Technische Universit ¨at M ¨unchen Zentrum Mathematik

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Technische Universität München
Zentrum Mathematik
Prof. Dr. P. Gritzmann, Dipl.-Inf. Dipl.-Math. S. Borgwardt, Dipl.-Math. M. Ritter
Optimierung 2, WS 2008/09
Übungsblatt 7
Aufgabe 7.1
Sei G = (V, E) ein Digraph. Ein Weg in G, der jeden Knoten genau einmal enthält, heißt
gerichteter Hamiltonweg.
b := (V, E)
b mit E
b = {b
Für e = (u, v) ∈ E sei weiter eb := {u, v} und G
e : e ∈ E}. Die Notation
b
•“ wird im Folgenden stets in diesem Sinne verwendet.
”
c = (E,
b I)
b von G
b enthält als unabhängige Mengen gerade die
a) Das graphische Matroid M
b vgl. Lemma 5.2.11.
kreisfreien Teilgraphen von G,
Zeigen Sie: Mit der Setzung
n
o
I := I ⊆ E : Ib ∈ Ib und für alle e1 , e2 ∈ I mit eb1 = eb2 gilt e1 = e2
ist M = (E, I) ein Matroid.
b) Definieren Sie zwei weitere Matroide M1 = (E, I1 ), M2 = (E, I2 ), so dass gilt: Die
Mengen der Kardinalität |V | − 1 in I ∩ I1 ∩ I2 sind genau die gerichteten Hamiltonwege
in G.
Hinweis: Welche Zusatzbedingungen sichern, dass von den Elementen von I diejenigen
ausgewählt werden, die eine Vereinigung von Wegen sind?
Lösung zu Aufgabe 7.1
a) Eine Menge I ∈ I zeichnet sich per Definition durch zwei Eigenschaften aus:
(∗) Ib ∈ Ib
und
(∗∗) e1 , e2 ∈ I ∧ eb1 = eb2 ⇒ e1 = e2 .
Nun ist M ein Unabhängigkeitssystem, denn für jede Teilmenge I 0 einer Menge I ∈ I
überträgt sich Eigenschaft (∗∗) natürlich von I auf I 0 , und weiter ist Ib0 ⊆ Ib und damit
b da M
c ein Unabhängigkeitssystem ist, womit (∗) für I 0 nachgewiesen ist.
Ib0 ∈ I,
Wir müssen noch zeigen, dass M die Austauschbedingung erfüllt. Dazu seien Ip , Ip+1 ∈ I
mit p = |Ip | und p + 1 = |Ip+1 |. Wir wissen, dass wir e ∈ Ip+1 \ Ip wählen können, sodass
b
b
b Offenbar ist nun Ip ∪ {e} ∈ I, was
für das entsprechende eb ∈ Id
e} ∈ I.
p+1 \ Ip gilt Ip ∪ {b
zu zeigen war.
1
b) Der Beweis läuft darauf hinaus, die Matroide M1 und M2 so zu definieren, dass die
Kantenmengen in I ∩ I1 ∩ I2 genau die disjunkten Vereinigungen von Wegen sind.
Insbesondere sind dann die Mengen der Kardinalität |V | − 1 Hamiltonwege.
Die Kantenmengen in I induzieren in G “gerichtete Bäume”, die damit insbesondere
kreisfrei sind. Damit W ∈ I eine disjunkte Vereinigung von Wegen ist, müssen wir zwei
zusätzliche Bedingungen sichern:
• (T ) Keine zwei Kanten in W dürfen den gleichen Startknoten (engl.: tail) haben;
• (H) keine zwei Kanten in W dürfen den gleichen Endknoten (engl.: head) haben.
Die Bedingungen (T) und (H) lassen sich in Matroide übersetzen: Eine Kantenmenge
W ⊆ E erfüllt Bedingung (T) genau dann, wenn sie Element von
I1 := IT := {I ⊆ E | (v, w1 ), (v, w2 ) ∈ I ⇒ w1 = w2 }
ist, und sie erfüllt die Bedingung (H) genau dann, wenn sie Element von
I2 := IH := {I ⊆ E | (v1 , w), (v2 , w) ∈ I ⇒ v1 = v2 }
ist. Wir zeigen nun, dass M1 = (E, I1 ) und M2 = (E, I2 ) Matroide sind, genauer: dass
es sich um Partitionsmatroide handelt. (Diese speziellen Matroide werden auch als TailPartition-Matroid und Head-Partition-Matroid bezeichnet). Wir definieren
Ew(H) := {(v, w) | (v, w) ∈ E ∧ v ∈ V } ∀w ∈ V .
(H)
Offenbar enthält Ew alle Kanten in G, die den Knoten w als Endknoten haben. Nun
(H)
ist E (H) := {Ew | w ∈ V } eine Partition von E und das zugehörige Partitionsmatroid
(T)
ist gerade M1 . Analog definiert man Mengen Ew und E (T) und zeigt, dass M2 ein
Partitionsmatroid ist.
Kantenmengen in I ∩ I1 ∩ I2 erfüllen also (H), (T) und sind kreisfrei. Damit sind sie
genau die disjunkten Vereinigungen von Wegen in G und der gewünschte Durchschnitt
dreier Matroide ist konstruiert.
Aufgabe 7.2
Ein Matroid muss bekanntlich zwei Eigenschaften erfüllen: Es muss ein Unabhängigkeitssystem
sein und es muss die Austauschbedingung erfüllen. In 5.2.25 wurde gezeigt, dass ein Unabhängigkeitssystem genau dann ein Matroid ist, wenn der Greedy-Algorithmus für jeden
Zielfunktionsvektor c immer eine optimale Lösung liefert.
Einige Optimierungsprobleme lassen sich aber auch mit dem Greedy-Algorithmus lösen, obwohl gar kein Unabhängigkeitssystem zugrundeliegt. Wir betrachten in dieser Aufgabe ein
solches Problem.
Sei G = (V, E) ein Graph und c : E → R≥0 eine Kantengewichtung. Das Mengensystem T sei
definiert durch
T := {T ⊆ E : T induziert einen aufspannenden Baum in G} .
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a) Zeigen Sie, dass (E, T ) zwar die Austauschbedingung erfüllt, aber kein Unabhängigkeitssystem
ist.
b) Die monotone Hülle (E, Te ) von (E, T ) ist definiert durch
n
o
Te := Te ⊆ E : es gibt T ∈ T mit Te ⊂ T .
Zeigen Sie: Ist (E, Te ) ein Matroid, so liefert der Greedy-Algorithmus über (E, Te ) eine
Optimallösung für das Problem maxT ∈T c(T ).
c) Beweisen oder widerlegen Sie: Erfüllt ein Mengensystem (E, I) die Austauschbedingung,
e ein Matroid. Hinweis: Betrachten Sie das Problem
so ist seine monotone Hülle (E, I)
gerichteter Hamiltonwege aus der vorigen Aufgabe.
d) Ein Mengensystem (E, I) heißt k-uniform für ein k ∈ N, wenn |I| = k für alle I ∈ I.
e ein Matroid ist,
Zeigen Sie: Ist (E, I) ein k-uniformes Mengensystem so, dass (E, I)
dann gilt:
Für alle I, I 0 ∈ I gibt es u ∈ I \ I 0 und u0 ∈ I 0 \ I, so dass (I \ {u}) ∪ {u0 } ∈ I.
e) Gilt auch die Umkehrung der Aussage aus Teilaufgabe d)?
Lösung zu Aufgabe 7.2
a) Die Aussage ist trivial, da alle Elemente von T gleiche Kardinalität haben.
b) Wir müssen zeigen, dass maxT ∈T c(T ) = maxT ∈Te c(T ). Da c ≥ 0 vorausgesetzt wurde
und da T ⊆ Te gilt, ist
max c(T ) ≤ max c(T ) .
T ∈T
T ∈Te
Sei nun T ∗ ∈ Te derart, dass c(T ∗ ) = maxT ∈Te c(T ). Dann ist c(T ∗ ) ≤ c(T 0 ) für alle
T 0 ∈ T mit T ∗ ⊆ T 0 (wieder geht c ≥ 0 ein). Daraus und aus der Definition von Te folgt
c(T ∗ ) ≤ maxT ∈T c(T ) und damit die Behauptung.
c) Wir widerlegen die Behauptung, indem wir das System der gerichteten Hamiltonwege
betrachten: Hier erfüllt (E, I) trivialerweise die Austauschbedingung, da alle (gerichteten) Hamiltonwege die gleiche Kardinalität (nämlich |V | − 1) haben. Um zu zeigen, dass
e der Austauschbedingung nicht genügt, geben wir ein Gegenbeispiel an:
(E, I)
e0
e
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Im abgebildeten gerichteten Graphen sind zwei disjunkte gerichtete Hamiltonwege H1
(fett) und H2 (dünn) eingezeichnet. Entfernt man eine Kante aus H1 , so kann der so
entstandene Unterweg nicht mit einer Kante aus H2 zu einem gerichteten Hamiltonweg
ergänzt werden. Also gilt die Austauschbedingung nicht.
