Kapitel 14 Umweltpolitik und die Allokationsfunktion des Staates Ziele der staatlichen Allokationspolitik • Es gibt Situationen mit Marktversagen, in denen keine effiziente Allokation im Sinne des Pareto-Kriteriums erreicht wird • Staatliche Intervention zielt darauf ab, dass eine Lösung mit maximaler Wohlfahrt für die Gesellschaft erreicht wird • Beispiel: Wettbewerbspolitik sorgt dafür, dass die Wohlfahrtsverluste eines Monopols (Kapitel 8) verhindert werden Wichtige Bereiche der Allokationspolitik • Wettbewerbspolitik • Soziale Sicherungssysteme: Absicherung gegen Alter, Pflegebedürftigkeit, Krankheit, Arbeitslosigkeit • Bildungspolitik („meritorische Güter“) • Bereitstellen öffentlicher Güter: Rechtssystem, Währungsordnung, Landesverteidigung • Sicherung des Konsums öffentlicher Güter: Luft, Wasser Kennzeichen „öffentlicher Güter“ • Sie haben einen Preis von ist Null Marktsignal an die Konsumenten und Anbieter: Gut ist wertlos • Angebotsseite: Kein privater Anbieter wird ein solches Gut bereitstellen • Nachfrageseite: Konsum wird bis zur Sättigungsgrenze ausgedehnt Warum haben manche Güter einen Preis von Null? Zwei Erklärungsansätze: Ausschlussprinzip wird nicht praktiziert, d.h. nicht-zahlende Konsumenten werden nicht vom Konsum eines Gutes ausgeschlossen Nicht-rivalisierender Konsum: der Konsum eines zusätzlichen Konsumenten führt – zumindest bereichsweise – nicht zu zusätzlichen Kosten bei der Produktion Ausschlussprinzip • Ausschlussprinzip: Wer nicht bereit ist, einen Deckungsbeitrag zu zahlen, wird vom Konsum eines Gutes ausgeschlossen • Versagen des Prinzips: – Ausschluss ist aufgrund von Transaktionskosten nicht oder nur mit sehr hohen Kosten zu praktizieren (Verteidigung, innere Sicherheit) – Ausschluss wird aus anderen Gründen nicht praktiziert (Autobahnnutzung durch PKWs, Studium in Mainz) Nicht-rivalisierender Konsum • Der zusätzliche Konsum eines Nachfragers ist (zumindest bereichsweise) mit Grenzkosten von Null möglich • Bei Anwendung der Regel Preis=Grenzkosten könnte der Preis also Null sein, aber dann es wäre keine Deckung der Fixkosten gegeben • Beispiele: Rundfunk, Fernsehen, Autobahnen, Vorlesungen, Telefonnetz • Aber: Ausschluss kann in diesen Fällen Regel wirksam praktiziert werden Übersicht Ausschlussprinzip Ja Nein Rivalisierend Bier, Wohnung, Emission von CO2 Öffentliche Güter in weiter Definition: Umweltnutzung durch Straßenverkehr, PKWAutobahnbenutzung (bei Staus) Nicht rivalisierend Telekommikationsnetze, Autobahnbenutzung für LKWs (ohne Staus), Theater mit freien Plätzen Öffentliche Güter im engeren Sinne: Innere Sicherheit, Seuchenschutz, Autobahnbenutzung für PKWs (ohne Staus) Konsum Öffentliche Güter führen zu „externen Effekten“ • Beispiel: Flug von Frankfurt nach New York Private Kosten: Kosten der Fluglinie, Flughafengebühren Soziale Kosten = Private Kosten + Kosten durch Umweltbelastung mit CO2 Negativer externer Effekt = Soziale Kosten – Private Kosten Negative externe Effekte Schaubild 13.1: Externe Effekte im Marktprozess Das hier deckt die falsche Überschrift Nachfrage aggregierte soziale Grenzkosten externe Effekte aggregierte private Grenzkosten gesamtwirtschaftlich optimale Menge tatsächlich nachgefragte Menge (x0) Allokationsprobleme bei einem negativen externen Effekt • Die nachgefragte Menge ist zu hoch • Der Wert, den die Konsumenten z.B. einem Flug über die gesamtwirtschaftlich optimalen Menge hinaus beimessen, ist geringer als die dabei entstehenden sozialen Kosten • Pareto-Kriterium ist verletzt Beispiel für positiven externen Effekt • Lehrlings-Ausbildung Privater Ertrag: unsicherer Vorteil, einen qualifizierten Mitarbeiter zu haben Sozialer Ertrag: Sicherer Vorteil, dass junger Mensch über qualifizierte Ausbildung verfügt • Positiver externer Effekt = Sozialer Ertrag – privater Ertrag Allokationsproblem bei positiven externen Effekten • Keine ausreichenden Deckungsbeiträge für Anbieter • Gut wird bei privater Initiative überhaupt nicht oder in zu geringer Menge bereitgestellt • Problem des Trittbrettfahrer-Verhaltens • Problem der Präferenz-Verhüllung (Wer kauft Bier an der Tankstelle?) Allokationsfunktion des des Staates bei externen Effekten • • Bei negativen externen Effekten: Dafür sorgen, dass den Konsumenten