Aktuelle Entwicklungen im Tierschutzrecht Dr. Friedhelm Jaeger, MKULNV Neuer Stellenwert des Tierschutzes in der EU Eingang von Tierschutzbestimmungen in internationale Normen und Vereinbarungen Æ Vertrag von Lissabon Æ Tierschutzaktionspläne Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen und Weiterentwicklungen in Form neuer Gesetze und Verordnungen Stete Anpassung an die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung notwendig Tierschutz-Aktionsplan 2006-2010 Hauptziele u.a.: Æ Gemeinschaftspolitik zum Schutz und Wohlbefinden von Tieren besser ausrichten Æ Verschärfung der bestehenden Mindestnormen Æweitere Suche nach Alternativmethoden zu Tierversuchen ÆEinführung von Tierschutzindikatoren ÆUnterstützung internationaler Tierschutzinitiativen Æ Gewährleistung einer konsequenten und koordinierten Einbeziehung der Tierschutzfrage in alle gemeinschaftlichen Politikbereiche Tierschutz-Aktionsplan 2011-2015 in Erarbeitung begriffen Diskutierte Inhalte: Bis spätestens 2014 ein allgemeines Tierschutzrecht für die EU Schaffung eines europäischen Zentrums für Tierschutz und Tiergesundheit Berücksichtigung von Haus-, Zoo- und Zirkustieren Tierschutz-Aktionsplan 2011-2015 Mögliche Verbesserungen in: Æ Information der Öffentlichkeit Æ Einführung von Tierschutzindikatoren Æ Anforderungen für Milchvieh-, Puten-, und Kaninchenhaltung Eingliederung von Tierschutzindikatoren in bestehende Vorschriften Vertrag von Lissabon Von 01.12.2009 Artikel 13 Æ Anerkennung des Tiers als Empfindungen verspürendes Mitgeschöpf Æ Gleichstellung des Tierschutzes mit anderen politischen Zielen (z.B. gemeinsame Agrarpolitik) Politische Aufwertung des Tierschutzes in Union Tierschutzregelungen Aktuelle Beispiele 1. Ferkelkastration EU: Narkose und/oder Schmerzausschaltung nur Zwischenschritte hin zum unkastrierten Schwein Deutschland: Tendenz zur Jungebermast „Düsseldorfer Erklärung“ von 2009 Tierschutzregelungen Aktuelle Beispiele 2. Amputation der Schwänze von Ferkeln Wird als Prophylaxe gegen das Schwanzbeißen angesehen Das „routinemäßige Kürzen“ steht im tierschutzrechtlichen Spannungsfeld nach TierSch-Recht nur im Einzelfall erlaubt, wenn zuvor Maßnahmen ergriffen wurden Amputation von Schwänzen bei Ferkeln Amputation ist keine Lösung, sondern nur Minderung des Schwanzbeißens Kannibalismus auch bei kupierten Schwänzen „Ausweichen“ auf Ohrenbeißen, Flankenbeißen Forschungsstand: Schwanzbeißen Schwanzbeißen hat mehrere auslösende Faktoren (multifaktoriell) Forschung: bisher „nur“ monofaktoriell Æ die auslösenden Faktoren stehen nebeneinander; Wechselwirkungen sind nicht untersucht Doppelstrategie 1.) kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung des Zustandes Î Tierarzt-“Bescheinigungen“ 2.) langfristige Ziele: Verbesserung der Haltungsbedingungen Î Forschung Kurzfristige Maßnahmen: Erlass setzt konzeptionell am Schweinehaltungsbetrieb an; nicht: Schwanzkürzen als solches (dies wird nur indirekt miterfasst) Schweinehalter und Tierarzt müssen Maßnahmen „überlegen“, um Haltungsbedingungen zu optimieren betriebsindividuelle Prüfung und Beratung Dokumentation über das Beratungsgespräch und die abgegebenen Empfehlungen in Form einer „Nachweisung“ vom Tierarzt für den Schweinehalter Langfristige Aktivitäten I Literaturstudie der FH Soest (erledigt): Weibliche Tiere beißen mehr Rassen mit wenig Rückenspeckdicke bes. aggressiv Beginn der Aggression mit Eintritt der „Pubertät“ Langfristige Aktivitäten II Leptin als ein Schlüssel-Faktor für Kannibalismus? Leptin: macht satt und ruhig begünstigt weibliche Geschlechtsreife wirkt wundheilungsfördernd Bildung im Rückenspeck Die heutigen Schweine sind auf Magerkeit gezüchtet = Leptinmangel = aggressiveres Verhalten ? Langfristige Aktivitäten III NRW-Studien (Leptin-Analysen): Lebende Schweine in ausgewählten Tierhaltungen Vergleichsstudie in einem Drittland: Betriebe, die Schweine mit gekürzten Schwänzen halten sowie Betriebe, die Schweine mit ungekürzten Schwänzen halten = „ganzheitlicher Ansatz“ /Überblicksstudie Langfristige Aktivitäten IV geplante weitere Studien: Feldstudie „EU-Schwein plus“: getrennt geschlechtliche Mast mit ungekürztem Schwanz Feld-Erhebung in NRW: Erfahrungswissen bei Tierhaltern, Tierärzten, Veterinärbehörden sammeln und auswerten Tierschutzregelungen Aktuelle Beispiele 3. Tierversuchsrichtlinie vom 22. September 2010 Umfangreiche Aktualisierung und Erweiterung der Richtlinie von 1986 Viele Vorgaben der neuen Richtlinie sind bereits im deutschen Recht enthalten Umsetzung der Vorgaben innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht Æ Anpassung der nationalen Vorschriften notwendig Deutliche Verbesserung des Schutzes von Versuchstieren Tierschutzregelungen Aktuelle Beispiele Generelle Änderungen: Erweiterung des Geltungsbereichs auf Tiere, die für die Verwendung von Organen und Geweben getötet werden, sowie auf embryonale und fötale Formen Berücksichtigung von Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung der Verwendung von Tieren in Versuchen Verbesserung der Bedingungen der Tiere in den „Versuchen“ Tierschutzregelungen Aktuelle Beispiele Die Richtlinie geht in den folgenden Punkten über nationales Recht hinaus: Gesonderte Bestimmungen für in Versuchen verwendete nicht-menschliche Primaten (u.a. Menschenaffen) Grundsätzliches Verbot von Versuchen mit länger anhaltenden, starken Schmerzen Ausweitung des Anwendungsberichts auf Föten von Säugetieren im letzten Drittel der Trächtigkeit Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit