Palermo geborenen Komponisten. Das unentwegte zwitschern der Streicher in Flageolett-Höhen, gelegentlich
unterbrochen durch Nachhall-obertöne vom gehämmer auf dem
Flügel, stand hier aber vor allem für ein anderes Konzept in der
gattung des Klaviertrios.
Die tradierten Formen spielen für Sciarrino keine rolle. Feste
Figuren tauchten hier allenfalls als Pattern (wiederholte muster),
also als Struktur auf. ansonsten besteht die musik des Sizilianers
aus Klangfarbe, Stille und raum. ein Paradoxon: Trotz der Kargheit
der mittel bedeutet seine musik eine erweiterung der gattung in
neue Dimensionen.
Für Isabelle Faust (Violine), Jean-guihen Queyras (Violoncello)
und alexander melnikov (Klavier) bedeutete dies indes höchste
Konzentration. eine musik, die kaum orientierungsmarken bietet,
auf endlosen Wiederholungen basiert sowie spieltechnisch ausschließlich aus Finessen besteht, fordert schon ungemein.
eine schwere Kost ist aber auch das erste der beiden SchumannKlaviertrios, das an keiner Stelle ein sorgloses, gar richtig lustvolles Drauflosmusizieren erlaubt. Die späten Werke Schumanns,
zu denen das Trio g-moll op. 110 gehört, sind einst nicht zufällig
auf Unverständnis des Publikums gestoßen. Wie das Trio Faust,
Queyras und melnikov das Werk auffasste, bekam es auf alle Fälle
einen überraschend intimen charakter. Das lag wohl in erster
Linie daran, dass es dem glänzend aufeinander abgestimmten
ensemble möglich ist, weit in die zartesten Äußerungen abzutauchen, wo Klänge zu Klangspuren werden, die so wirken, als würden
die Töne gleich kraftlos in sich zusammenfallen. In solchen
momenten geben sich Interpreten und Komponisten die blöße,
legen ihre empfindlichsten Stellen offen. Und das ist beim von
der Krankheit bereits gezeichneten Schumann ein wichtiges
moment. besonders in der geisterhaften Passage im Kopfsatz, die
plötzlich das von einem fahrig nach oben schnellenden motiv
beherrschte Feld in beschlag nimmt.
es ist schon eine großartige Leistung, Schumanns quälende rastlosigkeit und abwehrhaltung gegenüber der drückenden Verfassung musikalisch zu erfassen. Im Scherzo zwei Dur-Trios zu spielen, die nicht heiter werden wollen, genauso wenig wie schließlich
das burleske Finale. Wunderbar erklang der langsame Satz
zwischen einer sanft melancholischen und einer leidenschaftlich
dramatischen Thematik, die für emotionale Tiefe sorgten.
Das Trio b-Dur op. 99 von Schubert ließe eine ähnliche charakteristik vermuten. Der Komponist war auch von der Krankheit
+1
gezeichnet und mit gerademal 30 Jahren am ende seines Lebens
angelangt. Faust, Queyras und melnikov zeichneten aber keinen
wirren geist, keinen leidenden menschen. Sondern vielmehr einen
hellwachen Intellekt, der sich mit völliger emotionaler Öffnung
noch einmal ans Leben wendet, an ihm teilnehmen zu dürfen.
Wunderbar vital und mit zauberhafter Leichtigkeit ging das
ensemble den Kopfsatz an, um im zweiten Thema diese typische
betörende Lyrik Schuberts feinst geformt auszusingen. Vom
zweiten Satz konnte man hier kaum genug bekommen. Die empfindsamkeit des Trios in runder Homogenität deckte darin den
unwiderstehlichen zauber der Spätwerke des Komponisten in
reinster Form auf. genauso im Scherzo-Trio, eingebettet in unbeschwerte Heiterkeit. als zwischen lyrischer melodik und leichtem
galopp das fesselnde Finale zu ende ging, war ein frenetischer
applaus sicher. Die ausgedehnte zugabe (Schumanns langsamer
Satz aus op. 80) bot einen überaus geistvollen einblick in die
Seele des Komponisten, wie man ihn selten erhascht.
reINHarD PaLmer
ScHaUSPIeL
eines langen tages reise in die nacht –
Arme schlucker
Der Pool unserer erinnerungen ist allgegenwärtig: manchmal
stecken wir nur die zehenspitzen hinein, dann wieder drohen wir
darin zu ersaufen. Wir wollen uns nicht immer nass machen, aber
er durchtränkt uns doch. oder ist es gar ein gen-Pool, eine Ursuppe,
aus der wir heraus gekrochen sind und in die wir irgendwann
wieder eintauchen werden? Das „Theater an der ruhr“ hatte mit
dem Doppel-Pool ein spektakuläres bühnenbild mit nach gauting
gebracht. Für robert ciullis Inszenierung von „eines langen Tages
reise in die Nacht“ nach eugene o’Neill waren erst mal fünf Stunden aufbau und zwei Lkw-Ladungen erforderlich, ehe die akteure
(unter aufsicht zweier Feuerwehrler) loslegen konnten. Und es
sollte sich lohnen – nicht nur das bühnenbild schöpfte die gesamte
Tiefe des bosco-gebäudes aus, auch die inszenatorische Umsetzung: „Die schuldlose Schuld des menschen ist o’Neills Kernthema“, so Dramaturg Helmut Schäfer bei der einführung zum
Stück. Dass das Schicksal aus der Familie entspringt, war eine
erkenntnis, die der amerikanische autor und „erfinder des modernen Theaters“ (Tennessee Williams über o’Neill) am eigenen Leibe
+2
erfahren hatte: Der Vater ein Schauspieler und tyrannischer geizkragen, der sein geld hauptsächlich mit grundstücksgeschäften
gemacht hatte; der Sohn, hiervon angewidert, entfernte sich, fuhr
zur See und fand seinen Weg zum Schreiben erst später, nach einer
Tuberkulose-erkrankung. o’Neill (1888 – 1953) schrieb mit „eines
langen Tages reise in die Nacht“ (1942 fertig geworden) „sein
wohl autobiografischstes Stück“, so Schäfer, eine art Familienaufstellung mit drei alkoholikern (Vater und zwei Söhne) und der
mutter als morphinistin – ein direkter Spiegel sei es jedoch nicht,
fügte Schäfer hinzu.
