Nach 6 Tagungen allein in dieser letzten Veranstaltungsreihe in

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Als Rück- und Ausblick der EAI-Tagung 25.9.2012 Landeshaus
Nach 6 Tagungen allein in dieser letzten Veranstaltungsreihe in 2011 + 2012 lässt
sich ein kleines Fazit, eine kleine Zwischenbilanz
ziehen – hier formuliert als
Herausforderungen, die gleichzeitig auf kommende Aufgaben für die Bürgerinnen
und Bürger, Politikerinnen und Politiker, Pädagogen und Pädagoginnen an allen
Bildungseinrichtungen, die Verwaltungskräfte in allen Sparten verweisen:
Herausforderung Nummer 1: Inklusion bezieht sich in den gegenwärtigen
Betrachtungen hauptsächlich auf Menschen mit Behinderungen
Unsere
Veranstaltungsreihe
hat
gezeigt,
dass
Themen,
die
sich
mit
Exklusionsprozessen in Bezug auf Arbeitslosigkeit, Alter, Herkunft oder Armut
beschäftigen, weniger frequentiert wurden, während diejenigen Veranstaltungen, die
sich auch auf den Themenbereich der Behinderungen bezogen, sehr gut besucht
waren.
Dies ist zunächst einmal ein gutes Zeichen, zeigt es doch, dass Inklusion vielerorts
als Herausforderung angenommen wird.
Andererseits jedoch zeigt sich hier auch die Gefahr, dass Menschen, die ebenfalls
Ausgrenzungsmechanismen unterliegen, nicht mit ins gemeinsame Boot „Inklusion“
genommen werden.
Zwar wird in vielen Publikationen und Veranstaltungen das Thema „Vielfalt“ bzw.
„Heterogenität“ zu Recht angesprochen – doch scheinen die Grenzen (Barrieren)
noch zu sehr in den Köpfen Vieler zu sein.
In unserem Verständnis von Inklusion jedoch geht es um die Teilhabemöglichkeiten
am
Leben
in
der
Gesellschaft
aller
Menschen,
gleich
welchen
sozialen
Ausgrenzungstendenzen sie unterliegen.
„Inklusion bedeutet die uneingeschränkte selbstverständliche Teilhabe aller Menschen in
alles Bereichen gesellschaftlichen Lebens, unabhängig von Alter, sozialem Status,
Krankheit, Behinderung, ethnischer Herkunft, Geschlecht oder Religion.“ (EAI)
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Herausforderung Nummer 2: Teilhabe und das „Leben (in) der Gesellschaft“
Dabei ist zu berücksichtigen, dass „Leben (in) der Gesellschaft“ kein Fixpunkt ist, auf
den sich alle immer schon geeinigt haben. Dies ist immer wieder neu subjektiv
auszudeuten. Nicht jeder/jede muss ins Kino gehen. Nicht jeder muss studieren. Es
darf aber keine Barrieren geben, die diesen Wunsch von vornherein torpedieren.
Teilhabe ist hier die Option, die Möglichkeit des Einzelnen / der Einzelnen,
Ressourcen als Schlüssel für den Eintritt in gemeinschaftliche Räume zu erhalten.
Inklusion
setzt
an
den
Rahmenbedingungen,
z.B.
den
konkreten
Bildungseinrichtungen, den vorgefundenen Lebenswelten der Bürgerinnen und
Bürger an. „Inklusiv denken heißt, von Lebenswelten auszugehen, in denen alle
Menschen in ihrer Verschiedenheit willkommen sind.“ (EAI)
„Der wesentliche Unterschied (zu Integration, M.S.) besteht darin, dass Integration eine
Anpassungsleistung der zu integrierenden Personen an die vorhandenen Strukturen
verlangt, während nach dem Konzept der Inklusion Vielfalt als Wert begriffen wird und die
Gesellschaft offen und zugänglich für alle ist und flexibel auf die verschiedenen individuellen
Voraussetzungen aller eingeht: ein solches System setzt entsprechend leistungsfähige
gesellschaftliche Strukturen voraus.“
(Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge 2011, S. 3)
Herausforderung Nummer 3: Klärungsbedarf - Was ist der Sozialraum?
