Grundlagen der Neurobiologie • Neurowissenschaften: • Historischer Rückblick ✔ • Neurowissenschaften heute ✔ • Neuronen und Glia (Zellbiologie) ✔ • Prinzipien der Nervenreizleitung • Prinzipien der synaptischen Kommunikation • Neurotransmittersysteme und Rezeptoren • Grundlagen der Neuroanatomie und Entwicklung des Nervensystems Prinzipien der Nervenreizleitung Einführung: das neuronale Ruhepotential vs. Aktionspotential Beispiel: Schmerzreaktion, einfacher Reflex Leistungen des Nervensystems: Detektion, Weiterleiten, Integration, und situativ angemessene Reaktion Wie unterscheiden sich die Leitung eines Nervenimpulses und die Leitfähigkeit eines elektrischen Leiters? Elektrische Leitung im Axon und metallischen Leitern Metallischer Leiter z. B Cu-Draht: • Ladungsträger sind Elektronen • sehr hohe Leitfähigkeit (geringer Widerstand) • Verlustarme Leitung da Umgebung (z. B. Luft oder Plastikummantelung) nicht leitend. • sehr hohe Ausbreitungsrate des Signals • Bidirektionale Leitung möglich Axon: • Ladungsträger sind hydratisierte Ionen: Na+, K+, Ca 2+, Cl• Bewegung der Ionen erfolgt durch Diffusion • Isolation mangelhaft, da Umgebung (Extrazellulärraum) ebenfalls leitfähig ist. Passiver Transport von Ionen entlang des Axons viel zu langsam und zu verlustreich!! (Bear:“– wie löchriger Gartenschlauch, der Wasser transportieren soll“) Informationsfluss basiert auf Weiterleitung (Propagation) von Aktionspotentialen entlang des Axons Aktionspotential (= Nervenimpuls, Spike, Entladung = discharge) Bei jedem Axon konstant in Dauer und Größe binär, wie Morsesignale einzelnes Aktionspotential kann daher keine Information kodieren. Informationsgehalt kodiert durch das Muster der Abfolge der Aktionspotentiale: Kenngrößen: Frequenz (zeitliche Abfolge) prop. zur Reizintensität und Dauer prop. zur Reizdauer Voraussetzung: elektrisch erregbare Membran Neuron im Ruhezustand: negatives Membranpotential 1. Was sind die Ladunsträger? 2. Warum ist das Zellinnere gegenüber dem Extrazellularraum negativ geladen? Synomym zu 2.: Wie wird das elektrische Feld entlang der Membran generiert? 4. Wie kommt es zur Umkehrung (Inversion) der Ladungsverteilung während des Aktionspotentials? 5. Wie kann dieses Signal (der Nervenimpuls) entlang des Axons wandern? Welche Mitspieler sind beteiligt? 1. Biologische Membran • Phospholipid-Doppelschicht • nicht permeabel für Ionen!! (und hydrophile Moleküle) 2. Ionenkanäle 3. Ionenpumpen Ionenkanäle Struktur: • aus mehreren Untereinheiten aufgebaut • Untereinheiten bilden eine Pore (= Kanal) • Untereinheiten: Transmembranproteine mit mehreren TMs Klassifikation nach Ionenpermeabilität • Anionenkanäle: Cl• Kationenkanäle: K+, Na+, Ca 2+ a) Kanäle mit Selektivität für best. Ionen: K+ -Kanäle, Na+ -Kanäle, Ca 2+ -Kanäle, • b) Kanäle mit geringer Selektivität: K+, Na+, Ca 2+ Welche (Trieb)kräfte führen zur Einstellung einer Potentialdifferenz entlang der Membran? 1. Diffusion der Ladungsträger entlang eines Konzentrationsgradienten 2. Elektrostatische Kraft (bedingt durch Potentialdifferenz) Diffusion der Ladungsträger entlang eines Konzentrationsgradienten durch selektive Ionenkanäle 1) 2) 3) 1) NaCl Lösg. auf einer Seite einer impermeablen (undurchlässigen) Membran 2) Befinden sich Ionenkanäle (jeweils für Na+, Cl-) in der Membran, kommt es zur Diffusion der Ladungsträger entlang des Konzentrationsgradienten bis 3) zu beiden Seiten der Membran die Konzentration identisch ist. Bewegung von Ionen im elektrischen Feld Ohmsches Gesetz: Stromfluß (Ionentransport) ∼ g x Spannung I=gxV bzw.: I = g x U I = 1/R x V V = Spannung (Volt, V), Potentialdifferenz g = Leitfähigkeit (Siemens, S) R = 1/g = Widerstand (Ohm, Ω) I = Stromstärke (Ampere, A) Der Stromfluss kommt dann zum Erliegen (I = 0) wenn einer der beiden Faktoren des Ohmschen Gesetzes gleich null ist: • g =0 wenn keine Leitfähigkeit besteht ( z B.. impermeable Membran ohne geöffnete Kanäle), • V = 0, wenn bei offenen Kanälen keine Potentialdifferenz anliegt. Das Gleichgewichtspotential I 1. Eine impermeable Membran trennt zwei Kompartimente mit unterschiedlich konzentrierten Salzlösungen. z. B KCllinks : KCl rechts = 20 : 1 (e.g. 100mM KCl, 5mM KCl) Auf beiden Seiten herrscht jeweils Elektroneutralität (Anionenkonz = Kationenkonz) 100mM KCl 5mM KCl Das Gleichgewichtspotential II 2. Wir setzen einen K+-Kanal in die Membran ein, der selektiv nur für K+-Ionen durchlässig ist ( = semipermeabler Kanal). Anionen A- können nicht wandern, bleiben zurück! 3. Zunächst strömen K+-Ionen entlang des Konzentrationsgefälles nach rechts. Aber nicht solange bis auf beiden Seiten die [K+-Ionen ] identisch ist! Warum?? Das Gleichgewichtspotential II 2. Wir setzen einen K+-Kanal in die Membran ein, der selektiv nur für K+-Ionen durchlässig ist ( = semipermeabler Kanal). Anionen A- können nicht wandern, bleiben zurück! 3. Zunächst strömen K+-Ionen entlang des Konzentrationsgefälles nach rechts. Aber nicht solange bis auf beiden Seiten die [K+-Ionen ] identisch ist! Warum?? 4. Der K+ Fluss kommt zum Stillstand da dem Konzentrationsgefälle eine elektrostatische Kraft entgegenwirkt (Die K+-Ionen werden vom Überschuss der negativen Ladung A- auf der linken Seite zurückgehalten) Ergebnis: Die Membranspannung hat sich bei -80 mV eingestellt Jetzt fließen „netto“ keine Ladungsträger mehr (obwohl die K-Kanäle offen!). Die Zelle ist im Ruhezustand. Wichtig: Donnangleichgewicht! Im Donnan GG halten sich das Konzentrationsgefälle und eine entgegen gesetzte elektrostatische Kraft die Waage. Diese elektrostatische Gegenkraft ist das Ruhepotential der Zelle (= die messbare Spannung) Das chemische Potential treibt den K+-Fluss entlang des Konzentratiosgradienten Das elektrische Potential hemmt den K+-Fluss entlang des Konzentratiosgradienten Im Ruhezustand gilt für K+: Chemisches Potential = Elektrisches Potential Das Gleichgewichtspotential (Animation aus Lehrbuch CD Bear) Die Einstellung des Ruhepotentials hat zwei Voraussetzungen: 1. Konzentrationsunterschied von K+ an beiden Seiten der Membran. 2. Semipermeable ( selektiv durchlässige) Membran, die nur für eine Ionensorte (hier die Kationen K+) selektiv permeabel ist. Wenn die Ionenkonzentration im Extraund Intrazellularraum bekannt ist, kann man das Gleichgewichtspotential für jedes einzelne Ion ausrechnen: Eion. Nernstsche Gleichung Die Nernstsche Gleichung Typische Werte: K+ außen: ca 5 mM K+ innen: ca 100 mM Kout/Kinnen: 1/20 Definition: “Das Gleichgewichtspotential für ein Ion (Eion) ist das Membranpotenzial das sich einstellt, wenn eine Membran allein für dieses Ion selektiv permeabel ist.” Typische Ionenkonzentration im Zellinneren von Neuronen und im extrazellulären Milieu zentrale Folie! Ca2+ Ca2+ Na+ Cl- Cl- K+K + ClK+ K+ Ca2+ K+ K Na+ Na+ Na+ Na+ + Was bestimmt den Ionenfluss durch eine Membran? Die Triebkraft für den Fluss eines Ions ist die Differenz zwischen dem aktuellen Membranpotential Vm und dem Gleichgewichtspotential Eion des jeweiligen Ions (Vm-Eion). Je weiter das Membranpotential Vm vom