Ratgeber Parkinson - MediClin Hedon

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Ratgeber Parkinson
MediClin Hedon Klinik
Lingen
Klinik für Neurologie und Neurologische Frührehabilitation
Fachklinik für neurologische Rehabilitation
Fachklinik für orthopädische und traumatologische Rehabilitation
Neuro-orthopädisches Kompetenzzentrum
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Prävention l Akut l Reha l Pflege
MediClin – Ein Unternehmen der Asklepios Gruppe
Inhalt
01 Einführungl 03
02 Bewegungsstörungen – die Grundlagen l 04
03 Ursachen, Symptome und Diagnostik der Parkinson-Krankheit
l 06
04 Welche Behandlungsmöglichkeiten der Parkinson-Krankheit gibt es?
l 08
Behandlungsansätze bei motorischen und nicht motorischen Symptomen l 09
der Parkinson-Krankheit
Krankengymnastik l 10
Ergotherapie l 12
Schmerzen und Schmerztherapiel 13
Schluckstörungenl 14
Sprechstörungenl 16
Kognitive Symptomel 19
Neuropsychiatrische Symptomel 19
© MediClin
Stand: Juni 2015
Z / Öffentlichkeitsarbeit, Offenburg
Autor: Dr. med. Jürgen Bonnert, Chefarzt Neurologie
MediClin Reha-Zentrum Reichshof, Reichshof-Eckenhagen
Fotos: Fotolia
Satz und Layout: Tine Klußmann, www.TineK.net
02 l
01 Einführung
Liebe Patientinnen und Patienten,
mit dieser Broschüre möchten wir Ihnen wichtige Informationen über das Thema Parkinson und andere Bewegungsstörungen geben. Uns ist es ein besonderes Anliegen, Sie
neben den ausführlichen Informationen, die Sie im Rahmen
Ihres Rehabilitationsaufenthaltes bekommen, auch mit Informationen zum Nachlesen und für zu Hause zu unterstützen. Die Broschüre klärt über Ursachen, Symptome und
Behandlungsmöglichkeiten auf.
Unter Bewegungsstörungen verstehen wir in der Neurologie
eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen es durch unterschiedliche Auslöser in bestimmten Hirnregionen zu Überoder Unterbewegungen (Bewegungsverarmung) kommt.
Hierbei sind meist Regelkreisläufe des Gehirns gestört. Die
häufigste und hinlänglich bekannteste Bewegungsstörung
ist die Parkinson-Erkrankung. Hierbei kommt es in Folge einer Erkrankung bestimmter Hirnregionen zu einer Verlangsamung von Bewegungs- und Denkabläufen.
Exemplarisch für die Gruppe der Bewegungsstörungen soll
anhand der Parkinson-Krankheit ein Verständnis für die
Störungen des Regelkreislaufes sowie Möglichkeiten der
Behandlung vermittelt werden. Diese Broschüre thematisiert darüber hinaus auch andere weit verbreitete Bewegungsstörungen.
Die Parkinson-Krankheit hat in der Neurologie eine große
Bedeutung, sie ist etwa so häufig wie die Multiple Sklerose
und wird zu den degenerativen Erkrankungen gezählt. Die
Erkrankung wurde erstmals 1817 von dem englischen Arzt
James Parkinson beschrieben und wird im deutschsprachigen Raum auch als Schüttellähmung bezeichnet.
l 03
02 Bewegungsstörungen – die Grundlagen
Neben der Parkinson-Krankheit, die im Rahmen dieser Broschüre ausführlich thematisiert wird, zählen das Restlesslegs-Syndrom und der essenzielle Tremor zu den häufigsten
Bewegungsstörungen.
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Der essenzielle Tremor ist die häufigste Form des krankheitsbedingten Zitterns. Er stellt im Gegensatz zu vielen anderen
Tremorformen nicht nur ein Begleitsymptom, sondern eine autonome Erkrankung dar. Er tritt als weitgehend eigenständiges
Symptom auf und kann gut gegenüber anderen Erkrankungen abgegrenzt werden. Insgesamt nehmen das Auftreten und die
Häufigkeit der Erkrankung im höheren Lebensalter (ab ca. 65 Jahren) deutlich zu. Der essenzielle Tremor betrifft Männer und
Frauen in gleichem Maße. Mitunter kann der essenzielle Tremor im Krankheitsverlauf in eine Parkinson-Krankheit übergehen,
daher lässt sich die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen der Parkinson-Krankheit und dem essenziellen
Tremor heute noch nicht beantworten.
