Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung 1 1 Statistik und Wahrscheinlichkeit Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Relative Häufigkeit ORIGIN = 0 Alle Berechnungen erfolgen mit dem Rechenprogramm MathCad. Die relative Häufigkeit h errechnet sich aus der Anzahl der interessierenden Ereignisse nint und der Gesamtzahl der Ereignisse n eines Zufallsexperiments. Rechenbeispiel nint := 36 n := 100 h := nint h = 0.36 n Ist das interessierende Ereignis nicht eingetreten, hat die relative Häufigkeit den Wert h = 0. Ein mit Sicherheit eintretendes Ereignis hat die relative Häufigkeit h = 1. Wahrscheinlichkeit Mit wachsender Gesamtzahl n der Ereignisse schwankt die relative Häufigkeit h immer weniger um einen bestimmten Wert, der als Wahrscheinlichkeit Q gedeutet wird. Ereignisalgebra [6] S.13 [9] S.51 Die Berechnung von Ereignissen sowie deren Wahrscheinlichkeiten, mit denen sie eintreten, lässt sich auf die Berechnung von Mengen zurückführen. Es gelten die Gesetzmäßigkeiten der Mengenlehre. AI B =0 Unvereinbare Ereignisse A und B AI B ≠ 0 Vereinbare Ereignisse A und B S Ereignisraum oder sicheres Ereignis A und B Ereignisse A Komplementärereignis zu A A tritt dann ein, wenn das Ereignis A nicht eintritt. B Komplementärereignis zu B Morgansche Regeln B tritt dann ein, wenn das Ereig nis B nicht eintritt. Vereinigung (Vereinigungsmenge) A U B tritt dann ein, wenn eines der Ereignisse A oder B eintritt. AU B =A + B − A IB AU B = A IB AI B = A UB A U B = ( A I B ) U ( A I B) U ( A I B) Durchschnitt (Schnittmenge) A I B tritt dann ein, w enn gleichzeitig das Ereignis A und B eintritt. Die folgenden Venn-Diagramme lassen den Zusammenhang zwischen Ereignis- und Mengenalgebra erkennen. Ein Ereignis ist das Ergebnis oder der Ausgang einer Versuchsdurchführung. Ein Ereignis ist im Sinne der Statistik und Wahrscheinlichkeit zufällig und nicht vorhersehbar. Anwendungsgebiete der Statistik und Wahrscheinlichkeit Spiele und Unterhaltung: Urnenexperiment, Glücksrad, Würfel, Roulette, Lotterie, Toto, Lotto, Fußballwette usw. Wissenschaft: Physik, Biologie, Medizin, Ethnologie, Industrie usw. S A U _ B S _ A B U U A A B A UB B 19.5.2004 Axiome.mcd Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung 2 S 2 S B A _ B _ A S S B A B B A U U A B A A U A UB B Additionsregel Additions- und Multiplikationsregel werden durch das Venn-Diagramm verdeutlicht. Für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit von Ereignissen gelten die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie für die Berechnung von Mengen in der Mengenlehre. Für vereinbare Ereignisse A und B gilt die Additionsregel Q ( A U B) = Q ( A) + Q( B) − Q ( A I B) . Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Ereignisses mit mehreren Ausprägungen (Merkmalen) in einem Zufallsexperiment ist die Summe der Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Ausprägungen, wenn bei der Aktion, die das Zufallsexperiment ausmacht, das Ereignis der ersten oder der zweiten oder einer weiteren Ausprägung erwartet wird. Sind die Ereignisse teilweise vereinbar, müssen auch die Schnittmengen der entsprechenden Ereignisse berücksichtigt werden. Rechenbeispiel Beim Würfelexperiment (Würfelspiel) mit einem Würfel (Hexaeder) beträgt die Anzahl der interessierenden Ereignisse nint := 1 . Die Gesamtzahl der möglichen unvereinbaren Ereignisse beträgt gemäß der Anzahl der ebenen Begrenzungsflächen des