Kompaktskript zur Vorlesung Statistische Verfahren der Risikoanalyse

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Kompaktskript zur Vorlesung
Statistische Verfahren der Risikoanalyse
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialstatistik
Prof. Dr. P. Kischka
Wintersemester 2013/14
Inhaltsverzeichnis
1 Value at Risk
1.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 VaR für normalverteilte Zufallsvariablen . . . . . . .
1.3 VaR im Standardmodell der Aktienkursentwicklung
1.3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2 Verteilung der Renditen im Standardmodell .
1.3.3 VaR für Marktwertänderungen einer Aktie .
1.4 VaR für Portfolios . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5 Schätzverfahren für den VaR . . . . . . . . . . . . .
1.5.1 Schätzung der Parameter im Standardmodell
1.5.2 Approximation des VaR für Portfolios . . . .
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2 Axiomensystem von Artzner/Delbaen/Eber/Heath
3 Conditional Value at Risk (CVaR)
3.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Alternative Darstellung des CVaR . . . . . . . .
3.3 Allgemeine Definition des CVaR . . . . . . . . .
3.4 Eigenschaften des CVaR . . . . . . . . . . . . . .
3.5 CVaR für normalverteilte Zufallsvariablen . . . .
3.6 CVaR als Entscheidungskriterium . . . . . . . . .
3.6.1 CVaR-Entscheider . . . . . . . . . . . . .
3.6.2 CVaR-Hybrid-Entscheider (Hanisch 2004)
3.6.3 Jammernegg/Kischka (2005) . . . . . . .
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4 Ausfallwahrscheinlichkeit und Ausfallkorrelationen
4.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Grundmodell des IRB-Ansatzes . . . . . . . . . . . .
4.3 Ausfallquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Schätzung von p und ρ mittels ML-Methode . . . . .
4.5 Direkte Schätzung von p und q . . . . . . . . . . . .
4.6 IRB-Ansatz zur Bestimmung von ρ . . . . . . . . . .
4.7 Backtesting von p . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.8 Eigenkapitalunterlegung im IRB-Ansatz . . . . . . .
1
1
1
1
1
1
2
2
2
2
3
4
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von Krediten
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4
4
4
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5
5
5
5
5
5
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6
6
6
7
8
8
8
9
9
1
Value at Risk
1.1
Einführung
Sei F die Verteilungsfunktion einer Zufallsvariablen X. Die Funktion
F ∗ : ]0, 1[ → R
α → sup{x ∈ R|F (x) ≤ α}
(1)
heißt obere verallgemeinerte Inverse von F .
Value at Risk (VaR) zum Konfidenzniveau p ∈]0, 1[ heißt:
V aRp (X) := max(0, −F ∗ (1 − p)).
(2)
Existiert die inverse Verteilungsfunktion F −1 an der Stelle (1 − p), dann gilt:
F ∗ (1 − p) = F −1 (1 − p) = x1−p .
Im Folgenden wird von F ∗ (1 − p) ≤ 0 ausgegangen.
1.2
VaR für normalverteilte Zufallsvariablen
Sei X ∼ N (µ, σ 2 ), dann gilt für den VaR zum Konfidenzniveau p ∈]0, 1[ :
V aRp (X) = σΦ−1 (p) − µ.
1.3
(3)
VaR im Standardmodell der Aktienkursentwicklung
1.3.1
Grundlagen
Sei St (t ≥ 0) der Aktienkurs zum Zeitpunkt t und ∆ > 0 die Haltedauer oder der Prognosehorizont.
St
Rt∆ := ln St−∆
heißt stetige Rendite oder log-Rendite zwischen t − ∆ und t.
Dt∆ :=
St
⇒
⇒
1.3.2
St −St−∆
St−∆
heißt diskrete Rendite zwischen t − ∆ und t.
genügt im Standardmodell einem geometrischen Wiener Prozess
(geometrische Brown’sche Bewegung)
lnSt = µ · t + σ · Wt mit Wt Standard Wiener Prozess
2
dSt = St (µ + σ2 )dt + St · σ · dWt
Verteilung der Renditen im Standardmodell
Es gelten folgende Verteilungen der stetigen und diskreten Renditen:
Rt∆ ∼ N (µ∆, σ 2 ∆)
Dt∆ + 1 ∼ LN (µ∆, σ 2 ∆).
Für t − ∆ < t ≤ s − ∆ < s gelten:
Rt∆ und Rs∆ sind unabhängig
Dt∆ und Ds∆ sind unabhängig .
1
1.3.3
VaR für Marktwertänderungen einer Aktie
∆
Es gilt St+∆ − St = St · (eRt − 1). Sei
∆
Gt,∆ := st · (eRt − 1)
die Marktwertänderung ausgehend vom gegenwärtigen Kurs (bzw. Marktwert) st .
Der VaR von Gt,∆ zum Konfidenzniveau p ist definiert durch:
√ V aRp (Gt,∆ ) := st · 1 − eµ∆−zp σ ∆ .
(4)
(5)
Es gilt:
µ ≤ 0 ⇒ V aRp (Gt,∆ ) ist eine monoton wachsende Funktion von ∆.
µ > 0 ⇒ V aRp (Gt,∆ ) ist eine konkave, nicht monoton wachsende Funktion von ∆.
1.4
VaR für Portfolios
Seien Sjt der Kurs der Aktie j zum Zeitpunkt t (t ≥ 0, 1 ≤ j ≤ J) und
J
P
cj Sjt der Wert des Portfolios (c1 , . . . , cJ ).
Wt =
j=1
Da (S1t , . . . , SJt ) einer mehrdimensionalen geometrischen Brown’schen Bewegung genügt,
folgt
∆
∆
(R1t
, . . . , RJt
) ∼ N (∆ · (µ1 , . . . , µJ ), ∆ · A)
mit
S
jt
∆ = ln(
Rjt
Sj,t−∆ )
1 , . . . , R1 )
µ
= (µ1 , . . . , µJ ) Erwartungswertvektor von
(R1t
Jt
1 , . . . , R1 ).
A
Varianz-Kovarianz-Matrix von (R1t
Jt
Dann ist die Marktwertänderung des Portfolios (c1 , . . . , cJ ) ausgehend von den Kursen
(s1t , . . . , sJt )
Gt,∆ =
J
X
∆
cj sjt (eRjt − 1).
(6)
j=1
Eine geschlossene (analytische) Lösung für den VaR von Gt,∆ ist nicht möglich.
1.5
1.5.1
Schätzverfahren für den VaR
Schätzung der Parameter im Standardmodell
Sind rt Realisationen unabhängiger Zufallsvariablen, dann ist der Wert eines effizienten Schätzers von µ durch
n
b̄
r :=
1X
rt ,
n
(7)
t=1
der Wert eines effizienten Schätzers von σ 2 durch
n
sb2 :=
1 X
(rt − b̄
r)2
n−1
t=1
2
(8)
und der Wert eines effizienten Schätzers von akl = cov(Rkt , Rlt ) durch
n
1 X
(rkt − b̄
rk )(rlt − b̄
rl )
b
akl :=
n−1
(9)
t=1
gegeben.
EWMA-Methode (Exponentially Weighted Moving Average)
Die Exponentially-Weighted-Moving-Average-Methode liefert für λ ∈]0; 1[
als Wert eines Schätzers von µ
r̄˜ := (1 − λ)
n−1
X
λt rn−t ,
(10)
λt (rn−t − r̄˜)2
(11)
t=0
als Wert eines Schätzers von σ 2
s̃2 := (1 − λ)
n−1
X
t=0
und als Wert eines Schätzers von akl = cov(Rkt , Rlt )
ãkl := (1 − λ)
n−1
X
λt (rn−t,k − r̄˜k )(rn−t,l − r̄˜l ).
(12)
t=0
1.5.2
Approximation des VaR für Portfolios
VaR bei linearer Approximation
Für x nahe bei Null gilt: ex ≈ 1 + x. Der VaR von Gt,∆ zum Konfidenzniveau p ist
q
√
V aRp (Gt,∆ ) = zp · ∆ · wt AwtT − ∆wt µT
(13)
mit wt = (c1 · s1t , . . . , cJ · sJt ). Falls das Ergebnis von (13) negativ ist, wird V aRp (Gt,∆ ) = 0
gesetzt.
VaR bei linearer Approximation und unter Annahme µ = (µ1 , . . . , µJ ) = (0, . . . , 0)
(Kovarianzmethode)
Es gilt:
√
q
V aRp (Gt,∆ ) = zp · ∆ · wt AwtT und
√
V aRp (Gt,∆ ) = ∆ · V aRp (Gt,1 ).
(14)
(15)
Sei V aRj der VaR der Marktwertänderung der j-ten Anlage im Portfolio zum Konfidenzniveau
p bei Haltedauer ∆, so gilt:
√
V aRj = zp wjt σj ∆.
