1 INFORMATION Die Hände von Jokobus, Andreas und Petrus. Aus: „Das letzte Abendmahl“, Leonardo da Vinci Spezialsprechstunde für akute und chronische Handerkrankungen und Handverletzungen Termine nach Vereinbarung 2 Inhalt Seite Vorwort....................................................................3 Anatomie..................................................................4 Karpaltunnelsyndrom.............................................. 5 Dupuytren´sche Erkrankung....................................6 Erkrankungen der Sehnen • Schnellender Finger..............................................7 • Tendovaginitis stenosans de Quervain...................8 • Spätfolgen von Sehnenverletzungen......................9 Chronische Handgelenksbeschwerden..................... 10 Rhizarthrose.............................................................12 3 Vorwort Permanente Qualitätskontrolle, ständige kritische Überprüfung unserer Behandlungsergebnisse sowie die Berücksichtigung neuester Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung und aus klinischen Studien bewirken eine rasante Weiterentwicklung aller medizinischen und insbesondere der chirurgischen Disziplinen. Deshalb ist Spezialisierung auch innerhalb der Unfallchirurgie und Orthopädie auf Teilgebiete unumgänglich. Seit vielen Jahren beschäftigen wir uns schwerpunktmäßig mit akuten und chronischen Erkrankungen und Verletzungen der Hand und haben seit einiger Zeit eine Spezialsprechstunde hierfür eingerichtet. Hier können Sie sich nach Rücksprache mit Ihrem Hausarzt mit Überweisung vorstellen, wenn Sie unter Beschwerden an der Hand oder am Handgelenk leiden. Sie werden von uns, die wir auf dem komplexen Gebiet der Handchirurgie besonders ausgebildet und erfahren sind, untersucht und beraten. Falls erforderlich und von Ihnen gewünscht, kann ein Termin zu einer konservativen oder operativen Behandlung vereinbart werden. Fast alle Operationen können inzwischen ambulant durchgeführt werden. Mit akuten Verletzungen oder Entzündungen der Hand, werden Sie selbstverständlich so wie bisher in unserer Praxis behandelt. Auf den folgenden Seiten möchten wir Ihnen einige Informationen über die Anatomie der Hand, die daraus resultierenden besonderen Anforderungen an die chirurgische Technik sowie häufige Erkrankungen und deren Behandlungsmöglichkeiten geben. 4 Anatomie der Hand Selbstverständlich kann und soll im Rahmen dieses Heftes nicht auf anatomische Einzelheiten der Hand eingegangen werden. Vielmehr wollen wir mit der unten stehenden Abbildung der Strukturen einer menschlichen Hand einen Eindruck vom äußerst komplizierten Aufbau des knöchernen Stützapparates, der Sehnen, Nerven und Gefäße geben. Ohne präzise Kenntnis dieser Strukturen in allen möglichen Details, sollte Handchirurgie nicht betrieben werden. Daher bedarf es hier einer intensiven Vorbereitung sowie einer ständigen Schulung der ärztlichen Mitarbeiter in der eigenen Klinik und in Spezialkursen. Beispielsweise bedürfen nicht nur das empfindliche Gleitgewebe der Sehnen , sondern auch die Sehnen selbst besonderer schonender Nahtmaterialien und Nahttechniken. Nerven und Gefäße der Hand sind so fein, daß sie unter Sicht des bloßen Auges nicht mehr genäht werden können. Mit dem Operationsmikroskop werden Nähte mit Fäden und Nadeln gelegt, die feiner als ein menschliches Haar sind. Eine besonders ruhige Hand und sehr viel Übung sind hier erforderlich. 