Schmerztherapie mit Opioiden - Deutsches Kinderschmerzzentrum

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Psychologische Interventionen bei
akuten und chronischen Schmerzen
8. Dattelner Kinderschmerztage
Recklinghausen, 19. März 2015
Dr. Dipl.-Psych. Julia Wager
[email protected]
Bezüglich der Inhalte dieses Vortrages besteht kein Interessenskonflikt.
Individuelle Einflussfaktoren der
Schmerzempfinden und -äußerung
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Alter
Geschlecht
Situation
Vorerfahrungen
Biologische Faktoren
Kognitive Faktoren
Schmerzreiz
Emotionale Faktoren
Schmerzempfindung
Soziale Faktoren
Schmerzäußerung
Schmerzverstärkende Faktoren
Biologische Faktoren
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Muskelanspannung
Niedrige individuelle Schmerzschwelle
Schwache individuelle Schmerzinhibition
Kognitive Faktoren
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Fokussieren auf Schmerz
Katastrophisierende Gedanken
Negative Erinnerungen an Schmerz
Emotionale Faktoren
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Angst
Traurigkeit/Hoffnungslosigkeit
Hilflosigkeit
Soziale Faktoren
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Angst und Hilflosigkeit bei anderen
familiäre Lernerfahrungen
soziale Konsequenzen der Schmerzen
Schmerzverringernde Faktoren
Biologische Faktoren
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Muskelentspannung
Hohe individuelle Schmerzschwelle
Starke individuelle Schmerzinhibition
Kognitive Faktoren
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Ablenkung
funktionale Gedanken, die zur
Bewältigung der Situation beitragen
Emotionale Faktoren
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Sicherheit
Zuversicht
Positive Emotionen
Soziale Faktoren
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Sicherheit und Zuversicht bei anderen
Familiäre Lernerfahrungen
Soziale Konsequenzen der Schmerzen
Therapeutische Ansatzpunkte bei
Akutschmerz
situative
Faktoren
Biologische Faktoren
Kognitive Faktoren
Schmerzreiz
Emotionale Faktoren
Schmerzempfindung
Soziale Faktoren
Schmerzäußerung
Externe Faktoren bei Akutschmerz
 Verhalten der Eltern oder der Behandler
- Schmerz : wenn Sorgen verbal oder mimisch geäußert
werden
- Schmerz : wenn andere das Kind stark beruhigen!  ggf.
von Kind als Warnsignal interpretiert
- Schmerz : bei ablenkendem Verhalten
 Gedanken und Gefühle der Eltern oder der Behandler
- Einschätzung der erwarteten und tatsächlichen Schmerzen
bei Lumbalpunktion korreliert hoch zwischen Kindern und
Eltern
- Fehlende Zuversicht des Behandlers erhöht Sorge bei Kind
 Umgebungsreize
- Freundliche Umgebung vs. angsteinflößende Umgebung
- reizarm vs. lebhaft
McMurtry et al. 2006
Liossi et al. 2007
Psychologische Interventionen bei Eingriffen
 Kind umfassend und verständlich über Eingriff
informieren; nicht unmittelbar vor Eingriff!
 Angstfrei Atmosphäre schaffen
 Eltern mit einbeziehen
 Eingriff routiniert durchführen
 Ablenkungsstrategien (v.a. external)
 Bei hoher Erwartungsangst: graduierte Exposition (in
vivo)
Blount et al. 2006.
Behav Modif
Kusch und Bode 1994
Mansson et al. 1993
Matziou et al. 2013. Br
J Nurs
Uman et al. 2013.
Cochrane Library
Psychologische Interventionen bei
wiederholten Eingriffen / Akutschmerzen
 Einüben von Entspannungsverfahren (z.B. Atemübungen)
 Ablenkungstechniken
- Internal: Denkaufgaben, Imaginationsübungen
- External: Handpuppen, Gespräche, Musik hören, Film
ansehen, mit Spielzeug spielen, Ball drücken
 (Selbst)Hypnose
 Positive Verstärkung
 Kognitive Techniken (z.B. Gedankenstopp, kog.
Umstrukturierung)
Uman et al. 2013.
Cochrane Library
Psychologische Interventionen