Bzgl. der Entstehung des essenziellen Tremors kommen sowohl genetische als auch Umweltfaktoren (z.B. Blei) in Betracht,
wobei deren Bedeutung noch nicht abschließend beurteilt werden kann.
Das Restless-legs-Syndrom (RLS) wurde erstmals 1672 beschrieben. 1945 erfolgte durch den schwedischen Neurologen Ekbom eine ausführliche wissenschaftliche Darstellung mit fast allen uns heute bekannten Aspekten des Krankheitsbildes.
Das Restless-legs-Syndrom, Syndrom der ruhelosen Beine, ist durch vier Kriterien charakterisiert:
Einen nahezu unwiderstehlichen Drang, die Beine, selten auch Arme zu bewegen (Bewegungsdrang).
Dieses Phänomen ist meistens, aber nicht notwendigerweise, von unangenehmen sensiblen Störungen unterschiedlicher
Qualität oder Schmerzen in den Beinen begleitet.
Die Symptome treten fast ausschließlich in Ruhe auf, z.B. im Liegen oder Sitzen.
Die Symptome pausieren oder verringern sich während der Bewegung der betroffenen Glieder.
Die Symptome verstärken sich am Abend und zur Nacht.
Damit umfasst das Restless-legs-Syndrom in der Regel drei Komponenten, nämlich Bewegungsdrang, Schmerzen und Schlafstörungen. Das RLS beeinträchtigt bei deutlicher Ausprägung erheblich den Schlaf, den Tagesablauf und die Lebensqualität der
Betroffenen. Das Restless-legs-Syndrom ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen und gilt als die häufigste neurologische Schlafstörung.
Man geht davon aus, dass das Restless-legs-Syndrom eine komplex-genetische Erkrankung ist und bei der Entstehung sowohl
genetische als auch nicht genetische Faktoren eine Rolle spielen. Eine Reihe exogener Faktoren, wie beispielsweise Eisenmangel,
bestimmte Medikamente, dialysepflichtige Niereninsuffizienz oder Erkrankungen des peripheren Nervensystems oder des
Rückenmarks können die Erkrankung auslösen oder verstärken.
Darüber hinaus gehören in die Gruppe der Bewegungserkrankungen aber auch seltenere Störungen wie Ataxien, die
Huntington-Krankheit, Dystonien, die Wilson-Krankheit, Myoklonus, das Tourette-Syndrom oder Tics. Die überwiegende Zahl der Bewegungsstörungen beruht dabei auf Fehlfunktionen verschiedener Hirnregionen, wie der Basalganglien, im
Kleinhirn, des Hirnstamms und des Rückenmarks.
l 05
03 Ursachen, Symptome und Diagnostik der Parkinson-Krankheit
Die Parkinson-Krankheit als eine der wichtigsten
Bewegungserkrankungen zeigt ein deutlich altersabhängiges Auftreten. So beginnt die Erkrankung bei nur
etwa 4 % der Patienten vor dem 51. Lebensjahr und
etwa 1 bis 2 % der Bevölkerung über 65 Jahren leidet
an der Parkinson-Krankheit.
Wie entscheidend also der Risikofaktor Alter ist, lässt
sich daran zeigen, dass jenseits des 50. Lebensjahres
das Risiko, an Parkinson zu erkranken, mit jedem Jahr
um 9 % wächst. Bis zu 30 % des Parkinson-Risikos
lässt sich durch erbliche Faktoren erklären. Die wesentlichen Ursachen für die Zellschädigung im Gehirn
bei der größten Gruppe der Parkinson-Erkrankten
sind jedoch letztlich unbekannt.
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Die Leitsymptome der Parkinson-Krankheit
Rigor (Muskelstarre)
Bradykinese (verlangsamte Bewegungen),
welche bis zur Akinese (Bewegungslosigkeit) führen kann
Tremor (Muskelzittern)
Posturale Instabilität
(Haltungsinstabilität mit Sturzneigung).