2 Selbst die beste chirurgische Technik wird jedoch unbefriedigende Ergebnisse haben, wenn die Nachbehandlung nicht genau so sorgfältig durchgeführt wird. Daher haben wir für jede Erkrankung und Operation spezifische Richtlinien zur Weiterbehandlung entworfen, die jeweils auf den einzelnen Patienten abgestimmt werden müssen. Mitunter sehen wir uns gezwungen, eine Operation abzulehnen, wenn wir den Eindruck haben, daß die entsprechende Nachbehandlung nicht gewährleistet ist. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in unserer Abteilung für Physiotherapie unter Leitung von Frau Trost sind speziell ausgebildet und bilden sich ständig fort. Das Karpaltunnelsyndrom Definition: Als Karpaltunnelsyndrom bezeichnet man die Druckschädigung eines Nerven (Nervus medianus) in seinem Verlauf durch einen aus Knochen und Haltebändern geformten Kanal am beugeseitigen Handgelenk. Durch diesen „Engpass“ zwängen sich zusätzlich die Beugesehnen der Langfinger. R 1= Halteband (retinaculum flexorum) 2= Nervus medianus 3,4 = Sehnen 5= Nervus ulnaris Karpalkanal Querschnitt. R= Retinaculum. (aus:Schmidt,Lanz) Beschwerden: Die Beschwerden entwickeln sich meist über einen längeren Zeitraum. Sie äußern sich in Schmerzen und Kribbeln im Daumen, im Zeige-, und Mittelfinger. Die Schmerzen können bis in den Oberarm ausstrahlen, sie treten besonders nachts auf und bes- 6 sern sich oft durch Schütteln des Armes. Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium kann sich ein ständiges Taubheitsgefühl der genannten Finger einstellen. Behandlung: Konservativ Behandlungsmaßnahmen wie Ruhigstellung oder Injektionen führen meist nicht zu dauerhaftem Erfolg. Die Einengung des Nerven kann durch eine relativ kleine Operation behoben werden. Hierbei wird das Dach des Karpalkanals,das durch ein kräftiges, quer verlaufendes Band gebildet wird (Retinaculum flexorum, s.o.) gespalten. Wir führen diese Operation endoskopisch durch. Das bedeutet, daß über einen winzigen Schnitt am Handgelenk beugeseitig ein ca. bleistiftdickes rinnenförmiges optisches Gerät unter das Retinaculum eingeführt wird, das sogenannte Agee- Endoskop. Unter Sicht wird eine kleine Messerklinge ausgefahren und das Retinaculum durch vorsichtiges Zurückziehen des Gerätes gespalten. Dieser Eingriff muß in Blutleere durchgeführt werden. Sicht durch das Endoskop von unten auf das Retinaculum. Schema der endoskopischen Retinaculumspaltung. Eine Vollnarkose ist nicht nötig. Der Arm wird durch eine sogenannte „Plexusanästhesie „ betäubt. Nur selten ist die konventionelle offene Technik mit einem Schnitt in der Hohlhand notwendig. Beide Operationen können in der Regel ambulant durchgeführt werden. 7 Dupuytren´sche Erkrankung Definition: Die Dupuytrensche Kontraktur ist eine gutartige Erkrankung, bei der es langsam über viele Monate bis Jahre zu einer knotigen oder strangartigen Verdickung der Hohlhandfaszie kommt. Die Hohlhandfaszie ist eine faserreiche Gewebeschicht , die unter der Haut der Handfläche gelegen ist . Die Ursache der Dupuytren – Krankheit ist noch unklar. Dupuytren im Stadium III Beschwerden : Die Krankheit verläuft stadienhaft, wobei anfänglich Verdickungen, Stränge oder derbe Knoten in der Hohlhand auftreten, die im weiteren Verlauf mit Einziehungen der Haut einhergehen. Schmerzen sind eher selten. Am häufigsten sind der Klein- und Ringfinger betroffen, es können aber auch die übrigen Finger einzeln oder zu mehreren erkranken. Wenn die Krankheit fortschreitet, treten die Finger in zunehmende Beugestellung, sie können dann nicht mehr vollständig gestreckt werden. Hierdurch wird die Funktion der Hand erheblich beeinträchtigt . Behandlung : Spätestens dann, wenn die Streckhemmung im Grundgelenk zwanzig Grad beträgt, oder wenn Schmerzen auftreten, sollte die Indikation zur operativen Entfernung der erkrankten Faszien- 8 anteile gestellt werden. Dabei