Die Funktionalität des menschlichen Gehirns

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Die Funktionalität des menschlichen
Gehirns
Bakkalaureatsarbeit aus dem Fach „Einführung in
die Wissenschaftstheorie“
SS 2009
Prof. Dr. Johann Götschl
Medizinische Universität Graz
Stefanie Rogan
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Bakkalaureatsarbeit WS2008
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
5
2. Grundelemente des Nervensystems
5
3. Der anatomische Aufbau des Gehirns
7
3.1. Das Großhirn
8
3.1.1. Funktionen des Großhirns
10
3.1.2. Aufteilung der Funktion der einzelnen Lappen
11
3.2. Das Kleinhirn
13
3.2.1. Funktionen des Kleinhirns
15
3.3. Das Zwischenhirn
16
3.3.1. Funktionen des Zwischenhirns
17
3.4. Das Mittelhirn
19
3.4.1. Funktionen des Mittelhirns
20
3.5. Das Nachhirn
20
3.5.1. Funktionen des Nachhirns
21
4. Der Kortex und seine funktionellen Areale
23
4.1. Assoziationsfelder
25
5. Funktionsstörungen des Gehirns und ihre Folgen
27
5.1. Störungen und Erkrankungen des motorischen Systems
27
5.2. Störungen des visuellen Systems
30
5.3. Agnosien
31
6. Das Gehirn und Lernen
31
7. Gedächtnisstörungen
34
7.1. Das Korsakow- Syndrom
34
2
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7.2. Senile Demenz
35
7.3. Morbus Alzheimer (Präsenile Demenz)
35
7.3. Posttraumatische Amnesie
36
8. Das Gehirn und Bewusstsein
36
8.1. Gehirn und Emotionen
38
8.2. Das empathische Gehirn
39
9. Zusammenfassung
41
3
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1. Einleitung
In der uns bekannten Säugetierreihe bis hin zu den Menschenaffen nimmt das Gehirn an
Volumen stetig zu. Schon bei der Geburt besitzt das menschliche Gehirn potentiell alle
Voraussetzungen zum Denken und Lernen. Das Wirbeltier –Gehirn verarbeitet
Sinneseindrücke und koordiniert komplexe Verhaltensweisen. In jeder Sekunde werden
Millionen von Informationen, zum Beispiel über den Zustand von Organen, übertragen und
verarbeitet. Es ist somit der Hauptintegrationsort für alle überlebenswichtigen Informationen,
die in einem Organismus verarbeitet werden. Es ist die komplizierteste Struktur, die wir
kennen, im Schnitt etwa 1245 g bei Frauen bzw. 1375g bei Männern schwer. Das
menschliche Gehirn ist neben einfachen Nervensystemen einiger Würmer sowie den Gehirnen
von Mäusen, Ratten, Katzen und Primaten das am besten untersuchte Gehirn im Tierreich. Es
besteht aus 100 Milliarden Hirnzellen. Diese Zahl ist erstaunlicherweise bei der Geburt nicht
bedeutend kleiner als bei einem Erwachsenen. Fast alle Neurone im Gehirn entstehen lange
vor der Geburt, hauptsächlich in den ersten drei Lebensmonaten (Vgl. Klinke & Silbernagl:
Lehrbuch der Physiologie. S. 718), (Vgl. Blakemore: Wie wir lernen. S.34).
2. Grundelemente des Nervensystems
Das Nervengewebe besteht aus Nervenzellen und Gliazellen (Stütz- und Hüllzellen). Die
Nervenzelle, auch Ganglienzelle oder Neuron genannt, ist die eigentliche Funktionseinheit
des Nervensystems und eine auf Erregungsleitung spezialisierte Zelle.
Abb.1.: Aufbau einer Nervenzelle
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Das Zentrum dieser Zelle bildet der Zellkörper, auch Perikaryon oder Soma genannt, der den
Nucleus, den Zellkern enthält.
Das Soma hat, je nach Typus der Zelle, eine Größe zwischen 5 und mehr als 100 µm und
produziert alle wichtigen Stoffe, die für die Funktion der Nervenzelle notwendig sind
(Neurotransmitter). Die an den Dendriten eintreffenden Signale werden hier weiter
verarbeitet.
Die Dendriten, die sogenannten Fortsätze, gehen vom Zellkörper weg und vergrößern die
Oberfläche der Zelle. Sie sind feine, plasmatische Verästelungen des Zellkörpers, die über
Synapsen den Kontakt zu anderen Nervenzellen herstellen und von diesen Erregungen
empfangen. Sie empfangen Aktionspotentiale von anderen Neuronen durch deren Axone. Der
Dendritenbaum einer einzigen (menschlichen) Nervenzelle kann mit 100.000 bis 200.000
Fasern anderer Neuronen im Kontakt stehen. Die Dendriten sind damit der Teil der
Nervenzelle, mit denen diese Informationen aus ihrer Umwelt aufnimmt.
An das Soma angesetzt ist der Axonhügel. Er ist die Ursprungsquelle des Axons am
Zellkörper.
Das Axon, auch Neurit, ist ein langer Fortsatz der Nervenzellen, der am Axonhügel
entspringt. Es ist in der Regel mehr oder weniger stark verzweigt und mündet in synaptische
Endigungen (Synapsen). Man unterscheidet deshalb je nach Zahl der Fortsätze zwischen
unipolaren, bipolaren oder multipolaren Neuronen. Ein Axon kann je nach Typ der
Nervenzelle von 1 µm bis 1 m und länger sein. Die Axone der Nervenzellen von Säugetieren
weisen etwa eine Dicke von 0,5 bis 10 μm auf. Das Axon ist von mehreren aufeinander
folgenden Myelinscheiden (im ZNS werden diese von Oligodendrozyten, im PNS von
Schwannschen Zellen gebildet) umhüllt. Zwischen diesen Myelinscheiden sind jeweils kleine
Lücken (Ranvierscher Schnürring). Axon und Hülle zusammen bilden die Nervenfaser. Das
Axon ist zuständig für die Übertragung des Aktionspotentials einer Nervenzelle und leitet
dieses zu den Synapsen und damit an andere Nervenzellen weiter. Des Weiteren wandern die
Stoffe, die im Soma gebildet werden (Neurotransmitter, Enzyme), durch das Axon zur
Synapse, wo sie die ihnen zufallenden Aufgaben erfüllen.
(Vgl. Faller, Der Körper des Menschen: Einführung in Bau und Funktion S.5-11)
(Vgl. Kahle, W. Taschenatlas der Anatomie S.18-26)
(Vgl. Thews et al., Anatomie Physiologie Pathophysiologie des Menschen S. 1- 6)
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3. Der anatomische Aufbau des Gehirns
Das Gehirn ist wie das Rückenmark von 3 Hirnhäuten umgeben:

der harten Hirnhaut: Dura mater,

der Spinngewebshaut oder Arachnoidea und

der weichen Hirnhaut (Pia mater).
(Vgl. Kahle. S.288)
Abb.2.: Schematische Darstellung der Hirnhäute
Das menschliche Gehirn wird anatomisch grob in fünf Teilbereiche unterteilt: in das
1) Großhirn (Telencephalon)
2) Kleinhirn (Metencephalon)
3) Zwischenhirn (Diencephalon)
4) Mittelhirn (Mesencephalon)
5) Nachhirn (Myencephalon)
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Abb.3.: Das menschliche Gehirn in der Übersicht
3.1. Das Großhirn
Abb.4.: Das Großhirn
Das Großhirn, auch Telencephalon gennant, macht etwa 80% der Hirnmasse aus. Das
Cerebrum (Endhirn) ist der größte unter den 5 Hirnabschnitten und ihnen übergeordnet und
gehört zum Zentralnervensystem. Meist werden "Endhirn" und Großhirn synonym verwendet.
Es besteht aus dem Kortex (Hirnrinde) und subkortikalen Strukturen (Basalganglien und den
limbischen Strukturen.).
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Die Basalganglien bestehen aus dem Nucleus caudatus, dem Putamen und dem Globus
Pallidus.
Der Nucleus caudatus (Schweifkern) ist eine bogenförmige Struktur und für motorische
Funktionen zuständig.
Die limbischen Strukturen sind in ihren Teilen nicht einheitlich beschrieben, aber immer
dazugezählt werden: Gyrus cinguli, Amygdala und Hypocampus.
Sie sind an Motivation und Emotion beteiligt
Der Hypocampus (Seepferdchen) spielt eine wichtige Rolle für das Gedächtnis
Der anteriore Gyrus cinguli ist reich an Opiat-Rezeptoren (siehe PAG) und somit
wahrscheinlich ein Teil des schmerz hemmenden Systems.
(Vgl. Faller. S. 208- 244)
(Vgl. Kahle. S. 599- 604)
(Vgl. Thews et al. S. 430- 435)
Die beiden Hemisphären beider Seiten sind stark gefaltet oder gefurcht und durch 3
Querbahnen (Kommissuren) miteinander verbunden:

Corpus callosum (Balken)

