Etwas über Verklebungen

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Etwas über Verklebungen
Florian Strunk
[email protected]
Zusammenfassung
In dieser kleinen Zusammenfassung wird zunächst auf Produkte und
Coprodukte von topologischen Räumen und anschliessend auf Quotientenräume eingegangen, um dann Verklebekonstruktionen zu beschrieben.
Konventionen
Zunächst einige Konventionen: N bezeichne die Menge der natürlichen Zahlen
inklusive der Null. Es wird vorausgesetzt, dass grundlegende Begriffe der Topologie bekannt sind. Ein topologischer Raum X sei im folgenden identifiziert mit
dem Paar (X, OX ) bestehend aus der Menge X und einer Topologie OX auf
X. Für eine Menge X bezeichne P(X) deren Potenzmenge. Die Elemente einer
Topologie seien, wie üblich, als offene Mengen bezeichnet. Für jedes natürliche
n sei die n-Disk die Menge Dn = {x ∈ Rn | ||x|| ≤ 1} und die n-Sphäre, der
Rand der (n + 1)-Disk, definiert als S n = {x ∈ Rn+1 | ||x|| = 1}, wobei || · ||
die euklidische Norm bezeichne. Der n-te Einheitswürfel für ein natürliches n
sei mit I n := [0, 1]n bezeichnet.
1 Topologische Produkte und topologische Summen
In diesem Abschnitt soll die topologische Summe von Räumen beschrieben werden. Dies soll so sein, wie man es sich intuitiv vorstellt: In der Summe sind
alle Räume wiederzufinden und keiner ”beeinflusst” den anderen auf irgendeine
Weise.
Um die topologische Summe zu definieren, muss zunächst einmal gesagt werden,
was das topologische Produkt von Räumen ist. Dies benötigt man dann, wenn
die zu summierenden Räume nicht disjunkt sind: Man macht nicht disjunkte
Räume dann ”künstlich disjunkt”. Um eine Topologie auf dem topologischen
Produkt zu definieren, benötigt man die folgenden Begriffe.
Sei X eine Menge und bezeichne TopX die Menge aller möglichen Topologien
auf X. Dies ist eine Menge, da die Potenzmenge der Potenzmenge einer Menge
wieder eine Menge ist. Sei S eine beliebige Teilmenge der Potenzmenge von X.
Die Menge
\
O(S) :=
O′
O′ ∈
Top
X ,S⊂O
′
ist eine Topologie auf X und heisst die von S erzeugte Topologie, gröbste Topologie die S enthält oder die kleinste Topologie die S enthält auf X. Ein Element
aus O(S) ist eine (beliebige) Vereinigung von endlichen Schnitten von Mengen
aus S. Man nennt eine Teilmenge S ⊂ O eine Subbasis der Topologie O wenn sich
jede offene Menge O ∈ O als Vereinigung von endlichen Schnitten von Mengen
aus S schreiben lässt. Nimmt man eine Teilmenge S der Potenzmenge von X
her, ist also S eine Subbasis von O(S). Für jede Topologie O auf X ist O selbst
eine Subbasis von O. Insbesondere besitzt jede Topologie also eine Subbasis, die
Topologie selbst und eine Subbasis einer Topologie ist i.A. nicht eindeutig.
1
Für jedes natürliche n sei die kanonische Topologie auf Rn definiert durch
ORn
SRn
:=
:=
O(SRn ) wobei
{B(x, ε) | x ∈ Rn und ε > 0}
und wobei für jedes x ∈ Rn und jedes ε > 0 die Menge
B(x, ǫ) = {x′ ∈ Rn | ||x − x′ || < ǫ}
den Ball um x mit Radius ε bezeichne. Die kanonische Topologie auf Rn ist also
die von allen Bällen in Rn erzeugte Topologie. Nach Aufgabe 1.1. gibt es noch
eine andere konventionelle Art, die kanonische Topologie auf Rn zu definieren.
Im folgenden sei Rn immer mit seiner kanonischen Topologie versehen.
Sei f : X → Y eine stetige Abbildung. f heisst offen (bzw. abgeschlossen), wenn
für jede Teilmenge O von X gilt
O offen (bzw. abgeschl.) in X ⇒ f (O) offen (bzw. abgeschl.) in Y
Man schreibt in diesem Fall f : X
// Y (bzw. f : X
◦
|
// Y ).
Sei eine Familie {Xi }i∈I von topologischen Räumen Xi gegeben (man beachte,
dass die Menge I eine beliebige Menge sein kann). Die Produktmenge der Familie
{Xi }i∈I ist, wie üblich, definiert als
)
(
Y
[
Xi = f : I →
Xi | f (i) ∈ Xi
i∈I
Ein Element f aus
Q
i∈I
i∈I
Xi schreibt man auch als ”Tupel” f = (f (1), ..., f (i), ...).
Q
Wie definiert man nun eine ”sinnvolle” Topologie auf X = Xi ?
Zunächst wäre
Q es hilfreich, wenn diese so aussieht, dass für alle i ∈ I die Projektion pi :
Xi → Xi stetig ist. Setzte man z.B. OX = P(X), d.h. ”jede
Teilmenge von X ist offen”, so wäre das sicherlich erfüllt, da in diesem Fall ja
”Urbilder offener Mengen wieder offen sind”. Sinnvoll ist es auch, die folgende
Eigenschaft von einer Topologie auf X zu verlangen: Eine Abbildung f : T → X
aus einem (beliebigen) topologischen Raum T soll dann stetig sein, wenn für alle
i ∈ I die Abblildung pi ◦f : T → Xi stetig ist. Um diese Eigenschaft zu ebenfalls
erfüllen, kann man nun im Allgemeinen nicht OX = P(X) setzen. Die folgende
Definiton einer Topologie auf X erfüllt beide genannten Eigenschaften. Sie ist
die sogenannte Initialtopologie bezüglich der Projektionen {pi }i∈I . Das bedeutet
etwas salopp: Man tut gerade so viele Mengen in die Topologie von X, sodass
für alle i ∈ I die Projektion pi stetig ist - aber nicht mehr!
Setze nun also
SX = {p−1
i (Oi ) ⊂ X | i ∈ I, Oi ∈ OXi }
Q
Dann heisst die Topolgie OX = O(S) die Produkttopologie auf X = Xi und
erfüllt beide oben genannten Eigenschaften. Die Elemente von SX kann man
sich als ”Streifen” im Produktraum vorstellen, d.h.




Y
SX = Oj ×
Xi | Oj offen in Xj


i∈I,i6=j
2
Ist I eine endliche Menge, d.h. I = {1, ..., n}, also X = X1 × ... × Xn , so stimmt
die Produkttopologie auf X mit der Kästchentopologie auf X definiert durch
′
′
OX
= O(SX
) überein, wobei
′
SX
= {O1 × ... × On | ∀i ∈ I : Oi ∈ OXi }
d.h. eine Menge O ⊂ X ist offen in X genau dann, wenn für alle Punkte
(x1 , ..., xn ) ∈ O offene Mengen Oi ⊂ Xi für alle i ∈ I mit xi ∈ Oi existieren,
sodass gilt O1 × ... × On ⊆ X1 × ... × Xn . Hat man allerdings ein unendliches
Produkt X gegeben, so ist die Kästchentopologie auf X zwar auch eine Topologie auf X, aber im Allgemeinen echt feiner als die Produkttopologie (d.h.