ist eine präzise Kenntnis der Anatomie sowie eine sehr feine Präpariertechnik, manchmal unter Zuhilfenahme von Lupenbrille oder Operationsmikroskop, notwendig, damit die übrigen Strukturen der Hand nicht verletzt werden. Leider ist trotz subtilster Präpariertechnik die Gefahr des Wiederauftretens der Erkrankung relativ groß. Es sollte daher nicht zu früh operiert werden . Erkrankungen der Sehnen Schnellender Finger Definition und Beschwerden : Der schnellende Finger ist eine der häufigsten Erkrankungen der Hand . Aufgrund einer knotenförmigen Verdickung der Fingerbeugesehne wird das Gleitverhalten der Sehne in ihrem Sehnenscheidenkanal gestört. Dieser wird von den sogenannten Ringbändern verstärkt. Beim schnellenden Finger verklemmt sich der Sehnenknoten bei Fingerbeugung in diesem Ringband, bei der darauffolgenden Streckung löst er sich wieder ruckartig unter Schmerzen. Quere Hautinzision über der Beugesehne , Längsspaltung des Ringbandes. 9 Operationssitus mit gespaltenem Ringband (1),Schnürfurche,Beugesehnen (3) (aus Bauer,Op-Lehre,1997) Hervorgezogene Beugesehnen (3) mit Verdickung und Schnürfurche. Behandlung: Sofern das Schnappphänomen nicht regelmäßig auftritt und nicht schmerzhaft ist, kann unter Schonung und Vermeidung belastender Tätigkeiten der Hand abgewartet werden. Einreibungen mit entzündungshemmenden Salben können versucht werden. In allen anderen Fällen wird das Ringband in einem kleinen Eingriff (s.o.) in örtlicher Betäubung gespalten. Danach kann die Beugesehne wieder ungehindert gleiten, das Schnappphänomen ist in der Regel verschwunden. Sehnenscheidenentzündung Sonderform: Tendovaginitis stenosans de Quervain. Entzündung des Daumen-Strecksehnenfaches. Definition und Beschwerden: Bei diesem Krankheitsbild liegt ein schmerzhafter Reizzustand des Sehnengleitgewebes im Strecksehnenfach zu Grunde. Die Sehne quillt ödematös auf, das wenig elastische Sehnenfach wird relativ zu eng. Ursache ist meist eine längerdauernde Überlastung . Bei der Tendovaginitis stenosans de Quervain tritt diese sehr schmerzhafte Reizung über dem Strecksehnenfach des Daumens am Handgelenk auf. Die Schmerzen strahlen zum Daumen und zum Unterarm aus und verstärken sich bei kräftigem Zupacken und Drehbewegungen, z.B. beim Wringen, Dosenöffnen etc. 10 Druck von außen kann extrem schmerzhaft sein. Entzündliche Verdickung der Daumenstrecksehne und Sehnenscheide am Handgelenk Behandlung: In frühen Stadien kann eine konservative Behandlung mit entzündungshemmenden Salben, zweiwöchiger Ruhigstellung in einer Gipsschiene und Spritzenbehandlung helfen. Führt die konservative Behandlung nicht zum Erfolg, so muß das betroffene Sehnenfach operativ gespalten werden. Dieser Eingriff kann ambulant in Oberarmplexusanästhesie durchgeführt werden. 11 Spätfolgen von Sehnenverletzungen Frühere Sehnenverletzungen, die nicht fachgerecht behandelt wurden, hinterlassen nicht selten bleibende Einschränkungen der Fingerfunktion. Bei der sog. KNOPFLOCHDEFORMITÄT handelt es sich um eine Fehlstellung des Fingers mit Beugestellung im Mittelgelenk und Überstreckung im Endgelenk, die sich nach einer Strecksehnenverletzung über dem Mittelgelenk ausbilden kann. Mit teilweise sehr aufwendigen, komplizierten Operationsverfahren ist eine Korrektur möglich. Hierbei wird der durchtrennte Mittelzügel durch eine Sehnenumkippplastik rekonstruiert. Knopflochdeformität eines Langfingers. BEUGESEHNENDURCHTRENNUNGEN stellen schwerwiegende Verletzungen dar. Trotz korrekter Erstversorgung mit subtiler Nahttechnik und kompetenter Nachbehandlung können in der Folge mitunter Sehnenverklebungen auftreten, die zu einer Funktionsbeeinträchtigung