Diese im grunde restlos zerrüttete, emotional nahezu tote Familie
wird bei o’Neill nur durch die gemeinsam verdrängten erinnerungen zusammengehalten: Vater James Tyrone (Klaus Herzog)
hatte bei der geburt des Sohnes edmund (marco Leibnitz) in einem
schäbigen Hotelzimmer offenbar derart gegeizt, dass ein Kurpfuscher und kein arzt ans Kindbett geholt wurde – dadurch
wurde James’ Frau mary (Simone Thoma) zur morphiumabhängigen; die heranwachsenden Söhne wiederum entwickelten sich
nach dem Vorbild des trunksüchtigen Vaters: Der ältere Jamie
Tyrone Junior (Fabio menéndez) ein Versager, der jüngere edmund
ein an Schwindsucht leidender Schwächling. Der beschreibt
diesen Wahnsinn besonders treffend: „Wir sind alle verrückt, was
sollen wir denn mit der Vernunft?“ In dieser düster umwölkten
Konstellation verharren alle Vier, nur hin und wieder spritzt es im
Pool, wenn die Vergangenheit aufgewühlt wird oder mary in einem
längst vergessenen Koffer einen durchfeuchteten Strampelanzug
findet und auswringt: Dann wird das Tropfgeräusch dumpf verrinnender zeit übertönt von Wutausbrüchen und gegenseitigen
Vorwürfen. rudimente von zärtlichkeit zwischen mary, ihren Söhnen und sogar ihrem unbeirrbaren granitblock von mann werden
kurz sichtbar, ehe sie doch wieder verpuffen. als abgesang an
jegliche Hoffnung werden dazu die „Doors“ eingespielt: „This is
the end...“ Später faucht auch noch Janis Joplins Stimme vom
band, stellvertretend für den Schmerz und vielleicht ein letztes
aufbäumen von Lebendigkeit. Und in ständiger reichweite: die
Whisky-Flasche.
o’Neill wie auch die Inszenierung ciulli/Schäfer schöpfen den
(Hohl-)raum dieses Vier-Personen-Dramas in Strindbergschen
ausmaßen weidlich aus: „Drogistin“ mary geistert in goldenen
Schuhen überall umher, hat lichte und umnachtete momente
(Simone Thoma zieht von ätherisch bis schrullig alle register),
sie steht im zentrum all dieser schicksalhaften, ja im Wortsinne
„schicksalsschwangeren“ Verstrickungen und spricht ständig von
dem, „was uns das Leben angetan hat und wofür es keine erklä-
rungen und entschuldigungen gibt“. James, marys Holzklotz-ehemann (Klaus Herzog mit roten clownslippen), gelingt der Part des
mitleidlosen Unsympathen dafür fast durchgängig: „mary?“ – „Ja,
Liebling, was denn?“ – „Nichts!“ Währenddessen ringt der von anfällen gebeutelte Jamie (Fabio menéndez) mit der Hassliebe zur
mutter und zum noch krankeren kleinen bruder: „Wir waren so
dämlich, uns Hoffnungen zu machen!“ In der Figur des schwindsüchtigen edmund aber bündelt sich die ganze resignation dieser
Familie: marco Leibnitz spielt ihn mit zumeist leiser, tragischer
Intensität, als Todgeweihten mit zarter Seele – er wird am ende
das meiste Wasser abbekommen haben und mittendrin liegen in
der Ursuppe: eines langen Tages reise in die Nacht ging für ihn
zu ende.
THomaS LocHTe
LITeraTUr
stefan hunstein:
Der elefant in der riesenboa
zwei, die vom Himmel gefallen sind. Vernünftig und mit hinreichendem technischen Wissen ausgestattet der eine, seinen
gefühlen ausgeliefert der andere. Und doch hat der Vernünftige
einmal bilder gezeichnet, die damals von den großen Leuten nicht
verstanden wurden und die sein gegenüber hier in der Wüste
sofort begreift. es ist eine geschichte von Freundschaft und Liebe,
die Stefan Hunstein erzählt, seine Fassung von antoine de Saintexupéry „Der kleine Prinz“ entkernt die weltbekannte erzählung
auf die eckpfeiler, die begegnung zwischen einem erwachsenen
und einem zarten geschöpf aus einer anderen Welt. „Der kleine
Prinz trifft Debussy“, heißt die szenisch-musikalische Lesung, in
der die Literatur den Dialog mit der musik sucht.
mathias Huth, der am Flügel Klavierwerke von claude Debussy
spielt, übernimmt dabei den Part mit dem „Herzensblick“. gerade
diese musik demonstriert, was gemeint ist mit dem wohl berühmtesten zitat aus Saint-exupérys geschichte: „Das Wesentliche ist
für die augen unsichtbar.“ auch die Sprache kann hier nur hinreichend agieren, ist sie doch trotz aller bildkraft, aller in Worte zu
kleidenden Sinnlichkeit in erster Linie mit dem Verstand zu rezipieren. In der begegnung von Debussys musik und der gedankenwelt des Kleinen Prinzen aber entsteht ein musikalisch-literarisches zwiegespräch, das die Herzensebenen unmittelbar erreicht.
mathias Huths Klavier wird zur dritten Stimme im gespräch
zwischen dem in der Sahara mit einem motorschaden kämpfenden
Piloten und dem nach Freundschaft suchenden kleinen Prinzen.
