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Die UN-Behindertenrechtskonvention
Aufgaben,
Ziele,
Spannungsfelder,
Perspektiven
Vortrag bei der Jahreshauptversammlung
des Landesfrauenrates Hessen am 10.10.2012
Jürgen Großer
Die UN-Behindertenrechtskonvention
• Die UN-Behindertenrechtskonvention ist eine
Menschenrechtskonvention
• Sie konkretisiert und präzisiert die
bestehenden menschenrechtlichen
Übereinkommen
• Es wurden keine neuen Rechte geschaffen,
die existierenden Menschenrechte sind auf
die Lebenssituation der Menschen mit
Behinderung zugeschnitten worden
Die UN-Behindertenrechtskonvention
• Die Generalversammlung der UN hat diese
2006 verabschiedet
• Deutschland gehört zu den
Erstunterzeichnern (2009)
• Schlüsselbegriffe sind:
Würde, Inklusion, Teilhabe,
Selbstbestimmung, Sozialraumorientierung,
Barrierefreiheit
Die UN-Behindertenrechtskonvention
• Ziel der UN-BRK ist es, eine volle und
gleichberechtigte Teilhabe an allen
Menschenrechten und Grundfreiheiten für
alle Menschen mit Behinderung zu fördern,
zu schützen und zu gewährleisten (Art.1),
• Allgemeine Grundsätze sind: Die Achtung der
Würde und der Unterschiedlichkeit, der
Autonomie, Unabhängigkeit, Freiheit für
eigene Entscheidungen sowie Nichtdiskriminierung und Gleichberechtigung (Art.3)
Die UN-Behindertenrechtskonvention
Weiterhin geht es in 50 Artikeln u. a. um
Zugänglichkeit, Recht auf Leben,
gleiche Anerkennung vor dem Recht,
Schutz der Unversehrtheit der Person,
Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung
in die Gemeinschaft, Bewusstseinsbildung,
Persönliche Mobilität, Arbeit und Beschäftigung,
Bildung, Kinder mit Behinderung
und um Frauen mit Behinderung.
Die UN-Behindertenrechtskonvention
Artikel 6 Frauen mit Behinderungen
(1) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Frauen
und Mädchen mit Behinderungen mehrfacher
Diskriminierung ausgesetzt sind, und ergreifen in
dieser Hinsicht Maßnahmen, um zu gewährleisten,
dass sie alle Menschrechte und Grundfreiheiten voll
und gleichberechtigt genießen können.
(2) …treffen alle geeigneten Maßnahmen zur
Sicherung der vollen Entfaltung, der Förderung und
Stärkung der Autonomie der Frauen …..
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
• Erstellung von Aktionsplänen (Bund, Länder,
Kommunen)
• Schaffung der rechtlichen und finanziellen
Voraussetzungen (Politik, Gesetzgeber)
• Legitimation und gesellschaftlicher Diskurs
(Politik, Bürgergesellschaft)
• Abbau von bestehenden Barrieren (Haltung,
Zugänglichkeit des öffentlichen Raums oder
Qualität von Einrichtungen) - gesamte
Gesellschaft
Kernpunkt von Inklusion
• Die Unterschiedlichkeit von Gruppierungen
und die Vielfalt von Personen wird im
Rahmen von Inklusion als positiv und
bereichernd angesehen
• Inklusion nimmt alle Mitglieder z. B. einer
Kindergruppe in den Blick. Eine
Klassifizierung Einzelner rückt zugunsten der
Heterogenität der Gruppe in den Hintergrund
• Nicht die Situation einzelner Kinder, sondern
die Lage gesamter Institutionen wird
fokussiert
Inklusion - sozialphilosophisch
„Die menschliche Unterschiedlichkeit ist keine
zweitrangige Verkomplizierung (die man
ignorieren oder auf die man „später
eingehen“ kann); sie ist vielmehr ein
grundsätzlicher Gesichtspunkt unseres
Interesses an Gleichheit“ (Sen 1992)
Inklusion - sozialphilosophisch
Es ist normal verschieden zu sein
aber:
Inklusion - sozialphilosophisch
• Die Unterschiedlichkeit von Personen trägt zu einer
Ungleichheit von Verwirklichungschancen bei
• Kritik an der Verengung auf Leistung und Verdienst
zum Erhalt von Gütern
• Verteilung von Gütern als Wohlfahrt reicht nicht aus
zur Herstellung von Gerechtigkeit
• In den Blick genommen werden muss der Einzelne
mit seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten zur
Teilhabe
Förderung der Möglichkeiten als Ansatz zur
tatsächlichen Steigerung von Verwirklichungschancen - Auftrag an Gesellschaft
(Sen1992)
Spannungsfelder von Inklusion
Bei der Auseinandersetzung mit Inklusion ist
nicht mit einfachen Lösungen zu rechnen
(Prengel 2010)
Bewegung in Spannungsfeldern ist erforderlich
Inklusion ist ein Programm, das sich in
gesellschaftlichen Widersprüchen bewegt
Spannungsfelder von Inklusion
• Leistung und Anerkennung
• Ausrichtung an Normen – Hierarchisierung
• Tendenzen gesellschaftlicher Desintegration
(Schere Arm – Reich, Solidarität)
• Autonomie und Fürsorge
• Selbstbestimmung und Abhängigkeit
• Individuenzentrierung und
Institutionenzentrierung
• Defizit- und Ressourcenorientierung
Chancen von Inklusion
Beidäugiges Sehen (Purtscher 2011)
Ressourcen/Kompetenzen/Fähigkeiten
und
Begrenzungen/Schwierigkeiten/Bedürfnisse
Chancen von Inklusion
„Aus all dem läßt sich eine zentrale
Zukunftsaufgabe formulieren, der sich alle
postmodernen Gesellschaften stellen
müssen, nämlich die Entwicklung eines
humanitären Umgangs mit Differenz“
(Katzenbach 2007)
Fazit 1
Die inklusive Gesellschaft – eine nachhaltige
Vision?
Ja – aber noch ein weiter Weg bis zum
Abbau aller gesellschaftlichen Barrieren
Die Herausforderung des Weges
Vielfalt gestalten und organisieren – der
Besonderung entgegenwirken
Fazit 2
• „Es braucht den Glauben an das globale Wir,
auch wenn es erst im Entstehen begriffen ist.
Es braucht den Glauben an das Unglaubliche, das Trotzdem, das sich in einer
trostlosen Gegenwart den Widerständen der
herrschenden Ideologien widersetzt, es
braucht Hoffnung auf das, was der Philosoph
Ernst Bloch das ‚Noch-Nicht‘ nennt – sonst ist
Veränderung nicht möglich“.
(Carolin Emcke, aus Zeit Nr. 17/2011 Seite1)
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