Gleichgewichstpotential Eion entfernt ist, desto stärker ist der Ionenfluss sobald der entsprechende Ionen-Kanal offen ist: Iion = gion (Vm-Eion) Zelle im Ruhezustand, ca -65 mV: (so gut wie) kein K+-Ionenfluss trotz offener K- Kanäle Im Ruhezustand ist K+ nahe an seinem Gleichgewichtspotential Im Ruhezustand sind Na+ und Ca2+ weit entfernt von ihrem jeweiligen Ruhepotential (ENa+= +62mV und ECa2+ = +123 mV). Na+/Ca2+ Ionenfluss sobald sich die Kanäle öffnen, die für Na+/Ca2+ durchlässig sind (siehe Aktionspotential) Wie werden die Konzentrationsgradienten der Ionen entlang der Membran initial eingestellt und aufrechterhalten? durch ATP getriebene Ionenpumpen in Plasmamembran und ER Die Na+/K+ ATPase (Zellmembran) pumpt 3 Na+ nach aussen und 2 K+ nach innen (gegen den Konzentrationsgradienten) Netto: 1 Ladung wird pro Zyklus nach aussen geschafft „elektrogen“ analog: Ca2+ ATPasen an der Zellmembran und an der ER-Membran halten die intrazelluläre Ca2+ Konzentration gering. • ca. 70% des ATP im Gehirn werden für Ionenpumpen verbraucht!!! Struktur einer Kationenpumpe = Na+-K+-ATPase 2 K+ 3 Na+ α2β2 α: katalytische UE, bindet Na+ und K+ Ionen β: nichtkat. accessorische UE Zyklus der außen Na+-K+-ATPase endo-Konformation: bindet 3 Na+ Ionen innen Dephosphorylierung eines Asp.restes der α Kette Konformationsänderung, Import von 2K+ exo-Konformation: Bindet 2 K+ Ionen Autophosphor. eines Asp.restes der α Kette Konformationsänderung, Export von 3 Na+ Warum ist das Ruhepotential nicht identisch mit dem Gleichgewichtspotential von K+ ? Die Nernstsche Gleichung beschreibt das Membranpotential Vm nur näherungsweise: 1. K+ Kanäle in realen Nervenzellen sind zu einem geringen Grad auch permeabel für andere Kationen, z. B. Na+ . 2. Echte Neuronen verfügen in ihrer Membran auch über andere Ionenkanäle, die im Ruhezustand eine gewisse Permeabilität für Na+, Ca2+, oder Cl- zeigen. Die Goldmanngleichung: Kalkulation des Ruhepotentials unter Berücksichtigung der relativen Ionenpermeabilitäten P P: Permeabilitätsfaktor des Ions k Die Goldmanngleichung: Kalkulation des Ruhepotentials unter Berücksichtigung der relativen Ionenpermeabilitäten P Mit Permeabilität der Membran für K+ ca. 40 mal größer als für Na+ P (K+) : P (Na+) = 40 : 1 Struktur eines prototypischen K+-Kanals • K+ Kanäle: 4 Untereinheiten, je Untereinheit 6TM Helices (S1-S6) +Pore-Loop zw S5/S6 • Kanal selektiv permeabel für K+ (normalerweise sehr geringe Na+-Permabilität!) • Gift des Skorpions (charybdotoxin CTX) blockiert Kanal Welche Aminosäuren sind an der Bindung des Kanalblockers beteiligt? über Mutagenesestudien gelang es die Aminosäuren zu bestimmen, die das Gift binden und daher die Kanalpore auskleiden. • Familie der K+ Kanäle: komplex, ca. 100 verschiedene! Erbliche Mutationen bei K+ Kanälen: Kanalopathien (engl.: chanelopathies) Vielfältige neurologische Krankheitsbilder z. B. bei der Maus: weaver channel bei Drosophila: shaker channel beim Menschen: u.a. Epilepsien, Taubheit MacKinnon 2003: Nobelpreis für X-Ray Struktur eines bakteriellen K+ Kanals • „Ionenfilter“ lokalisiert in pore (P) loop. • Koordination der nicht hydratisierten K+ Ionen durch Carbonyl-O der Hauptkettenatome: ähnelt der natürlichen Hydrathülle von K+ -Ionen (quadratisches Antiprisma). K+-Kanäle und die strukturelle Basis der Ionenselektivität (Nobelvortrag: MacKinnon, Ang Chem 2004, Int Ed 43, 4264) MacKinnon 1998: X-Ray Struktur eines bakteriellen K+ Kanals bakterieller K+ Kanal: KcsA aus Streptomyces aufgereinigt nach