(16)
Sei P die zu A gehörende Korrelationsmatrix. Dann gilt für den VaR der Marktwertänderung
des Portfolios:
q
(17)
V aRp (Gt,∆ ) = (V aR1 , . . . , V aRJ )P (V aR1 , . . . , V aRJ )T .
3
2
Axiomensystem von Artzner/Delbaen/Eber/Heath
Ein reellwertiges Risikomaß R(X) heißt kohärentes Risikomaß, falls für alle (betrachteten)
Zufallsvariablen X, Y folgende vier Axiome erfüllt sind:
A
B
C
D
3
3.1
Translationsinvarianz
Positive Homogenität
Monotonie
Subadditivität
R(X + c) = R(X) − c,
R(cX) = cR(X),
X ≤ Y ⇒ R(Y ) ≤ R(X)
R(X + Y ) ≤ R(X) + R(Y ).
für alle c ∈ R
für alle c ≥ 0
Conditional Value at Risk (CVaR)
Definition
Sei X eine Zufallsvariable mit Dichte f und invertierbarer Verteilungsfunktion F und sei
x1−p = F −1 (1 − p) ≤ 0, dann ist der Conditional Value at Risk (CVaR) zum Konfidenzniveau
p ∈]0, 1[ definiert durch:
CV aRp (X) =E(−X|X ≤ x1−p )
=E(−X|X ≤ −V aRp (X))
xZ1−p
xZ1−p
1
1
=−
xf (x)dx = −
xdF (x).
1−p
1−p
−∞
(18)
(19)
(20)
−∞
Interpretation
Der CVaR entspricht dem Erwartungswert der Fehlbeträge des Portfolios in den schlechtesten
(1 − p) · 100 % aller Fälle.
3.2
Alternative Darstellung des CVaR
Mit
1
CV aRp (X) = −
1−p
1−p
Z
F −1 (t)dt
(21)
0
ist eine alternative Darstellung des CVaR gegeben.
3.3
Allgemeine Definition des CVaR
Sei F ∗ (t) die obere verallgemeinerte inverse Verteilungsfunktion von X und F∗ (t) die untere
verallgemeinerte inverse Verteilungsfunktion von X:
F ∗ (t) = sup{x ∈ R|F (x) ≤ t}
F∗ (t) = inf{x ∈ R|F (x) ≥ t}.
Es gilt:
1
CV aRp (X) = −
1−p
1−p
Z
F ∗ (t)dt
0
4
(22)
1
CV aRp (X) = −
1−p
1−p
Z
F∗ (t)dt
(23)
0
= − E(X|X ≤ F∗ (1 − p)) −
3.4
1
[F (F∗ (1 − p)) − (1 − p)] · F∗ (1 − p)
1−p
Eigenschaften des CVaR
• CV aRp erfüllt die Kohärenzeigenschaften nach Arztner et al.
• Es gilt folgende Beziehung zum VaR:
CV aRp (X) ≥ V aRp (X)
CV aRp (X) = V aRp (X) + E(−X − V aRp (X)|X ≤ −V aRp (X)).
• Für die Monotonie bezüglich p gilt:
Aus p ≥ p0 folgt: CV aRp (X) ≥ CV aRp0 (X).
3.5
CVaR für normalverteilte Zufallsvariablen
Sei X ∼ N (µ, σ 2 ), dann gilt
CV aRp (X) = −µ + σ ·
ϕ(z1−p )
1−p
(24)
mit
z1−p : (1 − p)-Quantil der Standardnormalverteilung
ϕ : Dichte der Standardnormalverteilung.
3.6
CVaR als Entscheidungskriterium
Gegeben sind die Zufallsvariablen X und Y sowie das Konfidenzniveau p.
3.6.1
CVaR-Entscheider
Es gilt:
X Y ⇔ CV aRp (X) ≤ CV aRp (Y ).
3.6.2
(25)
CVaR-Hybrid-Entscheider (Hanisch 2004)
Für λ ∈ [0, 1] gilt:
X Y ⇔ (1 − λ)E(X) − λ · CV aRp (X) ≥ (1 − λ)E(Y ) − λ · CV aRp (Y ).
3.6.3
(26)
Jammernegg/Kischka (2005)
Für λ ∈ [0, 1] gilt:
XY ⇔
(27)
(1 − λ)E(X|X > x1−p ) − λ · CV aRp (X) ≥ (1 − λ)E(Y |Y > y1−p ) − λ · CV aRp (Y ).