Commissura rostralis

Commissura fornicis
Den größten Balken oder auch Kommissur nennt man Corpus Callosum. Das Corpus
callosum besteht aus den Teilen Rostrum (Schnabel), Genu (Knie), Truncus (Stamm) und
Splenium (Hinterende). Der Balken dient dem Informationsaustausch und somit der
Koordination der beiden Hälften. Der oberflächliche Teil der Hemisphären ist der Kortex. Die
2-4mm Großhirnrinde enthält ca. 14 Mrd. Somata von Nervenzellen (aus dem griechischen:
Soma – Leib, Körper) Dadurch erscheint sie grau und wird auch graue Substanz genannt.
Darauf lassen sich die sogenannten Rindenfelder erkennen. Man unterscheidet zwischen
primären Feldern und Assoziationsfeldern. Zu den ersten rechnet man unter anderem den
primären visuellen Kortex. Im inneren des Großhirns befindet sich die weiße Substanz . In
dieser verlaufen Axone, welche die einzelnen Teile des Großhirns mit anderen Teilen des
Nervensystems verbindet. Die beiden Hemisphärenhälften werden in verschiedene Lappen
eingeteilt, wobei jeder einzelne eigene Aufgaben besitzt:
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
der Frontallappen (Lobus frontalis),

der Parietallappen (Lobus parietalis),

der Temporallappen (Lobus temporalis) und

der Okzipitallappen (Lobus occipitalis).
(Vgl. Faller. S.601-603), (Vgl. Kahle. S.258- 261)
Abb.5.: Einteilung der Gehirnlappen
3.1.1. Funktionen des Großhirns:
Die Aufgabe unseres Denkens und unserer Wahrnehmung übernimmt das Großhirn; hier
glaubt man den Ursprung von Intelligenz und Urteilsvermögen des Menschen zu wissen. Die
Verarbeitungszentren für Signale, die von den Augen (Sehrinde), den Ohren (Hörzentrum)
und anderen Sinnesorganen kommen, befinden sich ebenfalls in diesem Bereich des Gehirns.
Durch die Sehrinde beispielsweise erkennen wir einen Gegenstand als Auto, d.h. erst durch
sie erhält das Gesehene eine Bedeutung. Eine Längsfurche unterteilt das Großhirn in zwei
Hemisphären, die in der Lage sind, zur selben Zeit unterschiedliche Funktionen
wahrzunehmen. Im Zentrum der Hemisphären befinden sich, wie bereits oben erwähnt, die
Basalganglien - jene „grauen Zellen", die Agatha Christie’s berühmter Detektiv Hercule
Poirot so oft für seine zündenden Einfälle verantwortlich machte. Vielmehr regulieren sie die
unwillkürlich stattfindenden Bewegungsabläufe unserer Skelettmuskulatur, etwa beim Sitzen
oder Gehen. An den Talenten mancher Menschen glaubt man, erkennen zu können, welche
ihrer Gehirnhemisphären aktiver ist, ob ihre Stärken zum Beispiel eher im mathematischen
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oder musischen Gebiet liegen. Man vermutet auch einen Zusammenhang zwischen der
Ausprägung der Großhirnhemisphären und Links- beziehungsweise Rechtshändern (Vgl.
http://www.gesundheit.de/anatomie-lexikon/nervensystem/grosshirn.shtml) (Vgl. Klinke &
Silbernagel. S. 718- 719), (Vgl. Kahle. S.230- 254), (Vgl. http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/c2-folie15.jpg), (Vgl. Lang. S.49- 51), (Vgl. ThorWiedemann et. al. Medizinische Biologie Band 2. S.23- 24).
3.1.2. Aufteilung der Funktionen der einzelnen Lappen:
Im Frontallappen liegt unter anderem die Präzentralregion. Hier befinden sich die beiden
Rindenfelder, die die motorische Rinde (Areale 4 und 6) bilden; diese ist das
Hauptursprungsgebiet der Nachrichtenvermittlung für Muskelaktivitäten. Dabei ist jede
Körperhälfte in der gegenseitigen Hemisphäre vertreten. Ein weiteres Rindenfeld (Areal 8)
gilt als das Blickzentrum für willkürliche Augenbewegungen. Zwei Rindenfelder (Areal 44
und 45) bilden das motorische Sprachzentrum, auch Brocasches Feld genannt. Der
Frontallappen ist so groß, dass eine weitere Unterteilung notwendig ist.
Der präfrontale Kortex hat anscheinend eine große Funktion für Emotionen, vor allem
Unterschiede in der rechten und linken Hemisphäre sind ausschlaggebend.
Der amerikanische Psychologe und Psychiater Richard Davidson konnte feststellen, dass
dorsolateral (auf der Rückenseite gelegen) eine größere Aktivierung rechts zu negativen
Emotionen führt (Neigung zu Depression). Dies hat er bei klinischen Patienten und bei
zurückgezogenen Kindern festgestellt.
Eine Aktivierungsasymmetrie frontopolar (an der Stirn zum Pol des Frontalhirns gelegen)
führt hingegen zu einer kurzfristigen Änderung der Stimmung.
Bei Rauchern, die rauchen um ihre Stimmung zu verbessern, kommt es beim Rauchen zu
einer Verlagerung der Aktivierung im frontopolaren Kortex nach rechts (Vgl. http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/biopsyin.html), (Vgl. Kahle. S.246- 255), (Vgl. Thews et
al. S.434).
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Abb.6.: Der Frontallappen
Im Parietallappen liegt unter anderem die Postzentralregion. Die Felder 1, 2 und 3 der
vordersten Windung des Parietallappens (Gyrus postcentralis) bilden die Endstätte aller
Bahnen für die Gefühlsempfindungen aus Körperinnerem und Umwelt (sensible Bahnen) und
damit die somatosensorische Rinde.
Im Temporallappen befinden sich die Hör- und die Sprachregion. Die Rindenfelder 41 und 42
bilden die Hörrinde, die die Endstätte aller Bahnen für das Hören ist. Im hinteren Bereich der
oberen Schläfenlappenwindung (Gyrus temporalis superior) der dominanten Hemisphäre liegt
das sensorische oder Wernickesche Sprachzentrum, bei dessen Schädigung eine Störung des
Wortverständnisses
Im Hinterhauptslappen oder Okzipitallappen liegt die Sehregion. Areal 17 bildet die
Endigungsstätte aller Sehbahnen, die Sehrinde. Sie ist, zusammen mit anderen Rindenfeldern
des Hinterhauptslappens, dafür zuständig, dass die Impulse, die die Netzhaut empfängt,
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bewusst gemacht und verarbeitet werden (Vgl. http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/biopsyin.html), (Vgl. Kahle. S.246- 255).
3.2. Das Kleinhirn
Abb.7.: Das Kleinhirn
Das Kleinhirn, Metencephalon oder auch Cerebellum genannt, ist das Integrationsorgan für
die Koordination und Feinabstimmung der Körperbewegungen und für die Regulierung des
Muskeltonus. Es besteht aus der Pons und dem Cerebellum. Die Pons ist ausgebuchtet und
enthält auf- und absteigende Bahnen. Sie ist Teil der Formatio retikularis und enthält den
sogenannten blauen Kern (locus coeruleus). Von diesem gehen mehrere Bahnen in höhere
Hirnregionen aus und man nimmt an, dass Panikattacken ihre Ursache in einer Überaktivität
des l. coeruleus haben.
Beim Kleinhirn bezeichnet man, wie beim Großhirn, die nach außen gewandte,
nervenzellhaltige Schicht als Rinde (Kortex), die im Inneren liegende weiße Substanz als
Mark (Medulla). Im Mark zu findende Ansammlungen von Nervenzellen sind Kerne.
Das Kleinhirn ist ein Teil des Gehirns von Wirbeltieren, der sich dem Hirnstamm hinten
auflagert und sich unterhalb des Okzipitallappen des Großhirns in der hinteren Schädelgrube
befindet. Seine obere Fläche, Facies superior, wird vom Großhirn überdeckt. In seine untere
Fläche, Facies inferior, ist die Medulla oblongata (verlängertes Mark) eingelagert.
Makroskopisch gliedert sich das Kleinhirn in zwei Teile:
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
der Wurm (Vermis cerebelli) ist eine der in der Mitte liegende, etwa ein bis zwei
Zentimeter breite, sagittal einmal ganz herumlaufende Struktur,

die zwei Kleinhirnhemisphären wölben sich beiderseits des Wurms vor. Sie sind in
jeder Richtung größer und breiter als der Wurm.
Eine andere Einteilung ist die anatomische. Demnach unterteilt man das Kleinhirn in drei
Bereiche:

Das Vestibulocerebellum, anatomisch der Lobus flocculonodularis, ist mit den
Vestibulariskernen, den Hirnstammzentren des Gleichgewichtsorgans, verbunden.

Das Spinocerebellum, anatomisch der Wurm und angrenzende Bereiche, empfängt
unter anderem Informationen über die Körperstellung aus dem Rückenmark.

Das Pontocerebellum, anatomisch den seitlichen Hemisphären entsprechend,
empfängt die Fasern, die über die Brücke (Pons) aus dem Großhirn kommen.
Aufgrund phylogenetischer Studien unterschiedet man am Kleinhirn alte (früher entwickelte,
bei allen Wirbeltieren vorhandenen) und neue (spät entwickelte, nur bei Säugetieren
vorhandenen) Anteile. Dieser Einteilung zu Folge zerfällt das Kleinhirn in zwei Teile: in den
Lobus flocculonodularis und in das Corpus cerebelli.
Im Mark des Kleinhirn unterscheidet man auf jeder Seite vier Kerne, von innen nach außen:

Nucleus fastigii

Nucleus globosus (oft zweigeteilt)

Nucleus emboliformis

Nucleus dentatus.
Die Rinde des Kleinhirns lässt sich in drei Schichten einteilen, die wären:

Molekularschicht, Stratum moleculare, ganz außen

Purkinjezellschicht, Stratum purkinjense und

Körnerschicht, Stratum granulosum, nach innen
(Vgl. Kahle. S.152- 162), (Vgl. Falle. S.613- 615), (Vgl. http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/biopsyin.html), (Vgl. Thews et al. S.425- 429)
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3.2.1.Funktionen des Kleinhirns:
Gut untersucht und allgemein anerkannt ist die Rolle des Kleinhirns für Planung,
Koordination und Feinabstimmung von Bewegungen, wobei die unterschiedlichen Abschnitte
auch verschiedene Funktionen übernehmen. Auch bei Lernvorgängen wird dem Kleinhirn
eine wichtige Rolle zugeschrieben. Zudem werden seit einiger Zeit Theorien über die Rolle
des Kleinhirns bei kognitiven Prozessen besprochen.
Das Vestibulocerebellum erhält aus dem Gleichgewichtsorgan Informationen über Körperlage
und Körperbewegung. Diese nutzt es zum einen zur Steuerung der Halte- und Stützmotorik.
Zum anderen ist es verantwortlich für die Feinabstimmung fast aller Augenbewegungen, die
von den verschiedenen okulomotorischen Zentren im Hirnstamm generiert werden. Das
Spinocerebellum empfängt die Afferenzen aus dem Rückenmark, die Informationen über die
Stellung von Gelenken und Muskeln geben. Außerdem erhält es kontinuierliche
Rückmeldung über die zum Rückenmark und damit in die Peripherie gesendeten
Bewegungssignale. Bestimmte Anteile sorgen dafür, dass eine Bewegung wie geplant abläuft,
ihr Ziel exakt trifft, und sie sorgen für einen Abgleich von Efferenzen und Afferenzen, also
dafür, dass die gesendeten Befehle der momentanen Lage der Extremitäten entsprechen und
ständig exakt an die neue Lage angepasst werden. Das Pontocerebellum ist funktionell mit
dem Großhirnkortex verbunden. Es empfängt Signale aus vielen Bereichen, vor allem den
prämotorischen Zentren im Frontallappen. Dort entstehen Bewegungsentwürfe, die Planung
einer Bewegung. Diese eher groben Entwürfe werden zu den lateralen Kleinhirnhemisphären
gesendet, wo sie weiter entwickelt, fein abgestimmt, korrigiert, mit aus Erfahrungen
gewonnenen internen Modellen abgeglichen werden, und die geplante Aktivität der
beteiligten Muskeln koordiniert wird (Vgl.http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/biopsyin.html), (Vgl. Kahle. S.162- 166), (Vgl. Faller.
S.613- 615), (Vgl. Kahle. S.46- 49), (Vgl. Bartels & Bartels. Physiologie: Lehrbuch der
Funktionen des menschlichen Körpers. S.295- 296).
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3.3. Das Zwischenhirn
Abb.8.: Das Zwischenhirn
Das Zwischenhirn oder Diencephalon ist ein Hirngebiet, das zwischen den
Großhirnhemisphären liegt und den dritten Ventrikel umschließt. Es besteht aus dem
Thalamus und dem Hypothalamus. Die Unterseite heißt Hypophyse, die Oberseite Epiphyse.
Der Thalamus ist die Umschaltstelle zwischen den Sinnesorganen und dem Großhirn. Er setzt
sich aus vielen Kerngebieten zusammen, die eine besonders starke Verbindung zur gesamten
Großhirnrinde aufweisen. Bei den meisten Menschen sind beide Thalami
entwicklungsbedingt über eine dünne Bindegewebsbrücke, die Adhaesio interthalamica,
miteinander verwachsen. Er ist für alle ankommenden (afferenten) Impulse die subkortikale,
d.h. unter der Großhirnrinde liegende Sammelstelle, in welcher die Umschaltung auf
diejenigen Neuronen erfolgt, die überwiegend zur Großhirnrinde ziehen. Zum Thalamus
gehören auch die inneren und äußeren Kniehöcker (Corpora geniculata medialia und
lateralia), die wichtige Umschaltstellen der Seh- und Hörbahn sind.
Der Hypothalamus ist das oberste Regulationszentrum des vegetativen Nervensystems. Er ist
ein lebenswichtiges Areal, das z.B.: die Körpertemperatur kontrolliert, die Nahrungsaufnahme
steuert, den Wasserhaushalt regelt, den Hormonhaushalt überwacht, etc. Man kann den
Hypothalamus in zwei Teile gliedern, in den markarmen und den markreichen Thalamus.
Die Hypophyse ist eine dem Zwischenhirn angehörende Hirnanhangsdrüse. Sie liegt in Höhe
der Nase zentral im Kopf und sitzt auf einem Knochenteil der Schädelbasis, der
„Türkensattel“ (lateinisch-anatomisch Sella turcica) genannt wird. Eine weitere geläufige
deutsche Bezeichnung ist Hirnanhangsdrüse, die lateinisch-anatomische Bezeichnung
Glandula pituitaria.
Sie besteht aus zwei Anteilen:
15
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
Aus dem drüsigen Anteil: Adenohypophyse oder Vorderlappen
(entwicklungsgeschichtlich aus dem Ektoderm der Mundbucht hervorgehend) und

aus dem nervalen Anteil: Neurohypophyse oder Hinterlappen(Ausstülpung des
Zwischenhirnbodens).
In der Hypophyse findet eine sehr wichtige, enge Verknüpfung zwischen Nervensystem und
endokrinem System statt. Beide Hypophysenanteile grenzen mit einer Kontaktfläche
aneinander, in deren Bereich das Nervensystem und das endokrin- vaskuläre System
miteinander verknüpft sind.
Abb.9.: Abbildung der Hypophyse
(Vgl. Faller. S.609- 611), (Vgl. Kahle. S.170- 205), (Vgl. Thews et al. S.429- 430).
3.2.1.Funktionen des Zwischenhirns:

Aufgaben des Hypothalamus:
Bei der Regulation des inneren Milieus nimmt der Thalamus eine große Rolle ein. Auf der
einen Seite sind Neurone im Hypothalamus in verschiedene Regelkreise eingebaut, die
vegetative Parameter des Körpers konstant halten (Homöostase). Auf der anderen Seite
verfügen Neurone des Hypothalamus über Programme, welche Somatomotorik (Bewegung
des Skelettmuskulatur), vegetatives Nervensystem und Hormone einem jeweiligen
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Verhaltensmuster (z.B.: Wut) anpassen. Im Rahmen dieser integrativen Aufgaben erhält der
Hypothalamus ständig Rückmeldungen aus der Peripherie des Körpers.
Läsionen im Hypothalamus wirken sich massiv auf die vegetative Steuerung aus. Eine Läsion
im vorderen Hypothalamus bewirkt Störungen der Temperaturregulation, endokrine
Störungen wie Diabetes, etc. Eine Läsion im medialen Hyothalamus hat ebenfalls Störungen
der Temperaturregulation zur Folge, sowie Störungen des Gedächtnisses und von Emotionen.
Eine Läsion des lateralen Hypothalamus beeinträchtigt Emotionen, Appetit und Durstgefühl.
Abschließend bewirkt eine Läsion im hinteren Hypothalamus unter anderem Schlafsucht und
Gedächtnisausfälle.

Aufgaben des Thalamus:
Zuführende (afferente) Nervenzellen leiten Informationen aus dem Körper und den
Sinnesorganen in den Thalamus, wo sie in den „spezifischen Thalamuskernen“ jeweils auf
eine nachfolgende Nervenzelle umgeschaltet werden, die zur Großhirnrinde führt. Diese
Umschaltung (bei den Synapsen) ermöglicht eine einfache Informationsverarbeitung, indem
der Thalamus als Filter fungiert und darüber entscheidet, welche Informationen für den
Organismus im Moment so wichtig sind, dass sie an die Großhirnrinde weitergeleitet und
bewusst werden sollen. Der Thalamus wird deshalb oft als „Tor zum Bewusstsein“
bezeichnet. Diese Regulation ist notwendig, damit der Thalamus Entscheidungen („Was ist
gerade wichtig?“) auf die Gesamtsituation (z. B. Schlaf, Futtersuche, Paarungszeit)
abstimmen kann.

Aufgaben der Hypophyse:
Der Hypophysenhinterlappen ist ein Speicherorgan. Die Hormone Adiuretin und Oxytocin,
die im Hypothalamus gebildet werden, werden dort zwischengelagert und bei Bedarf
abgegeben. Adiuretin spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Wasserhaushalts des
Körpers. Oxytocin löst während der Schwangerschaft die Wehentätigkeit aus, und sorgt in der
Stillzeit für das Einschießen der Muttermilch.
Im Hypophysenvorderlappen werden eine Vielzahl an Hormonen gebildet. Der übergeordnete
Hypothalamus setzt dazu "Steuerhormone" frei, die die Hypophyse zur Produktion von
eigenen Botenstoffen anregt, oder die Bildung hemmt. In der Hypophyse werden unter
anderem Hormone gebildet, die auf die Schilddrüse und die Nebenniere einwirken, Einfluss
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auf die Pigmentierung der Haut haben und für die Bildung von Östrogen, die Reifung der
Eierstöcke und die Entwicklung der Spermien zuständig sind (Vgl. Faller. S.610- 611), (Vgl.
Lang. Basiswissen Physiologie. S.106- 110), (Vgl. Klinke & Silbernagl. S.714), (Vgl. ThorWiedemann et. al. S.85-86).
3.4.Das Mittelhirn
Abb.10.: Das Mittelhirn
Das Mittelhirn oder Mesencephalon ist der kleinste Gehirnteil und liegt zwischen dem
Zwischenhirn und der Brücke. Es besteht aus dem Tectum und dem Tegmentum.
Das Tectum (Dach) besteht aus zwei Paaren von Kernen

Aus den Coliculi superiores: Dort endet ein Teil der Nervenleitung aus den Sehnerven, sie
sind also Teil des visuellen Systems und

aus den Coliculi inferiores: Sie bekommen ihren Input vom Hörnerv und sind somit Teil
des auditorischen Systems.
Sie sind an Bewegungen mitbeteiligt, die an sensorische Empfindungen gebunden sind. Zum
Beispiel „Kopf drehen zu einer Geräuschquelle hin“.
Das Tegmentum ist eine Nervenbahn der Formatio retikularis. Eine wichtige Struktur ist das
Periaquaeduktale Grau (PAG): Das cerebrale Aquädukt ist die Grenze zwischen Tectum und
Tegmentum und verbindet den 3. und 4. Ventrikel. Diese graue Substanz spielt eine Rolle bei
der Schmerzwahrnehmung, zum Beispiel bei elektrischer Stimulation hat das PAG eine
schmerzhemmende Wirkung. Es wird angenommen, dass schmerzhemmende Medikamente
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vom PAG aus wirken, da sich dort spezielle Rezeptoren für Opiate befinden (z.B. Morphium
bzw. endogen: Endorphine).
An der Basis des Mittelhirns findet man ein Paar gewaltiger Faserbündel, die
Großhirnschenkel (Crura cerebri, Singular Crus cerebri). Sie sind der untere Teil des
Mittelhirns. Die Crura cerebri sind durch seichte Furchen seitlich (lateral) und zur Mitte hin
(medial) begrenzt. Vorn liegt zwischen den Großhirnschenkeln eine Grube (Fossa
interpeduncularis). In diesem Bereich schieben sich einige Strukturen des Zwischenhirns
(Corpus mamillare, Hypophysenstiel) zwischen die Großhirnschenkel. Kaudal (abwärts
liegend) grenzen die Großhirnschenkel an die Pons.
Schließlich befindet sich zwischen der Haube und den Hirnschenkeln die schwarze Substanz
(Substantia nigra), die zusammen mit der Crura cerebri und dem Tegmentum die
Großhirnstiele bildet.
Der Nucleus ruber und die Substantia nigra bilden die Basalganglien des Mittelhirns (Vgl.
Kahle. S.132-137), (Vgl. Faller. S.611- 612).
3.4.1.Funktionen des Mittelhirns:
Das Mittelhirn leitet Impulse aus Auge, Ohr und Oberflächenrezeptoren an andere
Hirnzentren weiter. Es ist zuständig für eine schnelle Orientierung im optischen Bereich. Hier
geht es um das Bewegungssehen, das "Wo"-Sehen. Was man sieht wird erst in der
Großhirnrinde verarbeitet. Auch die auditive Wahrnehmung und Schmerzwahrnehmung
werden hier verschaltet (Vgl. Lang. S.80), (Vgl. Klinke & Silbernagl. S.619- 621).
3.5.Das Nachhirn
Das Nachhirn oder auch Medulla oblongata (lat. verlängertes Mark) ist der hinterste
Gehirnteil und gehört zum Hirnstamm und damit zum Zentralnervensystem (siehe Abbildung
9: Das Mittelhirn). Das verlängerte Mark ist etwas vier cm lang und bildet den Übergang vom
Gehirn zum Rückenmark. Es bildet das Myelencephalon und wird auch als Bulbus medullae
spinalis oder Bulbus cerebri bezeichnet. Die Medulla oblongata ist nach unten hin zum
Rückenmark nicht scharf abgrenzbar. Laut Definition reicht sie vom Abgang des ersten
Spinalnervs hinauf bis zur Brücke (Pons). Die im Querschnitt sichtbare Verbindungslinie
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beider Hälften wird als Raphe bezeichnet und besteht vorwiegend aus kreuzenden
Nervenfasern.
Die Medulla oblongata gliedert sich funktionell in die drei folgenden Abschnitte:

Tegmentum,

Pyramis,

und Olive.
Im Tegmetum liegen die Ursprünge verschiedener Nervenzellen, welche man allgemein als
Kerngebiete bezeichnet (z. B. Hirnnervenkerne oder Kerngebiete für die Ein- und Ausatmung
- „Atemzentrum“).
Die beiden Pyramides (Einzahl Pyramis) sind die langen Vorwölbungen auf der Vorderseite.
Hier verlaufen die Pyramidenbahnen, welche Nervenzellaxone aus der Hirnrinde für die
Muskelbewegung enthalten. Etwas weiter unten sieht man eine Verbindung der beiden
Pyrames, die Pyramidenbahnkreuzung. Das ist der Ort, an dem ca. 80 % der Nervenaxone auf
die andere Seite ziehen. Die Oliven sind die Vorwölbungen etwas seitlich der Pyrames (Vgl.
Faller. S.616- 617), (Vgl. Kahle. S.108- 111), (Vgl. Thews. S.426- 427).
3.5.1.Funktionen des Nachhirns:
Die Brücke (Pons) verbindet die Kleinhirnhemisphären und leitet Erregungen von den
Großhirnhälften zum Kleinhirn. Es ist mitverantwortlich für Schlaf und Aufwachen, sowie
Motorikfunktionen. Während des Träumens ist es aktiv.
Das Nachhirn (verlängertes Mark) ist ein sehr ursprünglicher Gehirnteil. Es ist die Zentrale
für lebenswichtige Reflexe, wie Speichelfluss, Schlucken, Erbrechen, Husten und Niesen und
Automatikzentrum für Atmung, Herzschlag und Blutdruck. Werden diese lebenswichtigen
Funktionen zum Beispiel bei einem Genickbruch gestört, tritt unmittelbar der Tod ein. Das
Nachhirn wird zusammen mit der Brücke und dem Mittelhirn auch als Stammhirn bezeichnet.
Also gliedert man den Hirnstamm in Medulla oblongata, in den Pons und in das
Mesencephalon. Der Hirnstamm verbindet das Gehirn mit dem Rückenmark. Hier laufen alle
Informationen zusammen und überkreuzen sich im unteren Teil. Aufgrund dieser
Überkreuzung wird die rechte Körperhälfte von der linken Gehirnhälfte gesteuert und
umgekehrt.
Der Hirnstamm ist für die allgemeinen Lebensfunktionen zuständig. Seine Strukturen
kontrollieren die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Atmung. Auch das Wach20
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Schlafzentrum befindet sich hier (Vgl. Thews. S.426- 427), (Vgl. Kahle. S. 112- 126), (Vgl.
Klinke & Silbernagl. S.713- 714).
Abb.11.: Der Hirnstamm
Das menschliche Gehirn ist also die Steuerzentrale des gesamten Körpers. Hier laufen die
Informationen aus dem Körper und der Umwelt zusammen und werden zu Reaktionen
verarbeitet. Es besteht, wie bereits öfters erwähnt, aus mehreren Teilbereichen, die alle ihre
spezifischen Aufgaben besitzen. Hier noch einmal eine schematische Darstellung des
gesamten Gehirns im Überblick:
Abb. 12.: Das Gehirn im Überblick
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4. Der Kortex und seine funktionellen Areale
Der motorische Kortex ist die letzte Instanz bei der Durchführung von Willkürbewegungen.
Er ist somatotopisch gegliedert, dass heißt, die von einem bestimmten Areal ausgehenden
Axone wirken auf bestimmte periphere Muskeln. Die Größe, die das Areal eines Körperteils
einnimmt, entspricht seiner motorischen Flexibilität (die z.B. für Finger, Lippen, etc. hoch
ist).
Vor der Zentralfurche liegt der gyrus praezentralis, der primäre motorische Kortex
(Brodmannareal 4). Dieser wird benötigt, um die Muskulatur willentlich zu steuern. Die
meisten absteigenden Nerven kreuzen im Hirnstamm auf die contralaterale,
gegenüberliegende Seite, d.h. der rechte gyrus praezentralis steuert die Bewegungen der
linken Körperhälfte.
Vor dem primärmotorischen Kortex liegt der prämotorische Kortex (Brodmannareal 6), der
für die Planung von Bewegungen zuständig ist.
Frontal-ventral des prämotorischen Kortex liegt das Broca’sche Areal, welches für die
Sprachproduktion zuständig ist (Brodmannareal 44).
Posterior der Zentralfurche liegt der gyrus postzentralis, der primäre sensorische Kortex
(Brodmannareal 1, 2, 3). Die Nervenbahnen der sensorischen Rezeptoren von Muskeln,
Sehnen, Haut führen dorthin. Auch diese Bahnen kreuzen einmal zur contralateralen Seite.
Am posterioren Ende des Occipitallappens befindet sich das primäre visuelle Feld
(Brodmannareal 17), wo die Sehbahnen enden.
Gleich neben der Fissura lateralis im Temporallappen befindet sich das primäre auditorische
Feld (Brodmannareal 17).
Im gyrus temporalis superior befindet sich das Wernicke Areal (Sprachverständnis) (Vgl.
http://www.uni-graz.at/~schulter/biopsy2.html), (Vgl. Klinke & Silbernagl. S.723- 724), (Vgl.
Lang. S.44- 46), (Vgl. Bartels. S.285- 300).
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Abb. 13.: Die Funktionsareale des Kortex
Abb.14.: Die Brodmann- Areale
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4.1. Assoziationsfelder:
Das menschliche Gehirn ist, wie eingangs erwähnt, anatomisch in vier Lappen unterteilt:
Frontal-, Parietal-, Occipital- und Temporallappen. Funktionell ist aber eine andere
Unterteilung sinnvoller. Es existieren, wie oben schon angeführt, verschiedene primäre
sensorische Kortexareale. Das visuelle, das somatosensorische oder auch das auditorische
Cortexareal erhalten über den Thalamus die Reize vom jeweiligen Sinnesorgan. Zu jedem
sensorischen Kortexareal gibt es ein übergeordnetes (sekundäres) sensorisches Areal. In
diesem Areal werden aus den einzelnen Reizen und Reiz-Kombinationen komplexere
Eigenschaften "erkannt".
Die jeweiligen übergeordneten sensorischen Areale liefern die Reize wiederum an drei
verschiedene Areale:

an den präfrontalen Assoziationskortex

an den parietal-temporal-occipitale Assoziationskortex

an den limbische Assoziationskortex
und eine Bewegung kommt zustande.
Abb.15.: Assoziationskortex
Der präfrontale Assoziationskortex: Er ist für die Planung und Durchführung von komplexen
motorischen Handlungen verantwortlich. Es werden die Funktionen des prämotorischen und
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des präfrontalen Kortex miteinander verknüpft. Er hat somit die Möglichkeit, Informationen
aus verschiedenen Bereichen auszuwerten und zu koordinieren. Wichtige Eigenschaften, die
die Persönlichkeit ausmachen, werden dort verarbeitet. Verletzungen des Frontallappens
können dementsprechend zu Persönlichkeitsveränderungen führen. Ein gutes Beispiel
ereignete sich im 19. Jahrhundert, als der englische Sprengmeister Phineas Gage bei einer
vorzeitigen Explosion einen Eisenbolzen durch den Vorderschädel bekam und erstaunlicher
Weise überlebte. Während des Unfalls blieb Gage bei Bewusstsein und war auch später in der
Lage über den gesamten Hergang des Unfalls zu berichten. Die Wunden heilten, lediglich
sein linkes Auge wurde durch den Unfall irreversibel zerstört.
Nach der Rekonvaleszenz zeigten sich keine nennenswerten motorischen, sensorischen oder
intellektuellen Ausfälle, d.h. es ließen sich bei ihm keine Schädigungen im Bereich
Wahrnehmung, Gedächtnisleistung, Intelligenz, Sprachfähigkeit oder Motorik feststellen,
aber in der Zeit nach dem Unfall kam es zu auffälligen Persönlichkeitsveränderungen bei
Gage. Aus dem besonnenen, freundlichen und ausgeglichenen Gage wurde ein zunehmend
ungeduldiger, launischer und wankelmütiger Mensch, der seine Zukunft nicht mehr planen
konnte und nicht mehr zu vernünftigen Entscheidungen in der Lage war (Läsion im
orbitofrontalen und präfrontalen Kortex).
Abb.16.: Phineas Gage
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Der parietal-temporal-occipitale Assoziationskortex: Im occipitalen Kortexareal befinden sich
das primäre und die sekundären visuellen Verarbeitungseinheiten. Der Parietallappen lässt
sich in zwei unabhängige funktionelle Einheiten unterteilen: Es existiert ein Rindenfeld für
die somatische Empfindung. Die andere funktionelle Einheit ist primär mit der Integration
von somatischen und visuellen Reizen beschäftigt. Der temporale Bereich hat die Aufgaben:
auditorische Informationen zu verarbeiten, das visuelle Erkennen von Objekten und die
Langzeitspeicherung sensorischer Daten (Vgl. Klinke, R., Silbernagl, S. Lehrbuch der
Physiologie, S. 723- 724), (Vgl. Thews. S.442- 445; S.455- 459), (Vgl. Kahle. S.308- 313),
(Vgl. Faller. S.606- 609).
5. Funktionsstörungen des Gehirns und ihre Folgen
5.1. Störungen und Erkrankungen des motorischen Systems:
Der motorische Kortex hat viele unterschiedliche Aufgaben. Daraus folgt, dass es
unterschiedliche Formen von Funktionsstörungen des motorischen Systems gibt.
Eine Form einer Funktionsstörung wäre die Appraxie. Darunter versteht man Störungen in
der Interaktion des motorischen Systems, nicht aber in der Motorik selbst. Diese wären
Störung von Handlungen oder Bewegungsabläufen und die Unfähigkeit, Gegenstände (bei
erhaltener Bewegungsfähigkeit) korrekt zu verwenden.
Es gibt unterschiedliche Arten der Appraxie:

Ideomotorische Apraxie:
Nur fragmentarische Bewegungen möglich, Schädigung des Partiallappens

Ideatorische Apraxie:
Störung des Bewegungsentwurfs, Schädigung des Temporallappens

Konstruktive Apraxie:
Störung der räumlichen Kontrolle z. B. Ankleideapraxie
(Gegenstände werden nicht in ihrer eigentlichen Funktionsweise verwendet)
(Vgl. Klinke & Silbernagl. S.726), (Vgl. Bartels. S.297), (Vgl. Lang. S.126), (Vgl.
Eine weitere Störung des motorischen Systems, die häufigste im fortgeschrittenen Alter, wäre
Morbus Parkinson. Dies ist eine Erkrankung des extrapyramidalen Systems, die häufigste
Erkrankung der Basalganglien, was soviel bedeutet, dass der „Startmotor“ des Körpers gestört
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ist. Es herrscht in der Regel ein Dopaminmangel in der Substantia nigra (Dopamin ist ein
wichtiger Neurotransmitter), d.h. die Substantia nigra wird langsam abgebaut. Die Substantia
nigra hemmt den Globus pallidus (in den Basalganglien) weniger, dadurch wird dieser extrem
aktiv. Dies wirkt sich stark hemmend auf den Thalamus aus und somit herrscht weniger
Aktivität im motorischen Kortex.
Die Ursachen dieser Erkrankung können sehr unterschiedlich sein. Beim häufigsten
idiopathischen Parkinson- Syndrom ist die Ätiologie unbekannt. Atherosklerosen der
Hirngefäße, Hirnentzündungen (Enzephalien), Tumore etc. können als Folge ebenfalls das
Parkinson- Syndrom auslösen. Ein funktionelles Parkinson- Syndrom kann als Nebenwirkung
bei der Einnahme von Neuroleptika auftreten.
Abb. 17.: Degeneration der Substania nigra durch Morbus Parkinson
Es kommt zu folgenden Leitsymptomen:

Bradykinesie: kleinschrittiger Gang

Rigor: Steifheit, Starre

Tremor: Zittern

Sowie Schlafstörungen, Nachlassen des Sexualfunktion, etc.
(Vgl. Lang. S.50- 519), (Vgl. Thews. S.449- 451), (Vgl. Thor- Wiedemann. S.37)
Ebenfalls eine Erkrankung des motorischen Systems ist Chorea Huntigton. Dies ist eine
Erbkrankheit, bei der es zu einer Degeneration des Nucleus caudatus sowie zu einer diffusen
Atrophie des Kortex kommt.
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Abb.18.: Degeneration der Basalganglien durch Chorea Huntignton
Dadurch kommt es unaufhaltsam zu einer Änderung in der Motorik der betreffenden Person.
Die wichtigsten bzw. häufigsten Symptome dieser Krankheit wären:

Unwillkürliche, unkontrollierbare Zuckungen und Verrenkungen („Veitstanz)

Demenz

Sprachverarmung

Depressionen, etc.
(Vgl. Klinke & Silbernagl. S.684), (Vgl. Thews. S.451)
Die Krankheit Tardive Dyskinesie ist ein extrapyramidales Syndrom und bezeichnet einen
Symptomenkreis bzw. irreversible Nebenwirkungen durch das lange Einnehmen von
Neuroleptikern und Psychopharmakern.
Dopaminhypothese: Bei Schizophrenie herrscht eine Überaktivität des Dopaminsystems.
Neuroleptiker wirken antidopaminerg. Neben den erwünschten Effekten im limbischen
System hat diese Behandlung auch Auswirkungen auf das nigrostriatale System, besonders
auf den Nucleus caudatus. Häufige Symptome wären Bewegungsstörungen im
Gesichtsbereich (Zuckungen, Schmatz- und Kaubewegungen) oder Hyperkinesen
(unwillkürliche Bewegungsabläufe) der Extremitäten.
Abb.19.: Bewegungsstörungen im Gesichtsbereich durch Tardive Dyskinesie
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Das Tourette- Syndrom entsteht durch Defizite im Globus pallidus (Basalganglien). Diese
neuropsychiatrische Erkrankung weist folgende Symptome auf:

Tics: stereotype Zuckungen von Auge, Kopf, Gesicht und Extremitäten

Koprolalie: Verwendung obszöner Wörter

Zwangshandlungen: Unartikulierte Schreie

Echopraxie: Nachahmen der Bewegungen anderer
Das Tourette- Syndrom ist häufig mit anderen Erkrankungen verbunden wie zum Beispiel mit
ADHS, dem Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitätssydrom.
Bei der Ataxie kommt es zu Störungen der visuo- motorischen Koordination, das heißt es
sind keine zielgerichteten, genauen Bewegungen mehr möglich. Dafür gibt es mehrere
Ursachen und mehrere Ausgangsquellen.

Zerebrale Ataxie: das Kleinhirn ist geschädigt (ist zuständig für die unbewusste
Koordination von Bewegungen)

Afferente Ataxie

Vestibulärbedingte Ataxie: Störung der Gleichgweichtsorgane

Optische Ataxie: dorsale visuelle Bahn ist betroffen

Extremitätenatatxie: lateral gelegene Erkrankungsherde
(Vgl. Klinke & Silbernagl. S.689), (Vgl. Lang. S.48, 64, 83), (Vgl. http://www.unigraz.at/~schulter/biopsy2.html)
5.2. Störungen des visuellen Systems
Visuelle Reize, die durch das Auge ins Gehirn gelangen, werden im Okzipitallappen
(primärer visueller Cortex, auch Area striata) verarbeitet. Von dort führen 2 Bahnen
zu lokalen Zentren der Verarbeitung. Im primären visuellen Cortex findet die elementare
Wahrnehmung statt. Dieser Vorgang erfolgt nicht bewusst. Schäden in dieser Region führen
zu einem Ausfall des visuellen Halbfelds der contralateralen Seite (cortikale Blindheit).
Einen teilweisen Ausfall eines visuellen Halbfeldes nennt man Quadrantenanopsie, einen
vollständigen Ausfall eines visuellen Halbfelds Homonyme Hemianopsie (Vgl. Faller. S.712),
(Vgl. Kahle. S. 354- 357).
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5.3. Agnosien
Von einer Agnosie spricht man, wenn die zentrale Integration der Informationen aus den
Sinnesorganen gestört ist. Man spricht von visueller, taktiler oder akustischer Agnosie, wenn
ein bestimmtes Sinnesorgan, zum Beispiel Ohr, mit seiner Projektion über den Thalamus zum
Kortex zwar intakt ist, aus dem Muster dieser Sinnesdaten jedoch keine Abstraktion erhalten
werden kann. Es kann zu Störungen des symbolischen Denkens kommen, wenn der
Parietallappen der dominanten Seite betroffen ist. Dies hat einen Verlust des Buchstabenoder Zahlenverhältnisses zur Folge. Weiters beobachtet man Störungen des Körperschemas,
wo Betroffene zum Beispiel ihre gelähmten und ungelähmten Gliedmaßen nicht
unterscheiden können oder es ist einfaches rechts/links Erkennen gestört. Eine weitere Form
dieser Störung betrifft die Gesichtserkennung. Kommt es in den visuellen Assoziationsfeldern
im Temporallappen zu einer Läsion, kann es zu einem isolierten Ausfall der
Gesichtserkennung kommen, zur sogenannten Prosopagnosie (Vgl. Kahle. S.250), (Vgl.
Klinke & Silbernagl. S.725), (Vgl. Thews. S.459).
6. Das Gehirn und Lernen
Der Mensch erklärt das Gedächtnis immer mit den neuesten technischen Errungenschaften,
mit denen er sich gerade befasst.
So wurde das Gehirn im 17. Jahrhundert mit einer Linse (die die Gedanken bündelt) und
einem Spiegel (der die Gedanken als Erinnerungen reflektiert), verglichen.
Freud verglich, zu Beginn des Industriezeitalters, das Gehirn mit einer Dampfmaschine, aus
der das Unbewusste von Zeit zu Zeit Dampf ablassen muss, um weiter störungsfrei zu
funktionieren. Heute sitzt unsere Gesellschaft, vom Volksschulkind bis zum/zur rüstigen
RentnerIn vor dem Computer. Also liegt es nahe, die Funktionsweise des Gedächtnisses mit
der eines Computers zu vergleichen.
Das menschliche Gedächtnis unterteilt sich in drei grundlegende Bereiche:

in das Ultrakurzzeitgedächtnis,

in das Kurzzeitgedächtnis und

ins Langzeitgedächtnis.
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Das Ultrakurzzeitgedächtnis behält seine Informationen nur ca. zwei Sekunden lang und dient
dazu, einmal begonnene Handlungen fortsetzen zu können.
Es funktioniert rein elektrisch, d.h., im Gehirn finden keine chemischen Veränderungen statt.
Das heißt es sind flüchtige Gedächtnissysteme aktiv, in denen die Informationen aus der
Umwelt aufgenommen werden, sozusagen Eindrücke, die wir kurzzeitig aufnehmen. Sind
diese für uns nicht relevant, werden sie wieder verworfen, heraus gefiltert. Nur wenn die
Information „eine Bearbeitung wert“ ist, wird sie durch Aufmerksamkeitsprozesse in das
„Kurzzeitgedächtnis“, den Arbeitsspeicher des Gedächtnisses übermittelt.
Das Kurzzeitgedächtnis behält seine bewusst aufgenommenen Informationen über einige
Minuten, manchmal sogar bis zu Stunden in seinem Speicher. Es können ca. sieben Inhalte an
gleichzeitigen Informationen aufgenommen werden, es hat somit eine begrenzte Kapazität.
Ein kurzes Beispiel wären diese Lateinvokabeln:
Bellum (der Krieg), amica (die Freundin), fama (die Sage), tormentum (das Geschoss)
Einem Kind, zum Beispiel Volksschulalter, dürften diese lateinischen Wörter noch unbekannt
sein. Um diese aber zu lernen, müsste es Silbe für Silbe lernen, was in diesem Fall 10
Informationseinheiten wären. Einem Schüler der Oberstufe, der Lateinunterricht bekommt,
dürften die ersten drei Wörter bekannt sein. Das würde, im Falle er kennt nur das letzte
Vokabel nicht, vier Informationseinheiten machen.
Das Kurzzeitgedächtnis „überschreibt“ alte Informationen, mit Neuen und somit ist der
Speicher nie überfüllt.
Durch Memorieren gelangen die Informationen schließlich in das Langzeitgedächtnis.
Die Wissenschaft geht übrigens davon aus, dass die vergessenen Informationen noch
vorhanden sind, dass aber die Zugriffsmöglichkeit darauf verloren geht.
Das Langzeitgedächtnis speichert nur wichtige und markante Informationen, zum Beispiel
Informationen die man des Öfteren wiederholt hat oder die einen starken Eindruck
hinterlassen haben, wie etwa wichtige Lebensereignisse. Besonders beim Übergang vom
Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis kann man durch besondere Aufarbeitung der Information
erreichen, dass sie längerfristig im Gedächtnis bleiben.
Eine alt bewährte Mnemotechnik (eine sogenannte Lerntechnik) ist das bilden von Skripten.
Das merken der Englischvokabeln fällt einem leichten, wenn man die Wörter in eine
Geschichte einbaut oder man lässt diese in Form von Bildern im Gedächtnis anlaufen.
Im Gegensatz zum Kurzzeitgedächtnis (= primäres Gedächtnis) ist seine Kapazität praktisch
unbegrenzt. Information kann im Langzeitgedächtnis von Minuten bis hin zu Jahren
gespeichert werden (sekundäres Gedächtnis) oder sogar ein Leben lang (tertiäres Gedächtnis).
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Jedoch kann es selbstverständlich passieren, dass Informationen, auf die lange nicht
zugegriffen wurde, vergessen werden.
Weit verbreiteten Annahmen zufolge kann das Langzeitgedächtnis unterschieden werden in
das deklarative (explizite) Gedächtnis und das nicht-deklarative (implizite) Gedächtnis.
Die Inhalte des expliziten Gedächtnisses lassen sich sprachlich wiedergeben. Es wird
unterteilt in:

semantisches Gedächtnis: Speicherung von erworbenem Wissen, Faktenwissen (z.B.
Chemieformeln, Lateinvokabeln, Telefonnummern, etc.)

episodisches Gedächtnis: Speicherung persönlich erlebter Ereignisse (z.B. was man
letzten Sommer unternommen hat)
Die Inhalte des impliziten Gedächtnisses sind sprachlich nicht explizierbar. Dort sind
Fertigkeiten und Verhaltensroutinen gespeichert. Diese Prozeduren sind automatisiert, d.h. sie
können ohne wesentliche Aufmerksamkeit durchgeführt werden (z.B. Schalten beim
Autofahren). Entdecker des impliziten Gedächtnisses war Herman Ebbinghaus (1850-1909).
Prüfmethoden des impliziten Gedächtnisses wären unter anderem:

Wortfragmentergänzung (Ergänzen von Buchstaben eines Wortes)

Wort- Stammergänzung

Anagramme (Ordnen von Buchstaben zu einem sinnvollen Wort)

Face matching (Beurteilung von gleich/ungleich), etc.
(Vgl. http://www.uni-graz.at/~schulter/biopsy2.html), (Vgl. Blakemore. S.77, 169- 172, 202204), (Vgl. Faller. S.605- 606), (Vgl. Klinke & Silbernagl. S.754- 755), (Vgl. Thews. S.489491)
6.1. Messung von Gedächtnisleistung bzw. -störung
Zum Messen von Gedächtnisleistung bzw. Gedächtnisstörungen gibt es viele verschiedene
Methoden, die versuchen, Defizite aufzudecken. Zwei, der etlichen neuropsychologischen
Verfahren, die ich bereits selbst durchgeführt habe, möchte ich im Folgenden kurz erklären.
Der „Wechsler Gedächtnistest“, ein verbaler Lern und Merkfähigkeitstest, besteht aus
vielen, einzelnen Untertests, 13 an der Zahl, die unterschiedliche Fähigkeiten messen.
Dieser Test misst allgemein zusammengefasst Arbeitsspeicherprozesse, Abruf und
Wiedererkennungsprozesse.
Zu Beginn werden einige Fragen zur Biographie gestellt, um einzuschätzen, ob man diesen
Test mit der betreffenden Person durchführen kann.
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Die erste Testbatterie dient zur mentalen Kontrolle, die die Aufmerksamkeit und die
Konzentrationsfähigkeit testet. Dies wäre z.B.: Rückwertszählen von 20, oder zählen in 3er
Schritten. Es folgt ein Subtest zum figuralen Gedächtnis, wo der Patient z.B.: die Aufgabe
hat, eine Figur aus mehreren heraus zusuchen. Eine weitere Testbatterie ist zum logischen
Gedächtnis konstruiert worden, in der unter anderen Aufgaben eine Geschichte so exakt als
möglich nach erzählt werden soll.
Im Subtest zur visuellen Paarerkennung, wird in der Lernphase zu einer Figur eine Farbe
dazugeboten, und wenn dann in der Testphase die Figur gezeigt wird, soll der Proband die
Farbe nennen, die er zuvor mit der Figur assoziieren sollte.
Und die letzte Testbatterie ist zur verbalen Paarerkennung, wo Wortpaare dem/der ProbandIn
vorgelesen werden und diese/r muss dann zu einem gezeigten Wort das Zweite nennen.
Ein weiteres neuropsychologisches Verfahren ist der „Namen- Gesichter Assoziationstest“.
Er wird an Personen ab einem Alter von etwa 15 Jahren angewendet, und kann bis hin ins
hohe Alter vorgegeben werden. Die Aufgabe, die die ProbandInnen erfüllen müssen, ist, sich
in einer Lernphase verschiedene Gesichter und Namen einzuprägen, und die Namen
anschließend in einer Testphase dem richtigen Gesicht zuzuordnen.
Dieser Test informiert über die Fähigkeit, sich die Namen neu gesehener Gesichter
einzuprägen und die richtigen Namen den schon bekannten Gesichtern zuzuordnen. Weiters
gibt dieses Verfahren Aufschluss über die langfristige Behaltensleistung von Namen und die
Leistung im Wiedererkennen von bekannten Namen und Gesichtern.
7. Gedächtnisstörungen
7.1. Das Korsakow- Syndrom:
Diese Störung ist benannt nach dem russischen Neurologen und Psychiater Sergej Korsakow,
von dem die erste detaillierte Beschreibung dieser Gedächtnisstörung stammt. Eine andere
Bezeichnung dieser Erkrankung wäre „Korsakow- Symptomenkreis“.
Hauptsymptome wären:

Anterograde Amnesie (zeitlich in die Zukunft gerichtet): Bezeichnet die Unfähigkeit,
neue Informationen langzeitig zu speichern, d.h. etwas explizit im Gedächtnis zu
behalten. Die Merkfähigkeitsstörung kann so ausgeprägt sein, dass es dem Patienten
nicht einmal möglich ist, sich Sachverhalte selbst für Sekunden einzuprägen.
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
Retrograde Amnesie (zeitlich in die Vergangenheit gerichtet): Die betroffenen
Menschen können erlebte Inhalte aus der eigenen Vergangenheit nicht verarbeiten,
erkennen oder wiedergeben (Erinnerungsstörungen). Dieser Zustand kann bis zu
mehreren Jahren anhalten.

Konfabulationen: Gedächtnislücken bzw. Erinnerungsdefizite werden durch erfundene
Geschichten der/des PatientIn ausgeglichen bzw. ausgefüllt und von ihm/ihr selbst
geglaubt.

Räumliche und zeitliche Desorientierung
 Intelligenz weitgehend erhalten!
Ursachen dieser Krankheit: Vermutet wird, dass die Schäden vorwiegend durch
Thiaminmangel (Vitamin-B1-Mangel) entstehen. Häufig liegt diese Krankheit bei
Alkoholikern vor und der Grund dafür ist, dass Alkoholiker einerseits meist wenig Thiamin
über die Nahrung zu sich nehmen und der Alkohol zusätzlich den Thiaminstoffwechsel stört.
Im Laufe der Alkoholkrankheit entstehen so immer mehr Schäden im limbischen System, hier
vor allem im Hippokampus. Auch bei Hungerszuständen, denen der Körper ausgesetzt wird
wie etwa bei der Anorexia nervosa, kann ein solcher Thiamninmangel entstehen.
Eine andere Ursache wären Viruserkrankungen des Gehirns (Polyneuropathie: an vielen
Stellen gehen Nervenzellen zugrunde).
Therapie: Vitamin B1-Zufuhr (nicht sehr wirkungsvoll)
(Vgl. Klinke & Silbernagl. S.755), (Vgl. Lang. S.124- 125)
7.2. Senile Demenz:
lat.: senilis =greisenhaft; -de =ohne + mens =Verstand;
Die Demenz ist eine organisch psychische Störung, in deren Mittelpunkt Störungen des
Gedächtnisses und des Denkens stehen. Es ist eine fast immer, aber nicht ausschließlich im
Alter auftretende Erkrankung des Gehirns. Es kommt zum/zur Abbau/Reduktion geistiger
Leistungsfähigkeit im hohen Alter. Vor allem sind das Kurzzeitgedächtnis und das explizite
Gedächtnis betroffen. Weiters ist das Denkvermögen gestört, zum Beispiel haben Personen
Schwierigkeiten, Situationen richtig einzuschätzen, d.h. das Urteilsvermögen lässt nach. Oder
Personen, die an Demenz leiden, haben Schwierigkeiten, die Bedeutung von Wörtern und
Begriffen zu begreifen, also eine formale Denkstörung. Ebenso liegen Störungen der Sprache
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vor, sogenannte Aphasien. Diese verursachen Beeinträchtigungen in den einzelnen
sprachlichen Modalitäten (Sprechen, Verstehen, Schreiben und Lesen) in unterschiedlichen
Schweregraden.
Weiters kommt es zu Störungen der Affektivität, vor allem depressive Verstimmungen. In
seltenen Fällen treten auch Wahnvorstellungen und Halluzinationen auf.
Ursachen dieser Erkrankung wären unter anderem:

Arteriosklerose (Arterienverkalkung: Mangeldurchblutung)

Gehirninfarkte (lat infarcire =hineinstopfen  Gefäßverstopfung: Der Blutpfropfen
wandert weiter und bleibt stecken, wo die Arterie verengt ist, darauf stirbt das
Nervengewebe ab, wenn nicht genug Blutversorgung vorhanden ist.

