ausverkauf der meere

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AUSVERKAUF
DER MEERE
Bedrohter Fisch in
Österreichs
Supermärkten
Ein Bericht von Greenpeace
Ende November 2005 ist Greenpeace zur längsten Schiffsexpedition seiner Geschichte aufgebrochen. Unter dem Motto
„SOS Weltmeer” segelt das Greenpeace-Schiff Esperanza bis Februar 2007 gegen Gier und Gedankenlosigkeit und für einen
umfassenden Schutz der Meere. Greenpeace zeigt die atemberaubende Vielfalt unserer Ozeane auf, aber auch die Gefahren, die sie bedrohen. An unterschiedlichsten Schauplätzen wird dokumentiert, wie tief unsere Ozeane in der Krise stecken.
Greenpeace stellt sich gegen die Zerstörer und zeigt Lösungen auf: Ziel ist ein weltweites Netzwerk von Meeresschutzgebieten. Die Reise führt quer durch vier der fünf Weltmeere - vom Südpolarmeer entlang der Westafrikanischen Küste durchs
Mittelmeer und den Pazifischen Ozean bis an die südlichste Spitze Südamerikas - und wieder zurück in die Antarktis. Ein
Schwerpunkt der Tour ist es, die katastrophale Überfischung der Weltmeere zu beleuchten und der gnadenlosen Ausbeutung
der Meere einen Riegel vorzuschieben.
Unterstützt wird die Konfrontation auf dem Meer durch Aktivitäten an Land. Europaweit verfolgt Greenpeace das Ziel, die
Fischeinkaufspolitik der Supermärkte zu reformieren. In Großbritannien wurde im Herbst 2005 der Bericht „A Recipe for
Disaster – Supermarkets‘ insatiable appetite for seafood“ veröffentlicht. Seitdem hat eine Reihe von Supermärkten in Großbritannien Prinzipien für einen nachhaltigen Fischeinkauf eingeführt und bedrohte Fischarten aus dem Verkauf genommen.
Greenpeace will mit dem vorliegenden Bericht dazu beitragen, dass auch Österreichs Supermärkte ihre Fischeinkaufspolitik nachhaltig gestalten.
Impressum:
Ein Bericht von Greenpeace
in Zentral- und Osteuropa
Siebenbrunnengasse 44
1050 Wien
Österreich
Tel.: ++43-1-545 45 80
Fax: ++43-1-545 45 80 98
offi[email protected]
http://www.greenpeace.at
Übersetzerin: Veronika Neuhold
Bildredaktion: Ingrid Fankhauser
Layout: www.ichdesign.biz
Bilder auf der Titelseite:
(von links nach rechts)
© Alessandro Giannì/Greenpeace
© Greenpeace
© Eberhard Weckenmann/Greenpeace
Mai 2006
www.greenpeace.at
INHALTSVERZEICHNIS
Zusammenfassung
2
1. Einführung
4
2. Meere in Seenot
6
6
7
8
2.1
2.2
2.3
Fischerei in der Krise
Piratenfischerei – Beutezüge außer Kontrolle
Fischkonsum in Österreich
6.2.2
Der Marine Stewardship Council (MSC)
6.2.3
Wildgefangener „Bio“-Meeresfisch
6.3 Aquakultur
6.3.1
Lachszucht
6.3.2
Tunfischzucht
6.3.3
Shrimpszucht
6.3.4
Bio-Aquakultur
7. Die Fischeinkaufspolitik österreichischer
Supermärkte auf dem Prüfstand
3. „Katastrophale“ Fische &
Meeresfrüchte in Österreich
11
4. Die Fischeinkaufspolitik von Österreichs
Supermärkten
17
7.1
7.2
7.3
7.4
18
18
Weiterführende Links zum Thema
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
4.9
4.10
4.11
4.12
4.13
4.14
4.15
ADEG Österreich AG (ADEG, AGM,
Edeka, E-Center)
Firmengruppe Kastner (Kastner, Nah & Frisch)
Handelshaus Wedl
(Nah & Frisch, C+C Wedl, Wedl & Dick)
Hofer KG
Julius Kiennast (Nah & Frisch)
Lidl Austria GmbH
Maximarkt Handels-Gesellschaft m.b.H.
Metro Cash & Carry Österreich
MPreis Warenvertriebs GmbH
Norma GmbH & Co KG
Pfeiffer Handels GmbH (Nah & Frisch,
Unimarkt, C+C Pfeifer, Pro Kaufland)
Rewe Austria AG (Merkur, Billa,
Pennymarkt ehem. Mondo)
Spar Österreich Warenhandels AG
(Spar, Eurospar, Interspar, Spar Gourmet)
Sutterlüty Handels GmbH
Zielpunkt Warenhandel GmbH & Co KG
(Zielpunkt, Plus)
5. Eine beispielhafte Einkaufspolitik:
Marks & Spencer in Großbritannien
6. Nachhaltige Meeresprodukte
6.1 Fischkennzeichnung
6.1.1
Produktinformation für Kunden
6.1.2
Produktrückverfolgbarkeit
6.2 Label und Gütezeichen
6.2.1
„Delfinsicher“ und „delfinfreundlich“
gefangener Tunfisch
www.greenpeace.at
30
32
33
33
34
35
35
18
18
18
18
19
19
19
21
21
21
38
38
41
43
44
Die Rangliste
Schritte in die Zukunft
Werbung für Alternativen
Plädoyer für die Zukunft der Ozeane
45
Verzeichnis der Tabellen:
Tabelle 7.1 Rangliste österreichischer Super- und Großmärkte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitspolitik
für Fische & Meeresfrüchte
39
Tabelle 7.2: Welcher „katastrophale“ Fisch wird in österreichischen Super- und Großmärkten
angeboten?
40
Tabelle 7.3: Modell einer nachhaltigen FischEinkaufspolitik
42
21
22
22
24
27
27
27
28
28
29
1
Zusammenfassung
Der österreichische Pro-Kopf-Verbrauch an Fisch steigt an,
insbesondere der Verkauf an Tiefkühlfischen boomt. Dem
gegenüber steht der besorgniserregende Zustand der Weltmeere: 76 Prozent der wirtschaftlich wichtigen Fischbestände sind am Ende, große Raubfischarten wie Tunfisch bereits
extrem dezimiert. Durch zerstörerische Fangmethoden wie
etwa die Fischerei mit Grundschleppnetzen werden einmalige Lebensräume vernichtet. Beifang – Fisch und andere
Meerestiere, die mit ins Netz geraten und meist tot wieder
über Bord gehen – im Ausmaß von 39 Millionen Tonnen wird
Jahr für Jahr hingenommen. Verschärft wird die Problematik
noch durch die illegale, unregulierte und undokumentierte
Fischerei, auch Piratenfischerei genannt.
Auf politischer Ebene werden keine wirksamen Maßnahmen
gesetzt und die Fischerei-Industrie ist auf schnellen Profit
aus. Freiwillige Maßnahmen, die zum langfristigen Erhalt
der Meeresressourcen beitragen würden, scheinen für weite
Teile dieser Industrie nach wie vor undenkbar. Auf Seiten
der Produktion ist also zumeist kein verantwortungsvolles
Handeln in Richtung nachhaltiger Fischerei zu erkennen.
Wie sieht es in der nächsten Stufe der Produktkette, dem
Handel, aus? Trägt der Handel den oben geschilderten katastrophalen Entwicklungen im Rahmen seiner Fischeinkaufspolitik Rechnung? Nach welchen Kriterien richtet der
österreichische Groß- und Einzelhandel sein Fischangebot
aus und spielt Nachhaltigkeit dabei überhaupt eine Rolle?
Diesen Fragen widmet sich der vorliegende Bericht.
Greenpeace veröffentlicht alljährlich den Fischeinkaufsführer „Fisch & Facts“. In der aktuellen Version für das Jahr
2006 werden 36 Fisch- und Meerestierarten hinsichtlich Bestandslage, Fangmethoden und Umweltauswirkungen untersucht. Davon werden nur vier als ‚akzeptabel’, hingegen
12 als ‚kritisch’ und 20 als ‚katastrophal’ beurteilt. Für den
vorliegenden Bericht wurde als weitere Art der Neuseeländische St. Peterfisch untersucht. Folgende „katastrophalen“
www.greenpeace.at
Fischarten werden in Österreichs Supermärkten angeboten:
Atlantischer Lachs, Dornhai und andere Haie, Heilbutt, Hoki,
Kabeljau/ Dorsch, Schellfisch, Neuseeländischer Sankt Petersfisch, Rotbarsch, Scholle, Seezunge, Seehecht, Shrimps/
Kaisergranat, Tunfisch, Schwertfisch und Viktoriabarsch.
Anfang 2006 verschickte Greenpeace an österreichische
Handelsketten einen Fragebogen hinsichtlich ihrer Fischeinkaufspolitik. Gleichzeitig wurden die Webseiten der betreffenden Unternehmen geprüft. Eine erste Version des auf
Basis dieser Informationen erstellten Berichtes wurde den
Unternehmen Anfang Mai 2006 mit der Bitte um etwaige
Ergänzungen bzw. Korrekturen vorab übermittelt. Die meisten zogen es vor, weder auf den Fragebogen noch auf die
Versendung der Vorabversion zu antworten.
Erfreulich aber doch, dass erste Groß- und Einzelhandelsunternehmen in Österreich die gestellten Fragen zum
Anlass nahmen, ihre Fischeinkaufspolitik zu überdenken.
Eine herausragende Position nimmt dabei Lidl ein. Durch den
Entschluss, mit Rotbarsch und tropischen Shrimps zwei „katastrophale“ Sorten auszulisten und andererseits nachhaltig
produzierte Produkte einzulisten, hat sich das Unternehmen
in Österreich zum Vorreiter gemacht. Auch Unternehmen
wie MPreis und Rewe haben begonnen, erste Maßnahmen
zu setzen. Als positives Beispiel ist die Kennzeichnungspolitik von Rewe für Eigenmarkenfischprodukte zu nennen. Zu
denjenigen, die sich schon zu einem früheren Zeitpunkt mit
dem Thema nachhaltiger Fischeinkauf auseinandergesetzt
haben, gehören Metro, Spar und Zielpunkt.
Dringenden Nachholbedarf hat hingegen ADEG. Das Unternehmen bietet alle von Greenpeace als „katastrophal“
eingestuften Fischarten an und scheint sich auch nicht mit
dem Thema nachhaltiger Fischeinkauf auseinander gesetzt
zu haben. ADEG ebenso wie das Handelshaus Wedl sollten
schnellst möglich entsprechende Schritte in Richtung einer
nachhaltigen Einkaufspoltik für Fischprodukte setzen.
2
1. EINFÜHRUNG
© Gavin Newman/Greenpeace
1. Einführung
Unsere Ozeane sind am Rande ihrer Belastbarkeit angelangt. Die größte Bedrohung ist neben dem Klimawandel die
industrielle Fischerei. Mit destruktiven Fangmethoden wird
der Artenreichtum der Meere zerstört. Hochtechnisierte
Fischereiflotten der reichen Länder plündern die Weltmeere.
Die Bestände von drei Viertel der wirtschaftlich genutzten
Arten sind entweder vollständig erschöpft, überfischt oder
bereits zusammengebrochen, zeigte die Statistik der UN
Welternährungsorganisation.
Österreich der Fischkonsum steigt, sollten solche Zahlen
aufs Äußerste alarmieren. Die Situation der Meeres-Fischbestände drängt zum Handeln. Fischerei-Experten und
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) fordern seit Jahren eine Beschränkung von Fangquoten, den Abbau von
Überkapazitäten in der industriellen Fischerei, ein Verbot
zerstörerischer Fangmethoden und die Einrichtung großflächiger Meeresschutzgebiete. Dennoch setzen Regierungen
und Fischereibehörden kaum Maßnahmen zur Bewältigung
der Krise.
© Duncan/Greenpeace
Ziel der derzeitigen Fischereimanagement-Praktiken - wie
der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) – ist es,
die kommerziell genutzten Bestände zu erhalten, um diese
weiterhin mit höchstmöglicher Intensität und Kapazität zu
befischen. Der Schutz von Fischen als Teil des Ökosystems
Meer scheint nicht im Interesse der europäischen Behörden
zu liegen.
Die Bestandszahlen beliebter Speisefischarten wie Tunfisch,
Scholle und Lachs sind drastisch zurückgegangen. Bis zu
90 Prozent der Bestände großer Raubfischarten, wie Tunfische, sind verschwunden. Für die dezimierten Schollenbestände gibt es deutlich zu hohe Fangquoten, gefangen werden sie durch zerstörerische Baumkurrenfischerei, die sehr
hohe Beifangraten aufweist. Dabei handelt es sich teilweise
um den Nachwuchs wertvoller Speisefische, der tot wieder
über Bord geworfen wird. Aber auch die ständig wachsende
Zahl der Tunfisch- und Lachszuchten hat verheerende Umweltfolgen. Die in den Fischfarmen eingesetzten Antibiotika
belasten die Meere genauso wie Tonnen an Futterresten
und Fäkalien.
In einer Zeit, in der sich weltweit immer mehr Menschen die
schwindende Ressource Fisch teilen müssen und auch in
www.greenpeace.at
Die politischen Diskussionen zur Verbesserung der Fischereimanagement-Praktiken verlaufen schleppend und ändern
derzeit nichts an der Tatsache, dass die weltweiten Fischbestände weiter abnehmen. Bislang konnte die am Anfang
der Herstellerkette stehende Fischerei-Industrie nicht davon
überzeugt werden, die dringend notwendigen Veränderungen selbst einzuleiten - obwohl dies Vorraussetzung dafür
wäre, die eigene Branche auf lange Sicht zu erhalten und
überlebensfähig zu machen.
Deshalb muss der Wandel von der nächsten Stufe in der
Produktkette, dem Handel, ausgehen. Zweifellos ist der
Druck der Verbraucher ein entscheidendes Hilfsmittel. Jedoch sind es die Supermärkte, die den Großteil der Fischprodukte, die wir verzehren, einkaufen. Im Gegensatz zu
den Verbrauchern haben die Supermärkte Zugang zu den
Informationen, die den bewussten Einkauf von nachhaltig
gefangenem Fisch möglich machen. Sie haben die Macht,
nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Sie können entscheiden welche Fischarten in ihren Regalen landen, aus
welchen Beständen diese stammen und mit welchen Methoden sie gefangen wurden. Sie können entscheiden, dass in
ihren Regalen nur nachhaltig gefangener Fisch liegt. Nur so
wird der Übergang zu einer umweltfreundlichen Fischereipraxis gelingen, die das Überleben des Ökosystems Meer
für kommende Generationen ermöglicht.
4
2. MEERE IN SEENOT
© Germain/Greenpeace
2.1 Fischerei in der Krise
Rund 70 Prozent der Eroberfläche sind mit Meeren bedeckt.
Mit ihren riesigen, oft noch unerforschten Tiefen galten sie
lange Zeit als unendliche Ressource. Noch vor wenigen
Jahrzehnten hielten manche Experten den Fischreichtum
der Meere für unerschöpflich. 500 Millionen Tonnen und
mehr sollte das Meer jährlich auf Dauer hergeben. Doch die
zeitlich unbeschränkte, grenzenlose Ausbeutung mariner
Ressourcen hat sich als Illusion entpuppt: Unsere Ozeane
stecken tief in der Krise.
Die größte Bedrohung für den Artenreichtum der Meere
ist, neben den Folgen des Klimawandels, die industrielle
Fischerei. Das Ökosystem Meer droht durch Überfischung
zusammenzubrechen. Die Welternährungsorganisation der
Vereinten Nationen (FAO) bezeichnet 76 Prozent der wirtschaftlich wichtigen Fischbestände als „komplett ausgebeutet“ (52 Prozent ), „überfischt“ (16 Prozent ) oder „erschöpft“
(8 Prozent ).1 Für den Nordostatlantik fallen die FAO-Schätzungen sogar noch drastischer aus: Dort sind 41 Prozent
der Fischbestände bereits überfischt oder erschöpft, die
verbliebenen Prozent komplett ausgebeutet. Weltweit sind
bereits bis zu 90 Prozent des Bestandes großer Raubfische vernichtet worden, mit dramatischen Rückgängen bei
Tunfisch, Schwertfisch, Dorsch und Heilbutt.2 Dies betrifft
ganze Fischgemeinschaften und führt zur Schwächung vieler Ökosysteme.
Kommerzielle Fischfangmethoden sind meist alles andere
als „nachhaltig“. Die zunehmende Technisierung der letzten
50 Jahre ermöglicht zeitlich wie auch geografisch immer
ausgedehntere „Beutezüge“. Mit Hilfe von Hubschraubern,
Sonargeräten und Echolotung können Fischschwärme zielgenau aufgespürt und befischt werden. Doch trotz hochmoderner Technik sind die Fangmengen seit Ende der 1980er
Jahre überall auf der Welt rückläufig.3 Einige Fischbestände sind bereits kollabiert - wie etwa der Dorschbestand im
Gebiet der Neufundlandbank im Nordwestatlantik. Um den
entgangenen Fang zu kompensieren, dringen die Fischerei-Flotten in weiter entfernte Regionen vor, um nach neuen
Fischarten zu suchen. Eine immer besser werdende Ausrüstung ermöglicht auch ein Vordringen in Gewässer über
1000 Meter Tiefe und somit das Fischen „neuer“ Tiefseear-
www.greenpeace.at
ten wie Hoki, Granatbarsch oder Neuseeländischer Sankt Petersfisch. Tiefseearten reproduzieren erst im hohen Alter. Der
Granatbarsch ist z. B. erst mit 32 Jahren geschlechtsreif: Der
älteste Granatbarsch der je entdeckt wurde, war 240 Jahre
alt. Älter als unsere Großeltern und Urgroßeltern zusammen.
Angesichts der drastischen Abnahme der großen Raubfische werden immer kleinere Fische gefangen, die weiter
unten in der Nahrungskette stehen. Arten, die ursprünglich
als Speisefische uninteressant waren, werden inzwischen
ebenfalls ausgebeutet und in erster Linie zu Fischmehl und
Fischöl verarbeitet. Gerade dadurch wird aber den großen
Speisefischen die Nahrungsgrundlage entzogen. Eine reelle
Chance auf eine Erholung der Bestände ist kaum noch
gegeben und die verheerende Wirkung kann sich auf das
gesamte Nahrungsgefüge auswirken. Fischerei-Wissenschaftler haben für diesen Trend den Ausdruck „fishing down
the food web“ geprägt.4
© Philip Reynaers/Greenpeace
2. Meere in Seenot
Verschärft wird das Problem der Überfischung durch die
zerstörende oder unselektive Wirkung vieler Fischereimethoden. Unmengen von Jungfischen und Nichtzielfischarten werden täglich als unerwünschter „Beifang“ tot wieder
über Bord geworfen. Die Welternährungsorganisation FAO
schätzt, dass bis zu 39 Millionen Tonnen „Beifang“ allein
an Fisch jedes Jahr ungenutzt ins Meer geworfen werden.5
Hinzu kommen unzählige Schildkröten, Seevögel, Robben,
Wale und Delfine, die in Schleppnetzen, Stellnetzen und
6
2. MEERE IN SEENOT
Besonders fatal für die Lebensräume der Tiefsee ist die so
genannte Grundschleppnetzfischerei: Riesige Netze werden über den Grund des Ozeans gezogen, beschwert durch
Ketten, Scherbretter und tonnenschwere Rollen. Dabei wird
alles “untergepflügt“, was sich in die Quere stellt: Jahrtausende alte Kaltwasserkorallenriffe werden zermalmt, Tiefseeberge kahl geschoren, Sedimente verwirbelt.