′
OX ( OX
) und stimmt insbesondere nicht mit dieser überein.
Q
Ist X = i∈I Xi so ist nach der Definition der Produkttopologie für alle i ∈ I
die kanonische Projektion pi : X ։ Xi surjektiv, stetig und offen (allerdings
im Allgemeinen nicht abgeschlossen, wie Aufgabe 1.2. zeigt). X ist Hausdorff
genau dann, wenn für alle i ∈ I der Raum Xi Hausdorff ist. Erstaunlich ist,
dass dies auch für quasi-Kompaktheit gilt: X ist quasi-kompakt genau dann,
wenn für alle i ∈ I der Raum Xi quasi-kompakt ist, wie der Satz von Tychonoff
zeigt. Für eine natürliche Zahl n übertragt sich auch Zusammenhang und nZusammenhang der Faktoren auf das Produkt (Erinnerung: 0-Zusammenhang
ist Wegzusammenhang).
Das topologische Produkt X × Y
Wie bereits erwähnt, hat das topologische Produkt X =
Eigenschaft:
Q
Xi hat die folgende
Lemma 1.1. (Eigenschaft des topologischen Produktes)
Sei T ein (beliebiger) topologischer Raum und für alle i ∈ I eine stetige Abbildung Q
ui : T → Xi gegeben. Dann gibt es eine eindeutige stetige Abbildung
t : T → Xi sodass für alle i ∈ I das folgende Diagramm kommutiert:
T
(1)
ui
t
!! Q
Xi
pi
%%
// // Xi
Nun wird kurz die Inklusion eines Unterraums beschrieben:
Sei X ein topologischer Raum und A eine Teilmenge von X. Die Menge
OA := {O ⊂ A | es gibt ein O′ ∈ OX mit O = O′ ∩ A}
ist eine Topologie auf A und heisst die Unterraumstopologie von A in X.
3
Seien nun (beliebige) topologische Räume A und X, sowie eine injetive stetige
Abbildung i : A ֒→ X gegeben. A heisst ein Unterraum von X und die Abbildung i Inklusion eines Unterraums oder Einbettung, wenn die eingeschränkte
Abbildung i′ : A → i(A) ein Homöomorphismus ist, wobei i(A) die Unterraumstopologie in X trage (Es gibt injektive stetige Abbildungen, die keine Inklusion
eines Unterraums sind, wie Aufgabe 1.5. zeigt).
Die Inklusion i : A ֒→ X eines Unterraums ist offen (bzw. abgeschlossen) genau
dann, wenn i(A) in X offen (bzw. abgeschlosssen) ist.
Für jedes natürliche n definiert man die kanonische Topologie auf Dn und die
kanonische Topologie auf S n als die jeweilige Unterraumstopologie (Man betrachtet also Dn als Unterraum des Rn und S n als Unterraum des Rn+1 ). Im
folgenden seien Dn und S n immer mit ihrer kanonischen Topologie versehen.
Nun zur topologischen Summe: Sei dazu eine Familie {Xi }i∈I von topologischen Räumen Xi gegeben. Man möchte alle diese Räume in einem einzigen
Raum X vereinigen, ohne dass sie sich gegenseitig beeinflussen. Sind die Räume
Xi paarwiese disjunkt, ist das kein Problem: Man setze X = ∪Xi und wähle die
Topologie auf X entsprechend: O ⊂ X sei offen, wenn O ∩ Xi offen ist, für alle
i ∈ I. Sind die Räume Xi allerdings nicht paarweise disjunkt, so benötigt man
einen formalen ”Trick”, um die topologische Summe zu definieren:
Die topologische Summe oder das topologische Coprodukt X =
Räume {Xi }i∈I ist definiert als die Menge
a
[
Xi =
(Xi × {i})
i∈I
`
i∈I
Xi der
i∈I
mit der Topologie
OX = {O ⊂ X | i−1
i (O) ∈ Oi für alle i ∈ I}
wobei ii die Abbildung ii : Xi ֒→ X definiert durch x 7→ (x, i) bezeichne, für
jedes i ∈ I.
Sind die Räume Xi paarweise disjunkt,
so verträgt sich die Definition mit der
`
obigen, denn in diesem Fall gilt Xi ∼
= ∪Xi . Für jedes i ∈ I ist Xi ein Unterraum von X und ii : Xi ֒→ X dessen Inklusion, die sogar offen und abgeschlossen
ist.
Die Topologie auf dem Coprodukt ist die sogenannte Finaltopologie bezüglich
der Inklusionen {ii }i∈I . Das bedeutet etwas salopp: Man tut möglichst viele
Mengen in die Topologie von X, sodass für alle i ∈ I die Inklusion ii noch stetig
ist.
`
X = i∈I Xi ist Hausdorff genau dann, wenn für alle i ∈ I der Raum Xi
Hausdorff ist. X ist quasi-kompakt genau dann, wenn nur endlich viele Räume
summiert werden, die auch noch quasi-kompakt sind (Ein Gegenbeispiel findet
man in Aufgabe 1.7.). Genauso schlecht sieht es mit Zusammenhang aus: Alle
Faktoren des Coproduktes sind offen und abgeschlossen und in einem zusammenhängenden Raum ist dies nur die leere Menge un der gesamte Raum.
4
Das topologische Coprodukt hat eine Eigenschaft, die die Bezeichnung ”Coprodukt” vielleicht ein bisschen sinnvoller erscheinen lässt:
Lemma 1.2. (Eigenschaft des topologischen Coroduktes)
Sei T ein (beliebiger) topologischer Raum und für alle i ∈ I eine stetige Abbildung
` ui : Xi → T gegeben. Dann gibt es eine eindeutige stetige Abbildung
t : Xi → T sodass für alle i ∈ I das folgende Diagramm kommutiert:
Xi

ii
// ` Xi
ui
(2)
t
!!
,, T
`
Die nach dem Lemma exisitente Abbildung t :
Xi → T wird oft auch mit
`
ui bezeichnet. Schaut man sich die Lösung von`Aufgabe 1.8. einmal an, so
bedeutet das insbesondere für das Coprodukt X Y aus zwei topologischen
Räumen X und Y und Abbildungen u : X → T und v : Y → T für einen
topologischen
`
` Raum T , dass die nach dem Lemma eindeutig existente Abbildung
u v : X Y → T gegeben ist durch
u(z) falls i = 0 ,
(z, i) 7→
v(z) sonst .
Aufgaben
1.1. Man zeige, dass für jedes natürliche n die kanonische Topologie ORn auf Rn auch
n | ∀x ∈ O∃ε > 0 : B(x, ε) ⊂ O}. Man
′
definiert werden kann durch OR
n := {O ⊂ R
′ .
zeige also, dass gilt ORn = OR
n
1.2. Man finde topologische Räume X und Y , sodass pX : X × Y → X keine abgeschlossene
Abbildung ist.
1.3. Man beweise Lemma 1.1.
1.4. Man zeige, dass für jedes natürliche n die n-Sphäre S n−1 ∼
= ∂D n ein abgeschlossener
Unterraum der n-Disk D n ist.
1.5. Man finde eine injektive stetige Abbildung, die nicht Inklusion eines Unterraums ist.
∼ X ‘ Y , das
1.6. Seien X und Y disjunkte topologische Räume. Man zeige, dass X ∪ Y =
Coprodukt von zwei disjunkten topologischen Räumen also nichts anderes als deren
disjunkte Vereinigung (mit der Topologie O ⊆ X ∪ Y offen ⇔ O ∩ X offen und O ∩ Y
offen) ist.
1.7. Man zeige, dass jedes Coprodukt unendlich vieler nichtleerer quasi-kompakter Räume
nicht quasi-kompakt ist.
1.8. Man beweise Lemma 1.2.
2 Quotientenräume
In diesem Abschnitt werden Quotientenräume eingeführt, die für die Konstruktion von Verklebungen sehr wichtig sind.
Sei X eine Menge und ∼ eine beliebige Äquivalenzrelation auf X. Dann ist die Abbildung q : X ։ X/∼ die jedes x ∈ X auf seine Äquivalenzklasse [x] bezüglich
∼ abbildet, surjektiv. Nimmt man andererseits eine beliebige surjektive Abbildung
q : X ։ Z her, so definiert man eine Äquivalenzrelation ∼, die durch q induzierte
Äquivalenzrelation auf X durch x ∼ x′ ⇔ q(x) = q(x′ ) und es gilt Z ∼
= X/∼ in der
Kategorie der Mengen (es gibt also eine Bijektion zwischen diesen beiden Mengen).
Man kann also (bis auf Isomorphie in der Kategorie der Mengen) jeder surjektiven
Abbildung von X genau eine Äquivalenzrelation auf X zuordnen und umgekehrt.
5
Sei X ein topologischer Raum, Z eine Menge und q : X ։ Z eine beliebige
surjektive Abbildung. Die Topologie
OZ := {O ⊂ Z | q −1 (O) ∈ OX }
also
O offen in Z ⇔ q −1 (O) offen in X
auf Z heisst Quotiententopologie (bzgl. q) (sie ist die Finaltopologie auf Z
bezüglich q) und q die zugehörige Quotientenraumprojektion1 . Trägt Z die Quotientntopologie bezüglich einer surjektiven Abbildung q, so heisst Z ein Quotientenraum (von X bzgl. q).
Sei X ein topologischer Raum und ∼ eine beliebige Äquivalenzrelation auf X.
Man versieht die Menge der Äquivalenzklassen X/∼ mit der Quotiententopologie
bezüglich der Abbildung q : X ։ X/∼, die jedes x ∈ X auf seine Äquivalenzklasse [x] bezüglich ∼ abbildet.
Ist nun X ein topologischer Raum und Z ein Quotientenraum von X bezüglich
einer Quotientenraumprojektion q : X ։ Z, so gilt Z ∼
= X/∼ in der Kategorie
der topologischen Räume (es gibt also einen Homöomprphismus zwischen diesen
beiden Räumen), wobei ∼ die durch q induzierte Äquivalenzrelation auf X ist.
Man kann also (bis auf Isomorphie in der Kategorie der topologischen Räume)
jeder Quotientenraumprojektion q : X ։ Z, genau eine Äquivalenzrelation auf
X zuordnen und umgekehrt. Achtung: Dies funktioniert i.A. nicht mit stetigen
surjektiven Abbildungen, d.h. ist f : X ։ Z eine surjektive stetige Abbildung,
so gilt nicht unbedingt Z ∼
= X/∼, wobei ∼ die durch f induzierte Äquivalenzrelation auf X bezeichne, wie Aufgabe 2.1. zeigt.
Sei eine surjektive und stetige Abbildung q : X ։ Z von topologischen Räumen
gegeben. Man kann sich nun fragen, ob q eine Quotientenraumprojektion ist,
also ob Z die Quotiententopologie bezüglich q trägt. Dies ist zum Beispiel der
Fall, wenn q offen oder abgeschlossen ist. Es gibt allerdings Quotientenraumprojektionen, die weder offen noch abgeschlossen sind, wie z.B. Aufgabe 2.7. zeigt.
Q
Ist X = Xi ein topologisches Produkt, so ist für jedes i ∈ I die Projektion
pi : X ։ Xi auf Xi surjektiv, stetig und offen, also ist pi auch eine Quotientenraumprojektion.
1 Eine Quotientenraumprojektion ist das gleiche wie eine Identifizierungsabbildung und das
gleiche wie eine Quotientenabbildung.
6
Nützlich ist die folgende Eigenschaft einer Quotientenraumprojektion:
Lemma 2.3. (Eigenschaft einer Quotientenraumprojektion)
Sei eine Quotientenraumprojektion q : X ։ X/∼ und eine beliebige Abbildung
f : X → T gegeben, sodass für alle x, x′ ∈ X mit q(x) = q(x′ ) folgt f (x) = f (x′ ).
Dann gibt es eine eindeutige stetige Abbildung h : X/∼→ T sodass das folgende
Diagramm kommutiert:
f
X
//
== T
q
h
X/∼
Es gilt hier sogar: Sind q und f Quotientenraumprojektionen, so ist auch h
eine Quotientenraumprojektion. Möchte man wissen, ob eine Quotientenraumprojektion q : X ։ Z eine Homöomorphie ist, genügt es z.B. zu zeigen, dass q
injektiv ist.
Ist q : X ։ Z eine Quotientenraumprojektion und X zusammenhängend (bzw.
wegzusammenhängend, bzw. quasi-kompakt), so ist Z als Bild von X unter einer
stetigen Abbildung ebenfalls zusammenhängend (bzw. wegzusammenhängend,
bzw. quasi-kompakt). Dies gilt allerdings nicht für n-Zusammenhang mit n ≥ 1,
wie Aufgabe 1.5. zeigt.
Ist X Hausdorff, so ist Z im Allgemeinen nicht Hausdorff, wie Aufgabe 2.2.
zeigt. Ein topologischer Raum X heisst quasi-normal falls sich je zwei disjunkte
abgeschlossene Mengen durch offene Mengen trennen lassen. Insbesondere ist
ein quasi-kompakter Hausdorff-Raum quasi-normal. Ist X quasi-kompakt und
Hausdorff, so ist Z Hausdorff genau dann, wenn q abgeschlossen ist.
Ist X ein topologischer Raum, ∼ eine Äquivalenzrelation mit zugehöriger Quotientenraumprojektion q und i : A ֒→ X die Inklusion eines Unterraums, so ist
die Relation ∼′ auf A definiert durch
a ∼′ a′ ⇔ i(a) ∼ i(a′ )
eine Äquivalenzrelation und wird als Einschränkung der Äquivalenzrelation ∼
auf A mit zugehöriger Quotientenraumprojektion q ′ bezeichnet.