5
4
Ausfallwahrscheinlichkeit und Ausfallkorrelationen von Krediten
4.1
Einführung
Seien ki (1 ≤ i ≤ n) Kreditvolumen und Di die zugehörigen Ausfallindikatoren mit
(
1
Di =
0
mit Wahrscheinlichkeit pi
mit Wahrscheinlichkeit 1 − pi
Der Schaden im Kreditportfolio beträgt
S=
n
X
ki Di .
(28)
i=1
Der Erwartetete Schaden ist
E(S) =
n
X
ki pi
(29)
i=1
und die Varianz des Schadens beträgt
V ar(S) =
n
X
ki2 pi (1 − pi ) +
i=1
X
ki kj cov(Di , Dj ).
(30)
i,j
i6=j
Dabei gelten
cov(Di , Dj ) = E(Di · Dj ) − E(Di )E(Dj ) = pij − pi pj
(31)
pij − pi pj
.
corr(Di , Dj ) = p
pi (1 − pi )pj (1 − pj )
(32)
und
4.2
Grundmodell des IRB-Ansatzes
Grundidee
Ein Kredit fällt aus, wenn der Firmenwert des Unternehmens unter eine Schranke a fällt.
Seien
p = P (Di = 1)
1
St = st−1eRt t
Rt1 = ln SSt−1
Bi
(B1 , ..., Bn )
Ausfallwahrscheinlichkeit (identisch für 1 ≤ i ≤ n)
Firmenwert im Zeitpunkt t, geometrische Brownsche Bewegung
∼ N (µ, σ 2 )
Bonitätsvariablen, ∼ N (0, 1)
gemeinsam normalverteilt.
Dann gilt:
1
Kredit fällt aus ⇔ (st−1 · eRt ≤ a) ⇔ (B ≤ Φ−1 (p)).
6
Ansatz
Sei Z, Ui ∼ N (0, 1) unabhängige Zufallsvariablen,
p
√
B i = ρ · Z + 1 − ρ · Ui
(1 ≤ i ≤ n)
und
corr(Bi , Bj ) = ρ mit 0 ≤ ρ < 1, für alle i, j (i 6= j),
dann gilt für i 6= j:
P (Di = 1, Dj = 1) =: q
corr(Di , Dj ) =
q − p2
p − p2
q = q(ρ, p) = Φ2ρ (Φ−1 (p), Φ−1 (p)),
wobei Φ2ρ für die Verteilungsfunktion einer 2-dimensionalen Standardnormalverteilung mit
Korrelation ρ steht.
4.3
Ausfallquote
Seien
H :=
1
nH
n
P
Di
die Anzahl der Ausfälle (während einer Periode) und
i=1
die Ausfallquote,
dann gilt:
1
E
H
= p
n
n−1
1
p · (1 − p)
V ar
H
=
+ q − p2
.
n
n
n
(33)
(34)
Für n −→ ∞ gilt
V ar
1
H
n
−→ q − p2 ≥ 0 mit q = p2 ⇐⇒ ρ = 0.
(35)
Verteilung der Ausfallquote
Sei
Z
+∞
P (D1 = x1 , . . . Dn = xn ) =
−∞
phz · (1 − pz )n−h ϕ(z)dz.
Aus der Austauschbarkeit (vgl. Anhang) der Di folgt:
Z +∞ n
P (H = h) =
· phz · (1 − pz )n−h ϕ(z)dz
h
−∞
7
(36)
(37)
mit
h=
n
X
xi
und
pz = Φ
i=1
√ Φ−1 (p) − ρz
√
.
1−ρ
(38)
Für ρ = 0 gilt:
n
P (H = h) =
· ph · (1 − p)n−h
h
Daraus folgt für die Ausfallquote:
1
P
H = x = P (H = nx)
n
4.4
(h = 0, . . . , n).
(39)
1
x = 0, , . . . , 1 .
n
(40)
Schätzung von p und ρ mittels ML-Methode
Der Ansatz
Z
+∞ max
p,ρ
−∞
n
· phz · (1 − pz )n−h ϕ(z)dz
h
(41)
liefert p̂M L = nh , ρ̂M L = 0
4.5
Direkte Schätzung von p und q
Die Schätzung von p erfolgt durch
n
1X
Di ,
n
(42)
X
1
Di Dj .
n(n − 1)
(43)
pb =
i=1
die Schätzung von q erfolgt durch
qb =
i6=j
Dies führt zu einer Schätzung von cov(Di , Dj ) durch
cov(D
c i , Dj ) = qb − pb2 ≤ 0.