Neben den sichtbaren Symptomen treten typischerweise aber auch nicht sichtbare und dennoch typische
Symptome der Parkinson-Erkrankung auf, die in weiteren vier Gruppen zusammengefasst werden:
die sogenannten neuropsychiatrischen Störungen
mit Störung der Stimmung (Depression), Antriebsarmut,
Denkstörungen und Gedankenstörungen sowie Störung
der Impulskontrolle,
die Gruppe der Schlafstörungen mit häufigem Erwachen
und dadurch folgender erhöhter Tagesmüdigkeit,
die Gruppe der autonomen Funktionsstörungen mit
Störung der Blutdruckregulation, Störung der Blasenund Darmkontrolle,
die Gruppe der Sinnesstörungen mit Minderung der
Riechfähigkeit, Minderung der Farbwahrnehmungsfähigkeit und Schmerzen.
Daher muss bei der Diagnosefindung der Parkinson-Erkrankung der Blick neben den sichtbaren motorischen Symptomen auch auf die nicht sichtbaren Symptome gelenkt
werden. Dies ist sehr wichtig, da einige Symptome, wie die
Geruchsstörung, Störung der Stimmung, das gestörte Farbensehen und Verhaltensauffälligkeiten im Schlaf, häufig als
Erstsymptome noch vor dem Sichtbarwerden der Bewegungsstörung auftreten. Das Auftreten von Stürzen, Denkund Gedankenstörungen hingegen nimmt eher im späteren
Verlauf der Erkrankung zu.
Die Diagnose stützt sich im Wesentlichen auf die klassischen
erkennbaren Symptome, den langsam schleichenden Verlauf
und die Einseitigkeit zu Beginn der Erkrankung. Verschiedene
Untersuchungen können jedoch bereits in der frühen Phase
der Erkrankung zur Diagnosesicherung beitragen. Hier sind
insbesondere der DAT-Scan in der Bildgebung, der Geruchstest in der Praxistestung und ergänzende neuropsychologische Testuntersuchungen zu erwähnen. Zur weiterführenden Diagnostik werden die Schlafdiagnostik, elektrophysiologische Messungen, Laboruntersuchungen, die Bildgebung sowie der L-Dopa-Test eingesetzt.
Für die Einleitung einer Therapie ist aber immer der Therapiewunsch des Patienten entscheidend.
l 07
04 Welche Behandlungsmöglichkeiten der Parkinson-Krankheit gibt es?
Einen grundsätzlich heilenden Therapieansatz für die Parkinson-Krankheit gibt es leider nicht, dennoch gibt es ein breites Spektrum verschiedener Therapieansätze, die den Krankheitsverlauf mehr oder weniger deutlich beeinflussen können. Dabei werden die Behandlung der motorischen und der nicht motorischen Symptome unterschieden. Die Therapie
der Parkinson-Krankheit sollte dabei rechtzeitig beginnen, altersgerecht und effektiv sein.
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Behandlungsansätze bei motorischen und nicht
motorischen Symptomen der Parkinson-Krankheit
Bei den motorischen Symptomen steht die medikamentöse
Therapie im Vordergrund und hier insbesondere die Behandlung des Dopaminmangels im Gehirn. Zur medikamentösen
Therapie werden fünf Substanzgruppen (Levodopa, COMTHemmer, MAO-Hemmer, NMDA-Antagonisten, Dopaminagonisten) eingesetzt, die in Abhängigkeit von ihren gewünschten Wirkungen und unerwünschten Begleitwirkungen
kombiniert eingesetzt werden können. Hierbei ist die tageszeitliche Bindung und Ausprägung der Symptome bedeutsam für die Verteilung der Medikamente im Tagesverlauf
(Chronotherapie).
Die medikamentöse Behandlung kann ambulant oder stationär erfolgen, wobei die stationäre Einstellung den Vorteil
bietet, durch tägliche ärztlich-therapeutisch-pflegerische
Kontakte den Therapieerfolg zu kontrollieren und anzupassen. Häufige Nebenwirkungen der Parkinson-Therapie sind
Magen-Darm-Unverträglichkeiten mit Appetitlosigkeit, Übelkeit bis hin zum Erbrechen sowie psychische Nebenwirkungen mit Unruhe, erhöhter Traumaktivität bis hin zu Sinnestäuschungen.