Betrachtet man das Diagramm
A
q′

i
// X
q
A/∼
′

j
// X/∼
so gibt es eine injektive Abbildung j : A/ ∼→ X/ ∼, sodass das Diagramm
kommutiert. Die Abbildung j ist eine Inklusion des Unterraums A/∼′ in X/∼,
falls zum Beispiel i(A) offen (bzw. abgeschlossen) in X und q eine offene (bzw.
abgeschlossene) Abbildung ist oder A quasi-kompakt ist und X/∼ ein Hausdorff
Raum.
7
Man kann sich in der obigen Situation auch fragen, ob q ◦ i : A ֒→ X ։ X/∼
eine Quotientenraumprojektion ist. Dies ist z.B. der Fall, falls i(A) offen (bzw.
abgeschlossen) in X ist und i(A) bzgl. q saturiert, d.h. q −1 q(i(A)) = i(A).
Wie erhält man nun durch diese Quotientenraum-Konstruktion neue topologische Räume? Eine Möglichkeit ist das Kollabieren eines nichtleeren Unterraumes. Sei dafür eine Inklusion i : A ֒→ X eines Unterraums A 6= ∅ in X gegeben.
Definiere eine Relation ∼ auf X durch
x ∼ y ⇔ x = y ∨ x, y ∈ i(A)
Dies ist sicherlich eine Äquivalenzrelation. Definiere nun X/i(A) := X/∼ als den Raum der der
durch Kollaps des Unterraums i(A) entsteht. Ist
klar, welche Inklusion des Unterraums gemeint
ist, also auf welche Weise A in X eingebettet
ist, schreibt man auch manchmal etwas ungenau
X/A anstatt X/i(A) und nennt X/A den durch
Kollaps von ∂I
Kollaps des Unterraums2 A entstandenen Raum.
Man kann sich X/A vorstellen, als einen Raum,
der aus X hervorgeht, wenn man alle Punkte in i(A) zu einem Punkt indentifiziert.
Ist i(A) eine offene (bzw. abgeschlossene) Menge in X, so ist auch die Quotientenraumprojektion q : X ։ X/A offen (bzw. abgeschlossen) (Ein Gegenbeispiel
zu der anderen Richtung liefert Aufgabe 2.3.).
Aufgaben
2.1. Man finde topologische Räume X, Z und eine surjektive stetige Abbildung f : X ։ Z,
sodass Z 6∼
= X/∼, wobei ∼ die durch f auf X induzierte Äquivalenzrelation ist.
2.2. Man finde eine Quotientenraumprojektion q : X ։ Z, sodass X ein Hausdorffraum ist
und Z nicht Hausdorff.
2.3. Man finde einen topologischen Raum X und eine offene Quotientenraumprojektion
q : X ։ X/A wobei der Unterraum i : A ֒→ X nicht offen in X ist.
2.4. Bezeichne K n = {x ∈ Rn | 1 ≤ ||x|| ≤ 2} die n-dimensionale Hohlkugel, versehen mit
der Unterraumstopologie im Rn . Man zeige, dass K/S n−1 ∼
= Dn .
n−1
n−1
2.5. Man zeige, dass für jedes natürliche n gilt (S
× I)/(S
× {0}, S n−1 × {1}) ∼
= Sn.
Diese Konstruktion heisst die (unreduzierte) Einhängung von S n−1 .
2.6. Man zeige, dass für jedes natürliche n gilt D n /∂D n ∼
= S n (Hinweis: Man verwende
Aufgabe 2.2., 2.3. und Lemma 2.3.).
2.7. Man finde ein Beispiel für eine nicht offene und ein Beispiel für eine nicht abgeschlossene
Quotientenraumprojektion.
2.8. Man beweise Lemma 2.3.
2 Manchmal wird hierfür auch der Ausdruck ’Zusammenschlagen eines Teilraums zu einem
Punkt’ verwendet.
8
3 Verklebungen
Im vorherigen Abschnitt haben wir den Kollaps eines Unterraumes als Quotientenraumkonstruktion beschrieben. Man möchte nun neue topologische Räume
erhalten, indem man zwei topologische Räume X und Y an bestimmten Stellen
aneinanderklebt.
Seien A, X, Y topologische Räume und i : A → X, f : A → Y stetige Abbildungen, d.h. man hat ein Diagramm
A
f
// Y
i
X
gegeben. Diesem Diagramm möchte man nun einen topologischen Raum zuweisen, der mit X ∪if Y bezeichnet wird und den man sich wie eine ’Verklebung’ in
der folgenden beispielhaften Weise vorstellen kann: Angenommen X = Y = I,
A = {0, 1}, i : {0, 1} ֒→ I sei die kanonische Inklusion und f : {0, 1} → I die
durch l 7→ 1 definierte konstante Abbildung. Nun soll der Raum I ∪if I wie der
Umriss eines ’Luftballons’ aussehen, d.h. man malt sich zunächst den Raum
Y = I hin und anschließend an den Punkt 1 ∈ Y einen Kreis. Der Kreis stellt
das da, was bei der Verklebung von dem Raum X ’übriggeblieben ist’: Die beiden Endpunkte (der Unterraum A) werden identifiziert mit ihrem Bild in Y ,
also dem Punkt 1 ∈ Y .
Man beschreibt diese Konstruktion formal in der folgenden Weise:
Um das Gewünschte zu definieren betrachte man zunächst das Coprodukt der
Räume X und Y .
f
// l Y
A
L
l
y
y
`
i
X Y
k 99
+ X
In Bezug auf das obige Beispiel bedeutet dies unpräzise: ’Man malt sich die
Räume X und Y nebeneinander auf’.`Nun definiert man eine Relation ∼ auf
das Coprodukt, sodass der Raum (X Y ) /∼ die gewünschte Eigenschaft hat,
d.h. man kollabiert einige Punkte des Coproduktes.
Oft, wie im obigen Beispiel, hat man die Situation, dass i eine injektive Abbildung ist. In diesem Fall kann man die Äquivalenzrelation recht einfach hinschreiben. Um jedoch erst den allgemeinen Fall (d.h. i ist evtl. nicht injektiv) zu
behandeln, muss gesagt werden, was es bedeutet, dass eine Äquivalenzrelation
∼ auf einem Raum S durch eine Teilmenge von S × S erzeugt wird:
Sei S also eine Menge und bezeichne
AS := {R ⊆ S × S | R ist eine Äquivalenzrelation}
die Menge der Äquivalenzrelationen auf S.
9
Sei nun P ⊆ S × S eine beliebige Teilmenge. Dann ist die Relation
\
T (P ) =
A′
A′ ∈AS ,P ⊆A′
eine Äquivalenzrelation auf S und heisst die von P erzeugte Äquivalenzrelation
oder die kleinste Äquivalenzrelation die P enthält auf S.
