uni-text Lehrbücher G. M. Barrow, Physikalische Chemie I, II W. L. Bontsch·Brujewitsch / I. P. Swaigin / I. W. Karpenko / A. G. Mironow, Aufgabensammlung zur Halbleiterphysik W. Czech, Übungsaufgaben aus der Experimentalphysik H. Dallmann / K.-H. Elster, Einführung in die höhere Mathematik M. J. S. Dewar, Einführung in die moderne Chemie N. W. Efimow, Höhere Geometrie I, 11 A. P. French, Spezielle Relativitätstheorie D. Geist, Halbleiterphysik I, II P. Guillery, Werkstoffkunde für Elektroingenieure E. Hiila / T. Boublik, Einführung in die statistische Thermodynamik J. G. Holbrook, Laplace-Transformationen I. E. Irodov, Aufgaben zur Atom- und Kernphysik S. G. Krein / V. N. Uschakowa, Vorstufe zur höheren Mathematik H. Lau / W. Hardt, Energieverteilung R. Ludwig, Methoden der Fehler- und Ausgleichsrechnung E. Meyer / E.·G. Neumann, Physikalische und technische Akustik E. Meyer / R. Pottei, Physikalische Grundlagen der Hochfrequenztechnik E. Poulsen Nautrup, Grundpraktikum der organischen Chemie L. Prandtl / K. Oswatitsch / K. Wieghardt, Führer durch die Strömungslehre W. Rieder, Plasma und Lichtbogen F. G. Taegen, Einführung in die Theorie der elektrischen Maschinen I W. Tutschke, Grundlagen der Funktionentheorie W. Tutschke, Grundlagen der reellen Analysis I H.-G. Unger, Elektromagnetische Wellen I, 11 H.-G. Unger, Quantenelektronik H.-G. Unger, Theorie der Leitungen H.-G. Unger / W. Schultz, Elektronische Bauelemente und Netzwerke I, II W. Wuest, Strömungsmeßtechnik Skripten H. Jordan / M. Weis, Asynchronmaschinen H. Jordan / M. Weis, Synchronmaschinen I G. Lamprecht, Einführung in die Programmiersprache FORTRAN IV E. Macherauch, Praktikum in Werkstoffkunde W. Schultz, Einführung in die Quantenmechanik W. Schultz, Dielektrische und magnetische Eigenschaften der Werkstoffe uni-text Ringvorlesung zur Theoretischen Physik unter Mitarbert von G. Adam, J. Juilfs, J. Sehne, W. Muschik, H. Epheser, M. Päsler Theoretische Mechanik von H: Epheser und J. Juilfs in Vorbereitung Wärmetheorie von O. Hittmair und G. Adam Theorie der Elektrizität von J. Sehne, W. Muschik und M. Päsler Quantenmechanik in Vorbereitung O. Hittmair Otto Hittmair/Gerhard Adam Wärmetheorie Skriptum für Studenten der Physik und Mathematik ab 3. Semester Mit 78 Bildern Friedr. Vieweg + Sohn· Braunschweig Prof. Dr. Otto Bittmair ist Vorstand des Instituts fiir Theoretische Physik I der Technischen Hochschule Wien Dr. Gerhard Adam ist Assistent am Institut f\ir Theoretische Physik I der Technischen Hochschule Wien ISBN 978-3-663-02009-7 ISBN 978-3-663-02008-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02008-0 1971 Alle Rechte vorbehalten Copyright © 1971 by Friedr. Vieweg + Sohn GmbH, Verlag, Braunschweig Die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder, auch tiir Zwecke der UnteIrichtsgestaltung, gestattet das Urheberrecht nur, wenn sie mit dem Verlag vorher vereinbart wurden. Im Einzelfall muß über die Zahlung einer Gebühr für die Nutzung fremden geistigen Eigentums entschieden werden. Das gilt tiir die Vervielfältigung durch alle Verfahren einschließlich Speicherung und jede Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien. Vorwort des Verlages Bei den vielfältigen Verpflichtungen der Dozenten ist heute wohl kein Hochschullehrer bereit oder zeitlich in der Lage, allein ein großes Lehrbuch der Theoretischen Physik zu schreiben. Andererseits besteht bei den betreffenden Autoren