Unruhig und am Lernen gehindert Kinder- und jugendpsychiatrische Unterstützung der Inklusion bei unterdurchschnittlicher Intelligenz mit ADHS Martin Sobanski Abteilung für Sprach- und Entwicklungsstörungen kbo-Heckscher-Klinikum 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 1 Gliederung • unterdurchschnittliche Intelligenz • ADHS • zum Zusammenhang zwischen unterdurchschnittlicher Intelligenz und ADHS • die entwicklungspsychiatrische Perspektive - Fallvignette • psychiatrische Unterstützung der Inklusion 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 2 unterdurchschnittliche Intelligenz Normalverteilung der Intelligenz unterdurchschnittliche Intelligenz 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 3 unterdurchschnittliche Intelligenz Einteilung der Intelligenzminderung nach ICD-10 Intelligenzminderung F IQ mentales Alter (Jahre) Anteil (%) aller Menschen mit IM Leicht 70 50-69 9-12 85 Mittelgradig 71 35-49 6-9 10 Schwer 72 20-34 3-6 3-4 Schwerst 73 < 20 <3 1-2 (‚mental retardation‘ in ICD 10, vermutlich ‚intellectual developmental disorder‘ in ICD 11) 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 4 unterdurchschnittliche Intelligenz Definition der Intelligenzminderung im DSM V • weiter dichotome Definition aus Defiziten intellektueller und adaptiver Funktionen mit Beginn in Kindheit und Jugend • Intelligenz unterhalb von 2 SD vom Mittel, entsprechend IQ 70 +/- 5 (Messfehler) • Einschränkungen der IQ-Testergebnisse: soziokulturelle Angemessenheit, weniger valide im unteren IQ-Bereich (Bodeneffekt), Flynn-Effekt, Heterogenität der Subtests, neurokognitives Profil aussagekräftiger als IQ-Gesamttestwert • der Grad an notwendiger Unterstützung wird durch die individuellen Anpassungsleistungen bestimmt Schweregrad-Einteilung auf dem Boden von individuellen Anpassungsleistungen (mild, moderat, severe, profound) in 3 Domänen und nicht mittels IQ-Wert (keine IQ-Werte zur Abstufung mehr angegeben): 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 5 unterdurchschnittliche Intelligenz adaptive Fähigkeiten bei Intelligenzminderung • konzeptuelle (akademische) Funktionen: Gedächtnis, Sprache, Lesen, Rechtschreiben, Rechnen, praktisches Wissen, Problemlösen, Flexibilität in neuen Situationen,… • soziale Funktionen: Theory of Mind- und Empathie-Fähigkeiten, soziale Kommunikation, Regulation von Freundschaften, soziale Urteilsfähigkeit,… • alltagspraktische Funktionen: persönliche Versorgung, Schul- und Arbeitsorganisation, Freizeitgestaltung, Geldmanagement, Berufstätigkeit,… 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 6 unterdurchschnittliche Intelligenz dissoziierte Entwicklungsdimensionen alterstypisches Entwicklungsniveau 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 7 unterdurchschnittliche Intelligenz Ursachen leichter geistiger Behinderung (nach Neuhäuser und Steinhausen 2013) pränatal unbekannte Ursache 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 8 unterdurchschnittliche Intelligenz Psychologische Theorien zur Ursache geistiger Behinderung 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 9 unterdurchschnittlicher Intelligenz neuropsychologische Befunde (nach Sarimski 2013) 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 10 ADHS Definition im DSM V • A: mind. 6 Monate persistierendes Muster von Aufmerksamkeitsproblemen und/oder Hyperaktivität/Impulsivität, welches mit Alltagsfunktion oder Entwicklung interferiert. • mindestens 6/9 Symptomen einer Aufmerksamkeitsstörung, welche nicht dem Entwicklungslevel entsprechen • mindestens 6/9 Symptomen