Nicht nur die Ökosysteme der Meere – auch Menschenrechte und Lebensmittelsicherheit sind durch die Überfischung
ernsthaft in Gefahr geraten. Die leer gefischten Ozeane
haben bereits weltweit „Fischereikriege“ ausgelöst6 - ein Nebeneffekt, der bislang noch kaum ins öffentliche Bewusstsein gedrungen ist. Kleinstrukturierte Fischereibetriebe, die
nur für ihren Eigenbedarf produzieren, werden von größeren und technisch besser ausgestatteten Fischerei-Schiffen
im wahrsten Sinne des Wortes ausgebootet. Traditionelle
Fischgründe werden leer gefischt, Küstenfeuchtgebiete von
großen Aquakultur-Betrieben übernommen und Fischereirechte an reichere Länder, deren eigene Fischgründe bereits versiegt sind, verkauft. Viele ärmere Länder, in
denen Nahrungsmittel ohnehin knapp sind, verlieren durch
profitablere Fischexporte in reichere Länder eine wichtige
Nahrungsquelle für ihre eigene Bevölkerung.
Nicht nur die wirtschaftlichen und sozialen, auch die ökologischen Konsequenzen sind oftmals dramatisch. In Ghana stiegen die Preise für Fisch aufgrund von rückläufigen
Fangmengen. In der Folge erhöhte sich der Konsum von
„Bushmeat“, dem Fleisch wildlebender afrikanischer Säugetiere wie z.B. Menschenaffen, und führte zum lokalen
Aussterben von Wildtierarten.7 Es wurde ein direkter Zusammenhang zwischen diesem Phänomen und den Fangquoten für die Flotte der Europäischen Union (EU) nachgewiesen, die in den Gewässern vor der Küste Westafrikas
auf Fischjagd ist. Die EU-Flotte ist die größte FischereiFlotte in diesem Gebiet.
www.greenpeace.at
2.2 Piratenfischerei –
Beutezüge außer Kontrolle
Verschärft wird die ohnehin alarmierende Situation durch
so genannte Piratenfischer. Die Piraten unserer Zeit segeln
unter der Flagge von „Billigflaggenländern“ oder sind ganz
ohne Flagge, Nationalitäten-Kennzeichen und Namenszug
am Schiff unterwegs. Die häufigsten Anbieter von Billigflaggen (engl. Flags of Convenience, FOC) sind Panama, Belize, Honduras, St. Vincent & Grenadinen. Aber auch EUStaaten wie Malta und Zypern bieten Billigflaggen an. Das
Flaggen gebende Land tritt den zuständigen Fischereiabkommen nicht bei und hat somit keine Fangquote zu beachten. Es vergibt Lizenzen und stellt keine Fragen hinsichtlich
Art und Ausmaß der Fänge. Diese Länder bieten damit jeder
Fischereifirma die Möglichkeit, die internationalen Regeln
und Gesetze ihrer Heimatländer zu umgehen. Immer mehr
Fischereifirmen in Europa (vor allem Spanien), Japan oder
den USA entscheiden sich für diesen illegalen Weg.
© Dick Gillberg/Greenpeace
Langleinen qualvoll verenden. Alle sechs Meeresschildkrötenarten sind mittlerweile durch die Fischerei vom Aussterben
bedroht. Allein über 300.000 Wale, vor allem der kleineren
Zahnwalarten, ertrinken Jahr für Jahr in den Netzen der
Fischerei.
Die im Fachausdruck illegale, unregulierte und undokumentierte (IUU) Fischerei genannte Piratenfischerei umgeht
nicht nur internationale Verträge und Fangquoten, sondern
oft auch Sicherheitsstandards und soziale Mindeststandards für ihre Besatzung. Von 55.000 industriellen Fangschiffen weltweit gab es nach Greenpeace-Schätzungen
bereits im Jahr 2001 mindestens 1.300 Schiffe, die Piratenfischerei in industriellem Maßstab mit Schiffen von über
100 Bruttoregistertonnen betrieben. Diese Zahl mag klein
anmuten, doch die Piraten gehen auf die kostbarsten Arten
los. Besonders begehrt und daher gefährdet sind Tunfisch,
Meeräsche, Zackenbarsche, Seezungen, Shrimps oder der
Schwarze Seehecht.
7
2. MEERE IN SEENOT
Die Fischerei-Mafia stellt eine milliardenschwere Realität für
arme Länder dar, die sich am wenigsten gegen diesen Raub
wehren können. Weltweit entstehen durch die Piratenfischerei
in Summe jährlich 4 Milliarden US-Dollar Verluste für die ärmsten Länder der Welt.8 Die Welternährungsorganisation FAO
schätzt, dass in einigen Fischereien die illegalen Fischer über
30 Prozent der gesamten Fangmenge abschöpfen.
Regierungen setzen kaum Maßnahmen, um die Aktivitäten
der Piraten aufzuhalten oder auch nur zu überprüfen, was in
ihren eigenen Häfen angelandet wird. Die Piratenbeute wird
nicht selten gleich auf See illegal an Kühl-Frachtschiffe übergeben, absichtlich mit legalem Fang vermischt und dann in
“legitimen” Häfen wie Las Palmas (Gran Canaria) und Suva
(Fidschi) verkauft. Aber auch für Häfen in Deutschland, den
Niederlanden und Großbritannien gibt es Berichte, das
illegaler Fisch, in diesem Fall Kabeljau aus der Barentssee,
angelandet wurde. Der Barentssee Kabeljau-Bestand gilt
als der letzte einigermaßen intakte der Erde. Durch 100.000
Tonnen illegal gefangenen Fisch pro Jahr zeigt er mittlerweile erste alarmierende Zeichen von Überfischung: Es werden zu kleine Fische gefangen, die verbleibenden laichen
zu früh ab.
Österreich lag nach diesen 2003 bei 2.605 Tonnen. Davon
stammen 372 Tonnen aus Süßwasserwildfängen und 2.233
Tonnen aus der Fischzucht.11
Leider sind keine aktuellen, mit anderen EU-Ländern vergleichbaren Zahlen zum Pro-Kopf Konsum von Fisch für
Österreich erhältlich. Die letzte Statistik über den Pro-KopfKonsum von Fisch in Österreich im Vergleich zu anderen
EU-Ländern ist 2004 mit den statistischen Werten von
1999 erschienen.12 Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von
Fischereierzeugnissen war 1999 in Österreich mit 11,4 Kilo
der niedrigste im europäischen Vergleich. Der europäische
Durchschnitt lag bei 24,5 Kilo/Kopf/Jahr. Überschlagsartige
Berechnungen legen nahe, dass der Fischkonsum in Österreich von 1999 auf 2004 deutlich angestiegen ist und die
Österreicher den Deutschen heute kaum mehr in punkto
Fischkonsum nachstehen.13
2.3 Fischkonsum in Österreich
Insgesamt importierte Österreich im Jahr 2004 34.404 Tonnen rohen Fisch und Fischfilets (10.290 Tonnen wurden exportiert). Zusätzlich zu rohem Fisch importierte Österreich
im Jahr 2004 29.795 Tonnen verarbeiteten Fisch in Form
von Fischprodukten (Export: 534 Tonnen).9
Die neuesten EU weit vergleichbaren Zahlen über die Produktion von Fisch und Fischprodukten in Österreich selbst stammen aus dem Jahr 2003.10 Die Produktion (Gesamtfänge) für
www.greenpeace.at
© Greenpeace
Die Durchsetzung internationaler Bestimmungen könnte
diesen illegalen Handel beenden und damit den Küstengemeinden Nahrung und Einkommen zurückgeben. In den
vergangenen Jahren wurden zwar zahlreiche internationale
Abkommen und Maßnahmenpläne gegen die Piratenfischer
beschlossen, die Umsetzung von Kontrollen erfolgt jedoch
- selbst in der EU – nur mangelhaft. So sind die illegalen
Aktivitäten nicht zurückgegangen, sondern haben im Gegenteil noch zugenommen. Bereits eines von vier Meerestieren
auf den Tellern wurde illegal gefangen.
Bekannt ist jedoch, dass der Absatz an Tiefkühlfisch und
Tiefkühl-Meeresfrüchten in Österreich 2004 63,3 Millionen
Euro betrug (ohne Lidl und Hofer) . Das entsprach einer Steigerung von 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.14 2005
stieg der Umsatz abermals um 2,7 Prozent auf nun 65,1 Millionen Euro an (ohne Lidl und Hofer).15 Marktführer bei Tiefkühl-Fisch in Österreich ist die Marke „Iglo“ mit 61,7 Prozent
Marktanteil (Verkaufswert).16 Allein im vergangenen Jahr ist
der Umsatz von Iglo-Fisch um 5 Prozent gestiegen.17
Aktuelle Zahlen zum Fischkonsum nach Fischarten sind für
Österreich leider nicht erhältlich.
8
2. MEERE IN SEENOT
1
FAO (2004). The state of the world fisheries and aquaculture (SOFIA). Zweijährlicher Bericht. Rom, Italien: Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
der Vereinten Nationen. Zugriff: Sept. 2005 unter: http://www.fao.org/documents/show_cdr.asp?url_file=/DOCREP/007/y5600e/y5600e00.htm
2
Myers RA, Worm B (2003). Rapid worldwide depletion of predatory fish communities. Nature 423: 280_3.
3
Pauly D, Christensen V, Guénette S, Pitcher TJ, Sumaila UR, Walters CJ, Watson R, Zeller D (2002). Toward sustainability in world fisheries. Nature
418:689-95. Zugriff: Sept. 2005 unter: www.seaaroundus.org/Journal/Nature_8_Aug_2002.pdf
4
Pauly D, Christensen V, Guénette S, Pitcher TJ, Sumaila UR, Walters CJ, Watson R, Zeller D (2002). Toward sustainability in world fisheries. Nature
418:689-95. Zugriff: Sept. 2005 unter: www.seaaroundus.org/Journal/Nature_8_Aug_2002.pdf
5
FAO (1994). A global assessment of fisheries bycatch and discards. FAO Fisheries Technical Paper No. 339. Rom, Italien. Zugriff: April 2006 unter:
www.fao.org/DOCREP/003T4890E/T4890E00.htm
6
Ovetz R (2005). Fishing: The new resource war. Port Vila Presse website, 11. März 2005. Port Vila, Vanuatu: Port Vila Presse. Zugriff: Sept. 2005 unter:
www.news.vu/en/news/environment/050311-Fishing-The-New-Resource-War.shtml
7
Milius S (2005). Bushmeat on the menu: Untangling the influences of hunger, wealth, and international commerce. Science News Online 167(9): 138.
Zugriff: Sept. 2005 unter: www.sciencenews.org/articles/20050226/bob9.asp
8
Environmental Justice Foundation (Juni 2005): Pirates & Profiteers. How Pirate Fishing Fleets are Robbing People and Oceans.
http://www.ejfoundation.org/pdf/pirates_and_profiteers.pdf. Zugriff: April 2006.
9
Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften mit Sitz in Luxemburg, Datenreihe Außenhandel: EU TRADE SINCE 1995 BY CN8,
http://fd.comext.eurostat.cec.eu.int/xtweb/ Zugriff: April 2006.
10
Gilt für EU-Statistik. Es wird immer auf die Zahlen der EU-Statistik EUROSTAT Bezug genommen, um eine Vergleichbarkeit der Daten mit anderen
Ländern sicherzustellen.
11
Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften mit Sitz in Luxemburg, Datenreihe Landwirtschaft und Fischerei, „Fänge -Fanggebiete
- Insgesamt“ und „Aquakulturproduktion - Mengen (Tonnen Lebendgewicht)“ http://epp.eurostat.cec.eu.int/portal/page?_pageid=0,1136206,0_45570467
&_dad=portal&_schema=PORTAL
12
Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 2004.„Zahlen und Fakten über die GFP, Eckdaten der
Gemeinsamen Fischereipolitik, Ausgabe 2004. http://europa.eu.int/comm/fisheries/doc_et_publ/liste_publi/facts/pcp04_de.pdf Zugriff: April 2006.
13
Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften mit Sitz in Luxemburg, Datenreihe Außenhandel: EU TRADE SINCE 1995 BY CN8,
http://fd.comext.eurostat.cec.eu.int/xtweb/ Der Fischkonsum wurde dafür stark vereinfacht als Produktion plus Importe von Fisch und Fischprodukten
minus Exporte von Fisch und Fischprodukte berechnet. Statistisch ist diese Vorgehensweise nicht ganz korrekt, weil der Pro-Kopf-Verbrauch in der EU
immer anhand des Fischfangfrischgewichtes berechnet wird.
14
AC Nielsen Österreich zitiert in Cash, März 2005, TK Special.
15
AC Nielsen Österreich zitiert in Cash, März 2006, TK Special.
16
http://www.handelszeitung.at/ireds3/page.php?P=50 Zugriff: April 2006.
17
AC Nielsen Österreich zitiert in Cash, März 2006, TK Special.
www.greenpeace.at
9
3. “KATASTROPHALE”
FISCHE & MEERESFRÜCHTE
IN ÖSTERREICH
© Philip Reynaers/Greenpeace
3. “Katastrophale”
Fische & Meeresfrüchte in Österreich
Die im Folgenden aufgelisteten und in Österreichs Supermärkten angebotenen Fische werden von Greenpeace bei
einer ökologischen Bewertung als „katastrophal“ eingestuft.
Die angeführten Arten wurden nach folgenden Kriterien
bewertet:
• Zustand der Bestände
• Lebenszyklus der Art und Alter bei Erreichung der
Reproduktionsfähigkeit
• Stellung der Art in der Nahrungskette
• Effizienz des Fischerei-Managements
• Auswirkungen der eingesetzten Fangmethode(n) auf
die Meeresumwelt
Greenpeace rät vom Kauf und Verkauf dieser als „katastrophal“ bewerteten Fische und Meeresfrüchte ab. Einzelne
regionale Bestände können in einem stabileren Zustand
sein und daher gegebenenfalls besser bewertet werden.
Dazu gehören beispielsweise Lachs und Kabeljau aus dem
Pazifik.
Eine Gesamtübersicht aller von Greenpeace aktuell eingestuften Fische und Meeresfrüchte bietet der Greenpeace
Fischführer „Fisch & Facts 2006“ unter http://marktcheck.
greenpeace.at/fischfuehrer.html. Hier sind auch die Arten
ersichtlich, die von Greenpeace als „kritisch“ oder „akzeptabel“ bewertet wurden. Die im „Fisch & Facts“ angeführten
Fischarten wurden hier um eine weitere Art, den Neuseeländischen Sankt Petersfisch, ergänzt.
Dornhai
Squalus acanthias
und andere Haie
Hintergrund
Viele der weltweit mehr als 500 Haiarten sind
gefährdet. Dornhai wird auch in der Nordsee gefangen und ist als „Schillerlocke“ oder „Seeaal“ im Handel. Er wird erst mit zehn bis 20
Jahren geschlechtsreif, die Weibchen bringen
nach zwei Jahren Tragzeit bis zu 20 Junge zur
Welt.
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Bestand/ Haltung
Die Dornhaifänge in der Nordsee sind seit den 60er Jahren
um 80 Prozent gesunken und im Nordatlantik gänzlich zusammengebrochen. Haie werden weltweit schlecht gemanagt, auch die EU hat kaum Daten. Bedroht sind selbst Tiefseehaie, die oft als ungewollter Beifang sterben.
Fangmethode/Schäden
In EU-Gewässern wird mit Langleinen und Kiemennetzfischerei gefangen, es fällt bei allen Fischereigeräten und Wassertiefen Beifang an. Für Haifischflossensuppe werden nur die
Flossen abgeschnitten und die oft noch lebenden Tiere ins
Meer geworfen. Im Atlantik ist diese Praxis verboten.
Heilbutt
Hippoglossus spp. und Reinhardtius
hippoglossoides
Hintergrund
Heilbutte streifen in den Tiefen der
Nordmeere umher und sind für Plattfische relativ schlank, aber groß: Früher wurden bis zu drei Meter große
Exemplare des Weißen Heilbutts gefangen. Neuerdings wird die Art in geringen Mengen in Aquakultur gezüchtet. Den
kleineren Schwarzen Heilbutt gibt es meist
als Räucherware.
Bestand/ Haltung
Weißer Heilbutt ist extrem überfischt. Den
Beständen des Schwarzen Heilbutts geht es nur wenig besser. Wissenschaftler fordern für beide Arten einen Erholungsplan. Pazifischer Heilbutt ist selten im Handel erhältlich, er
wird gut gemanagt, die Bestände sind stabil.
Fangmethode/ Schäden
Langleinen und Schleppnetze. Als Beifang werden Rotbarsch, Grenadier, Haie und Rochen gefangen. Teilweise
besteht ein Schleppnetzverbot zum Schutz des Heilbutt, das
auch anderen Arten nützt.
Als fettreiche, langlebige Art kann Heilbutt mit Umweltgiften
belastet sein.
11
3. KATASTROPAHLE FISCHE &
MEERESFRÜCHTE
IN ÖSTERREICH
Hoki (Neuseeländischer
Langschwanz-Seehecht)
Macruronus novaezelandiae
Hintergrund
Noch vor wenigen Jahren hoffte die Fischwirtschaft, diese Tiefseeart könne als
ökologisch unbedenkliche Alternative den Kabeljau in Schlemmerfilets ersetzen. Einige Hoki-Produkte
tragen sogar das MSC-Zertifikat für
nachhaltige Fischerei.
Bestand/ Haltung
Beide neuseeländischen Hoki-Bestände
sind überfischt und bereits um 80 Prozent geschrumpft,
obwohl die Fangmenge von 250.000 Tonnen im Jahr 2001
auf nur noch 100.000 Tonnen gesenkt wurde. Trotzdem ist
einer der beiden Bestände MSC-zertifiziert. Obwohl es sich
um getrennte Bestände handelt, werden sie unter einer
Fangquote gemanagt.
Fangmethode/Schäden
In den Schleppnetzen der Hoki-Fischerei verenden auch Haie,
Robben und Seevögel, darunter geschützte Albatrosse, außerdem werden empfindliche Tiefsee-Lebensräume zerstört.
Kabeljau / Dorsch
Gadus morhua, G. macrocephalus, G. ogac
Schellfisch
Melanogrammus aeglefinus
Hintergrund
Nachdem Kabeljau in der Nordsee so stark
dezimiert wurde, dass sich das Fischen
kaum noch lohnt, stammt das Gros der
Kabeljaue heute aus der Barentssee. Diese Bestände sind wesentlich stabiler. Für
Verbraucher ist aber nicht erkennbar, aus
welchem Fanggebiet die Ware stammt. Der
Nordsee-Bestand des verwandten Schellfischs ist in gutem Zustand.
Bestand/ Haltung
Es gibt noch intakte Bestände in der Barentssee. Allerdings schätzt man, dass Piratenfischer die Fangquoten um
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30 bis 40 Prozent überschreiten. In der Nordsee ist der Kabeljau drastisch reduziert und kaum noch befischbar. Auch
in der Ostsee ist die Bestandslage schlecht; im westlichen
Teil sieht es etwas besser aus als im Osten.
Fangmethode/Schäden
Bei der Kabeljaufischerei kommen meist Grundschleppnetze
zum Einsatz, die die Bodenfauna schädigen und viel Beifang
produzieren – vor allem Jungfische werden mitgefangen. In
ebenfalls eingesetzten Stellnetzen ertrinken jedes Jahr tausende Kleinwale. Schellfisch wird mit Kabeljau gefangen,
dadurch gefährdet die Schellfisch-Fischerei die Erholung
des Nordsee-Kabeljaus.
Atlantischer Lachs
Salmo salar
Hintergrund
Die Bestände an Atlantischem Wildlachs sind
ernstlich dezimiert. Man nimmt an, dass es
dafür noch weitere Gründe neben der Überfischung gibt. Dazu zählen: Wasserverschmutzung, Veränderungen des Lebensraums
(Verbauung der Laichgewässer), Klimawandel und Entzug der Ernährungsgrundlage. Die
OSPAR-Konvention listet den Atlantischen
Lachs als bedroht und/ oder im Rückgang in
allen Gebieten in denen er vorkommt.