durchaus das Interesse, ein kurzes Lehrbuch zu ihrem Spezialgebiet zu verfassen. Man könnte nun unabhängig voneinander entstandene Einzelarbeiten zu einem Sammelwerk zusammenfassen. Diese Lösung befriedigt aber nicht. Denn es fehlt die für den Studenten - vor allem der Anfangssemester - notwendige Abstimmung der Einzelteile aufeinander. Daher hat es der Verlag unternommen, mit einer mehrbändigen "Ringvorlesung zur theoretischen Physik" beide angedeuteten Schwierigkeiten zu überwinden. Die Einzelbände sind von Dozenten verfaßt worden, die über große Erfahrungen auf dem jeweiligen Gebiet verfugen. Die notwendige Abstimmung sollte durch Absprache der Konzeptionen und Austausch der Manuskripte von Anfang an erreicht werden. Dies kann aber nur der erste Schritt auf dem Weg zu einem inhaltlich und formal geschlossenen Gesamtwerk sein, dem jeder Autor durch seinen persönlichen Denkstil Farbe gibt. Die jetzt vorliegende Fassung muß in der Praxis erprobt werden, um nach den dabei gewonnenen Erkenntnissen die endgültige Fassung zu entwickeln. Damit wird erstmalig im deutschen Sprachraum ein Lehrbuch während seines Entstehens zur Diskussion gestellt - in der Hoffnung, daß Dozenten und Studenten über ihre Erfahrungen mit dem Buch berichten. Hinweise und Verbesserungsvorschläge nehmen die Autoren und der Verlag dankbar entgegen. Vorwort der Autoren Der vorliegende uni-text ist aus Vorlesungen entstanden und seinerseits wieder als Lern- und Lehrbehelf für Vorlesungen gedacht, in denen Studierende zum ersten Male an diesen Gegenstand der Theoretischen Physik herantreten. Der traditionelle Titel "Wärmetheorie" soll dabei Gelegenheit geben, nicht nur in die Thermodynamik einzuführen und ein Beispiel eines deduktiven Aufbaues einer Theorie von phänomenologischen Prinzipien (Hauptsätzen) aus zu geben, sondern es soll in der mikroskopischen Begründung dieser Theorie durch die statistische Mechanik zu dieser für das Verständnis der Materie fundamentalen Disziplin der Grund gelegt werden. Der Beginn mit der Thermodynamik ist nicht nur üblich, sondern auch begrifflich leichter zu bewältigen als jene Vorgangsweise, die die statistische Mechanik an den Anfang stellt. Als geeigneter Zugang zu dieser wird der informationstheoretische Weg eingeschlagen, nachdem die thermodynamischen Begriffe bereits erarbeitet sind. An Vorkenntnissen wird außer der Differential- und Integralrechnung und den Grundbegriffen der Mechanik nichts vorausgesetzt, wenn auch eine allgemeine Bekanntschaft mit den Ideen der Quantentheorie an den betreffenden Stellen das Eingliedern der Postulate in einen weiteren Rahmen ermöglicht. Um die Vertrautheit mit den erarbeiteten Begriffen und deren Verwendung zu fördern, wurden jedem Kapitel Aufgaben mit ausgearbeiteten Lösungen beigefügt. Die Verfasser hoffen, daß der naturgemäß beschränkte Bereich des Gebotenen geeignet gewählt, klar vermittelt und für den Gebrauch verwendbar nahegebracht wurde. Die vorliegende Auflage erscheint als photographische VervielfaItigung des Manuskripts und hat daher nur provisorischen Charakter. Dies bietet andererseits die wertvolle Gelegenheit den Leser zur Kritik einzuladen und diese dann in der gedruckten Auflage zu berücksichtigen. Druckfehlerhinweise, Aufzeigen von Irrtümern oder didaktische Anregungen sind also willkommen und werden dankbar entgegengenommen, um die folgende Auflage für den Leser nützlicher gestalten zu können. Wien, Dezember 1970 o. Hittmair / G. Adam Inhaltsverzeichnis Gegenstand und grundsätzliche Betrachtungsweise I. Thennodynamik 3 § 1. Grundbegriffe Die Temperatur Weitere Begriffe 3 4 8 § 2. Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik Wärmekapazität und spezifische Wärme Rechenregeln fiir partielle Ableitungen Experimentelle Prüfung und weitere Folgerungen des 1. Hauptsatzes Gay-Lussao-Versuch Joule-Thomson-Versuch § 3. 11 17 18 19 21 23 Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik Die Aussagen des 2. Hauptsatzes Die Carnot-Maschine Die thermodynamische Temperaturskala Der Carnotsche Kreisprozeß des idealen Gases und die Temperaturskala Die Entropie Entropieänderung bei isothermer Expansion idealer Gase Entropieänderung bei der Wärmeleitung Entropie des idealen Gases Folgerungen aus dem 2. Hauptsatz Folgerungen des 2. Hauptsatzes für das ideale Gas Die Adiabate einer beliebigen Substanz Schallgeschwindigkeit Die Adiabate idealer Gase Joule-Thomson-Versuch Gemisch idealer Gase Mischentropie, Gibbssches Paradoxon Thermodynamische Potentiale Gleichgewichtsbedingungen Maxwell-Beziehungen Thermodynamische Potentiale mit variabler Molzahl Legendre-Transformation 24 24 25 29 30 35 41 44 44 45 48 49 51 52 52 54 55 58 62 63 67 § 4. Der 3. Hauptsatz 79 § S. Das van der Waalssche Gas Die Zustandsgleichung des van der Waalsschen Gases Berechnung der inneren Energie für das van der Waalssche Gas Joule-Thomso'n-Kurve des van der Waalsschen Gases 86 86 92 94 72 Inhaltsverzeichnis IX § 6. 96 96 Anwendung der Hauptsätze auf heterogene Systeme Thermodynamische Beschreibung der Phasenübergänge Maxwellsche Regel Schmelzen Sublimieren Tripelpunkt Allotrope Umwandlung Methode der Langrangeschen Multiplikatoren Gibbssche Phasenregel Zweistoffsystem Salmiak-Wasser Massenwirkungsgesetz System aus verdünnten Lösungen und idealen Gasen 1. Gefrierpunktserniedrigung einer verdünnten Lösung 2. Osmotischer Druck 100 102 102 103 106 107 109 114 117 126 130 132 § 7. Beispiele zur Thermodynamik 136 ß. Die kinetische Theorie 189 § 8. Transporttheorie Verteilungsfunktion Zweierstöße und Boltzmannsche Transportgleichung Das Boltzmannsche H·Theorem Die Maxwell-Boltzmann-Verteilung 1. Barometrische Höhenformel 2. Mittlere Energie eines Kristalls der Temperatur T 3. Sedimentationsgleichgewicht Die Thermodynamik des verdünnten Gases Diskussion des H-Theorems 190 190 196 204 207 218 219 221 222 224 § 9. Transporterscheinungen Die mittlere freie Weglänge Näherung des Stoß terms bei kleiner Abweichung vom Gleichgewicht Diffusion Innere Reibung (Viskosität) Wärmeleitung Zusammenfassung der Transporterscheinungen Lösung der Wärmeleitungsgleichung 1. Lösung des Anfangswertproblems 2. Anfangsbedingungen des linearen Stabes 3. Isotherme Randbedingungen 4. Adiabatische Randbedingung 5. Der Wärmepol 226 226 229 231 234 237 241 242 245 247 247 249 250 §lo. Beispiele zur kinetischen Theorie 252 x m. Inhaltsverzeichnis Statistische Mechanik § 11. Theorie der statistischen Gesamtheiten (Ensemble-Theorie) 269 Einleitung Grad der Unbestimmtheit Entropie als Grad der Unbestimmtheit Die Wahrscheinlichkeit W v der drei Gesamtheiten Die kanonische Gesamtheit Die mikrokanonische Gesamtheit Die großkanonische Gesamtheit Zustandssumme und Zustandsintegral Der Liouvillesche Satz 269 269 270 272 273 276 279 279 283 288 § 12. Die Berechnung der kanonischen Zustandssumme 292 Berechnung der Zustandssumme eines Systems, das