Chronische Bauchschmerzen Die Sicht des Psychosomatikers A. Kiss 1 Chronische Bauchschmerzen aus psychosomatischer Sicht 1. IBS (Irritable Bowel Syndrome) Reizdarm 2. Functional (nonulcer) Dyspepsia Dyspepsie 2 Reizdarm Diagnostik 1. Positive Diagnose 2. Minimal notwendige Untersuchungen 3 Reizdarm Rom II Kriterien Thompson et al., Gut 1999 aAbdominelles Unbehagen / Schmerzen averänderte Stuhlgewohnheiten (> 2): = Erleichterung durch Defäkation = Beginn assoziiert mit Änderung der Stuhlfrequenz = Beginn assoziiert mit Änderung der Stuhlkonsistenz a> 3 von 12 Monaten kontinuierlich oder wiederholt 4 Reizdarm Diagnostik Schmerzen + veränderte Stuhlgewohnheit < 45 J > 2J Fluktuierend Nein Ja Alter Beginn Verlauf Alarmsymptome Σ Funktioneller Symptome Hohe Wahrscheinlichkeit Reizdarmsyndrom Jones et al., Gut 2000 > 45 J < 2J Progressiv Ja Nein Erhöhtes Risiko organische Krankheit 5 Reizdarma Alarmsymptome - Unerklärbarer Gewichtsverlust - Rektale Blutungen - Nächtliches Aufwachen wegen Symptomen - Beginn der Symptome nach 50. LJ - Fieber Familiäre Belastung mit Kolonkarzinom (Verwandte 1. Grades vorm 50. LJ), chronische entzündlichen Darmerkrankungen und Zöliakie 6 Reizdarm Diagnostik =Labor: Blutbild, Chemie, CRP,TSH =Kolonoskopie: Patient >45 J Familiäre Belastung mit Kolonkarzinom oder Inflammatory Bowel Disease =Diarrhö: Malabsorption? Stuhluntersuchung (Parasiten?) H2- Atemtest (Laktoseintoleranz?) Jones et al., Gut 2000 7 Reizdarm Sichere Diagnose Prospektiv bei 95 Patienten mit Verdacht auf RDS: wenn kein Alarmzeichen vorliegt, positiver prädiktiver Wert der anamnestischen Kriterien: 98 % Vanner et al.; Am J Gastro 1999 8 Pathogenese des Reizdarms aFunktionelle Störung aPsychologische Faktoren aLebensereignisse aIatrogene Ursachen 9 Pathogenese des Reizdarms aFunktionelle Störung aPsychologische Faktoren aLebensereignisse aIatrogene Ursachen 10 Hypersensitivität aPatienten reagieren auf Irritationen im Darm oder im Ösophagus mit mehr Schmerzen oder Missempfindungen als Kontrollpersonen `Ballondehnung im Rektum ± Vordehnung im Sigma (Munakawa) `Säurestimulation im unteren Ösophagus aAuf welchem Niveau der Reizverarbeitung ist diese Störung lokalisiert? `Spinal bei der Reizakkumulation, sicher thalamisch und sicher in der bewussten Wahrnehmung 11 Viszerale Hypersensitivität: Physiologische Stimulation (Sigma + Rektum) 35 * p<0.05 30 25 Unbehagen (mmHg) * 20 15 10 RDS RDS Ko Ko 5 0 Basalwert Munakata et al., Gastroenterology 1997 Nach Dilatation 12 Viszerale Perzeption Zerebrale Aktivität Gesunde Probanden Reizdarmsyndrom Silverman et al., Gastroenterology 1997 13 Pathogenese des Reizdarms aFunktionelle Störung aPsychologische Faktoren aLebensereignisse aIatrogene Ursachen 14 Reizdarm Konsultations-Verhalten Spezialist ~25% “Consulters” Hausarzt ~75% “Non-Consulters” ~70% Frauen ~30% Männer 15 Psychische Auffälligkeit korreliert mit hilfesuchendem Verhalten (Arztbesuch) 40 20 0 Hypochondrie Kontrolle Depression IBS Non-Patienten Drossmann et al. 1988 (MMPI-Scores) Hysterie IBS-Patienten Pathogenese des Reizdarms aFunktionelle Störung aPsychologische Faktoren aLebensereignisse aIatrogene Ursachen 17 Reizdarm Prävalenz Abusus N= 919 Die Prävalenz von sexuellem Missbrauch in der Kindheit bei Patientinnen mit Reizdarm ist unterschiedlich: Der Prozentsatz positiver Angaben steigt mit dem Ausmass der Spezialisierung des Settings, aus dem die Daten stammen. 18 Pathogenese des Reizdarms aFunktionelle Störung aPsychologische Faktoren aLebensereignisse aIatrogene Ursachen 19 Iatrogene Ursachen Patient Krankenhaus Befürchtungen, Beschwerden Invasive Diagnostik (pot. iatrogen), unzureichende Erklärung und Therapie Hausarzt Limitierte Untersuchungen, unzureichende Erklärung und Therapie Facharzt Spezielle Diagnostik, unzureichende Erklärung und Therapie 20 Patienten mit Reizdarm Spectrum of clinical features among patients with IBS (Drossman 1995) Clinical feature Mild Moderate Severe Estimated prevalence, % Clinical setting Physiologic correlation Symptom constancy Activity disruption Health care use Illness behavior Psychiatric diagnosis 70 primary +++ 0 0 + 0 0 25 secondary ++ + + ++ + + 5 tertiary + +++ +++ +++ +++ +++ 0 = generally absent, + = mild, ++ = moderate, +++ = severe 21 Therapeutischer Umgang mit Patienten mit Reizdarm =Psychosoziale Anamneseerhebung =Begrenzte Untersuchungen =Mitteilung der Diagnose =Konzepte des Patienten =Massgeschneiderte Interventionen =Therapieziele 22 Regeln für den Umgang mit Patienten mit Reizdarm = Psychosoziale Anamneseerhebung: heisst nicht im 1. Schritt "Soma", und wenn Du nichts findest im 2. Schritt "Psycho" = Kunst der Diagnosemitteilung: "Sie haben nichts" = Aktives Zuhören = Patientenwahrnehmung: Mein Arzt ist technisch kompetent und nimmt mich als Person ernst 23 Konzepte des Patienten =Was ist das Konzept des Patienten für die Ursache seiner Beschwerden =Was ist das Konzept des Patienten für die Linderung seiner Beschwerden 24 Massgeschneiderte Interventionen = Fallbeispiel 1: Pharmavertreter = Fallbeispiel 2: Lehrer 25 Reizdarm Therapie Schwer Mässig Mild Alle Antidepressiva Schmerzmanagement Realistische Ziele Motilität / Perzeption / Medis Psychotherapie Lebensstil und Diät Modifikation Information, Beruhigung,Therapeutische Beziehung 26