In den vergangenen Jahren hat sich zunehmend neben der
medikamentösen Therapie ein operatives Therapieverfahren
zur Tiefen Hirnstimulation etabliert. Hierbei werden drei ausgewählte Hirnregionen bevorzugt über Elektroden und einen
unter der Haut implantierten Schrittmacher, der von außen
gesteuert werden kann, stimuliert. Neben den typischen
Nebenwirkungen eines chirurgischen Eingriffs zeigen die
operativen Verfahren eine gute bis sehr gute Wirksamkeit
mit einem vertretbaren Nebenwirkungsprofil. Die Tiefe Hirnstimulation ist mittlerweile eine etablierte Behandlungsmethode für Patienten mit fortgeschrittener Parkinson-Therapie,
die unter medikamentös nicht ausreichend kontrollierbaren
Behandlungskomplikationen leiden.
Bei der Behandlung nicht motorischer Symptome stehen
die neuropsychiatrischen und kognitiven Funktionsstörungen
ganz im Vordergrund. Hierbei kommt neben der sorgfältigen Kontrolle und Anpassung der medikamentösen Therapie auch die medikamentöse Behandlung symptomorientiert
zum Einsatz, wie beispielsweise die Behandlung von Stimmungsstörungen, Schlafstörungen, Denkstörungen und Impulskontrollstörungen.
Neben den motorischen und nicht motorischen Symptomen
leiden Parkinson-Patienten immer wieder unter Störungen
der autonomen Funktionen. Hier ist vor allem die Blutdruckregulation, die Regulation der Blasenfunktion, die Regulation
der Sexualfunktionen und die Regulation der Darmfunktion
zu nennen. Auch hier kommen pragmatische medikamentöse
Therapieansätze zum Einsatz.
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Krankengymnastik
Die Krankengymnastik oder auch Physiotherapie ist
ergänzend zur medikamentösen Therapie der wichtigste
Bestandteil der Therapie bei Parkinson.
Sollte bei Parkinson Steifheit (Rigor), Zittern (Tremor) oder
Bewegungsarmut (Hypokinese) vorliegen, kommt es zu
Veränderungen im Bewegungsverhalten und der Haltung
des Betroffenen. Die Hauptaufgabe der Physiotherapie ist
die Verbesserung der Haltungskontrolle (Posturale Kontrolle) zur Verbesserung des Gleichgewichts und die Verminderung des Sturzrisikos.
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Charakteristisch für die Parkinson-Krankheit ist die starke
Vorneigung des Oberkörpers, länger anhaltend ist die Bewegung der Hüfte stark eingeschränkt, was kleine Trippelschritte
verursacht. Um weiterhin geradeaus schauen zu können, ist
der Betroffene gezwungen, den Kopf stark in den Nacken zu
nehmen und das Kinn nach vorne zu schieben. Das hat nicht
nur Auswirkungen auf das Gehen, sondern kann sich auch
negativ auf die Sprach- und Schluckfunktionen auswirken.
Durch diese Kompensationshaltung kommt es zu starken
Verspannungen und Verkürzungen der Muskulatur. Deshalb
ist es besonders wichtig, dass der Physiotherapeut einen sehr
genauen muskulären Befund aufnimmt, um gezielt Bauchund Rückenmuskulatur zu kräftigen. Ebenso müssen verkürzte Muskeln gedehnt und Schmerzen mit bestimmten Techniken gelindert werden.
Erschwert sind nicht nur die alltäglichen Bewegungen, es finden sich auch Auswirkungen auf das Gleichgewicht und das
Sturzrisiko. Um das Sturzrisiko zu minimieren, muss vor allem
die Beweglichkeit der Füße und der Hüften erhalten werden,
da kleine Unsicherheiten zunächst über die Füße und dann
über die Hüften ausgeglichen werden. Erst danach erfolgt
ein Schutzschritt (Stellreflexe). Ebenso gehört eine Angehörigenberatung zur Behandlung, um häusliche Risikofaktoren auszuschließen. In Zusammenarbeit mit der Ergotherapie
sollten geeignete Hilfsmittel ausgewählt werden, dazu zählen
Rollatoren, Handstöcke, Hüftgelenksprotektoren, Greifzangen und andere.