Zurück zu der zu definierenden Äquivelenzrelation ∼ auf S = X
`
Y : Setze
P := {(s, s′ ) ∈ S × S | s = s′ oder ∃a ∈ A : s = (k ◦ i)(a), s′ = (l ◦ f )(a)}
`
und wähle ∼= T (P ) als die gewünschte Äquivalenzrelation auf X Y mit der
Quotientenraumprojektion q.
f
A
k
i
l
, X
::
X
`
Y
// j Y
J
ww
MMM
MM
q && &&
X ∪if Y
Die`Relation ∼ kann man aber auch konkreter hinschreiben. Für alle s, s′ aus
X Y gilt:
s ∼ s′
⇔ s = s′
oder ∃n ∈ N, a0 , ..., an ∈ A sodass
s = (l ◦ f )(a0 ), i(a0 ) = i(a1 ), f (a1 ) = f (a0 ), ..., (l ◦ f )(an ) = s′
oder
s = (l ◦ f )(a0 ), i(a0 ) = i(a1 ), f (a1 ) = f (a0 ), ..., (k ◦ i)(an ) = s′
oder
s = (k ◦ i)(a0 ), f (a0 ) = f (a1 ), i(a1 ) = i(a0 ), ..., (l ◦ f )(an ) = s′
oder
s = (k ◦ i)(a0 ), f (a0 ) = f (a1 ), i(a1 ) = i(a0 ), ..., (k ◦ i)(an ) = s′
Das sieht erstinmal schlimmer aus, als es ist: Dieser allgemeine Fall taucht oft
nicht auf, wenn man zwei topologische Räume verkleben möchte. In den meisten
Fällen ist`
i eine injektive Abbildung und dann kann man die Äquivalenzrelation
∼`
auf X Y viel einfacher hinschreiben. Ist i injektiv, so gilt für alle s, s′ aus
X Y:
s ∼ s′
⇔
oder
s = s′
∃a, a′ ∈ A : s = (l ◦ f )(a) und s′ = (k ◦ i)(a)
oder
s = (k ◦ i)(a) und s′ = (l ◦ f )(a)
oder
s = (k ◦ i)(a) und s′ = (k ◦ i)(a′ ) und f (a) = f (a′ )
und vielleicht noch einfacher:
s ∼ s′
⇔
oder
s = s′
∃a, a′ ∈ A : s = (f (a), 1) und s′ = (i(a), 0)
oder
s = (i(a), 0) und s′ = (f (a), 1)
oder
s = (i(a), 0) und s′ = (i(a′ ), 0) und f (a) = f (a′ )
10
Häufig ist die Abbildung i sogar die Inklusion eines Unterraums A ⊂ X. In
diesem Fall kann man sich die Relation ∼ viel zu unformal (man beachte, dass
die folgende Schreibweise falsch und intuitiv`sein soll) auf die folgende Weise
vorstellen: Zwei Elemente s und s′ aus X Y sind äquivalent genau dann,
wenn
(1) Sie sowieso schon gleich sind
(2) Das eine Element s in A ⊂ X liegt und durch f auf das andere Element
s′ in Y abgebildet wird
(3) Beide Elemente in A liegen und das gleiche Bild haben
`
Angenommen i und f sind injektive Abbildungen, so gilt für alle s, s′ aus X Y :
s ∼ s′
⇔ s = s′
oder ∃a ∈ A : s = (f (a), 1) und s′ = (i(a), 0)
oder
s = (i(a), 0)
und s′ = (f (a), 1)
`
Der Raum X ∪if Y := X Y /∼ heisst der durch Verkleben von X und Y entlang f und i entstandene Raum. Ist i eine kanonische injektive Abbildung, so
schreibt man anstatt X ∪if Y auch oft nur X ∪f Y und bezeichnet diesen Raum
als durch Verkleben von X und Y entlang f entstanden. Die Abbildung f heisst
die Anklebeabbildung von X ∪f Y .
Das kommutative Diagramm
f
A
// j Y
J
l
i
k
X
::
, X
`
ww
Y
j=p◦l
q
'' ''
// X ∪f Y
f ′ =p◦k
heisst Verklebediagramm der Verklebung X ∪f Y von X und Y entlang f . Oft
malt man ein Verklebediagramm auch `
ohne den ”inneren Teil”, d.h. ohne die
Abbildungen, k, l, q und den Raum X Y .
Bis hierher ist eigentlich noch nichts passiert, ausser dass eine Definition angegeben wurde. Hat man einen durch Verkleben von X und Y entlang f : A → Y
und i : A → X entstandenen Raum X ∪if Y gegeben, so ist oft auszurechnen,
ob dieser zu einem anderen Raum T topologisch äquivalent ist. Wie kann man
soetwas zeigen? Zunächst versucht man, geeignete Abbildungen u : X → T
und v : Y → T zu finden, wobei geeignet hier ersteinmal bedeutet, dass für
alle Elemente a aus A gelten soll v ◦ f = u ◦ i. Nun möchte man eine Abbildung t : X ∪f Y → T bekommen, von der man dann evtl. zeigen kann, dass
sie bijektiv und stetig ist. Anschliessend hilft einem oft die Tatsache, dass eine
bijektive stetige Abbildung von einem kompakten in einen Hausdorffraum schon
eine Homöomorphie ist. Wie bekommt man also die gewünschte Abbildung t?
X
`
Σ
Y
q
X ∪f Y
11
t
//
<< T
Nach dem Lemma
die Abbildungen u und v eine eindeutige
` 1.2. induzieren
`
Abbildung Σ = u v : X Y → T , sodass u = Σ ◦ k und v = Σ ◦ l, nämlich
u(z) falls i = 0 ,
(z, i) 7→
v(z) sonst .
Nun ist man in der gewohnten Situation von Lemma 2.3.: Faktorisiert die
Abbildung Σ über die Quotientenraumprojektion
q? Dies ist der Fall, wenn
`
für alle (w, i) und (w′ , i′ ) aus X Y gilt, dass aus q(w, i) = q(w′ , i′ ) folgt
Σ(w, i) = Σ(w′ , i′ ). Dies ist aber genau dann der Fall, wenn v ◦ f = u ◦ i. Dieses
Ergebnis wird ersteinmal in einem Lemma festgehalten:
Lemma 3.4. (Universelle Eigenschaft der Verklebung zweier Räume)
Seien A,X,Y topologische Räume und i : A → X, f : A → Y stetige Abbildungen. Seien zusätzlich u : X → T und v : Y → T stetige Abbildungen sodass das
ungepunktete Diagramm kommutiert:
A
f
j
i
X
// Y
f′
// X ∪if Y
v
t
"" ,, T
u
Dann gibt es eine eindeutige stetige Abbildung t : X ∪f Y → T , sodass das ganze
Diagramm kommutiert.
Die eindeutige Abbildung t : Y ∪f X → T heißt die eindeutige durch v : X → T
und u : Y → T von der Verklebung induzierte Abbildung.