aus N Subsystemen besteht Das klassische ideale Gas 292 295 § 13. Mikrokanonische Gesamtheit 304 § 14. Berechnung der großkanonischen Zustandssumme 308 308 309 310 311 314 314 316 Maxwell-Boltzmann-Statistik Ideales Gas Dichteschwankungen des idealen Gases Korrigierte Maxwell-Boltzmann-Statistik Exakte Statistik nichtunterscheidbarer Teilchen 1. Bose-Einstein-Statistik 2. Fermi-Dira~Statistik § IS. Zustandsgleichung des idealen Bose- und Fermigases Das ideale Fermigas Das ideale Bosegas Einstein-Kondensation § 16. Das Photonengas Das Plancksche Strahlungsgesetz Das Wiensche Verschiebungsgesetz Historisches Zustandsgleichung des Photonengases Klassische Berechnung des Strahlungsgesetzes § 17. Die spezifische Wärme Der Gleichverteilungssatz der Energie Spezifische Wärme Das zweiatomige Gas 1. Rotation 2. Para- und Orthowasserstoff 3. Vibration Der Kristall 1. Das Einsteinmodell des Kristalles 2. Das Debye-Modell 318 320 326 328 333 334 336 338 339 341 342 342 344 347 348 351 353 356 356 358 Inhaltsverzeichnis XI § 18. Beispiele zur statistischen Mechanik Formelsammlung Physikalische Konstanten Umrechnungsfaktoren Literatur Sachverzeichnis 362 393 404 404 405 406 - 1 - Das allgemeine Anliegen der Physik, einen durch Messung erfahrbaren Wirklichkeitsbereich zu analysieren, bezieht sich bei der Wärmelehre im besonderen auf Erscheinungen, die von der Meßgröße Temperatur entscheidend abhängen. Die theoretische Seite dieser Analyse ist der Gegenstand unserer Betrachtungen. Die Betrachtung kann dabei auf zwei grundsätzlich voneinander verschiedene Weisen erfolgen. Man kann auf einige Erfahrungstatsachen, die durch zahllose Experimente gestützt sind, aufbauend eine phänomenologische Theorie entwickeln, die ebenso sicher der Erfahrung entsprechende Aussagen macht. Dies ist die Thermodynamik. Die Erfahr~gstatsachen werden durch die drei Hauptsätze zusammengefaßt. Ihr Bereich ist der Makrokosmos, d.h. sie gewinnt ihre Aussagen nicht unter Bezug auf die unsichtbare atomare Mikrostruktur der Materie, sondern hält sich an unmittelbar apparativ feststellbare Sachverhalte. Dies verbürgt ihre Allgemeingültigkeit, es verhindert aber auf der anderen Seite auch, daß sie Materieeigenschaften, die der individuellen Mikrostruktur entspringen, folgern kann oder eine tiefere Begründung der Hauptsätze geben kann. Dies ist die Aufgabe der statistischen Mechanik. Ihr Erfolg richtet sich danach, wie gut das System - d.h. der betrachtete reale Ausschnitt aus der Natur oder sein modellmäßiger Repräsentant - in seinen nicht direkt meßbaren Mikroeigenschaften erfaßt wird. Die statistische Mechanik führt diese nur statistisch mögliche Erfassung so durch, daß sie eine Menge solcher makroskopisch gleichartiger Systeme betrachtet, in der diese Systeme als statistische Einheiten in keiner räumlichen Beziehung zueinander stehen, sondern das Nebeneinander einer statistischen Gesamtheit bilden. Einen klassischen Sonderfall bildet die Gaskinetik, die am Anfang der statistischen Mechanik stand, ihrer Betracht1 Hittmair I Adam - 2 - ungsweise jedoch insofern nicht entspricht, als nicht das System, das durch eine Vielzahl wechselwirkungsfreier Gasmoleküle gebildet wird, die statistische Einheit ist, sondern das einzelne Molekül. In diesem Sonderfall läßt sich nämlich wegen der Gleichartigkeit der ungekoppelten Bewegungsgleichungen der Moleküle schon für das einzelne System ein Moleküldurchschnittsverhalten