Hexaeders n := 6 . Die Wahrscheinlichkeit Q, beim Würfelexperiment mit einem Würfel eine bestimmte vor dem Wurf festgelegte Augenzahl auf der oben liegenden Würfelfläche zu erhalten, beträgt unter Voraussetzung der Gleichwahrscheinlichkeit aller Vorgänge und der Benutzung eines idealen Würfels (Hexaeder) −1 Q := nint ⋅ n Rechenbeispiel . Q = 0.167 Variable und Parameter k := 2 Anzahl der erwarteten Ereignisse Bei Wahl der Rechenoption ORIGIN = 0 in MathCad wird der Index des ersten Elementes eines Feldes auf Null gesetzt. Diese Einstellung muss bei der iterativen Addition und Multiplikation beachtet werden. Die Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel und einem Wurf eine von k vorher festgelegten, beliebigen, als Wurfergebnis erwarteten Augenzahlen zwischen 1 und 6 zu würfeln, beträgt nach Anwendung der Additionsregel und bei Anwendung der iterativen Addition nach MathCad mit Hilfe einer Matrix 19.5.2004 Axiome.mcd Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung 3 6− 1 Q := −1 6 3 k −1 0.167 Q= 0.167 Q0 = 0.167 Q1 = 0.167 k := 2 Q := ∑ Qi Q = 0.333 . i = 0 Im vorliegenden Fall ist die vorher festgelegte Augenzahl k = 2. Die Nummerierung der Einzelwahrscheinlichkeiten beginnt mit i = 0 (Startindex) und reicht bis k -1 bei der iterativen Summation nach MathCad. Multiplikationsregel Die Multiplikationsregel lässt sich durch das gleiche Venn-Diagramm verdeutlichen wie die Additionsregel. Q ( A I B ) = Q( B) ⋅ QB (A ) Voraussetzung Q( B) ≠ 0 QB(A) ist die durch B bedingte Wahrscheinlichkeit von A. Q ( A I B) = Q ( A) ⋅ QA ( B) Voraussetzung Q (A) ≠ 0 QA(B) ist die durch A bedingte Wahrscheinlichkeit von B. Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Ereignisses mit mehreren Ausprägungen (Merkmalen) in einem Zufallsexperiment, ist das Produkt der Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Ausprägungen, wenn bei der Aktion, die das Zufallsexperiment ausmacht, das Ereignis der ersten sowohl als auch der zweiten und einer weiteren Ausprägung erwartet wird. Die Berechnung von Ereignissen sowie deren Wahrscheinlichkeiten, mit denen sie eintreten, lässt sich auf die Berechnung von Mengen und deren Gesetzmäßigkeiten zurückführen. Handelt es sich bei den Ereignissen A und B um unabhängige Ereignisse, entfällt die bedingte Wahrscheinlichkeit und wird durch die bedingungslose Wahrscheinlichkeit Q(A) bzw. Q(B) ersetzt. Q ( A I B) = Q( B ) ⋅ Q (A) Rechenbeispiel Variable und Parameter k := 2 Anzahl der Würfel Die Wahrscheinlichkeit, mit einem einem Wurf und k (farbig) gekennzeichneten Würfeln eine vorher festgelegte Konstellation von k den Würfeln zugeordneten Augenzahlen (erwartete Ereignisse) zu würfeln, beträgt bei Anwendung der iterativen Multiplikation nach MathCad mit Hilfe einer Matrix Auswertung 6 −1 6 ORIGIN = 0 −1 Q := k −1 0.167 0.167 Q= Q0 = 0.167 Q1 = 0.167 Q := ∏ Qi Q = 0.028 . i = 0 Die Nummerierung der Einzelwahrscheinlichkeiten beginnt mit i = 0 (ORIGIN = 0 ) und reicht bis k -1 bei der iterativen Multiplikation nach MathCad. Im vorliegenden Fall handelt es sich um k = 2 Würfel. Würfelexperiment Die Produkt- und Additionsregel soll mit Hilfe der relativen Häufigkeit und der Abzählmethode an einem weiteren Würfelexperiment unter Verwendung von zwei Würfeln nachgeprüft werden. Es soll untersucht werden mit welcher Wahrscheinlichkeit eine vorher festgelegte Augensumme der beiden Würfel erreicht werden kann. Das Experiment soll die Axiome plausibel machen, nicht aber beweisen. Das würde dem Charakter der Axiome widersprechen. Rechenbeispiel Variable und Parameter k := 6 Augenzahl je Würfel i := 0 .. k − 1 Zählvariable Erstellen einer Matrix mit den möglichen Augensummen beim Würfeln mit zwei Würfeln ai := 1 b i := i + 1 c := a + b d := c + a e := d + a f := e + a g := f + a Die Matrizenrechnung in MathCad erlaubt es, die Zahlenverhältnisse bei dem Würfelexperiment anschaulich darzustellen. 