Man sagt in der Sprache der Kategorien, dass die Verklebung X ∪if Y der Pushout
von f und i in
‘ der Kategorie der topologischen Räume ist. Wählt man A = ∅, so ist
X ∪if Y ∼
= X Y . Also ist auch das (topologische) Coprodukt ein spezieller Pushout.
Die zum Pushout duale Konstruktion ist der Pullback, der in der Kategorie der topologischen Räume dem topologischen Faserprodukt entspricht. Wählt man hier ebenso
die leere Menge, so erhält man das oben definierte topologische Produkt topologischer
Räume. Also ist das (topologische) Produkt ein spezieller Pullback.
Leider genügt für das obige Problem nicht allein eine solche Abbildung t. Man
möchte auch noch wissen, ob t tatsächlich bijektiv ist. Betrachtet man noch
einmal das Diagramm
`
Σ
//
X Y
<< T
q
X ∪f Y
t
so sieht man, dass t injektiv ist, falls aus Σ(w, i) = Σ(w′ , i′ ) folgt q(w, i) =
q(w′ , i′ ) und surjektiv, falls Σ surjektiv ist, d.h. für alle z ∈ T gibt es ein x ∈ X
mit z = u(x) oder ein y ∈ Y mit z = v(y). Insgesamt lässt sich also festhalten:
12
Lemma 3.5. Seien A,X,Y topologische Räume und i : A → X, f : A → Y ,
sowie u : X → T und v : Y → T stetige Abbildungen. Betrachte das Diagramm
A
f
j
i
X
// Y
f′
v
// X ∪if Y
FF
FFt
FF
F"" u
,, T
Dann existiert mit den obig eingeführten Begriffen eine bijektive stetige Abbildung t : X ∪if Y → T (sodass das Diagramm kommutiert) genau dann, wenn
1. Für alle z ∈ T ∃x ∈ X mit z = u(x) oder ∃y ∈ Y mit z = v(y)
2. Für alle y, y ′ ∈ Y gilt v(y) = v(y ′ ) genau dann, wenn q(y, 1) = q(y ′ , 1),
d.h. genau dann, wenn ∃n ∈ N, a0 , ..., an ∈ A sodass
y = f (a0 ), i(a0 ) = i(a1 ), ..., i(an−1 ) = i(an ), f (an ) = y ′
3. Für alle x ∈ X, y ∈ Y gilt u(x) = v(y) genau dann, wenn q(x, 0) = q(y, 1),
d.h. genau dann, wenn ∃n ∈ N, a0 , ..., an ∈ A sodass
x = i(a0 ), f (a0 ) = f (a1 ), ..., i(an−1 ) = i(an ), f (an ) = y
4. Für alle x, x′ ∈ X gilt u(x) = u(x′ ) genau dann, wenn q(x, 0) = q(x′ , 0),
d.h. genau dann, wenn ∃n ∈ N, a0 , ..., an ∈ A sodass
x = i(a0 ), f (a0 ) = f (a1 ), ..., f (an−1 ) = f (an ), i(an ) = x′
Dies lässt sich wieder viel einfacher formulieren, wenn i injektiv ist:
Lemma 3.6. Seien A,X,Y topologische Räume und i : A ֒→ X, f : A → Y ,
sowie u : X → T und v : Y → T stetige Abbildungen. Betrachte das Diagramm
A
_
f
j
i
X
// Y
f′
v
// X ∪if Y
FF
FFt
FF
F"" u
,, T
Dann existiert mit den obig eingeführten Begriffen eine bijektive stetige Abbildung t : X ∪if Y → T (sodass das Diagramm kommutiert) genau dann, wenn
1. Für alle z ∈ T ∃x ∈ X mit z = u(x) oder ∃y ∈ Y mit z = v(y)
2. v ist eine injektive Abbildung
13
3. Für alle x ∈ X, y ∈ Y gilt
u(x) = v(y) ⇔ ∃a ∈ A : x = i(a), y = f (a)
4. Für alle x, x′ ∈ X gilt
u(x) = u(x′ ) ⇔ ∃a, a′ ∈ A : x = i(a), x′ = i(a′ ) und f (a) = f (a′ )
Ist auch f eine injektive Abbildung, so bedeutet der vierte Punkt von Lemma
3.6.: u ist eine injektive Abbildung. Als kanonische Beispiele einer Anwendung
dieses Lemmas dienen zum Beispiel die Aufgabe 3.1. und die Aufgabe 3.2.
Es folgen noch zwei Bemerkungen über die Weise, in der man die verklebten
Räume in einer Verklebung wiederfinden kann.
Lemma 3.7. Sei
A
f
j
i
X
// Y
f
′
// X ∪if Y
ein Verklebediagramm und betrachte die durch Einschränken von f ′ definierte
Abbildung f ′′ : X \i(A) → X ∪if Y sowie die durch Einschränken von j definierte
Abbildung j ′′ : Y \ f (A) → X ∪if Y ).
Dann gilt: Ist i eine abgeschlossene (bzw. offene) Abbildung, so ist f ′′ eine offene
(bzw. abgeschlossene) Einbettung. Ebenso gilt: Ist f eine abgeschlossene (bzw.
offene) Abbildung, so ist j ′′ eine offene (bzw. abgeschlossene) Einbettung.
Das folgende Lemma kann man sich vermutlich gut an einem Verklebediagramm
merken, da sich einige Eigenschaften der an einer Verklebung beteiligten Abbildung in gewisser Weise ”symmetrisch” verhalten.
Lemma 3.8. Sei
A
f
j
i
X
// Y
f′
// X ∪if Y
ein Verklebediagramm, dann gilt:
1. Ist i (bzw. f ) injektiv, so ist j (bzw. f ′ ) injektiv.
2. Ist i (bzw. f ) surjektiv, so ist j (bzw. f ′ ) surjektiv.
3. Ist i (bzw. f ) offen, so ist j (bzw. f ′ ) offen.
4. Ist i (bzw. f ) abgeschlossen, so ist j (bzw. f ′ ) abgeschlossen.
5. Ist i (bzw. f ) Homöomorphismus, so ist j (bzw. f ′ ) Homöomorphismus.
6. Ist i (bzw. f ) offene Einbettung, so ist j (bzw. f ′ ) offene Einbettung.
7. Ist i (bzw. f ) abgeschl. Einbettung, so ist j (bzw. f ′ ) abgeschl. Einbettung.
14
Sei f : A → Y eine stetige Abbildung. Der Abbildungszylinder M (f ) von f ist
definiert als (A × I) ∪f Y , wobei i : A ֒→ (A × I) die durch a 7→ (a, 1) definierte
Inklusion ist.
Der Abbildungszylinder
Aufgaben
3.1. Seien i, f : S 1 ֒→ D 2 die kanonischen Inklusionen. Man zeige, dass D 2 ∪if D2 ∼
= S2.
3.2. Kommt noch...
3.3. Sei f : S 1 → S 1 definiert durch z 7→ z 2 . Man zeige, dass der Abbildungszylinder von f
homöomorph ist zum Möbiusband, d.h. M (f ) ∼
= M.