angeben, das makroskopische Bedeutung hat. Im folgenden werden der Reihe nach die Standpunkte der Thermodynamik, der Gaskinetik und der statistischen Mechanik eingenommen. §1 - 3 - Als phänomenologische Theorie der Materie entnimmt die Thermodynamik viele Begriffe direkt dem Experiment. Ein Teil der verwendeten Begriffe ist bereits aus der Mechanik und Elektrodynamik bekannt und bedarf keiner weiteren Erklärung, doch werden in der Thermodynamik zusätzliche Begriffe benützt, die wir kurz definieren wollen. Thermodynamische Variable (oder thermodynamische Zustandsgrößen, auch kurz Größen) sind direkt apparativ meßbare Eigenschaften des Systems, z.B. das Volumen V, die Masse M, .... die Molzahl n, der Druck p, das Magnetfeld H, die Temperatur T, usw. Sie werden in zwei Gruppen unterteilt, und zwar in extensive Variable, welche der Menge des Systems proportional sind (V, M, n usw.) und intensive Variable, die dagegen von der Menge des Systems unabhängig sind (p, T, usw.). Der Quotient zweier extensiver Variablen ist dann wieder eine intensive Variable, z.B. das Molvolumen v=V/n. Die intensiven Variablen werden im allgemeinen klein, die extensiven groß geschrieben; Ausnahmen dieser Regel sind z.B. T und n. Ein Mol (1 Mol = 1 mol) ist definiert als jene Stoffmenge eines Systems, das aus ebenso vielen Molekülen (oder Atomen oder Ionen) besteht, wie Atome in 12 Gramm des Kohlenstoffisotops 1~C enthalten sind. Ein thermodynamischer Zustand wird durch den Satz aller thermodynamischen Variablen, die für die eindeutige Beschrei )ung des Systems erforderlich sind, festgelegt. Die Anzahl der Variablen ist dabei von der Art des Systems abhängig. Z.B. ist der Zustand eines idealen Gases vollständig durch die Angabe der Molzahl n, des Druckes p und des Volumens V gegeben. Wenn es nicht ausdrücklich anders angegeben ist, verstehen wir in der Thermodynamik unter Zustand immer einen H, - 4 - §1 thermodynamischen Gleichgewichtszustand, da die thermodynamischen Variablen nur dann für das gesamte System den gleichen Wert haben. Ein thermodynamisches Gleichgewicht herrscht, wenn sich der Zustand eines Systems mit der Zeit nicht ändert. Zu jedem Gleichgewicht gehören dabei wohldefinierte Nebenbedingungen die angeben, welche Größen sich frei ändern können (und sich bei der Einstellung des Gleichgewichtes tatsächlich ändern) und welche Größen konstant gehalten werden. Ein Spezialfall des thermodynamischen Gleichgewichtes ist das sogenannte thermische Gleichgewicht (Nebenbedingung: thermischer Kontakt zwischen Systemteilen ist vorhanden), welches in der Thermodynamik eine ausschlaggebende Bedeutung hat. Als thermischen Kontakt bezeichnen wir die EnergieaustauschmögliChkeit zwischen Systemteilen, die makroskopisch auf keine der anderen bekannten Arten (z.B. elektrische, mechanische usw.) zurückzuführen ist. Ein System mit Zwischenwänden, die thermisches Gleichgewicht verhindern, kann immer noch im thermodynamischen Gleichgewicht sein. Das thermische Gleichgewicht wird durch eine eigene Zustandsvariable gekennzeichnet, nämlich die Temperatur.Dies geschieht auf folgende Weise: Systemen und Systemteilen, die untereinander im thermischen Gleichgewicht stehen, wird definitiongemäß die gleiche Temperatur zugeschrieben. Hingegen werden Systemen, die untereinander nicht im thermischen Gleichgewicht stehen, für sich selbst aber im thermischen Gleichgewicht sind, definitiongemäß verschiedene Temperaturen