von Hyperaktivität/Impulsivität, welche nicht dem Entwicklungslevel entsprechen • B: Symptome vor Alter 12 Jahre • C: Symptome in 2 oder mehr Situationen (Zuhause, Schule, Freizeit) • D: Alltagsanpassung beeinträchtigt • E: keine andere psychische Störung • Spezifische Merkmale: Untergruppierungen (kombiniert, v.a. Unaufmerksamkeit, v.a. Hyperaktivität/Impulsivität), Remission, Schweregrad 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 11 ADHS Vergleich der Symptome ICD 10 vs DSM V Symptom ICD 10 (Beginn < 6 Jahre ) DSM V (Beginn < 12 Jahre) Detailunaufmerksamkeit, Sorgfaltsfehler + + Verminderte Daueraufmerksamkeit bei Aufgaben und beim Spielen + + Hört nicht, scheint abwesend + + Kann Erklärungen nicht folgen, Schularbeiten, Aufgaben, Pflichten nicht erfüllen + + Schwierigkeiten bei der Arbeitsorganisation + + Vermeidung von anstrengenden Arbeiten + + Verliert Gegenstände + + Ablenkung durch externe Stimuli + + Bei Alltagsaktivitäten vergesslich + + Fuchtelt mit Händen und Füßen, windet sich beim Sitzen + + Verlässt den Platz, wo Sitzen bleiben erwartet wird + + Läuft herum, klettert exzessiv, Unruhegefühl + + Oft unfähig leise zu spielen oder bei Freizeitaktivitäten + + Wirkt wie angetrieben - + Redet häufig exzessiv + + Platzt mit Antwort heraus, bevor Frage beendet ist + + Kann nicht in Reihe warten, warten bis er/sie dran ist + + Unterbrechen oder stören andere häufig 12.2.2014 + + Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 12 ADHS Bio-psycho-soziales Erklärungsmodell psychischer Störungen Biologische Faktoren ADHS Depression Suchterkrankung Psychische Faktoren 12.2.2014 Umweltfaktoren Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 13 ADHS Neuropsychologische Theorien 1. Störung von neuronalen Aufmerksamkeits-Schaltkreisen: • Wachheit und Aktivierung, visuelle Orientierung, exekutive Kontrolle 2. Störung der Selbstregulation (Verhaltenshemmung): • Unterdrückung dominanter Antworttendenz, Unterbrechung einer bereits begonnenen Antwort, Kontrolle von Interferenz Russell Barkley: „people with adhd know what to do, but they cannot do what they know“ 3. Motivationale Störungen: • 12.2.2014 Verzögerungsabneigung (delay aversion) Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 14 ADHS Integratives Ätiologie-Modell (Döpfner 2009) 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 15 Zusammmenhang Bezugspunkt auffälligen Verhaltens bei unterdurchschnittlicher Intelligenz Defizitmodell: individuelle Aufmerksamkeits-, Aktivitäts- und Impulsivitätsmaße werden jeweils mit denen einer durchschnittlich intelligenten altersentsprechenden Normpopulation verglichen Entwicklungsmodell: individuelle Aufmerksamkeits-, Aktivitäts- und Impulsivitätsmaße werden jeweils mit denen einer Normpopulation gleichen Entwicklungsalters (mentalen oder kognitiven Alters) verglichen 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 16 Zusammenhang Entwicklungslevel = Intelligenzalter? • Entwicklungslevel definiert sich in Relation zum Median der Altersnorm eines Entwicklungsparameters • Üblicherweise wird das Intelligenzniveau zur Bestimmung des Entwicklungslevels herangezogen und das sog. Intelligenz-Alter ermittelt Beispiel: Bei einem 12-Jährigen geistig behinderten Jungen mit motorischer Unruhe und wird ein IQ-Wert von 60 ermittelt, dann entspricht sein Intelligenzalter 7,2 Jahre. Die Fähigkeiten zur Aufmerksamkeitssteuerung und Impulskontrolle sowie das Aktivitätslevel müssen demnach mit dem eines 7-jährigen Grundschülers verglichen werden. Bei einem IQWert von 40 beträgt das Referenzalter 4,8 Jahre. 