Erfolgreich in der neuen Vielfalt – Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Fachverlag Moderne Wirtschaft pwc Erfolgreich in der neuen Vielfalt – Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Herausgegeben von PricewaterhouseCoopers AG WPG Von Gerd Bovensiepen, Marcus Schögel, Matthias Schulten, Oliver Arndt und Stephanie Rumpff Fachverlag Moderne Wirtschaft Erfolgreich in der neuen Vielfalt – Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Herausgegeben von PricewaterhouseCoopers AG, Frankfurt am Main Von Gerd Bovensiepen, Prof. Dr. Marcus Schögel, Matthias Schulten, Oliver Arndt und Dr. Stephanie Rumpff November 2007, 60 Seiten, 42 Abbildungen, 2 Tabellen, Softcover ISBN: 3-934803-34-2 Fachverlag Moderne Wirtschaft, Frankfurt am Main © 2007 PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen, Mikroverfilmung, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien sind ohne Zustimmung des Verlags nicht gestattet. Druck Braun & Sohn Druckerei und Werbeproduktions GmbH, Maintal PricewaterhouseCoopers bezeichnet die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständigen und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der PricewaterhouseCoopers International Limited. Printed in Germany Schutzgebühr: 19,80 Euro Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.ddb.de abrufbar Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management Summary Management Summary Mehrkanalsysteme als Wettbewerbsvorteil Handel und Konsumgüterindustrie in Deutschland, Österreich und der Schweiz stehen vor großen Herausforderungen. Durch die Markteintritte ausländischer Hersteller und Händler sowie den immer aggressiver werdenden Preiskampf hat sich die Wettbewerbsintensität in den letzten Jahren deutlich erhöht. Viele Unternehmen sind daher auf der Suche nach neuen Wettbewerbsvorteilen, die von der Konkurrenz nur schwer kopiert werden können. Sie erkennen dabei immer häufiger, dass sie sich nicht nur darüber differenzieren können, welche Produkte und Leistungen sie anbieten, sondern auch darüber, wie sie diese Produkte und Leistungen präsentieren und in den Verfügungsbereich ihrer Kunden bringen. Die erfolgreiche Gestaltung ihrer Absatzkanäle gewinnt daher für Handel und Konsumgüterindustrie immer mehr an Bedeutung. Die Bestandsaufnahme in Handel und Konsumgüterindustrie in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat ergeben, dass heute bereits 60% der Unternehmen drei bis vier Absatzkanäle einsetzen. Bei der Ausgestaltung ihrer Mehrkanalsysteme müssen sich die Unternehmen zahlreichen Herausforderungen stellen. Hierfür sind vor allem zwei Entwicklungen verantwortlich. Zum einen sind die Distributionsstrukturen in Handel und Konsumgüterindustrie relativ fragmentiert, wodurch ein erfolgreicher Marktauftritt erschwert wird. Zum anderen müssen speziell die Hersteller ihre Leistungsfähigkeit immer öfter unter Beweis stellen, um vom Handel als Partner akzeptiert zu werden. Die Bewältigung dieser Herausforderungen geht mit hohen Anforderungen an das Management von Absatzkanälen einher. Die Entwicklung entsprechender Kompetenzen ist unerlässliche Voraussetzung für den Mehrkanalerfolg. Ziel und Methodik der Studie Ziel der Studie ist es, die zentralen Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für das Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie zu identifizieren und hieraus Handlungsempfehlungen für die Unternehmen der Branche abzuleiten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Frage, welche Gestaltungsparameter und Kompetenzen für das Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie relevant sind und wie sich diese unter Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen auf den Erfolg des Mehrkanalsystems auswirken. Die Studie ist das Ergebnis einer qualitativen wissenschaftlichen Analyse und einer onlinegestützten Befragung, an der sich 75 große deutsche, österreichische und schweizerische Händler und Konsumgüterhersteller beteiligt haben. Eingeflossen sind zudem anonymisierte Erkenntnisse der PricewaterhouseCoopers AG aus der Beratung von Handelsund Konsumgüterunternehmen. Stationärer Handel ist nach wie vor wichtigster Umsatzträger Sowohl Händler (76 Prozent) als auch Konsumgüterhersteller (69 Prozent) erzielen den weitaus größten Teil ihrer Umsätze nach wie vor im stationären Einzelhandel. Demgegenüber fallen die Erlöse von Online-Shops und anderen Homeshopping-Kanälen mit deutlich weniger als zehn Prozent des Gesamtumsatzes überraschend niedrig aus. Damit ist das Homeshopping für den Handel kaum wichtiger als der Direktverkauf an der Haustür und der Verkauf über so genannte Beziehungskanäle. Vergleicht man demgegenüber die erfolgreichen mit den weniger erfolgreichen Unternehmen, so zeigt sich, dass die Umsatzerlöse der Top Performer stärker über alle eingesetzten Kanäle verteilt sind als bei den Low Performern. Insbesondere erzielen die Top Performer gut 14 Prozent ihres Umsatzes über Homeshopping-Kanäle, während die Low Performer hier gerade einmal 1,7 Prozent ihrer Erlöse erwirtschaften. Obwohl zahlreiche Händler und Konsumgüterhersteller den Aufbau von HomeshoppingKanälen prüfen oder bereits Testprojekte durchführen, zeigen die Befragungsergebnisse, dass die häufig durch den „Internet-Hype“ getriebenen hohen Erwartungen der Unternehmen an das Homeshopping sich bislang nicht in relevanten Umsätzen niederschlagen. Nur bei den vertikal integrierten Unternehmen, die ihre Produkte selbst herstellen und 3 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management Summary vertreiben, liegt der Umsatzanteil der Homeshopping-Kanäle mit 14 Prozent deutlich im zweistelligen Bereich. Markt- und Wettbewerbsbedingungen nicht entscheidend für den Mehrkanalerfolg Die Befragungsergebnisse bestätigen, dass sich die vertriebliche Ausrichtung über ein Mehrkanalsystem positiv auf die Entwicklung der Umsatzerlöse in Handel und Konsumgüterindustrie auswirkt. Der Mehrkanalerfolg hängt allerdings nur zu einem geringen Teil von externen Rahmenbedingungen, wie der Wettbewerbssituation des Unternehmens, dem Kundenverhalten und der technologischen Dynamik ab. Diese Rahmenbedingungen sind für alle Unternehmen in der Branche vergleichbar. Vielmehr entscheiden andere Faktoren über erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Mehrkanalsysteme. Dazu zählen insbesondere die Fähigkeiten zum Aufbau neuer Kanäle, die Standardisierung der FrontEnd-Prozesse und die konsequente Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden. Die Fähigkeit zum Aufbau neuer Kanäle ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein erfolgreiches Mehrkanalmanagement, da Unternehmen aufgrund der erheblichen Anlaufinvestitionen hier nicht nur viel Geld verlieren können, sondern auch Gefahr laufen, das Vertrauen der Verbraucher in ihre Marke zu schädigen. Top und Low Performer unterscheiden sich in ihren Managementkompetenzen Das effektive und effiziente Management von Mehrkanalsystemen ist ein zentraler Faktor, der die erfolgreichen von den weniger erfolgreichen Händlern und Konsumgüterherstellern deutlich unterscheidet. Top Performer sind nicht nur besser in der Lage, die Komplexität eines Mehrkanalsystems zu steuern, sondern auch die Kosten zu managen und damit in allen Kanälen höhere Renditen zu erzielen. Insbesondere können Top Performer ihre Absatzkanäle optimaler auf Wettbewerbssituation und Kundenbedürfnisse ausrichten sowie aufeinander abstimmen. Aber auch bei der Schaffung von Kommunikationsprozessen und Anreizsystemen für die Vertriebseinheiten in allen Kanälen, beim Aufbau neuer Kanäle sowie beim Controlling des Mehrkanalsystems weisen die Top Performer deutliche Vorteile gegenüber den Low Performern auf. Aktive Gestaltung des Mehrkanalsystems als zentraler Erfolgsfaktor – starke Marke alleine ist kein Erfolgsgarant Auch hinsichtlich der Ausgestaltung des Mehrkanalsystems sind Unterschiede zwischen den Top und Low Performern feststellbar. So verfügen erfolgreiche Unternehmen über eine größere Risikostreuung in ihrem Mehrkanalsystem und standardisieren ihre FrontEnd-Prozesse stärker. Eine Standardisierung der Front-End-Prozesse (After-Sales-, Akquisitions- und Kundenbedürfnisanalyseprozesse) ermöglicht den Unternehmen nicht nur eine optimale Ressourcenallokation, sondern auch eine konsistente Markenwahrnehmung durch die Verbraucher. Da sich die Top Performer in ihren Mehrkanalsystemen zudem kundenorientierter aufstellen als ihre Wettbewerber, wird noch einmal deutlich, dass Prozessstandardisierung und Kundenorientierung sich nicht widersprechen. Die Befragung hat deutlich gezeigt: Obwohl die Stärke der Marke an sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellt, hat sie auf den Erfolg von Mehrkanalsystemen keinen signifikanten Einfluss. Die Ergebnisse zeigen, dass in Handel und Konsumgüterindustrie die aktive Gestaltung des Mehrkanalsystems ein zentraler Erfolgsfaktor ist. Unternehmen sollten zukünftig vor allem der Entwicklung von Managementkompetenzen, dem systematischen Aufbau neuer Kanäle und der Standardisierung von Front-End-Prozessen mehr Beachtung schenken. Das Mehrkanalsystem sollte zudem nicht nur über die Marke, sondern auch über attraktive Zusatzleistungen für Absatzmittler und Endkunden profiliert werden. 4 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Management Summary......................................................................................................... 3 Inhaltsverzeichnis.................................................................................................................. 5 Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................7 Tabellenverzeichnis .............................................................................................................. 8 Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................................... 9 A Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie ......................... 10 1 Herausforderungen in Mehrkanalsystemen des Handels und der Konsumgüterindustrie ......................................................................................................... 11 1.1 Gestaltung des Mehrkanalsystems.............................................................................. 11 1.2 Aufbau von Kompetenzen zur Gestaltung des Mehrkanalsystems ............................. 12 1.3 Anpassung an marktliche Rahmenbedingungen ......................................................... 13 2 Grundlagen der Studie .................................................................................................... 13 2.1 Zielsetzung der Studie ................................................................................................. 13 2.2 Bezugsrahmen der Studie ........................................................................................... 14 2.3 Forschungsansatz der Studie ...................................................................................... 15 2.4 Stichprobe der Studie................................................................................................... 16 B Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen ............................................................................................................ 17 1 Typische Unternehmenssituationen in Handel und Konsumgüterindustrie .................... 17 1.1 Die „Kämpfer“............................................................................................................... 17 1.2 Die „Entspannten“ ........................................................................................................ 18 2 Bedeutung der Rahmenbedingungen für Handel und Konsumgüterindustrie ................ 18 2.1 „Konkurrenz belebt das Geschäft“ ............................................................................... 18 2.2 Chancen für den Handel durch technologische Dynamik............................................ 20 2.3 Unbefriedigende Prognostizierbarkeit des Kundenverhaltens ohne Einfluss auf Mehrkanalerfolg ............................................................................................................21 C Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie ......................................................................................................... 24 1 Mehr Erfolg durch Risikoausgleich im Mehrkanalsystem ............................................... 24 2 Mehr Erfolg durch Front-End-Standardisierung im Mehrkanalsystem............................ 29 5 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Inhaltsverzeichnis 3 Mehr Erfolg durch Kundenorientierung im Mehrkanalsystem......................................... 32 4 Mehr Erfolg durch einheitlichen Marktauftritt der Kanäle................................................ 34 5 Mehr Erfolg durch „Verbundenheit“ der Kanalmitglieder ................................................ 37 D Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie ......................................................................................................... 39 1 Erfolgsfaktor Interaktion mit den Kanalmitgliedern ......................................................... 40 2 Erfolgsfaktor Koordination des Mehrkanalsystems......................................................... 41 3 Erfolgsfaktor Konfiguration des Mehrkanalsystems........................................................ 43 4 Erfolgsfaktor Aufbau neuer Kanäle ................................................................................. 44 5 Erfolgsfaktor Controlling des Mehrkanalsystems............................................................ 47 E Implikationen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie...................................................................................... 49 1 Agieren statt reagieren.................................................................................................... 49 2 Kompetenzen entwickeln ................................................................................................ 49 3 Neue Kanäle aufbauen ................................................................................................... 50 4 Prozesse standardisieren ............................................................................................... 50 5 Leistungen und Kanäle profilieren – Die Differenzierung über die Marke allein genügt nicht......................................................................................................................... 51 Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 53 Internetquellen .................................................................................................................... 57 Glossar ................................................................................................................................ 58 Ansprechpartner.................................................................................................................. 60 6 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Bezugsrahmen der Untersuchung....................................................................... 14 Abb. 2 Definition des Mehrkanalerfolgs .......................................................................... 15 Abb. 3 Gruppenzugehörigkeit der Unternehmenstypen ................................................. 15 Abb. 4 Hauptsitz des Unternehmens .............................................................................. 16 Abb. 5 Unternehmenstyp und Branchenverteilung ......................................................... 16 Abb. 6 Typische Unternehmenssituationen in der Konsumgüterindustrie ...................... 17 Abb. 7 Wettbewerbsintensität nach Unternehmenstypen............................................... 19 Abb. 8 Wettbewerbsintensität nach Top und Low Performern ....................................... 19 Abb. 9 Technologische Dynamik nach Unternehmenstypen .......................................... 20 Abb. 10 Technologische Dynamik nach Top und Low Performern................................... 21 Abb. 11 Kundenverhalten nach Unternehmenstypen ....................................................... 22 Abb. 12 Kundenverhalten nach Top und Low Performern................................................ 22 Abb. 13 Typologie der Absatzkanäle ................................................................................ 24 Abb. 14 Anzahl der Kanäle nach Unternehmenstypen ..................................................... 25 Abb. 15 Einsatz direkter und indirekter Kanäle nach Unternehmenstypen ...................... 26 Abb. 16 Umsatzverteilung im Mehrkanalsystem nach Unternehmenstypen .................... 26 Abb. 17 Anzahl der Kanäle nach Top und Low Performern ............................................. 27 Abb. 18 Einsatz direkter und indirekter Kanäle nach Top und Low Performern............... 28 Abb. 19 Umsatzverteilung im Mehrkanalsystem nach Top und Low Performern............. 29 Abb. 20 Ansätze zur Ausgestaltung des Mehrkanalsystems............................................ 29 Abb. 21 Standardisierung im Mehrkanalsystem nach Unternehmenstypen..................... 31 Abb. 22 Standardisierung im Mehrkanalsystem nach Top und Low Performern ............. 