Der Schauspieler Stefan Hunstein war schon häufig zu gast in
gauting, und sein markanter, die Vokale auskostender Tonfall ist
dem Publikum durchaus vertraut. Hunstein zählt zu den Schauspielern, die sich Literatur einzuverleiben verstehen. Saint-exupérys Text ist zu einem Teil von Stefan Hunstein geworden und
spricht aus ihm heraus. er ist sowohl der Pilot als auch der Kleine
Prinz. gleich in der ersten begegnung, in der sich der weizenblonde kleine Planetenreisende von dem längst zu „den großen
Leuten“ übergelaufenen Flieger ein Schaf zeichnen lässt, wird
ersichtlich, dass es sich bei den beiden um ein und dieselbe Person handelt. Der erwachsene entdeckt in sich den kleinen Jungen
wieder, der einmal einen elefanten in einer riesenboa gemalt
hat und dann über der Unkenntnis der ihn umgebenden „großen
Leute“ schier verzweifelte. Was blieb ihm damals anderes übrig,
als deren rat zu befolgen und sich mit mathematik und geographie
zu beschäftigen, mit der Vermessbarkeit der Welt. erst angesichts
der aussichtslosigkeit, die ein inmitten der Sahara versagender
Flugzeugmotor bei abnehmendem Trinkwasservorrat darstellt,
erkennt er die tatsächlichen Werte des Lebens.
Die musik claude Debussys, die ihrerseits eine brücke zwischen
der emotionalität der romantik und dem rationalismus der
moderne sucht, ist eine einleuchtende Wahl als dritte Stimme
für eine szenische Lesung aus „Der kleine Prinz“. mathias Huth
erspielt dabei eine hörbare, mit dem Herzen zu sehende Stimme
gewordene empathie. Und genau dies ist es, womit sich Saintexupéry einen Platz in der Weltliteratur und vor allem in den
regalen der Leser erschrieben hat.
SabINe zaPLIN
+3
KabareTT
matthias egersdörfer:
Kleine löcher in die stirn gebohrt
Jazz
matthias Bublath Band:
imaginativ und sinnenfreudig
achtzylinder! Ja, diese motoren haben musik. exzellente Laufruhe
und einen Sound, der die Herzen von motorsportnostalgikern
höher schlagen lässt. ein Klassiker der sportlichen oberklasse,
verbaut in Legenden wie bugatti royale, Ferrari F430 oder Lotus
esprit V8. Sich einen solchen imposanten motor auf eine cD mit
dem Titel „eight cylinder“ zu setzen, verspricht schon viel gutes,
zumal wenn großartige musiker mit von der Partie sind. matthias
bublath hat für dieses Projekt eine Truppe zusammengestellt, die
– auch wenn sie hier im bosco ohne den gasttrompeter Takuya
Kuroda antrat – stets garant für einen packenden Jazz-abend ist.
allen voran der e-bassist Patrick Scales, der als Hochschuldozent
und langjähriges mitglied von Doldingers Passport nicht nur hierzulande zu den Koryphäen seines Faches gehört. Sein einziges,
leider recht kurzes Solo gab einen überzeugenden Vorgeschmack,
dessen einlösung allerdings unterblieb. Scales’ Fingerfertigkeit,
musikalisches Timing und spieltechnisches Vermögen in jeder
erdenklichen stilistischen ausprägung sind grandios. Dem zahlreichen Publikum blieb also nur, sich der soliden basis zu erfreuen,
die grooven, hasten, singen, swingen und vieles mehr konnte,
sich aber auch diszipliniert zurückhielt. Die Konstellation mit dem
Drummer christian Lettner ist von Passport her seit Jahren erprobt.
Dieses Duo konnte denn auch nicht nur mit acht zylindern schnurren, sondern auch kraftvolle, bisweilen funky groovende Substanz
unterlegen, aus der sich ein wunderbar klarer band-Sound entwickeln konnte.
Die zusammenstellung der Frontinstrumente ergab einen ganz
spezifischen Klang, der in seiner charakteristik bisweilen allerdings wohl anders zuzuordnen gewesen wäre, wenn bublath hier
auch passend zum achtzylinder seine Hammond b3 mitgebracht
hätte. Die einschränkung auf den virtuos gespielten Flügel färbte
,*
die charakteristik mancher Stücke durchaus um. Die Kombination
mit dem Vibraphon von Tim collins befreite sich im gegenzug
auf diese Weise vom Touch der Nostalgie im Stil der 1930er Jahre
und kam in der kammermusikalischeren Prägung transparenter
und energischer daher. Viel raum also auch für den weitschweifenden ungarischen Tenorsaxophonisten gábor bolla, der aus
seinem musikalischen roma-Hintergrund hier auf alle Fälle eine
menge Leidenschaft einbrachte. Seine Soli entwickelten ein feuriges Temperament, wagten sich durchaus auch in wildere gefilde,
manchmal im grunde schon jenseits der grenze zum rock. er
bescherte dem abend so manch einen glücksmoment.