Überexpression in E. coli vereinfachte Struktur: S1-4 fehlen, lediglich S5-loop-S6 4 K+ Ionen können gebunden werden (ohne Hydrathülle) • • • • Trichterartige große Öffnung („umgedrehtes Tipi“) Engstelle durch pore loop Helices ausgekleidet darunter großer Wassergefüllter Hohlraum Inneres Helixbündel schließt den Kanal zur cytoplasmatischen Seite ab. (bei Kanalöffnung = gating geht dieses Helixbündel auf) MacKinnon 1998: X-Ray Struktur eines bakteriellen K+ Kanals bakterieller K+ Kanal: KcsA aus Streptomyces aufgereinigt nach Überexpression in E. coli vereinfachte Struktur: S1-4 fehlen, lediglich S5-loop-S6 4 K+ Ionen können gebunden werden (ohne Hydrathülle) • • • • Trichterartige große Öffnung („umgedrehtes Tipi“) Engstelle durch pore loop Helices ausgekleidet darunter großer Wassergefüllter Hohlraum Inneres Helixbündel schließt den Kanal zur cytoplasmatischen Seite ab. (bei Kanalöffnung = gating geht dieses Helixbündel auf) ...“Hydratisierung“ in einer hydrophoben Umgebung... • Koordination der K+ Ionen durch Carbonyl-O der Hauptkettenatome ähnelt der natürlichen Hydrathülle von K+ -Ionen: jedes K+ durch 8 Sauerstoffatome koordiniert (Würfel „auf Lücke“, quadratisches Antiprisma) • K+ Selektivität: K+ passt ohne Hydrathülle genau in den pore loop. • Dehydratisierungsenergie wird durch Koordination der Carbonylreste kompensiert. • bei Na+ muss ca. gleiche Dehydratisierungsenergie aufgebracht werden, da Na+ aber kleiner ist, ist die Koordinationsenergie zu gering um diesen Betrag wettzumachen Warum ist es wichtig die extrazelluläre K+ -Konzentration zu regulieren? Die neuronale Membran ist im Ruhezustand hauptsächlich durchlässig für K+ Ionen (d. h. Ruhe-Kannäle = leak channnels sind permanent offen). 1. Vm Ruhepot. ~ ca EK+ Gleichgewichtspot. 2. Membranpot. sehr empfindlich auf Anstieg der extrazellulären [ K+ ] ext. Konz. 5mM 50 mM: Vm = - 17mV [ K+ ] ext. Anstieg führt zur Depolarisation der Membran. Damit fehlt die Vorraussetzung um Aktionspotentiale zu erzeugen. Regulation der extrazelluläre K+ Konzentration im Gehirn • 1) Bluthirnschranke (blood brain barrier): spezialisiertes Endothel (mit tight juctions!!) das Blutgefäße des Gehirns auskleidet reguliert Elektrolytmilieu, verhindert K+ Überschuß • verhindert passives Eindringen von Substanzen wie Zucker, Aminosäuren, Hormone, Antikörper, Pharmaka Endothelzellen verfügen über aktive Transportsysteme. Im Extrazellularraum des Gehirns breiten sich Stoffe durch Diffusion aus. Es gibt keinen Bereich des Gehirns der weiter als 50µm von der nächsten Kapillare entfernt ist. • 2) Astrozyten fungieren als K+ Puffer-System (nehmen rasch K+ auf) “räumlicher Kaliumpuffer“ .....aber: nicht alle erregbaren Zellen besitzen diese Schutzsysteme i.v. Injektion von KCl führt zu Herzstillstand, Herzmuskelzellen verlieren ihre Erregbarkeit Zusammenfassung Ruhepotential Neuronen haben ein negatives Ruhepotential. Na+/K+ Pumpen schaffen den Ionengradienten Das Gleichgewichtspotential für ein Ion (Eion) ist das Membranpotenzial das sich einstellt, wenn eine Membran allein für dieses Ion selektiv permeabel ist. Der K+ -Fluss durch K+ -spezifische Ionenkanäle (Ruhekanäle= leak channels) stabilisiert ein Ruhepotential von ca -65mV (nahe dem Gleichgewichtspotential von K+) Die Triebkraft für den Fluss eines Ions ist die Differenz zwischen aktuellem Membranpotential Vm und dem Gleichgewichtspotential Eion des jeweiligen Ions: I ~ (Vm-Eion). Was ein Aktionspotentialal leisten muss.... ...Signalübertragung - über weite Strecken - schnell - verlustfrei (ohne Dekrement) Das Aktionspotential Generierung des Aktionspotentials am Axonhügel • Information kann nur in einer sich ändernden Membranspannung weitergeleitet werden (= Wandern des Nervenimpulses entlang des Axons) Verfolgen des Aktionspotentials mittels elektrophysiologischer Ableitungen intrazelluläre Ableitungen: • feine Elektrode mit Salzlösung sticht in die Zelle und misst Spannungsänderungen relativ zu extrazellulärer Referenzelektrode. • Zeitlicher Verlauf wird mit Osziloskop verfolgt. extrazelluläre Ableitungen: intrazellulär - + + + + • Beide Elektroden extrazellulär. Messelektrode sehr nah an der Membran misst durch AP induzierte Veränderte Partialladung. (Ausschläge 1000 x geringer, Kurvenverlauf invertiert gegenüber intrazellulären Ableitungen) extrazellulär Verfolgen des Aktionspotentials mittels elektrophysiologischer Ableitungen Erste intrazelluläre Ableitungen: Hodgekin and Huxley 1939 Tintenfische (Kalmare) besitzen ein Axon mit ungewöhnlich großem Durchmesser von 0.5-1mm = squid giant Axon (not giant squid). ab ca 1950: Ableitungen auch an kleinen Säugerneuronen möglich. heute: fein ausgezogene Microelektroden aus Quarzglas, < 0.5 µ Durchmesser Das Aktionspotential Drei entscheidende Mitspieler: 1. Na+ Kanal: - spannungsabhängig in seinem „Gating“ (= Öffnungs) Verhalten (voltage gated/dependent Na+ channel) - Na-Einstrom depolarisiert die Membran 2. K+ Kanal - spannungsabhängigK Kanal - K-Ausstrom repolarisiert die Membran (voltage gated K+ channel, andere Kannäle als Ruhekannäle) 3. Na+/K+ Pumpe - Aufrechterhaltung des Na+ und K+ Gradienten - elektrogen, pro zyklus wird eine pos. Ladung nach außen gepumpt Was ist die Triebkraft des Aktionspotentials? • Ruhezustand: K+ befindet sich nahezu im GG: Vmnahe an EK+, daher Vm-EK) 0 und somit kein Nettofluss an K+-Ionen; I 0 Ruhezustand: Na+ ist im elektochemischen Ungleichgewicht (ENa = +62 mV) • Diffusionsdruck und die Potentialdifferenz „ziehen“ das Na + nach innen • aber: Na+ Ionen können im Ruhezustand die Membran nicht passieren (da Na+ Kanäle geschlossen!!), dies wirkt wie eine aufgeladene Batterie • Na+ Kanäle öffnen sich spannungsabhängig während des Aktionspotentials. Im Gleichgewichtszustand kommt es nicht zu einem Nettofluss an Kaliumionen Die Phasen des Aktionspotentials 1. Die Depolarisation der Membran überschreitet einen Schwellenwert (b) 2.Spannungsabhängige Na+ Kanäle öffnen sich, Na+ strömt in die Zelle (gNa>>gK). Anstiegsphase des Aktionspot (b) 3. Die Membranspannung kehrt sich um zu positiven Werten (c ). Die Na+ Kanäle schließen sich. Nun ist K+ weit weg von seinem GG -potential EK. (Die spannungsabh. K-Kanäle sind nicht identisch mit den K-Kanälen, die das Ruhepotential stabilisieren = leak channels). 4. Zeitversetzt öffnen sich Spannungsabh. K+ Kanäle, K+ strömt entlang des elektrochem. Gradienten aus der Zelle (gK>>gNa) Repolarisation (c ), absteig. Phase des Aktionspotentials. In (d) ist der Ausgangszustand wieder erreicht: Vm= EK Phasen des Aktionspotentials wichtig: extrem schneller Prozess! 