4.6
(44)
IRB-Ansatz zur Bestimmung von ρ
Zu p wird ρ definiert als
1 − e−50p
1 − e−50p
ρ = 0, 12 ·
+ 0, 24 · 1 −
.
1 − e−50
1 − e−50
8
(45)
4.7
Backtesting von p
Sei ρ vorgegeben. p wird überprüft mittels
n
1
1X
Di = H
n
n
(46)
i=1
und
H0 : p = 0, 01,
H1 : p = 0, 05.
Dann ist mit
1
H bei p = 0, 01
n
1
b := 0, 5% − Quantil von H bei p = 0, 05
n
a := 99, 9% − Quantil von
folgendes gegeben:
falls:
b≥a
b<a
grüne Zone:
rote Zone:
gelbe Zone:
[0, a]
]a, 1]
−
[0, b]
]a, 1]
[b, a]
Die Ablehnung von H0 erfolgt mit Fehlerwahrscheinlichkeit 1. Art von 0, 1%, falls die Ausfallquote in der roten Zone liegt. Die Nichtablehnung von H0 erfolgt mit Fehlerwahrscheinlichkeit
2. Art von 0, 5%, falls die Ausfallquote in der grünen Zone liegt.
4.8
l
f
Eigenkapitalunterlegung im IRB-Ansatz
loss given default (Anteil des nicht gesicherten Kredits)
exposure at default (Forderungshöhe bei Ausfall)
Die Eigenkapitalunterlegung beträgt
−1
√
Φ (p) + ρ · Φ−1 (0, 999)
√
.
f ·l·Φ
1−ρ
O.B.d.A. gelte f = l = 1. Für die Bonitätsvariable
p
√
Bi = ρ · Z + 1 − ρ · Ui
(47)
(48)
gilt:
P (Bi ≤ Φ
−1
−1
(p)|Z = Φ
√
ρ · Φ−1 (0, 001)
√
(0, 001)) =Φ
1−ρ
−1
√
Φ (p) + ρ · Φ−1 (0, 999)
√
=Φ
= a.
1−ρ
Φ−1 (p) −
(49)
Der Wert a ist die Ausfallwahrscheinlichkeit, falls Z = Φ−1 (0, 001) ∼ −3, 09; höhere Ausfallwahrscheinlichkeiten treten nur mit Wahrscheinlichkeit 0, 001 auf.
9
Einschübe
A: Lognormalverteilung
X heißt lognormalverteilt mit den Parametern µ, σ 2 - i. Z. X ∼ LN(µ, σ 2 ) -, falls für die
Dichte f von X gilt:

(lnx−µ)2
 1
−
1
√
2σ 2
·
falls x > 0
·
e
f (x) =
(50)
2πσ 2 x
0
falls x ≤ 0.
Für X ∼ LN(µ, σ 2 ) gilt:
E(X) = eµ+
σ2
2
,
2
2
V ar(X) = e2µ+σ (eσ − 1).
(51)
Satz
Sei X ∼ LN(µ, σ 2 ). Dann ist Y := lnX normalverteilt mit den Parametern µ und σ 2
(Y ∼ N (µ, σ 2 )).
B: Additive Irrfahrten
B1: Additiver Binomialprozess
Seien u, d > 0 und Zi unabhängige Zufallsvariablen mit
(
u
mit Wahrscheinlichkeit p
Zi =
−d mit Wahrscheinlichkeit 1 − p.
Dann heißt Mt :=
t
P
Zi additiver Binomialprozess.
i=1
B2: Unabhängige Zuwächse
Es gilt für q > t ≥ v > r > 0:
• Mq − Mt ist unabhängig von Mv (insbesondere von Mt )
• Mq − Mt ist unabhängig von Mv − Mr .
B3: Wiener Prozesse (Brown’sche Bewegung)
Übergang zu stetigen Prozessen
Seien Zi unabhängige Zufallsvariablen mit
(
a
mit Wahrscheinlichkeit
Zi =
−a mit Wahrscheinlichkeit
und a =
√
1
2
1
2
s mit s > 0 sowie
n(t,s)
Mts
:=
X
Zi ,
i=1
10
t≥0
(52)
mit a Sprunghöhe, s Sprungabstand und n(t, s) Anzahl der Sprünge bis einschließlich t.