bei akuten Schmerzen im Rahmen invasiver
medizinischer Prozeduren
Fallbeispiel
Wiederholte LPs bei 8-jährigen Jungen
 Aufklären, Anleiten, Einüben
Therapeutische Ansatzpunkte bei
chronischen Schmerzen
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Alter
Geschlecht
Situation
Vorerfahrungen
?
Biologische Faktoren
Kognitive Faktoren
Schmerzreiz
Emotionale Faktoren
Schmerzempfindung
Soziale Faktoren
SchmerzSchmerzäußerung /
äußerung
Schmerzverhalten
1) Verstehen der Schmerzerkrankung
 Edukation (durch Arzt, Psychologen oder Pflegende)
- Unterschied: Akutschmerz vs. Chronischer Schmerz
- Entstehung von chronischen Schmerzen: bio-psychosoziales Erklärungsmodell
- Chronischer Schmerz ist echt, auch wenn keine
zugrundeliegende Erkrankung den Schmerz erklärt
- Bewältigungsstrategien bei chronischen Schmerzen
2) Beobachten der Zusammenhänge
 Schmerztagebuch, Veränderungsbogen
 Zusammenhang von
Situation – Gedanken – Gefühlen – Verhalten
- Konzept vermitteln
- Dokumentieren und beobachten
 Individuelles Modell chronischer Schmerzen
3) Schmerzbewältigungsstrategien
Schmerzzentrum
Schmerz 
Schmerzsignal und
Schmerzsensibilisierung 
Schmerztor
Körperliche Anspannung 
Stresshormone 
Gefühle wie z.B. Trauer,
Angst, Wut, Langeweile,
Stress, Frust, Hilflosigkeit
Aufmerksamkeit
Bewertung
Schwarze Gedanken
Externale Ablenkungsstrategien
 Aktive Teilnahme am alltäglichen Leben
- Sport
- Schule
-
Freunde treffen
Fernsehen
Computer spielen
Telefonieren
- chatten
- Etc.
Internale Ablenkungsstrategien
Beispiel: Ablenkungs-ABC
„Suche Dir einen beliebigen Oberbegriff und gehe das
Alphabet mit diesem durch!“
Beispiel: Tiere:
Affe, Bär, Camelion,
Dachs, Esel ...
Weitere Beispiele:
Jungennamen, Mädchennamen, Automarken, Fußballclubs,
Städte, Länder, Flüsse, Sänger, Bands
A  Z, Z  A
Auf Englisch....
Internale Ablenkungsstrategien
Die modifizierte 5-4-3-2-1-Technik
5 mal: Ich sehe…!  5 mal: Ich höre…!  5 mal: Ich spüre…! 
4 mal: Ich sehe…!  4 mal: Ich höre…!  4 mal: Ich spüre…! 
3 mal: Ich sehe…!  3 mal: Ich höre…!  3 mal: Ich spüre…! 
2 mal: Ich sehe…!  2 mal: Ich höre…!  2 mal: Ich spüre…! 
1 mal: Ich sehe…!  1 mal: Ich höre…!  1 mal: Ich spüre…!
Kognitive Umstrukturierung
 Dysfunktionale, „schwarze“ Gedanken beobachten und
erkennen
 Funktionale, hilfreiche, „bunte“ Gedanken erarbeiten
 Dysfunktionale durch funktionale Gedanken ersetzen
 lösungsorientiert statt problemzentriert
Kognitive Umstrukturierung
Schwarze Gedanken
Bunte Gedanken
 Es wird nie besser.
 Es wird schon wieder
besser, aber es braucht noch
Zeit
 Mir kann sowieso keiner
helfen.
 Am besten ist es, ich helfe
mir selbst.
 Diese Schmerzen sind
so schrecklich.
 Wenn ich mich ablenke, sind
sie aushaltbar.
 Die Schmerzen sind
stark.
 Die Schmerzen sind stark,
aber ich bin stärker!
Emotionen
 Reduktion der Angst vor Schmerz durch
- Beherrschen von Schmerzbewältigungsstrategien
- Konfrontation
- Erhöhung der Schmerz-Selbstwirksamkeitsüberzeugungen
 z.B. durch Schmerzprovokation
 Reduktion der allgemeinen psychischen Belastung durch
- Wiederherstellung eines normalen Alltags
- Reduktion von Stress (z.B. in Schule, Familie)
- Behandlung von psychischen Komorbiditäten durch
weiterführende Psychotherapie
Emotionen
 Reduktion der Angst vor Schmerz durch
- Beherrschen von Schmerzbewältigungsstrategien
- Konfrontation
- Erhöhung der Schmerz-Selbstwirksamkeitsüberzeugungen
 z.B. durch Schmerzprovokation
 Reduktion der allgemeinen psychischen Belastung durch
- Wiederherstellung eines normalen Alltags
- Reduktion von Stress (z.B. in Schule, Familie)
- Behandlung von psychischen Komorbiditäten durch
weiterführende Psychotherapie
Entspannung