1 Aktionspotential dauert nur ca 1 ms! Schwellenwert: Ca. 20-30 mV oberhalb des Ruhepotentials (= undershoot, Vm< Ruhepotenzial) Der Na+ Einstrom depolarisiert die Nervenzelle zeitlicher Verlauf (Kinetik) der Ionenleitf: 1. schnelle kurzanhaltende Öfnung von Na+ Kannälen (orange) 2. zeitversetzte, langsamere aber länger andauernde Öffnung von K+ Kanälen 3. Ein Aktionspotential dauert ca 1 ms Der K+ Ausstrom repolarisiert die Nervenzelle Huxley and Hodgekin 1950er Jahre (Nobelpreis 1963) Etabilierung der „Voltage clamp“ Methode. Membranspannung wird an jedem beliebigen Wert fixiert und die Leitfähigkeit als Funktion der sich verändernden Ströme gemessen I=gxV Verwendung spez. Kanalblocker erlaubt getrennte Analyse der Na+ und K+ Leitfähigkeit (= “pharmakologisches Isolieren” der Komponenten TTX Tetrodotoxin für Na Kanal; TEA (TetraethylAmoniumionen) für K-Kanal. Nervenreizleitung beruht auf Aktionspotenzialen" • Na+ -Fluß in die Zelle durch spannungsabhängige" Na+-Kanäle bewirkt Depolarisation." • K+- Fluß aus der Zelle durch spannungsabhängige " K+-Kanäle bewirkt Repolarisation. " In" IN" diese K+ Kanäle werden als „delayed rectifier channels“ bezeichnet, " " " sie sind nicht identisch mit K+-Ruhekanälen, leak channels;" • K+ Kanäle sind molekular sehr divers, ca 100 veschiedene Typen!" • Phasen des Aktionspotentials: „overshoot“ und Nachhyperpolarisation „undershoot“ Overshoot: Vm > 0 Membranpot geht in Richtung E Na+ = +62mV und damit über 0 mV hinaus. +62 mV werden aber nie erreicht, da sich vorher die spannungsabhängigen K+ Kanäle öffnen. Nachhyperpolarisation: Vm geht in Richtung E K+ = -80mV solange spannungsabhängige K+ Kanäle geöffnet sind. Erst wenn sie sich wieder schließen und lediglich die Ruhekanäle (leak channels) geöffnet sind stellt sich das Ruhepotential ein. Elektrische Stimulation des Neurons: künstliches Auslösen von Aktionspotentialen • Je höher die Reizintensität, desto häufiger werden Aktionspotentiale ausgelöst • Limit der maximalen Frequenz: 500 - 1000 Hz • die absolute Refraktärzeit (minimaler Abstand zw. 2 AP) beträgt ca 1 ms. Aktionspotential (= Nervenimpuls, Spike, Entladung, discharge) konstant in Dauer und Größe binär, wie Morsesignale • Reizintensität: " Frequenz kodierte" Abfolge der AP " (zeitl. Abstand der" Spikes)" • Reizdauer: " prop. zur Anzahl der Spikes " einer bestimmten Frequenz " (burst duration)" • Amplitude und Kinetik (Form) der einzelnen Spikes ist für einen Nerv konstant!" Der spannungsabhängige Na+-Kanal Struktur: • 1 lange Peptidkette mit 4 Domänen I-IV • Jede dieser Domänen: 6 TM-Helices S1-6 • Die 4 Domänen bilden eine Pore • Einzende Domänen sind durch Loops kovalent miteinander verbunden. (Vergleich der Struktur mit K+ Kanal?....) Pore loop = P-Schleife kleidet den Kanaleingang aus: Selektivitätsfilter für Na+ Ionen TM-S4: Spannungssensor, misst lokale Änderungen des Membranpotentials Konformationsänderung: schlagartiges Öffnen (gating) der Pore. Selektivitätsfilter des Na+-Kanals erlaubt Durchtritt des Na+ Ions hydratisiert mit 1 H2O Permabililtät des Na+-Kanal (Na+ Ion mit 1 H2O) Na+ >> K+, P Na+ ca. 12 mal höher (K-leak channels wesentlich selektiver) Drehgleitbewegung von S4 triggert eine sehr rasche, quasi schlagartige Öffnung des Kanals (= gating). Der Na+ Kanal durchläuft 3 verschiedenen Zustände: geschlossen, offen und refraktär (=inaktiviert) absolute Refraktärzeit 1) 2) 3) geschlossen offen refraktär (inaktiviert), Das Membranpotential muss erst wieder den Ausgangwert des Ruhepotentials erreicht haben, bevor sich der Na+ Kanal erneut öffnen kann: absolute Refraktärzeit Der Na+ Kanal durchläuft 3 verschiedenen Zustände: geschlossen, offen und refraktär (=inaktiviert) absolute Refraktärzeit Das Membranpotential muss erst wieder den Ausgangwert des Ruhepotentials erreicht haben, bevor sich der Na+ Kanal erneut öffnen kann: absolute Refraktärzeit: minimale Zeit nach der erneut ein Aktionspotential ausgelöst weden kann Patch Clamp