Mitunter kommt es auch zu einem sogenannten „FreezingPhänomen“. Das bedeutet, dass es in der Bewegung zum
„Einfrieren“ kommt, sodass der Betroffene diese nur sehr
schlecht oder gar nicht fortsetzen kann. Dieses Phänomen
tritt häufig bei Verengungen, z. B. Türrahmen, oder bei
Veränderungen des Untergrunds auf. Oft hilft es, ein lautes
Kommando, z. B. „Und los!“ oder „Linker Fuß vor“, zu geben. Manchen Patienten hilft es, über etwas zu steigen. Das
kann z. B. ein Fuß einer anderen Person sein. Auch hierfür gibt
es speziell entwickelte Hilfsmittel, wie z. B. einen Gehstock,
bei dem auf Knopfdruck ein Querstock ausgeklappt werden
kann.
Einige Patienten neigen durch das veränderte Bewegungsverhalten zur Isolation und zum Rückzug aus dem sozialen
Leben. Die Physiotherapie soll helfen, den Spaß an der Bewegung wiederzufinden. Mit einer geeigneten Sportart, wie z. B.
Nordic Walking, kann dieser Effekt weiter verstärkt werden
und gleichzeitig erfolgt ein Training von Herz und Kreislauf.
l 11
Ergotherapie
Die Ergotherapie ist eine medizinische Behandlungsmethode, die die Alltagsfunktionen des Menschen im
Mittelpunkt ihres Bemühens sieht, und widmet sich Menschen mit Einschränkungen der Bewegung, der
Sensibilität sowie der Wahrnehmung sämtlicher Sinnessysteme. Durch Verbesserung oder Wiederherstellung der Bewegungsfunktion soll dem Patienten eine möglichst große Selbstständigkeit und Unabhängigkeit im Alltag ermöglicht werden.
Falls eine Verbesserung oder Wiederherstellung der krankheitsbedingten motorischen und / oder sensiblen
und Sinneseinschränkungen sowie der daraus resultierenden Begrenzungen im Alltag nicht möglich ist,
werden im Rahmen der ergotherapeutischen Therapie verschiedene Hilfsmittel erprobt und deren Umgang in alltäglichen Situationen trainiert.
Hierin liegt der Schwerpunkt der Behandlung – Training von Alltagsfunktionen und Erprobung von Erleichterungen auch durch die Anpassung geeigneter Hilfsmittel.
Parkinson-Patienten werden im Rahmen einer Ergotherapie auch in Bezug auf ihr Wohn- und Arbeitsumfeld beraten. Arbeitsabläufe müssen neu überdacht und gegebenenfalls Schränke umgeräumt werden.
Stolperfallen wie Teppiche und Schwellen sollten entfernt und Haltegriffe im Bad, in der Toilette oder vor
Türen angebracht werden. Stabile Sitzmöbel und ein Bett in der richtigen Höhe sind ebenfalls wichtige
Kriterien für eine hohe Lebensqualität. Selbst eine Unterstützung im Freizeitbereich wird angeboten, wie
zum Beispiel die Abklärung, welche Hilfen für ein bestehendes Hobby gebraucht werden, oder aber, wie
die Freizeit neu gestaltet werden kann.
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Schmerzen und Schmerztherapie
Viele Parkinson-Patienten suchen als erstes wegen ziehender Schmerzen oder Missempfindungen, häufig des
Rückens und der oberen Extremitäten, einen Arzt auf.
Schmerzen bei der Parkinson-Krankheit werden häufig als
krampfartig-ziehender Muskelschmerz wahrgenommen,
aber auch als schmerzhaftes Hitzegefühl, Kribbeln in diffuser oder umschriebener Lokalisation. 37 % der Patienten leiden auch im Verlauf unter chronischen Schmerzen,
die nicht durch andere Ursachen zu erklären sind oder die
in „Off-Phasen“ eine eindeutige Verstärkung zeigen.
Wissenschaftlich diskutiert wird auch eine veränderte
zentrale Schmerzverarbeitung durch die gestörte dopaminerge Regulation. Eine Reihe von Untersuchungen
sprechen für eine erniedrigte Schmerzschwelle bei Parkinson-Patienten.