32 Abb. 23 Kundenorientierung nach Unternehmenstypen ................................................... 33 Abb. 24 Kundenorientierung nach Top und Low Performern ........................................... 33 Abb. 25 Einheitlichkeit des Mehrkanalsystems nach Unternehmenstypen ...................... 35 Abb. 26 Markenstärke nach Unternehmenstypen............................................................. 35 Abb. 27 Einheitlichkeit des Mehrkanalsystems nach Top und Low Performern............... 36 Abb. 28 Markenstärke nach Top und Low Performern ..................................................... 36 Abb. 29 Grad der Verbundenheit der Kanalmitglieder nach Unternehmenstypen ........... 37 7 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Tabellenverzeichnis Abb. 30 Grad der Verbundenheit der Kanalmitglieder nach Top und Low Performern........................................................................................................... 38 Abb. 31 Beurteilung der Management-Kompetenzen nach Unternehmenstypen ............ 39 Abb. 32 Beurteilung der Management-Kompetenzen nach Top und Low Performern........................................................................................................... 40 Abb. 33 Interaktion im Mehrkanalsystem nach Unternehmenstypen ............................... 41 Abb. 34 Interaktion im Mehrkanalsystem nach Top und Low Performern ........................ 41 Abb. 35 Koordination im Mehrkanalsystem nach Unternehmenstypen ............................ 42 Abb. 36 Koordination im Mehrkanalsystem nach Top und Low Performern .................... 43 Abb. 37 Konfiguration des Mehrkanalsystems nach Unternehmenstypen ....................... 44 Abb. 38 Konfiguration des Mehrkanalsystems nach Top und Low Performern................ 44 Abb. 39 Aufbau neuer Kanäle nach Unternehmenstypen ................................................ 45 Abb. 40 Aufbau neuer Kanäle nach Top und Low Performern ......................................... 46 Abb. 41 Controlling des Mehrkanalsystems nach Unternehmenstypen ........................... 47 Abb. 42 Controlling des Mehrkanalsystems nach Top und Low Performern.................... 48 Tabellenverzeichnis 8 Tab. 1 Kanaleinsatz ausgewählter Herstellerunternehmen in der Konsumgüterindustrie.......................................................................................... 10 Tab. 2 Kanaleinsatz ausgewählter Handelsunternehmen in der Konsumgüterindustrie.......................................................................................... 11 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung bzw. beziehungsweise CAGR Compound Annual Growth Rate CRM Customer Relationship Management DACH Deutschland, Österreich, Schweiz ECR Efficient Consumer Response ERP Enterprise Resource Planning d.h. das heißt et al. et alii evtl. eventuell IMH-HSG Institut für Marketing und Handel an der Universität St.Gallen IT Informationstechnologie PwC PricewaterhouseCoopers AG WPG u.a. unter anderem u.U. unter Umständen vgl. vergleiche vs. versus z.B. zum Beispiel 9 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie A Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie Die Eintritte ausländischer Hersteller und Händler sowie die zunehmende Austauschbarkeit der Produkte und der hieraus resultierende Preisverfall stellt Handel und Konsumgüterindustrie vor große Herausforderungen. Viele Unternehmen befinden sich daher auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, um sich vom Wettbewerb nachhaltig zu differenzieren. Sie erkennen dabei immer häufiger, dass sie sich nicht nur darüber differenzieren können, welche Produkte und Leistungen sie anbieten, sondern auch darüber, wie sie diese Produkte und Leistungen präsentieren und in den Verfügungsbereich ihrer Kunden bringen. Betrachtet man die Absatzkanäle ausgewählter Händler und Konsumgüterhersteller in Deutschland, Österreich und der Schweiz, so zeigt sich, dass insbesondere bei den großen, vom Lebensmittelhandel geprägten Einzelhandelsunternehmen die stationären Kanäle dominieren, während Konsumgüterhersteller über eine größere Vielfalt verfügen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich der Einsatz mehrerer Kanäle auf den Unternehmenserfolg auswirkt und welchen Herausforderungen sich Händler und Hersteller bei der Ausgestaltung ihrer Absatzkanäle stellen müssen. Ausgewählte Hersteller Eingesetzte Kanäle in den DACH-Märkten** Netto-Umsatz der Hersteller (weltweit) in Mio. Euro Stationäre Kanäle 2004 Beziehungskanäle Tür-zu-TürKanäle HomeshoppingKanäle 2005 2006 CAGR 1 Procter & Gamble* z.B. Handel; Wella Stores 45.650 54.370 60.440 15,06% 2 Henkel z.B. Handel; Schwarzkopf Styling Lounges 10.592 11.970 12.740 9,67% 3 Nestlé* z.B. Handel; z.B. Maggi Kochstudio Nespresso Stores z.B. Nespresso Online Shops 56.050 59.000 62.600 5,68% 4 Dr. August Oetker z.B. Handel z.B. OnlineShop 6.430 7.030 7.149 5,44% 5 Coca-Cola z.B. Handel z.B. cocacolastore. com; cokefridge. de 17.860 19.000 19.199 3,68% z.B. BackClub; Versuchsküche Quelle: LZ Net, IHA-GFK, EHI. * Umsatzschätzung der Lebensmittelzeitung. ** Es werden ausschließlich Kontaktpunkte zum Endkunden berücksichtigt. Tab. 1 10 Kanaleinsatz ausgewählter Herstellerunternehmen in der Konsumgüterindustrie Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgewählte Händler Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie Eingesetzte Kanäle in den DACH-Märkten Netto-Umsatz der Händler (weltweit) in Mio. Euro Stationäre Kanäle HomeshoppingKanäle 2004 2005 2006 Beziehungskanäle Tür-zuTürKanäle CAGR 1 EdekaGruppe z.B. Filialen z.B. Internet (Reisen) 31.570 35.320 37.200 8,55% 2 MetroGruppe z.B. Filialen z.B. Internet: kaufhof.de, mediamarkt.de und saturn.de (Fotos, Telefonie, Tickets) 53.300 55.700 59.880 5,99% 3 Tchibo z.B. Filialen; Bäckereien; Supermärkte z.B. Tchibo Magazin, tchibo.de 8.330* 8.800* 9.000* 3,94%* 4 Aldi-Gruppe z.B. Filialen z.B. Internet (u.a. Fotos, Telefonie) 35.400 37.200 38.000 3,61% 5 ReweGruppe z.B. Filialen z.B. Internet (Blumen) 40.800 41.700 43.500 3,26% Quelle: LZ Net, IHA-GFK, EHI * einschließlich Beiersdorf Tab. 2 Kanaleinsatz ausgewählter Handelsunternehmen in der Konsumgüterindustrie 1 Herausforderungen in Mehrkanalsystemen des Handels und der Konsumgüterindustrie Der Begriff von Handel und Konsumgüterindustrie wird in der vorliegenden Studie weit ausgelegt. Nachfolgend werden hierunter Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen1 verstanden, die Nahrungs- und Genussmittel, Gesundheitsartikel, Haushaltswaren, Kosmetik, Bekleidung, Elektronik oder andere Konsumgüter herstellen bzw. vertreiben. Den Unternehmen ist dabei gemein, dass die erfolgreiche Gestaltung des Mehrkanalsystems, die systematische Entwicklung von spezifischen Kompetenzen für das Mehrkanalsystemmanagement und die fortlaufende Anpassung an den Markt zentrale Herausforderungen darstellen. 1.1 Gestaltung des Mehrkanalsystems In Handel und Konsumgüterindustrie beschränken heute nur noch wenige Unternehmen ihren Vertrieb auf einen Absatzkanal. Die Vertriebsaktivitäten werden durch Mehrkanalsysteme bestimmt, in denen verschiedene, traditionelle und alternative2, direkte und indirekte Absatzkanäle miteinander kombiniert werden.3 Die Kombination unterschiedlicher Kanäle weist dabei zwei zentrale Vorteile auf: Einerseits wird es durch Mehrkanalsysteme möglich, unterschiedliche Kundengruppen entsprechend ihrer Bedürfnisse anzusprechen, andererseits sind Mehrkanalsysteme in der Lage, Abhängigkeiten von Absatzmittlern zu reduzieren, wodurch der Durchgriff auf die einzelnen Kanäle verbessert wird.4 Der Übergang zum Mehrkanalsystem bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich. Er führt auch zu einer Erhöhung der Schnittstellen,5 wodurch die Komplexität im Unternehmen zunimmt: „Jede Differenzierung führt zu zusätzlichen Doppelspurigkeiten, Kosten, 1 Vertikal integrierte Unternehmen vereinen sowohl Hersteller- als auch Händlerfunktionen. Als alternativer Absatzkanal wird ein Kanal bezeichnet, der in einer Branche neu ist, d.h. sich vom eigentlichen, traditionellen Absatzkanal unterscheidet, bzw. bisher von der Mehrheit der Unternehmen vernachlässigt wurde (Vgl. Schögel/Tomczak (1999), S. 17). 3 Vgl. Schmidt (2004), S. 1; Schögel (2001), S. 9 f. 4 Vg. Schögel (1997), S. 26 f. 5 Vgl. Schögel (1997), S. 101. 2 11 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie Personal- und Lernbedarf“.6 In der Produktion wird davon ausgegangen, dass bei einer Verdoppelung der Produktvarianten die Kosten um 30 bis 40 Prozent steigen.7 Auch in Mehrkanalsystemen, insbesondere beim Aufbau neuer Kanäle, besteht die Kernaufgabe des Managements in der proaktiven Steuerung der Kosten.8 Unternehmen stehen somit vor der Herausforderung, nicht nur effektive sondern auch effiziente Strukturen für ihr Mehrkanalsystem zu finden. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen, wie z.B. die nach der Kundenorientierung, der Marktabdeckung und dem Grad der Standardisierung des Mehrkanalsystems. Letztlich handelt es sich hierbei um Aspekte, die die Ausgestaltung des Mehrkanalsystems betreffen. 1.2 Aufbau von Kompetenzen zur Gestaltung des Mehrkanalsystems Auch wenn die Forderung nach einer erfolgreichen Ausgestaltung des Mehrkanalsystems recht banal klingt, stellt sie für das Management unverändert eine zentrale Herausforderung dar. Grund hierfür sind vor allem zwei Entwicklungen. Einerseits stehen heute viele Unternehmen der Konsumgüterindustrie vor dem Problem einer äußerst fragmentierten Distribution. So realisieren beispielsweise Hersteller der Bekleidungsbranche nach wie vor einen großen Teil ihres Umsatzes über Absatzmittler, die nur über zwei bis drei Outlets verfügen. Um den von ihnen angestrebten Distributionsgrad zu erreichen, müssen sie daher oftmals bis zu eintausend Absatzmittler einsetzen. Hierdurch wird ein erfolgreicher Marktauftritt erschwert.9 Andererseits wird ein wesentlicher Teil der für eine Marketingführerschaft notwendigen Funktionen heute eher von den Absatzmittlern als von Herstellern wahrgenommen.10 Unternehmen, die von Absatzmittlern abhängig sind, geraten daher immer häufiger unter Druck, ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Sie setzen absatzmittlergerichtete Trade Marketing-Strategien11 ein, bearbeiten intensiver die Absatzmittler (z.B. durch ein Key Account Management),12 bilden Wertschöpfungspartnerschaften (z. B. durch ECR) oder verfolgen kombinierte Markenstrategien (d. h. parallele Produktion von Markenartikeln und Handelsmarken). Die Neuerungen gehen dabei mit veränderten Anforderungen an das Management von Mehrkanalsystemen einher. War es früher ausreichend, einen einzelnen Kanal zu optimieren, so müssen Unternehmen heute neben der Koordination und Konfiguration der Kanäle auch klare Konzepte umsetzen, wie sie mit den Mitgliedern unterschiedlicher Kanäle kommunizieren und spezifische Anreizsysteme für diese schaffen. Zudem gewinnt der Aufbau neuer Kanäle an Bedeutung. Die Kompetenzen, die hierfür erforderlich sind, sind in der Regel nicht ad hoc vorhanden, sondern müssen systematisch entwickelt werden.13 Einmal vorhanden, können sie jedoch einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil darstellen.14 6 Belz (1984), S. 25. Vgl. Wildemann (1990), S. 37. Vgl. Schögel (1997). 9 Vgl. Belz (1989), S. 110. 10 Vgl. Dichtl et al. (1997), S. 490 f. 11 Vgl. Zentes (1989), S. 224 ff. 12 Vgl. Diller (1989), S. 213 ff. 13 Vgl. Schögel (2000). 14 Die vorliegende Studie orientiert sich somit an den Ansätzen des Resource-based View, des Knowledge-based View und des Capability-based-View. Die genannten Ansätze gehen davon aus, dass Unterschiede im Unternehmenserfolg auf Unterschiede in der Ressourcenbasis zurückgeführt werden können. Die Generierung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen ist dabei nicht auf einzelne, isolierte Ressourcen zurückzuführen, sondern auf die Kombination komplementärer Ressourcen. Vgl. hierzu Teece et al. (1997) und Müller-Stewens/Lechner (2001). 7 8 12 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie 1.3 Anpassung an marktliche Rahmenbedingungen Die Ausgestaltung des Mehrkanalsystems und die Entwicklung der ManagementKompetenzen erfolgt in der Regel nicht losgelöst von der Umwelt. Oftmals sind sie sogar das Resultat bestimmter Rahmenbedingungen, wie z.B. einer hohen Wettbewerbsintensität, einer hohen technologischen Dynamik und/oder einem immer komplexer werdenden Kundenverhalten. So ist gerade im Endkundenbereich zu beobachten, dass sich die Kunden immer seltener auf einen einzigen Kanal beschränken. Das klassische „Entweder-oder“- ist durch ein „Sowohl-als-auch“-Verhalten abgelöst worden.15 Zudem orientiert sich die Kanalwahl des Endkunden zunehmend an den Extrempolen „preiswert“ und „hochqualitativ“. Je nach Situation sucht der Kunde Kanäle auf, die entweder den niedrigsten Preis oder aber Vielfalt, Qualität, Service und Erlebnis bieten.16 Dies wirkt sich auch auf die Ausgestaltung des Mehrkanalsystems und die Entwicklung der Management-Kompetenzen aus. So ist derzeit zu beobachten, dass immer mehr Unternehmen über ein Trading-Up ihrer Leistungen nachdenken und entsprechende Anpassungen vornehmen. Der Transformationsprozess ist dabei oftmals langwierig und geht regelmäßig mit Friktionen einher.17 2 Grundlagen der Studie 2.1 Zielsetzung der Studie Die Bestandsaufnahme in Handel und Konsumgüterindustrie in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat ergeben, dass heute bereits 60% der Unternehmen drei bis vier Absatzkanäle einsetzen. Bei der Ausgestaltung ihrer Mehrkanalsysteme müssen sich die Unternehmen zahlreichen Herausforderungen stellen. Für 92 Prozent aller deutschen, österreichischen und schweizerischen Unternehmen nimmt die Effizienz- und Effektivitätssteigerung des eigenen Vertriebes einen großen Stellenwert ein.18 Das Ziel der Studie ist es, die zentralen Stellhebel für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen zu identifizieren und ihre Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg zu untersuchen. Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Fragen: 1. Welche Gestaltungsparameter, Kompetenzen und Rahmenbedingungen sind für das Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie relevant? 2. Wie sind die Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie derzeit ausgestaltet und wie schätzen die Unternehmen ihre Kompetenzen ein? 3. Wie wirken sich Kompetenzen und Gestaltungsparameter auf den Erfolg des Mehrkanalsystems aus und inwiefern wird dieser durch die Rahmenbedingungen beeinflusst? 4. Wo liegen wesentliche Unterschiede zwischen den Top und Low Performern in Handel und Konsumgüterindustrie? Welche Implikationen ergeben sich hieraus für die Praxis? 15 Vgl. Schögel (1997), S. 47; Schögel/Tomczak (1999), S. 14 f. Vgl. Schögel/Schulten (2005), S. 21. Vgl. Sauer (2005). 18 Vgl. Cap Gemini (2007), S. 5. 16 17 13 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie 2.2 Bezugsrahmen der Studie Zur Identifikation der zentralen Gestaltungsparameter, Kompetenzen und Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen wurden Experteninterviews durchgeführt und umfassende Literaturrecherchen vorgenommen. Der Bezugsrahmen in Abbildung 1 zeigt, dass Rahmenbedingungen wie das Kundenverhalten, die technologische Dynamik und die Wettbewerbsintensität Einfluss auf die Ausgestaltung des Mehrkanalsystems und die im Unternehmen vorhandenen Management-Kompetenzen haben. Zusammen mit der Ausgestaltung des Mehrkanalsystems, die u.a. aus den vorhandenen Management-Kompetenzen resultiert, wirken sie sich zudem unmittelbar auf den Unternehmenserfolg aus. Organisationale Variablen Ausgestaltung des Mehrkanalsystems Unternehmenssituation • Technologische Dynamik • Wettbewerbsintensität • Kundenverhalten • Anzahl der Kanäle • Einsatz direkter und indirekter Kanäle • Umsatzverteilung im Mehrkanalsystem • Standardisierung im Mehrkanalsystem • Kundenorientierung • Einheitlichkeit und Markenstärke • Grad des Konfliktniveaus • Verbundenheit der Kanalmitglieder Erfolg im Mehrkanalmanagement • Umsatz • Deckungsbeitrag • Gesamterfolg Management-Kompetenzen • Konfiguration des Mehrkanalsystems • Kommunikation im Mehrkanalsystem • Motivation der Kanalmitglieder • Koordination des Mehrkanalsystems • Aufbau neuer Kanäle • Controlling des Mehrkanalsystems Quelle: eigene Darstellung Abb. 1 Bezugsrahmen der Untersuchung Hinsichtlich der Richtung der Erfolgswirkungen wurden auf Basis der geführten Experteninterviews folgende Thesen formuliert: These 1 Ungünstige Rahmenbedingungen, wie z.B. eine hohe Wettbewerbsintensität und technologische Dynamik, mindern den Erfolg des Mehrkanalsystems. These 2 Die erfolgreiche Ausgestaltung des Mehrkanalsystems trägt zum Erfolg des Unternehmens bei. These 3 Die systematische Entwicklung von Kompetenzen hat einen positiven Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens. Die Thesen werden in den folgenden Kapiteln näher beleuchtet. 