Regina Jäckel - Prävention von Nadelstichverletzungen - Definition Nadelstichverletzungen Nadelstichverletzungen sind Stich- Schnitt- oder Kratzverletzungen durch stechende und schneidende Instrumente z.B. Kanülen, Lanzetten, Skalpelle Voraussetzung: Kontamination mit Blut, Körperflüssigkeiten oder Gewebe von Patienten Verletzungen tragen ein Infektionsrisiko! Eine Nadelstichverletzung mit Infektionsrisiko liegt auch vor, wenn die Wunde nicht blutet 2 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Bedeutung Nadelstichverletzungen 10 % aller europäischen Arbeitnehmer arbeiten im Gesundheitsdienst Im Gesundheitsdienst treten 30 – 34 % mehr Arbeitsunfälle auf als in anderen Branchen in Europa http://osha.europa.eu/publications/factsheets/29/facts%20n29de.pdf/at_download/file. Es wird mit bis zu 500 000 bis 800 000 Nadelstichverletzungen jährlich gerechnet Publication 2000- 135, DHHS (NIOSH) Schätzung ist viel zu gering! Jedoch verlässliche Zahlen fehlen!! 3 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Bedeutung Nadelstichverletzungen Es wird mit 0,8 Stichverletzungen pro Mitarbeiter und Jahr gerechnet Im Gesundheitsdienst in Deutschland arbeiten rund 750 000 Beschäftigte im stationären Sektor Es ist mit bis zu 600 000 Nadelstichverletzungen jährlich zu rechnen 4 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Übertragungsrisiko nach einer Nadelstichverletzung 5 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Übertragungsrisiko nach einer Nadelstichverletzung Für die Übertragung einer Infektion sind nur wenige Erreger nötig < 50 Viren reichen! 1 Nadelstich überträgt in der Regel 1 µl Blut Im Blut eines Infektiösen finden sich bei HBV 105 – 106 (max 1014) Virus- Äquivalente in 1 ml Blut HCV 104 – 105 Virus- Äquivalente in 1 ml Blut HIV 105 – 106 Virus- Äquivalente in 1 ml Blut Nicht sichtbare Mengen Blut an einem Instrument sind ausreichend!! 6 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Häufige Unfallursachen Stress nachts Notfall Tätigkeiten in räumlicher Enge bei bekanntem Infektionsfall Fehlerhafter Umgang mit spitzen und scharfen Instrumenten Recapping Abziehen und Entsorgen der Kanüle mit der Hand Entsorgungsfehler Unzulässige oder unvorschriftsmäßige Entsorgungsbehälter zu wenig Behälter und Überfüllung der vorhandenen Fremdverschulden unruhiger Patient Unaufmerksame Instrumentenübergabe (z. B. OP) Technologiebedingt Injizieren bzw. Entnahme von Blut in bzw. aus Blutkulturflaschen bei Berufsanfängern oder Ungeübten 7 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Häufige Unfallopfer Es betrifft alle im Gesundheitsdienst Beschäftigten! am häufigsten Pflegepersonal Rettungsdienstmitarbeiter Ärzte Laborpersonal aber auch: Funktionspersonal (MTA etc.) Reinigungspersonal Hilfspersonal Praktikanten 8 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Gesetzliche Grundlagen Arbeitsschutzgesetz Biostoffverordnung Technische Regel Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 9 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Gesetzliche Grundlagen Arbeitsschutzgesetz § 3: Der Arbeitgeber hat alle erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen § 4: Die Gefahren sind an der Quelle zu beseitigen, der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu berücksichtigen Biostoffverordnung § 10: (1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Schutzmaßnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und nach den sonstigen Vorschriften dieser Verordnung einschließlich der Anhänge zu treffen. (6) Arbeitsverfahren und technische Schutzmaßnahmen sind grundsätzlich so zu gestalten, dass biologische Arbeitsstoffe am Arbeitsplatz nicht frei werden. 10 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Gesetzliche Grundlagen Primär ist – wenn technisch möglich – die Exposition an der Quelle zu vermeiden In den Fällen, in denen nach Gefährdungsbeurteilung das Risiko einer Infektion durch eine Nadelstichverletzung gegeben ist, sind (wenn technisch möglich) sichere Instrumente einzusetzen 11 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Gesetzliche Grundlagen Technische Regel Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/TRBA/TRBA.htm 4.2.4 Spitze und scharfe Instrumente sind durch geeignete sichere Arbeitsinstrumente zu ersetzen, bei denen keine oder eine geringe Gefahr von Stich- und Schnittverletzungen besteht bei Behandlung und Versorgung von Patienten mit einer Infektion mit Erregern der Risikogruppe 3, 3** oder 4 bei Behandlung fremdgefährdender Personen bei Tätigkeiten im Rettungsdienst und in der Notfallaufnahme bei Tätigkeiten im Gefängniskrankenhaus aber auch bei Tätigkeiten, bei denen Körperflüssigkeiten in infektionsrelevanter Menge übertragen werden können z. B. Blutentnahmen Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten 12 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Gesetzliche Grundlagen Technische Regel Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 