Die Behandlung erfolgt mit dem Ziel einer Reduktion der
„Off-Phasen“ und Minderung der motorischen Symptome durch physiotherapeutische und pharmakologische
Behandlung.
l 13
Schluckstörungen
Eine Parkinson-Erkrankung führt zu einer Bewegungsstörung. Eine koordinierte Bewegung gelingt, wenn Muskeln
genau im richtigen Moment ziehen oder nachlassen. Der Schluckakt, eine angeborene Fähigkeit, erfolgt unbewusst
und automatisch. Dennoch erfordert ein physiologisches Schlucken stets einen genau aufeinander abgestimmten
Bewegungseinsatz von zahlreichen Muskeln. Zwischen 600 und 2.000 mal in 24 Stunden wird der Schluckakt initiiert.
Er muss zeitgerecht ausgelöst werden und die Bewegungen aller beteiligten Muskeln müssen optimal koordiniert sein.
Das Schlucken erscheint so selbstverständlich, ist aber in Wirklichkeit ein hochkomplexes Zusammenspiel.
Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass die Lippen, die Wangen, der harte und der weiche Gaumen, die Zunge,
der Kehldeckel, die Stimmlippen, die Taschenfalten, die Luftröhre, die Speiseröhre und der Rachen beim Schlucken beteiligt
sind? Der nur wenige Sekunden andauernde Schluckakt lässt sich sogar in verschiedene Phasen aufteilen. Fühlen Sie doch
mal nach, ob Sie die Kauphase, den Transport durch den Mundraum und den Transport durch den Rachenraum unterscheiden können. Vielleicht wird Ihnen die Wichtigkeit einiger der oben genannten Mitspieler nun etwas deutlicher.
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Wenn beim Parkinson-Syndrom durch Steifheit (Rigor), Zittern (Tremor) oder Bewegungsarmut (Hypokinese) sowie
durch eine suboptimale Haltung die Bewegungsfähigkeit
verändert wird, dann kann es auch beim Schlucken zu
Schwierigkeiten kommen. Wie Sie jetzt wissen, muss das
Schlucken ziemlich häufig ausgelöst werden. Oft fällt den Patienten übrigens gar nicht auf, dass sie zu selten schlucken.
Häufig bemerken sie nur eine erhöhte Speichelansammlung
im Mundraum und führen diese fälschlicherweise auf die
Medikamente zurück.
Stellen Sie sich vor, dass bei Ihnen eine sogenannte Dysphagie, eine Schluckstörung, vorliegt. Sie können sich sicherlich
vorstellen, dass diese im Alltag sehr beeinträchtigen kann.
Aber was genau können mögliche Schwierigkeiten beim
Schluckvorgang sein?
Die Dreh- und Mahlbewegungen des Kiefers könnten abnehmen, die Beweglichkeit und die Kraft der Zunge könnten
sich verringern, der Schluckreflex könnte zu spät ausgelöst
werden, die Koordination für den Transport durch den Mundraum könnte gestört sein, sodass Nahrung frühzeitig in den
Rachen überlaufen würde. Die Rachenmuskulatur könnte zu
kraftlos und zu langsam sein, um die Nahrung nach unten zu
befördern, die Kehlkopfbewegung könnte reduziert sein, wodurch der Eingang zur Luftröhre nicht vollständig verschlossen werden würde und die Öffnung der Speiseröhre könnte
verzögert oder zu kurz sein.
Beim Parkinson-Syndrom kann eine Schluckstörung auftreten. Dies ist aber nicht bei allen Patienten der Fall. Es ist
wichtig, Experte für seine eigene Erkrankung zu werden. Sie
müssen wissen, welche Schwierigkeiten auftreten könnten.
Dadurch sind Sie besser vorbereitet und können nötigenfalls
schneller und effektiver handeln.
Die Schlucktherapie bietet je nach Schwere und Ausprägung
der Schluckstörung verschiedene Behandlungsverfahren an.
Sie können Übungen machen, um die Restfunktion zu verbessern (restituierende Verfahren). Hat z. B. die Zungenkraft
nachgelassen, können Übungen für die Kraft und Beweglichkeit der Zunge erarbeitet werden. Sie können Tipps erhalten und Tricks erlernen (kompensatorische Verfahren),
um z. B. durch eine Haltungsveränderung das Schlucken zu
optimieren. Zusätzlich kann eine individuell angepasste Kostform (z. B. weiche und gut gleitfähige oder breiige Nahrung,
angedickte Flüssigkeiten etc.) das Schlucken erleichtern und
sicherer machen.