14 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie 2.3 Forschungsansatz der Studie Die Studie kombiniert qualitative und quantitative Forschungsansätze. Qualitative Forschungsansätze, wie z.B. Desk Research, Experteninterviews und Fallstudien, dienten dazu, die zentralen Faktoren für das Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie zu identifizieren und einen Bezugsrahmen zu entwickeln. Die Daten der auf dieser Grundlage konzipierten Online-Befragung von insgesamt 535 deutschen, österreichischen und schweizerischen Händlern und Konsumgüterherstellern wurden quantitativ ausgewertet.19 Insbesondere wurde untersucht, anhand welcher Kriterien sich die 20 erfolgreichsten Unternehmen (Top Performer) von den 20 am wenigsten erfolgreichen Unternehmen (Low Performer) unterscheiden. Der Erfolg der Unternehmen wurde dabei anhand des Faktorwertes zum Erfolgsbeitrag des Mehrkanalsystems beurteilt (vgl. Abbildung 2).20 Alle Absatzkanäle erzielen im Vergleich zum Wettbewerb hohe Umsätze Alle Absatzkanäle generieren Umsätze vor allem mit solchen Produkten, die für mein Unternehmen mit hohen Margen verbunden sind Alle Kanäle tragen zum Erfolg meines Unternehmens bei 1 2 Stimme überhaupt nicht zu Abb. 2 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Definition des Mehrkanalerfolgs Es zeigte sich, dass in der Gruppe der Top Performer Händler, Hersteller und vertikal integrierte Unternehmen annähernd gleich stark vertreten sind, während in der Gruppe der Low Performer die Hersteller dominieren (vgl. Abbildung 3). Top Performer Low Performer 3 5 8 5 12 7 Hersteller Abb. 3 Händler Vertikal integriert Gruppenzugehörigkeit der Unternehmenstypen 19 Hierzu wurde zunächst auf den Partial Least Squares-Ansatz zurückgegriffen, um die Relevanz der qualitativ identifizierten Faktoren quantitativ abzusichern. 20 Dieser wurde auf Basis der Kriterien berechnet, die von Sujan et al. (2004) entwickelt worden sind. 15 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Mehrkanalsysteme als Chance für Handel und Konsumgüterindustrie 2.4 Stichprobe der Studie An der Studie nahmen insgesamt 75 Unternehmen teil, was einer Rücklaufquote von 14,02 Prozent entspricht. Der Rücklauf kann auch in absoluten Zahlen als zufrieden stellend betrachtet werden. Vergleichbare Untersuchungen konnten einen Rücklauf zwischen 63 und 101 Fragebögen erzielen.21 58 Prozent der Befragten beantworteten dabei den Fragebogen für das gesamte Unternehmen, 25 Prozent für eine Business Unit und 17 Prozent für eine regionale Vertriebsgesellschaft. Als Hauptsitz ihres Unternehmens nannten 56 Prozent der Befragten Deutschland, 23 Prozent die Schweiz und lediglich 1 Prozent Österreich. Bei einem Fünftel der Befragten befand sich der Hauptsitz des Unternehmens außerhalb dieser Länder (vgl. Abbildung 4). 15 Andere 17 Schweiz Österreich 1 Deutschland 42 0 Abb. 4 10 20 30 40 50 Hauptsitz des Unternehmens Wie Abbildung 5 verdeutlicht, gaben 45 Prozent der befragten Personen an, den Fragebogen für einen Hersteller zu beantworten. 27 Prozent machten hingegen ihre Aussagen für einen Händler und 28 Prozent für ein vertikal integriertes Unternehmen, das sowohl Hersteller- als auch Händlerfunktionen in sich vereint. Mehr als 60 Prozent der Befragten waren dabei im Bereich der Nahrungs- und Genussmittel, der Haushaltswaren oder der Kosmetik tätig. Unternehmenstyp Branchenverteilung 5% 9% 27% 32% 9% 45% 10% 14% 28% Hersteller Abb. 5 21 16 Vertikal integriert Händler 21% Nahrungs- und Genussmittel Andere Branchen Kosmetik Haushaltswaren Mode Unternehmenstyp und Branchenverteilung Vgl. Evanschitzky/Mörsdorf (2002), Hesse/Huckemann (2002), Heinrich (2002), Berthold/Klöpper (2002). Elektronik/Medien Gesundheit Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen B Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen 1 Typische Unternehmenssituationen in Handel und Konsumgüterindustrie Um typische Unternehmenssituationen in Handel und Konsumgüterindustrie zu identifizieren, wurden die Aussagen der Befragten zu Wettbewerbsintensität, technologischer Dynamik im Markt und zur Komplexität des Kundenverhaltens analysiert. Wie aus Abbildung 6 hervorgeht, ergaben sich dabei zwei Cluster, deren Unternehmen nachfolgend als „Kämpfer“ und „Entspannte“ bezeichnet werden. Die Kämpfer Die Entspannten Wettbewerb/ Technologie/ Kundenverhalten: Wettbewerb/ Technologie/ Kundenverhalten: • In dem Cluster der „Kämpfer“ ist die Einschätzung des Wettbewerbs deutlich höher als im Cluster der „Entspannten“. • Drei mal so viele Unternehmen sehen hier den Wettbewerbsdruck auf die Distribution als sehr hoch an. • 79% der Unternehmen in diesem Cluster sehen in einer innovativen Distribution eine Möglichkeit, um sich nachhaltig vom Wettbewerb zu differenzieren. • 82% der Unternehmen nehmen eine mittlere bis rasche Veränderung der technologischen Neuerungen in der Distribution wahr. • 88% der Unternehmen richten ihre Kanäle auf die in den jeweiligen Kaufprozessphasen präferierten Absatzkanäle aus. • Die Wettbewerbsintensität wird hier als relativ gering eingeschätzt. • 53% der Unternehmen in diesem Cluster sehen keinen verstärkten Innovationsdruck in der Distribution. • Unternehmen, die dem Cluster der „Entspannten“ angehören, sehen zudem eine weniger stark ausgeprägte technologische Dynamik. • Die wahrgenommene Veränderung des Kundenverhaltens ist in diesem Cluster sehr gering ausgeprägt. • 71% der Unternehmen sehen keine maßgeblichen Veränderungen in den Kundenpräferenzen. In 25% der Fälle nimmt der Kunde nur über einen Absatzkanal Kontakt zum Unternehmen auf. Weitere Tendenzaussagen: Weitere Tendenzaussagen: • Unternehmen, die diesem Cluster angehören, bauen neue Kanäle tendenziell systematischer auf als Unternehmen, die dem Cluster der „Entspannten“ zuzurechnen sind. • 76% dieser Unternehmen greifen in ihrem Mehrkanalsystem auf gemeinsame Ressourcen zurück. • Die Einheitlichkeit des Mehrkanalsystems ist für das Cluster der „Kämpfer“ kein Schwerpunkt. • Im Cluster der „Entspannten“ treffen sich die Top-Manager der Kanäle weniger häufig. In der Tendenz ist ein relativ großer Anteil der Kanäle nicht in das Mehrkanalsystem integriert. • Die Ressourceneffizienz ist in der Tendenz weniger stark ausgeprägt. • Das Mehrkanalsystem ist im Cluster der „Entspannten“ hinsichtlich der Öffnungszeiten, der Erreichbarkeit sowie der Liefer- und Abholservices einheitlicher gestaltet. • Das Konfliktniveau ist in beiden Clustern annähernd gleich hoch. Abb. 6 Typische Unternehmenssituationen in der Konsumgüterindustrie 1.1 Die „Kämpfer“ Unternehmen, die dem Cluster der „Kämpfer“ angehören, unterliegen einer hohen Wettbewerbsintensität und bewegen sich in einem Marktumfeld mit relativ großer technologischer Dynamik und komplexem Kundenverhalten. Als Folge schätzen hier – im Vergleich zum Cluster der „Entspannten“ – drei Mal so viele Unternehmen die Wettbewerbsintensität als sehr hoch ein. 82 Prozent nehmen zudem eine mittlere bis rasche Veränderung technologischer Neuerungen wahr. Nichtsdestotrotz betrachten 79 Prozent der Unternehmen distributive Innovationen, wie z.B. alternative Absatzkanäle, als Chance, um sich nachhaltig vom Wettbewerb abzusetzen. Eine große Rolle spielt dabei auch die Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden. So geben 88 Prozent der Unternehmen an, ihre Kanäle an den Kaufprozessen der Kunden auszurichten. 17 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen Mit Blick auf die Ausgestaltung und das Management des Mehrkanalsystems werden neue Kanäle von „kämpfenden“ Unternehmen etwas systematischer aufgebaut, als von Unternehmen, die zum Cluster der „Entspannten“ gehören. Weniger Wert wird demgegenüber auf eine hohe Einheitlichkeit des Mehrkanalsystems gelegt. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass durch ein ausdifferenziertes Mehrkanalsystem die Bedürfnisse der Kunden besser abgedeckt werden können. Trotz des etwas uneinheitlicheren Marktauftritts gelingt es aber 76 Prozent der „kämpfenden“ Unternehmen, dass ihre Kanäle auf eine gemeinsame Ressourcen-Basis zurückgreifen, was auf eine relativ hohe Effizienz schließen lässt. 1.2 Die „Entspannten“ Unternehmen, die dem Cluster der „Entspannten“ angehören, befinden sich in einem Wettbewerbsumfeld, in dem die Wettbewerbsintensität und die technologische Dynamik relativ gering sind. Auch das Kundenverhalten stellt diese Unternehmen vor keine größeren Herausforderungen. So sehen 53 Prozent der Unternehmen keinen verstärkten Innovationsdruck auf die Distribution und 71 Prozent keine maßgeblichen Veränderungen in den Kundenpräferenzen. Den „entspannten“ Unternehmen gelingt ein Marktauftritt, der in der Tendenz einheitlicher ist als der der „Kämpfer“. Dies erstaunt umso mehr, als dass sich bei den „entspannten“ Unternehmen die Top-Manager der einzelnen Kanäle weniger häufig treffen. Bei „entspannten“ Unternehmen agieren offenbar die einzelnen Kanäle etwas autarker und greifen weniger häufig auf eine gemeinsame Ressourcen-Basis zurück. 2 Bedeutung der Rahmenbedingungen für Handel und Konsumgüterindustrie Ausgehend von den typischen Unternehmenssituationen wurde analysiert, ob sich die Rahmenbedingungen bei Herstellern, Händlern und vertikal integrierten Unternehmen unterscheiden und inwiefern die Rahmenbedingungen einen Einfluss auf den Erfolg des Mehrkanalsystems haben. 2.1 „Konkurrenz belebt das Geschäft“ Steigende Überkapazitäten, nachhaltigere Wirkungen rezessiver Phasen, rascher Preisund Mengenverfall sowie strukturelle Umbrüche und Konzentrationstendenzen führen dazu, dass eine hohe Wettbewerbsintensität von vielen Unternehmen als negativ und bedrohlich empfunden wird.22 Vergleich nach Unternehmenstypen Werden Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen hinsichtlich ihrer Wettbewerbsintensität miteinander verglichen, so verdeutlicht Abbildung 7, dass die Wettbewerbsintensität über alle drei Unternehmenstypen hinweg ähnlich hoch eingeschätzt wird. 22 18 Vgl. Sauer (2005), S. 120 f. Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? 4,53 4,80 4,57 Durch Innovationen in der Distribution setzt sich mein Unternehmen nachhaltig von Wettbewerbern ab 6,09 6,10 Der Wettbewerbsdruck auf die Distribution ist hoch 5,62 4,06 Andere Unternehmen adaptieren Innovationen in der Distribution rasch** 4,90 5,05 5,24 5,35 4,95 Die Wettbewerber unternehmen verstärkt Anstrengungen, um durch die Distribution einen Wettbewerbsvorteil zu erreichen 5,47 5,40 5,05 Es gibt eine große Anzahl an bedeutenden Wettbewerbern 1 2 3 4 5 6 Stimme überhaupt nicht zu * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 7 7 Stimme voll zu Vertikal integriert Händler Hersteller Wettbewerbsintensität nach Unternehmenstypen Allerdings fallen die Hersteller im Bereich der raschen Adaption von Innovationen gegenüber den Händlern und den vertikal integrierten Unternehmen etwas zurück. Dies lässt sich u.U. darauf zurückführen, dass Hersteller geringere Zugriffsmöglichkeiten auf das Mehrkanalsystem haben, da sie oftmals von Absatzmittlern abhängig sind. Auffällig ist zudem, dass relativ große Anstrengungen unternommen werden, um Wettbewerbsvorteile durch die Distribution zu erzielen, sich letztlich aber nur wenige Unternehmen durch distributive Innovationen vom Wettbewerb absetzen können. Unternehmen scheinen somit nach distributiven Innovationen zu suchen, ihre nachhaltige Realisierung erweist sich aber nach wie vor als große Herausforderung. Vergleich nach Mehrkanalerfolg Vergleicht man die Ausprägungen der einzelnen Faktoren nach erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen, so zeigt sich, dass die Top Performer mit einer höheren Wettbewerbsintensität konfrontiert sind, die Low Performer hingegen einer größeren Anzahl an bedeutenden Wettbewerbern gegenüberstehen (vgl. Abbildung 8). Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Durch Innovationen in der Distribution setzt sich mein Unternehmen nachhaltig von Wettbewerbern ab* Der Wettbewerbsdruck auf die Distribution ist hoch Andere Unternehmen adaptieren Innovationen in der Distribution rasch Die Wettbewerber unternehmen verstärkt Anstrengungen, um durch die Distribution einen Wettbewerbsvorteil zu erreichen Es gibt eine große Anzahl an bedeutenden Wettbewerbern * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau (wo ?) Abb. 8 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Wettbewerbsintensität nach Top und Low Performern Im Gegensatz zu den Low Performern gelingt es jedoch den Top Performern, sich durch distributive Innovationen vom Wettbewerb abzusetzen. Die Innovationskraft im Bereich der Distribution trägt somit entscheidend dazu bei, den Erfolg des Mehrkanalsystems nach19 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen haltig zu steigern, wobei sich die Nachhaltigkeit der Erfolgssteigerung auch daran erkennen lässt, dass die Innovationen der Top Performer von den Wettbewerbern nur relativ langsam adaptiert werden. Geht man davon aus, dass die distributiven Innovationen der Top Performer durch eine hohe Wettbewerbsintensität stimuliert wurden, so trifft für Handel und Konsumgüterindustrie die Aussage zu: „Wettbewerb belebt das Geschäft“. 2.2 Chancen für den Handel durch technologische Dynamik Mehrkanalsysteme unterliegen technologieinduzierten Veränderungen.23 Gerade durch technologische Durchbrüche, wie beispielsweise das Internet, ergeben sich oftmals neue Chancen, um den Erfolg des Mehrkanalsystems zu steigern. Der technologischen Dynamik in den Märkten wird daher von vielen Unternehmen große Aufmerksamkeit geschenkt. Vergleich nach Unternehmenstypen Aus der technologischen Dynamik ergeben sich vor allem Chancen für den Handel und die vertikal integrierten Unternehmen (vgl. Abbildung 9). Hersteller schätzen dagegen die Chancen technologischer Dynamik vergleichsweise gering ein. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Chancen technologischer Dynamik mit der Nähe zum Endkunden zunehmen. Hersteller benötigen aufgrund ihrer geringeren Zugriffsmöglichkeiten auf das Mehrkanalsystem mehr Zeit für die Einführung neuer Technologien. Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? In unserem Umfeld entstehen durch neue Technologien zahlreiche Chancen in der Distribution 5,00 4,95 4,35 4,38 In unserem Umfeld ermöglichen technologische Durchbrüche viele Neuerungen in der Distribution 5,00 4,21 4,33 4,65 In unserem Umfeld verändern sich die in der Distribution eingesetzten Technologien rasch 4,06 1 2 3 4 5 Stimme überhaupt nicht zu Vertikal integriert Abb. 9 6 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Technologische Dynamik nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Top Performer und Low Performer bewerten die technologische Dynamik und die daraus resultierenden Chancen ähnlich, so dass dieser Faktor einen vernachlässigbaren Einfluss auf den Erfolg des Mehrkanalsystems hat (vgl. Abbildung 10). 23 20 Vgl. Ahlert/Borchert (2000), S. 16 f. Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? In unserem Umfeld entstehen durch neue Technologien zahlreiche Chancen in der Distribution In unserem Umfeld ermöglichen technologische Durchbrüche viele Neuerungen in der Distribution In unserem Umfeld verändern sich die in der Distribution eingesetzten Technologien rasch 1 2 Stimme überhaupt nicht zu Abb. 10 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Technologische Dynamik nach Top und Low Performern 2.3 Unbefriedigende Prognostizierbarkeit des Kundenverhaltens ohne Einfluss auf Mehrkanalerfolg Kunden nutzen heute mehrere Kanäle parallel, nehmen über verschiedene Touch Points Kontakt zum Unternehmen auf und wechseln zwischen den Kanälen in den verschiedenen Phasen des Kaufprozesses. Daher wird es für viele Unternehmen immer schwerer zu prognostizieren, welche Absatzkanäle die Kunden mittelfristig wie intensiv nutzen werden. Die konsequente Ausrichtung der Kanäle an den Bedürfnissen der Kunden ist eine immer komplexer werdende Aufgabe. Vergleich nach Unternehmenstypen Abbildung 11 bestätigt, dass der Endkunde mittlerweile mehrere Kanäle in seinem Kaufprozess nutzt. Die Prognose des Kanalwahlverhaltens wird von den Unternehmen als vergleichsweise geringe Herausforderung wahrgenommen. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass Kunden oftmals große Verharrungstendenzen in ihren angestammten Kanälen aufweisen.24 24 Vgl. Gensler/Böhm (2006). 21 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Es kann nur schwer prognostiziert werden, welche Kanäle die Endkunden in ein paar Jahren intensiv nutzen** 3,00 4,30 3,94 Die Endkunden nutzen mehrere Kanäle parallel oder nehmen über verschiedene „Touch Points“ Kontakt zu meinem Unternehmen auf 5,29 4,30 5,18 4,81 4,90 4,94 Die Endkunden weisen zunehmend die Tendenz auf in verschiedenen Phasen des Kaufprozesses verschiedene Kanäle zu nutzen 4,05 4,15 4,41 Die Absatzkanalpräferenzen der Endkunden ändern sich fortlaufend 1 2 3 4 5 6 Stimme überhaupt nicht zu * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 11 7 Stimme voll zu Vertikal integriert Händler Hersteller Kundenverhalten nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Stellt man die Top und Low Performer hinsichtlich des Verhaltens ihrer Endkunden einander gegenüber, so zeigt sich, dass die Endkunden der Top Performer signifikant mehr Kanäle nutzen als die der Low Performer. Das Ergebnis bestätigt andere Untersuchungen, nach denen sich die Nutzung mehrerer Kanäle positiv auf das Unternehmensergebnis auswirkt.25 Die positive Wirkung lässt sich möglicherweise darauf zurückführen, dass Kunden, die mehrere Kanäle parallel in Anspruch nehmen, leichter zufrieden gestellt werden können, was sich wiederum positiv auf deren Kauf- und Zahlungsbereitschaft auswirkt (vgl. Abbildung 12).26 Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Es kann nur schwer prognostiziert werden, welche Kanäle die Endkunden in ein paar Jahren intensiv nutzen Die Endkunden nutzen mehrere Kanäle parallel oder nehmen über verschiedene „Touch Points“ Kontakt zu meinem Unternehmen auf** Die Endkunden weisen zunehmend die Tendenz auf in verschiedenen Phasen des Kaufprozesses verschiedene Kanäle zu nutzen Die Absatzkanalpräferenzen der Endkunden ändern sich fortlaufend * 5% Signifikanzniveau (wo * ?) **10% Signifikanzniveau Abb. 12 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Kundenverhalten nach Top und Low Performern Erstaunlicherweise hat die Unberechenbarkeit des Kundenverhaltens keinen signifikanten Einfluss auf den Erfolg des Mehrkanalsystems. Es ist zu vermuten, dass das Kundenverhalten sowohl für Top als auch Low Performer eine ungelöste Herausforderung darstellt. 