IMMOBILIEN 67 22. Januar 2006 ZUM THEMA Immobilienmarkt Innerschweiz aktuell Wie ein archaisches Raumschiff: Das neue Pfarrhaus aus grünen Betonplatten im Dorfkern der Zuger Gemeinde Steinhausen FOTOS: BEAT BÜHLER Pastorales Mauerwerk Das Informations- und Ausbildungszentrum für Immobilien (Iazi) in Bülach hat zwei Musterobjekte definiert, an denen Preisveränderungen errechnet werden: ein frei stehendes 5,5-ZimmerEinfamilienhaus auf einem 700-m2-Grundstück mit 140 m2 Nettowohnfläche (Baujahr 1980) und eine 4,5Zimmer-Eigentumswohnung mit 115 m2 Wohnfläche und 20 m2 Terrasse (Baujahr 1981). In der Innerschweiz muss für dieses Iazi-Musterhaus aktuell gegen eine Million Franken bezahlt werden. Die Preise sind in den vergangenen 25 Jahren aber nicht stärker gestiegen als in den anderen sehr begehrten Lagen in der Schweiz: In Meggen etwa um 90, in Zug um 70 Prozent. Beide gelten als Steueroasen der Zentralschweiz. Die höchsten Preissteigerungen der Region (88 Prozent beim Musterhaus,79 Prozent bei der Musterwohnung) erlebten zudem die luzernischen Gemeinden Adligenswil, Ebikon, Emmen, Littau, Malters, Rothenburg und die Stadt Luzern selber. Steinhausen dagegen liegt mit Teuerungen von 70 Prozent beim EFH und 64 Prozent bei der Eigentumswohnung wie Zug im Mittelfeld. IMMOTIPP Winterthurer Architekten schufen in Steinhausen einen neuen Dorfmittelpunkt Noch fehlt auf der Homepage der Zuger Gemeinde Steinhausen in der Rubrik «Markante Bauten» das neue Pfarrhaus. Wer durch den Dorfkern flaniert, bleibt aber unweigerlich vor dem lang gestreckten, zweigeschossigen Bau stehen. Seine Hülle scheint der Schwerkraft einen Streich zu spielen: Massive grüne Betonplatten stehen fugenlos und scheinbar frei aufeinander, als hätte ein Riese sich ein Spiel daraus gemacht, eine lockere Mauer aus gigantischen Bausteinen zu konstruieren – der grösste misst drei auf sechs Meter und ist zwölf Zentimeter stark. Dazwischen scheinen fast vierzig Zentimeter breite, dunkel farbeloxierte metallene Fensterfassungen wie Querbalken auf, leuchten nachts grosse Glasscheiben: quadratische, hohe, schmale und lang gezogene liegende Öffnungen in der Haut. und zwei Doppelbüros, einem Sekretariat, zwei Sitzungszimmern, einer Bibliothek und einer Teeküche. Die beiden darüberliegenden Wohnungen – eine umfasst 3,5, die andere 2,5 Zimmer – sind an Privatpersonen vermietet. Ebenso wenig ist dem Baukörper anzusehen, dass er im Innern keinen reinen Neubau, sondern eine Erweiterung darstellt. Die Architekten haben das Untergeschoss, die Tragstruktur in Erdund Obergeschoss sowie den Erschliessungskern des ursprünglichen zweigeschossigen Gebäudes aus den Sechzigerjahren stehen lassen. Die Grundfläche im Parterre aber haben sie praktisch verdoppelt: Die Gebäudetiefe misst nun in ihrer grössten Ausdehnung über 19 Meter. Trotzdem wirkt das Innere hell und freundlich: Der Anbau beherbergt einen dreiseitig raumhoch verglasten und oben offenen Innenhof, der den introvertierten Räumen Licht bringt. Zudem ist er anderthalbgeschossig und stolze 3,5 Meter hoch – «wie eine riesige herausgezogene Über den Büroräumlichkeiten liegen zwei Wohnungen Das neue Pfarrhaus der jungen Winterthurer Architekten Philipp Brunnschweiler, Matthias Denzler und Oliver Erb ist wie ein archaisches Raumschiff mitten auf dem Dorfplatz gelandet: zwischen der fast 900-jährigen Matthiaskirche und dem ökumenischen Kirchenzentrum des Zürcher Architekten Ernst Gisel aus den Achtzigerjahren. Es ist eine starke Figur mit klaren Linien, Ecken und Kanten. Von seinem Innenleben aber verrät es erst mal nichts. Zum Beispiel ist es kein Pfarrhaus im eigentlichen Sinne. Die katholische Pfarrgemeinde Steinhausen hat keinen Pfarrer mehr – deshalb leitet ein sechsköpfiges Seelsorgeteam aus Theologen das Pfarramt. Entsprechend nutzen sie das Pfarrhaus: Das Erdgeschoss besteht aus drei Einzel- Gut kaschiert: Im Innern kein reiner Neubau, sondern eine Erweiterung des ursprünglichen Gebäudes VIRTUOS AUFGESCHICHTETE HÜLLE Lage: Zugerstrasse 6, 6312 Steinhausen ZG Architektur: BDE Architekten, Brunnschweiler, Denzler, Erb, Winterthur. www.bde.ch; Zusammenarbeit mit Schleiss & Zürcher Architekten, Steinhausen Bauherrin: Katholische Kirchgemeinde Steinhausen Baujahr: 2003–2005 Baukosten: 1,6 Mio. Franken Bewertung: Das neue Pfarrhaus im Kern des Dorfes bildet eine starke, eigenständige Gesamtform. In der Tat aber versteckt es hinter einer virtuos aufgeschichteten Hülle aus grossformatigen Betonelementen die Gebäudestruktur des alten Pfarrhauses, einen anderthalbgeschossigen Anbau mit Lichthof sowie zwei verschieden ausgerichtete Wohnungen im Obergeschoss. Die Fassade verbirgt nicht nur geschickt das komplexe Innenleben, sondern schafft auch einen massstäblichen Bezug zu der historischen Umgebung. Schublade», veranschaulicht Architekt Matthias Denzler. Von aussen verschwindet der Höhensprung zwischen dem angebauten Teil und dem zweistöckigen Altbau aber hinter dem spielerischen Muster der Fassadenplatten. Das Gebäude wirkt als geschlossene Einheit aus einem Guss. Die jungen Architekten wurden von Steven Holl inspiriert Die Hülle ist im wörtlichen Sinn eigenständig: Die vorgefertigten Betonelemente der Fassade bilden eine selbsttragende Konstruktion. Davon losgelöst, steht die tragende Stahlbeton- und Backsteinstruktur des Gebäudes wie eine zweite Haut dahinter. Der hohe Anteil an kleinkörnigem gebrochenem Andeergranit verleiht dem steinernen Mantel seinen grünen Schimmer und lässt ihn von Weitem glatt erscheinen. Beim Näherkommen wird die Körperlichkeit der Hülle dagegen immer stärker. Gestalterische Kniffe unterstützen den Eindruck der Mächtigkeit: So ziehen sich zwei aufeinander stehende Platten etwa jeweils rund 40 Zentimeter ums Eck. Dies kräftigt ihre Verbindungen und lässt sie optisch aufeinander ruhen. Das Plattenspiel tritt auch im Gebäudeinnern als Puzzle heller Gipsflächen und dunkler Fensterrahmen auf – allerdings entspricht deren Muster nicht überall dem äusseren Abbild. So verbinden sich an drei Gebäudeecken die Fensterrahmen über Eck, statt dass massive Wände aufeinander stossen – ein konstruktives Detail, zu dem der amerikanische Künstlerarchitekt Steven Holl die drei Winterthurer inspiriert hat. Solche feine Kleinigkeiten machen das neue Steinhauser Pfarrhaus zum Objekt faszinierender Entdeckungen. Eigentumswohnungen in 6146 Grossdietwil, im Herzen der Schweiz Das Haus verfügt über eine 3,5- und eine 5,5Zimmer-Wohnung mit hellen und attraktiven Räumen. Beide Wohnungen sind mit einem Personenlift erreichbar. Besichtigung und Bezug: nach Vereinbarung Preis: ab 335 000 Franken Verkauf: GSG Grossdietwil, Wohnbaugenossenschaft, Steingasse 2, 6146 Grossdietwil, Tel. 062 927 25 85 Sie haben einen ImmobilienTipp anzubieten? Bitte senden Sie die Unterlagen an [email protected] ANZEIGE