Der 37jährige matthias bublath stand hier auch als Komponist im
Fokus. mit dem aktuellen repertoire zieht er in gewisser Weise
eine zwischenbilanz. als vom blues und boogie-Woogie herkommender Pianist und Hammond-Spieler kam es hier zu einer art
Sich-messens in relation zum heutigen Stand. besonders reizvoll
darin die exotische Note, die hier auf eine überaus melodiöse
und heitere art akzente setzte. So etwa „boje Latin“, das mit karibischer Leichtigkeit und vergnügter Spielfreude die Stimmung
im Saal befeuerte. Schon zu beginn wurde klar, dass es bublath
auch um sinnenfreudige Klangfarbigkeit ging, die ja schon in der
zusammenstellung der band angelegt war. Dahingehend lieferte
das südafrikanisch gefärbte „abdullah“ einen weiteren starken
akzent. aus einem klassischen blues entwickelte sich darin eine
mystisch angehauchte atmosphäre mit unbeschwertem gesang.
mit wohliger Wärme wurde es indes in der ballade „adolescense“
recht ernst, doch ähnlich imaginativ, vor allem im singenden
Saxophon. bublath scheut aber auch keine stilistischen Synthesen,
wie etwa im hastenden bebop „65w13th“ (eine adresse in New
york), der sich mit Latin-elementen überraschend heiter gab und
dadurch das drängende motiv gegen eine gewisse euphorie eintauschte. euphorisch tobte dann auch das Publikum und bekam
eine zugabe mit rasantem Drive: „Walk til you die!“.
reINHarD PaLmer
Nur mal angenommen, die milch wäre noch genießbar gewesen.
Dann hätte matthias egersdörfer nicht noch einmal zurück ins bett
sinken müssen, die vier Sizilianer im eck des Schlafzimmers hätten
nicht ihre Hüte so tief ins gesicht ziehen müssen und die Sache
mit dem Jüngsten gericht und der ganzen Lebensbeichte, angefangen mit den ersten raubzügen in frühester Jugend, wären ihm
auch erspart geblieben. ganz abgesehen von den Stimmen, die
ihm einflüstern, er solle im Küchengeschäft ein Filetmesser
erstehen und mit dem Ice „Lee Harvey oswald“ nach berlin fahren,
um dann den bundespräsidenten abzupassen und diesem das
messer zwischen die rippen zu bohren. all das wäre ihm nicht
widerfahren. aber ob es tatsächlich etwas geändert hätte am
zustand der Welt, der doch so tiefe rillen zwischen Nasenflügel
und mundwinkeln in gesichter einzugraben versteht?
„Vom Ding her“, lautet der Titel des Programms, das egersdörfer
im bosco vorstellte. Und vom Ding her ist der mann goldrichtig.
Spinnt eine Wahnsinnsgeschichte um ein kleines Ding wie den
missglückten morgenkaffee und ist dabei so unkorrekt, ungebügelt und unverhohlen wie selten ein Kabarettist. matthias egersdörfers gepflegt schlechte Laune ist sein markenzeichen, doch
live zeitigt dieses nochmal eine ganz andere Wirkung. Da schaut
eine zuschauerin zu beginn der Vorstellung noch einmal verstohlen auf ihr Handydisplay und wird angepflaumt, wem sie da ihre
aufmerksamkeit schenke. Da offenbart eine andere zuschauerin
auf Nachfragen ihre Starnberger Herkunft und erhält den Tipp,
doch einmal ihre Samstage nicht mit dem einstreichen der brüste
mit Himbeermarmelade zu verbringen, sondern stattdessen lieber
in der örtlichen buchhandlung romane von Utta Danella zu
klauen. Und als egersdörfer eben diese fiktiv gestohlenen romane
ebenso fiktiv ins Feuer wirft und damit Lacher erntet, werden
eben diese Lacher als Nazi-Lacher ins Programm hineingeholt.
matthias egersdörfer teilt kräftig aus, er schont nichts und
niemanden, am wenigsten sich selbst. Denn das scheinbare
mäandern seiner assoziativ gewebten geschichten ist ausgefeilteste autorenarbeit, die er ohne Stocken oder überspielen aus
dem Kopf heraus auf die bühne stellt, ganz so, als wären sie dem
augenblick abgetrotzt. Da schlüpft jemand mit Haut und Haar in
eine rolle hinein, die maßgeschneidert sitzt und zugleich eine
Spiegelrolle ist, ohne dass der rahmen mit dem Holzhammer
gezimmert worden wäre. Wie
virtuos dieser Künstler seine
bühnenfigur zu spielen versteht, beweist er in einem
minutenlangen extempore,
das er einem scheinbaren
Versprecher abtrotzt. Da werden sie alle noch einmal an
die Wand gestellt, die ob
des Versprechers feixenden
Deutschlehrer, die ohne Verständnis einfach mal mitlachenden Dumpfbacken, die
eitlen Starnberger und gediegenen gautinger sowieso.
matthias egersdörfer ist so
komplex unkorrekt, dass manchem das Lachen im Halse
steckenbleibt. Doch ehe das
Unkorrektsein, dieses Immervoll-Draufhauen zum durchschaubaren Programm werden
kann, sucht er rasch die Verbrüderung mit dem Publikum
und empfiehlt, die Pause zu
nutzen, um das Taschenmesser mit dem Korkenzieher dran
herauszuziehen und sich damit gegenseitig kleine Löcher in die
Stirn zu bohren. oder – bei Kenntnis des Parkplatzes, den der
Nachbar für sein auto gewählt hat – eben diesem Nachbarn noch
rasch die reifen aufzuschlitzen. „Letztendlich geht es darum, im
ersten Teil auszusieben, um dann mit dem harten Kern die zweite
Hälfte des Programms zu bestreiten“, bekennt matthias egersdörfer nach der Pause. Der harte Kern war diesmal sehr groß: es
sind alle geblieben. gewiss nicht zuletzt, weil dieses Kabarett so
erfrischend anders, echt war und die üblichen rundumschläge
zur aktuellen politischen Lage einmal ausblieben. Nein, sie blieben nicht aus, sie waren einfach intelligent gewandet. Der missgelaunte Schimpfkanonier auf der bühne ließ jeden Wutbürger
und patriotischen europäer als das dastehen, was diese sind:
manische egozentriker ohne realitätsbezug. getränkt mit zu viel
schlechtem Kaffee. Der ein guter hätte sein können, wäre die
milch nicht sauer gewesen.