25 26 22 Vgl. Kumar/Venkatesan (2005), S. 44 ff. Vgl. Shankar et al. (2003), S. 153 ff. Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen Zusammenfassung und Zwischenfazit Hinsichtlich der Rahmenbedingungen ergeben sich für Händler und Konsumgüterhersteller zwei typische Unternehmenssituationen: entweder befinden sich die Unternehmen in einem relativ „entspannten“ Marktumfeld, oder sie haben aufgrund einer hohen Wettbewerbsintensität und technologischen Dynamik sowie einem komplexen Kundenverhalten mit großen Herausforderungen zu „kämpfen“. Auch wenn die spezifischen Rahmenbedingungen von den befragten Unternehmen so heterogen wahrgenommen werden, haben diese nur einen geringen Einfluss auf den Erfolg des Mehrkanalsystems. Unternehmen können somit auch unter schwierigsten Rahmenbedingungen erfolgreich sein, wobei sich eine hohe Wettbewerbsintensität sogar zukunftssichernd auswirken kann. Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen unterscheiden sich hinsichtlich der Wettbewerbsintensität ihrer Märkte kaum. Auch hinsichtlich der Prognose komplexen Kundenverhaltens konnten keine signifikanten Unterschiede ermittelt werden, was den Schluss nahelegt, dass diese für alle Unternehmenstypen ein nach wie vor ungelöstes Problem darstellt. Mit Blick auf die technologische Dynamik zeigt sich, dass hieraus vor allem Chancen für Händler und vertikal integrierte Unternehmen resultieren. Hersteller scheinen mehr Zeit für die Umsetzung distributiver Innovationen zu benötigen, was mit dem erhöhten Koordinationsaufwand, der aus der Zusammenarbeit mit Absatzmittlern resultiert, begründet werden kann. Die Realisierung distributiver Innovationen scheint über alle Unternehmenstypen hinweg nach wie vor ein großes Problem darzustellen. Auch zwischen den Top und Low Performern ergeben sich nur geringe Unterschiede hinsichtlich der Wettbewerbsintensität, der technologischen Dynamik und der Komplexität des Kundenverhaltens. Top Performer sehen sich tendenziell einer etwas höheren Wettbewerbsintensität ausgesetzt, schaffen es jedoch, sich über distributive Innovationen nachhaltig vom Wettbewerb abzusetzen. 23 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie C Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Bei der Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme stehen die Struktur des Mehrkanalsystems, die Standardisierung der Prozesse und das Ausmaß der Kundenorientierung im Mehrkanalsystem im Mittelpunkt der Analyse. Darüber hinaus werden Aspekte, die die Einheitlichkeit des Marktauftritts und die Markenstärke sowie die Verbundenheit der Kanalmitglieder betreffen, behandelt. Wie im vorangegangenen Abschnitt werden dabei zunächst die einzelnen Unternehmenstypen miteinander verglichen, bevor eine Analyse der Top und Low Performer vorgenommen wird. 1 Mehr Erfolg durch Risikoausgleich im Mehrkanalsystem Ein Mehrkanalsystem liegt vor, wenn ein Unternehmen mindestens zwei Absatzkanäle einsetzt. Dabei können in Abhängigkeit von logistischem Prozess (Bring- vs. Holprinzip) und Kontaktaufnahme (Anbieter- vs. Kundeninitiative) stationäre, Beziehungs-, Tür-zu-Türund Homeshopping-Kanäle unterschieden werden (vgl. Abbildung 13). Kontaktaufnahme Durch den Kunden Kunde holt Güter ab Durch das Unternehmen Stationäre Stationäre Kanäle Kanäle BeziehungsBeziehungs-Kanäle Kanäle Homeshopping- Kanäle Tür-zu-Tür-Kanäle Logistischer Prozess Hersteller bringt Güter Abb. 13 Typologie der Absatzkanäle Die stationären Kanäle zeichnen sich dadurch aus, dass der Kunde von sich aus ein stationäres Geschäft aufsucht, dort Güter erwirbt und mit nach Hause nimmt. Beziehungskanäle, wie z.B. Partyverkäufe, machen sich hingegen Beziehungsgeflechte zunutze. Die Kontaktaufnahme erfolgt hier durch den Anbieter, der logistische Prozess durch den Kunden. Tür-zu-Tür-Kanäle entsprechen weitestgehend dem klassischen Haustürverkauf, bei dem der Anbieter die Initiative ergreift und den logistischen Prozess übernimmt. Für Homeshopping-Kanäle, wie z.B. dem Internet und dem klassischen Versandhandel, ist hingegen charakteristisch, dass der Kunde die Möglichkeit erhält, unabhängig von den Verkaufsanstrengungen des Anbieters Güter zu bestellen. Nach erfolgter Bestellung liefert der Anbieter die gewünschten Güter aus.27 Die vier Absatzkanaltypen werden nachfolgend herangezogen, um strukturelle Unterschiede in den Mehrkanalsystemen von Handel und Konsumgüterindustrie 27 24 Vgl. Schögel/Tomczak (1998). Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie aufzuzeigen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Zahl der eingesetzten Kanäle sowie die Art und Weise, wie mit diesen am Markt agiert wird. Darüber hinaus wird auf den Anteil der einzelnen Kanaltypen am Gesamtumsatz eingegangen. Vergleich nach Unternehmenstypen Vergleicht man Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen anhand der Anzahl eingesetzter Kanäle, so zeigt sich, dass die stationären Kanäle über alle Unternehmenstypen hinweg eine wichtige Rolle spielen, während es bei den anderen Kanaltypen zum Teil große Unterschiede gibt. Abbildung 14 zeigt, dass sich Tür-zu-TürKanäle vor allem bei vertikal integrierten Unternehmen finden, während Beziehungskanäle eine Domäne der Händler sind. Wenig überraschend ist, dass der Handel in nahezu allen Kategorien die größte Anzahl an Kanälen einsetzt. Die räumliche Nähe zum Kunden scheint somit nach wie vor ein zentraler Erfolgsfaktor zu sein. Genauso wenig erstaunt es, dass Hersteller vergleichsweise wenige Kanäle einsetzen. Durch die Einschaltung von Händlern können Hersteller die Anzahl ihrer Kontakte zu den Abnehmern reduzieren.28 Würden die Hersteller ähnlich viele Kanäle einsetzen wie der Handel, so wäre dessen Daseinsberechtigung in Frage gestellt. Wie viele Kanäle setzt Ihr Unternehmen ein? Tür-zu-Tür-Kanäle 4,80 4,29 4,18 Homeshopping-Kanäle 4,15 4,61 3,65 5,32 Beziehungskanäle** 5,80 3,88 5,15 5,60 Stationäre Kanäle 5,03 1 2 3 4 5 6 Sehr wenige Kanäle * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 14 7 Sehr viele Kanäle Vertikal integriert Händler Hersteller Anzahl der Kanäle nach Unternehmenstypen Zur Art und Weise des Kanaleinsatzes verdeutlicht Abbildung 15, dass sowohl Hersteller als auch Händler vor allem im Bereich der stationären Kanäle direkt agieren. Erstaunlich ist dabei der relativ hohe Mittelwert, der sich für die Hersteller ergibt. Dieser deutet darauf hin, dass derzeit viele Hersteller versuchen, ihre Abhängigkeit vom stationären Handel zu reduzieren. Nicht umsonst gewinnen alternative Vertriebskonzepte, wie beispielsweise Flagship-Stores, für viele Hersteller an Bedeutung. Vertikal integrierte Unternehmen setzen hinsichtlich ihrer direkten Vertriebsaktivitäten eher auf Tür-zu-Tür- und Beziehungskanäle. Der Vertrieb über Homeshopping-Kanäle erfolgt über alle Unternehmenstypen hinweg tendenziell eher indirekt. 28 Vgl. Baligh/Richartz (1964) sowie Baligh/Richartz (1967). 25 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Wie agiert Ihr Unternehmen mit seinen Kanälen am Markt? Tür-zu-Tür-Kanäle 4,60 3,87 3,33 Homeshopping-Kanäle 3,63 3,75 3,00 4,45 Beziehungskanäle 3,71 3,39 3,95 6,05 Stationäre Kanäle* 5,26 1 2 3 4 5 6 Ausschließlich indirekt * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 15 7 Ausschließlich direkt Vertikal integriert Händler Hersteller Einsatz direkter und indirekter Kanäle nach Unternehmenstypen Hinsichtlich der Umsatzverteilung zeigt Abbildung 16, dass die stationären Kanäle über alle Unternehmenstypen hinweg den größten Anteil am Gesamtumsatz erzielen. Hersteller erwirtschaften 69 Prozent ihrer Umsätze mit stationären Kanälen, Händler sogar 76 Prozent. Herstellern und vertikal integrierten Unternehmen gelingt es zudem mit Tür-zuTür- und Beziehungskanälen relativ große Umsätze zu erzielen. Trotz der Euphorie um das Internet werden mit Homeshopping-Kanälen nach wie vor relativ geringe Umsätze erzielt. Die befragten Hersteller erzielen gerade einmal zwei Prozent ihres Umsatzes über Homeshopping-Kanäle, bei den Händlern beträgt der Umsatzanteil rund 8,6 Prozent. Damit ist das Homeshopping für den Handel kaum wichtiger als der Direktverkauf an der Haustür (Umsatzanteil: 7,9 Prozent) und der Verkauf über Beziehungskanäle, auf den rund 7,8 Prozent des Gesamtumsatzes entfallen. Einen zweistelligen Umsatzanteil generieren hier lediglich die vertikal integrierten Unternehmen. Diese verfügen zudem über den größten Risikoausgleich, da sich deren Umsätze über die verschiedenen Kanaltypen relativ gleichmäßig verteilen. Wie verteilen sich die Umsätze auf die folgenden Absatzkanäle? 100% 80% 14,76% 1,97% 14,18% 7,89% 8,58% 7,78% 24,94% 14,24% 60% 23,83% 40% 69,09% 76,17% 20% 37,59% 0% Hersteller Tür-zu-Tür-Kanäle Abb. 16 Händler Homeshopping-Kanäle Vertikal integriert Beziehungskanäle Stationäre Kanäle Umsatzverteilung im Mehrkanalsystem nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Top Performer setzen signifikant mehr Homeshopping- und stationäre Kanäle ein als Low Performer. Abbildung 17 verdeutlicht zudem, dass Top Performer tendenziell über mehr Tür-zu-Tür- und Beziehungskanäle verfügen. Auch wenn der Unterschied zu den Low Performern diesbezüglich nicht statistisch signifikant ist, deuten die Ergebnisse darauf hin, 26 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie dass eine möglichst hohe Marktabdeckung über unterschiedliche Kanäle für die Konsumgüterindustrie ein zentraler Erfolgsfaktor ist. Wie viele Kanäle setzt Ihr Unternehmen ein? Tür-zu-Tür-Kanäle Homeshopping-Kanäle* Beziehungskanäle Stationäre Kanäle* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau (wo **?) Abb. 17 1 2 Sehr wenige Kanäle 3 4 Low Performer 5 Top Performer 6 7 Sehr viele Kanäle Anzahl der Kanäle nach Top und Low Performern Fallbeispiel Tchibo: Tchibo gilt hinsichtlich der Marktabdeckung als Best Practice. Tchibo wurde 1949 von Max Herz gegründet und verkaufte ursprünglich ausschließlich Kaffee über den Postweg. Heute verfügt das Unternehmen über ca. 50.000 Verkaufsstellen in Deutschland, davon sind rund 30.000 Lebensmittelhändler, 16.000 spezialisierte Händler und 1.000 eigene Filialen. Unter dem Slogan „Jede Woche eine neue Welt“ bietet Tchibo eine große Bandbreite an Konsumgütern an. Internet, Kataloge und ein wöchentliches Tchibo-Magazin stellen sicher, dass die Kunden jederzeit über das aktuelle Angebot im Bild sind. Die wöchentlichen Sortimentsveränderungen zwingen dabei die Kunden zu einer raschen Kaufentscheidung. Außerdem ermöglichen sie es Tchibo, im Laufe des Jahres ein äußerst breites Publikum anzusprechen. Auch wenn Tchibo derzeit mit Herausforderungen im Bereich der Sortimentspolitik zu kämpfen hat, gilt die Distribution noch immer als vorbildlich. Das Unternehmen konnte hierdurch lange Zeit Marktanteile hinzugewinnen. Quelle: www.tchibo.com. Mit Blick auf die Art und Weise, wie die Kanäle eingesetzt werden, zeigen sich zwischen den Top und Low Performern keine signifikanten Unterschiede. In der Tendenz bevorzugen die Top Performer allerdings einen indirekten Vertrieb. Dies erstaunt insofern, als dass gerade unter den Herstellern eine Tendenz zum stationären Direktvertrieb zu erkennen war (vgl. Abbildung 18). 27 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Wie agiert Ihr Unternehmen mit seinen Kanälen am Markt? Tür-zu-Tür-Kanäle Homeshopping-Kanäle* Beziehungskanäle Stationäre Kanäle* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau (**?) Abb. 18 1 2 Ausschließlich indirekt 3 4 Low Performer 5 Top Performer 6 7 Ausschließlich direkt Einsatz direkter und indirekter Kanäle nach Top und Low Performern Fallbeispiel Miele: Im Bereich der indirekten Distribution gilt Miele als führendes Unternehmen. Das Unternehmen wurde 1899 von Carl Miele und Reinhard Zinkann gegründet und konzentrierte sich von Beginn an auf die Produktion hochwertiger Haushaltsgeräte. Die Marke spricht deshalb vor allem design-, prestige- und qualitätsorientierte Käufer an und genießt speziell in den USA Kultstatus. Mittlerweile verfügt das Unternehmen weltweit über 31 Niederlassungen und über ein Distributionssystem, das knapp 12.000 Verkaufs- und Service-Stellen umfasst. Miele greift dabei primär auf Fachhändler zurück, die in der Lage sind, den Qualitätsstandards des Unternehmens im Bereich der Beratung und des Service gerecht zu werden. Die Zusammenarbeit mit den Händlern ist sehr eng, wobei zu einigen Händlern Beziehungen seit dem Jahr der Unternehmensgründung bestehen. Kunden honorieren die hohe Qualität der MieleLeistungen und die Kundennähe, die aus dem breiten Fachhändlernetz resultiert. Das Unternehmen konnte daher in den letzten beiden Jahren seinen hohen Umsatz deutlich steigern. Quellen: www.miele.de, Euromonitor (2005), Plüss (2005). Abbildung 19 gibt hinsichtlich der Umsatzverteilung im Mehrkanalsystem deutliche Unterschiede zwischen den Top und Low Performern zu erkennen. Low Performer weisen eine hohe Abhängigkeit von stationären Kanälen auf, während Top Performer nahezu 50% ihres Umsatzes über Tür-zu-Tür-, Homeshopping- und Beziehungskanäle erzielen. Top Performer verfügen somit über einen gewissen Risikoausgleich und unterliegen geringeren Abhängigkeiten. 28 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Wie verteilen sich die Umsätze auf die folgenden Absatzkanäle? 100% 14,72% 16,05% 80% 14,28% 1,65% 5,50% 60% 17,78% 40% 76,80% 53,22% 20% 0% Top Performer Tür-zu-Tür-Kanäle Abb. 19 Low Performer Homeshopping-Kanäle Beziehungskanäle Stationäre Kanäle Umsatzverteilung im Mehrkanalsystem nach Top und Low Performern 2 Mehr Erfolg durch Front-End-Standardisierung im Mehrkanalsystem Mehrkanalsysteme können danach unterschieden werden, in welchem Verhältnis die verschiedenen Kanäle zueinander stehen. Der Entscheidungsspielraum erstreckt sich dabei von einer Kombination vollkommen autarker Absatzkanäle bis hin zu einem vollständig verzahnten Mehrkanalsystem. Die Entscheidung über eine Trennung bzw. Integration der Kanäle ist für das Management von Mehrkanalsystemen ein zentraler Punkt, da deren Erfolg davon abhängt, wie die einzelnen Absatzkanäle ihre Marktverantwortung wahrnehmen. Es gilt somit, eine Balance zu finden, die einerseits den Anforderungen der Markt- und Wettbewerbsverhältnisse gerecht wird und andererseits unnötige Konflikte im Mehrkanalsystem verhindert.29 Grundsätzlich lassen sich in diesem Zusammenhang vier Ansätze zur Ausgestaltung von Mehrkanalsystemen unterscheiden (vgl. Abbildung 20): der Channel-Portfolio-Ansatz, der Supported-Channels-Ansatz, der Front-Ends-Ansatz und der Integrated-Systems-Ansatz. Trade-off zwischen ... Unabhängigkeit Synergie Channel Portfolio Front Ends Integrated System Merkmale: • Trennung von KanalLeistungskombinationen • weitgehend autarke Kanäle • interner Wettbewerb Merkmale: • Kanäle verfügen über ähnliche Leistungsbasis • unterschiedliche Services • Kunden können bei unterschiedlichen Leistungen wählen Merkmale: • (Kern-) Leistung ist gleich • weitreichende Integration • Nutzenvorteil durch Kanalwahl Merkmale: • einheitlicher Auftritt • Kanalleistungen ergänzen sich • Kundenvorteil durch Kombination Beispiel: Coop Beispiel: Sony Beispiel: Bang & Olufsen Beispiel: Nespresso Abb. 20 29 Supported Channels Ansätze zur Ausgestaltung des Mehrkanalsystems Vgl. Sauer (2005), S. 91. 