Lösungen einiger Aufgaben
Aufgabe 1.1.
n definiert. Zunächst zeigen wir, dass O n ⊂ O ′ .
′
Es ist klar, dass OR
n eine Topologie auf R
R
Rn
n
′ , da wir wissen, dass O ′
Dabei genügt es zu zeigen, dass SRn ⊂ OR
n
Rn eine Topologie auf R
definiert und ORn per Definition die kleinste Topologie ist, die SRn enthält.
Sei also O := B(x, ε) ∈ SRn und sei x′ ∈ O beliebig. Wähle ε′ := ε − ||x − x′ || > 0.
Sei y ′ ∈ B(x′ , ε′ ), dann
||x − y|| ≤ ||x − x′ || + ||x′ − y|| < ||x − x′ || + ε′ = ||x − x′ || + ε − ||x − x′ || = ε
′ .
also B(x′ , ε′ ) ⊂ B(x, ε) und damit SRn ⊂ OR
n
n
′
Nun zeigen wir, dass OR
n ⊂ ORn . Sei also O ⊂ R , sodass es für alle x ∈ O ein ε > 0 gibt
mit B(x, εx ) ⊂ O.
Es ist zu zeigen dass
[
O=
B(x, εx )
x∈O
dennS
damit folgt, dass O ∈ ORn , da für alle x gilt, dass B(x, εx ) ∈ SRn .
O ⊂ x∈O B(x,
S εx ) ist aber klar und da B(x, εx ) ⊂ O für alle x ∈ O folgt die andere Richung
ebenso. Also x∈O B(x, εx ) = O und damit folgt die Behauptung.
Aufgabe 1.2.
Man betrachte X = Y = R≥0 mit der Unterramstopologie von R und die abgeschlossene
Menge
A := {(x, y) ∈ X × Y | y ≥ 1/x und x > 0}
dann ist pX (A) = R>0 , also offen in R≥0 , da R≥0 als Unterraum von R Hausdorff ist und
somit jeder Punkt abgeschlossen.
Aufgabe 1.3.
Sei T ein beliebiger topologischer
Raum und für jedes i ∈ I eine Abbildung ui : T → Xi
Q
gegeben. Definiere t : T →
Xi = X durch z 7→ (u1 (z), u2 (z), ...). Dies ist schon allein
mengentheoretisch die einzige Möglichkeit.
Die Abbildung t ist stetig: Sei dafür O ⊂ X. Wir können O schreiben als
[ \ −1
pj,k (Oj,k )
O=
j∈J k∈K
15
wobei K endlich ist. Es gilt dann
1
0
[ \
[ \ −1
[ \ −1
−1
−1 @
t (O) = t
t−1 p−1
uj,k (Oj,k )
pj,k (Oj,k )A =
j,k (Oj,k ) =
j∈J k∈K
j∈J k∈K
j∈J k∈K
wobei für alle i ∈ I und j ∈ J die Menge u−1
j,k (Oj,k ) offen in X ist und damit auch O, da K
endlich ist. Man kann also in Zunkunft o.B.d.A. immer nur diese Subbasiselemente betrachten,
um Stetigkeit zu untersuchen.
Aufgabe 1.4.
S n−1 ist eine abgeschlossene Menge in D n : Man zeige, dass jede konvergente Folge in S n−1
auch gegen einen Punkt in S n−1 konvergiert.
Aufgabe 1.5.
Sei A das halboffene Intervall [0, 1) mit der Uterraumstopologie und betrachte die Abbildung
exp : A → S 1 . Dann ist exp bijektiv und stetig, aber keine Homöomorphie (Fundamentalgruppe!).
Aufgabe 1.6.
Dies ist klar.
Aufgabe 1.7.
‘
o.B.d.A. sei I = N und Xi ein einpunktiger Raum für alle i ∈ I. Dann ist i∈I Xi homöomorph
zu N mit der diskreten Topologie, also insbesnondere nicht quasi-kompakt, aber Xi ist quasi
kompakt für alle i ∈ I.
Aufgabe 1.8.
Sei T ein beliebiger topologischer Raum
und seie für jedes i ∈ I eine stetige Abbildung
‘
ui : Xi → T gegeben. Definiere t :
Xi → T durch (a, i) 7→ ui (a). Dies ist schon allein
mengentheoretisch die einzige Möglichkeit.
Die Abbildung t ist stetig: Sei dafür O ⊂ T , dann ist u−1
i (O) offen für jedes i ∈ I, also auch
−1 −1
i‘
(O)), da das Diagramm kommutiert. Damit ist aber nach Definition der Topologie auf
i (t
Xi auch t−1 (O) offen und damit t stetig.
Aufgabe 2.1.
Seien die ganzen Zahlen Z im folgenden ein topologischer Raum mit der diskreten Topologie,
d.h. ’jede Teilmenge ist offen’ (Dies ist übrigens die Unterraumstopologie als Unterraum von
R). Bezeichne Z den Raum {0, 1} mit der indiskreten Topologie, d.h. ’nur die leere und die
ganze Menge sind offen’ und f : Z → Z die Abbildung definiert durch f (z) = 0, falls z gerade
und f (z) = 1 sonst. Diese Abbildung ist sicherlich stetig, da jede Abbildung von topologischen
Räumen stetig ist, wenn der Bildraum die indiskrete Topologie trägt. Nun sei betrachte die
Äquivalenzrelation ≡ (mod 2) auf Z und bezeichne q : Z ։ Z/∼ die zugehörige Quotientenraumprojektion. Der Quotientenraum Z/∼ besteht aus zwei Elementen und trägt die diskrete
Topologie. Dann gibt es sicherlich eine stetige Bijektion h : Z/∼→ Z, allerdings kann diese niemals eine Homöomorphie sein, da die Topologien unterschiedliche endliche Mächtigkeit haben.
Aufgabe 2.2.
Es folgt sogar ein Beispiel einer abgeschlossenen Quotientenraumprojektion
q : X ։ Z, mit
‘
einem Hausdorff-Raum X und Z nicht Hausdorff: Sei X = I I (dies ist sicherlich Hausdorff) und ∼ die Äquivalenzrelation (x, t) ∼ (x′ , t′ ), genau dann, wenn (x, t) = (x′ , t′ ) oder
x = x′ ∈ [0, 1). Setze Z = X/∼ und sei q die Quotientenraumprojektion. Dann sieht Z aus wie
ein Einheitsintervall mit ’doppelten Endpunkten’. Wieso ist Z nicht Hausdorff? Sei s = q(1, 0)
und r = q(1, 1). Dann ist weder {s} noch {r} offen, denn angenommen z.B. {s} wäre offen,
dann auch q −1 ({s}) = (1, 0), Widerspruch. Also ist Z nicht Hausdorff. Man zeigt auch leicht,
dass q abgeschlossen ist.
16
Aufgabe 2.3.