SabINe zaPLIN
,+
zUm Tee beI SabINe
günther schöll – Kaleidoman
Kaleidoman nennen ihn seine Freunde: So schillernd wie die
Spiegel in den phantastischen optischen Wunderwerken, die er
vertreibt, ist ihr Schöpfer selbst. In amüsanten arabesken erzählte
günther Schöll gestern beim „Tee bei Sabine“ aus seinem Leben.
Der gautinger Fotograf, offset-Drucker, autor, musiker, Familienvater und Kaleidoskop-Händler verbrachte seine Hippie-Jugend
in Kalifornien. zum krönenden Finale gab der Künstler noch eine
außergewöhnliche musikalische Kostprobe – auf seiner viersaitigen
mountain-Dulcimer.
„aus einfachen Dingen“ kann man so leicht Schönes schaffen:
beim Tee-gespräch mit Sabine zaplin trank günther Schöll aus
einer amerikanischen Tasse. Dass wie beim aufgemalten Toastspruch auf dem geschirr Neues aus „bread and water“ entstehen
kann, ist eigentlich motto dieses Lebenskünstlers. In den späten
1960er-Jahren zog der gebürtige „badenser“ aus Karlsruhe zu
seiner neu verheirateten mutter ins sonnige Kalifornien. „Ich bin
bei meinen großeltern aufgewachsen, die haben mich sehr
geliebt“, sagt günther Schöll mit verschmitztem Lächeln, aber: „mit
10 wollten sie mich los haben.“
Seinen 21. geburtstag verbrachte der badener mit einem maschinen-gewehr der US-army im bett. „Wir waren auf Standby:
Nordkoreaner hatten da gerade ein amerikanisches Flugzeug
abgeschossen“, erzählt der Deutsche, der damals in den USa
zweijährigen Wehrdienst leisten musste leichthin – aber: „gott
sei Dank ist nichts passiert.“
über Sex, Drugs and rock’n’roll im damaligen Hippie-Paradies
Kalifornien lässt günther Schöll nicht allzu viel raus – nur: bei der
army hat der Kaleidoman von heute auch Hippies kennengelernt
,,
„und es sich gut gehen lassen:“ zum beispiel als Fotograf bei
einer Japan-reise. manche Freundschaften von damals halten bis
heute, so der Lebenskünstler. erwischt beim verbotenen marihuana-anbau: ein kalifornischer richter schickte den SelfmadeFotografen wieder nach Hause. günther Schöll ging erst einmal
auf Weltreise.
„Wie wurden Sie denn hier im Würmtal sesshaft?“ wundert sich
moderatorin Sabine zaplin. „ganz einfach. Das Wandern hört auf,
wenn Sie statt zwei plötzlich acht beine haben“, erinnert Familienvater günther Schöll an seine zwei Kinder und die gautinger ehefrau. Die junge Familie hat der vielseitige Künstler als erfolgreicher
Uhrenhändler durchgebracht. „zwischendurch machte ich musik
auf meiner mountain-Dulcimer.“
auf der Suche nach einem neuen viersaitigen Instrument betrat
der Wahl-gautinger eines Tages einen Laden in New york. Der
hieß ganz romantisch „after the rain.“ außer musikinstrumenten
gab’s dort außergewöhnliche, wunderschöne Kaleidoskope. Um
günther Schöll war’s geschehen: „Ich kaufte für ein paar Hundert
Dollar Kaleidoskope.“ Irgendwann baute der Wahl-gautinger die
optischen Wunderwerke selbst. Der „Kaleidoman“ vertreibt seine
Spielzeuge auch auf Festivals oder beim gautinger SchlossparkFest: an den beweglichen glaselementen, die phantastische,
immer neue bilder erzeugen, hat auch der Schöpfer seine sichtliche Freude.
zum Finale gibt’s noch einen „appetizer“: günther Schöll packt
seine mountain-Dulcimer aus. Der musiker singt ein Lied voller
Poesie: „Sit yourself down. Don’t do anything.“ Dann folgen die
lyrischen zeilen: „The separation from god is the hardest work“ –
und: „The separation from love ist the hardest thing.“ (Die Trennung von gott ist härteste arbeit, die Trennung von der Liebe ist
das härteste Ding). Du kannst Dein gesicht auf das Kissen meiner
„soft words“ betten, heißt es weiter.
Wer dieses poetische Liebeslied mit günther Schöll hört, glaubt
nie, dass es vom berühmten mittelalterlichen persischen Dichter
Hafis stammt. Schon goethe hat dessen Werk zum „West-östlichen
Diwan“ inspiriert. Der gautinger hat den gedichtband von Hafis
in einem buchladen wiederentdeckt und die Verse ins englische
übersetzt: großen applaus beim „Tee bei Sabine“ für den Sänger.
beim anschließenden Nepal-benefizabend im bosco trat günther
Schöll gleich noch einmal auf – und vergaß doch glatt, seine mitgebrachten Kaleidoskope anzupreisen.
cHrISTIaNe cLeSS-WeSLe
LITeraTUr
gerd holzheimer: Kunstkammern 2
Von der normativität des erikativs
Das Wort „Witz“ hat eine lange begriffsgeschichte. Schon im althochdeutschen kannte man „wissan“, was so viel wie Wissen und
Verstand bedeutet. Das mittelhochdeutsche „wizze“ beschrieb
den gesunden menschenverstand, und noch zu Lebzeiten goethes
galt als Witz jene Fähigkeit, besonders überzeugende, „gewitzte“
bilder für einen Tatbestand zu benennen. man kann also mit Fug
und recht behaupten, dass die Fähigkeit zum Humor mit einem
scharfen Verstand einhergeht. In diesem Sinne eröffnete „Die
komische Kunstkammer“ – der zweite Teil der Literaturreihe
„Kunstkammern“ von und mit gerd Holzheimer – aufschlussreiche
und zugleich hochamüsante einblicke in den mikrokosmos
besonders gewitzter Schriftsteller aus dem süddeutschen raum.
angereichert mit zahlreichen persönlichen anekdoten ließen der
Wesslinger Schauspieler und rezitator Peter Weiss und der gautinger Schriftsteller gerd Holzheimer „witzige Köpfe“ wie den
fränkischen Querdenker Jean Paul, den österreichischen Wortakrobaten Johann Nestroy, den grenzgänger Ödön von Horvath,
den oberbayrischen Querschädel oskar maria graf und natürlich
auch den Würmtaler Pierrot Karl Valentin zu Wort kommen. Frei
nach dem motto, dass die beste aller Welten jene ist, die in der
Kunstkammer Hirn ihren Platz findet, wurde hier eine Tür aufgemacht, die den blick freigab auf den globus des abgründigen,
voll Tiefgang und manch einer terra incognita.