29 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Unternehmen, die einen Channel-Portfolio-Ansatz verfolgen, setzen auf autarke Kanäle, die nicht integriert sind. Die Kanäle greifen zudem nicht auf eine gemeinsame Ressourcen-Basis zurück. Unternehmen, die einen Supported-Channels-Ansatz verfolgen, setzen zwar auf weitestgehend autarke Kanäle, integrieren diese aber zumindest teilweise. Zugleich greifen die Kanäle auf eine gemeinsame Ressourcen-Basis zurück, die sich durch weitestgehend standardisierte Prozesse auszeichnet. Unternehmen, die einen Front-Ends-Ansatz verfolgen, setzen auf Kanäle, die weitestgehend integriert sind und auf eine Ressourcen-Basis zurückgreifen, deren Prozesse weitestgehend standardisiert sind. Unternehmen, die einen Integrated-Systems-Ansatz verfolgen, setzen schließlich auf Kanäle, die vollständig integriert sind und zudem auf vollkommen standardisierte Prozesse zugreifen.30 Fallbeispiele: Die verschiedenen Ansätze lassen sich anhand der Unternehmen Coop, Sony, Bang&Olufsen und Nespresso darstellen. Coop ist derzeit die zweitgrößte Einzelhandelsgruppe der Schweiz. Das Unternehmen unterhält über 1.500 Verkaufsstellen und ist in fünf Verkaufsregionen organisiert, um den regionalen Bedürfnissen seiner Kunden Rechnung zu tragen. Die Aufteilung in Regionen hat jedoch zur Folge, dass gerade in den regionalen Grenzgebieten ein interner Wettbewerb zwischen den Coop-Geschäftsstellen besteht. Die Geschäftsstellen, die oftmals nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegen, greifen zudem auf unterschiedliche Organisationsstrukturen zurück. Coop ist daher ein Beispiel für den Channel-Portfolio-Ansatz. Der Supported-Channels-Ansatz kann anhand von Sony illustriert werden. Dadurch, dass das Unternehmen seine Produkte primär über unabhängige Händler vertreibt, bieten sich nur wenige Möglichkeiten zur Integration des Mehrkanalsystems. Durch eine äußerst professionelle Unterstützung des Handels, die auf bewährten und überwiegend standardisierten Prozessen basiert, gelingt aber trotzdem eine ansprechende Präsentation der Marke Sony über die verschiedenen Formate hinweg. Die Sony Center übernehmen dabei die Funktion von Flagship-Stores, indem sie auf die Markenwahrnehmung in den übrigen Handelsformaten abstrahlen. Bang & Olufsen (B&O) ist ein Beispiel für ein Unternehmen mit Front-Ends-Ansatz. Bereits Mitte der 80er Jahre entwickelte der dänische Unterhaltungselektronikhersteller ein innovatives Vertriebskonzept zur differenzierten Bearbeitung seiner Händlergruppen. Dieses Konzept folgt dem Prinzip von „Zuckerbrot und Peitsche": Hoch qualifizierte Absatzmittler erhalten von B&O günstigere Einkaufskonditionen und eine attraktivere Marketingunterstützung, Absatzmittler mit geringeren Qualifikationen müssen diesbezüglich Abstriche machen. Durch standardisierte Prozesse im Bereich der Schulung und Marketingunterstützung (Back End) gelingt es dem Unternehmen, trotz der differenzierten Behandlung der Händlergruppen einen relativ einheitlichen und harmonischen Marktauftritt zu schaffen, der anspruchsvolle Kunden in die exklusive „Welt von Bang&Olufsen“ eintauchen lässt. Nespresso ist ein ausgezeichnetes Beispiel für den Integrated-Systems-Ansatz. Das Unternehmen, eine Tochtergesellschaft der Firma Nestlé, begann 1986 damit, portionierte Kaffeekapseln sowie Espressomaschinen über den Postweg zu vertreiben. Heute verfügt das Unternehmen über neun Maschinenpartner, zu denen u.a. Krups und Siemens zählen. Die Maschinen werden durch ausgewählte Fachgeschäfte und Warenhäuser vertrieben, die Kapseln und Accessoires jedoch nur über den Nespresso Club (Bestellung online, über Telefon oder Fax) und die Nespresso Boutiquen. Durch die enge und weitestgehend standardisierte Verzahnung der verschiedenen Kontaktpunkte gelingt es dem Unternehmen, die Marke Nespresso für den Kunden greif- und erlebbar zu machen. Auf diese Weise konnte im vergangenen Jahr ein Umsatzzuwachs von 42 Prozent und ein Gesamtumsatz von 1,16 Milliarden CHF erzielt werden. Quellen: www.coop.ch, www.sony.ch, Schögel/Schulten (2005), www.ft.com. 30 30 Vgl. Schögel (2006). Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Vergleich nach Unternehmenstypen Vergleicht man Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen nach dem Grad der Prozessstandardisierung in ihren Mehrkanalsystemen, so zeigt sich über alle Unternehmenstypen hinweg, dass die Liefer- und Bestellprozesse den höchsten Standardisierungsgrad aufweisen. Dies wird auch durch eine separate Auswertung bestätigt, die sich mit der logistischen Komponente des Lieferprozesses beschäftigt. Die befragten Unternehmen geben dabei an, dass sie ihre Leistungen fast immer am vereinbarten Ort zur vereinbarten Zeit in der vereinbarten Quantität und Qualität bereitstellen (vgl. Abbildung 21). Bitte geben Sie an, in welchem Ausmass Ihr Unternehmen die Prozesse zum Endkunden hin standardisiert hat. 4,43 4,45 After-Sales-Prozess 5,18 6,43 Lieferprozess** 5,60 6,50 6,33 Bestellprozess 5,80 6,56 4,10 4,40 Akquisitionsprozess 4,88 4,10 3,85 Kundenbedürfnisanalyseprozess 4,59 1 2 3 4 5 Überhaupt nicht standardisiert * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 21 Vertikal integriert 6 7 Vollständig standardisiert Händler Hersteller Standardisierung im Mehrkanalsystem nach Unternehmenstypen Dies erstaunt nur wenig, da logistische Prozesse heute weitestgehend standardisiert sind. Zur Standardisierung dieser Prozesse mag zudem beitragen, dass sie zumindest teilweise für den Kunden nicht sichtbar sind und ihn daher nur wenig tangieren. Demgegenüber weisen die Front-End-Prozesse, wie die Analyse der Kundenbedürfnisse, die Neukundenakquisition und der After-Sales-Service einen vergleichsweise geringen Standardisierungsgrad auf. Viele Unternehmen versuchen in diesen Bereichen nach wie vor sehr individuell auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen. Vergleicht man den Standardisierungsgrad der einzelnen Prozesse über die verschiedenen Unternehmen hinweg, so fällt auf, dass dieser bei den Herstellern am weitesten vorangeschritten ist. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass Hersteller vergleichsweise wenige Kanäle einsetzen und daher bei der Standardisierung eine weniger komplexe Aufgabe zu bewältigen haben. Vergleich nach Mehrkanalerfolg Abbildung 22 zeigt, dass der Standardisierungsgrad der Prozesse bei den Top Performern deutlich höher ist als bei den Low Performern. Vor allem im Front-End-Bereich sind die Unterschiede groß. Low Performer haben hier noch nicht alle Standardisierungspotenziale genutzt. 31 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Bitte geben Sie an, in welchem Ausmaß Ihr Unternehmen die Prozesse zum Endkunden hin standardisiert hat. After-Sales-Prozess** Lieferprozess Bestellprozess Akquisitionsprozess** Kundenbedürfnisanalyseprozess* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau 1 2 Überhaupt nicht standardisiert 3 4 Low Performer Abb. 22 5 6 7 Vollständig standardisiert Top Performer Standardisierung im Mehrkanalsystem nach Top und Low Performern 3 Mehr Erfolg durch Kundenorientierung im Mehrkanalsystem Die Ergebnisse des vorangegangenen Abschnittes verdeutlichen, dass individualisierte Kundeninteraktionen nicht zwangsläufig mit einem höheren Erfolg des Mehrkanalsystems einhergehen. Unternehmen müssen vielmehr bei ihren Kundeninteraktionen stets das Verhältnis von Aufwand und Ertrag hinterfragen. Zentraler Anknüpfungspunkt ist dabei der „Customer Value“. Dieser umfasst die Dimensionen „Kundenvorteil“ und „Kundenwert“, wobei der Kundenvorteil den wahrgenommenen Nutzenzuwachs durch eine Leistung aus Kundensicht, der Kundenwert hingegen die Summe aller direkten und indirekten Beiträge des Kunden zur Erreichung der Unternehmensziele bezeichnet.31 Kundenwerte entstehen in der Regel erst dann, wenn Vorteile für den Kunden geboten werden. Nur wenn es gelingt, dem Kunden einen attraktiven Mehrwert zu bieten, kann ein Unternehmen auch einen höheren Wertbeitrag aus der Kundenbeziehung realisieren („dual value“).32 Eine hohe Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden wird daher als Voraussetzung für den Erfolg des Mehrkanalsystems angesehen.33 Vergleich nach Unternehmenstypen Ein Vergleich der Unternehmenstypen ergibt, dass der Kundenorientierung sowohl von Herstellern als auch von Händlern und vertikal integrierten Unternehmen große Bedeutung beigemessen wird (vgl. Abbildung 23). Vor allem die strategische Ausrichtung des Unternehmens auf die Schaffung zusätzlicher Werte für die Kunden und die Überwachung des Engagements, mit dem die Kundenbedürfnisse befriedigt werden, nehmen über alle Unternehmenstypen hinweg einen hohen Stellenwert ein. 31 Vgl. Schögel/Schulten (2006), S. 37. Vgl. Payne/Frow (2006). 33 Vgl. Schögel/Schulten (2006), S. 65. 32 32 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Mein Unternehmen achtet auf die Qualität seines After-Sales-Service 5,19 4,80 5,50 Mein Unternehmen misst die Kundenzufriedenheit systematisch und regelmäßig 4,90 5,20 5,03 Bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens steht die Schaffung zusätzlicher Werte für die Kunden im Mittelpunkt 6,00 5,90 5,97 5,62 5,75 5,79 Das Engagement, die Kundenbedürfnisse zu befriedigen, wird überwacht 1 2 3 4 5 6 Stimme überhaupt nicht zu Vertikal integriert Abb. 23 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Kundenorientierung nach Unternehmenstypen Die Qualität des After-Sales-Services wird vor allem von den Herstellern beachtet. Die systematische und regelmäßige Messung der Kundenzufriedenheit ist hingegen eine Domäne, in der die Händler aufgrund ihres engeren Endkundenkontakts besonders stark sind. Vergleich nach Mehrkanalerfolg Vergleicht man die Top und Low Performer nach ihrer Kundenorientierung, so zeigt sich, dass die Top Performer über alle Dimensionen eine signifikant höhere Kundenorientierung aufweisen, als die Low Performer (vgl. Abbildung 24). Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Mein Unternehmen achtet auf die Qualität seines After-Sales-Service* Mein Unternehmen misst die Kundenzufriedenheit systematisch und regelmäßig** Bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens steht die Schaffung zusätzlicher Werte für die Kunden im Mittelpunkt* Das Engagement, die Kundenbedürfnisse zu befriedigen, wird überwacht* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 24 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Kundenorientierung nach Top und Low Performern Die Studie bestätigt somit die Meinung vieler Experten, dass eine konsequente Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden für den Erfolg des Mehrkanalsystems unabdingbar ist. 33 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Fallbeispiel QVC: Ein Beispiel für eine hohe Kundenorientierung ist der Teleshopping-Sender QVC. QVC Deutschland wurde 1996 gegründet. Das Programm ist mittlerweile über Kabel und Satellit von mehr als 35 Millionen Haushalten in Deutschland und Österreich zu empfangen. Die hohe Kundenorientierung des Unternehmens zeigt sich bereits im Akronym QVC, das für Quality, Value und Convenience steht. Die Kundenvorteile resultieren dabei nicht nur aus einem überlegenen Produktsortiment, sondern auch aus der Distribution. So ist QVC als einziger deutscher Shopping-Sender jeden Tag 24 Stunden live on Air. Das Programm setzt sich ausschließlich aus Verkaufsshows ohne journalistische Inhalte zusammen und kann auch im Internet mitverfolgt werden. Im Internet steht auch ein ausführlicher TV-Programmplan zur Verfügung, der dem Kunden eine vorausschauende Planung seiner Teleshopping-Aktivitäten erlaubt. Darüber hinaus sind sowohl im Internet als auch im Fernsehen alle Rufnummern gut sichtbar, mit denen der Kunde telefonisch bestellen oder sich in die Sendung schalten lassen kann. Die Bestellungen können kostenlos über eine persönliche Bestellhotline erfolgen. Alternativ steht Q-Tel, eine computergesteuerte, automatische Bestellannahme zur Verfügung, bei der der Kunde keine Wartezeiten in Kauf nehmen muss. QVC generiert auf diese Weise bis zu 200.000 Anrufe pro Tag und akquiriert Neukunden in einem Umfang, der weit über dem Branchendurchschnitt liegt. Quellen: www.qvc.de, www.qvc.com, Geschäftsberichte 2002-2006. 4 Mehr Erfolg durch einheitlichen Marktauftritt der Kanäle Neben einer hohen Kundenorientierung werden von Unternehmen der einheitliche Auftritt der Kanäle und die Stärke der Marke(n) als zentrale Faktoren für den Erfolg von Mehrkanalsystemen betrachtet. Eine hohe Ähnlichkeit der Kanäle erleichtert dem Kunden die Orientierung im Mehrkanalsystem. Zugleich fördert sie das Vertrauen in das Mehrkanalsystem, da hiermit Zuverlässigkeit und Kompetenzübertragungen assoziiert werden.34 Eine ähnliche Funktion übernehmen Marken. Marken erleichtern die Auswahl von Leistungen und dienen als Signal für Kompetenz, Sicherheit und Qualität.35 Es kann daher davon ausgegangen werden, dass sie auch auf die Wahrnehmung des Mehrkanalsystems abstrahlen. Vergleich nach Unternehmenstypen In Abbildung 25 werden die verschiedenen Unternehmenstypen einander gegenübergestellt. Es stellt sich heraus, dass sowohl den Herstellern als auch den Händlern und vertikal integrierten Unternehmen eine relativ einheitliche Aufmachung und Gestaltung der Produkte bzw. des Produktumfeldes gelingt. 34 35 34 Vgl. Schramm-Klein (2003), S. 329. Vgl. Meffert (2000), S. 848 f. Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? 6,19 Die Gestaltung und Aufmachung der Produkte sowie das Produktumfeld sind aus Sicht der Endkunden in allen Kanälen sehr ähnlich 5,25 5,24 5,00 4,80 4,47 Die Werbung für die Endkunden ist in allen Kanälen hinsichtlich Art und Aufmachung sehr ähnlich 4,10 4,05 Alle Kanäle bieten den Endkunden die gleichen Liefer- und Abholservices für die Produkte an* 2,67 3,33 3,45 Der Endkunde kann in allen Absatzkanälen zu den gleichen Öffnungszeiten einkaufen 2,50 4,19 Für die Endkunden ist das Preisniveau in allen Absatzkanälen völlig gleich 4,55 3,29 1 2 3 4 5 6 7 Stimme überhaupt nicht zu * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 25 Stimme voll zu Vertikal integriert Händler Hersteller Einheitlichkeit des Mehrkanalsystems nach Unternehmenstypen Auch die Werbung ist über die verschiedenen Unternehmenstypen hinweg hinsichtlich ihrer Art und Aufmachung sehr ähnlich. Schwieriger gestaltet sich hingegen die einheitliche Service-Politik, was möglicherweise auf konstitutionelle Unterschiede zwischen den Kanälen zurückzuführen ist. So haben Homeshopping-Kanäle hier wegen des fehlenden persönlichen Kontakts Nachteile gegenüber stationären Kanälen. Auffällig ist zudem, dass die Händler und vertikal integrierten Unternehmen tendenziell über einheitlichere Mehrkanalsysteme verfügen als die Hersteller, da diese bessere Zugriffsmöglichkeiten auf ihr Mehrkanalsystem haben. Mit Blick auf die Stärke der Marke zeigt sich, dass diesbezüglich vor allem die Händler und vertikal integrierten Unternehmen während der letzten drei Jahre zulegen konnten (vgl. Abbildung 26). Die Hersteller, die in dieser Domäne traditionell sehr stark sind, erzielten vergleichsweise geringe Zuwächse. Auch hier lassen sich möglicherweise die Zuwächse bei den Händlern und vertikal integrierten Unternehmen auf die besseren Zugriffsmöglichkeiten auf das Mehrkanalsystem zurückführen. Bitte geben Sie für Ihr Unternehmen an, wie es sich in den letzten drei Jahren im Vergleich zum stärksten Wettbewerber entwickelt hat. Markenwahrnehmung** 5,81 5,45 5,00 5,52 5,05 Markenrelevanz 4,88 5,62 4,90 5,09 Markenpositionierung 1 * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 26 2 3 4 5 6 Wesentlich schlechter 7 Wesentlich besser Vertikal integriert Händler Hersteller Markenstärke nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Vergleicht man die Top und Low Performer nach der Einheitlichkeit ihres Mehrkanalsystems und der Stärke ihrer Marken so wird deutlich, dass die Top Performer über alle 35 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Dimensionen hinweg über ein signifikant einheitlicheres Mehrkanalsystem verfügen als die Low Performer. Wie Abbildung 27 verdeutlicht, trifft dies insbesondere auf die Einheitlichkeit des Preisniveaus zu. Hier stellt sich allerdings die Frage nach der Kausalität der Wirkungszusammenhänge: Wirken sich einheitliche Preise positiv auf den Erfolg des Mehrkanalsystems aus oder sind erfolgreiche Unternehmen eher in der Lage ein einheitliches Preisniveau über alle Kanäle hinweg durchzusetzen? Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Die Gestaltung und Aufmachung der Produkte sowie das Produktumfeld sind aus Sicht der Endkunden in allen Kanälen sehr ähnlich** Die Werbung für die Endkunden ist in allen Kanälen hinsichtlich Art und Aufmachung sehr ähnlich** Alle Kanäle bieten den Endkunden die gleichen Liefer- und Abholservices für die Produkte an** Der Endkunde kann in allen Absatzkanälen zu den gleichen Öffnungszeiten einkaufen* Für die Endkunden ist das Preisniveau in allen Absatzkanälen völlig gleich* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 27 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 5 Low Performer 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Einheitlichkeit des Mehrkanalsystems nach Top und Low Performern Mit Blick auf die Markenstärke ergibt sich ein überraschendes Resultat. Abbildung 28 zeigt zwar, dass die Top Performer über etwas stärkere Marken verfügen als die Low Performer. Die Unterschiede sind jedoch nicht signifikant. Die Marke scheint demnach einen weitaus geringeren Einfluss auf den Erfolg des Mehrkanalsystems zu haben als bisher angenommen. Auch wenn Aussagen, wie z.B. „Abschied vom Branding"36, etwas reißerisch klingen, deuten die Ergebnisse der vorliegenden Studie darauf hin, dass die Markenstärke zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für den Erfolg des Mehrkanalsystems ist. Bitte geben Sie für Ihr Unternehmen an, wie es sich in den letzten drei Jahren im Vergleich zum stärksten Wettbewerber entwickelt hat. Markenwahrnehmung Markenrelevanz Markenpositionierung 1 2 Wesentlich schlechter Abb. 28 36 36 Markenstärke nach Top und Low Performern Rutschmann (2005) , S. 35. 