Das gleiche Beispiel zeigt, dass der Greedy-Algorithmus zur Bestimmung eines Hamiltonweges i.A. versagt: Wird im ersten Schritt die Kante e und im zweiten die Kante
e0 gewählt, so kann der erhaltene Weg nicht zu einem gerichteten Hamiltonweg ergänzt
werden.
d) Seien I, I 0 ∈ I, o.E. I 6= I 0 , und sei weiter t ∈ I \ I 0 . Die Mengen I \ {t} und I 0 sind
offenbar Elemente von Ie und offenbar ist k = |I 0 | = |I \ {t}| + 1. Wenn wir voraussetzen,
e ein Matroid ist, so gibt es ein t0 ∈ I 0 , so dass I 00 := (I \ {t}) ∪ {t0 } ∈ Ie und
dass (E, I)
00
|I | = k gilt. Da t aus I \ I 0 gewählt war, muss t0 ∈ I 0 \ I gelten. Wenn wir jetzt noch
zeigen, dass I 00 ∈ I gilt, sind wir fertig. Letzteres ist aber wahr, da alle Mengen in Ie der
Kardinalität k bereits in I liegen.
e) Die Umkehrung der Aussage gilt nicht. Als Gegenbeispiel betrachten wir das Mengensystem T := {{a, b}, {a, c}, {c, d}}. Man verifiziert direkt, dass T die Austauschbedingung
in Aufgabe d) erfüllt. Aber (E, Te ) ist kein Matroid, denn Te = {{a, b}, {a, c}, {c, d}, {a},
{b}, {c}, {d}, ∅} und die Menge {b} ∈ Te und {c, d} ∈ Te erfüllen nicht die ursprüngliche
Austauschbedingung. (Alternative Begründung: Mit c(a) = 0, c(b) = 15 und c(c) =
c(d) = 10 liefert der Greedy-Algorithmus zum Maximierungsproblem über Te nicht das
Optimum).
Aufgabe 7.3 Hausaufgabe
Sei G = (V, E) ein Graph und I bezeichne die Menge aller Teilmengen I ⊂ V von V , so dass
ein Matching M in G existiert, das I überdeckt (d. h. M enthält alle Knoten von I). Zeigen
Sie: (V, I) ist ein Matroid.
Lösung zu Aufgabe 7.3
(V, I) ist trivialerweise ein Unabhängigkeitssystem, da eine Teilmenge einer überdeckbaren
Knotenmenge sicher auch überdeckbar ist. Seien Ip , Ip+1 ∈ I mit |Ip | = |Ip+1 | − 1 = p. Ferner
seien Mp und Mp+1 Matchings, die Ip bzw. Ip+1 überdecken.
Gibt es ein v ∈ Ip+1 \Ip und eine Kante e ∈ E mit v ∈ e ∈ Mp , so überdeckt Mp bereits
Ip ∪ {v}, und es folgt die Behauptung.
Wir nehmen also an, dass es kein solches v gibt. Sei S = (Mp \Mp+1 ) ∪ (Mp+1 \Mp ). S besteht
dadurch aus alternierenden Kreisen und Wegen (deren “innere” Knoten in Mp ∩ Mp+1 liegen).
Aus der Fallvoraussetzung folgt daher, dass keiner dieser inneren Knoten in Ip+1 \Ip liegen
kann. In jedem Kreis liegen also mindestens so viele Knoten in Ip wie in Ip+1 , selbiges gilt
für Wege mit einem Endknoten v ∈ Ip \Ip+1 . Ein Knoten v ∈ Ip ∩ Ip+1 kann allerdings kein
Endknoten eines solchen Weges sein nach Konstruktion von S. Da |Ip+1 | > |Ip | folgt also, dass
mindestens ein alternierender Weg W existiert mit Endpunkten v1 ∈ Ip+1 \Ip und v2 ∈
/ Ip .
Dann ist (Mp \W ) ∪ (W \Mp ) ein Matching, das Ip ∪ {v1 } überdeckt.
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