„Wenn alle Strick reißen, häng ich mich auf“, lautet das Lieblingszitat gerd Holzheimers, ausgesprochen hat es Johann Nestroy,
der keinesfalls jener Schmierenkomödiant war, als der er häufig
auf den bühnen des Landes herunterinszeniert wird. Nestroy verstand mit Sprache umzugehen wie kaum ein anderer zeitgenosse,
er war ein Virtuose des gewitzten bildes, wie das Nestroy-alphabet, in falscher richtung rezitiert von z wie zufall bis a wie alkoholismus von Peter Weiss und mit süffigen Fußnoten versehen
von gerd Holzheimer. Vom alkoholismus aus Verdruss an der
Verzweiflung weiß Knierim aus dem „Lumpacivagabundus“ zu
berichten, und es war ebendieses Theaterstück Nestroys, das
Peter Weiss noch als Schüler zum Theater brachte – damals in
einer Schultheateraufführung des gymnasiums Tutzing.
ein „beutebayer“ ist Johann Paul richter, der sich selbst aufgrund
seiner Verehrung des aufklärers Jean Jaques rousseau den französischer klingenden Namen Jean Paul gab. Seine größtenteils
heute nicht mehr wirklich zu verstehenden und sehr gern in germanistischen Hauptseminaren zerpflückten bücher – mit Titeln
wie „Siebenkäs“ oder „Des Luftschiffers giannozzo Seebuch“ –
bersten vor Witz im Sinne von Verstand. Wenn beispielsweise
eine romanfigur aus der geschichte heraus ihren Kopf hervorstreckt und darum bittet, der Herr Johann Paul möge kommen
und sie charakterisieren, weil eben dieser allein das könne, so ist
dies hochmodern und zugleich von perfider Komik. zu recht
weist gerd Holzheimer darauf hin, dass in Schwarzbach an der
Saale nicht nur ein versteckter gedenkstein dem Humoristen
Jean Paul gewidmet ist, sondern ein zweiter Stein auf die mickymaus-übersetzerin erika Fuchs hinweist, die der deutschen
Sprache einen eigenen Fall gewidmet hat – den erikativ. all die
„Ächzs“und „Stöhns“ der comics stehen in diesem Fall, gerd Holzheimers Lieblings-erikativ lautet „achselzuck“.
Was aber bringt den menschen zum Lachen? Was genau löst
diesen so besonderen, menschlichen reflex aus? Holzheimer hat
sich, als er eine biographie über den Satiriker gerhard Polt schreiben sollte, einen ganzen Sommerurlaub lang mit dieser Frage
beschäftigt und tief in der Kulturgeschichte gewühlt. Das ergebnis
lautet: Die Sprache selber stellt den auslöser für das befreiende,
herzliche Lachen. Sie haben es gewusst, all die Nestroys, Thomas,
Valentins und Polts, und kein geringerer als oskar maria graf hat
es einem seiner Helden ausgerechnet in der Sterbestunde in den
mund gelegt: „Lachen tat ich, wann ma nachert an falschen glauben g’habt hättn!“
SabINe zaPLIN
Für KINDer
Puppet Players:
Keine chance den geldbäumen
zwei Dinge funktionieren immer: das aufgehen der Sonne mit
einem neuen Tag und das Lachen der Kinder angesichts einer wilden Kasperljagd von wem auch immer. Vom Teufel zum beispiel.
Denn dieser Höllenbruder hat sich etwas ganz Perfides ausgedacht: mit einem geld-bäumchen-Wechseldich in den gängigen
Weltwährungen hat er den Nimmersatt mit der roten zipfelmütze
in die Kreditfalle und damit beinahe gradwegs in die Hölle der
privaten Insolvenz getrieben. Wie das alles kam und wie es ausging, davon erzählt „Kasperl und die Wilden Tiere“, die neueste
Produktion der gautinger Puppet Players, die ihre gauting-
,-
HeImSPIeL
lena neudauer & Paul rivinius:
homogene unvereinbarkeit
© Christoph A. Hellhake
Premiere am Freitag, den 30. oktober feierte.
geschichten vom Kasperl zählen zu den Klassikern des Puppentheaters. In bayern sind die geschichten rund um den Kasperl
Larifari aus der Feder des grafen Pocci bekannt, nicht zuletzt geht
otfried Preußlers kreuzfideler Kasperl gemeinsam mit seinem
Spezl, dem Seppl, immer wieder gegen den vierschrötigen räuber
Hotzenplotz vor. Der Kasperl, dem die Puppet Players ein zauberhaftes Puppenspiel widmen, entstammt einer Idee von Susanne
Forster (und ihrem enkel David). Stefan Fichert hat den gewitzten
burschen und alle anderen Figuren des Spiels gebaut, hat zum
beispiel dem Kasperl eine zaubermütze geschenkt, die aus
prekären Situationen herauszuretten weiß und sich dabei speermäßig in die Höhe reckt. In eine prekäre Situation gerät der Kasperl, als er einen wie zufällig neben ihm von einem baum
herabfallenden goldbeutel aufhebt und sogleich im Wirtshaus
bis auf die letzte goldmünze für ein gigantisches, mehrere Tage
währendes gastmahl ausgibt. Doch er hat die rechnung ohne den
Wirt gemacht, dem er am ende noch einiges schuldig bleibt. also
muss er noch einmal zu diesem wunderbaren geldbaum, doch
dort lauert schon der Teufel, der nun seinerseits noch eine rechnung beglichen haben möchte: Für den ersten goldsack verlangt
er, dass Kasperl ihm neun wilde Tiere aus afrika bringt. Dem Kasperl bleibt nichts anderes übrig, als in den Nachttopf zu steigen
und über den Nil zu schippern, wo ihm schon das erste wilde Tier
begegnet: ein Krokodil. mit seiner urbayrischen, zuversichtlichen
,.