Der bei uns erhältliche Lachs stammt in erster
Linie aus norwegischer Aquakultur, pazifischer
Wildlachs ist weniger vertreten.
Bestand/ Haltung
Der Atlantische Lachs ist aus 309 von 2.000 traditionellen
Brutgewässern weltweit verschwunden. 90 Prozent der gesunden Populationen befinden sich in Norwegen, Irland,
Island oder Schottland.
Nur der geschützte Ostsee-Bestand des Altantischen
Lachses wächst langsam wieder.
Aquakultur ist keine Lösung des Problems. Der Antibiotikaeinsatz in Lachsfarmen konnte in den letzten Jahren zwar
durch Impfungen stark reduziert werden, Lachsfarmen bringen aber auch zahlreiche andere Probleme mit sich. Weltweit verdrängen entflohene Zuchtlachse wilde Artgenossen
und verbreiten Krankheiten. Auch verschmutzen Futterreste
und Fäkalien, ebenso wie Pestizide, das Wasser.
12
3. KATASTROPAHLE FISCHE &
MEERESFRÜCHTE
IN ÖSTERREICH
Es werden teilweise Lachse aus Öko-Aquakulturen angeboten. Bei Öko-Lachs sind die Besatzdichten niedriger, deshalb treten weniger Parasiten und Krankheiten auf.
Der Pazifische Wildlachs mit MSC-Siegel ist in gutem
Zustand.
haie, Hundshaie, Weichkorallen, große Schwämme und
Kaltwasserkorallen, deren Alter auf über 500 datiert wurde.
Rotbarsch
Sebastes marinus und Sebastes mentella
Fangmethode/Schäden
Die Lachszucht ist ähnlich wie die Schweinemast eine
„Proteinveredelung.“ In der Lachszucht ist der Einsatz von
Fischproteinen erforderlich, wodurch das Problem der Überfischung weiterhin verschärft wird. Um ein kg Lachs zu erzeugen, müssen ca. drei Kilogramm Fischmehl verfüttert
werden. Dieses wird meist aus Sardellen, Sardinen und
Sandaalen erzeugt.
Neuseeländischer Sankt Petersfisch
Pseudocyttus maculatus, Allocytus spp.
Hintergrund
Der Neuseeländische Sankt Petersfisch füllt neuerdings die Tiefkühlregale vieler Supermärkte. Es handelt
sich um eine Tiefseeart, die vor Neuseeland und Australien gefangen wird. Wie
alle Tiefseefischarten werden die Fische
erst spät geschlechtsreif und sind extrem
langlebig.
Bestand/ Haltung
Die Bestände sind schlecht gemanagt und kaum untersucht.
Vor Neuseeland werden drei verschiedene Arten gemeinsam
innerhalb einer Quote gefangen und verwaltet. Die Abgrenzung der verschiedenen Bestände von Neuseeländischem
Sankt Petersfisch sind unklar. Bei mehreren Beständen ist
der Zustand unbekannt. Einige werden noch als „reichlich“
eingestuft, andere sind stark dezimiert. Insgesamt sind jedoch alle rückläufig.
Fangmethode/Schäden
Neuseeländische Sankt Petersfische sind in punkto Fischerei besonders sensibel, weil es sich um eine langsam
wachsende, langlebige Art handelt (sie werden älter als 100
Jahre). Die praktizierte Fangmethode mit Hochsee-Grundschleppnetzen richtet extremen Schaden an: Meeresböden
werden einfach umgepflügt, die Beifangraten sind sehr hoch
und betreffen empfindliche Tiefseearten wie Schokoladen-
www.greenpeace.at
Hintergrund
Die Tiere leben bis zu 1000 Meter tief
im Nordatlantik, ihre Bestände sind
weitgehend unerforscht. Bekannt ist
aber, dass Rotbarsche bis zu 75 Jahre alt
und spät geschlechtsreif werden sowie lebende Junge gebären. Für Überfischung
sind solche Arten sehr anfällig.
Bestand/ Haltung
Alle Rotbarsch-Bestände sind stark beein- trächtigt oder ihr Zustand ist unklar. Bei einigen gibt es zu wenig
Nachwuchs – die Erholungschancen stehen schlecht. Auch
der Tiefseebestand von Sebastes mentella, von dem das
Gros der Filets in unseren Kühltheken stammt, ist offenbar
stark überfischt.
Fangmethode/Schäden
Fabrikschiffe stellen Rotbarschen mit Schleppnetzen nach,
in deren Öffnungen mehrere Fußballfelder passen würden.
Die Netze berühren den Boden nicht, es fällt wenig Beifang an. Der Fang der Tiefseeart S. mentella wird auch mit
Grundschleppnetzen durchgeführt, welche die Bodenfauna
nachhaltig schädigen.
Scholle
Pleuronectes platessus
Seezunge
Solea solea
Hintergrund
Schollen und Seezungen werden
in der Nordsee mit schweren Baumkurren – Schleppnetzen, die auf Kufen über den Boden walzen – in einer
gemischten Fischerei gefangen. Beide
Plattfische graben sich gerne im Sand ein
und werden durch vor das Netz gespannte
Ketten aufgescheucht.
13
3. KATASTROPAHLE FISCHE &
MEERESFRÜCHTE
IN ÖSTERREICH
Bestand/ Haltung
Zwar wurde der Fangdruck auf Nordsee-Schollen 2005
deutlich reduziert, dennoch bleibt er zu hoch. Bei der Fischerei auf Seezungen werden bis zu zwei Drittel der mitgefangenen Schollen wieder über Bord geworfen. Der Zustand
der Nordsee-Seezunge ist gut, aber es gibt nur schwachen
Nachwuchs.
Fangmethode/Schäden
Beim Schollenfang tritt hoher Beifang durch „Scheuchketten“
auf. Für jeden marktfähigen Plattfisch geht ein Vielfaches an
Fischen, auch Kabeljau, ungenutzt über Bord – meist tot.
In der südlichen Nordsee wird der Meeresboden in weiten
Teilen mehrmals im Jahr „umgepflügt“, was die Vielfalt der
Bodenlebewesen dort stark reduziert.
Seehecht
Merluccius spp.
Hintergrund
Der Europäische Seehecht lebt vor allem
in der Biskaya und im Mittelmeer, seltener in
der Nordsee. In Tiefkühlkost finden sich aber
meist südamerikanische Arten, da für die kollabierten europäischen Bestände „Wiederauffüllungspläne“ mit niedrigen Quoten gelten.
Der Europäische Seehecht ist mit dem oft als
Tiefkühlkost angebotenen Neuseeländischen
Langschwanz-Seehecht (Hoki) nicht näher
verwandt.
Bestand/ Haltung
Beim nördlichen Seehecht-Bestand scheint der 2004 eingeführte Erholungsplan zu greifen. Für den noch stärker
überfischten südlichen Bestand gilt ein solcher Plan erst
seit 2005. Verwandte, importierte Arten sind meist ebenfalls
überfischt.
Fangmethode/Schäden
Wie bei allen Schleppnetz-Fischereien auf bodenlebende
Arten fällt viel Beifang an. Außerdem wird auch Fang mit
Langleinen praktiziert. Diesen fallen Haie und Seevögel zum
Opfer.
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Shrimps
Kaisergranat (Scampi)
diverse Arten
Hintergrund
Pazifische Arten wie „Tiger
Prawns“ haben den Eismeergarnelen den Rang abgelaufen.
25 Prozent der weltweit verkauften
Shrimps kommen aus Farmen in
Lateinamerika und Asien. Die Bestandslage der Warm- und Kalt-,
Süß- und Salzwassergarnelen
ist sehr unterschiedlich, oft fehlen
Daten. Da viele Bestände zurückgehen,
konzentriert sich die Fischerei auf neue Arten.
Bestand/ Haltung
Es treten verheerende Umweltfolgen durch Shrimps-Aquakulturen auf: Mangrovenwälder werden gerodet, Gewässer
verseucht, Wildbestände für Besatz und Futter geplündert –
Arbeitsplätze entstehen kaum. Lokale Gemeinschaften werden hingegen ihrer Nahrungs- und Beschäftigungsgrundlage
beraubt. Die Shrimpsproduktion erfolgt auch in Öko-Aquakulturen, auch hier treten jedoch Probleme auf. Kaisergranat, der in der Umgebung der iberischen Halbinsel auftritt,
ist stark dezimiert, andere Bestände sind aber stabil.
Fangmethode/Schäden
Die Shrimp-Fischerei auf Wildbestände bringt ein großes
Beifangproblem mit sich: Pro Kilo Shrimps gehen fünf bis
zehn Kilogramm andere Meerestiere in die Netze. Nach Daten der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen
(FAO) entstehen 27 Prozent aller Beifänge weltweit in der
tropischen Shrimps-Fischerei.
Tunfisch Thunnus spp.
Bonito Katsuwonus pelamis
Schwertfisch Xiphias gladius
Hintergrund
In Japan erzielen die Sushiarten Großaugen-Tun und Roter Tun Kilopreise von bis zu 500 Dollar. Da lohnt die – von
der EU subventionierte – Käfigmast im Mittelmeer. Der
14
3. KATASTROPAHLE FISCHE &
MEERESFRÜCHTE
IN ÖSTERREICH
„Farm-Tun“ wird aber als Jungtier wild
gefangen und mit Fisch gefüttert.
Weißer Tun (Albacore), Gelbflossentun und
Bonito enden meist in Dosen. Sie werden
aus Thailand, Mauritius und Ecuador
importiert. Gelbflossentun und Bonito
haben noch einige intakte Bestände.
Die offiziellen Fangquoten werden oft überschritten, Tunfischbestände werden durch
illegale Fischerei noch weiter dezimiert.
Bestand/ Haltung
Weltweit sind die Tunfisch-Bestände ‚komplett
ausgebeutet’, manche davon gelten als ‚überfischt’. Die Fangmenge wurde in den vergangenen zehn Jahren
verdoppelt.
alle Vorkommen als ‚gefährdet’ und/oder ‚rückgängig’ eingestuft.
Schwertfische sind generell überfischt, der Nordatlantik-Bestand ist laut Roter Liste ‚gefährdet’.
Fangmethode/Schäden
Tunfische werden mit Schleppnetzen, Ringwaden- oder
Treibnetzen gefangen. Oft auch in Langleinenfischerei mit
ungefähr 40 Prozent Beifang: Unzählige Haie, Schildkröten
und Vögel fallen ihr jährlich zum Opfer. In Schleppnetzen
sterben viele Jungfische, hoher Anteil an Beifang. Aufdrucke
wie „Delfinfreundlich gefangen“ sind oft wenig aussagefähig.
Auch gefährdet der Fischfang mit Ringwaden auf Gelbflossen-Tun neben Delfinen auch zahlreiche andere Arten.
Viktoriabarsch
Lates niloticus
Sechs Arten werden bevorzugt wirtschaftlich genutzt:
Bonito/ skipjack tuna/ Katsuwonus pelamis
Im Pazifik kann für diese Art von nachhaltiger Fischerei gesprochen werden, während die Bestände im Atlantik komplett ausgebeutet sind.
Gelbflossen Tunfisch/ yellowfin tuna/ Thunnus albacares
Nur die Vorkommen im West- und Mittleren Pazifik sind nicht
überfischt. Der Bestand an atlantischem Gelbflossen Tunfisch wurde in den vergangenen zehn Jahren um 30 Prozent
reduziert.
Weißer Tunfisch/ albacore tuna / Thunnus alalunga
Auf der Roten Liste der IUCN, da nicht genügend Daten vorhanden.
Blauflossen Tunfisch/ southern bluefin tuna/ Thunnus maccoyii
Kategorie auf der Roten Liste: ‚‚Vom Aussterben bedroht’.
Auf der OSPAR-Liste für alle Vorkommen als ‚gefährdet’
und/oder ‚rückgängig’ eingestuft.
Großaugen Tunfisch/ bigeye tuna/ Thunnus obesus
Auf der Roten Liste als ‚gefährdet’ eingestuft.
Roter Tunfisch / northern bluefin tuna / Thunnus thynnus
Der atlantische Rote Tun ist stärker befischt denn je, obwohl einige Bestände auf der „Roten Liste der bedrohten
Tierarten“ der Weltnaturschutzunion (IUCN) stehen, da nicht
genügend Daten vorliegen. Auf der OSPAR-Liste ist er für
www.greenpeace.at
Hintergrund
Die Ansiedlung des bis zu zwei
Meter langen Fisches im Viktoriasee in den 60er Jahren hatte verheerende Folgen für das Ökosystem:
Von Hunderten dort vorkommenden
Buntbarscharten starben mehr als die
Hälfte aus. Die traditionelle Fischerei
vor Ort ist ausgelöscht.
Bestand/ Haltung
Eigentlich wäre es sinnvoll, den
Viktoriabarsch zu dezimieren. Doch die
Fischerei verläuft weitgehend unkontrolliert und die lokale
Bevölkerung zieht keinen Nutzen daraus, denn die teuren
Filets gehen fast vollständig in den Export. Viele soziale Probleme haben sich durch diesen Handel verschärft.
Fangmethode/Schäden
Heimische Arten werden als Köder weggefangen und sind
gefährdet. Der Transport von frischen Filets auf dem Luftweg belastet die Umwelt: Der Flug von Nairobi nach Frankfurt verbraucht etwa zwei Liter Kerosin pro Kilo Barsch.
Fisch Illustrationen © Sonia Schadwinkel/Greenpeace
15
4. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER
SUPERMÄRKTE
© Steve Morgan/Greenpeace
4. Die Fischeinkaufspolitik
österreichischer Supermärkte
Anfang Februar 2006 versandte Greenpeace einen Fragebogen an Österreichs Handelsunternehmen, der folgende
Fragen zum Thema Fisch und Meeresfrüchte enthielt:
Nachhaltige Fischeinkaufspolitik
1) Hat Ihr Unternehmen eine Firmenpolitik, die den Einkauf
von Fischprodukten und Meeresfrüchten ausschließt, die
aus nicht nachhaltiger Fischerei* stammen?
O Ja
O Ja, bei Eigenmarken
O Nein
*Fische und Meeresfrüchte mit folgender Herkunft werden
als nicht nachhaltig gefangen angesehen:
• Überfischte Bestände oder Bestände, die von der Welt
naturschutzunion (IUCN) als vom Aussterben bedroht, stark
gefährdet oder gefährdet gelistet werden oder von denen
Daten fehlen
• Illegale, unregulierte und undokumentierte Fischerei
(sog. IUU-Fischerei)
• Fischereien mit hohen Folgeschäden für die Meeresumwelt (z.B. Tiefsee-Fischerei mit Grundschleppnetzen)
• Fischereien mit hohen Beifangraten von Nichtziel-Arten
(z.B. Wale und Delfine)
2) Gibt es eine Liste mit Fischarten und/oder Fischerei-/Fischzuchtmethoden, die von ihrer Firma gemieden werden, da sie
von ihrer Firma als nicht nachhaltig eingestuft werden?
Wenn ja, welche?
O Ja
O Ja, bei Eigenmarken
O Nein
3) Gibt es eine Liste mit bevorzugt einzukaufenden Fischarten, da diese von ihrer Firma als nachhaltig angesehen
werden? Wenn ja, welche?
O Ja
O Ja, bei Eigenmarken
O Nein
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Unterstützung nachhaltiger Initiativen
4) Hat Ihr Unternehmen eine Firmenpolitik, die den Einkauf
von Fischprodukten und Meeresfrüchten mit Zertifikaten/
Siegeln bevorzugt, die beabsichtigen, nachhaltige Fischerei
zu garantieren? (z.B. MSC-Siegel, Biofisch, AIDCP oder EIILabel bei Tunfisch)
O Ja
O Ja, bei Eigenmarken
O Nein
Kennzeichnung und Bewerbung nachhaltiger Produkte
5) Wirbt ihr Unternehmen aktiv für besonders nachhaltige
Produkte? Wenn ja wie?
O Ja
O Ja, bei Eigenmarken
O Nein
6) Kann Ihr Unternehmen die komplette Handelskette für
Fischprodukte und Meeresfrüchte nachvollziehen und
können Sie somit die genaue Herkunft der bei Ihnen vertriebenen Fische und Meeresfrüchte angeben (Fanggebiet,
Bestand, Fischereimethode)?
O Ja
O Ja, bei Eigenmarken
O Nein
6) Hat Ihr Unternehmen eine Firmenpolitik, die bei Ihren
Eigenmarken die Fischkennzeichnungsverpflichtung auf
Produkte ausweitet, die aus der gesetzlichen Verpflichtung
ausgenommen sind: Dosen-, Glas- und andere verarbeitete
Fischprodukte?
O Ja
O Nein
Die im Folgenden aufgeführten Einkaufsrichtlinien und Informationen setzen sich aus den schriftlichen Antworten auf
den Fragebogen und nachfolgenden Gesprächen zusammen. Auch wurden die Webseiten aller Supermärkte auf Hinweise bezüglich ihrer Fischeinkaufsrichtlinien geprüft. Dort
vorhandene Informationen wurden berücksichtigt.
17
4. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER
SUPERMÄRKTE
4.1 ADEG Österreich AG
(ADEG, AGM, Edeka, E-Center)
Die Beantwortung des „detaillierten Fragebogens“ wurde abgelehnt.1 Es fand sich keine Referenz zum Thema Fischeinkauf auf der Webseite.2
4.2 Firmengruppe Kastner
(Kastner, Nah & Frisch)
Der Fragebogen wurde nicht beantwortet. Es fand sich keine
Referenz zum Thema Fischeinkauf auf der Webseite.3
4.3 Handelshaus Wedl
(Nah & Frisch, C+C Wedl, Wedl & Dick)
Der Fragebogen wurde nicht beantwortet. Es fand sich keine
Referenz zum Thema Fischeinkauf auf der Webseite.4
4.4 Hofer KG
Der Fragebogen wurde nicht beantwortet. Es fand sich keine
Referenz zum Thema Fischeinkauf auf der Website.5
4.5 Julius Kiennast (Nah & Frisch)
Der Fragebogen wurde nicht beantwortet. Es fand sich keine
Referenz zum Thema Fischeinkauf auf der Website.6
4.6 Lidl Austria GmbH
ab Juli bzw. August 2006 eingelistet. Es werden ab Ende August 2006 Filets vom pazifischen Wildlachs, zertifiziert vom
MSC, eingelistet. Es werden ab September 2006 Makrelen
in der Fischfeinkost eingelistet und ab Oktober 2006 MSCzertifizierte geräucherte Wildlachsfilets. Ziel ist es, langfristig
ausschließlich auf pazifische Lachsprodukte umzusteigen.
Bei den Fischkonserven werden die Lachsfilets ab August
2006 umgestellt von Atlantischen Lachs (Salmo salar) auf
pazifischen Wildlachs.
Die Hauptlieferanten von Lidl für Fisch in Österreich verpflichten sich gegenüber dem Unternehmen, keine Fische
von Schiffen zu kaufen die auf der Schwarzen Liste der
NEAFC, NAFO und des norwegischen Fischerei-Direktorates stehen. Laut Aussage von Lidl befassen sich beide Lieferanten, u. a. auf Verlangen von Lidl hin, eingehend mit dem
Thema bestanderhaltende Fischerei.9
Unterstützung nachhaltiger Initiativen
Lidl ist nach eigenen Angaben seit mehr als 13 Jahren
Mitglied beim „Earth Island Institut“ und unterstützt den
„delfinfreundlichen Fang“ von Tunfisch. Nach Angaben von
Lidl sind auch alle Lieferanten von Tunfischprodukten des
Unternehmens Mitglied beim EII. Lidl listet zahlreiche MSCProdukte von Fischarten ein, die von Greenpeace nicht als
„katastrophal“ eingestuft werden.10
Kennzeichnung und Bewerbung nachhaltiger Produkte
Bei den Tunfischeigenmarkenprodukten von Lidl wird ab
März 2007 das FAO-Fanggebiet deklariert werden.11
Lidl prüft entsprechende Schritte auch für andere Länder.