Ausnahmen bei Tätigkeiten mit Übertragungsrisiko von Körperflüssigkeiten in infektionsrelevanter Menge wenn Arbeitsabläufe festgelegt werden, die das Verletzungsrisiko minimieren bzw. ein geringes Infektionsrisiko ermittelt wird. Das Verletzungsrisiko wird beispielsweise minimiert durch festgelegte Arbeitsabläufe, die auch in Notfallsituationen nicht umgangen werden und Schulungen und jährliche Unterweisung der Beschäftigen und ein erprobtes Entsorgungssystem für verwendete Instrumente (siehe Abschnitt 4.1.2.8) Ein geringes Infektionsrisiko besteht, wenn der Infektionsstatus des Patienten HIV und HBV und HCV negativ ist. Das Ergebnis dieses Teils der Gefährdungsbeurteilung ist gesondert zu dokumentieren. 13 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Gesetzliche Grundlagen Technische Regel Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 Termin der Umsetzung der TRBA 250 01.08.2007 14 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Sichere Instrumente Eigenschaften Sicherheitsmechanismus Bestandteil des Systems Sicherheitsmechanismus kompatibel mit anderem Zubehör Aktivierung sofort nach Gebrauch mit einer Hand möglich Sicherheitsmechanismus schließt erneuten Gebrauch aus Sicherheitsprodukt keine Änderung der Technik Sicherheitsmechanismus durch Signal (fühlbar / hörbar) gekennzeichnet Keine Gefährdung des Patienten! 15 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Sichere Instrumente Wie funktionieren sichere Instrumente? Passive und aktive Instrumente Mechanismen: Kanüle wird stumpf nach Injektion (automatischer Nadelstichschutz, Entschärfungsmechanismus) Kanüle/Lanzette wird in Schutzhülle/Gehäuse zurückgezogen Skalpelle werden zurückgezogen und arretiert Nadellose Systeme Kanüle hat einen integrierten arrettierbaren Schutzmechanismus Kanülenschutzschild oder –hülse (entweder an Kanüle oder an der Spritze) 16 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Sichere Instrumente Kriterien für die Auswahl der Instrumente Auswahl angepasst an Anwendung und Abläufe Handhabbarkeit Akzeptanz durch die Beschäftigten Hinweise für die Auswahl der Instrumente Beschäftigte in die Auswahl einbeziehen Schulungs- und Trainingsmaßnahmen Parallele Verwendung „alter“ und sicherer Instrumente ungünstig 17 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Sichere Instrumente 18 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Sichere Instrumente Projekte zur Etablierung sicherer Instrumente Einige Beispiele Nadelstichverletzungen – Etablierung von sicheren Systemen im Gesundheitsdienst (Hamburg) Modellprojekt Einführung sicherer Instrumente und Spritzensysteme zur Prävention von Schnitt- und Nadelstichverletzungen (Thüringen) Qualitätssicherung bei Nadelschutztechniken Interventionsstudie zur Senkung der Nadelstichverletzungen durch Instrumente mit Nadelschutztechnik (Stuttgart) Frankfurter Nadelstichstudie 19 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Sichere Instrumente Erfahrungen bei der Umsetzung der TRBA 250 Sichere Instrumente sind wichtigste Maßnahme zur Reduktion der Nadelstichverletzungen Projekte haben gezeigt, dass die Forderung der Einführung sicherer Instrumente machbar und bezahlbar ist Beschäftigte müssen in die Auswahl der Instrumente einbezogen werden Anwender müssen geschult werden und müssen die Handhabung üben Nebeneinanderbestehen unterschiedlicher Systeme ist kontraproduktiv Ausnahmeregelung der TRBA in der Regel nicht realisierbar Arbeitsschutzmanagement muss generell verbessert werden Sichere Instrumente teilweise aber auch verbesserungsbedürftig 20 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Informationen zu sicheren Instrumenten Im Internet (Beispiele): http://www.infektionsfrei.de http://www.stopnadelstich.de http://www.nadelstichverletzung.de 21 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Informationen zu sicheren Instrumenten Broschüre der Behörde für Soziales, Familie und Gesundheit Hamburg 22 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Informationen zu sicheren Instrumenten Broschüre der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Hamburg 23 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Informationen zu sicheren Instrumenten Musterkoffer der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege 24 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Informationen zu sicheren Instrumenten CD-ROM der Landesunfallkasse NRW, des Rheinischen GUV und des GUV Westfalen-Lippe 25 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Danke fü für Ihre Aufmerksamkeit! 26 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden Für weitere Informationen oder Fragen Dr. Regina Jäckel Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Nöldnerstraße 40 – 42 10317 Berlin Germany Tel.: +49 30 51548 4311 FAX: +49 30 51548 4170 E-mail: [email protected] 27 Regina Jäckel, 16. Arbeitsschutz-Kolloquium Oktober 2007 Dresden