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 17 Zusammenhang Symptomebene: Korrelation Hyperkinetik und IQ signifikante negative Korrelation : r = - 0.087 , p<0.001 Simonoff et al 2007 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 18 19 Zusammenhang Störungsebene: Prävalenz von ADHS bei Intelligenzminderung Psychische Störung Prävalenz (%) bei IntelligenzminderungM (n=641) Prävalenz bei normaler Intelligenz Odds-ratio Psychische Störung 36,0 8,0 6.5 Störung des Sozialverhaltens 20,5 4,3 5.7 Emotionale Störungen 12,0 3,7 3.6 Angststörung 11,4 3,2 3,9 Hyperaktivität 8,3 0,9 8.4 Autismus-Spektrum-Störung 8,0 0,3 33.4 Depression 1,4 0,9 1.7 Tic-Störung 0,8 0,2 5.2 Essstörungen 0,2 0,1 5.2 (n = 18415) 12.2.2014 (Emerson 2007) Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte Zusammenhang Soziale Ebene: Einfluss sozialer Risikofaktoren auf die Entwicklung hyperkinetischer Störungen bei Intelligenzminderung IM keine IM 12.2.2014 Emerson 2007 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 20 Zusammenhang Biologische Ebene: Verhaltensphänotyp (mod. nach Hässler 2012) Genetisches Syndrom ADHS Unaufmerksamer Typ Hyperaktivimpulsiver Typ Komb. Typ Weitere Assoziierte Psychopathologie Fragiles X-Syndrom 54-59% 31,5% 7,4% 14,8% Autismus, soziale Angst, emotionale Labilität, Stereotypien, Selbstverletzung (Sullivan 2007) (Backes 2000) 22q11-Deletion (DiGeorge u.a.) 79% (Tranfaglia 2011) 23% Sprachstörung, Autismus, Schizophrenie, emotionale Labilität (u.a. (Niklasson 2009) Sarimski 2003) Klinefelter-Syndrom (Bruining 2009) 63-72% Sprachstörung, Passivität, Unsicherheit, Autismus (Sarimski 2003, Tartaglia 2010)) Tuberöse Hirnsklerose (de 30-60% Autismus, Selbstverletzung, Depression, Angst, Sprachstörung Vries 2007) (http://www.tuberous-sclerosis.org/Info-and-supportresources.html) Trisomie 21 (Ekstein 2011) 43,9% Williams-Syndrom 7q11.23 64,7% (Leyfer 2006) Depression, Zwangsstörung, Autismus (Sutor 2006), Merkfähigkeitsprobleme, expressive Sprachstörung (Fidler 2008) 68,8% 3,9% 27,3% Störung der räumlich-visuellen Fertigkeiten, selekt.Sprachgewandtheit, Distanzlosigkeit, gesellig, redselig, freundliche Grundstimmung, Ängste (Sarimski 2003, Morris 2010) Smith-Magenis-Syndrom 17p11.2 (Smith 2012, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1310/) 12.2.2014 >75% Aggressionen, Schlafstörung, Selbstverletzung, Stereotypien, Sprachstörung, Wutausbrüche Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 21 Zusammenhang Diagnostic overshadowing (Reiss 1982) • Ein spezifisches (psychopathologisch) auffälliges Verhalten wird als Ausdruck der geistigen Behinderung und seiner zugrundeliegenden neurobiologischen Störung verstanden • Ein psychiatrisches Symptom wird somit von der mutmaßlichen Ausdrucksform der geistigen Behinderung „überschattet“ • Sog. „Doppeldiagnosen“ (Intelligenzminderung + psychiatrische Störung) werden übersehen • Umgekehrt kann gerade eine ADHS-Symptomatik das Vorhandensein einer Überforderung bei unterdurchschnittlicher Intelligenz kaschieren 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 22 Entwicklungspsychiatrische Perspektive das multiaxiale Klassifikationssystem (MAS) Achse 1: klinisch-psychiatrische Diagnose Achse 2: umschriebene Entwicklungsstörungen Achse 3: Intelligenzniveau Achse 4: störungsrelevante körperliche Erkrankungen Achse 5: aktuelle abnorme psychosoziale Bedingungen Achse 6: Globalbeurteilung der psychosoziale Anpassung 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 23 Fallvignette Michael H., 8 Jahre, Grundschulklasse 2 Achse 1: klinisch-psychiatrische