© Nina Thüllen/Greenpeace
Nachhaltige Fischeinkaufspolitik
Lidl listet ab sofort Rotbarsch aus, es werden nur mehr die
vorhandenen Restbestände abverkauft. Auch Riesengarnelen listet Lidl, beginnend ab Juli 2006, aus. Anstatt dessen
werden ab Juli 2006 zukünftig Eismeergarnelen angeboten.7
Lidl hat den Handel mit der Fischart Hai international eingestellt.7
Lidl Austria8 teilt in einem Schreiben mit, dass sie Karpfen
und Forelle einlisten werden, derzeit wird die Verfügbarkeit
dieser Fische aus österreichischer Produktion geprüft. Des
Weiteren werden mehrere MSC-Alaska-Seelachs-Produkte
www.greenpeace.at
18
4. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER
SUPERMÄRKTE
4.7 Maximarkt Handels Gesellschaft m.b.H.
Maximarkt hat gegenwärtig keine nachhaltige Fischeinkaufspolitik. Das Unternehmen hat jedoch aufgrund einer ersten
Version dieses Berichtes zugesagt, Hai- und Schwertfischprodukte mit sofortiger Wirkung aus der Listung zu streichen.
Es werden nun nur noch die Restmengen abverkauft.12,13
4.8 Metro Cash & Carry Österreich
Nachhaltige Fischeinkaufspolitik
Metro hat erste Ansätze einer Fischeinkaufspolitik: „Wir fördern und befürworten nachhaltigen Fischfang und arbeiten
zu diesem Thema in verschiedenen Projekten intensiv mit
WWF, EurepGAP und MSC zusammen.“ „Wir führen Audits
bei Lieferanten und Fischzüchtern durch, um zu verhindern,
dass wir Ware aus IUU-Fischerei erhalten.“ 14
Metro schreibt: „Da es als Handelsbetrieb unser Ziel ist, den
Bedürfnissen unserer Kunden nachzukommen, sind wir gezwungen, ein bestimmtes Sortiment anzubieten.“ Das Unternehmen gibt jedoch an: „Wir führen keine Fische von der
Roten Liste der IUCN.“ Diese Information ist jedoch leider
nicht zutreffend, weil z. B. Schwertfisch, der auf der roten Liste als „gefährdet“ verzeichnet ist, bei Metro verkauft wird.
Metro führt nach eigenen Angaben keinen Dornhai und auch
keine anderen Haiprodukte.
Metro gibt an, an einer Liste mit bevorzugt einzukaufenden
Fischarten zu arbeiten, das Projekt sei aber noch nicht abgeschlossen.
Laut Webseite führt Metro „[…] ein Frischfischsortiment mit
mehr als 40 verschiedenen Artikeln sowie ca. 300 auf Vorbestellung.“15
Metro macht keine Angaben dazu, ob die Produktkennzeichnung bei Eigenmarken über die gesetzlichen Anforderungen
hinausgeht.
4.9 MPreis Warenvertriebs GmbH
Nachhaltige Fischeinkaufspolitik
MPreis hat derzeit noch keine Fischeinkaufspolitik, zeigt
jedoch großes Interesse daran eine solche zu entwickeln.
Ein diesbezügliches Treffen mit Greenpeace wurde anvisiert. Das Unternehmen teilt in einem Schreiben mit, dass
„zukünftig verstärkt darauf geachtet [werden wird], dass die
Unterstützung nachhaltiger Initiativen
Es wird bei Metro ein MSC-Produkt angeboten und das Unternehmen gibt an, „nur delfinfreundlich gefangenen Tunfisch“ im Sortiment zu führen. Dieses wird jedoch durch keine Hinweise auf etwaige Label belegt.
www.greenpeace.at
© Greenpeace
Kennzeichnung und Bewerbung nachhaltiger Produkte
Eine aktive Werbung für besonders nachhaltige Produkte
findet nicht statt.
Die Rückverfolgbarkeit der Produkte ist bei Metro nach eigener Angabe gegeben und auch Angaben über Produktionsmethoden und Fanggebiete liegen vor. Diese Informationen
werden von Metro nach eigenen Angaben an die Kunden
weiter gegeben. Auch die Lieferanten werden den Kunden
gegenüber bekannt gegeben.
19
4. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER
SUPERMÄRKTE
Fische aus unbedenklichen Fischzuchtbetrieben kommen
oder Zertifikate wie MSC, EII nachgewiesen werden können.“ Im Bezug auf Frischfisch gibt MPreis an: „das Angebot
an unbedenklichen Frischfischen wird in Zukunft verstärkt
forciert.“
MPreis beantwortet die Frage, ob es eine Liste mit Fischarten und/oder Fischerei-/Fischzuchtmethoden gibt die gemieden werden mit „Ja“. MPREIS bekennt sich dazu, auch in
Zukunft folgende Fischarten nicht zu verkaufen:
• Schwertfisch
• Heilbutt
• Rotbarsch
• Dornhai
• Tiefseefische wie Leng, Blauleng, Granatbarsch,
altlantischer Sägebauch
• Flussaal
• Viktoriabarsch
MPreis kauft nach eigenen Angaben folgende Fischarten
bevorzugt ein:
• Frischfisch: Saibling, Pangasius, Goldbrasse
• Tunfisch: Gelbflossen Tunfisch
• Tiefkühlfische mit MSC-Siegel: Hoki, Polardosch, Lachs
„MPreis hat Kontakt zu österreichischen Bio-Aquakulturen
hergestellt; diverse Fischprodukte aus Bio-Aquakulturen wie
Garnelen werden forciert und ausgebaut.“ 16, 17
„MPreis ist bemüht das Angebot an „akzeptablen“ Frischfischen lt. Greenpeace wie Karpfen, Hering, Seelachs,
Makrelen auszuweiten.“ In Zukunft möchte MPreis „beim
Fischangebot – so weit wie möglich - den regionalen Aspekt
verstärkt berücksichtigen. Auch die von Greenpeace als „kritisch“ eingestuften Fischsorten wie Zander, Nordseegarnele,
Alaska-Seelachs werden geprüft.“
Unterstützung nachhaltiger Initiativen
MPreis führt Hoki, Polardorsch und Lachs mit MSC-Siegel.
Es werden Tunfischprodukte mit dem EII-Label angeboten.
www.greenpeace.at
© Greenpeace
MPreis verweist in Bezug auf seine Fischeinkaufspolitik auch
auf seine Lieferanten Metro, Unilever, VOG und Appel. Diese beantworten die Fragen meist ausweichend. Einige der
Lieferanten geben an, bestimmte Fischarten nur aus ausgewählten Beständen, die mit ausgewählten Methoden befischt
werden, zu kaufen. Dieses wird jedoch nicht spezifiziert.
„Wir achten bei der Auswahl der Lieferanten darauf, welche
Zertifikate unsere Fisch-Lieferanten vorweisen können. Bestehende Lieferanten machen wir ab sofort darauf aufmerksam, wenn bei gelisteten Produkten keines der von Greenpeace empfohlenen Siegel nachgewiesen werden kann.“
Kennzeichnung und Bewerbung nachhaltiger Produkte
MPreis kann derzeit nicht die komplette Handelskette für seine Fischprodukte nachvollziehen. Das Unternehmen kann
„nur zum Teil, wie bei Frischfisch, die komplette Handelskette nachvollziehen und sind dabei immer auf die Informationen und Angaben unserer Lieferanten angewiesen.“
MPreis schreibt zum Thema Bewerbung nachhaltiger Fischarten „[…] In Zukunft werden wir nachhaltige Frischfische
wie Saibling, Panagasius, Goldbrasse in diesen Werbemaßnahmen unter dem Schlagwort „Nachhaltig positive Produkte“ mit kurzer Erklärung hervorheben.16, 17
Bzgl. der Frage der über die gesetzlichen Anforderungen
hinaus gehenden Kennzeichnung von Eigenmarkenprodukten, teilt MPreis mit, dass sie keine Fischprodukte-Eigenmarken führen. Es werde jedoch „bei allen Fisch-Lieferanten ab
sofort die von Greenpeace empfohlenen […], Bezeichnung
der Fischsorte – wenn möglich mit Abbildung, Fanggebiet &
Fangmethode bzw. Angaben zur Aquakultur und Zuchtbetrieben eingefordert.“
20
4. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER
SUPERMÄRKTE
4.10 Norma GmbH & Co KG
Der Fragebogen wurde nicht beantwortet. Es fand sich keine
Referenz zum Thema Fischeinkauf auf der Webseite.18
4.11 Pfeiffer Handels GmbH
(Nah & Frisch, Unimarkt, C+C Pfeifer,
Pro Kaufland)
Der Fragebogen wurde nicht beantwortet. Es fand sich keine
Referenz zum Thema Fischeinkauf auf der Webseite.19
4.12 Rewe Austria AG
(Merkur, Billa, Pennymarkt ehem. Mondo)
Nachhaltige Fischeinkaufspolitik
Die Rewe AG20,21 sagt zu, dass Thema „Nachhaltige Fischeinkaufspolitik“ künftig in ihre Fischeinkaufspolitik einfließen zu
lassen. Dieses soll nach der folgenden Prioritätenreihung
geschehen:
„1. Berücksichtigung der “Roten Liste” bedrohter Tierarten
2. Vermeidung von populationsgefährdender Tiefseefischerei
3. Förderung von dem Vorsorgeprinzip entsprechenden Bestandsmanagements
4. Unterstützung nachhaltiger Initiativen und transparenter
Kundeninformation“
Gegenwärtig findet eine Umsetzung dieser Prinzipien jedoch
noch nicht statt, so wird der auf der Roten Liste der Bedrohten Arten der IUCN als ‚stark gefährdet’ (Nordatlantischer
Bestand) gelistete Schwertfisch verkauft. Rewe überlegt nun
welcher Beitrag geleistet werden kann, damit „in unseren Filialen keine bedrohten Fischarten mehr verkauft werden“. So
soll das Angebot an Rotbarsch reduziert bzw. eventuell ganz
aufgelassen werden. Die weitere Listung von Schwertfisch
und Heilbutt wird „kritisch hinterfragt“.
Rewe verkauft grundsätzlich keine Haiprodukte und keine
Schellfischprodukte.22
Unterstützung nachhaltiger Initiativen
Rewe weißt darauf hin, dass in den Märkten des Unternehmens MSC-Produkte angeboten werden. Es ist geplant, das
Angebot an Fischen aus nachhaltiger Bewirtschaftung künftig auszubauen.23
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Kennzeichnung und Bewerbung nachhaltiger Produkte
Sämtliche Fischprodukte der Rewe-Eigenmarke “Quality First” werden laut einem Schreiben des Unternehmens
über das gesetzlich geforderte Maß hinausgehen gekennzeichnet. So werden auch panierte Fischprodukte mit allen Informationen gekennzeichnet, die gesetzlich nur für
unverarbeitete Fischprodukte vorgeschrieben sind. Auf jedem Eigenmarkenfischprodukt wird das genaue Fanggebiet
namentlich ausgeschrieben und nicht nur codiert, je nach
Charge, wieder gegeben.
Es wird geplant, mit dem kommenden Internet-Auftritt der
Rewe-Eigenmarke von Quality First auf diese Kennzeichnung hinzuweisen.24
4.13 Spar Österreich Warenhandels AG
(Spar, Eurospar, Interspar, Spar Gourmet)
Nachhaltige Fischeinkaufspolitik
Spar gibt bei der Befragung an, teilweise eine Firmenpolitik
zu haben, die den Einkauf von Fischprodukten und Meeresfrüchten verbietet, die aus nicht nachhaltiger Fischerei stammen. Dieses wird nicht durch entsprechende weiterführende
Informationen belegt.
Das Unternehmen gibt weiters an, eine Liste von Fischarten
und/ oder Fischerei-/ Fischzuchtmethoden zu haben, die es
zu umgehen gilt. Spar verkauft nach diesen Angaben keine
Schildkrötensuppen, Haiprodukte werden „weitestgehend“ vermieden. Es gibt keine Liste bevorzugt einzukaufender Arten.
Unterstützung nachhaltiger Initiativen
Fischprodukte und Meeresfrüchte mit Zertifikaten werden
außer bei Tunfisch nicht bevorzugt eingekauft. 1994 wurde
mit dem „Earth Island Institute“ die Vereinbarung getroffen,
dass nur mehr „dolphin-safe“ gefangener Tunfisch im Sortiment geführt wird. Spar verkauft MSC-Produkte.
Kennzeichnung und Bewerbung nachhaltiger Produkte
Eine aktive Werbung für nachhaltige Fischprodukte findet
nicht statt. Spar ist nach eigener Angabe nicht in der Lage,
die komplette Handelskette für Fischprodukte und Meeresfrüchte nachzuvollziehen und kann deswegen nicht die genaue Herkunft (Fanggebiet, Bestand, Fischereimethode) der
von ihnen vertriebenen Fisch und Meeresfrüchte angeben.
Spar kennzeichnet Fischprodukt-Eigenmarken nicht über
die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehend.25,26
21
4. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER
SUPERMÄRKTE
4.14 Sutterlüty Handels GmbH
Sutterlüty tätigt seinen kompletten Fischeinkauf über die
Rewe Austria. Derzeit hat Sutterlüty keine nachhaltige
Fischeinkaufspolitik.27
Das Unternehmen zeigt sich interessiert an der Einrichtung
einer Fischeinkaufspolitik und bittet um einen diesbezüglichen Termin mit Greenpeace.28
1
Schreiben von ADEG an Greenpeace vom 16.3.2005
2
www.adeg.at geprüft am 30.3.2006
3
http://www.kastner.at geprüft am 30.3.2006
4
http://www.wedl.com geprüft am 30.3.2006
5
www.hofer.at am 30.3.2006 geprüft
6
http://www.nahundfrisch.at/ und http://www.kiennast.at/ geprüft am
30.3.2006
Schreiben von Lidl an Greenpeace vom 18.5.2006
www.lidl.at am 30.6.2006 geprüft
Schreiben von Lidl an Greenpeace vom 15.5.2006
Schreiben von Lidl an Greenpeace vom 13.3.2006
www.lidl.at am 30.6.2006 geprüft
http://www.maximarkt.at am 30.3.2006 geprüft
7
8
9
10
4.15 Zielpunkt Warenhandel GmbH & Co KG
(Zielpunkt, Plus)
Nachhaltige Fischeinkaufspolitik
Die Zielpunkt Warenhandel GmbH & Co KG gibt in Hinblick
auf ihre beiden österreichischen Vertriebsschienen Zielpunkt
und Plus an, bei seinen Fischprodukten „Aspekte der Artenauswahl und der bestandserhaltenden Fischerei unter Berücksichtigung der weltweit definierten und reglementierten
Fangquoten“ einzubeziehen. Zielpunkt setzt auf Lieferanten,
die sich „…mit der Weiterentwicklung von ökologisch verträglichen Fangmethoden zum Schutz und zur Erhaltung der
Meeresböden sowie zur Minimierung der Beifänge beschäftigen.“ Gemeinsam mit diesen werden, nach Auskunft von
Zielpunkt, aktuelle Bestandsauskünfte von Wissenschaftlern
in die Kaufentscheidung mit einbezogen.
Zielpunkt macht keine Angaben zu Arten, die gemieden werden. Das Unternehmen macht zwar keine explizite Angabe
dazu, welche die bevorzugt einzukaufenden Fischarten sind,
es wird aber darauf verwiesen, dass bei Zielpunkt und Plus
im Wesentlichen folgende Fischarten angeboten werden:
Hering, Makrele, Sardine, Lachs, Alaska-Seelachs, Kabeljau, Seehecht, Scholle, Polardorsch und Zander.29,30
11
12
13
Email von Maximarkt an Greenpeace vom 19.5.2006
14
Schreiben von Metro an MPreis vom 10.3.2006
15
www.metro.at am 30.6.2006 gesichtet
16
Schreiben von MPreis an Greenpeace vom Februar 2006,
vom 10.3.2006 und vom 11.5.2005
17
http://www.mpreis.at/ am 30.3.2006 geprüft
18
http://www.norma.at/ am 30.3.2006 geprüft
19
www.pfeiffer.at geprüft am 30.3.2006
20
Gelesen auf www.billa.at am 29.3.2006
21
www.penny.at und www.merkurmark.at geprüft am 29.3.2006
22
Email von Rewe an Greenpeace vom 17.5.2006
23
Schreiben von Rewe an Greenpeace vom Februar 2006
24
Gelesen auf www.billa.at am 29.3.2006
25
Schreiben von Spar an Greenpeace vom 27.2.2006
26
Gelesen auf www.spar.at 30.3.2006
27
Persönliches Gespräch von Greenpeace mit Jürgen Sutterlüty am 19.5.2006
28
http://www.sutterluety.at am 30.3.2006 geprüft
29
Schreiben von Zielpunkt an Greenpeace vom 14.3.2006
30
http://www.zielpunkt.at geprüft am 30.3.2006
Unterstützung nachhaltiger Initiativen
Es werden keine Angaben zum bevorzugten Einkauf von
Produkten mit Zertifikaten oder Siegeln gemacht.
Kennzeichnung und Bewerbung nachhaltiger Produkte
Bei der Beantwortung des Fragebogens werden weder Angaben zur aktiven Bewerbung nachhaltiger Produkte noch zur
Rückverfolgbarkeit der kompletten Handelskette gemacht.
Auch zum Thema Kennzeichnung der Produkte äußert sich
die Zielpunkt Warenhandel GmbH & Co KG nicht.
www.greenpeace.at
22
5. EINE BEISPIELHAFTE
EINKAUFSPOLITIK:
MARKS & SPENCER
IN GROSSBRITANNIEN
© John Novis/Greenpeace
5. Eine beispielhafte Einkaufspolitik:
Marks & Spencer – in Großbritannien
Hintergrund der Firma
Marks & Spencer (M&S) ist eines der führenden Einzelhandelsunternehmen in Großbritannien. Die Firma betreibt 399
Läden in Großbritannien, bedient 15 Millionen Kunden pro
Woche und beschäftigt 65.000 MitarbeiterInnen. Sie verfügt
auch über ein wachsendes internationales Geschäft. 2005
belief sich der Konzernumsatz in Großbritannien auf 7,8 Milliarden Pfund (ca. 11,2 Milliarden Euro).1
Einkaufspolitik für Fisch und Meeresfrüchte
1996 begann M&S seine „Politik der nachhaltigen Beschaffung von Fischereiprodukten“ (Policy on Sustainable Sourcing
of Fisheries Products) in die Praxis umzusetzen. Diese Politik
gilt für alle zum Verkauf angebotenen Wild- und ZuchtfischProdukte. Seit damals arbeitet das Unternehmen aktiv am
Einkauf von Fischen und Meeresfrüchten aus nachhaltigen
Quellen. Die Umsetzung dieser Politik erfolgt nach schriftlich
festgelegten Verfahrensregeln zur Schleppnetz- und Langleinen-Fischerei (die eine breite Bandbreite von Themen abdecken, angefangen bei Vorschriften für Netze und Leinen
bis hin zur Lagerung und zum Transport), zur Lachszucht
und zur Zucht und Fang von Warmwasser-Garnelen.2
M&S ist die einzige Supermarktkette in Großbritannien, die
für das Management der Fischbeschaffung einen qualifizierten Fischerei-Wissenschaftler beschäftigt, und auch die Einzige, die ihre eigenen Lieferantenkontrollen durchführt. Da
M&S keine Fremdmarken verkauft, fällt jedes ihrer angebotenen Meeresprodukte, von Filets über Sandwich-Füllungen
bis hin zu Pizza-Belegen, unter ihre Fischeinkaufspolitik.