Sei X ein indiskreter Raum aus genau zwei Punkten x und y und A = {x} Unterraum. Dann
ist A weder ein offener, noch ein abgeschlossener Unterraum von X, aber q : X ։ X/A =
{[A], [y]} ist offen und abgeschlossen.
Aufgabe 2.4.
Man beachte die Aufgabe 17. aus der aktuellen Vorlesung ’Topologie I’.
Aufgabe 2.5.
Man beachte den Text von Philip Herrmann für das Tutorium ’Topologie I’ über die Einhängung
der Sphäre.
Aufgabe 2.6.
Aufgabe 2.7.
Man betrachte beispielsweise pX aus Aufgabe 1.2. Diese Abbildung ist nicht abgeschlossen
und eine Quotientenraumprojektion, da sie surjektiv, stetig und offen ist.
Ein Beispiel für eine nicht offene Quotientenraumprojektion ist das folgende: Betrachte den
abgeschlossenen Unterraum A = [1/4, 3/4] von I = [0, 1] und sei q : I → I/A die zum Kollaps
von A gehörige Quotientenraumprojektion. Nun ist A ein abgesclossener Unterraum von I und
I ist kompakt also insbesondere regulär. Darum ist X/A ein Hausdorffraum und insbesondere
ist q(A) ein abgeschlossener Punkt in I/A. Aber auch q((1/4, 3/4)) = q(A) ist abgeschlossen.
X/A ist zusammenhängend als Bild eines zusammenhängenden Raumes I unter einer stetigen
Abbildung q, also sind die einzigen offenen und abgeschlossenen Teilmengen von X/A nur ∅
und X/A und damit ist q((1/4, 3/4)) nicht offen in X/A und q eine nicht offene Quotientenraumprojektion.
Aufgabe 2.8.
Sei also eine Quotientenraumprojektion q : X → X/∼ und eine beliebige Abbildung f : X → T
gegeben, sodass für alle x, x′ ∈ X mit q(x) = q(x′ ) folgt f (x) = f (x′ ).
Man betrachte das Diagramm
X
q
f
==
//
T
h
X/∼
und definiere h : X/∼→ T durch
[x] := q(x) 7→ f (x)
dies ist allein mengentheoretisch die einzige Möglichkeit, sodass das Diagramm kommutiert,
also f = h ◦ q gilt und wegen der Bedingung ’aus q(x) = q(x′ ) folgt f (x) = f (x′ )’ ist die
Abbildung h wohldefiniert.
Um die Stetigkeit der Abbildung zu überprüfen, sei O ⊂ T eine beliebige offene Menge. Dann
gilt
f −1 (O) ist offen in X ⇒ (h ◦ q)−1 (O) = q −1 (h−1 (O)) ist offen in X
Da f stetig ist, ist f −1 (O) offen in X, und nach der Definition der Quotiententopologie ist
h−1 (O) offen, da q −1 (h−1 (O)) offen ist. Also ist h stetig.
Aufgabe 3.1.
Sei also i : S 1 ֒→ D 2 die kanonische Inklusion x 7→ x. Es ist zu zeigen, dass D 2 ∪ii D 2 ∼
= S2,
es ist also zu zeigen, dass man eine Sphäre erhält, wenn man zwei Disks an den Rändern
zusammenklebt. Am bestent malt man sich nun ersteinmal ein Bild, um sich die Situation
besser vorstellen zu können.
17
Nun sind wir in der Situation von Lemma 3.6. mit A = S 1 , X = D 2 , Y = D 2 , T = S 2 und
es gilt Abbildungen u : D 2 → S 2 und v : D 2 → S 2 zu finden, die eine bijektive Abbildung
t : D 2 ∪ii D 2 → S 2 induzieren, d.h. Abbildungen u und v, die auf dem Rand der Disk
übereinstimmen und injektiv sind. Dabei könnte einem das folgende einfallen: Malt man sich
eine Sphäre hin und darüber eine Disk in der Ebene die vom Äquator der Sphäre beschrieben
wird, so kann man sich eine gut aussehende Abbildung u : D 2 → S 2 wie eine Projektion
vorstellen: Man stülpt der Sphäre die Disk als eine Art Hut über die nördliche Halbkugel. Die
passende Abbildung sieht dann wie folgt aus (man berechnet die dritte Koordinate gerade so,
dass das Bild auf der Sphäre landet):
u : D2
(x, y)
→
7→
S2 p
(x, y, 1 − (x2 + y 2 ))
Für die zweite Abbildung v : D 2 → S 2 macht man das gleiche für die südliche Halbkugel der
Sphäre:
u : D2 → S 2
p
(x, y) 7→ (x, y, − 1 − (x2 + y 2 ))
Sind diese Abbildung nun geeignet um das Lemma 3.6. anzuwenden?
1. Für alle z ∈ T ∃x ∈ X mit z = u(x) oder ∃y ∈ Y mit z = v(y)
p
Sei (x, y, z) ∈ S 2 , d.h. x2 + y 2 + z 2 =p
1. Sei nun o.B.d.A. z ≥ 0 (den Fall z < 0 behandelt
man analog mit v anstatt u), also z = 1 − (x2 + y 2 )). Das Element (x, y) ∈ D 2 wird also
durch u auf (x, y, z) abgebildet.
2. v ist injektiv.
3. Für alle x ∈ X, y ∈ Y gilt u(x) = v(y) ⇔ ∃a ∈ A: x = i(a) und y = f (a).
Seien also (x, y), (x′ , y ′ ) ∈ D 2 beliebig.
p
p
p
Ist u(x, y) = v(x′ , y ′ ), also (x, y, 1 − (x2 + y 2 )) = (x′ , y ′ , − 1 − (x′2 + y ′2 )), so folgt 1 − (x2 + y 2 )) =
′
′
2
2
2
2
0
pund x = x und y = y . Dann 1 − (x + y )) = 0 und damit x + y = 1, also auch
x2 + y 2 = 1 und damit (x, y) ∈ S 1 . Also gibt es ein a = (x, y) = (x′ , y ′ ) ∈ S 1 mit
(x, y) = i(a) und (x′ , y ′ ) = i(a).
4. u ist injektiv.
2 i
2
2
2
Damit gibt es
‘ eine bijektive stetige Abbildung t : D ∪i D → S . Da D quasi-kompakt ist,
ist auch D 2 D 2 quasi-kompakt und damit auch D 2 ∪ii D 2 als Bild einer stetigen Abbildung.
Die Sphäre ist als Unterraum vom R3 Hausdorff. Also ist t eine topologische Äquivalenz und
D 2 ∪ii D 2 ∼
= S2.
Aufgabe 3.2.
Aufgabe 3.3.
Literatur
[LA02] Lang, S. (2002) Algebra (Rev. 3rd ed.). Springer Verlag.
[BR93] Bredon, G. (1993) Topology and Geometry. Springer Verlag.
[ML70] Mac Lane, S. (1970) Categories for the Working Mathematician. Springer Verlag.
[OS92] Ossa, E. (1992) Topologie. Vieweg Verlag.
[SC71] Schubert, H. (1971) Topologie (3rd ed.). Teubner Verlag.
18
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