Bei auftretenden Problemen sollten Sie sich in Absprache mit
Ihrem Arzt so schnell wie möglich in eine logopädische Therapie begeben. Folgen, wie z. B eine Lungenentzündung oder
Mangelernährung, lassen sich dadurch häufiger verhindern.
Denken Sie daran, dass das sichere Schlucken und die Nahrungsaufnahme auch einen starken Einfluss auf Ihre Lebensqualität haben.
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Sprechstörungen
Genauso wie das Schlucken hängt auch das Sprechen von Bewegungsfähigkeiten ab. Sprechen ist ebenfalls viel komplexer, als Sie wahrscheinlich angenommen haben. Ca.120 Muskeln sind dafür verantwortlich, wie man etwas sagt. Die
Sprechweise setzt sich zusammen aus der Atmung, der Stimme, der Aussprache und der Prosodie (Sprechrhythmus,
Betonung, Sprechpausen). Unterstützt und verstärkt wird die verbale Botschaft von Haltung, Mimik und Gestik. Weil
das Sprechen und die nonverbale Kommunikation von der optimalen Mobilität und der Koordination aller beteiligten
Muskeln abhängen, entwickeln ca. zwei Drittel der Parkinson-Patienten im Laufe ihrer Erkrankung eine Sprechstörung,
eine sogenannte Dysarthrie.
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Folgende Merkmale der Bewegungsstörung können sich
auch in den Sprechbewegungen zeigen, nämlich Steifheit
(Rigor), Zittern (Tremor) und Bewegungsarmut (Hypokinese).
Dabei ist anzumerken, dass nicht jedes Merkmal bei jedem
Patienten auftreten muss. Es kann sich z. B. ein isolierter
Stimmtremor entwickeln, dann bestünde ausschließlich eine
Stimmstörung, eine sogenannte Dysphonie. Die Ausprägung
einer Dysarthrie und / oder einer Dysphonie ist individuell verschieden.
Ein zusätzlich häufig vorkommendes Problem ist das „Lautstärke-Dilemma”. Durch Hypokinese und Rigor muss der
Parkinson-Erkrankte viel mehr Kraft aufwenden, um seine
Stimme einzusetzen. Patienten berichten, dass es sich in
den Sprechorganen anfühlt, als ob sie bereits sehr laut sprechen würden. Durch diese Kraftanstrengung wird die eigene
Wahrnehmung verändert. Die Patienten sprechen für die
Zuhörer zu leise, sie selber bekommen aber von ihrem Gehirn
die Information, bereits laut genug zu sprechen.
Sie werden sich sicher fragen, welche hörbaren Veränderungen sich durch Bewegungsarmut, Muskelsteifigkeit und
Zittern beim Sprechen ergeben können. Fehlendes bis nicht
ausreichendes Luftholen vor dem Sprechen könnte ein
schnelles Außer-Atem-Sein und Sprechen auf Restluft bedeuten. Dadurch wäre die Stimme leise und hätte Schwierigkeiten, ihre Lautstärke situationsabhängig anzupassen.
Die Stimme könnte sich durch veränderte Stimmlippenbewegungen rau, heiser oder knarrend anhören und sich
möglicherweise durch einen Tremor zeitweise viel schneller bewegen und somit Nebengeräusche produzieren. Des
Weiteren könnte es zu monotonem Sprechen kommen, falls
die Stimmlippen keine unterschiedlichen Tonhöhen mehr
produzieren und somit die Melodie in der Äußerung fehlen
würde. Durch eine geringe Kieferöffnung, fehlende Lippen-,
Wangen-, Gaumensegel- und Zungenbeweglichkeit könnte
auch die Aussprache unverständlich(er) sein. Eine weitere
Möglichkeit wäre, dass Sie deutlich längere oder veränderte
Pausen beim Sprechen haben und dadurch einen veränderten
Sprechrhythmus bekommen.
Die logopädische Therapie richtet sich auf die Relativierung
dieser Wahrnehmungsveränderung, auf die Verbesserung
der Körperwahrnehmung, auf die Optimierung der Körperhaltung, auf die physiologische Atmung und Erweiterung
der Atemräume, auf die Verbesserung der Stimmproduktion
durch Übungen zur Stimmkräftigung, des Stimmumfangs
und der Lautstärke, auf Verbesserung der Artikulation, auf
die Optimierung der dynamischen Sprechmelodie und auf die
Übertragung des Erlernten in den Alltag.