Im Rahmen der Arbeit der EAI der letzten Jahre und Monate hat sich gezeigt, dass
es hier keine einheitliche Verständigung zum Verständnis des Sozialraums gibt. Die
Debatte
zur
kommunalen
Sozialleistungsfinanzierung
–
auch
zur
Sozialraumbudgetierung – wird mitunter sehr engagiert geführt – dabei geht es doch
eigentlich um etwas ganz einfaches, alltägliches: wie können Menschen in ihrem –
wiederum subjektiv bedeutsamen – Sozialraum diejenigen kulturellen, beruflichen,
pädagogischen …. Angebote vorfinden und nutzen, ohne tatsächlich oder emotional
Ausgrenzung (Exklusion) zu erleben.
„Ein Sozialraum ist ein Wohnquartier, eine räumliche Einheit, über die Menschen sagen: Da
leben wir, kennen uns aus, fühlen uns wohl, da leben ein paar Leute, die können wir nicht
leiden und ein paar, die können wir gut leiden. Da wohnen wir, streiten wir uns, kennen die
Nachbarn, gehen wir einkaufen.“
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(Hinte 2002, S. 11, zit. n. Franz, D./Beck, I.: Umfeld- und Sozialraumorientierung in der
Behindertenhilfe. Hamburg 2007, S. 33.
Herausforderung Nummer 4: Inklusion ist generell nicht machbar, der
Anspruch an alle Bürgerinnen und Bürger ist zu hoch, die Widerstände zu
stark. Überhaupt sei Inklusion eine top-down Veranstaltung und zu teuer.
In der Tat liegt ein hoher Anspruch vor. Dennoch:
1. Menschen haben in unserem Land ein verbürgtes Grundrecht darauf, in ihrer
Vielfalt, mit ihren Bedürfnissen und Wünschen und Rechten respektiert zu
werden. Inklusion ist geltendes Völkerrecht.
2. Inklusion ist ein Leitziel, das in einem Prozess in überschaubaren Etappen
angestrebt wird und einen langen Atem erfordert. Inklusion braucht Zeit.
3. Inklusion begann u.a. bei den Forderungen und Interessen von betroffenen
Bürgern/Bürgerinnen. Damit dies so bleibt, und sie nicht bei der Umsetzung
von Inklusion ausgegrenzt werden, ist Beteiligung von der Krippe bis zur
Abreiswelt und darüber hinaus unabdingbar. Inklusion setzt Partizipation
voraus.
4. Man muss ehrlich sein: Inklusion geht nicht ohne materielle, finanzielle und
personelle Ressourcen aus dem Budget der staatlichen Gemeinschaft. Darauf
hat u.a. die deutsche UNESCO Kommission in ihrer Resolution vom
24.6.2011 hingewiesen. Inklusion ist kein Sparmodell.
5. Schließlich gilt es, Inklusion nicht als Last, sondern auch als Lust zu begreifen.
Inklusion heißt von der Vielfalt profitieren, sich bereichern lassen, lernen. Viele
Projekte zeigen: Inklusion ist ein Gewinn.
Herausforderung Nummer 5: Inklusion beginnt in den Köpfen der Bürgerinnen
und Bürger
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Inklusion ist wesentlich eine Haltung dem Menschen gegenüber, die geprägt ist vom
Respekt vor der Vielfalt des Menschseins. Man kann von einem Bild des Menschen
als soziales Wesen sprechen. „Wie wollen wir miteinander leben?“ könnte die Frage
lauten. Die Antwort, die sich im Zuge der Debatte um Inklusion finden lässt, lässt sich
weder verordnen, noch lehren oder lernen, sondern erfordert das Gespräch und die
Begegnung der Beteiligten – und das sich Lösen von gewohnten Denkstrukturen
Als
Querschnittsaufgabe,
wissenschaftliche
-herausforderung
Disziplinen
und
zwingt
Professionen
Inklusion
einerseits
zur
Ressorts
und
Entgrenzung,
andererseits zu gemeinschaftlichem, inter- und transdisziplinärem Denken und
Handeln. Voraussetzung hierfür ist die Fähigkeit eines jeden Einzelnen, die Barrieren
im Kopf zu überwinden.
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Die deutsch-amerikanische Philosophin und politische Denkern hat einmal folgendes
geschrieben: „Als Gleiche sind wir nicht geboren, Gleich werden wir als Mitglieder
einer Gruppe erst kraft unser Entscheidung uns gegenseitig gleiche Rechte zu
garantieren.“ (Hannah Arendt)
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