art gelingt es dem burschen, dieses und alle wilden Tiere, die
noch folgen sollen, von einer reise ins paradiesische bayern zu
überzeugen, sodass es am ende nur noch gilt, den Teufel zu überlisten.
Konrad Wipp, als Wirt des gasthauses wie ein rahmenerzähler
präsent, spricht alle Figuren des Stückes und stattet sie jeweils
mit einem ureigenen Duktus und einer stets neuen Tonlage aus.
Den Subtext sowie das musikalische bühnenbild schaffen der
cellist Heinrich Klug und die akkordeonistin maria reiter – seit
langem ein bewährtes Duo gerade für grenzgänge hinein in
andere Kunstsparten wie dem Puppenspiel – mit einer frechen,
von Kinderliedern und Traditionellem geprägten bühnenmusik.
Und das längst schon Legende gewordene Puppet-Player-Paar
Susanne Forster und Stefan Fichert erweckt als Spieler alle Figuren, vom Kasperl über den Teufel und das Krokodil bis hin zur
Schlange und zum affen, mit poetischem Leben.
Und so beruhigend wie die gewissheit, dass der Kasperl den
Teufel besiegen kann, so erfreulich ist die erkenntnis, dass auch
in der gegenwart von kommerzialisierter elektronischer Kinderbelustigung noch immer Kinder angesichts einer Teufelspuppe
vor Spannung verstummen und bei der klassischen Hasch-michNummer des Kasperl sich vor Lachen nicht mehr halten können.
Scheint so, als ob des Teufels geldbaum bei einem solchen
Publikum keine chance hat.
SabINe zaPLIN
auch wenn der Pianist Paul rivinius dem gautinger Publikum
sicher vertraut ist, galt das Heimspiel natürlich der mit gauting
eng verbundenen geigerin Lena Neudauer. Hier hat sie eine lautstarke Fan-gemeinde, die ihre Sympathien mit frenetischen ovationen kundtat. Sie galten gewiss nicht minder der Darbietung, in
der erneut klar wurde, wie hervorragend dieses Duo nicht nur
aufeinander eingespielt, sondern auch vom musikalischen
charakter her homogen ist. Sowohl Neudauer wie auch rivinius
interessieren sich wenig für die Show im musikgeschäft. Im
Werdegang beider musiker steht ausschließlich die Leidenschaft
für die musik im Vordergrund. Das besonders erfreuliche daran:
Sie sind trotzdem gefragt, beim Publikum beliebt und auf großen
Podien erfolgreich.
auch beim musizieren hielten sich beide einhellig fern von spektakulären effekten oder großen gesten. es ging hier um feinste
Kammermusik, die ihre Kraft von innen heraus zu entwickeln
vermag. zumal das Duo als ausgangspunkt die mozart-Sonate
a-Dur KV 305 gewählt hat, die im grunde überhaupt den anfang
der gattung in einer gleichberechtigten Konstellation markiert.
mit ihren zwei Sätzen noch nicht gattungsbildend, vielmehr mit
dem zweiten Variationssatz in gewisser Weise ein experimentierfeld, auf dem die Schlacht um einen Weg zur Duobildung
geschlagen wurde. Neudauer und rivinius gaben einen stimmigen
Konzertabend, doch es ging hier in gewisser Weise um eine
konfliktbehaftete auseinandersetzung mit der gattung, mit ihren
möglichkeiten und Unmöglichkeiten.
obgleich die Violinsonate sich sukzessive einen prominenten
Platz im Konzertbetrieb eroberte, den sie bis in die heutige zeit
verteidigen kann, wurde sie doch genauso oft totgesagt, wie das
Streichquartett, das sich heute in der Neuen musik wieder höchster beliebtheit erfreut. gerade maurice ravel, der sein ästhetisches Ideal auf eine knappe Formel brachte, „absolut einfach,
nichts als mozart“, hielt die Kombination aus Klavier und Violine
für unvereinbar. De facto deckten Neudauer und rivinius in dessen Violinsonate jedoch geradezu barocke Pracht in Farben und
Substanzcharakter auf, wenn auch immer wieder ins groteske
überspitzt. Die lineare entwicklung der Stimmen, wie schon bei
beethoven, verzichtet allerdings auf die im Notenbild vertikale,
harmonische einheit, was die eigenständigkeit der Instrumente
wahrt und hier im Vortrag auch eine breite Farbenvielfalt hervorbrachte. Der blues überzeugte mit seinem authentischen
charakter, obgleich ravel stets darauf beharrte, dass dieser doch
stark französisch geprägt sei.