3 4 Low Performer 5 Top Performer 6 7 Wesentlich besser Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie 5 Mehr Erfolg durch „Verbundenheit“ der Kanalmitglieder Nach Ansicht verschiedener Experten ist auch die Verbundenheit der Kanalmitglieder für den Erfolg des Mehrkanalsystems von Relevanz. Zu den Kanalmitgliedern zählen sowohl eigene als auch fremde Vertriebsakteure. Zu den eigenen Akteuren gehören alle im direkten Vertrieb tätigen Personen und Unternehmenseinheiten, insbesondere Verkaufsabteilungen, Verkaufsstellen und Verkaufspersonen. Fremde Akteure sind rechtlich und wirtschaftlich selbständige Personen und Unternehmen. Es wird davon ausgegangen, dass eine starke Verbundenheit der Kanalmitglieder die Zusammenarbeit im Mehrkanalsystem erleichtert. Die Verbundenheit der Kanalmitglieder ist dabei eng mit dem Gefühl des Vertrauens verknüpft und wird generell durch eine enge Beziehung und durch die gegenseitige Erfüllung von Erwartungen erreicht. Besteht zwischen den Kanalmitgliedern eine Vertrauensbasis, so können Konflikte schneller gelöst und Synergien zwischen den Kanälen leichter ausgeschöpft werden. Es kann daher angenommen werden, dass bei einer hohen Verbundenheit der Kanalmitglieder Kanäle leichter integriert, standardisiert und vereinheitlicht werden können. Vergleich nach Unternehmenstypen Vergleicht man die verschiedenen Unternehmenstypen anhand der Verbundenheit ihrer Kanalmitglieder, so zeigt sich, dass die vertikal integrierten Unternehmen gefolgt von den Händlern über die höchste Verbundenheit ihrer Kanalmitglieder verfügen (vgl. Abbildung 29). Die hohe Verbundenheit bei den vertikal integrierten Unternehmen kann damit begründet werden, dass die Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette die Identifikation mit dem Unternehmen und die Verbundenheit der Kanalmitglieder untereinander stärkt. Die im Vergleich zu den Herstellern etwas höheren Werte der Händler lassen sich möglicherweise darauf zurückführen, dass bei den Händlern ein größerer Teil der Kanalmitglieder für das eigene Unternehmen tätig ist. Als Folge ist auch die Verbundenheit der Kanalmitglieder etwas höher als bei den Herstellern. Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Die Mitglieder der einzelnen Kanäle freuen sich darüber, mit meinem Unternehmen zusammen arbeiten zu dürfen 5,62 5,35 5,21 Die Mitglieder der einzelnen Kanäle identifizieren sich mit den Leistungen meines Unternehmens 5,67 5,45 5,15 4,90 Die Mitglieder der einzelnen Kanäle diskutieren gerne mit Dritten über mein Unternehmen 4,53 5,09 5,71 5,65 Die Mitglieder der einzelnen Kanäle sind stolz darauf, mit meinem Unternehmen zusammen zu arbeiten 5,09 1 2 3 4 5 Stimme überhaupt nicht zu Vertikal integriert Abb. 29 6 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Grad der Verbundenheit der Kanalmitglieder nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg In Bezug auf den Mehrkanalerfolg verdeutlicht Abbildung 30, dass die Verbundenheit der Kanalmitglieder bei den Top Performern signifikant höher ist als bei den Low Performern. Eine Erklärung für die Erfolgswirkung der Verbundenheit könnte sein, dass Unternehmen, deren Kanalmitglieder sehr loyal sind, über bessere Zugriffsmöglichkeiten auf ihr Mehrkanalsystem verfügen als Unternehmen mit weniger loyalen Kanalmitgliedern. Durch die besseren Zugriffsmöglichkeiten werden die Prozessstandardisierung und die Vereinheitlichung des Erscheinungsbildes des Mehrkanalsystems erleichtert. 37 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ausgestaltung erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Die Mitglieder der einzelnen Kanäle freuen sich darüber, mit meinem Unternehmen zusammen arbeiten zu dürfen*“ Die Mitglieder der einzelnen Kanäle identifizieren sich mit den Leistungen meines Unternehmens** Die Mitglieder der einzelnen Kanäle diskutieren gerne mit Dritten über mein Unternehmen* Die Mitglieder der einzelnen Kanäle sind stolz darauf, mit meinem Unternehmen zusammen zu arbeiten* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 30 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Grad der Verbundenheit der Kanalmitglieder nach Top und Low Performern Zusammenfassung und Zwischenfazit Aus dem Vergleich der Unternehmenstypen ergibt sich, dass der Handel eine vergleichsweise große Anzahl an Kanälen einsetzt, wobei vor allem im Bereich der Homeshopping- und stationären Kanäle die Ubiquität des Angebots für den Erfolg des Mehrkanalsystems entscheidend zu sein scheint. Mit Blick auf die Umsatzverteilung zeigte sich hingegen, dass vertikal integrierte Unternehmen über einen größeren Risikoausgleich verfügen als reine Hersteller und Händler. Hersteller verfügen allerdings über einen höheren Standardisierungsgrad ihrer Prozesse, was möglicherweise auf die geringere Anzahl der eingesetzten Kanäle zurückzuführen ist. Hinsichtlich der Kundenorientierung, der Einheitlichkeit und der Markenstärke bestehen zwischen den einzelnen Unternehmenstypen keine signifikanten Unterschiede. Vertikal integrierte Unternehmen verfügen allerdings tendenziell über etwas stärkere Marken, was damit erklärt werden kann, dass diese Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette kontrollieren. Vergleicht man die Top und Low Performer nach der Ausgestaltung ihrer Mehrkanalsysteme, so ergibt sich ein eindeutiges Bild. Top Performer setzen verstärkt auf Homeshopping- und stationäre Kanäle und verfügen über einen Risikoausgleich in ihrem Mehrkanalsystem. Darüber hinaus standardisieren sie neben ihren Back-EndProzessen auch ihre Front-End-Prozesse zum Kunden und sorgen für einen einheitlichen Marktauftritt. Des Weiteren zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie sich konsequent an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren, eine hohe Verbundenheit ihrer Kanalmitglieder sicherstellen und sich nicht allein auf die Stärke ihrer Marke verlassen. Die Stärke ihrer Marke ist für sie lediglich eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für den Unternehmenserfolg. 38 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie D Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Kompetenzen bilden sich in Abhängigkeit von der unternehmensindividuellen Entwicklungsgeschichte und der spezifischen Markt- und Wettbewerbssituation heraus.37 Um ihren Fortbestand zu sichern, müssen sich Unternehmen fortlaufend um einen Fit ihrer unternehmensinternen Kompetenzen mit den aus der spezifischen Markt- und Wettbewerbssituation resultierenden Potenzialen bemühen.38 Die Bedeutung der folgenden fünf Kompetenzen ist im Rahmen der Studie untersucht worden: • Konfiguration des Mehrkanalsystems, d.h. die optimale Anpassung der Absatzkanäle an Wettbewerbssituation und Kundenbedürfnisse. Aufbau neuer Kanäle, d.h. die Fähigkeiten, alternative Vertriebswege effektiv und effizient im Markt einzuführen. Koordination des Mehrkanalsystems, d.h. die erfolgreiche Steuerung des Mehrkanalsystems und die interne Abstimmung der Absatzkanäle. Interaktion im Mehrkanalsystem: Im Bereich der Interaktion ist vor allem die Kommunikation mit den Kanalmitgliedern, d.h. der gegenseitige Austausch von Informationen, und deren Motivation, d.h. die direkte und/oder indirekte Verhaltensbeeinflussung, von Bedeutung. Controlling des Mehrkanalsystems mit der Aufgabe, die Rationalität bei der Lösung von Führungsproblemen im Mehrkanalsystem sicherzustellen. Neben einer Informations-, Planungs- und Koordinationsfunktion kommt ihm dabei vor allem eine Überwachungsfunktion zu. • • • • Abbildung 31 stellt die Bewertung der Management-Kompetenzen nach Unternehmenstypen im Überblick dar. Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? 5,79 5,51 5,65 Das Controlling unseres Mehrkanalsystems ist sehr wichtig 5,41 5,20 5,15 Die Koordination unseres Mehrkanalsystems ist sehr wichtig 4,54 4,35 4,55 Die Kommunikation und Motivation unserer Kanalmitglieder ist sehr wichtig 4,85 4,85 Der Aufbau neuer Kanäle erfolgt bei uns sehr systematisch 5,25 6,27 6,02 5,81 Unser Mehrkanalsystem ist sehr gut konfiguriert 1 2 3 4 5 Stimme überhaupt nicht zu Vertikal integriert Abb. 31 6 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Beurteilung der Management-Kompetenzen nach Unternehmenstypen Vergleicht man die Wichtigkeit der einzelnen Kompetenzen nach Top und Low Performern, so zeigt sich, dass die Top Performer generell höhere Werte erzielen (vgl. Abbildung 32), wodurch die Relevanz der einzelnen Kompetenzen für das Management von Mehrkanalsystemen nochmals unterstrichen wird. Auf die einzelnen Kompetenzen wird in den folgenden Abschnitten näher eingegangen. 37 38 Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 541. Vgl. Schögel (2006), S. 93; Kirsch (1990), S. 17. 39 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Das Controlling unseres Mehrkanalsystems ist sehr wichtig Die Koordination unseres Mehrkanalsystems ist sehr wichtig Die Kommunikation und Motivation unserer Kanalmitglieder ist sehr wichtig Der Aufbau neuer Kanäle erfolgt bei uns sehr systematisch Unser Mehrkanalsystem ist sehr gut konfiguriert 1 2 Stimme überhaupt nicht zu Abb. 32 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Beurteilung der Management-Kompetenzen nach Top und Low Performern 1 Erfolgsfaktor Interaktion mit den Kanalmitgliedern Im Bereich der Interaktion ist vor allem die Kommunikation mit den Kanalmitgliedern und deren Motivation von Bedeutung. Gerade die interne Kommunikation hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Unter interner Kommunikation wird hier der gegenseitige Austausch von Informationen zwischen dem Management und den Mitgliedern des Mehrkanalsystems verstanden.39 Gelingt es dem Management, mit den Mitgliedern der einzelnen Kanäle interaktiv zu kommunizieren, so können Veränderungen im Markt schneller erkannt und der eigene Marktauftritt leichter angepasst werden. Hierzu ist es erforderlich, dass das Management die Bedürfnisse der Kanalmitglieder Ernst nimmt, häufig Feedback gibt, und auf Anfragen der Kanalmitglieder ohne größere Verzögerungen reagiert.40 Unter der Motivation der Kanalmitglieder werden hier alle Aktivitäten zusammengefasst, die eine direkte und/oder indirekte Verhaltensbeeinflussung der Kanalmitglieder zum Ziel haben.41 Gerade erfolgreiche Unternehmen verfügen oftmals über Anreizsysteme, um die Abstimmung der Kanalmitglieder untereinander zu verbessern. So werden beispielsweise durch „Multi Reward“-Systeme alle Mitglieder eines Mehrkanalsystems an erfolgreichen Kundentransaktionen beteiligt, um die kanalübergreifende Zusammenarbeit zu fördern und die Bedürfnisse der Kunden stärker in den Vordergrund zu stellen. Sowohl die Kommunikation mit den Kanalmitgliedern als auch deren Motivation wurden im Rahmen der Studie untersucht. Vergleich nach Unternehmenstypen Vergleicht man Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen nach dem Niveau ihrer Kommunikation mit den Kanalmitgliedern bzw. nach dem Einsatz von Motivationsinstrumenten, so zeigt sich, dass über alle Unternehmenstypen hinweg eine rasche Reaktion auf Anfragen der Kanalmitglieder eher vorzufinden ist als ein extensiver Einsatz von Motivationsinstrumenten. Abbildung 33 macht zudem deutlich, dass der Einsatz von Motivationsinstrumenten bei Herstellern und vertikal integrierten Unternehmen etwas stärker ausgeprägt ist als bei den Händlern. Möglicherweise werden hierdurch Defizite im Hinblick auf die Kontrolle des Mehrkanalsystems ausgeglichen. Die Unterschiede zwischen den Unternehmenstypen sind jedoch nicht statistisch signifikant. 39 Vgl. Scholl (2003), S. 71; Mohr/Nevin (1990), S. 38. Vgl. Scholl (2003), S. 71 f. 41 Vgl. Lusch/Brown (1982), S. 319; Frazier/Summers (1984), S. 44 f. 40 40 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Mein Unternehmen reagiert zügig auf Anfragen der Mitglieder der einzelnen Kanäle 5,95 6,00 6,15 3,90 Mein Unternehmen verfügt über Anreizsysteme, um kanalübergreifende Zusammenarbeit zu fördern 3,45 3,79 3,76 3,60 Wir versprechen den Mitgliedern der einzelnen Kanäle oft Belohnungen für besondere Leistungen 3,71 1 2 3 4 5 6 Stimme überhaupt nicht zu Vertikal integriert Abb. 33 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Interaktion im Mehrkanalsystem nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Ein Vergleich nach dem Erfolg im Mehrkanalsystem ergibt, dass die Top Performer nicht nur rascher mit ihren Kanalmitgliedern kommunizieren, sondern auch die kanalübergreifende Zusammenarbeit der Mitglieder viel stärker fördern (vgl. Abbildung 34). In Handel und Konsumgüterindustrie sind die zügige Kommunikation mit den Kanalmitgliedern und eine moderate Integration des Mehrkanalsystems entscheidende Faktoren für den Mehrkanalerfolg. Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Mein Unternehmen reagiert zügig auf Anfragen der Mitglieder der einzelnen Kanäle* Mein Unternehmen verfügt über Anreizsysteme, um kanalübergreifende Zusammenarbeit zu fördern* Wir versprechen den Mitgliedern der einzelnen Kanäle oft Belohnungen für besondere Leistungen* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau (**?) Abb. 34 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Interaktion im Mehrkanalsystem nach Top und Low Performern 2 Erfolgsfaktor Koordination des Mehrkanalsystems Bei der Koordination des Mehrkanalsystems steht die Frage im Vordergrund, wie das Mehrkanalsystem erfolgreich gesteuert und die Absatzkanäle intern aufeinander abgestimmt werden können. Das Management muss sich dabei mit der Abstimmung und Führung der Kanäle auseinandersetzen.42 Das Ausmaß der Koordination zeigt sich vor allem in der Integration der Kanäle und dem Umfang gemeinsam genutzter Ressourcen. Auch das Wissen um eine weitere Erhöhung der Wertschöpfung in den Kanälen ist in der Regel nicht singulär in den Köpfen einzelner Manager verankert, sondern resultiert aus 42 Vgl. Schögel (1997), S. 159 ff. 41 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie gemeinsamen Diskussionen. Es kann daher ebenfalls als Indikator für die Koordination des Mehrkanalsystems betrachtet werden. Vergleich nach Unternehmenstypen Vergleicht man Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen nach der Koordination ihrer Mehrkanalsysteme, so zeigt sich, dass die Koordination der Mehrkanalsysteme über alle Unternehmenstypen hinweg ein relativ hohes Niveau erreicht (vgl. Abbildung 35). Die Integration der Kanäle, der Zugriff auf eine gemeinsame Ressourcen-Basis und das Wissen um eine weitere Erhöhung der Wertschöpfung sind bei Herstellern, Händlern und vertikal integrierten Unternehmen gleichermaßen stark ausgeprägt. Zwischen den einzelnen Unternehmenstypen gibt es keine signifikanten Unterschiede, was insofern überraschend ist, als dass Hersteller in der Regel weniger Kontroll- und Zugriffsmöglichkeiten auf das Mehrkanalsystem haben als Händler und vertikal integrierte Unternehmen. Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Die einzelnen Kanäle greifen auf gemeinsame Ressourcen zurück 5,33 5,10 4,85 5,62 Die Top Manager der einzelnen Kanäle wissen, wie sie ihre Wertschöpfung weiter erhöhen können 5,55 5,50 5,29 4,95 Alle Kanäle sind integriert, um die Bedürfnisse der Zielmärkte zu befriedigen 5,09 1 2 3 4 5 Stimme überhaupt nicht zu Vertikal integriert Abb. 35 6 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Koordination im Mehrkanalsystem nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Ein etwas anderes Bild ergibt sich beim Vergleich des Mehrkanalerfolgs. Abbildung 36 verdeutlicht, dass die Top Performer ihr Mehrkanalsystem wesentlich stärker koordinieren als die Low Performer, wobei der Unterscheid beim Wissen um die Wertschöpfungspotenziale am stärksten ausgeprägt ist. Die Koordination des Mehrkanalsystems ist daher für den Unternehmenserfolg besonders relevant. 