Einkaufspolitik für Wildfisch
Die Einkaufspolitik von M&S schreibt vor, dass für jeden einzelnen Fisch (oder andere Meeresfrüchte) nur seriöse Produzenten als Beschaffungsquelle in Frage kommen dürfen,
die sich an die jeweils relevanten Bestimmungen halten und
die Umwelt respektieren.3 Wann immer möglich, sollten die
jeweiligen Fischereien von unabhängigen Organisationen
wie der britischen Marine Conservation Society (MSC) als
„nachhaltig wirtschaftend“ eingestuft worden sein und ihr
Management nach dem „Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei“ (Code of Conduct for Responsible Fisheries4) der FAO ausrichten.
Wildfisch darf nur solchen Beständen entnommen werden,
die einer Kontrolle durch Fischerei-Management-Systeme
unterliegen. Lieferanten müssen Referenzdaten über jede
Rohfisch-Quelle vorweisen können, einschließlich wissenschaftlicher Empfehlungen der jeweiligen Organisation, die
für den Schutz des betroffenen Bestandes zuständig ist (z.B.
ICES5-Empfehlungen für die Fischbestände im Nordostatlantik). Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass
keine Fischbestände dezimiert werden, keine Gefährdung
der Umwelt besteht und keine signifikanten Beifangmengen
auftreten.
M&S hat eine Liste von Fischarten die aus den Regalen des
Unternehmens verbannt wurden.
Kennzeichnung
www.greenpeace.at
© Cobb/Greenpeace
Die Kennzeichnungspolitik von M&S geht über die derzeit
gültigen gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus, da sich
die zur Verfügung gestellten Informationen auch auf verarbeitete Fischprodukte erstrecken. Auf der Verpackung aller
gefrorenen Produkte findet man die gängige Bezeichnung
und ein Bild der jeweiligen Fisch-, Krebs- und Weichtierart
sowie das Meeresgebiet, aus dem der Fisch oder die Meeresfrüchte stammen. Bei gekühlten Produkten wie z.B. naturbelassenen und panierten Filets geben Etikette zumeist
genauere Auskunft über Fanggebiet und Fangmethode.
24
5. EINE BEISPIELHAFTE EINKAUFSPOLITIK:
MARKS & SPENCER IN GROSSBRITANNIEN
Jeder Fisch muss bis zum Fangschiff rückverfolgbar sein,
und es muss nachweisbar sein, dass allfällige Fangquoten
nicht überschritten wurden. Fische aus undeklarierten (illegalen) Fangtätigkeiten sind verboten.
1
Marks & Spencer (2005). Marks & Spencer annual review and summary financial statement 2005. London, UK: Marks & Spencer. Accessed Sept 2005 at www.2.marksandspencer.com/thecompany/inve
storrelations/downloads/2005 Complete_Annual_review.pdf
2
Marks & Spencer (2004). Corporate social responsibility report
2003/04. London, UK: Marks & Spencer. http://www2.marksandspen
cer.com/thecompany/investorelations/downloads/2004/csr/MS_CSR_2
004.pdf Zugriff: Sept. 2005.
3
Marks & Spencer (2005). M&S policy on sustainable sourcing of fishery
products. London, UK: Marks & Spencer.
4
Verabschiedet von der FAO am 31.10.1995 http://www.fao.org/documents/show_cdr.asp?url_file=/DOCREP/005/v9878e/v9878e00.htm
5
International Council for the Exploration of the Sea, Internationaler Rat
für Meeresforschung (www.ices.dk).
6
Weitere Information zur Nachhaltigkeitspolitik von M&S im Bezug auf
Fisch ebenso wie anderer Firmen in: Greenpeace UK (Oktober 2005):
A recipe for disaster. Supermarkets’ insatible appetite for seafood.
http://www.greenpeace.org.uk/MultimediaFiles/Live/FullReport/7281.
pdf Zugriff: April 2006.
Einkaufspolitik für Zuchtfisch
Die Produktion von Zuchtfisch und Fischmehl muss mit den
jeweiligen nationalen Bestimmungen bezüglich der Umweltauswirkungen und mit den relevanten Verfahrensregeln von
M&S konform gehen. Produzenten müssen sich um eine
kontinuierliche Verbesserung der Zuchtmethoden bemühen
und ihre Verpflichtung zum Schutz ihrer lokalen Umwelt unter Beweis stellen. Fischmehl-Bestandteile aus nicht-marinen Quellen müssen aus nachhaltigen Quellen stammen
und dürfen keine gentechnisch veränderten Bestandteile
enthalten.
Überblick über die Fischeinkaufspolitik von
M&S
www.greenpeace.at
© Noel Matoff/Greenpeace
Mit seiner fast 10-jährigen Erfahrung nimmt M&S auf dem
Gebiet der Beschaffung von nachhaltigem Fisch eine Führungsposition ein. Die Firma hat sich klare Ziele gesetzt und
prägt einen offenen und ehrlichen Kommunikationsstil. Die
detailliert beschriebene Einkaufspolitik von M&S spiegelt
sich sowohl in den Produkten und Kenzeichnungspraktiken als auch in den Kunden-Informationen auf der FirmenWebseite wieder. Initiativen zur Nachhaltigkeit werden von
M&S nicht nur unterstützt, sondern auch tatkräftig gefördert
und umgesetzt. Dort, wo es noch verbesserungswürdige
Schwachstellen gibt, setzt sich M&S mit den Problemen
auseinander und ist um Lösungen bemüht. Das gilt für die
Zucht von karnivoren Fischen ebenso wie für die noch zu
leistende Motivationsarbeit, die die Kunden dazu ermuntern
soll, zu alternativen, nachhaltigeren Fischarten statt zu ihren
traditionellen Lieblingsfischen zu greifen.6
25
6. NACHHALTIGE
MEERESPRODUKTE
© Grace/Greenpeace
Der Schutz der Umwelt spielt für 79 Prozent der Verbraucher
und Händler in der EU eine wichtige Rolle beim Kauf von
Fisch & Meeresfrüchten. 86 Prozent der Konsumenten würden an der Ladentheke Fisch aus nachhaltigen Quellen bevorzugen, wenn dieser entsprechend gekennzeichnet wäre.
Zwei von fünf Kunden wären bereit, mehr Geld für Öko-Fisch
zu zahlen. Dies sind die Ergebnisse einer im Dezember
2005 von Greenpeace und dem WWF veröffentlichten Befragung.1 Sie ergab auch, dass 95 Prozent der Verbraucher
und 85 Prozent der Fischereiwirtschaft sich mehr Informationen über die Möglichkeiten wünschen, nachhaltigen Fisch
zu kaufen.
Es stellt sich also die Frage, was genau nachhaltiger Fisch
ist? Neben der bereits in Kapitel 4 angeführten Definition für
nicht-nachhaltigen Fisch gibt es die Definition der Welternährungsorganisation der UN für verantwortungsvolle
Fischerei.2
Weder von der FAO noch von der EU gibt es jedoch verbindliche Vorschriften zur Kennzeichnung von nachhaltigen
Meeresfischereiprodukten. Deshalb ist der Kunde gezwungen, sich beim Fischeinkauf eigenständig zurechtzufinden.
6.1 Fischkennzeichnung
6.1.1 Produktinformation für Kunden
Seit 1. Januar 2002 sind die Hersteller von rohen ganzen
oder filetierten Fischereiprodukten in der EU gesetzlich verpflichtet, bei der Etikettierung ihrer Produkte Angaben zu
Handelsbezeichnung, Produktionsmethode und Herkunft zu
machen.3,4 Dies gilt auch für gefrorene Filets und rohe Krebsund Weichtiere (auch ohne Panzer). Demnach müssen VerbraucherInnen über folgende Punkte informiert werden:
• Die Handelsbezeichnung eines Fisches – jeder EU-Mit
gliedstaat hat ein eigenes Verzeichnis der von ihm zugelassenen Handelsbezeichnungen angelegt
• Die Produktionsmethode des Fisches – aus Meeresfischerei, Binnenfischerei, Aquakultur oder Zucht
• Das Gebiet, in dem der Fisch gefangen wurde oder das
Land, in dem er produziert bzw. gezüchtet wurde
Diese zusätzliche Kennzeichnungspflicht stellt zweifellos
eine Verbesserung im Vergleich zu den alten Vorschriften
www.greenpeace.at
© Greenpeace
6. Nachhaltige Meeresprodukte
dar. Allerdings erhalten VerbraucherInnen damit allein kaum
ausreichend Hilfestellung, um die Nachhaltigkeit der Produkte zu beurteilen. Sie sind auf die Supermärkte angewiesen,
wenn sie weitere Informationen benötigen.
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum die neue Regelung zur Fischkennzeichnung nicht die nötige Transparenz
schafft:
• Manchmal gibt es nicht nur eine einzige Handelsbezeichnung, sondern mehrere Namen, die als Bezeichnung einer Art oder einer Reihe von Arten zugelassen
und in Gebrauch sind. Kennen die VerbraucherInnen
nicht alle verwendeten Bezeichnungen, wissen sie oft
nicht, welchen Fisch sie genau kaufen.
• So kann „Hoki“ auch als „Langschwanz-Seehecht“ oder
„Blauer Seehecht“ verkauft werden, und es kann sich
dabei um jedes beliebige Mitglied der Gattung
Macruronus handeln.
• Nur ein Profi kann wissen, dass ein „Polardorsch“ etwas
anderes ist als ein „Pazifischer Polardorsch“ oder gar
ein „Dorsch“.
• Und erst nach einigen Recherchen lässt sich klären,
dass ein „Sankt Peter(s)fisch“ nichts mit einem
„Neuseeländischen Sankt Petersfisch“ zu tun hat.
• Die Bezeichnungen, die zur Angabe des Fanggebietes
verwendet werden, sind oft sehr breit gesteckt z.B.
Nordost-Atlantik. Doch in einem so angegebenen Gebiet
können viele verschiedene Bestände einer bestimmten
Art leben. Aus diesem Grund ist es oft unmöglich, Fische
aus überfischten Beständen zu identifizieren.
• Bei Fischen, die nicht aus Zuchtteichen stammen, wird
keine Angabe über die tatsächliche Fangmethode gemacht. Deshalb hat man keine Grundlage, Fische und
Meeresfrüchte auszuwählen, die mit weniger zerstöreri
schen Methoden gefangen bzw. gesammelt wurden.
27
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
Eine weitere große Lücke besteht darin, dass die EU-Gesetzgebung sich nicht auf verpackte und verarbeitete Fische
und Krebstiere erstreckt, wenn andere Zutaten beigefügt
oder die Fische bzw. Meeresfrüchte gekocht wurden. D.h.
z.B. für Meeresfrüchte aus der Dose oder aus dem Glas,
Garnelencocktails, Fischstäbchen oder panierte Filets - ist
die Kennzeichnung des Fanggebietes und der Produktionsmethode nicht erforderlich. Bei solchen Produkten muss die
Kennzeichnung nur Auskunft über die Herkunft des Endproduktes und nicht über das Ursprungsgebiet der Rohstoffe
geben. Darüber hinaus ist bei einer weiteren Vielzahl von
verarbeiteten Meeresprodukten keine Angabe der Fischart
erforderlich: Bei Saucen, Fischstäbchen, Surimi und Co. genügt es, allgemeine Bezeichnungen wie „Fisch“ oder „Weißfisch“ in die Zutatenliste zu schreiben.
6.1.2 Produktrückverfolgbarkeit
Seit 1. Januar 2005 ist eine neue EU-Regelung in Kraft, die
die Rückverfolgbarkeit aller Lebensmittel nach dem „One
Step Up/One Step Down“ Prinzip fordert.5 Dabei handelt es
sich um eine neue allgemeine Regelung der Lebensmittelhygiene, die vorschreibt, dass alle Lebensmittel und Zutaten
möglichst rückverfolgbar und sicher sein müssen. Betriebe
müssen Aufzeichnungen führen, aus denen die Lieferanten
ihrer Rohstoffe und die gewerblichen Abnehmer, an die sie
ihre Produkte liefern, hervorgehen. Die Regelung legt nicht
fest, wie diese Aufzeichnungen zu führen sind. Sie schreibt
lediglich vor, dass diese im Fall eines Lebensmittel-Skandals leicht zugänglich sein müssen.
© Philip Reynaers/Greenpeace
Um es der europäischen fischverarbeitenden Industrie zu
ermöglichen, diese gesetzliche Anforderung zu erfüllen,
www.greenpeace.at
wurden im Rahmen eines von der EU finanzierten Projektes
mit dem Titel „Traceability of Fish Products“ (Rückverfolgbarkeit von Fischprodukten, kurz „TraceFish“) notwendige
Standards erarbeitet. Diese sollen die Aufzeichnung und
den Austausch von Informationen über die Rückverfolgbarkeit von Meeresprodukten (aus Wildfang oder aus Aquakultur) in der Lebensmittelkette regeln.6 TraceFish empfiehlt
zur Identifizierung, Codierung, Rückverfolgung und elektronischen Kommunikation der geforderten Informationen
über Fischprodukte das System der Standardisierungsgremien European Article Numbering (EAN) und Uniform Code
Council (UCC).7
Die Standards von TraceFish fordern keine perfekte Rückverfolgbarkeit, denn sie tolerieren eine zeitweise Vermischung der
Chargen. Jede Vermischung muss jedoch zu Protokoll gebracht
werden. Zwar sind diese Informationen über die Rückverfolgbarkeit derzeit für EndverbraucherInnen nicht direkt greifbar,
aber Produzenten und Händler von Meeresprodukten, die eine
nachhaltige Politik in der Fischwirtschaft umsetzen wollen, werden künftig in der Lage sein, ihre KundInnen mit ausführlicheren Informationen zu versorgen und ihnen Garantien über die
Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu geben.
6.2 Label und Gütezeichen
Beim Kauf von Lebensmitteln trifft man auf einen Wildwuchs
von Produktlabeln. Fischprodukte bilden da keine Ausnahme. Eine Untersuchung von Konsumentenverbänden aus
acht Ländern beschreibt das Problem der Konsumententäuschung durch den unkontrollierten Einsatz von Gütezeichen
als besonders gravierend bei Fischprodukten: „Produktdeklarationen, die nachhaltige oder schonende Fischerei beschreiben, sind unserer Ansicht nach missverständlich. Sie
waren [in der Untersuchung] nicht ausreichend, um den
Konsumenten eine informierte Auswahl zu ermöglichen“.8
Qualitätsbehauptungen, die nicht auf geregelten Kriterien
basieren oder zumindest durch unabhängige Kontrollinstanzen überprüft werden, sind nach Meinung der Konsumentenverbände ungültig.
Wenn es um das Thema Fisch und Ökolabel geht, ist es also
ratsam, sich genau zu erkundigen, welche Kriterien hinter
dem Label stehen und ob sie von einer unabhängigen Stelle
kontrolliert werden.
In den nächsten Abschnitten werden in Österreich gängige
Gütezeichen für Fisch erläutert.
28
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
6.2.1 „Delfinsicher“ und „delfinfreundlich“ gefangener Tunfisch
Die Definition von „delfinsicher” und „delfinfreundlich”
gefangenem Tunfisch ist zum Gegenstand intensiver internationaler Debatten geworden. Sie hat KonsumentInnen-Boykotte und Rechtsstreitigkeiten ausgelöst und war
immer wieder der Anlass für Änderungen in den nationalen
und internationalen Gesetzgebungen.
Der Tunfisch/Delfin-Disput konzentriert sich auf die Fischerei im tropischen Ostpazifik (engl. Eastern Tropical Pacific, ETP), einem Meeresgebiet, in dem Gelbflossen-Tunfischschwärme mit Delfinen vergesellschaftet sind.9 In den
1950er Jahren begannen Ringwadenfischer Delfinschulen
mit ihren Netzen einzukreisen, um die etwa 150 Meter unter ihnen schwimmenden Gelbflossentunfische zu fangen.
Diese Praxis führte zu einer extrem hohen Todesrate bei
Delfinen im tropischen Ostpazifik: Im Zeitraum zwischen
1950 und 1990 kamen über sechs Millionen Delfine ums
Leben.10 Die betroffenen Bestände haben sich davon noch
immer nicht erholt. So beträgt die Population der Östlichen
Spinnerdelfine 35 Prozent ihrer ursprünglichen Größe und
die der Nordöstlichen Fleckendelfine etwa 20 Prozent. Seitdem wurden zwei Schutzprogramme zur Verringerung der
Delfintötungen ausgearbeitet.
© Robin Culley/Greenpeace
AIDCP - Delfinsicherer Tunfisch nach der Inter-American
Tropical Tuna Commission
Die 1950 gegründete „Inter-American Tropical Tuna Commission“ (IATTC) ist für den Erhalt und das Management der
Fischereien von Tunfischen und anderen Arten, die im ETP
von Tunfischjägern gefangen werden, verantwortlich.11 Eine
www.greenpeace.at
Reihe im Ostpazifik fischender Nationen hat unter der Federführung der IATTC ein gesetzlich verbindliches Abkommen
über ein Internationales Delfinschutz-Programm (Agreement
on the International Dolphin Conservation Program - AIDCP)
entwickelt.12 Dieses Abkommen wird von Umwelt- und Meeresschutz-Organisationen wie Greenpeace International und
dem WWF unterstützt.
Die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich u.a., die
tödlichen Delfinbeifänge beim Tunfischfang mit Ringwaden
im ETP schrittweise auf Null zu reduzieren, sowie Beifänge
und Rückwürfe von jungen Tunfischen und Nichtzielarten zu
minimieren.
Mit der Einführung des AIDCP-Delfinschutz-Zertifizierungssystems im Jahr 2001 sollen nun Fischer dazu ermutigt werden, die Zahl der getöteten Delfine auf Null zu reduzieren.
Das „Delfinsicher“-Etikett des AIDCP-Delfinschutz-Zertifizierungssystems ist derzeit jedoch auf EU-Ebene noch nicht
umgesetzt.13
EII - Delfinsicherer Tunfisch nach dem Earth Island Institute
Das amerikanische „Earth Island Institute“ (EII) hat ein eigenes Delfinschutz-Label entwickelt. Als Teil dieses Programms
rief das EII das „Internationale Tunfisch- Kontrollprogramm“
(Dolphin Safe International Monitoring Programme – DSIMP)
ins Leben, das größte private Lebensmittel-Kontrollsystem der
Welt. Tunfisch, der mit dem Delfinschutz-Zeichen des EII gekennzeichnet ist, muss u. a. folgende Anforderungen erfüllen:
• kein absichtliches Jagen, Umkreisen oder Einfangen von
Delfinen während der gesamten Tunfisch-Fangtour
• kein versehentliches Töten oder ernstes Verletzen von
Delfinen während des Auswerfens der Netze.
Außerhalb des ETP überwacht das EII Fischerei-Schiffe; Zugang zu Beobachtungsprogrammen wird dem EII jedoch außerhalb des ETP nur auf einer Fall-Zu-Fall-Basis gewährt.14
Darüber hinaus verpflichten sich Unternehmen, die delfinsicheren Tunfisch erzeugen oder verarbeiten:
• Verletzungen und Tötungen von Meeressäugern und
anderen Nichtzielarten zu vermeiden;
• ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, um Beifänge zu reduzieren, indem sie Netze oder Langleinen, in
die anerkannte Methoden zur Beifangreduktion eingearbeitet wurden, verwenden und Nichtzielarten unverzüglich und unversehrt wieder aussetzen.
29
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
Ist „delfinsicher“ gefangener Tunfisch wirklich nachhaltig?