Technik ermöglicht Einzelkanalableitungen Durch Ansaugen wird ein hoher Abdichtwiderstand erzielt (Gigaohm seal). Gesamter Strom fließt über Kanäle, keine Verluste an den Pipettenrändern Nun kann das Membranstück mit Einzelkanälen mechanisch entfernt werden. Neher und Sakmann 1970er (Nobelpreis 1991) (MPI Heidelberg) patch clamp Technik ermöglicht die spannungsabhängigen kinetischen Eigenschaften einzelner Kanäle zu messen Elementarströme zeigen eine „Rechteckverlauf“ Patch Clamp Technik : Zeitliche Summation der Elementarströme spiegelt den zeitlichen Verlauf der Na+ und K+ Leitfähigkeit während eines Aktionspotentials. Elementarströme zeigen Rechteckverlauf: Kanäle öffnen sich vollständig und schliessen sich dann wieder. K+ Einzelkanalströme: • zeitversetzt gegenüber Na-Strömen • bleiben länger offen als Na Kannäle Patch Clamp Technik: verschiedene Ableitungstechniken “Gigaohm seal Häufigste Anwendung: “Isolated patch”: Ableitungen an kleinen Membranfragmenten: “inside-out” oder “outside -out” Konfiguration (siehe 2,3,unten). Einzelkanaleigenschaften (siehe unten 2,3). 1) “Whole cell recording” • schonender als intraz. Elektroden, besonders bei kleinen Zellen 2): Membran wird mit Kanal • Summeneigenschaften aller Kanäle der Zelle abgezogen. Mebranvesikel öffnet sich an der Luft (nicht gezeigt). Zellinneres liegt außen: “inside-out” • Pipettenlösung kann biol. aktive Substanzen und Proteine enthalten. 3) In der whole cell Konfiguration • Ableitung an isolierten Zellen, aber auch an Schnittpräparaten wird Membranfragment abgezogen. Zelläußeres liegt außen: “ outside -out” Quelle: Purves et al, Chapter 4, Neuroscience (Textbook) Eigenschaften des spannungabhängigen Na+-Kanals: Membrandepolaristion jenseits Schwellenwert Sehr rasches Öffnen (Öffnungkinetik: schlartig) • Kanäle öffnen sich für ca 1 msec, und schliessen sich dann refraktärer Zustand • Kanäle offnen sich erst wieder wenn Vm = Ruhepotential (solange sind Kanäle inaktiviert = refraktär) • Die Minimalzeit bis zur erneuten Auslösung eine Aktionspotential ist die absolute Refraktärzeit. Pharmakologie: Toxine können die Na+ Kanäle blockieren: z. B. TTX Tetrodotoxin aus dem Kugelfisch: Kanalblocker, Nervengift Elektrophysiologie: selektives Blockieren der Na+ Kanäle (Pharmakologisches Isolieren) Informationen über Toxinbindestellen (z. B aus Mutationsstudien) Rückschlüsse auf 3D Struktur, Identifikation der Aminosäuren, die Pore bilden Warum sind Aktionspotenziale unidirektional?" 1) 2) 3) Geschlossen (aber aktivierbar) offen refraktär (inaktiviert), geschlossen trotz anhaltender Depolarisation, Kugeldomäne klappt nach innern Warum sind Aktionspotenziale unidirektional?" Refraktäre Zone Refraktäre Zone Die Refraktärzone befindet sich also immer hinter dem wandernden Aktionspotential. Damit ist das Axonsegment nicht mehr symmetrisch. Warum sind Aktionspotenziale unidirektional?" (Animation aus Lehrbuch CD Bear)" Wo erfolgt die Auslösung eines Aktionspotentials? (Spike initiation zone) In den meisten Neuronen erfolgt die Impulsauslösung am Axonhügel (= axon hillock, axon initial segment). In sensorischen Neuronen, erfolgt die Initiation in den sensorischen Endigungen. Zusammenfassung Aktionspotential • Information kann nur in einer sich ändernden Membranspannung weitergeleitet werden (= Wandern des Aktionspotentials entlang des Axons) • Durch das Öffnen einzelner Na+ Kanäle kommt es zu einer initialen Depolarisierung. Übersteigt diese Depolarisierung einen Schwellenwert kommt es zur Initiation