19.5.2004 Axiome.mcd Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung 4 1 1 1 a= 1 1 1 1 2 3 b= 4 5 6 2 3 4 c= 5 6 7 3 4 5 d= 6 7 8 4 4 5 6 e= 7 8 9 5 6 7 f= 8 9 10 h1 := erweitern ( a , b ) h2 := erweitern ( 2 ⋅ a , b ) h3 := erweitern ( 3 ⋅ a , b ) h4 := erweitern ( 4 ⋅ a , b ) h5 := erweitern ( 5 ⋅ a , b ) h6 := erweitern ( 6 ⋅ a , b ) 6 7 8 g= 9 10 11 m := erweitern ( h1 , h2 , h3 , h4 , h5 , h6) n := erweitern ( a + b , 2 ⋅ a + b , 3 ⋅ a + b , 4 ⋅ a + b , 5 ⋅ a + b , 6 ⋅ a + b ) Mögliche Augenzahlen der beiden Würfel 0 1 2 3 4 5 6 7 Mögliche Augensummen 8 9 0 1 1 2 1 3 1 4 1 5 1 6 1 1 1 2 2 2 3 2 4 2 5 2 6 2 m= 2 1 3 2 3 3 3 4 3 5 3 6 3 3 1 4 2 4 3 4 4 4 5 4 6 4 4 1 5 2 5 3 5 4 5 5 5 6 5 5 1 6 2 6 3 6 4 6 5 6 6 6 ( ( 〈 0〉 〈 1〉 〈 2〉 〈 3〉 〈 4〉 〈 k − 1〉 l := sort stapeln n , n , n , n , n , n 2 3 4 n= 5 6 7 10 11 )) [5] S.531 Anzahl gleicher Augensummen zeilen ( vergleich( 2 , l) ) = 1 p0 , 0 := zeilen ( vergleich( 2 , l) ) p0 , 0 = 1 zeilen ( vergleich( 3 , l) ) = 2 p0 , 1 := zeilen ( vergleich( 3 , l) ) p0 , 1 = 2 zeilen ( vergleich( 4 , l) ) = 3 p0 , 2 := zeilen ( vergleich( 4 , l) ) p0 , 2 = 3 zeilen ( vergleich( 5 , l) ) = 4 p0 , 3 := zeilen ( vergleich( 5 , l) ) p0 , 3 = 4 zeilen ( vergleich( 6 , l) ) = 5 p0 , 4 := zeilen ( vergleich( 6 , l) ) p0 , 4 = 5 zeilen ( vergleich( 7 , l) ) = 6 p0 , 5 := zeilen ( vergleich( 7 , l) ) p0 , 5 = 6 zeilen ( vergleich( 8 , l) ) = 5 p0 , 6 := zeilen ( vergleich( 8 , l) ) p0 , 6 = 5 zeilen ( vergleich( 9 , l) ) = 4 p0 , 7 := zeilen ( vergleich( 9 , l) ) p0 , 7 = 4 zeilen ( vergleich( 10 , l) ) = 3 p0 , 8 := zeilen ( vergleich( 10 , l) ) p0 , 8 = 3 zeilen ( vergleich( 11 , l) ) = 2 p0 , 9 := zeilen ( vergleich( 11 , l) ) p0 , 9 = 2 zeilen ( vergleich( 12 , l) ) = 1 p0 , 10 := zeilen ( vergleich( 12 , l) ) p0 , 10 = 1 19.5.2004 5 6 4 5 6 7 5 6 7 8 6 7 8 9 7 8 9 10 8 9 10 11 12 7 8 9 10 11 ORIGIN = 0 Augensummen und ihre Häufigkeit Anzahl der möglichen Augensummen 3 4 zeilen ( l) = 36 Axiome.mcd Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung 5 0 p= 0 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 5 8 4 9 3 2 5 10 1 Wahrscheinlichkeit Q für das Zustandekommen von gleichen Augensummen mit p Summanden Q := stapeln p , 0 Q= 0 zeilen ( l) p 1 1 2 2 3 3 i := 0 .. 10 Wahrscheinlichkeit Q 4 4 5 5 6 6 7 8 5 4 Zählvariable 9 3 10 2 1 1 0.028 0.056 0.083 0.111 0.139 0.167 0.139 0.111 0.083 0.056 0.028 Je mehr Möglichkeiten es für die Bildung einer bestimmten Augensumme gibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, diese Augensumme zu erzielen (Additionsregel). Je mehr Würfel an dem Experiment teilnehmen umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Augenzahl zu erzielen (Multiplikationsregel). 