Mit Hilfe des AIDCP-Abkommens konnte durch eine Veränderung der Fischerei-Techniken die Zahl der Delfintötungen
durch die Ringwadenfischerei im ETP drastisch reduziert
werden – von etwa 132.000 im Jahr 1986 auf weniger als
1.500 im Jahr 2003 (dies entspricht ca. 0,02 Prozent der
Delfinpopulation im ETP).15
Es kommen jedoch noch immer Delfine ums Leben, wenn
Ringwadennetze um Delfinschschulen herumgezogen werden, um Tunfische zu fangen. In ihrer jüngsten Entwicklung
garantiert die „Delfinsicher“-Kennzeichnung nach dem
AIDCP-Standard, dass der Tunfisch aus einer Fischerei
stammt, die Teil eines rechtlich verbindlichen Förderprogramms für die kontinuierliche Verbesserung der nachhaltigsten Fischereipraktiken im ETP ist, und dass bei seinem
Fang keine Delfine in den Netzen umgekommen sind. Diese Etikettierung garantiert jedoch weder, dass keine Delfine
traumatisiert oder verletzt worden sind, noch, dass keine
Delfine später an den Folgen ihres Traumas oder an ihren
Verletzungen gestorben sind.
Innerhalb des ETP stellt das Kontrollprogramm des EII sicher, dass VerbraucherInnen mit Tunfischprodukten versorgt
werden, bei deren Fang keine Delfine gejagt oder getötet
wurden. Dennoch treten beim Tunfischfang im tropischen
Ostpazifik oft hohe Beifangraten an anderen Tierarten auf.
Durch den Verlust dieser Tiere wurde der Unterwasserwelt
dieser Region bereits erheblicher Schaden zugefügt. Wieder
sind die Delfine Opfer, da sich in einem geschwächten Ökosystem höchstens kleine Populationen durchsetzen können.
Außerhalb des ETP kann das EII lediglich die Rückverfolg-
barkeit vom Fischereischiff bis zum Geschäft gewährleisten.
Da sich die Zahl der Beobachter an Bord der Tunfisch-Fangschiffe jedoch sehr stark in Grenzen hält, kann es keine Garantie dafür geben, dass im Zuge der Fischerei keine Delfine
verletzt oder getötet wurden.
Zusammengefasst bedeutet das, dass es keine vollständige
Lösung des Problems gibt: Werden Netze zum Tunfischfang
auf Delfine gesetzt, so werden dabei Delfine gefährdet (nach
wie vor besteht die Gefahr von Stress und/ oder Verletzung,
mit möglicher Todesfolge). Dafür ist aber der Beifang an anderen Meerestierarten bei dieser Technik der Ringwadenfischerei verhältnismäßig gering.
Werden die Netze hingegen direkt auf Tunfischschwärme
gesetzt, so kommt es zu sehr hohen Beifangraten: Mit diesen Techniken werden 10 bis 1000 Mal mehr Nichtzielarten
gefangen, vor allem junge Tunfische, die so genannten Billfish16 (wie z.B. Marline und Schwertfische), Haie und Schildkröten und mitunter sogar Delfine.
Für endgültige Verwirrung sorgt, dass weder das Wort
„delfinfreundlich“ noch „delfinsicher“ gegenwärtig in der EU
definiert ist. Solange das „delfinsicher“-Etikett des AIDCPDelfinschutz-Zertifizierungssystems in der EU noch nicht
umgesetzt ist, ist das EII-Label also das Einzige Label mit
einer wirklichen Aussage. Zu beachten ist aber: Weder das
Problem der dezimierten Tunfischbestände selbst, noch der
hohe Beifang anderer Arten außer Delfinen ist beim EII-Label gelöst. Und auch in Bezug auf Delfine selbst verliert das
EII-Zeichen seine Aussagefähigkeit, sobald der Fisch außerhalb des Tropischen Ostpazifik gefangen wurde. Woher
ein Fisch aber stammt, ist aufgrund der lückenhaften Kennzeichnungsvorschriften für Dosenprodukte nicht nachvollziehbar.
© Dorreboom/Greenpeace
Bei allen anderen Labeln und Gütesiegeln außer dem EIILabel ist eine Aussagefähigkeit in der EU gegenwärtig nicht
gegeben.
www.greenpeace.at
6.2.2 Der „Marine Stewardship Council“ (MSC)
Um Kaufentscheidungen für Konsumenten zu erleichtern,
wäre es gut, ein glaubwürdiges Zertifikat zu haben, das nur
für Fischprodukte gilt, die nach klaren Umwelt- und Sozialkriterien gefangen wurden. 1997 gründeten Unilever (einer
der weltweit größten Verarbeiter von Fisch) und der WWF
30
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
eine Initiative für eine verantwortungsvolle Fischerei: den
„Marine Stewardship Council“ (MSC).17 Der MSC ist inzwischen eine unabhängige, internationale Non-Profit-Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, durch einen handelsbasierten Ansatz die Fischerei-Management-Praktiken
zu verbessern und Kunden mit der “ökologisch besten Wahl
bei Fischen und Meeresfrüchten“ („The best environmental
choice in seafood“) zu versorgen.
Die MSC-Prinzipien für nachhaltige Fischerei sind folgende:
• Prinzip 1: Der Zustand der Fischbestände
Hier wird ermittelt, ob ausreichend Fisch für eine nachhaltige Fischerei vorhanden ist.
• Prinzip 2: Die Auswirkungen der Fischerei auf die
marine Umwelt
Hier wird untersucht, wie sich das Fischen auf die
unmittelbare maritime Umgebung, andere Fischarten,
Meeressäugetiere und Seevögel auswirkt.
Die Bewertung einer Fischerei wird durch unabhängige, vom
MSC zur Bewertung von Fischereien autorisierte Organisationen durchgeführt. 2000 wurde als erste Fischerei die
Westaustralische Steinhummer-Fischerei nach den MSCStandards zertifiziert. Inzwischen gibt es über 100 Produkte
aus 12 Fischereien weltweit, die das MSC-Logo tragen, darunter die weltgrößte Fischerei auf Alaska-Seelachs im Golf
von Alaska.
Kritikpunkte von Umweltorganisationen
Während Produzenten und Einzelhändler beträchtliches
Interesse daran zeigen, das Label zu unterstützen, hat der
MSC noch nicht bei allen Umweltorganisationen Glaubwürdigkeit erlangt. Die wichtigsten Vorbehalte beziehen sich
auf die Transparenz und die Steuerung des MSC, sowie die
Konsistenz und die Qualität der Fischerei-Zertifizierungen.
Im Bezug auf die Steuerung wäre eine demokratischere
Struktur des MSC, in der Interessensvertreter besser repräsentiert sind, von Nöten. Auch wäre es entscheidend, dass
der MSC sich mehr auf Eingaben und Kritikpunkte von Umweltorganisationen einlässt. Am Zertifizierungsprogramm
www.greenpeace.at
© Philip Reynaers/Greenpeace
• Prinzip 3: Die Managementsysteme der Fischerei
Hier wird bewertet, ob die implementierten Regeln und
Verfahren sowie die Art ihrer Implementierung eine
nachhaltige Fischerei und eine minimale Beeinträchtigung der marinen Umwelt gewährleisten.
wird kritisiert, dass es nicht durch Größe, Ausmaß, Art, Lage
oder Intensität einer Fischerei beschränkt ist.
Der wichtigste Kritikpunkt an der MSC-Zertifizierung ist jedoch, dass sie zu früh im Prozess vergeben wird. Die Zertifizierung wird an Fischereien vergeben, die einem ersten Set
von Standards gerecht werden und die einen Aktionsplan
verabschieden, um die Fischerei in der Zukunft zu verbessern. Damit wird das Vorsorgeprinzip nicht als Kerngedanke
der ökologischen Fischerei anerkannt. Der MSC argumentiert,
dass die Zertifizierung dazu führt, dass eine Fischerei nachhaltiger wird. Das Siegel soll jedoch sogar für Fisch aus bereits
überfischten Beständen vergeben werden, wenn nur ein Erholungsprogramm für den betreffenden Fischbestand existiert.
31
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
Viele Umwelt-Organisationen bleiben skeptisch: Von den
12 Fischereien, die bis heute eine MSC-Zertifizierung erhalten haben, werden insbesondere die Hoki-Fischerei vor
Neuseeland, die Alaska-Seelachs-Fischerei und die Südgeorgien-Fischerei auf Schwarzen Seehecht deutlich von
Nicht-Regierungs-Organisationen verurteilt. So werden an
der Zertifizierung des auch in Österreich verkauften Hoki
insbesondere folgende Punkte kritisiert:
• Der Beifang an Robben, Albatrossen, Sturmvögeln und
Haien, darunter eine Reihe bedrohter Arten
• Das Management zweier verschiedener Fischbestände
unter einer Quote
• Der Niedergang des westlichen Bestandes
• Das Fehlen eines Managementplanes
• Der Schaden, der den Lebensräumen am Meereboden
durch die Grundschleppnetzfischerei zugefügt wird.
© Grace/Greenpeace
Der MSC geht derzeit durch einen Revisionsprozess im
Bezug auf seine Steuerung und Transparenz, sowie die
Qualität und Konsistenz seiner Zertifizierungen. Auch die
ökologische Performance, die finanzielle Stabilität und das
potentielle Wachstum werden dabei überprüft.18 Die zukünftige Ausrichtung des MSC ist wichtig für die, die nachhaltige
Fischereipraktiken fördern. Während eine Reihe von Umweltorganisationen, wie auch Greenpeace, die MSC-Zertifizierung bislang nicht unterstützen, arbeitet sie mit dem
MSC bei seiner Reform zusammen. Dieses geschieht in der
Hoffnung, ein stärkeres, breiter akzeptiertes Gütesiegel für
nachhaltige Meeresprodukte zu schaffen. Es soll Konsumenten ermöglichen, sich für tatsächlich nachhaltig produzierten
Fisch zu entscheiden.
www.greenpeace.at
6.2.3 Wildgefangener „Bio“-Meeresfisch
In einigen Biogeschäften werden Meeresfisch-Produkte angeboten. Teilweise sind sie als ‚Bio’-Produkt ausgezeichnet,
teilweise wird darauf hingewiesen, die Zutaten seien aus
‚kontrolliert biologischem Anbau’, teilweise wird der Begriff
gar nicht erwähnt.
Fest steht: Bio-Meeresfisch aus Wildfang gibt es nicht.
In Fachmedien wird dies immer wieder betont: „Bio-Wildfisch
gibt‘s nicht! ‚Bio’ bezieht sich auf eine vom Menschen gesteuerte Produktion im geschlossenen Nährstoffkreislauf. Wildprodukte z.B. aus Fischfang sind nicht bio-zertifizierbar. Die Kundschaft weiß das kaum, clevere Anbieter nützen es aus.“ 19
Ein anderes Fachmedium betont zwar, bei Naturkostherstellern kämen Wildfisch wie Makrele, Sardine und Hering „nur
in die Dose oder ins Glas, wenn bestimmte selbst auferlegte Bedingungen erfüllt sind. Verschmutzte und überfischte
Gewässer sind laut Hersteller tabu. Empfohlene Fangquoten würden eingehalten, rüde Fangmethoden vermieden. Je
nach Anbieter würden die Fänge auch auf Rückstände kontrolliert.“ 20 Es bleibt jedoch die Frage, wer hier was genau
kontrolliert. Und: Wenn es ausreicht „empfohlene Fangquoten“ einzuhalten, um Teil eines Bioproduktes zu sein, nach
welchen Fangquoten sollen dann konventionelle Produkte
gefischt sein?
Durch den Verkauf von Wildfischprodukten in Bioländen
kann beim Konsumenten aber die irrige Annahme entstehen,
es handle sich dabei um echten Biofisch. Die deutsche „Fontaine Nahrungsmittel GmbH“21 bietet z.B. eine breite Palette
an Tunfisch-Produkten an, bedruckt mit dem Hinweis „Bester
Atlantik Wildfisch“. Die atlantischen Tunfischbestände sind
bereits seit langem überfischt. Nachfragen beim Hersteller
ergeben, dass nur Fisch eingekauft werde, der den Kriterien des „Earth Island Institutes“ entspreche. Diese beziehen
sich jedoch nur auf den Beifang von Delfinen. Nicht jedoch
auf anderen Beifang (Haie, Schildkröten, Meeresvögel) oder
gar auf die Tunfischbestände selbst (Infos dazu auch in Kapitel 6.2.1).
Zusätzlich sind auch eklatante Fehldeklarationen an der Tagesordnung. Die EU-Bioverordnung VO (EWG) 2092/91 führt
im Anhang VI/C erlaubte konventionelle landwirtschaftliche
Zutaten an, die nicht ökologisch erzeugt wurden. Darunter
32
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
sind auch nicht aus Aquakultur stammende „Wassertiere“
genannt, die für die Herstellung verwendet werden dürfen.
Nur Erzeugnisse, die erlaubte konventionelle Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs bis zu maximal 30 Prozent enthalten, dürfen unter speziellen Vorgaben als Bio-Produkte
vermarktet oder beworben werden (Wasser und Salz gelten
nicht als landwirtschaftliche Zutaten). Alle anderen Produkte dürfen keine Bio-Hinweise tragen oder als “Bio-Produkte”
beworben werden - dies würde eine Täuschung für den Konsumenten darstellen und ist strafbar.
Deshalb darf beispielsweise ein Produkt, das 75 Prozent
konventionell gefangenen Fisch enthält und zu weniger als
25 Prozent landwirtschaftliche Zutaten aus biologischem
Anbau beinhaltet, nach EU-Recht keine Kennzeichnung
einzelner Zutaten als „aus kontrolliert biologischem Anbau“
enthalten. Dieses ist erst ab einem Bio-Anteil landwirtschaftlicher Zutaten von 70 Prozent erlaubt. Hier muss dann genau angegeben werden, wie viel Prozent Bio-Anteil landwirtschaftlicher Zutaten und wie viel Prozent konventioneller
Anteil landwirtschaftlicher Zutaten in dem Produkt stecken.
Erst ab einem Anteil landwirtschaftlicher Bio-Zutaten von 95
Prozent darf ein Produkt voll und ganz als Bio-Produkt bezeichnet werden. Es kommen keine weiteren Deklarationsvorschriften zum Tragen.
Dass die Firma Fontaine Produkte wie Sardinen, Tunfisch,
Makrelen und Heringe anbietet, bei denen auf der Vorderseite groß zu lesen ist „*aus kontrolliert biologischem Anbau“
- womit das Öl, in das der Fisch eingelegt ist oder die Panade, die den Fisch umgibt, gemeint ist - entspricht klarerweise
nicht den EU-Vorschriften.
kutieren. Ein erster Schritt in die richtige Richtung. Bio-Kriterien für wildgefangenen Fisch wird es jedoch wahrscheinlich
niemals geben.
6.3 Aquakultur
Über ein Viertel der globalen Fischerei-Erträge stammt heute schon aus Käfigen und Teichen. Die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) erwartet, dass im
Jahre 2030 mehr als die Hälfte aller Speisefische aus Zuchtanlagen kommen. Mittlerweile gibt es Süß- und Salzwasserfische, Schalentiere, Muscheln und auch Algen aus Aquakultur. In der marinen Aquakultur werden Salzwasserarten in
landbasierten Teichen und Tanks gezüchtet, in Käfigen oder
Netzen im Meer oder an anderen Strukturen sowie Seilen
für Muscheln.
Aquakultur wird von Industrie und Politik gerne als die Lösung der Fischereikrise dargestellt. Für Einzelhändler ist sie
wegen des stetigen, billigen Warenflusses interessant. Leider verschärfen die meisten Formen von Aquakultur jedoch
das Problem der Überfischung. Mit Ausnahme weniger herbivorer (pflanzenfressender) Fischarten ist nämlich die Bereitstellung von proteinhaltigem Futter für die Aufzucht der
Fische und Krustentiere erforderlich.
6.3.1 Lachszucht
In der Lachszucht werden riesige Mengen an Fischen in
beengten, voneinander abgeteilten schwimmenden Netzgehegen gehalten. Eine typische Lachsfarm kann bis zu
www.greenpeace.at
© Reeve/Greenpeace
Ein anderer Fall sind die Bio-Lachs-Produkte, die Fontaine
in Form von Konserven oder gekühlt anbietet. Dass diese
Fische aus (Bio-)Aquakultur stammen, ist aufgrund der Pakkungsaufschrift jedoch bestenfalls zu erraten (weitere Informationen zur Bio-Aquakultur in Kapitel 6.3.4).
Weil die Bezeichnung Bio-Fisch bei Wildfängen für Konsumenten irreführend ist, solange dafür keine Standards definiert wurden, untersagte Kalifornien 2005 die Verwendung
dieses Begriffs, bis dafür Kriterien definiert werden. Unter
anderem deshalb, weil wild gefangener Fisch hohe Belastungen mit Quecksilber oder chlorierten chemischen Verbindungen aufweisen kann.22 Die EU hat sich 2005 dazu
durchgerungen, über Kriterien für Ökolabel bei Fisch zu dis-
33
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
Wie bei allen Formen von Massentierhaltung, bei der eine
große Anzahl von Tieren auf verhältnismäßig engem Raum
gehalten wird, breiten sich auch in der Lachszucht sehr leicht
Krankheiten aus. Es ist üblich, regelmäßig Antibiotika in das
Futter von Zuchtlachsen zu mischen. Das führt letztlich zu
Antibiotika-resistenten Bakterien im Boden unter den Netzgehegen. Diese Bakterien stellen wiederum für die menschlichen Konsumenten und das an die Zuchtanlagen angrenzende Ökosystem ein Risiko dar. Normalerweise befinden
sich die Fischfarmen in der Nähe schnell fließender Gewässer an Flussmündungen und abgeschlossenen Buchten; dadurch werden giftige Fäkalien, nicht gefressene Fischmehlpellets, Fischläuse, tote Fische, entwichene nichtheimische
Fischarten sowie chemische und antibiotische Rückstände
im gesamten Ökosystem des Mündungsgebiets verteilt.
Eine typische Lachsfarm mit 200.000 Fischen produziert
etwa die gleiche Fäkalienmenge wie eine Stadt mit 62.000
Einwohnern. Die Freisetzung dieses Giftcocktails aus den
Lachsfarmen in die umliegenden Gewässer bedroht kleinere,
heimische Lachsarten sowie die Raubfische, die von ihnen
leben. Fraglich ist auch die Zukunft von Kommunen, die in
der Nachbarschaft von Fischfarmen nachhaltigen Fischfang
praktizieren wollen und auf saubere und gesunde Ozeane
angewiesen sind.
6.3.2 Tunfischzucht
Eine neue industrielle Technik hat sich zu einer weiteren Bedrohung des ohnehin massiv gefährdeten Mittelmeer-Tunfisches
entwickelt: Der Fang, der Transport und die Mast von Tunfischen in Käfigen. In den letzten Jahren hat sich die Mittelmeerküste rasant in einen Tunfisch-Mastbetrieb verwandelt.
Für die Käfigmast müssen zahllose juvenile Tunfische aus
Wildbeständen entnommen werden. Für die Internationale
Kommission zur Erhaltung der Tunfisch-Bestände im Atlantik (ICCAT) haben sich dadurch die Management-Probleme
www.greenpeace.at
© Greenpeace
einem Dutzend Netzgehege haben, die jeweils mit bis zu
15.000 Fischen besetzt sind. Um ein Kilogramm Lachs zu
erzeugen, müssen drei Kilogramm Fettfisch - z.B. Hering,
Sandaal, Sardine oder Makrele - verfüttert werden. Schwertwale, Delfine, Seehunde und Seelöwen - einst häufig in den
Buchten und Mündungen ihrer angestammten Territorien in
Britisch-Kolumbien, Kanada und Chile - werden heutzutage von den Lachsfarmern erschossen, mit Fallen gefangen,
ausgehungert oder verscheucht.
noch verschlimmert. Es ist zurzeit unbekannt, wie hoch die
Zahlen für im Mittelmeer gefangenen Blauflossen-Tunfisch
genau sind. Dass die Fangzahlen weit über der zulässigen
Gesamtfangmenge liegen, gilt jedoch als sicher. Industrielle
Fangschiffe mit Ringwaden und Schleppnetzen durchkämmen das gesamte Gebiet auf der Suche nach Tunfisch. Unterstützt werden sie dabei von Flugzeugen und Hubschraubern,
die die letzten Tunfisch-Schwärme zielgenau aufspüren.