Diagnose Achse 2: umschriebene Entwicklungsstörungen Achse 3: Intelligenzniveau Achse 4: störungsrelevante körperliche Erkrankungen Achse 5: aktuelle abnorme psychosoziale Bedingungen Achse 6: Globalbeurteilung der psychosoziale Anpassung 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 24 Fallvignette Michael H., 8 Jahre, Grundschulklasse 2 Achse 1: einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) Achse 2: umschriebene Entwicklungsstörungen Achse 3: Intelligenzniveau Achse 4: störungsrelevante körperliche Erkrankungen Achse 5: aktuelle abnorme psychosoziale Bedingungen Achse 6: Globalbeurteilung der psychosoziale Anpassung 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 25 Fallvignette Michael H., 8 Jahre, Grundschulklasse 2 Achse 1: einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) Achse 2: expressive und rezeptive Sprachentwicklungsstörung (F80.2) Achse 3: Intelligenzniveau Achse 4: störungsrelevante körperliche Erkrankungen Achse 5: aktuelle abnorme psychosoziale Bedingungen Achse 6: Globalbeurteilung der psychosoziale Anpassung 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 26 Fallvignette Michael H., 8 Jahre, Grundschulklasse 2 Achse 1: einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) Achse 2: expressive und rezeptive Sprachentwicklungsstörung (F80.2) Achse 3: unterdurchschnittliche Intelligenz (SON-R 74) Achse 4: störungsrelevante körperliche Erkrankungen Achse 5: aktuelle abnorme psychosoziale Bedingungen Achse 6: Globalbeurteilung der psychosoziale Anpassung 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 27 Fallvignette Michael H., 8 Jahre, Grundschulklasse 2 Achse 1: einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) Achse 2: expressive und rezeptive Sprachentwicklungsstörung (F80.2) Achse 3: unterdurchschnittliche Intelligenz (SON-R 74) Achse 4: störungsrelevante körperliche Erkrankungen Achse 5: adoptiertes Kind Achse 6: Globalbeurteilung der psychosoziale Anpassung 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 28 Fallvignette Michael H., 8 Jahre, Grundschulklasse 2 Achse 1: einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) Achse 2: expressive und rezeptive Sprachentwicklungsstörung (F80.2) Achse 3: unterdurchschnittliche Intelligenz (SON-R 74) Achse 4: partielles fetales Alkoholsyndrom (Q86.0) Achse 5: adoptiertes Kind Achse 6: Globalbeurteilung der psychosoziale Anpassung 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 29 Fallvignette Michael H., 8 Jahre, Grundschulklasse 2 Achse 1: einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) Achse 2: expressive und rezeptive Sprachentwicklungsstörung (F80.2) Achse 3: unterdurchschnittliche Intelligenz (SON-R 74) Achse 4: partielles fetales Alkoholsyndrom (Q86.0) Achse 5: adoptiertes Kind Achse 6: ernsthafte und durchgängige psychosoziale Beeinträchtigung in Schule, Familie, peergroup 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 30 psychiatrische Unterstützung der Inklusion Diagnostik • Psychiatrische multiprofessionelle Differentialdiagnostik • multiaxiale Diagnostik mit Erhebung des Entwicklungsstandes, Diagnostik umschriebener Entwicklungsstörungen und körperlicher Störungen • neuropsychologische Diagnostik • funktionale Verhaltensanalyse • Generierung von Hypothesen über die Ursache von Unruhe und Lernstörung • Befunddiskussion mit allen Beteiligten (Familie, Lehrkräfte, Therapeuten) • Psychoedukation 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte psychiatrische Unterstützung der Inklusion Intervention/Therapie schulische Interventionen