Multiinfarktdemenz: (selten) Platzen eines Blutgefäßes durch genetische Veranlagung

Absterben von Zellen: Atrophie (=Rückbildung eines Organs)

Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus
Therapie und Prophylaxe: Verschrieben werden häufig Nootropica (gr. Noos: Verstand,
Intellekt). Dies sind Pharmaka, die den Intellekt erhalten/wiederherstellen sollen (jedoch
haben sich bisher keine wissenschaftlichen und medizinischen Erfolge gezeigt). Bei
depressiver Verstimmung können zusätzlich auch noch Antidepressiva eingesetzt werden.
Weitaus wichtiger und wirksamer ist die Stärkung kognitiver Funktionen, der
Selbstständigkeit und des emotionalen Wohlbefindens. Zum Erhalt der Gedächtnisleistung
kann der von vorher besprochene „Namen-Gesichter-Assoziationstest“ eingesetzt werde. Je
früher und stärker man sich intellektuell betätigt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, an
seniler Demenz zu erkranken.
7.3. Morbus Alzheimer (präsenile Demenz): (siehe Senile Demenz)
Lässt sich vergleichen mit dem Krankheitsbild der senilen Demenz.
Auftreten: 5.Lebensjahrzehnt (=präsenil), Frauen sind 1,5mal häufiger betroffen als Männer.
Symptomatik:

sehr schneller progredienter / fortschreitender Abbau innerhalb weniger Jahre, Koma,
Tod

Zerstörung von Nervenverbindungen( besonders im Hippocampus, der für das
explizite Gedächtnis wichtig ist)
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
Auftreten sog. Seniler Plaques im ganzen Körper, aber massiv im Gehirn
(diese Flecken sind Proteinablagerungen um Nervenzellen herum, die dann mit der
Zeit absterben).
7.4. Posttraumatische Amnesie (PTA):
Die Posttraumatische Amnesie wäre hier, als eine der drei Hauptformen neben der
anterograden und der retrograden Amnesie (siehe „Korsakow-Syndrom“), genauer zu
erwähnen, da sie die am häufigsten vorkommende Form der Amnesie ist. Eine andere
Bezeichnung für diese Gedächtnisstörung wäre auch „Geschlossenes Schädelhirntrauma“,
GHS. Diese wird vor allem verursacht durch einen harten Schlag auf den Kopf, zum Beispiel
als Folge eines Verkehrsunfalls, kann jedoch auch in Folge von Elektroschocks ausgelöst
werden. Die posttraumatische Amnesie ist der Zustand nach Bewusstlosigkeit oder Koma als
Folge der ebengenannten Umstände.
Folgen:

Verwirrung: räumliche und zeitliche Desorientierung

Konfuser Bewusstseinszustand

Anterograde Amnesie

Retrograde Amnesie: kann dazu führen, dass man sich nicht mehr an den Unfall
erinnern kann.
(Vgl. http://www.uni-graz.at/~schulter/biopsy2.html)
8. Das Gehirn und Bewusstsein
Zahlreiche evaluationspsychologische Forschungen beschäftigen sich mit der Suche nach den
Gründen, die zur Ausbildung und der Entfaltung der menschlichen Fähigkeiten geführt haben.
Wie bereits früher erwähnt, ist das Gehirn des Menschen größer als jenes anderer Primaten.
Das Gehirn eines erwachsenen Menschen macht etwa zwei Prozent des Körpergewichtes aus,
verbraucht aber 20 Prozent der aufgenommenen Energie. So müssen die menschlichen
Denkvorgänge beziehungsweise Verhaltensweisen wesentlich komplexer sein als bei anderen
Spezies.
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Zahlreiche Theorien über die Funktionalität des menschlichen Gehirns entstanden in den
letzten Jahren, auf Grund der teilweisen Undurchsichtigkeit einiger Gehirnvorgänge.
Angenommen wird, dass Gedanken und Gefühlen diverse chemische Vorgänge im Gehirn
zugeordnet werden können, jedoch gibt es keine Belege, wie diese Vorgänge aussehen und
wo sie genau stattfinden. (Vgl. Dunbar. S. 163-169).
Das Bewusstsein des Menschen entzieht sich einer naturwissenschaftlichen Erforschung, was
eine konkrete, eindeutige Definition dieses Begriffes oder Konzeptes schwierig gestaltet. So
bezeichnet „Bewusstsein“ einerseits den Zustand des Wachseins einer Person, wenn diese in
der Lage ist, Umweltreize zu registrieren und auf diese zu reagieren. Andererseits wird der
Begriff „Bewusstsein“ auch intentional verwendet, um den Bezug zu Objekten der
Wahrnehmung oder des Denkens zu beschreiben. Man kann sich die Frage stellen, ob Gehirn
und Bewusstsein zwei unterschiedliche Bereiche sind oder sich letztendlich auf dieselbe Basis
zurückführen lassen? Ist Letzteres der Fall, so muss herausgefunden werden, welche
Hirnstrukturen aktiv sind, damit Bewusstseinsphänomene auftreten, wie etwa Empathie, also
Mitfühlen, Einfühlen, etc. Wird das Bewusstsein eigenen Hirnregionen zugeschrieben, so
müsste es bei Läsionen verletzt oder zerstört werden. Tatsache ist, dass das Bewusstsein bei
einer Deaktivierung des Gehirns ausgeschaltet wird, ebenso wie bei der Unterbrechung des
vom Hirnstamm aufsteigenden Kreislaufs. Auch bei fokalen Hirnschädigungen, wie etwa
nach einem Schlaganfall oder einem Hirntumor, kann es zu Bewusstseinseinschränkungen
kommen. Es kann zum Beispiel zu Störungen der Bewusstheit eines Körperteils kommen.
Dann erkennt Man ein Körperteil nicht mehr als seines an, setzt es nicht mehr ein. Es befindet
sich so zu sagen außerhalb seines Bewusstseins (Vgl. Kinsbourne. S.26-41).
Spricht man von Bewusstsein, so muss man auch das Unbewusste erwähnen,
umgangssprachlich auch Unterbewusstsein, also dem Teil der menschlichen Psyche, der dem
Bewusstsein nicht direkt zugänglich ist. Freud nahm an, dass das Unterbewusste weitgehend
das Bewusste determiniere und dass das Unbewusste ontogenetisch weit vor dem Bewussten
entstehe.
Zahlreiche Theorien nehmen weiters an, dass jeder Reiz sowohl bewusst als auch unbewusst
wirke, wobei man glaubt, dass uns eher der unbewusste Teil eine Stimmung beziehungsweise
eine gewisse Gefühlslage verleihe. Gefühle kommen ins Bewusstsein, ihr Entstehen ist aber
unbewusst (Vgl. Schurz, S. 6 – 10). Nach Roth (1996) können Geschehnisse nur dann
bewusst werden, wenn sie mit der Aktivität der assoziativen Großhirnrinde verbunden sind.
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Ergebnisse der Hirnforschung und der Neuropsychologie lassen Schlüsse zu, dass unbewusste
Gehirnvorgänge bewusste Vorgänge beeinflussen. Dies sind vor allem Vorgänge im
limbischen System. Dessen Tätigkeit erleben wir als Emotionen beziehungsweise als
emotionale Wahrnehmungen, Vorstellungen oder Erinnerungen (Vgl. Roth, S. 2-4).
8.1. Das Gehirn und Emotionen
Über das Entstehen des Gefühlsleben des Menschen gibt es verschiedene Auffassungen. Eine
davon ist, dass Emotionen und Gefühle durch angeborene neuronale Mechanismen
determiniert sind. Das bewusste subjektive Erleben von Gefühlen kommt dadurch zustande,
dass Veränderungen in der Gesichtsmuskulatur vom Gehirn zurückgemeldet werden, in
weiterer Folge spielen dann Lernen und Erfahrung eine grundlegende Rolle für die
Ausbildung verschiedener Gefühlszustände.
In den Emotionstheorien der letzten Jahre ist man sich einig darüber, dass die an
Emotionen beteiligten neuronalen Schaltkreise eine schnelle Informationsverarbeitung
von äußeren Reizen und Gefahrenquellen erlauben und uns zu einem entsprechenden
Verhalten anleiten. Diese Prozesse laufen im Unbewussten ab, jedoch treten die Emotionen
früher oder später ins Bewusstsein, wenn neokortikale Strukturen, wie z. B. die
Großhirnrinde, am emotionalen Geschehen beteiligt sind.
Die funktionelle Magnetresonanztomographie (MRT) ist eine der wichtigsten Methoden in
der Emotionsforschung. Dieses Verfahren liefert uns Bilder der Hirnregionen, die während
emotionaler Prozesse aktiv sind. Hirnanatomisch bekannt ist, dass die Bildung von negativen
Emotionen hauptsächlich in der Amygdala (im Mandelkern) erfolgt. Sie wird als das
Zentrum der angstgeleiteten Verhaltensbewertung angesehen. Schäden der Amygdala führen
zum Verlust der Furcht- oder Angstkomponente in verschiedenen Situationen. Für positive
Emotionen sind vor allem die Strukturen des ventralen tegmentalen Areals und des Nucleus
accumbens zuständig. Es ist jedoch umstritten, ob diese erwähnten Strukturen tatsächlich der
Speicherort von Gefühlen sind oder eher die Orte, an denen die Verknüpfung zwischen
Ereignissen und bestimmten Gefühlen codiert ist (Vgl. Roth, S. 4-7).
Der Neuroanatom Papez stellte bereits 1937 die Vermutung auf, dass eine ringförmige
Ansammlung verschiedener kortikaler und subkortikaler Strukturen um den Hirnstamm
herum hauptsächlich für Emotionen zuständig ist, auch als Papez-Kreis bekannt. Darunter
befinden sich die anatomische Strukturen Thalamus, Hypothalamus, Gyrus cinguli und
Hippocampus (Vgl. Papez. S. 103-112). Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, führten Klüver
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und Bucy 1939 Experimente an Rhesusaffen durch. Den Tieren wurde der Temporallappen
(inklusive Hippocampus und Amygdala) entfernt, was zu drastischen Verhaltensänderungen
führte. Sie wiesen das sogenannte Klüver-Bucy-Syndrom auf, zeigten keine Angstreaktion
sowie Fluchtreaktion mehr und wiesen ein gestörtes Fress- und Sexualverhalten auf
(Vgl. http://www.neuro24.de/show_glossar.php?id=907).
Der amerikanische Psychologe LeDoux beschäftigte sich ebenfalls mit der Frage, wo sich im
Gehirn der Sitz von Emotionen befindet. Die Annahme, dass Emotionen im limbischen
System entstehen, ist für ihn nicht haltbar, er sieht Emotionen eher als biologische Funktion
des ganzen Nervensystems, ein Produkt aus verschiedenen Hirnsystemen.
In seinem Buch „Der Spinoza-Effekt“ beschäftigt sich der Neurologe Antonio Damasio 2003
eingehend mit der neurologischen Grundlage von Gefühlen und Emotionen. Er nimmt an,
dass geistige Zustände abhängig sind von der Funktionsweise verschiedener Systeme im
Gehirn. Gefühle und Emotionen sind, seiner Meinung nach, komplizierte Kombinationen von
chemischen und neuronalen Reaktionen des Gehirns.
8.2. Das empathische Gehirn
Die geistige Überlegenheit des Menschen gegenüber nicht-menschlichen Primaten, bestehend
aus seiner Intelligenz, Kreativität, sowie dem Verstehen beziehungsweise Verständnisses des
Anderen, Empathie, wird als Grundlage der Menschheit gesehen. Die physiologische
Grundlage solcher Prozesse bilden die sogenannten Spiegelneuronen. Dies sind Nervenzellen,
lokalisiert im Präfrontallappen, die im Gehirn auch bei der bloßen Betrachtung von
Vorgängen die gleichen Potentiale feuern, wie wenn man sie aktiv ausführen würde.
Ein Beispiel für die Aktivität dieser Nervenzellen wären die Ergebnisse einiger Forscher am
University College von London, die 2006 im Journal of Neuroscience berichteten, dass
Spiegelneuronen auch daran beteiligt seien, dass man „automatisch“ mitlache, wenn eine
andere Person zu lachen beginnt. Diese Nervenzellen im Gehirn lassen uns sozusagen
nachfühlen, was andere empfinden, sie machen uns die inneren Vorgänge unseres Gegenübers
deutlich, somit können wir unsere Mitmenschen häufig besser verstehen. Diese nonverbalen
Kommunikations- beziehungsweise Verständigungsprozesse sind in jedem Menschen
neuronal festgesetzt (Vgl. Zaboura 2008).
Eine Studie der Neurobiologin Tania Singer (2004) an einem Londoner Forschungsinstitut
untersuchte das Schmerzgeschehen von Probandinnen auf Grundlage des Wissens über
Spiegelneuronen. Mittels Kernspintomographie wurden die Schmerzzentren im Gehirn
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determiniert, die aktiv werden, wenn den Frauen an der Hand ein vorher verabredeter
Schmerz zugefügt wird. Diese zeigten während des Schmerzmomentes die volle Aktivierung
der Schmerzzentren im Gehirn. Danach wurden die Gehirne der Frauen weiter aufgenommen,
jedoch, von den Probandinnen beobachtbar, ihren Lebenspartnern Schmerz zugefügt. Das
beachtliche hierbei war, dass dieselben Hirnregionen der Frauen aktiv wurden, wie bei der
eigenen Schmerzerfahrung, sie jedoch diesmal vom Schmerz nicht selbst betroffen waren.
Nervenzell-Netzwerke haben in den Gehirnen der weiblichen Untersuchungspersonen also
eine innere Schmerzerfahrung simuliert und werden somit, wie bereits erwähnt, als
neurobiologisches Korrelat für Mitgefühl und Empathie gesehen.
Mittels einer fMRT-Studie von Carr et al. (2003) wurden ProbandInnen untersucht, die
emotionale Gesichtsausdrücke entweder selbst nachahmten oder nur beobachteten. Bei der
bloßen Beobachtung dieser Gesichtsausdrücke wurden dieselben Gehirnareale aktiviert wie
bei deren Nachahmung.
Diese zahlreichen publizierten Studien lassen also folgenden Schluss zu, nämlich, dass
Spiegelneurone im Gehirn ein Informationssystem für das Individuum sind, genauer gesagt
werden beobachtete Situationen innerlich simuliert und lassen so Schlüsse zu, was in unserem
Gegenüber vor sich geht. Somit bilden diese Nervenzellen die Grundlage der „Theorie of
mind“, der Fähigkeit, sich in unsere Mitmenschen hinein zu versetzen, also in unserem
Gegenüber Gefühle, Bedürfnisse, Absichten, Erwartungen und Meinungen zu vermuten.
9. Zusammenfassung
In meiner Arbeit über das menschliche Gehirn habe ich versucht, einen systematischen
Überblick über den Aufbau, die funktionelle Organisation und etwaige Störungen zu geben.
Mit seinen Milliarden Nervenzellen ist unser Gehirn ein gewaltiger Speicher, abrufbar sind
Informationen, Eindrücke, Beobachtungen, etc. In den letzten Jahrzenten haben Hirnforscher
deutlich gemacht, wie entscheidend neuronale Prozesse für das Verhalten und Erleben sind
und veränderten somit das traditionelle Bild vom Menschen. Kein Denken und Lernen, kein
Verhalten und Erleben, keine Wahrnehmung wären denkbar ohne entsprechende Vorgänge im
Zentralnervensystem. Hierbei wird deutlich, dass ein enger Zusammenhang zwischen
hirnorganischen oder -anatomischen Prozessen auf der einen und psychischen Funktionen auf
der anderen Seite besteht.
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Eidesstattliche Erklärung
"Ich versichere, dass ich die vorliegende Bakkalaureatsarbeit selbständig angefertigt und
mich keiner fremden Hilfe bedient habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß
veröffentlichte Texten oder Dokumenten entnommen sind, habe ich als solche kenntlich
gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt
und auch noch nicht veröffentlicht."
Graz, am 24.März 2009
Unterschrift
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Literaturverzeichnis:
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limbic areas. !!!
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Damasio, A.R. (2003). Der Spinoza-Effekt - Wie Gefühle unser Leben bestimmen.
München: List-Verlag.
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Dunbar, R. (2003). The Social Brain: Mind, Language, and Sociey in Evolutionary
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Faller, A. (2004). Der Körper des Menschen, Einführung in Bau und Funktion.
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Kahle, W. (2002). Taschenatlas der Anatomie, Nervensystem und Sinnesorgane.
Stuttgart: Georg Thieme Verlag.
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Klinke, R. & Silbernagl, S. (2003). Lehrbuch der Physiologie. Stuttgart: Georg
Thieme Verlag.
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Lang, F. (2000). Basiswissen Physiologie. Berlin: Springer Verlag.
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Papez, J. (1937). A proposed mechanism of emotion. Journal of Neuropsychiatry and
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Reichert, J. & Zaboura, N. (2006). Akteut Gehirn – oder das vermeindliche Ende des
handelnden Subjekts. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
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Roth, G. (2001). Wie das Gehirn die Seele macht. Lindauer Psychotherapiewochen.
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Thews, G., Mutschler, E. & Vaupel, P. (1991). Anatomie Physiologie
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Medizinische Biologie, Naturwissenschaftliche Reihe. Stuttgart: Ernst Kletter Verlag
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
Zaboura, N. (2008). Das empathische Gehirn: Spiegelneurone als Grundlage
menschlicher Kommunikation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1, Aufbau einer Nervenzelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Nervenzelle

Abbildung 2, Schematische Darstellung der Hirnhäute: http://tecfa.unige.ch/staf/stafh/notari/staf14/ex4/Images/hirnhut.gif

Abbildung 3, Das menschliche Gehirn in Übersicht: http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/c2-folie2.jpg

Abbildung 4, Das Großhirn: http://www.ims.unistuttgart.de/phonetik/joerg/sgtutorial/graphic/telencephalon.gif

Abbildung 5, Einteilung der Gehirnlappen:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/44/Gray728.png/255pxGray728.png

Abbildung 6, Der Frontallappen: http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/c2-folie17.jpg

Abbildung 7, Das Kleinhirn: http://www.ims.unistuttgart.de/phonetik/joerg/sgtutorial/graphic/cerebellum.gif

Abbildung 8, Das Zwischenhirn: http://www.ims.unistuttgart.de/phonetik/joerg/sgtutorial/graphic/diencephalon.gif

Abbildung 9, Abbildung der Hypophyse:
http://www.merian.fr.bw.schule.de/Beck/skripten/bilder/!negfeed.gif

Abbildung 10, Das Mittelhirn: http://www.ims.unistuttgart.de/phonetik/joerg/sgtutorial/graphic/hirnstamm1.icon.gif

Abbildung 11, Der Hirnstamm: http://www.gnetz.de/Der_Mensch/nervensystem/gfx/hirnstamm.jpg

Abbildung 12, Das Gehirn im Überblick: http://www.unipotsdam.de/portal/mai04/bilder/gehirn.jpg
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
Abbildung 13, Die Funktionsareale des Kortex: http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/c2-folie15.jpg

Abbildung 14, Die Brodmann- Areale: http://www.unigraz.at/~papousek/teaching/pass_bio/c2-folie16.jpg

Abbildung 15, Assoziationskortex:
http://brain.exp.univie.ac.at/09_vorlesung_ss04/bilder.htm

Abbildung 16, Phineas Gage:
http://www.sciencemuseum.org.uk/exhibitions/brain/images/1-1-8-3-1-1-1-0-0-0-0.jpg

Abbildung 17, Degeneration der Substania nigra durch Morbus Parkinson:
http://www.b298.com/sites/lv/bio/bio2.asp

Abbildung 18, Degeneration der Basalganglien durch Chorea Huntignton:
http://www.b298.com/sites/lv/bio/bio2.asp

Abbildung 19,Bewegungsstörungen im Gesichtsbereich durch Tardive Dyskinesie:
http://www.b298.com/sites/lv/bio/bio2.asp
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