Tunfisch-Farmen sind äußerst gewinnbringend und zielen
auf den japanischen Markt ab. Statt die Fangaktivitäten
zu reduzieren und so zur Erholung der Tunfisch-Bestände
beizutragen, haben schnelle Profite der Tunfisch-Fischerei
noch mehr Geld eingebracht. Damit werden neue und noch
größere Fangschiffe, Lagerhallen und sogar Flughäfen für
den Tunfisch-Export finanziert. Die Regierungen haben diese Projekte immer großzügig unterstützt: Seit 1997 hat die
Europäische Union Subventionen in Höhe von etwa 28,5
Millionen Euro gezahlt; hinzukommen Großinvestitionen aus
Japan und Australien.
Für die Fütterung der in Käfigen gehaltenen Tunfische sind
beträchtliche Mengen an Proteinen erforderlich. Auf ein Kilogramm Tunfisch kommen dabei bis zu 20 Kilogramm Futterfisch. Schätzungsweise 225.000 Tonnen Futterfisch werden
jährlich im Mittelmeer verteilt. Der meiste, dafür verwendete
Fisch stammt aus Westafrika, dem Nordatlantik und Amerika. Doch das Abfischen von Fischarten wie Sandaal, Anchovis und Sardinen als Fischfutter reduziert nicht nur deren
Bestände, sondern wirkt sich auch negativ auf die Bestän-
34
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
de von Arten wie Kabeljau, Robben und Seevögeln aus, die
sich von diesen Fischarten ernähren.
6.3.3 Shrimpszucht
In den letzten Jahrzehnten wurden für die Anlage von
Shrimps-Aquakulturen rücksichtslos tropische Küstenlandschaften zerstört. Besonders betroffen sind dabei Mangrovenwälder - Gezeitenwälder im Bereich zwischen Ebbe und
Flut. Sie werden mit Bulldozern niedergewalzt, um Platz für
Shrimpsfarmen zu schaffen. Mangroven sind die Urwälder
der Küsten und dienen unzähligen Arten als Lebensraum.
Sie sind nicht nur ein wichtiger Küstenschutz gegen Stürme und Flutwellen, sondern auch Fortpflanzungsgebiet und
Kinderstube für viele Fischarten, Schalentiere und andere
wildlebende Tiere. Die Shrimps-Industrie vernichtet diese
Artenvielfalt und verwandelt fruchtbare Küsten in vergiftete Wüstenlandschaften. Auf den Mangrovenkahlschlag folgt
die Erosion der Küsten.
Die in der Zucht verwendeten Shrimpslarven werden meist
im Meer gefangen. Dabei werden für eine gefangene
Shrimpslarve 40 bis 50 Larven anderer Meerestiere gezielt
mit Gift getötet. Mit dem Verschwinden der Feuchtgebiete
gehen deshalb auch die Fischfänge zurück. Darüber hinaus haben auch Shrimps einen unersättlichen Appetit: Um
ein Kilogramm Shrimps zu züchten, werden etwa vier Kilogramm Fischmehl benötigt.
© Clive Shirley/Greenpeace
Um Krankheiten zu verhindern, werden die Shrimps mit diversen Medikamenten behandelt. Auch in Österreich konnten Rückstände von Antibiotika in Zuchtshrimpsprodukten
nachgewiesen werden – beispielsweise im Jahr 2001 durch
www.greenpeace.at
Greenpeace-Untersuchungen. Doch damit nicht genug: Die
Teiche werden ebenfalls mit hochgiftigen Pestiziden wie Malathion, Parathion und Paraquat gespritzt.
Das belastete Wasser aus den Becken wird gewöhnlich in
die Landschaft und in die umliegenden Gewässer entleert,
wo es Menschen und Tiere schädigt. Gemeinsam mit den
nun aufgrund der Zerstörung der Mangroven ungebremst
durch die Flüsse herantransportierten Sedimenten richten
die Abwässer Korallenriffe und Seegraswiesen zugrunde.
Shrimpsfarmen werden nach nur drei bis fünf Jahren aufgegeben. Zurück bleibt eine verwüstete Landschaft, die einst
ein fruchtbares Küstenökosystem war.
Anfang der 70er Jahre gab es weltweit noch rund 160.000
Quadratkilometer Mangrovenwälder. Diese Fläche ist mittlerweile auf etwa die Hälfte zusammengeschrumpft. Der wesentliche Grund dafür: Die wuchernde Shrimpszucht-Industrie.
6.3.4 Bio-Aquakultur
Das Ziel von Öko-Aquakulturen ist eine umweltfreundliche
und artgerechte Fischzucht. Noch gibt es keine einheitlichen EU-Richtlinien zur ökologischen Fischzucht, deshalb
folgen viele Betriebe den Richtlinien anerkannter Bioverbände. Doch einige Länder haben nationale BioaquakulturStandards entwickelt z.B. Österreich, Frankreich und Dänemark.
In Österreich ist die „ARGE Biofisch“ eine Initiative österreichischer Teichwirte, die Fische nach den Richtlinien von
Bio-Austria züchtet.23 Erhältlich sind Karpfen, Forelle, Saibling, Rotauge, Wels, Hecht und Schleie. Weiters ist in Österreich auch Bio-Fisch erhältlich, der nach den Richtlinien anderer europäischer Verbände (Naturland, Soil-Association,
AB–Frankreich etc.) gezüchtet wurde z.B. Lachs und Dorade (Wolfsbarsch).
Die Besatzdichten sind in der Ökoaquakultur wesentlich
geringer als in der konventionellen Aquakultur. Es werden
möglichst heimische Arten gehalten. Als Umgebung während der Aufzucht werden in Österreich nur naturnahe Erdteiche akzeptiert, wogegen im Ausland auch Plastikteiche
oder Plastikbecken eingesetzt werden.
Das Futter soll aus Öko-Landbau stammen. Je nach Fischart ist es aber erforderlich, als Futter u. a. Fischmehl einzusetzen. Die Richtlinien einiger Bioverbände sehen vor, dass
35
6. NACHHALTIGE MEERESPRODUKTE
dieses aus Resten der Fischverarbeitung stammen muss.
Andere betrachten eine Fischmehlproduktion aus extra dafür gefangenen Fischen als mit den Grundprinzipien des
Biolandbaues vereinbar. Gentechnik und vorbeugende Medikamentengaben sind dagegen tabu.
Aber auch bei der Bio-Aquakultur gibt es in der Praxis
noch Probleme. So ist es schwierig, optimales Futter für
Forellen und Lachse zu produzieren. Shrimps-Zuchten auch nach Bio-Kriterien - bewertet Greenpeace generell
äußerst kritisch.
1
Durchgeführt vom Londoner Meinungsforschungsinstitutes RSM unter 1.207 Verbrauchern, Supermarktchefs, Köchen und Restaurantbetreibern aus
Deutschland, England und Spanien.
2
FAOCode of Conduct for responsible fisheries. 1995.. http://www.fao.org/documents/show_cdr.asp?url_file=/DOCREP/005/v9878e/v9878e00.htm.
Zugriff Mai 2006.
3
EU-Kommission (2001). Verordnung (EG) Nr. 2065/2001 der Kommission vom 22. Oktober 2001 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG)
Nr. 104/2000 des Rates hinsichtlich der Verbraucherinformation bei Erzeugnissen der Fischerei und der Aquakultur. Amtsblatt der Europäischen Ge
meinschaften L278: 6-8. Zugriff: Sept. 2005 unter: http://europa.eu.int/eur-lex/pri/en/oj/dat/2001/l_278/l_27820011023en00060008.pdf (Auf Deutsch
abrufbar unter: http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2001/l_278/l_27820011023de00060008.pdf, Anm. d. Übers.)
4
EU-Kommission (1999). Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates vom 17. Dezember 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Erze
nisse der Fischerei und der Aquakultur. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L17: 22-52. Zugriff: Sept. 2005 unter http://europa.eu.int/eurlex/pri/en/oj/dat/2000/l_017/l_01720000121en00220052.pdf (Auf Deutsch abrufbar unter: http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2000/l_017/
l_01720000121de00220052.pdf, Anm. de. Übers.)
5
EU-Kommission (2003): Richtlinie 2003/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. November 2003 zur Änderung der Richtlinie
2000/13/EG hinsichtlich der Angabe der in Lebensmitteln enthaltenen Zutaten. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L308: 15-18. Zugriff: Sept.
2005 unter: http://europa.eu.int/eur-lex/pri/en/oj/dat/2003/l_308/l_30820031125en00150018.pdf (Auf Deutsch abrufbar unter:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2003/l_308/l_30820031125de00150018.pdf)
6
TraceFish (2005). TraceFish website. Tromso, Norwegen: TraceFish. Zugriff: Sept. 2005 unter: www.tracefish.org
7
EAN International (2002). Traceability of fish guidelines. Brüssel, Belgien: European Article Numbering (EAN) International. Zugriff: Sept. 2005
unter: www.ean-int.org/agro_food_fish.html
8
Consumers International (2004): „Green Food Claims“
9
Über ähnliche Symbiosen zwischen Delfinen und Thunfischen in anderen Ozeanen ist bislang wenig bekannt. Die Auswirkungen des Fangs von
Tunfischen auf Delfine in anderen Meeren können jedoch ebenfalls signifikant sein.
10
WDCS (2005). Campaigns: Clean and healthy seas: Fisheries - The trouble with nets. Website der WDCS. Chippenham, GB: Whale and Dolphin Con
servation Society. Zugriff: Sept. 2005 unter: www.wdcs.org/dan/publishing.nsf/allweb/E2E81EE0B11C71F480256E1B003F367B
11
IATTC (2004). Annual report of the Inter-American Tropical Tuna Commission, 2003. La Jolla, CA, USA: Inter-American Tropical Tuna Commission.
Zugriff: Sep. 2005 unter: www.iattc.org/PDFFiles2/IATTC_Annual_Report_2003ENG.pdf
12
IATTC (2005). Website der IATTC. La Jolla, CA, USA: Inter-American Tropical Tuna Commission. Zugriff: Sept. 2005 unter: www.iattc.org/HomeENG.htm
13
Kommission der Europäischen Gemeinschaften (5.6.2005): Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament und den europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuss. Einleitung einer Diskussion über ein Gemeinschaftsregelung für Fischerei-Umweltsiegel. SEK(2005)840.
14
Persönliche Kommunikation von Greenpeace UK mit Mark Palmer, Stellvertretender Direktor, International Marine Mammal Project, Earth Island Institute,
vom 24. Aug. 2005.
15
IATTC (2005). AIDCP dolphin safe. Website der IATTC. La Jolla, CA, USA: Inter-American Tropical Tuna Commission (IATTC). Zugriff: Sept. 2005
unter: www.iattc.org/DolphinSafeENG.htm
16
Familie der Fächerfische (Anm. d. Übers.)
17
www.msc.org
18
MSC (2005) Briefing: MSC’s progress on the „Reform Agenda“, May 2005. London, UK: Marine Stewartship Council.
19
www.fair-fish.ch
20
http://www.schrotundkorn.de/2001/sk0105e2.htm
21
www.fontaine-nahrungsmittel.de, [email protected]
22
www.organicconsumers.org/organic/fish043004.cfm
23
www.biofisch.at
www.greenpeace.at
36
7. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER SUPERMÄRKTE AUF DEM PRÜFSTAND
© Germain/Greenpeace
7. Die Fischeinkaufspolitik
österreichischer Supermärkte auf dem
Prüfstand
7.1 Die Rangliste
Es ist keine leichte Aufgabe, Österreichs Super- und Großmärkte hinsichtlich der Nachhaltigkeit ihrer Fischeinkaufspolitik zu reihen. Zum einen besteht ein Unwille, sich bezüglich
der Fischeinkaufspolitik in die Karten schauen zu lassen
– viele Unternehmen erachteten es nicht als notwendig, den
Greenpeace-Fragebogen zu beantworten. Zum anderen
herrscht auch ein allgemeiner Mangel an öffentlich zugänglicher Information über die angewandten Fischeinkaufspraktiken. Auch ist Greenpeace auf Unwillen oder Unfähigkeit gestoßen, weitere Details oder Beweise zu liefern, aus denen
hervorgeht, dass eine behauptete Policy tatsächlich in die
Praxis umgesetzt wird.
Ist ein Supermarkt, der einerseits von sich behauptet, Initiativen zur Nachhaltigkeit zu unterstützen, andererseits aber
trotzdem eine breite Palette von Fisch & Meeresfrüchten
aus nicht nachhaltigen Quellen vertreibt, „schlechter“ als ein
Supermarkt, der keine klare Policy verfolgt, aber nur eine
beschränkte Auswahl der meistverkauften Fische anbietet?
Für jede Kategorie wurden von 0 bis 5 Punkte vergeben.
Bei einer abschließenden Gesamtbewertung wurden die
Punktzahlen aller Kategorien zusammengezählt (maximal
20 Punkte).
Kategorie 1-3
0 - Keine
1 - Kaum
2 - Wenig
3 - Mittel
4 - Gut
5 - Ausführlich
Kategorie 4
0 - Mehr als 12 der katastrophalen Fischarten werden
verkauft
1 - 10-12
2 - 7-9
3 - 4-6
4 - 1-3
5 - Keine der katastrophalen Fischarten wird verkauft
Mit dieser Frage im Hintergrund erstellte Greenpeace eine
Rangliste (Tabelle 7.1.). Zur Vergleichbarkeit wurde die Bewertung der britischen Supermarktkette „Marks & Spencer“
aus dem Bericht „A Recipe for Disaster“ von Greenpeace
Großbritannien mit aufgenommen.1 Die Nachhaltigkeitspolitik von „Marks & Spencer“ in Bezug auf Fische & Meeresfrüchte wurde in Kapitel 5 erläutert.
Die Bewertung erfolgt in vier Kategorien:
1. Fischeinkaufspolitik
2. Unterstützung und Förderung von Initiativen zur Nachhaltigkeit
3. Kennzeichnungspolitik und Bewerbung nachhaltiger
Produkte
4. Anzahl der verkauften Arten, die im Greenpeace
Fischführer „Fisch & Facts 2006“ mit „katastrophal“ bewertet wurden oder gleichwertig waren.
www.greenpeace.at
38
7. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER SUPERMÄRKTE
AUF DEM PRÜFSTAND
Tabelle 7.1 Rangliste österreichischer Super- und Großmärkte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitspolitik für Fische & Meeresfrüchte
KATEGORIE
Fischeinkaufs- Unterstützung
nachhaltiger
politik
Initiativen
UNTERNEHMEN
Kennzeichnung
und Bewerbung
nachhaltiger
Produkte
Verkauf
„katastrophaler“
Fischarten
GESAMTPUNKTE
(maximal 20)
Marks &
Spencer
5
5
4
3
17
Lidl Austria GmbH
2
1
1
4
8
MPreis Warenvertriebs
GmbH
1
1
1
2
5
Norma GmbH & Co KG
0
0
0
3
Hofer KG
0
0
0
3
3
3
Sutterlüty
Handels Gmbh
0
0
0
3
3
Zielpunkt Warenhandel
Gmbh &Co KG
(Zielpunkt, Plus)
1
0
0
2
3
Rewe Austria AG
(Merkur, Billa,
Pennymarkt
ehem. Mondo)
1
0
2
0
3
Spar Österreich
Warenhandels AG
(Spar, Eurospar,
Interspar, Spar Gourmet)
0
1
0
1
2
Metro Cash
& Carry Österreich
1
0
1
0
2
Julius Kiennast
(Nah & Frisch)
0
0
0
2
2
Maximarkt HandelsGesellschaft m.b.H.
0
0
0
2
2
Firmengruppe Kastner
(Kastner, Nah & Frisch)
0
0
0
1
1
Pfeiffer Handels GmbH
(Nah & Frisch, Unimarkt,
C+C Pfeifer,
Pro Kaufland)
0
0
0
1
1
Handelshaus Wedl
(Nah & Frisch,
C+C Wedl, Wedl & Dick)
0
0
0
0
0
ADEG Österreich AG
(ADEG, AGM, Edeka,
E-Center)
0
0
0
0
0
Fisch illustration.Thunfisch © Sonia Schadwinkel/Greenpeace
www.greenpeace.at
39
7. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER SUPERMÄRKTE
AUF DEM PRÜFSTAND
Viktoriabarsch
Tunfisch/ Bonito
Shrimps/ Kaisergranat
Seezunge
Seehecht
Schwertfisch
Scholle
Schellfisch
Rotbarsch
Neuseel. St. Petersfisch
Atlantischer Lachs
Kabeljau/ Dorsch
Hoki (Neuseeländischer
Langschwanz-Seehecht)
KATASTROPHALE”
FISCHARTEN
Heilbutt
“
Dornhai und andere Haie
Tabelle 7.2: Welcher „katastrophale“ Fisch wird in österreichischen Super- und Großmärkten angeboten?
SUPERMÄRKTE
IN ÖSTERREICH
ADEG Österreich AG (ADEG,
AGM, Edeka, E-Center)
Summe
x
x
Metro Cash & Carry Österreich
x
x
Rewe Austria AG (Merkur, Billa,
Pennymarkt ehem. Mondo)
x
x
Handelshaus Wedl (Nah &
Frisch, C+C Wedl, Wedl & Dick)
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Spar Österreich Warenhandels
AG (Spar, Eurospar, Interspar,
Spar Gourmet)
x
x
x
x
Pfeiffer Handels GmbH (Nah & Frisch,
Unimarkt, C+C Pfeifer,Pro Kaufland)
x
x
x
x
MPreis Warenvertriebs GmbH
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Zielpunkt Warenhandel Gmbh & Co KG
(Zielpunkt/ Plus)
x
x
x
x
x
x
x
Firmengruppe Kastner
(Kastner, Nah & Frisch)
x
x
Maximarkt Handels-Gesellschaft m.b.H.
Julius Kiennast (Nah & Frisch)
Norma Gmbh & Co KG
Hofer KG
Sutterlüty Handels GmbH
Lidl Austria GmbH
x
x
x
x
x2
x2
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
15
x
x
x x
x
x
x
x
13
x
x
x
x x
x
x
x
13
x
x2 x
x
x
x
x
12
x
x
x
x
10
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
10
x
x
x
x
x
x
x
x
x3
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
13
9
9
8
8
6
5
5
3
Fisch Illustration.Dornhai. © Sonia Schadwinkel/Greenpeace
Tabelle 7.2 zeigt welche der „katastrophalen“ Fischarten von
welchen österreichischen Lebensmittelhandelsunternehmen vertrieben werden. Die Liste verdeutlicht, dass zahlreiche „katastrophale Arten“ bedenkenlos von vielen Supermärkten und Großhandelshäusern angeboten werden. Nur
wenige Supermärkte haben eine eingeschränkte Palette
bedrohter Fischarten. Ein österreichischer Supermarkt, der
zur Gänze auf die von Greenpeace als ‚katastrophal’ eingestuften Fischarten verzichtet, existiert nicht.
Aus Tabelle 7.1 wird deutlich, dass nur wenige Unternehmen sich bislang mit dem Thema Fischeinkaufspolitik auseinander gesetzt haben. Auf den letzten Rängen der Tabelle
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sind ADEG und Wedl zu finden. ADEG vertreibt die gesamte
Palette an „katastrophal“ eingestuftem Fisch und gab keine Informationen über eine etwaige Fischeinkaufspolitik.
