Appendix zur Vorlesung Ausgewählte Kapitel der Funktionentheorie Teil B: Zusammenhangskomponenten und Wegkomponenten Ein topologischer Raum X heißt bekanntlich zusammenhängend, wenn X nur auf triviale Weise als Vereinigung X = U ∪ V zweier disjunkter offener Mengen U , V dargestellt werden kann, d. h. wenn dann U = ∅ oder V = ∅ gilt. Ein Teilraum Y von X heißt zusammenhängend, wenn Y in der von X induzierten Relativtopologie zusammenhängend ist. Beispiel 1. Die nichtleeren zusammenhängenden Teilräume der Gerade R sind nichts anderes als die Intervalle. Grundlegende Eigenschaften des Zusammenhangs enthält der Satz 1. In jedem topologischen Raum X gilt i) Mit einem zusammenhängende Unterraum Y von X ist stets auch dessen abgeschlossene Hülle Y zusammenhängend. ii) Für jedes System Yi (i ∈ I) von zusammenhängenden Teilräumen S Yi , deren Durchschnitt nicht leer ist, ist auch deren Vereinigung Y = i∈I Yi zusammenhängend. iii) Jeder Punkt x ∈ X liegt in einer bzgl. Inklusion maximalen zusammenhängenden Teilmenge von X, der Zusammenhangskomponente von x in X, d. i. die Vereinigung aller x enthaltenden zusammenhängenden Teilmengen von X. Bemerkung. Jeder topologische Raum X ist die disjunkte Vereinigung seiner maximalzusammenhängenden Teilmengen, also seiner Komponenten. Satz 2. (Stetige Bilder zusammenhängender Mengen) Für jede stetige Abbildung f : X → Y des zusammenhängenden topologischen Raumes X in den topologischen Raum Y ist das Bild f (X) zusammenhängend in Y . Beispiel 2. Je zwei Punkte x0 , x1 eines topologischen Raumes X, die durch einen Weg γ : [0, 1] = I → X mit γ(k) = xk , (k = 0, 1) verbindbar sind, liegen in derselben Zusammenhangskomponente von X, denn γ(I) ist eine x0 und x1 enthaltende zusammenhängende Menge in X. 1 Definition. Die Relation der Verbindbarkeit zweier Punkte im topologischen Raum X ist eine Äquivalenzrelation auf X. Denn wenn x0 mit x1 verbindbar ist, dann ist x1 mit x0 verbindbar; wenn auch x1 mit x2 verbindbar ist, dann ist x0 mit x2 verbindbar. Die so auf X erklärten Verbindbarkeitsklassen heißen Wegkomponenten von X. Nach Satz 1 ist jede Wegkomponente zusammenhängend. Beispiel 3. Die Vereinigung X der Strecke X0 = {(0, y) ; −1 ≤ y ≤ 1} mit dem Graphen X1 = {(x, sin 1/x) ; 0 < x ≤ 1} der auf ]0, 1] durch x 7→ sin 1/x gegebenen Funktion ist im R2 zusammenhängend. Denn X1 ist als stetiges Bild des Intervalls ]0, 1] zusammenhängend. Offensichtlich ist X = X0 ∪ X1 die abgeschlossene Hülle von X1 in R2 , also zusammenhängend nach Satz 1. Indes hat X die beiden Wegkomponenten X0 und X1 . Zur Begründung der letzten Behauptung genügt die Feststellung, dass in X der Punkt (1, sin 1) nicht mit dem Punkt (0, 0) verbindbar ist. Angenommen durch Γ : [0, 1] = I → X sei ein Weg mit Γ(0) = (1, sin 1) und Γ(1) = (0, 0) gegeben. Dann ist die erste Komponente p1 ◦ Γ = γ eine stetige Abbildung γ : I → I mit γ(0) = 1, γ(1) = 0. Deshalb existiert eine monoton wachsende Folge (tn )n≥1 auf [0, 1[ mit γ(tn ) = 1/(nπ) für jedes n ∈ N. Da X1 ein 1 , (−1)n . Dadurch wird eine divergente spezieller Graph ist, gilt Γ(tn ) = nπ Folge gegeben. Also ist Γ im Punkt t∞ = limn→∞ tn unstetig im Gegensatz zur Annahme. Satz 3. Es sei V ein normierter reeller Vektorraum und X eine nichtleere offene Teilmenge von V . Dann ist jede Zusammenhangskomponente D von X offen und sie besteht nur aus einer Wegkomponente. Beweis. Jeder Punkt x ∈ X besitzt eine offene Kugelumgebung in X. Sie liegt ganz in der Wegkomponente von x in X. Mithin ist jede Wegkomponente von X offen in V . Die Zusammenhangskomponente D von x enthält die offene Wegkomponente von x. Weitere Wegkomponenten kann die zusammenhängende Menge D nicht enthalten, da deren Vereinigung zu einer nichttrivialen Zerlegung von D in zwei disjunkte offene Mengen führen würde. 2