42 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Die einzelnen Kanäle greifen auf gemeinsame Ressourcen zurück* Die Top Manager der einzelnen Kanäle wissen, wie sie ihre Wertschöpfung weiter erhöhen können* Alle Kanäle sind integriert, um die Bedürfnisse der Zielmärkte zu befriedigen* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau (**?) Abb. 36 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Koordination im Mehrkanalsystem nach Top und Low Performern 3 Erfolgsfaktor Konfiguration des Mehrkanalsystems Unternehmen müssen sich damit auseinandersetzen, welche Stellung die Absatzkanäle im Wettbewerb besitzen und wie diese auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet werden können.43 Gerade in Handel und Konsumgüterindustrie, die sich durch eine hohe Wettbewerbsintensität auszeichnen, gilt es, einen angemessenen Fit zur Markt- und Wettbewerbssituation herzustellen, d.h. eine adäquate Konfiguration zu finden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Zuordnung der Leistungen zu den Absatzkanälen:44 Werden den einzelnen Kanälen zu wenig Leistungen zugeordnet, so droht ein „Underserving“ der Märkte; zu viele Leistungen führen hingegen zu einem „Overserving“. Beide Situationen sind aus Unternehmenssicht nicht effektiv. Das Overserving geht zudem mit Ineffizienzen einher.45 Vergleich nach Unternehmenstypen Abbildung 37 zeigt, dass über alle Unternehmenstypen hinweg eine sehr präzise Leistungsdefinition vorhanden ist. Zwischen den Unternehmenstypen bestehen zudem diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede. Beide Punkte unterstreichen nochmals, dass die Konfiguration für das Management von Mehrkanalsystemen in der Konsumgüterindustrie ein zentraler Punkt ist. 43 Vgl. Schögel (1997), S. 123 ff. Vgl. Cespedes/Corey (1990); Schögel/Tomczak (1995); Weigand (1977) 45 Vgl. Schögel (1997), S. 75 f. 44 43 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie In meinem Unternehmen ist eindeutig festgelegt ... welche Dienstleistungen in den einzelnen Kanälen angeboten werden 6,29 5,95 5,79 6,62 welche Produkte in den einzelnen Kanälen angeboten werden 5,95 6,03 5,90 6,15 welches Verhalten von den Mitgliedern der einzelnen Kanäle erwartet wird 5,62 1 2 3 4 5 6 Stimme überhaupt nicht zu Vertikal integriert Abb. 37 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Konfiguration des Mehrkanalsystems nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Die Wichtigkeit der Konfiguration für das erfolgreiche Management von Mehrkanalsystemen zeigt sich auch im Vergleich der Top und Low Performer (vgl. Abbildung 38). Es wird deutlich, dass die Top Performer wesentlich präziser definiert haben, welche Leistungen und Produkte auf welche Weise von den Mitgliedern der einzelnen Kanäle erbracht bzw. bereitgestellt werden sollen. In meinem Unternehmen ist eindeutig festgelegt ... welche Dienstleistungen in den einzelnen Kanälen angeboten werden** welche Produkte in den einzelnen Kanälen angeboten werden** welches Verhalten von den Mitgliedern der einzelnen Kanäle erwartet wird* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 38 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Konfiguration des Mehrkanalsystems nach Top und Low Performern 4 Erfolgsfaktor Aufbau neuer Kanäle Verschiedene Untersuchungen gehen davon aus, dass alternative Absatzkanäle in den nächsten Jahren deutlich an Bedeutung gewinnen werden. Bei alternativen Absatzkanälen handelt es sich um Kanäle, die von einer Branche nicht oder bislang nur wenig eingesetzt werden.46 Aufgrund des immer intensiver werdenden Wettbewerbs und der anspruchsvollen Wachstumsziele der Unternehmen, des sich verändernden Kundenverhaltens sowie der zunehmenden Relevanz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien wird in der Praxis immer häufiger über die Einführung solcher Kanäle nachgedacht.47 Unternehmen müssen sich daher verstärkt um einen 46 47 44 Vgl. Schögel/Tomczak (1999), S. 17. Vgl. Schögel/Tomczak (1999), S. 12. Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Aufbau von Fähigkeiten bemühen, die eine erfolgreiche Einführung dieser Kanäle erlauben. Von besonderer Bedeutung sind dabei die systematische Auswahl der Kanäle sowie die Schaffung von Anreizen zur Unterstützung ihrer Einführung. Darüber hinaus wird von Praxisvertretern die frühzeitige Einbindung von Personen oder Dienstleistern als wichtig erachtet, die für den Aufbau des oder der Kanäle geeignet sind. Vergleich nach Unternehmenstypen Vergleicht man Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen hinsichtlich des Aufbaus neuer Kanäle, so zeigt sich, dass es zwischen den verschiedenen Unternehmenstypen kaum Unterschiede gibt (vgl. Abbildung 39). Erstaunlich ist, dass die Entwicklung von Kriterien zur Auswahl von Kanälen sowie die Systematik des Auswahlprozesses vergleichsweise schwach ausgeprägt sind. Dies deutet darauf hin, dass bei vielen Unternehmen die Aufnahme neuer Kanäle nach wie vor einem „Trial and Error“ unterliegt. Bemerkenswert ist zudem, dass die Hersteller im Durchschnitt höhere Werte angeben als die Händler und die vertikal integrierten Unternehmen. Dies kann daraus resultieren, dass die Hersteller aufgrund ihrer Bestrebungen, sich vom Handel unabhängig zu machen (vgl. Abschnitt C 1.1), beim Aufbau neuer Kanäle über einen größeren Erfahrungsschatz verfügen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmenstypen sind jedoch nicht statistisch signifikant. Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Mein Unternehmen bietet allen betroffenen Personen Anreize, den Aufbau neuer Kanäle zu unterstützen 5,00 4,85 4,91 5,48 Mein Unternehmen nimmt frühzeitig Kontakt mit Personen auf, die für den Aufbau neuer Kanäle geeignet sind 5,05 5,62 4,62 4,90 Mein Unternehmen wählt die Kanäle für sein MKS systematisch aus 5,38 4,29 4,60 Mein Unternehmen hat Kriterien definiert, um potenzielle Kanäle vor der Aufnahme in das MKS zu beurteilen 5,09 1 2 3 4 5 Stimme überhaupt nicht zu Vertikal integriert Abb. 39 6 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Aufbau neuer Kanäle nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Vergleicht man die Top und Low Performer hinsichtlich des Aufbaus neuer Kanäle, so wird aus Abbildung 40 deutlich, dass die Top Performer bei allen Dimensionen des Aufbaus neuer Kanäle signifikant besser abschneiden als die Low Performer. Die Top Performer schenken vor allem der Definition von Kriterien zur Auswahl neuer Kanäle und der Systematik des Auswahlprozesses große Aufmerksamkeit. Hier sind die Unterschiede zu den Low Performern am größten. Die Ergebnisse zeigen, dass bei der Einführung neuer Kanäle das „Trial and Error“-Prinzip nicht zielführend ist und hier durch mehr Systematik der Erfolg des Mehrkanalsystems gesteigert werden kann. 45 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Mein Unternehmen bietet allen betroffenen Personen Anreize, den Aufbau neuer Kanäle zu unterstützen* Mein Unternehmen nimmt frühzeitig Kontakt mit Personen auf, die für den Aufbau neuer Kanäle geeignet sind** Mein Unternehmen wählt die Kanäle für sein MKS systematisch aus* Mein Unternehmen hat Kriterien definiert, um potenzielle Kanäle vor der Aufnahme in das MKS zu beurteilen* * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 40 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Aufbau neuer Kanäle nach Top und Low Performern Fallbeispiele: Zu den Unternehmen, die im Bereich der Einführung neuer Kanäle relativ erfolgreich sind, gehören u.a. Comme des Garçons, Apple und Clemens en August. Comme des Garçons ist ein japanisches Modelabel, dessen Läden von einem Architekten passend zur Kollektion gestaltet wurden. Da bekannte Markenhersteller, wie z.B. Prada oder Louis Vuitton, diesen Ansatz schnell übernommen haben, ist Comme des Garçons dazu übergegangen, „Guerilla Stores“ an Orten zu eröffnen, die für die Modewelt weniger bedeutsam sind. Der erste Guerilla-Store wurde 2004 in Berlin eröffnet. Bedingt durch die Vorgabe, dass kein Guerilla-Store länger als ein Jahr an einem Ort sein darf, wurde dieser bereits dreimal verlegt. In 2007 wurden zudem Stores in Beirut, Den Haag, Krakau und Athen eröffnet. Das Label ist dabei auch im Bereich des Interieurs innovativ. So wird im Londoner „Dover Street Market“ die Bekleidung auf Marktständen präsentiert, wobei auch andere, gleich gesinnte Designer ihre Mode zeigen dürfen. Das temporäre Vertriebskonzept von Comme des Garçons wird mittlerweile als zentraler Erfolgsfaktor betrachtet. Es verschafft dem Label Identität und Exklusivität. Apple hat in den letzen Jahren seine Distribution deutlich professionalisiert. Dabei werden auch außergewöhnliche Wege beschritten. So werden über den Partner Gravis Apple-Produkte, wie der iPod auch in Filialen des Buchhändlers Hugendubel (Berlin, München, Frankfurt am Main) vertrieben, um vom Trend zum Hörbuch zu profitieren. Seit November 2005 ist Gravis zudem im Stammhaus des Mode- und Lifestyle-Anbieters Breuninger mit einem großen Shop-in-Shop vertreten. Auch hier zeigt sich ein Fit zur Marke Apple. Das Label Clemens en August verzichtet auf eigene Läden und setzt stattdessen auf einen temporären, jeweils dreitägigen Direktverkauf in ausgesuchten Städten. Da das Label auf edle und äußerst modische Bekleidung setzt, findet der Direktverkauf in ausgewählten Kunstgalerien statt. Die Tour umfasst mittlerweile zwölf europäische Städte, wobei je Station bis zu 80.000 Euro umgesetzt werden. Das Unternehmen verzichtet dabei auf jegliche Reklame. Auch hier verschafft der ständige Aufbau neuer Kanäle dem Unternehmen Exklusivität und Identität. Quellen: www.guerilla-stores.com,www.doverstreetmarket.com, www.elle.de, www.apple.com, www.openpr.de, www.heise.de, www.clemensenaugust.com 46 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie 5 Erfolgsfaktor Controlling des Mehrkanalsystems In Abgrenzung zum Finanzcontrolling hat das Controlling von Mehrkanalsystemen die Aufgabe, die Rationalität bei der Lösung von Führungsproblemen im Mehrkanalsystem sicherzustellen. Neben einer Informations- und Koordinationsfunktion kommt ihm dabei eine Planungs- und Kontrollfunktion zu.48 Im Rahmen seiner Planungsfunktion hat das Controlling die Aufgabe, Rationalitätsengpässe im Planungsprozess offen zu legen und zu deren Überwindung beizutragen.49 Eine zentrale Voraussetzung hierfür ist die systematische Analyse von Markt- und Endkundeninformationen. Mit Blick auf die Kontrollfunktion können Ergebnis- und Verhaltenskontrollen unterschieden werden.50 Ergebniskontrollen dienen dazu, den Erfolgsbeitrag der verschiedenen Absatzkanäle zu überwachen. Verhaltenskontrollen umfassen hingegen qualitative Kontrollen des Verhaltens der Kanalmitglieder.51 So sollten sich nach Möglichkeit alle Mitglieder des Mehrkanalsystems an Preisfestsetzungen halten und den Produktnutzen einheitlich kommunizieren, damit der Endkunde nicht verwirrt wird.52 Vergleich nach Unternehmenstypen Vergleicht man das Controlling der Mehrkanalsysteme von Herstellern, Händlern und vertikal integrierten Unternehmen, so zeigt sich, dass diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmenstypen bestehen (vgl. Abbildung 41). Es fällt allerdings auf, dass die Planungsfunktion des Controlling, d.h. die Analyse von Markt- und Endkundeninformationen sowie die Analyse zukünftiger Zielgruppen und Absatzmittler, bei den Herstellern tendenziell etwas stärker ausgeprägt ist als bei den Händlern und vertikal integrierten Unternehmen. Dies lässt sich möglicherweise darauf zurückführen, dass Hersteller Defizite im Bereich der Kontrolle des Mehrkanalsystems bereits ex ante durch mehr Analysen zu kompensieren versuchen. Die vergleichsweise geringe Kontrolle der Preisfestsetzungen durch die Hersteller mag hierfür ein Beleg sein. Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? 5,90 5,60 Mein Unternehmen kontrolliert die Einhaltung von Preisfestsetzungen in den Kanälen** 4,76 Mein Unternehmen kontrolliert die Form, wie in den Kanälen gegenüber Produktnutzern kommuniziert wird 5,33 5,20 5,56 6,14 5,55 5,82 5,76 5,30 5,79 5,71 5,45 5,88 5,86 5,95 6,09 Mein Unternehmen kontrolliert das Einhalten der Regeln in den einzelnen Kanälen Mein Unternehmen kontrolliert das Verhalten der Mitglieder in den einzelnen Kanälen Mein Unternehmen analysiert zukünftige Zielgruppen und Absatzmittler Mein Unternehmen analysiert wichtige Marktund Endkundeninformationen 1 2 3 4 5 6 Stimme überhaupt nicht zu * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 41 Vertikal integriert 7 Stimme voll zu Händler Hersteller Controlling des Mehrkanalsystems nach Unternehmenstypen Vergleich nach Mehrkanalerfolg Vergleicht man das Controlling der Top und Low Performer, so zeigt Abbildung 42, dass die Top Performer in allen Dimensionen signifikant besser abschneiden als die Low Performer. Besonders signifikant ist dabei die Kontrolle des Verhaltens der Mitglieder in 48 Vgl. Schögel/Schulten (2006), S. 646. Vgl. Schögel/Schulten (2006), S. 648. Vgl. Bello/Gilliland (1997), Jaworski/Stathakopolous/Krishnan (1993), Ouchi/Maguire (1975). 51 Vgl. Scholl (2003), S. 74. 52 Zur Relevanz eines einheitlichen Preisniveaus vgl. Abschnitt C4. 49 50 47 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Management erfolgreicher Mehrkanalsysteme in Handel und Konsumgüterindustrie den einzelnen Kanälen, was auf eine hohe Relevanz der Mitarbeiterführung hindeutet. Human Resource Management bleibt somit auch im Zeitalter des Web 2.0 ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Mehrkanalsystems. Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Mein Unternehmen kontrolliert die Einhaltung von Preisfestsetzungen in den Kanälen** Mein Unternehmen kontrolliert die Form, wie in den Kanälen gegenüber Produktnutzern kommuniziert wird** Mein Unternehmen kontrolliert das Einhalten der Regeln in den einzelnen Kanälen** Mein Unternehmen kontrolliert das Verhalten der Mitglieder in den einzelnen Kanälen* Mein Unternehmen analysiert zukünftige Zielgruppen und Absatzmittler** Mein Unternehmen analysiert wichtige Marktund Endkundeninformationen** * 5% Signifikanzniveau **10% Signifikanzniveau Abb. 42 1 2 Stimme überhaupt nicht zu 3 4 Low Performer 5 6 Top Performer 7 Stimme voll zu Controlling des Mehrkanalsystems nach Top und Low Performern Zusammenfassung und Zwischenfazit Vergleicht man Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen nach ihren Management-Kompetenzen, so zeigt sich, dass alle Unternehmenstypen im Bereich der Konfiguration, der Koordination und des Controlling ein relativ hohes Niveau erreichen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmenstypen sind nicht signifikant. Werden die Unternehmenstypen allerdings nach ihrer Interaktion, d.h. der Motivation und Kommunikation mit den Kanalmitgliedern, sowie der Fähigkeit neue Kanäle aufzubauen verglichen, ergibt sich ein anderes Bild. Im Bereich der Motivation der Kanalmitglieder werden relativ niedrige Werte erzielt und auch der systematische Aufbau neuer Kanäle scheint nach wie vor ein Problem darzustellen. Zwar schneiden in beiden Bereichen die Hersteller etwas besser ab als die Händler und vertikal integrierten Unternehmen, die Unterschiede sind jedoch nicht signifikant. Der Vergleich der Top und Low Performer zeigt, dass die Top Performer dem Aufbau von Kompetenzen insgesamt mehr Beachtung schenken als die Low Performer. Sie können daher schneller auf Anfragen ihrer Kanalmitglieder reagieren und die Zusammenarbeit im Mehrkanalsystem besser fördern. Mit Blick auf die Koordination wird deutlich, dass bei den Top Performern die Kanäle öfter auf eine gemeinsame Ressourcen-Basis zurückgreifen und integrierter sind. Top Performer ordnen zudem den einzelnen Kanälen Leistungen wesentlich präziser zu und gehen beim Aufbau neuer Kanäle wesentlich systematischer vor. Auch das Controlling ist bei den Top Performern stärker ausgeprägt. Unterschiede zu den Low Performern sind dabei vor allem im Bereich der Verhaltenskontrolle der Kanalmitglieder sichtbar. Mitarbeiterführung bleibt somit trotz Web 2.0 ein hochaktuelles Thema. 48 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Implikationen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie E Implikationen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie Obwohl Händler und Konsumgüterhersteller bereits seit vielen Jahren auf Mehrkanalsysteme setzen, ist deren erfolgreiche Ausgestaltung nach wie vor eine große Herausforderung. Dies lässt sich auf zwei Gründe zurückführen: Zum einen sind die Distributionsstrukturen in der Konsumgüterindustrie relativ fragmentiert, wodurch der Markauftritt erschwert wird. Zum anderen müssen speziell die Hersteller ihre Leistungsfähigkeit immer öfter unter Beweis stellen, um vom Handel als Partner akzeptiert zu werden. Die Bewältigung dieser Herausforderungen geht mit hohen Anforderungen an das Management von Mehrkanalsystemen einher. Folglich gewinnt neben der erfolgreichen Ausgestaltung des Mehrkanalsystems auch die Entwicklung entsprechender Kompetenzen an Bedeutung. Die Studie hat die relevanten Gestaltungsparameter und Kompetenzen für das Management von Mehrkanalsystemen identifiziert und deren Auswirkungen auf den Erfolg des Mehrkanalsystems unter Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen untersucht. Ergebnis der Analyse sind die folgenden Handlungsempfehlungen. 1 Agieren statt reagieren Top und Low Performer unterscheiden sich hinsichtlich der Wettbewerbsintensität, der technologischen Dynamik und der Komplexität des Kundenverhaltens in ihren Märkten kaum (vgl. Kapitel B). Die spezifischen Rahmenbedingungen eines Unternehmens scheinen daher nur einen geringen Einfluss auf den Erfolg des Mehrkanalsystems zu haben. Die Ergebnisse legen somit nahe, dass der Erfolg des Mehrkanalsystems primär von dessen Ausgestaltung bzw. den Fähigkeiten des Managements abhängt. Verweise auf eine vermeintlich hohe Wettbewerbsintensität oder technologische Dynamik, die gerade im Falle eines Misserfolges gerne angebracht werden, entbehren nach der vorliegenden Studie jeder sachlichen Grundlage. Das Gegenteil ist der Fall. Eine hohe Wettbewerbsintensität und eine hohe technologische Dynamik scheinen sogar die Wettbewerbsfähigkeit und den Mehrkanalerfolg zu erhöhen. Unternehmen in Handel und Konsumgüterindustrie sollten sich daher aus ihrer Passivität lösen und ihre Mehrkanalsysteme aktiver gestalten. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt auch Sauer (2005), der zusätzlich auf die besondere Relevanz der Management-Kompetenzen hinweist: „Die Gestaltung distributiven Wandels ist als eigenständige Disziplin aufzufassen und als explizite Aufgabe in der Agenda der Marketingmanager zu führen. Insbesondere aber müssen erweiterte Fähigkeiten im Change Management und Kompetenzen für die Führung eines solchen Prozesses aufgebaut werden.