die sozialen Kosten bewusst werden Bei positiven externen Effekten: Bereitstellung der öffentlichen Güter und Finanzierung über Steuern Anwendungsfall: Umweltpolitik • Umweltverschmutzung hat soziale Kosten, in der Regel aber keine privaten Kosten für Verursacher • Ohne staatliche Eingriffe zu hoher Umweltverbrauch • Ziel der Umweltpolitik: Verursacher sollen die sozialen Kosten tragen • „Internalisierung externer Effekte“ Modelltheoretische Darstellung • Ausgangspunkt: Nachfrage der Unternehmen nach Umweltverschmutzung (z.B. Einleiten eines Schadstoffs in Fluss) • Analog zur Nachfrage nach Arbeit: Unternehmen sind bereit, für die Umweltverschmutzung einen Preis zu zahlen, der sich aus dem Vorteil der Schadstoffimmission ergibt Nachfrage der Unternehmen nach Umweltverschmutzung Schaubild 13.2: Nachfrage der Unternehmen nach Umweltverschmutzung Sättigungsmenge Allokationsergebnis ohne staatliche Umweltpolitik • Der Preis der Umweltverschmutzung ist Null • Unternehmen verschmutzen die Umwelt durch Schadstoffemission bis zur Sättigungsmenge Soziale Kosten der Umweltverschmutzung • Annahme: Grenzkosten steigen mit der Höhe der Verschmutzung an: Der 1. Liter erzeugt Kosten von 0,50 Euro Der 2. Liter erzeugt Kosten von 1 Euro Der 3. Liter erzeugt Kosten von 1,50 Euro, usw. Grenzerträge und –kosten der Schaubild 13.3: Grenzerträge und -kosten der Umweltverschmutzung Umweltverschmutzung Gesamtwirtschaftliches Optimum • Soziale Kosten entsprechen den privaten Erträge • Der Optimalpunkt E* geht mit deutlich geringerem Schadstoffausstoß einher als Sättigungsmenge aber keine Verschmutzung von Null Ziel der Umweltpolitik • Unternehmen müssen bei ihrer Produktionsentscheidung die sozialen Kosten berücksichtigen • Instrumente: Pigou-Steuer Auktion von Verschmutzungs-Zertifikaten Auflagen Pigou-Steuer • Staat kennt das Schaubild 14.3 (Lehrbuch) • Legt für die Unternehmen eine Steuer in Höhe von S0 fest • Damit kommt die gesellschaftliche Optimallösung mit einer Immission von E* zustande Schaubild 13.4: Vergleich von Pigou-Steuer und Produktionsauflage Nachfrage nach Umweltverschmutzung Steuer bestimmt Belastungsniveau Auflage gibt Belastungsniveau vor Auktionslösung • Staat kennt wiederum das Schaubild 14.3 • Er versteigert Verschmutzungszertifikate mit einem Volumen von E* • Entspricht einer senkrechten Angebotskurve in E* • Bei gegebener Nachfrage der Unternehmen resultiert daraus ein Preis in Höhe von S0. Praktische Umsetzung • Handelbare CO2-Zertifkate in der EU • Kostenlose Abgabe an Unternehmen im Rahmen von nationalen Allokationsplänen • Zertifikate können zwischen den Unternehmen frei gehandelt werden Auflagen • Emissionsauflagen: Grenzwerte für die maximal zulässige Menge an emittierten Schadstoffen („TA-Luft“) • Produktionsauflagen: Verbot oder Begrenzung der Produktion umweltschädlicher Güter • Prozessauflagen: Vorgaben für Produktionsverfahren („Großfeuerungsanlagen-Verordnung“) Auflagen vs. Pigou-Steuer • Vorteil der Auflage: Umweltstandards können mit Sicherheit erreicht werden (Kenntnis von Angebots- und Nachfragekurven ist nicht erforderlich) • Nachteil der Auflage: Kein Anreiz für die Unternehmen, die Verschmutzung durch technischen Fortschritt zu reduzieren Technischer Fortschritt • Für Unternehmen nimmt der Bedarf der Umweltverschmutzung ab • Die Nachfrage nach Verschmutzung verlagert sich nach unten Vergleich von Pigou-Steuer und Produktionsauflage Schaubild 13.4: Vergleich von Pigou-Steuer und Produktionsauflage Nachfrage nach Umweltverschmutzung Steuer bestimmt Belastungsniveau Auflage gibt Belastungsniveau vor Implikationen • Bei Steuerlösung geht die Verschmutzung zurück • Bei Auflagen und auch bei Auktion von Zertifikaten bleibt die Verschmutzung konstant Coase-Theorem • Zentrale Aussage: Umweltpolitik kann auch ohne Staat funktionieren • Beispiel: – – Unternehmen sitzt am Oberlauf vom Fluss und gibt Schadstoffe in Fluss Weiter unten sind Fischer, die Fische angeln Idee von Coase • Fischer werden bereit sein, dem Unternehmen eine Zahlung zu leisten, so dass es Immission einstellt oder reduziert • Höhe der Zahlung entspricht dem externen Effekt • Probleme: – – Verteilungseffekte Transaktionskosten der Organisation der Geschädigten (z.B. durch Autoabgase)