pädagogische Assistenz heilpädagogische Maßnahmen (Einzel, HPT) familienunterstützende Massnahmen (Eltern-Gruppen, sozialpädagogische Familienhilfen) Kommunikationsförderung (Logopädie, unterstützte Kommunikation) Verhaltenstherapie Neurofeedback Psychopharmakotherapie (Methylphenidat, Lisdexamphetamin, Atomoxetin)nach dem Grundsatz: „start low, go slow“ 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte Zusammenfassung • Unterdurchschnittliche Intelligenz hat vielfältige Ursachen und Erscheinungsbilder sowie hohe psychiatrische Komorbidität • ADHS ist ein heterogenes Syndrom • Unterdurchschnittliche Intelligenz und ADHS sind überdurchschnittlich oft miteinander vergesellschaftet • Störungen der exekutiven Funktionen und der Motivationsregulation sind gemeinsame neuropsychologische Marker • Die Komorbidität verschlechtert potentiell den schulischen Erfolg erheblich und macht pädagogische Assistenz notwendig • Eine profunde entwicklungspsychiatrische Diagnostik auf der Basis des multiaxialen Klassifikationssystems ist die Grundlage individualisierter Therapie- und Förderpläne • Diagnostik und Therapie erfolgen multidimensional und multiprofessionell • Diagnostik und Therapie sind dem kognitiven und sozioemotionalen Entwicklungsniveau anzupassen 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 33 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit… 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 34 Veränderungen im frontostriatalen Verbindungen bei ADHS 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 35 Emil Kraepelin (Psychiatrie, Ein Lehrbuch für Studirende und Ärzte, 1896) „Die Ursache der psychischen Entwicklungshemmungen kann in unvollkommener Ausbildung der Hirnrinde oder in Krankheitsvorgängen liegen, welche vor der Geburt oder in den ersten Lebensjahren die Leistungsfähigkeit der Träger unseres Seelenlebens empfindlich beeinträchtigen. Vielleicht würde die Scheidung der klinischen Krankheitsformen unter diesem Gesichtspunkte die meiste Berechtigung haben. Bei dem heutigen Stande der Frage ist jedoch der Versuch einer solchen Einteilung noch aussichtslos. Wir werden uns vielmehr damit begnügen müssen, einfach die verschiedenen Grade der vorliegenden Störung auseinanderzuhalten. Die leichteren Formen pflegen wir als angeborenen Schwachsinn, besser als Imbecillität, die schwereren als Idiotie zu bezeichnen.“ 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 36 ADHS bei Intelligenzminderung Diagnostische Fremdbeurteilungs-Instrumente (1) Kategorial 1. DISYPS II (Diagnostik-System für psychische Störungen): FBB-ADHS (Eltern- und Lehrerversion) 2. Conners Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten – 3 3. KIDS 1 (Kinder-Diagnostik-System): ADHS 4. Kinder-DIPS (Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter) Dimensional –unspezifisch 1. CBCL (Child behaviour checklist): Altersbereich 1 ½ - 5 Jahre, Skalen: Emotionale Reaktivität; Ängstlich/Depressiv; Körperliche Beschwerden; Sozialer Rückzug; Schlafprobleme; Aufmerksamkeitsprobleme und Aggressives Verhalten. Altersbereich 4-18 Jahre, Skalen: Sozialer Rückzug, Körperliche Beschwerden, Angst/Depressivität, Soziale Probleme, Schizoid/Zwanghaft, Aufmerksamkeitsstörung, Delinquentes Verhalten, Aggressives Verhalten 2. SDQ (Strength and difficulty questionnaire, http://www.sdqinfo.com): Skalen: Emotionale Probleme, Hyperaktivität/Aufmerksamkeitsprobleme, Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen, Verhaltensauffälligkeiten und Prosoziales Verhalten 12.2.2014 Inklusion – medizinisch-therapeutische Aspekte 37