Sollten Sie selber eine veränderte Sprechweise bemerken
oder von Angehörigen diesbezüglich eine Rückmeldung erhalten, sollten Sie sich in Absprache mit Ihrem Arzt für eine
logopädische Therapie entscheiden.
Mit dem Einüben einer lauten und tiefen Sprechweise kann
eine signifikante Verbesserung für Sie erreicht werden. Denn
vergessen Sie nicht: Verständliches Sprechen und somit erfolgreiche Kommunikation mit Ihrer Umgebung bedeutet
Lebensqualität.
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Kognitive Symptome
Vielleicht stellen Sie neben der Bewegungsstörung auch
schwankende Leistungen in der Konzentration fest. Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass „alles nicht mehr so
schnell geht“ und die mentale Geschwindigkeit reduziert ist
(„Bradyphrenie“). Vielleicht fühlen Sie sich unsicher, was die
Fähigkeit betrifft, ein Fahrzeug zu führen. Vielleicht haben Sie
auch das Gefühl, dass automatisierte Routinehandlungen im
Alltag häufig gut gelingen, während das Handeln und Planen
in neuen, ungewohnten Situationen sich schwierig gestaltet.
Vielleicht finden Sie sich in neuen Umgebungen nur schwer
zurecht. Vielleicht stellen Sie auch fest, dass Ihr Gedächtnis
nachgelassen hat.
Alle diese Symptome können im Rahmen einer ParkinsonErkrankung auftreten und verursachen nicht selten Schwierigkeiten im Alltag und zwischenmenschliche Konflikte. Für
viele Patienten stellen diese Schwierigkeiten eine große Belastung im Alltag dar. Und doch haben viele Probleme, darüber
zu sprechen und um Hilfe zu bitten. Hier möchte die Neuropsychologie Abhilfe schaffen, indem sie einen Raum bietet,
in dem Patienten ihre Schwierigkeiten nennen und Sorgen
äußern können.
Neuropsychiatrische Symptome
Zeigt sich in Ihrem Verhalten eine verringerte Spontanität,
fühlen Sie einen Verlust von Motivation, Interesse und Eigenleistung? Zeigt sich eine verstärkte Tagesmüdigkeit? Auch
Persönlichkeitsveränderungen und Stimmungsänderungen
einschließlich depressiver Symptome und Angst können zur
Parkinson-Erkrankung gehören. Manchmal kommt es auch
zu Halluzinationen und / oder Wahnerleben.
Angstsymptome und Stress können bestimmte Bewegungsstörungen deutlich verstärken, wie z. B. die Bewegungsblockaden und die Fallneigung, und sind deshalb von besonderer Bedeutung. Die Depression ist mit einer Häufigkeit
von etwa 35 – 45 % ein weiteres wichtiges neuropsychiatrisches Symptom der Parkinson-Krankheit. Diese verdient
besondere Aufmerksamkeit, da sie häufig hartnäckig ist
und das subjektive Erleben der eigenen Befindlichkeit wesentlich verschlechtern kann. In Umfragen zur Lebensqualität
von Parkinson-Patienten gehören Depressionen unabhängig
von der motorischen Behinderung zu den wichtigsten beeinträchtigenden Faktoren. Das Vorhandensein einer Depression
ist häufig weder dem Patienten noch seinen Angehörigen bewusst, sodass die Veränderung der Stimmungslage insbesondere bei jüngeren Patienten zu erheblichen familiären Konflikten führen kann. Erschwert wird die Diagnosestellung
auch durch die Überschneidung von Symptomen der Depression mit denen der Parkinson-Erkrankung. Ihre sichere Erkennung, Zuordnung und Behandlung ist deshalb für die erfolgreiche Therapie eines Parkinson-Patienten von besonderer
Wichtigkeit.
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dieser
Broschüre einen Überblick zum Thema
Parkinson und Bewegungsstörungen
vermitteln konnten. Sollten Sie weitere
Fragen haben, sprechen Sie uns bitte
im Rahmen Ihres Aufenthaltes an.
Wir helfen Ihnen gerne weiter!
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