zugeschrieben. Da die möglichen thermischen Gleichgewichtszustände erfahrungsgemäß eine eindimensionale Mannigfaltigkeit bilden, reicht zur Kennzeichnung der Temperatur eine einparametrige Größe aus, die wir mit T bezeichnen. Die Temperatur ist also nur für Systeme im thermodynamischen Gleichgewicht definiert. Der so eingeführte Temperaturbegriff ist - 5 - §1 aber insofern willkürlich, als auch jede monoton mit T wachsende Funktion den gleichen Zweck erfüllt. Diese Willkür gestattet uns, eine möglichst zweckmäßige Wahl der Temperaturskala zu treffen. Wir benützen dazu vorderhand das ideale Gas (siehe auch Seite 29). Alle Gase wenn sie nur hinreichend verdünnt sind, zeigen in sehr guter Näherung das gleiche Verhalten. Dieses Grenzverhalten der unendlich verdünnten Gase charakterisiert das ideale Gas. Die Zustandsvariablen des idealen Gases sind die Molzahl n, das Volumen V und der Druck p. Bringt man mehrere Behälter, gefüllt mit idealem Gas, in thermischen Kontakt und schließt sie sonst von der Umgebung ab, so wird sich nach einiger Zeit thermisches Gleichgewicht einstellen. Mißt man dann von jedem dieser Gase die Werte n, V und p, so wird sich im allgemeinen zeigen, daß weder die'nnoch die V-, noch die p-Werte für die Gase in den verschiedenen Behältern gleich sind. Sie eignen sich einze~n also ~ dazu, das thermische Gleichgewicht zu kennzeichnen, denn jene Größe, die das thermische Gleichgewicht charakte lisieren soll, muß ja, wie oben definiert wurde, für Systeme, die im thermischen Gleichgewicht stehen, den gleichen Wert annehmen. Gerade diese Eigenschaft hat aber der Ausdruck ~, wie das Experiment zeigt: Ideale Gase, deren Behälter untereinander im thermischen Gleichgewicht stehen, weisen für den Ausdruck ~ die gleichen, wenn sie nicht im thermischen Gleichgewicht stehen, verschiedene Werte auf. Damit erfüllt dieser Ausdruck für das ideale ~as die Bedingungen, welche wir für die Temperaturdefinition gefordert haben. Wir können ihn aber immer noch direkt proportional der Temperatur oder auch proportional einer beliebigen monoton mit T wachsenden Funktion setzen. Je nach Wahl werden dadurch verschiedene Temperaturarten definiert (z.B. 1. T ••• absolute Temperatur (oK), 2. 'C=ln T logarithmische Temperaturskala; 3. die Temperaturskala der linear unterteilten Quecksilbersäule, usw). Wir treffen die einfachste Wahl und definieren mit dem idealen Gas die Temperatur durch - 6 - §1 (1) Sie wird absolute GastemperatUr genannt. Diese Temperaturdefinition hat nicht nur für das ideale Gas eine entsprechend einfache Gestalt, sondern auch eine absolute Bedeutung, wie wir bei der Behandlung des 2.Hauptsatzes erkennen werden (siehe Seite 29). R ist eine Konstante - sie wird Gaskonstante genannt - die von der Wahl der Temperatureinheit abhängt, oder auch umgekehrt - je nach Wahl von R erhält man verschiedene Temperatureinheiten. Wählt man z.B. R=1, so ist die Temperatureinheit 1 erg/mol. Im allgemeinen wird jedoch die Temperatur T in Grad Kelvin (oK) gemessen. Um R in der Kelvin-Skala zu bestimmen, mißt man pV/n eines idealen Gases beim Gefrj.erpunkt und Siedepunkt des Wassers, wenn dieses unter Normaldruck steht. Trägt man diese Punkte in einem Koordinatensystem ein (Gefrierpunkt und Siedepunkt werden dabei an beliebigen Stellen der Abszisse eingetragen) und verbindet sie durch eine Gerade (siehe Abb.), so stellt der Schnittpunkt der Geraden mit der Abszisse den Nullpunkt der