0.2 6 4 Q1 , i p0 , i 0.1 2 0 5 10 0 5 i Wahrscheinlichkeit 10 i Anzahl der möglichen Augensummen Unmögliches Ereignis Das unmögliche Ereignis U ist durch die Wahrscheinlichkeit Q(U) = 0 gekennzeichnet. Sicheres Ereignis Das sichere Ereignis S ist durch die Wahrscheinlichkeit Q(S) = 1 gekennzeichnet. Es tritt dann mit Sicherheit irgendein Ereignis aus dem Ereignisraum ein. Unabhängigkeit Von z.B. zwei Ereignissen A und B beeinflusst das Ereignis A nicht das Ereignis B. Das Ereignis B ist vom Ereignis B unabhängig. Kriterium für die Wahrscheinlichkeit zweier unabhängiger Ereignisse A und B: Q ( A I B) = Q( B ) ⋅ Q (A) Unvereinbarkeit Die Ereignisse schließen sich gegenseitig aus. Von zwei Ereignissen tritt entweder das eine oder das andere ein. Dadurch sind sie aber voneinander abhängig. Kriterium für die Wahrscheinlichkeit zweier unvereinbarer Ereignisse A und B: Q( A I B ) = 0 19.5.2004 Axiome.mcd Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung 6 6 Bedingung Von z.B. zwei Ereignissen A und B kann Ereignis A unter der Bedingung geschehen, dass das Ereignis B eintritt und das Ereignis B kann unter der Bedingung geschehen, dass das Ereignis A eintritt. Kriterium für die bedingte Wahrscheinlichkeit zweier Ereignisse A und B: Q ( A I B ) = Q( A) ⋅ QA ( B) = Q (B ) ⋅ QB ( A) Normierung Wenn die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten irgendeines, also eines nicht bestimmten Ereignisses aus dem gesamten Ereignisraum gleich 1 ist, dann muss das Integral der Wahrscheinlichkeitsdichte über den gesamten Ereignisraum gleich 1 sein. Diese Bedingung muss von der Wahrscheinlichkeitsdichte notwendigerweise erfüllt werden. Das Integral erstreckt sich über den gesamten Definitionsbereich der Wahrscheinlichkeitsdichte. Andererseits kann jede mathematische Funktion, die diese Bedingung erfüllt, als Wahrscheinlichkeitsdichte fungieren oder mit Hilfe der Normierung dazu gemacht werden. In der Statistik sind viele solcher Funktionen bekannt, z.B. die Wahrscheinlichkeitsdichte der Gaußschen Normalverteilung. Einzelheiten und Rechenbeispiele sind in den Kapiteln Diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung und Stetige Wahrscheinlichkeitsverteilung zu finden. Axiome 1. Anwendungen und Definitionen in der Ereignisalgebra (Mengenlehre) 2. Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses A Q(A) wird durch eine nicht negative reelle Zahl angegeben. Die Wahrscheinlichkeit des sicheren Ereignisses S beträgt Q(S) = 1 Die Wahrscheinlichkeit des unmöglichen Ereignisses U beträgt Q(U) = 0 3. Additions- und Multiplikationsregel Jedes statistische Problem bedarf einer sorgfältigen Analyse. Nur die formale Anwendung der Axiome führt nicht zum Ziel. Der Vorgang, Zustand oder dgl., über den eine statische Aussage gemacht werden soll, muss zuerst mit allen Konsequenzen durchdacht werden. Man unterscheidet die beschreibende und die beurteilende Statistik. In der beschreibenden Statistik wird ungeordnetes Datenmaterial (Rohdaten, Urlisten, Bandaufzeichnungen, Erhebungen, Beobachtungen usw.) geordnet, ausgewertet, grafisch aufbereitet und rechnerisch hinsichtlich der interessierenden Maßzahlen (Mittelwert, Streuung usw.) untersucht. In der beurteilenden Statistik werden aus den gewonnen Daten Rückschlüsse gezogen, die die Probleme in dem untersuchten Bereich lösen oder eine Verbesserung und Weiterentwicklung ermöglichen sollen. Da bei jedem Ordnen und Zusammenfassen von Daten Einzelheiten verloren gehen, muss die rechnerische Aufbereitung und Auswertung mit großer Sach- und Fachkenntnis auf dem untersuchten Gebiet vorgenommen werden, damit aus der Statistik auch Nutzen gezogen werden kann. 19.5.2004 Axiome.mcd