eines Aktionspotential. Hierbei kommt es zum schlagartigen Öffnen spannungabhängiger Na+ Kanäle: der Na+-Einstrom in die Zelle bewirkt eine Depolarisation (aufsteigende Phase des Membranpotentials) • Zeitversetzt öffnen sich spannungsabhängige K+ Kanäle: der K+-Fluß aus der Zelle heraus bewirkt eine Repolarisation der Membran (absteigende Phase des Membranpotentials). • Die Membran ist nach dem Ausbilden eines Aktionspotentials einige ms in einem Refraktärzustand, da während dieser absoluten Refraktärzeit die Na+ Kanäle in einer inaktivierten (refraktären) Konformation vorliegen. Die Weiterleitung des Aktionspotentials erfolgt unidirektional. Unmittelbar hinter dem Aktionspotential, sind die Na+ Kanäle im refraktären Zustand. Drei Typen von Ionenkanälen Klassifikation nach Aktivierungsmechanismus Quelle: Purves 1) Spannungsabhängige Kanäle (volatge gated: K+v, Na+v , Ca2+v ,Cl-v) 2) Ligandengekoppelte Kanäle (ligand gated ion channel: intrazell. und extrazell. Liganden) 3) Sensorische Kanäle: aktivierbar durch mechanische Dehnung, Hitze, Kälte, noxische Stimuli (Schmerz) Welche Parameter bestimmen die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Aktionspotentials? • Geschwindigkeitsbestimmend ist das Ausmaß mit der ein vor dem Impuls liegender Membranbereich zum Schwellenwert depolarisiert werden kann. Quelle: Purves λ: Längenkonstante , gibt die Länge eines Kabels an, bei dem das Potential Vx auf 1/e = 37% abgesunken ist. λ = √rm/ri rm: Membranwiderstand (je weniger Kanäle desto höher) ri : Innenwiderstand (je größer der Axondurchmesser desto kleiner der Innenwiderstand ri, desto größer λ ) Je größer der Axondurchmesser desto größer ist λ und desto schneller die Impulsleitung Quelle: Reichert, Lehrbuch Axone mit großem Durchmesser leiten schneller Invertebraten wie z. B. Tintenfische besitzen häufig Neurone mit großem Durchmesser (wichtig für Fluchtreaktion). Andere Lösung: Isolation durch Myelinscheiden Isolierte Axone leiten schneller Myelinisierte Axone leiten schneller Ranvier-Schnürring enthält Na+-Kanäle in hoher Dichte: bis zu 10.000/ µm2 Zwischen den Schnürringen verläuft die Erregunsleitung quasi verlustfrei saltatorische Erregungsleitung: Aktionspotential „springt“ von Ring zu Ring Ohne Myelinisierung müsste das Rückenmark des Menschen mehrere Meter dick sein um gleiche Leitungsgeschwindigkeit zu erzielen!! Myelinisierte Axone leiten schneller Beispiele für Proteine der Myelinscheide: MBP: myelin basic protein, ZNS +PNS PLP: Proteolipid protein, ZNS MAG und MOG: myelin associated Glycoproteins, ZNS PMP22: periphäres Myelinprotein (22kD), PNS P0: Protein null (ca. 80% der Myelinproteine im PNS) Quelle: Reichert Verlust der Myelinscheiden führt zu schweren Neurologischen Krankheitsbildern wie z. B. bei - Multipler Sklerose (Autoimmunerkrankung) Typisch: red. Nervenreizleitungsgeschwindigkeit) - peripheren Neuropathien (Charcot-Marie-Tooth-Dis. mit Mutationen in P0, PMP22 oder Connexin 32 ) Myelinisierte Axone leiten schneller EM: inter period line (elektronenarm) EM: major dense line (elektronendicht) EM: major dense line Quelle: Reichert Zusammenfassung Nervenreizleitung • Aktionspotentiale leiten Signale quasi verlustfrei. • die Leitungsgeschwindigkeit nicht myelinisierter Axone ist gering und umgekehrt proportional zum Axondurchmesser. • Myelinisierte Axone sind dünn und fast vollständig isoliert. • Hohe Leitungsgeschwindigkeit durch saltatorische Erregunsleitung („springen“ des Aktionspotentials zw. Ranvierschen Schnürringen).