Standard Wiener Prozess
Der Standard Wiener Prozess bzw. die Standard Brown’sche Bewegung ist definiert durch den
folgenden Grenzübergang:
{Mts |t ≥ 0} −→ {Wt |t ≥ 0}.
s→0
√
a= s
(53)
Es gilt für q > t ≥ v > r > 0:
• Wt ∼ N (0, t)
• Wq − Wt ∼ N (0, q − t)
• Wq − Wt ist unabhängig von Wv (insbesondere von Wt )
• Wq − Wt ist unabhängig von Wv − Wr
• cov(Wq , Wt ) = t.
B4: Allgemeiner Wiener Prozess
Für den allgemeinen Wiener Prozess
Xt = µt + σWt
(54)
Xt+∆ − Xt = µ∆ + σZ∆
(55)
gilt:
• Xt ∼ N (µt, σ 2 t)
• cov(Xq , Xt ) = min(q, t)σ 2 .
Mit
ist der Zuwachs für den allgemeinen Wiener Prozess gegeben (∆ > 0). Dabei gilt:
• Z∆ ∼ N (0, ∆)
• Xt+∆ − Xt ∼ N (µ∆, σ 2 ∆).
C: Geometrischer Wiener Prozess
Sei Xt = µt + σWt , dann heißt Yt := eXt geometrischer Wiener Prozess. Es gilt:
• Yt ∼ LN (µt, σ 2 t)
Y
• ln t+∆
∼ N (µ∆, σ 2 ∆) mit ∆ > 0.
Yt
11
D: Gestutzte Verteilungen
Sei X eine diskrete Zufallsvariable und a ∈ R mit P (X ≤ a) > 0. Die nach oben im Punkt a
gestutzte Zufallsvariable (X|X ≤ a) besitzt die Verteilung
(
P (X=x)
falls x ≤ a
P (X = x|X ≤ a) = P (X≤a)
(56)
0
falls x > a
Sei X eine stetige Zufallsvariable mit Dichte f , a ∈ R mit
Ra
f (x)dx > 0. Die nach oben im
−∞
Punkt a gestutzte Zufallsvariable (X|X ≤ a) besitzt die Dichte

f (x)

x≤a

Ra

 f (y)dy
f (x|X ≤ a) = −∞

falls



0
x>a
(57)
Für den Erwartungswert der gestutzten Verteilung gilt
- im diskreten Fall
X
X
1
E(X|X ≤ a) =
xP (X = x)|X ≤ a) =
xP (X = x)
P (X ≤ a)
x≤a
x≤a
- im stetigen Fall
Za
E(X|X ≤ a) =
1
xf (x|X ≤ a)dx =
P (X ≤ a)
−∞
Za
xf (x)dx.
−∞
Im Spezialfall einer normalverteilten Zufallsvariablen X ∼ N (µ, σ 2 ) gilt
a−µ
E(X|X ≤ a) = µ + σ · λ
σ
mit
λ(z) = −
ϕ(z)
,
Φ(z)
1
1
2
ϕ(z) = √ e− 2 (z) .
2π
(58)
(59)
E: Austauschbare Zufallsvariablen
X1 , . . . , Xn heißen austauschbar, wenn für jede Permutation Xi1 , . . . , Xin gilt:
P (X1 ≤ a, X2 ≤ b, . . . , Xn ≤ z)
= P (Xi1 ≤ a, Xi2 , ≤ b, . . . , Xin ≤ z) für alle a, b, . . . , z.
(Für n = 2 gilt: X1 , X2 heißen austauschbar, falls
P (X1 ≤ a, X2 ≤ b) = P (X2 ≤ a, X1 ≤ b) für alle a, b)
Folgerungen
• Sind X1 , . . . , Xn i.i.d., so sind X1 , . . . , Xn austauschbar.
12
(60)
• Sind X1 , . . . , Xn austauschbar, so sind X1 , . . . , Xn identisch verteilt.
Satz (de Finetti, 1937 bzw. 1970)
Seien Xi ∼ B(1, p) (1 ≤ i ≤ n). X1 , . . . , Xn sind genau dann austauschbar, wenn eine
Verteilungsfunktion F mit F (0) = 0, F (1) = 1 existiert, so dass gilt:
Z1
P (X1 = x1 , . . . , Xn = xn ) =
0
13
θΣxi (1 − θ)n−Σxi dF (θ)
(61)
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