“53 2 Kompetenzen entwickeln Mit Blick auf die Kompetenzen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen zeigt sich, dass diese für Handel und Konsumgüterindustrie einen sehr hohen Stellenwert haben. Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen haben bei der Konfiguration, der Koordination und dem Controlling ihrer Mehrkanalsysteme sowie dem Aufbaus neuer Kanäle bereits ein relativ hohes Kompetenz-Niveau erreicht. Lediglich im Bereich der Interaktion mit den Kanalmitgliedern waren etwas niedrigere Werte zu beobachten, was sich u.U. auf die geringere Relevanz dieser Kompetenz für die Konsumgüterindustrie zurückführen lässt. 53 Sauer (2005), S. 273. 49 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Implikationen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie Trotz dieses relativ hohen Kompetenz-Niveaus bestehen nach wie vor Unterschiede zwischen den Top und Low Performern. So zeigt sich, dass die Top Performer hinsichtlich der Koordination, der Konfiguration und des Controlling des Mehrkanalsystems sowie der Interaktion mit den Kanalmitgliedern und des Aufbaus neuer Kanäle signifikant besser abschneiden als die Low Performer. Unternehmen, die nur ein geringes bis mittleres Kompetenz-Niveau aufweisen, müssen daher ihre Kompetenzen für das Management von Mehrkanalsystemen weiter entwickeln, um nicht den Anschluss an den Wettbewerb zu verlieren. In diesem Zusammenhang wird vielfach angenommen, dass sich Wettbewerbsvorteile nur dann realisieren lassen, wenn es Unternehmen gelingt, Fähigkeiten auf Basis eigener Erfahrungswerte und unter Berücksichtigung der eigenen Rahmenbedingungen auf- und auszubauen. Das organisationale Lernen und die unternehmensspezifische „Veredelung“ der eigenen Fähigkeiten sind somit für deren Weiterentwicklung zentral.54 3 Neue Kanäle aufbauen Die Untersuchung verdeutlicht, dass in Handel und Konsumgüterindustrie je nach Unternehmenstyp bis zu 77% der Umsätze in stationären Kanälen erzielt werden (vgl. Abschnitt C.1). Vergleicht man jedoch die Top und Low Performer, so ergibt sich ein anderes Bild. Die Top Performer erzielen fast die Hälfte ihrer Umsätze mit Tür-zu-Tür-, Homeshopping- und Beziehungskanälen und sind daher von den stationären Kanälen weniger abhängig als die Low Performer. Die Top Performer verfügen somit über einen Risikoausgleich, der sich positiv auf den Mehrkanalerfolg auswirkt. Dieser Risikoausgleich ist das Ergebnis eines systematischen Aufbaus neuer Kanäle. So schneiden die Top Performer hinsichtlich der Förderung neuer Kanäle, der Systematik des Auswahlprozesses und der Definition geeigneter Auswahlkriterien deutlich besser ab als die Low Performer. Der Aufbau neuer Kanäle wirkt sich demnach positiv auf den Erfolg des Mehrkanalsystems aus, setzt aber spezifische Kompetenzen voraus, die häufig zuerst entwickelt bzw. eingekauft werden müssen. Unternehmen müssen sich jedoch bewusst sein, dass der Aufbau neuer Kanäle Veränderungen für Kunden und Partner mit sich bringt. Hierdurch entstehen Spannungen, die sich regelmäßig in Konflikten niederschlagen:55 „Thus, the management team seems to face the painful and difficult task of abandoning or destroying old deserving ways of doing things, and instead, embracing new technologies and building new routines.“56 Unternehmen sollten daher von Anfang an die Ziele, die sie mit der Einführung neuer Kanäle erreichen wollen, offen kommunizieren, um Missverständnisse, die die Rollenverteilung zwischen den Absatzkanälen betreffen, zu reduzieren.57 4 Prozesse standardisieren Unternehmen müssen sich entscheiden, wieweit sie die Absatzkanäle in ihrem Mehrkanalsystem miteinander verzahnen. Grundsätzlich können sie dabei zwischen vier Ansätzen wählen: dem Channel-Portfolio-Ansatz, dem Supported-Channels-Ansatz, dem FrontEnds-Ansatz und dem Integrated-Systems-Ansatz. Die Ansätze unterscheiden sich durch das Ausmaß der Integration und der Prozessstandardisierung, wobei Integration und Prozessstandardisierung vom Channel-Portfolio-Ansatz über den Supported-ChannelsAnsatz und Front-Ends-Ansatz bis hin zum Integrated-Systems-Ansatz zunehmen (vgl. Abschnitt C.2). Vor allem die Back-End-Prozesse (Bestell- und Lieferprozesse) sind über alle Unternehmenstypen hinweg hochgradig standardisiert. Auch zwischen den Top und Low 54 Vgl. Schögel (2005), S. 106 ff. Vgl. Schögel/Tomczak (1999), S. 24. Mols (2001), S. 682. 57 Vgl. Schögel/Tomczak (1999), S. 26. 55 56 50 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Implikationen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie Performern konnten diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Ein hoher Standardisierungsgrad der Back-End-Prozesse ist für die effiziente Ausgestaltung von Mehrkanalsystemen mittlerweile ein „Muss“ für Unternehmen in Handel und Konsumgüterindustrie. Erfolgspotenziale liegen aber nach wie vor im Bereich der Front-End-Prozesse. Hier zeigte sich, dass die Front-End-Prozesse der Top Performer, d.h. deren Kundenbedürfnisanalyseprozesse, Akquisitionsprozesse und After-SalesProzesse, wesentlich standardisierter sind als die der Low Performer. Dass eine Standardisierung der Front-End-Prozesse nicht im Widerspruch zu einer hohen Kundenorientierung stehen muss, wird daran deutlich, dass die Top Performer auch diesbezüglich signifikant besser abschneiden als die Low Performer (vgl. Abschnitt C.3). Durch eine hohe Standardisierung des Front-Office-Bereiches, die sich auch in einer hohen wahrgenommenen Einheitlichkeit des Mehrkanalsystems niederschlägt (vgl. Abschnitt C.4), wird der Endkunde entlastet, was sich wiederum positiv auf den Erfolg des Mehrkanalsystems auswirkt.58 Es scheint daher ratsam, die Standardisierung der FrontEnd-Prozesse weiter voranzutreiben. 5 Leistungen und Kanäle profilieren – Die Differenzierung über die Marke allein genügt nicht Einige Experten vertreten die Meinung, dass beim Endkunden der „Point of Sale“ gegenüber dem „Point of Decision“ an Bedeutung verliert.59 Danach soll die Corporate Brand, die dem Kunden Kompetenz, Sicherheit und Qualität signalisiert und hierdurch auch das Mehrkanalsystem differenzieren soll, einen größeren Einfluss auf die Kanalwahl haben als die spezifischen Eigenschaften der Kanäle.60 Würde diese Annahme zutreffen, so müssten Unternehmen mit einer starken Corporate Brand aufgrund einer höheren Kundenfrequenz im Mehrkanalsystem erfolgreicher sein. Die Studie kommt hier zu einem anderen Resultat. Es zeigt sich zwar, dass die Top Performer über etwas stärkere Marken verfügen. Die Unterschiede zu den Low Performern sind jedoch nicht signifikant. Die Marke scheint somit einen geringeren Einfluss auf den Erfolg des Mehrkanalsystems zu haben als bisher angenommen. Bestätigt wird dieses Ergebnis zum Beispiel dadurch, dass zu Beginn der neunziger Jahre die Kundenfrequenzen des Schweizer Einzelhändlers Coop deutlich angestiegen sind, obwohl der direkte Mitbewerber Migros an Markenstärke zulegte.61 Unternehmen in Handel und Konsumgüterindustrie müssen demnach andere Wege finden, um sich zu profilieren. Zur Profilierung sind nicht nur innovative Leistungen für den Endkunden notwendig, sondern auch Ansätze, mit denen sich das Unternehmen bereits im Absatzkanal für die Absatzmittler von der Konkurrenz abhebt. So ist z.B. zu beobachten, dass Hersteller der Bekleidungs- und Unterhaltungselektronikbranche ihre Leistungen durch Zusatzleistungen differenzieren müssen, um überhaupt noch von den Absatzmittlern akzeptiert zu werden. Die Motivation und Steigerung der Händlerloyalität erweist sich somit als eine zentrale Herausforderung im vertikalen Marketing. Sie ist für eine erfolgreiche Profilierung am Markt unabdingbar.62 Die Marke allein genügt nicht. 58 Vgl. Schramm-Klein (2003), S. 329 ff. Vgl. Ecin (2007). Vgl. Neslin et al. (2006), S. 5. 61 Vgl. Rutschmann (2005), S. 19. 62 Vgl. Schögel (1997), S. 69 f. 59 60 51 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Implikationen für ein erfolgreiches Management von Mehrkanalsystemen in Handel und Konsumgüterindustrie Fazit Die folgenden fünf Empfehlungen sollen Handels- und Konsumgüterunternehmen in die Lage versetzen, den Erfolg ihres Mehrkanalsystems zu steigern. 1. Agieren statt reagieren Der Erfolg des Mehrkanalsystems hängt primär von dessen Ausgestaltung und den relevanten Fähigkeiten des Managements ab. Verweise auf eine vermeintlich hohe Wettbewerbsintensität oder technologische Dynamik, die gerade im Falle eines Misserfolges gerne angebracht werden, entbehren jeder sachlichen Grundlage. Nur durch eine aktive Gestaltung ihrer Mehrkanalsysteme können Unternehmen die beabsichtigten Wettbewerbsvorteile erzielen. 2. Kompetenzen entwickeln Kompetenzen zum Management des Mehrkanalsystems haben in Handel und Konsumgüterindustrie einen hohen Stellenwert. Die Top Performer erreichen in allen untersuchten Kompetenzbereichen (Konfiguration, Aufbau neuer Kanäle, Koordination der Kanäle, Interaktion mit den Kanalmitgliedern und Controlling) ein deutlich höheres Niveau als die Low Performer. Insbesondere beim Aufbau neuer Kanäle und bei der Motivation der Kanalmitglieder durch die Implementierung von Anreizsystemen bleiben die Top Performer erheblich hinter ihren erfolgreichen Wettbewerbern zurück. Unternehmen, die nur ein geringes bis mittleres Kompetenz-Niveau aufweisen, müssen daher ihre Kompetenzen für das Management von Mehrkanalsystemen systematisch weiter entwickeln, um nicht den Anschluss an den Wettbewerb zu verlieren. 3. Neue Kanäle aufbauen Top Performer erzielen fast die Hälfte ihrer Umsätze mit Tür-zu-Tür-, Homeshoppingund Beziehungskanälen und sind deshalb von stationären Absatzkanälen weniger abhängig als die Low Performer. Dieser Risikoausgleich ist letztlich das Ergebnis eines systematischen Aufbaus neuer Kanäle. Die Top Performer schneiden hinsichtlich der Förderung neuer Kanäle, der Systematik des Auswahlprozesses und der Definition geeigneter Auswahlkriterien deutlich besser ab als die Low Performer. Der systematische Aufbau neuer Kanäle wirkt sich eindeutig positiv auf den Erfolg des Mehrkanalsystems aus. 4. Prozesse standardisieren Während die Back-End-Prozesse (Bestell- und Lieferprozesse) über alle Unternehmenstypen hochgradig standardisiert sind und diesbezüglich zwischen den Top- und Low Performern keine signifikanten Unterschiede bestehen, weisen die Top Performer eine signifikant höhere Standardisierung der Front-End-Prozesse auf als die Low Performer. Front-End Prozesse umfassen Kundenbedürfnisanalyse, Akquisition und After-Sales-Prozesse. Die Standardisierung steht dabei nicht im Widerspruch zu einer hohen Kundenorientierung, da die Top Performer auch diesbezüglich besser abschneiden. Die Standardisierung der Front-End-Prozesse ermöglicht daher eine klare Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern. 5. Leistungen und Kanäle profilieren – Profilierung über die Marke allein genügt nicht! Die Stärke der Marke hat nur einen geringen Einfluss auf den Erfolg des Mehrkanalsystems. Unternehmen in Handel und Konsumgüterindustrie müssen daher andere Wege finden, um ihr Mehrkanalsystem zu differenzieren. Von zentraler Bedeutung sind dabei Ansätze, mit denen die eigenen Leistungen nicht nur gegenüber den Endkunden, sondern auch gegenüber den Absatzmittlern profiliert werden können. Motivation und Steigerung der Händlerloyalität sind insbesondere für Konsumgüterhersteller zentrale Herausforderungen im vertikalen Marketing. 52 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Ahlert, D./Borchert, S. (2000): Prozessmanagement im vertikalen Marketing : Efficient Consumer Response (ECR) in Konsumgüternetzen, Berlin 2000, Springer. Baligh, H./Richartz, L. (1964): An Analysis of Vertical Market Structures, Management Science, July 64, Vol. 10, Issue 4, p. 667-689. Baligh,H./Richartz, L. 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Ein eigenständiger Absatzkanal liegt dann vor, wenn es möglich ist, alle Phasen des Verkaufsprozesses (Anbahnung, Aushandlung und Abschluss einer Kauftransaktion) innerhalb des Kanals abzuwickeln. Reine Zugangsmedien (z.B. Faxgerät und Telefon im Versandhandel) stellen somit keine eigenen Kanäle dar. Alternative Vertriebswege Als alternativer Vertriebsweg wird ein Kanal bezeichnet, der in einer Branche neu ist, d.h. sich vom eigentlichen, traditionellen Absatzkanal unterscheidet, bzw. bisher von der Mehrheit der Unternehmen vernachlässigt wurde. Beziehungskanäle Beziehungskanäle, wie z.B. Partyverkäufe, machen sich Beziehungsgeflechte zunutze. Die Kontaktaufnahme erfolgt hier durch den Anbieter, der Logistikprozess durch den Kunden. Channel-Portfolio-Ansatz Unternehmen, die einen Channel-Portfolio-Ansatz verfolgen, setzen auf autarke Kanäle, die nicht integriert sind; die Kanäle greifen zudem auf keine gemeinsame RessourcenBasis zurück. Front-Ends-Ansatz Unternehmen, die einen Front-Ends-Ansatz verfolgen, setzen auf Kanäle, die weitestgehend integriert sind und auf eine Ressourcen-Basis zurückgreifen, deren Prozesse weitestgehend standardisiert sind. Homeshopping-Kanäle Für Homeshopping-Kanäle, wie z.B. dem Internet, ist charakteristisch, dass der Kunde die Möglichkeit erhält, unabhängig von den Verkaufsanstrengungen des Anbieters Güter zu bestellen. Nach erfolgter Bestellung liefert der Anbieter die gewünschten Güter aus. Integrated-Systems-Ansatz Unternehmen, die einen Integrated-Systems-Ansatz verfolgen, setzen auf Kanäle, die vollständig integriert sind und zudem auf vollkommen standardisierte Prozesse zugreifen. Konsumgüterindustrie Der Begriff der Konsumgüterindustrie wird im Rahmen der Studie relativ weit ausgelegt. Hierunter werden Hersteller, Händler und vertikal integrierte Unternehmen verstanden, die Nahrungs- und Genussmittel, Gesundheitsartikel, Haushaltswaren, Kosmetik, Bekleidung, Elektronik oder andere Konsumgüter herstellen bzw. vertreiben. Mehrkanalsystem Eine Kombination mehrerer Absatzkanäle, um Leistungen an gleiche oder verschiedene Marktsegmente zu distribuieren. Stationäre Kanäle Der Typ der stationären Kanäle zeichnet sich dadurch aus, dass der Kunde von sich aus ein stationäres Geschäft aufsucht, dort Güter erwirbt und mit nach Hause nimmt. Supported-Systems-Ansatz Unternehmen, die einen Supported-Channels-Ansatz verfolgen, setzen zwar auf weitestgehend autarke Kanäle, integrieren diese aber zumindest teilweise. Zugleich greifen die Kanäle auf eine gemeinsame Ressourcen-Basis zurück, die sich durch weitestgehend standardisierte Prozesse auszeichnet. 58 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Glossar Tür-zu-Tür-Kanäle Tür-zu-Tür-Kanäle entsprechen weitestgehend dem klassischen Haustürverkauf, bei dem der Anbieter die Initiative ergreift und den logistischen Prozess übernimmt. 59 Erfolgreich in der neuen Vielfalt - Erfolgsfaktoren für das Multi-Channel Management in Handel und Konsumgüterindustrie Ansprechpartner Ansprechpartner PricewaterhouseCoopers AG WPG Gerd Bovensiepen Partner und Leiter des Competence Centers Retail & Consumer Moskauer Straße 19 D-40227 Düsseldorf Tel.: +49 211 981-2939 E-Mail: [email protected] Institut für Marketing und Handel an der Universität St. Gallen Prof. Dr. Marcus Schögel Dufourstrasse 40a CH-9000 St. Gallen Tel.: +41 71 224-2890 E-Mail: [email protected] PricewaterhouseCoopers PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit rund 8.390 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von 1,35 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PricewaterhouseCoopers bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory). Eine hohe Qualitätsorientierung sowie vorausschauendes Denken und Handeln kennzeichnen die Aktivitäten des Unternehmens. Competence Center Retail & Consumer Das Competence Center Retail & Consumer von PricewaterhouseCoopers ist ein interdisziplinäres Team aus Branchenspezialisten mit langjähriger Prüfungs- und Beratungserfahrung in Handel und Konsumgüterindustrie. Neben der Entwicklung spezifischer Lösungen für die Herausforderungen Ihrer Branche veröffentlicht das Team in Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Verbänden Studien und Positionspapiere zu aktuellen Branchenthemen. Das globale Netzwerk von PricewaterhouseCoopers mit Teams in 50 Ländern sichert Ihnen den Zugang zu unserem Branchen-Know-how in lokalen Märkten und ermöglicht eine effiziente Projektdurchführung nach weltweit einheitlichen Qualitätsstandards. Institut für Marketing und Handel an der Universität St. Gallen Das Institut für Marketing und Handel an der Universität St.Gallen unter der Leitung Prof. Dr. Christian Belz, Prof. Dr. Torsten Tomczak und Prof. Dr. Thomas Rudolph erforscht aktuelle Fragestellungen im Marketing. Die rund 50 Mitarbeiter/innen leisten zur Zeit ihre Forschungsarbeit in den fünf Kompetenzzentren Gottlieb Duttweiler Lehrstuhl für Internationales Handelsmanagement, Business-to-Business-Marketing / Hightech Marketing und Marktbearbeitung, Strategisches Marketing und Brand Management, Distribution und Kooperation und Marketing Performance Management. Die Arbeit des Instituts für Marketing und Handel ist darauf ausgerichtet, wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen eng miteinander zu verknüpfen. 60 www.pwc.de/de/retail-consumer www.imh.unisg.ch