Die musikalische Präzision und Detailsorgfalt der Interpretation
mochte dies auf der anderen Seite durchaus bestätigen. Diese
attribute waren an diesem abend auch entscheidend. Wunderbar,
wie die zierliche Feinheit Franz Schuberts Sonatine g-moll D 408,
die der Verleger Diabelli um die bezeichnung als Sonate brachte,
ein nahtloses changieren der Stimmungen und charaktere
herbeiführte. Fließender gesang kontrastierte vordergründig mit
resoluter rhythmus-Pointierung, während sich im Hintergrund
eine feinsinnige Nuancierung abspielte. Insbesondere diese
ambivalenzen waren es, die das Duo Neudauer und rivinius so
überzeugend, vor allem auch in Klarheit und Transparenz herauszuarbeiten verstand. Die Vielfalt im spieltechnischen Sinne sollte
in der abschließenden Sonate a-Dur op. 13 von gabriel Fauré
schließlich noch die tradierte gattung überwinden, um einen
französisch-nationalen Stil darin auszudrücken. Die ruhelose
Leidenschaft, immer wieder elegische melodieführung, einfühlsame rücknahmen ins melancholische Sinnieren, dann wieder
energische ausgelassenheit, geradezu euphorisches Jubilieren,
im großen auf und ab mit melancholischer Lyrik kontrastiert: all
das blieb bis zur wuchtigen Schlusspassage von französischer
Kultiviertheit geprägt. Fritz Kreislers „Synkopen“ lieferte in der
zugabe einen pfiffigen Schmiss Wiener art nach.
reINHarD PaLmer
,/
KLaSSIK
lawrence Power & Antti siirala:
Violageschichten und Klaviererzählungen
Nach so einem großartigen Kammermusikabend mit Viola und
Klavier kann man nur schwer verstehen, warum das vollmundig
klingende Streichinstrument so lange von den Komponisten vernachlässigt wurde und unser heutiger Konzertbetrieb noch vor
wenigen Jahren bratschenrezitals als exotisch apostrophierte. Der
engländer Lawrence Power und der Finne antti Siirala waren zum
glück nicht das erste Viola-Klavier-Duo im bosco-Programm. Dennoch ging es nicht ohne bangen vor leeren Plätzen. ein paar wenige blieben denn auch unbesetzt. Wer nicht kam, soll sogleich
wissen: Der hat was verpasst!
Schon das Programm versprach ein Fest der Klangfarben, emotionen und spannenden musikalischen erzählungen. Und das Duo
tischte weit mehr auf als geahnt. auch von den großen, sonoren
Klangfluten. aber vor allem von den beredsamen leisen Passagen,
die sich so tief beseelt offenbarten und ergreifende bekenntnisse
offenlegten. Im ganz großen bogen geschah dies schon in der
Phantasy op. 54 des englischen Komponisten york bowen, der
selbst auch Viola spielte und das Instrument optimal in Szene zu
setzen verstand. obgleich 1918 komponiert, erwies sich nur eine
späte Sequenz als zeitgemäß, wenn auch noch der Spätromantik
entwachsen. Im grunde konnte das Werk als eine effektvolle ouvertüre zu Schumanns „märchenbildern“, dem originalwerk für
,0
diese besetzung, betrachtet werden, zumindest auf augenhöhe
mit dem raschen dritten Satz. Die beiden märchenerzähler Power
und Siirala verstanden es aber ansonsten, die märchenbilder mit
liebevollen Details zu atmosphärischen Visionen zu formen, die
mit fesselnder rhetorik mysteriöse geheimnisse offenbarten.
Die Viola aus bologna von ca. 1610 aus der Werkstatt von antonio
brenzi, die Lawrence Power hier behutsam bändigte, half mit ihrem charaktervollen Klang, Klarheit der Formen zu bewahren. Insbesondere die melodischen Passagen profitierten von der plastischen Substanz, die Power überaus empfindsam und emotional
modellierte. Was Siirala schon sehr forderte, musste er doch bisweilen trotz dichter Virtuosität seinen Part weit zurücknehmen
und ins perlende Pianissimo verwandeln.
extrem sensibel und geradezu fragil gab das Duo die Sonate op.
120/2 von brahms, der sie in erster Linie zwar für die Klarinette
komponiert hatte, aber von vorne herein auch eine bratschenstimme als alternativbesetzung beifügte. „Die es-Dur-Sonate ist
ein Werk des abschieds nicht im gewande des melancholischen
moll, wie es die drei früheren Klarinettenwerke von brahms beherrscht, sondern heiter und gelöst. es ist die noble geste eines
gelassenen großen, der sich von seiner Kunst in Schein der einfachheit verabschiedet“, heißt es im Kammermusikführer. Wie es
doch die Interpretation des Duos Power und Siirala trifft!
andere, bisweilen virtuose, mit raffinierten Spieltechniken angereicherte Nuancen servierten die beiden musiker mit russischen
bzw. sowjetischen Werken aus der Feder von Schostakowitsch
und Prokofjew. ganz anders, als man es von den beiden Komponisten gewohnt ist, ging es hier doch um arrangements orchestraler Werke. Schostakowitschs Suite aus der Filmmusik zu „ovod“
(The gadfly) ist zudem eine musik, die bewegten bildern zu dienen
hatte, andererseits auch der sowjetischen zensur standhalten
musste. auch wenn sich das Duo von den Filminhalten löste, blieb
die bildhaftigkeit der musiken bestehen und ließ auch das Pathos
und die elegie des sowjetischen Kinos spüren.überraschend erklangen hier die ballettmusiken aus Prokofjews „romeo und Julia“
straffer in ihrer modernität als es das orchesteroriginal vermag.
Die spritzige Schärfe, die das Duo bisweilen mit keckem Schmiss
exerzierte, ließ schon den späteren Prokofjew mehr als nur erahnen. mit einer Portion groteske triumphierte hier der Komponist
über die ursprüngliche ablehnung am bolschoi-Theater. Trotz lang
anhaltender ovationen konnte hier einfach nichts mehr folgen,
zumal das reguläre Programm ohnehin schon überlänge hatte.
Wir sind vor und nach jeder Veranstaltung für Sie da.
Das bosco service team
reINHarD PaLmer
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