PMR

Phantasiereise

Autogenes Training

Biofeedback

TENS

Musik

Snoezeln
Literaturempfehlung
Soziale Einflüsse bei chronischen Schmerzen
 Erlernen von Schmerzen und Schmerzverhalten
- Modelllernen
- Konditionierung
 Beeinflussung der Gedanken und Gefühle
 Umfeld kann bei Ablenkung und Normalisierung des
Alltags unterstützen
Schmerzen lernen
Aufgrund von Schmerzen geben Eltern
- Aufmerksamkeit
- Zuwendung
Kind = 
Kind = 
Aufgrund von Schmerzen
- fallen ungeliebte Aufgaben weg
- werden Anforderungen seitens der
Familie, Freunde und Schule verringert
Kind = 
Kind = 
Gespräche mit Eltern
Was sollten Eltern wissen? Was können sie beitragen?
 Defokussierung von Schmerzen
 Unterstützung einer AKTIVEN Schmerzbewältigung
 Positive Verstärkung bei
Schmerzbewältigungsversuchen und –erfolgen
 Funktionalität der Schmerzen reduzieren
 Hilfestellung bei der Suche nach Problemlösungen,
Modelllernen
Elternratgeber: „Rote Karte für den Schmerz“
Ziele psychologischer Interventionen bei
chronischen Schmerzen
 Erhöhte Kontrolle und Selbstwirksamkeit des Patienten
 Bewältigung der Schmerzsituation und des
Schmerzerlebens
 Normalisierung des Alltags
 Verringerung der Angst und anderer negativer
Emotionen
 Verringerung der Schmerzwahrnehmung
Psychologische Interventionen
bei chronischen Schmerzen
Fallbeispiel
Emma, 15 Jahre
 seit 5 Jahren wiederholt Schmerzen in unregelmäßigen
Abständen.
 Seit 10 Monaten rezidivierende Schmerzen am Kopf, Nacken,
an beiden Schultern und am unteren Rücken
 seit 2 Monaten Dauerschmerzen, die sich nur wenig verändern
 Durchschnittliche Schmerzstärke bei NRS 7, Schmerzspitzen
bei NRS 9
 seit 2 Monaten Einnahme von 4-6 Tabletten Gelonida (500mg
Paracetamol + 30mg Codein) pro Tag!
 40 Schulfehltage in den letzten 3 Monaten
Emma, 15 Jahre
 Kontakt: schüchtern, unsicher, freundlich
 Affekt: schwingungsfähig, ernst, bedrückt bei belastenden
Lebensthemen, sensibel, ängstlich
 Lebensbeeinträchtigung durch Schmerzen: hohe
Beeinträchtigung
 Diagnosen:
o Somatoforme Schmerzstörung mit Kopf-, Schulter- und
Rückenschmerz
o Medikamentenübergebrauch
o V.a. depressive Anpassungsstörung
Emma, 15 Jahre
Psychologische Vorbehandlung
 ambulante Psychotherapie seit 6 Monaten: aufgrund von
Problemen in der Schule mit Gleichaltrigen
- Leichte Verbesserung hinsichtlich der Stimmung
- Keine Verbesserung hinsichtlich der Schmerzen
Multimodale stationäre Kinderschmerztherapie
 Modul 1: Zielklärung und Edukation
 Modul 2: Trainieren von Schmerzbewältigungsstrategien
 Modul 3: Therapie komorbider emotionaler Symptomatiken
 Modul 4: Familientherapie
 Modul 5: Optionale Interventionen
 Modul 6: Rückfallprophylaxe, Therapieabschluss und
Nachbetreuung
Schmerzbewältigungsstrategien
 Vorwiegend angewendete Techniken und Wirksamkeit
 Entspannung:
mäßig
 Ablenkungsstrategien:
gut
 Bunte Gedanken:
gut - sehr gut
 Imagination „Sicherer Ort“:sehr gut
Soziale Unsicherheit
Stufenplan zum Selbstsicherheitstraining
Stufe 1: Jmd. nach der Uhrzeit fragen.
Stufe 2: Jmd. zum Kickern holen.
Stufe 3: Jugendliche interviewen, was sie an mir mögen.
…
Stufe 10: „Ich-Plakat“ in der Gruppe vorstellen.
Problemlösen in der Gruppe
1. Problemdefinition
2. Zieldefinition
3. Aufstellen verschiedener Lösungsmöglichkeiten
4. Bewertung der Lösungsmöglichkeiten
5. Durchführung und Bewertung des Erfolgs
6. ggf. Rollenspiele
3-wöchiger
Aufenthalt
Vor Therapie
Kat. 3 Monate
Kat. 9 Monate
Stärkster Schmerz in
den letzten 4 Wochen
(NRS 0 – 10)
9
5
5
Durchschnittliche
Schmerzstärke in den
letzten 4 Wochen
(NRS 0 –10)
9
3
5
dauernd
1x täglich
1x/Woche
Beeinträchtigung im
Alltag
(12 = min; 60 = max.)
47
15
14
Schmerzbedingte
Schulfehltage in 3
Monaten
40
keine
keine
Schmerzhäufigkeit
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