Kelvin-Skala (oK) dar. Die Einheit (1Grad = 1 grd) der Kelvin-Skala ist nun so definiert, daß der Abstand zwischen Gefrierpunkt und Siedepunkt gerade in 100 gleiche Intervalle (100 grd) zerfällt. (Benützt man die gleiche Temperatureinheit, aber als Nullpunkt den Gefrierpunkt des Wassers unter Normaldruck, so erhält man die Celsius-Skala (oC). Damit ergibt sich für die Gaskonstante der Wert R= 1,987cal/grd mol= 8,314.10 7 erg/grd mol. Es sei hier gleich vermerkt, daß seit 1954 eine andere Definition der Kelvin- und der Celsius-Skala benützt wird (siehe Seite10S). §1 - 1 - l2! n gemessene Wer t e 1\ / I I \ \ \ \ I I \ I ~ I I I 100 Intervalle • ___ A : Nullpunkt der I : Kelvinskala 1 ·1 I 0 -213 , 15 _ _ Gef~ierpunkt des IWasser s l I T Siedepunkt des Wassers 213~15 373,15 I I o I I 100 tan l' = ~.~ = R • Die Temperatur eines beliebigen Systems wird nun folgendermaßen gemessen: Das System wird mit einem idealen Gas, das als Thermometer dient ( ein ideales Gasthermometer ist z.B. ein Thermometer mit Heliumfüllung bei hinreichend geringer Dichte in thermischen Kontakt gebracht, das Gleichgewicht abgewartet und pV/n des Gases gemessen. Bei gegebenem R ist damit die Temperatur in den entsprechenden Einheiten bestimmt (z.B. in °K) • Damit die Begriffe Temperatur bzw.Wärmegleichgewicht überhaupt eine vernünftige Bedeutung haben, ist es erforderlich, daß sie folgende Bedingungen erfüllen : "Wenn zwei Systeme mit einem dritten System im thermischen Gleichgewicht stehen, dann sind sie auch untereinander im thermischen Gleichgewicht" (d.h. sie haben alle drei die gleiche Temperatur). Man nennt diese Aussage auch den "nullten Hauptsatz der Thermodynamik". Der nullte Hauptsatz ist nicht ableitbar, sondern nur durch Erfahrung bestätigt. §1 - 8 - Die Zustandsgleichung drückt den funktionellen Zusammenhang der Variablen eines Systems im Gleichgewicht aus,z.B. bei konstantem n f{p,V,T) '" 0 oder ... ~ ~(H,M,T) = 0 wenn p, V, T oder H, M, T die thermodynamischen Variablen des Systems sind. Die Anzahl der vorkommenden Variablen hängt von den Nebenbedingunge~, die von allen zugelassenen Gleichgewichten erfüllt werden, ab. In der Thermodynamik wird die Zustandsgleichung experimente'll ermittelt. Durch jede Zustandsgleichung wird die Zahl der unabhängigen Vari~bIen um 1 verringert. Bei obigen Beispielen also von 3 auf 2. Der Begriff Arbeit wird aus der Mechanik übernommen. Die einem System zugeführte Arbeit (dem System zugeführte Arbeit wird positiv und vom System abgeführte Arbeit negativ gezählt) ist dann durch j diA dX gegeben, wobei j als verallgemeinerte Kraft und X als verallgemeinerter Weg bezeichnet werden und je nach Art der Arbeit von der Mechanik oder der Elektrodynamik her bekannt sind. {d'A ist kein exaktes Differential, was durch den Strich I beim d gekennzeichnet wird; mehr darüber später~. Z.B. ist bei mechanischer Volumsverkleinerung (dV) gegen den Druck p .! :: p und dX :: -dV oA oder bei der erzwungenen Magnetisierung (M) gegen ein Magnetfeld (ir) und .. dX .... dM ... (M ••• Magnetisierung des ge- samten Systems) oder bei der Beschleunigung eines Systems (O ..• Geschwindigkeit des Systems, P••• Impuls des Systems) - dX - 9 - §1 .... = dP Kanchma1 will man die vom System abgegebene Arbeit positiv zählen. Wir bezeichnen sie dann mit A: A:!'i -A • Führen wir einem System Arbeit zu (z.B. durch Kompressio.