Auch Wedl verkauft die meisten der untersuchten Arten und
übermittelte keine Informationen zum Thema Fischeinkauf.
Dies lässt den Schluss zu, dass beide Unternehmen sich mit
nachhaltigem Fischeinkauf bislang nicht beschäftigt haben.
Im mittleren Bereich der Tabelle liegen Unternehmen wie
Rewe, Metro und Spar. Insbesondere die ersten beiden bieten eine große Anzahl „katastrophaler“ Fischartenan, es finden aber bei allen drei Unternehmen erste vorsichtige Überlegungen in Richtung nachhaltiger Fischeinkaufspolitik statt.
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Zur Tabellenspitze hin folgen Unternehmen, die nur ein sehr
geringes Fischangebot haben und sich anscheinend trotzdem nicht mit Nachhaltigkeit in Sachen Fisch befassen
An erster Stelle steht Lidl, gefolgt von MPreis. Beides Unternehmen, die den Vorabentwurf des Berichtes zum Anlass
nahmen, ihre Einkaufspolitik zu überdenken. Insbesondere
Lidl hat sich zu weit reichenden Schritten in Bezug auf seine
Fischpalette entschlossen. Mehrere Arten wurden ausgelistet, dafür nachhaltigere Arten in das Angebot aufgenommen. Damit verfügt Lidl in Österreich über die derzeit nachhaltigste Fischeinkaufspolitik im Lebensmittelhandel. Nun
wird es bei Lidl darauf ankommen, den beschrittenen Weg
zu Ende zu gehen, weitere Maßnahmen zu setzen und die
unternommenen Schritte auch öffentlich zu kommunizieren
und nachvollziehbar zu machen. Für die meisten anderen
wird es darum gehen, schnellstmöglich einen Prozess des
Umdenkens einzuleiten, um zu einer nachhaltigen Fischeinkaufspolitik zu gelangen.
7.2 Schritte in die Zukunft
KonsumentInnen, die verhindern wollen, dass sich ihr Kaufverhalten negativ auf das Ökosystem Meer und die Fischbestände auswirkt, haben derzeit drei Möglichkeiten:
• Sie kaufen im Supermarkt ihres Vertrauens ein und gehen davon aus, dass dort nur nachhaltiger Fisch ange
boten wird
• Sie vertrauen auf ihr eigenes Wissen über nachhaltigen
Fisch, ziehen einen Fischführer wie „Fisch & Facts“ zu
Rate und kaufen nur jene Fischprodukte, bei denen sie
sicher sein können, dass sie nachhaltig sind.
• Sie hören auf, Fisch zu essen.
Die erste Option ist in Österreich zurzeit keinem Konsumenten mit gutem Gewissen zu empfehlen. Selbst bei den
Handelshäusern, wo am wenigsten Gefahr besteht, zu einer
bedrohten Fischart zu greifen, liegen überfischte Arten wie
Scholle, Lachs und Tunfisch in den Regalen.
KonsumentInnen, die sich für die zweite Option entscheiden,
sollten über ein fundiertes Wissen auf dem Gebiet der Fischereiproblematik verfügen und/ oder immer einen Fischeinkaufsführer zur Hand haben. Aber selbst wenn sie diese Voraussetzungen erfüllen, kann sie der Mangel an Informationen zu Herkunft,
Fangmethoden und Beständen daran hindern, die richtige
Kaufentscheidung zugunsten der Nachhaltigkeit zu treffen.
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7. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER SUPERMÄRKTE
AUF DEM PRÜFSTAND
Unter Berücksichtigung dieser Tatsache ist die dritte Option
zweifellos der einfachste Schritt, um die Fischbestände zu
schonen - allerdings ist diese Methode nicht unbedingt die
genussvollste. Das gilt vor allem für jene Menschen, die sich
aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen bereits einer
eingeschränkten Ernährungsweise verschrieben haben.
Die Nachhaltigkeit von Fischen und Meeresfrüchten entwickelt sich zunehmend zu einem Thema von hohem politischem Profil. Supermärkte, die die Bedürfnisse ihrer Kunden
ernst nehmen, müssen Maßnahmen zur Entwicklung einer
transparenten Fischeinkaufspolitik ergreifen und klare ökologische Qualitätsziele als Grundlage für eine nachhaltigere
Fischerei erarbeiten und umsetzen.
Letztendlich haben KonsumentInnen das Recht zu wissen,
was sie kaufen. Deshalb sollte die Kennzeichnung von allen
- frischen und verarbeiteten - Fischprodukten als Mindestanforderung folgende Angaben enthalten:
• Handelsname und wissenschaftlicher Name der Fischart
• Bezeichnung des Bestandes, dem die Tiere entnommen wurden, bzw. Aquakultur- oder Zuchtbetrieb, aus
dem sie stammen
• verwendete Fang- bzw. Erntemethode
Die FischeinkäuferInnen der Supermärkte, die sich mit der
Frage der Herkunft eines Fisches auseinandersetzen, sollten auch für Fragen der Nachhaltigkeit sensibilisiert und geschult sein und besser mit den Praktiken und Hintergründen
der Fischindustrie vertraut gemacht werden. Sie müssen lernen, was nachhaltige Fischerei und Produktion in der konkreten Definition der Welternährungsorganisation (FAO)4
ausmacht, und begreifen, dass die derzeitigen FischereiManagement- und Quoten-Systeme oft weit davon entfernt
sind, dieser Definition zu entsprechen.
41
7. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER SUPERMÄRKTE
AUF DEM PRÜFSTAND
Tabelle 7.3: Modell einer nachhaltigen Fisch-Einkaufspolitik
Allgemeine Erklärungen
[Supermarkt] nimmt zur Kenntnis, dass die weltweiten
Speisefischbestände derzeit nicht nachhaltig bewirtschaftet werden, und dass Supermärkte geeignete Maßnahmen
ergreifen können und müssen, die dazu beitragen, diese
Tendenz umzukehren.
[Supermarkt] nimmt zur Kenntnis, dass umfassende Policies für eine nachhaltige Fisch- und Meeresfrüchte-Produktion ausgearbeitet und umgesetzt werden müssen, wenn
Supermärkte weiterhin den Anspruch erheben möchten,
Lebensmittel anzubieten, die von vielen als Grundlage für
eine gesunde Ernährungsweise angesehen werden.
[Supermarkt] bestätigt, dass von ihm gehandelter Fisch &
Meeresfrüchte aus nachhaltiger Fischerei und Produktion
und unter keine der folgenden vier Kategorien fällt:
• Fische aus überfischten Beständen und/ oder Beständen, die von der World Conservation Union (IUCN)
als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben
bedroht eingestuft werden und/ oder Bestände, von
denen nur unzureichende Daten vorliegen
• Produkte von Arten, die auf eine Nutzung besonders
empfindlich reagieren
• Produkte aus unzureichend kontrollierten und unregulierten Fängen
• Fische, die mit Methoden gefangen werden, die sich
schädlich auf andere Meeresarten und/oder -lebensräume auswirken
Folgende Ziele und Fristen für eine nachhaltige Fischeinkaufspolitik [erarbeitet Supermarkt derzeit/ hat Supermarkt erarbeitet], um unsere KundInnen mit nachhaltigen
Fischen & Meeresfrüchten versorgen zu können:
1. Die Schlimmsten beseitigen
• Keine der unter Kapitel 3 angeführten (oder als gleichwertig zu betrachtenden) Fischarten werden mehr
eingekauft - [xx Monate]
2. Die Besten fördern
• Das verfügbare Sortiment nachhaltiger Meeresprodukte (im Fisch & Facts mit „akzeptabel“ bewertete Produkte, sowie solche aus Bio-Aquakultur) wird ausgeweitet - [xx Monate]
3. Den Rest verbessern
• Gemeinsam mit Lieferanten treten wir dafür ein, dass
nur mehr Bestände, die weniger stark dezimiert sind,
genützt werden dürfen.
• Gemeinsam mit der Fischindustrie und/ oder Wissenschaftlern arbeiten wir daran, die Nachhaltigkeit der
Fangmethoden zu verbessern.
• Wir verkaufen zukünftig keine Fische & Meeresfrüchte, die von Fischereien oder Lieferanten stammt, die
nicht bereit sind, nachhaltig zu wirtschaften.
4. Nachhaltige Praktiken sichtbar machen und fördern
• Mit einer klaren Fischeinkaufspolitik Transparenz für
VerbraucherInnen schaffen
• Einen jährlichen Bericht über Forschungsaktivitäten
und geleistete Fortschritte erstellen
• ALLE Produkte, die Fische und/ oder Meeresfrüchte enthalten, mit folgenden Angaben kennzeichnen:
Handelsname und wissenschaftlicher Name der Tierart; Bestand, dem die Tiere entnommen wurden, bzw.
Aquakultur- oder Zuchtbetrieb, aus dem sie stammen;
verwendete Fang- bzw. Erntemethode
• Nachhaltigkeits-Initiativen in Österreichs Fischzucht
oder in der Fischerei und/oder den britischen Marine
Stewardship Council (MSC) fördern
• MitarbeiterInnen schulen, damit sie KundInnen bei der
Auswahl nachhaltiger Fische & Meeresfrüchte behilflich sein können
• Nachhaltige Fische & Meeresfrüchte bei KundInnen
bewerben
• Alternative Quellen von Omega-3-Fettsäuren bewerben
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7. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER SUPERMÄRKTE
AUF DEM PRÜFSTAND
Darüber hinaus sollten Handelsketten ihre Policy bei allen Fisch- und Meeresfrucht-Produkten, die in ihren Regalen stehen, zur Anwendung bringen. Das gilt auch für
Fremdmarken.
Supermarktketten müssen folgende Ziele verfolgen und
diese mit Maßnahmen sichtbar machen:
• Sie müssen die Schlimmsten beseitigen, indem sie sofort damit anfangen, die im Fisch & Facts als „katastrophal“
eingestuften Fischarten aus ihren Regalen zu entfernen. Bei
jenen wenigen Arten, bei denen einzelne Bestände noch nicht
dramatisch zusammengebrochen sind, müssen die Produkte
aus diesen Beständen stammen und klare Angaben bezüglich der Herkunft und Fangmethode gemacht werden.
• Sie müssen die Besten fördern, indem sie ihr Sortiment
an nachhaltigen Fischarten ausweiten und dafür Sorge tragen, dass Fische & Meeresfrüchte aus nachhaltiger Bewirtschaftung effektiv in ihren Geschäften, auf ihren Webseiten
und in ihrer Werbung beworben werden.
• Sie müssen den Rest verbessern, indem sie gemeinsam
mit ihren Lieferanten dafür eintreten, dass nur mehr jene
Bestände, die am wenigsten stark dezimiert sind, genützt
werden dürfen; indem sie gemeinsam mit der Fischindustrie
und/ oder mit Wissenschaftlern daran arbeiten, die Nachhaltigkeit der Fangmethoden zu verbessern; indem sie keine Fische & Meeresfrüchte mehr von Fischereien und Lieferanten
beziehen, die nicht bereit sind, nachhaltig zu wirtschaften.
In Tabelle 7.3 wird ein Modellentwurf für eine Fischeinkaufspolitik vorgestellt, der zeigt, wie eine Nachhaltigkeitspolitik
im Speisefisch-Angebot im Idealfall aussehen sollte.
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Jeder Supermarkt sollte eine Methodologie für seinen
Fischeinkauf erarbeiten. Diese sollte eine Reihe von Ja/
Nein Fragen durchlaufen. So z.B. ob es sich um eine Art
bzw. eine Population handelt, die auf der Roten Liste der
IUCN steht; ob sichergestellt werden kann, dass der Fisch
nicht aus illegaler und unregulierter Fischerei stammt; ob der
Fisch mit einer Methode gefangen wurde, die sich schädlich
auf andere Meeresarten und/ oder –lebensräume auswirkt;
ob der Fisch aus einem überfischten Bestand stammt etc..
Es empfiehlt sich, diese Methodologie jährlich für alle Fischprodukte zu durchlaufen, um der ständigen Veränderung der
Fischbestände und Fangmethoden Rechnung zu tragen.
7.3 Werbung für Alternativen
Fische & Meeresfrüchte werden oft als gesundes Nahrungsmittel dargestellt und als Alternative zu Fleisch beworben.
Fischfleisch ist cholesterinarm, eiweißreich und enthält alle
essentiellen Aminosäuren, die Vitamine A, D, K und den Vitamin-B-Komplex sowie Mineralien wie Kalzium, Kupfer, Jod,
Eisen, Zink und Selen. Der am häufigsten zitierte gesundheitliche Nutzen liegt in den essentiellen Omega-3-Fettsäuren,
die sich in besonders hohen Konzentrationen in Fettfischarten wie Makrele, Hering, frischem Tunfisch (bei Dosenfisch werden die Fettsäuren vor der Konservierung entfernt)
und Sardine finden. Dagegen speichern Weißfischarten wie
Dorsch mehr Fettsäuren in der Leber als im Fleisch.
Die Initiative „Fit für Österreich“ (eine Initiative von Bundeskanzleramt und der österreichischen Bundessportorganisation) empfiehlt: „[...] Bevorzugen Sie öfter einmal Fisch [...]
wöchentlich 1-2 Portionen Fisch (á 150 g)“.5 Andererseits
warnt aber die „Österreichische Agentur für Gesundheit und
Ernährungssicherheit“ (AGES): „Infolge der Verunreinigung
der Meere ist der Fisch mehr oder weniger stark mit Quecksilber kontaminiert.“ Und weiter: „Fettreiche Fischarten bzw.
insbesondere Raubfischarten wie Thunfisch, Schwertfisch,
Heilbutt oder Hecht enthalten höhere Konzentrationen an
Methylquecksilber, da diese Verbindung fettlöslich ist und
sich im Fettgewebe anreichern kann. Auch das Alter der Fische spielt in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle, so dass für die Herstellung von Fischkonserven nur mehr
jüngere Fische eingesetzt werden. [...] Wegen der Toxizität
von Methylquecksilber wird zur Verminderung dieses potentiellen Gesundheitsrisikos schwangeren und stillenden Frau-
43
7. DIE FISCHEINKAUFSPOLITIK
ÖSTERREICHISCHER SUPERMÄRKTE
AUF DEM PRÜFSTAND
en empfohlen, weniger kontaminierte Fischarten auszuwählen und den Konsum fettreicher Fische einzuschränken.“ 6
Besonders vorsichtig sollte man bei großen Raubfischarten
wie Lachs, Tunfisch, Marlin und Schwertfisch sein, da diese oft hohe Konzentrationen an persistenten organischen
Schadstoffen (POPs) v.a. Polychlorierte Biphenyle (PCB)
und Dioxine, sowie Schwermetalle wie Quecksilber enthalten. Babys und Kinder reagieren besonders empfindlich auf
diese giftigen Substanzen.7
Trotz der Belastung von Meeresfisch mit Umweltgiften würden nur wenige bestreiten, dass Fisch einen wichtigen Beitrag zu einer ausgewogenen Ernährung leisten kann. Entscheidender ist jedoch, dass Fische das Ökosystem Meer in
Balance halten. In Österreich liegt der wöchentliche Fischverbrauch bei ca. 200 Gramm pro Kopf (vgl. Kapitel 2.3).
Dieses entspricht etwa dem von „Fit für Österreich“ empfohlenen Wert. Würden die Supermärkte ihr Angebot verändern und mehr nachhaltig produzierten Fisch anbieten,
könnte die österreichische Bevölkerung ihren Fischbedarf
auf nachhaltige Weise decken. Andererseits geht der Trend
für Österreichs Fischkonsum klar nach oben. Es wird also
auch für die ÖsterreicherInnen erforderlich sein, darüber
nachzudenken, welche Alternativen zu Fisch auf ihrem Teller landen können.
Alle Vorteile von Fisch können mit anderen Lebensmitteln
und Ernährungsweisen abgedeckt werden. Eine Einschränkung des Verbrauchs an tierischen Produkten zugunsten einer vermehrten vegetarischen Ernährung, liefert dem Körper
alle Nährstoffe, die er braucht, um gesund zu bleiben. Eine
Reihe von Studien hat gezeigt, dass Pflanzenöle, insbesondere Sojaöl, Walnussöl und Samenöle wie Leinsamenöl
(Leinöl) und Rapssamenöl (Canola), gesündere Omega3-Quellen sind.8 Pflanzenöle sind auch weitaus weniger
schadstoffbelastet als Meeresfische.
7.4 Plädoyer für die Zukunft der Ozeane
Die Situation der weltweiten Fischbestände drängt zum
Handeln. Es ist allerhöchste Zeit Veränderungen hin zu einer nachhaltigen Fischereipraxis zu bewirken. Im selbsternannten „Bio-Musterland“ Österreich sollten Unternehmen
auch beim Thema Fisch vorbildlich – im wahrsten Sinne des
Wortes - handeln. Den österreichischen Super- und Großmärkten fällt dabei eine tragende Rolle zu.
1
Greenpeace UK (2005). A Recipe for Disaster – Supermarkets’ insatiable appetite for seafood. London, UK. www.greenpeace.org.uk
2
Auf Vorbestellung
3
Bei Lidl wird nur Gelbflossentunfisch und Bonito verkauft, die Arten
deren Bestände von allen kommerziell genutzten Tunfischartigen am
wenigsten beeinträchtigt sind. Einige Bestände dieser beiden Arten sind
jedoch auch bereits überfischt. Auch besteht beim Fang dieser Arten,
wie generell beim Tunfischfang, eine große Beinfangproblematik.
Sobald geklärt ist, aus welchen Beständen der Fisch für die bei Lidl
verkauften Tunfischprodukte stammt, wird das Kreuz für Tunfisch bei
Lidl ggf. aus dieser Tabelle entfernt.
4
FAO Code of Conduct for responsible fisheries. 1995.. http://www.fao.
org/documents/show_cdr.asp?url_file=/DOCREP/005/v9878e/v9878e00.
htm. Zugriff Mai 2006
5
Zugriff: http://www.fitfueroesterreich.at/main.asp?kat1=64&kat2=350&kat
3=&Text=1386
6
Stellungnahme der AGES zu Methylquecksilber in Lebensmitteln (Fisch)
(17.12.2004). Zugriff: April 2006: http://www13.ages.at/servlet/sls/Tornado/web/ages/content/C24C504472DE333BC1256E5F00437706
7
Dorey CN (2003). Chemical legacy: Contamination of the child. London,
GB: Greenpeace. Zugriff: Sept. 2005 unter: www.greenpeace.org.uk/
MultimediaFiles/Live/Full Report/6037.pdf
8
Scott L (2003). Fishing for Facts: Why public health strategy should
promote plant oils in preference to fish oils. Bristol, GB: The Vegetarian
& Vegan Foundation. Zugriff: Sept. 2005 unter: www.vegetarian.org.
uk/fish/reporttext.htm
www.greenpeace.at
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Wenn wir erreichen wollen, dass VerbraucherInnen einen
Beitrag zu einer nachhaltigeren Fischwirtschaft leisten,
müssen wir sie über die Fakten des Nahrungsmittels „Fisch“
aufklären und Alternativen bewerben. In punkto Werbung
kommt den Supermärkten mit ihren verschiedenen Werbeträgern wie Zeitschriften, Gratis-Rezeptkarten und OnlineInformationen eine tragende Rolle zu.
44
Weiterführende Links zum Thema:
• www.greenpeace.at/meere.html
• www.marktcheck.at
• www.marktcheck.at/fischfuehrer.html
• GPUK Report: „A Recipe for Disaster“
http://www.greenpeace.org.uk/MultimediaFiles/Live/Full
Report/7281.pdf
• oceans.greenpeace.org
• www.fishonline.org
• www.FAO.org/fi
• www.redlist.org
• de.msc.org
© Sutton-Hibbert/Greenpeace
• www.fishbase.org
www.greenpeace.at
45
Impressum:
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