~ so ändert sich seine Temperatur. Aber auch ohne Arbeitszufuhr kann sich die Temperatur eines Systems ändern. Z.B. beim Temperaturausgleich zweier Flüssigkeiten mit ursprünglich verschiedenen Temperaturen. Um diesen Sachverhalt quantitativ zu erfassen, wird ein neuer Begriff, die Wärmemenge (kurz Wärme), eingeführt: ~ (Q) wird definitiongemäß dann von einem System aufgenommen, wenn sich seine Temperatur erhöht, ohne daß ihm gleichzeitig Arbeit zugeführt wird. D.h. es besteht ein Zusammenhang zwischen der aufgenommenen Wärmemenge A Q und der eingetretenen Temperaturerhöhung A Q = 0 AT , wobei 0 die Wärmekapazität des Systems ist. (Die dem System zugeführte Wärmemenge wird positiv und die abgegebene negativ gezählt; 0 ist daher immer positiv!) Die Wärmekapazität 0 hängt von der Natur des Systems, aber auch von der Art der Wärme zufuhr (z.B. bei konstantem Y oder bei konstantem p - 0p; Oy) ab und läßt sich experimentell bestimmen, wenn die Einheit der Wärmemenge festgelegt ist. Die Einheit der Wärmemenge 1 Kalorie (1 cal) ist defini tionsgemäß jene Wärmemenge, die notwendig ist, um 19 Wasser vQn 14,5°0 auf 15,5 0 0 zu erwärmen (10~ca1 = 1 kcal = 1 Kilokalorie). Die neue Definition der Kalorie lautet 1ca1 = 4,1840J (1J = 1 Joule = 10 7 erg). Will man die vom System abgegebene Wärmemenge positiv zählen (und analog dazu die zugeführte negativ), so benützen wir Q: Q:!'i _Q - 10 - §1 Ein Wärmespeicher ist ein System mit einer 80 großen Wärmekapazität C = cgM (M ••• sehr große Masse des Wärmespeichers, c g ••• Wärmekapazität/Gramm = spezifisohe Wärme), daß jede Zu- oder Abfuhr einer endlichen Wärmemenge seine Temperatur nicht ändert. Will man irgendein System auf konstanter Temperatur halten, so erreicht man dies dadurch, daß man dieses System mit einem Wärmespeicher der gewUnschten Temperatur in thermischen Kontakt bringt. Als Zustandsänderung bezeichnet man den übergang von einem thermodynamischen Zustand in einen anderen. Ist der Anfangszustand ein Gleichgewichtszustand, so kann eine Zustandsänderung nur durch Änderung der äußeren Bedingungen (z.B. Änderung des Volumens), denen das System unterworfen ist, hervorgerufen werden. Eine Folge von Zustandsänderungen, bei der am Ende wieder der Anfangszustand erreicht wird, nennt man einen Kreisprozeß. In der klassischen Thermodynamik werden immer nur Zustände thermodynamischer Gleichgewichte behandelt. D.h. die äußeren Bedingungen werden so l~ngsam verändert (guasistatisch), daß das System in jedem Augenblick näherungsweise im Gleichgewicht ist. Kann eine Zustandsänderung wieder rückgängig gemacht werden, ohne daß eine Veränderung in der Natur (Umgebung) zurückbleibt, spricht man von einer reversiblen Zustandsänderung, im entgegengestzten Fall von einer irreversiblen Zustandsänderung. Jede reversible Zustandsänderung kann nur quasistatisch durchgeführt werden, da sonst irreversible Reibungswärme auftritt. Endlich schnelle ZustandSänderungen sind immer irreversible,d.h. sie können nicht rückgängig gemacht werden, ohne daß in der Natu~ine Veränderung zurückbleibt (z.B. Arbeit wurde aufgewendet, konnte aber nicht mehr zurückgewonnen werden; oder eine Wärmemenge ist von einem Wärmespeicher höherer Temperatur auf einen solchen niedrigerer Temperatur übergegangen). Ein thermisch isoliertes System kann keine Wärme mit seiner Umgebung austauschen, d.h. d'Q des Systems ist gleich Null: d'Q=O (d'Q ist ebenso wie dIA kein exaktes Differential). Man nennt jede Zustandsänderung, die so ein System erfahren