bis hin zur Versteifung des betroffenen Fingers führen können. Durch eine operative Lösung von Sehnenverwachsungen (Tenolyse) ist meist eine Besserung der Funktion möglich. Chronische Handbeschwerden Viele Menschen leiden unter chronischen Beschwerden im Handgelenk und in der Handwurzel. Als Ursache sind zahlreiche Erkran- 12 kungen möglich, z.B. Entzündungen, Verschleiß ( Arthrose), Spätfolgen von Knochenbrüchen oder Verstauchungen. Neben der klinischen Untersuchung, der Radiologie mit konventionellen Röntgenbildern, der Computertomographie und schließlich der Kernspinuntersuchung steht uns mit der -Handgelenksarthroskopie eine elegante Methode zur Abklärung und gegebenenfalls gleichzeitigen Behandlung von krankhaften Befunden im Handgelenk und neuerdings in den relativ kleinen Gelenken der Handwurzel oder sogar der Fingergelenke zur Verfügung. Die Handgelenksarthroskopie ist eine Spezialform der Gelenkspiegelung. Mit einer nur zwei Millimetergroßen Optik wird der Gelenkinnenraum untersucht und über eine Videokamera auf dem Monitor sichtbar gemacht (nebenstehende Schemazeichnung). Mit Hilfe feiner Spezialinstrumente, die über Stichinzisionen in das Gelenk eingeführt werden, können manche Erkrankungen, z.B. Knorpelrisse, sofort arthroskopisch behandelt werden. Die Untersuchung wird am flüssigkeitsgefüllten Gelenk in Oberarmblutsperre durchgeführt. Der Arm wird in Oberarmplexusanästhesie betäubt. Handgelenksarthroskopie (aus Bauer, OP-Atlas, 1997) 13 Rhizarthrose Definition: Das Daumensattelgelenk zwischen erstem Mittelhandknochen und Handwurzel erlaubt die für die Handfunktion so wichtige Greifbewegung. Der Verschleiß dieses Gelenkes, die sog. Rhizarthrose ist durch die starke Beanspruchung des daumenseitigen Handstrahls die häufigste Arthrose der Hand. Beschwerden: Sie verläuft in röntgenologisch nachweisbaren vier Stadien. Der Beginn ist schleichend. Die schubweise auftretenden und in ihrer Intensität allmählich zunehmenden Schmerzen erreichen ein Maximum, das dann wenige Wochen bis Jahre anhalten kann (sog. Aktivierte Arthrose). Die Schmerzen klingen häufig wieder ab. Oft bleiben jedoch Gelenkeinsteifung, Kraftminderung und Bewegungsverluste insbesondere der Daumenopposition (Bewegung des Daumens zum Kleinfinger hin). In 75 % der Fälle kommt es nach zwei bis sieben Jahren zu einem Stillstand der Krankheit, die Patienten „lernen“ mit den Restbeschwerden zu leben. Die verbleibenden 25 % müssen wegen der schmerzhaften Funktionseinschränkung operativ behandelt werden. Röntgenbild der Hand mit Rhizarthrose Behandlungsmöglichkeiten: Ein konservativer Behandlungsversuch ist immer gerechtfertigt. In der schmerzhaften Akutphase kann eine Beschwerdeerleichterung durch Anlage einer individuell angepaßten Kunsstoffschiene zur Ruhigstellung des Gelenkes erzielt werden. Unterstützend können entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente und Salben gegeben werden. 14 Injektionen in das Gelenk in Form von cortisonhaltigen Kristallsuspensionen, sind allenfalls befristet wirksam und umstritten. Erst wenn diese Maßnahmen über eine Dauer von drei bis vier Monaten ohne dauerhaften erfolg bleiben stellt sich die Indikation zur operativen Therapie. Unter den zahlreichen in der Literatur beschriebenen Verfahren haben wir uns nach sorgfältiger Sichtung der langfristigen Operationsergebnisse sowie Analyse der eigenen Resultate für die Entfernung des Trapezbeins und Zügelungsaufhängeplastik mit einem Sehnenstreifen entschieden. Dieses Verfahren erlaubt nach Ausheilung zuverlässig eine schmerzfreie Daumenbeweglichkeit in allen Ebenen. Der Kraftverlust ist gering. Die Nachbehandlung sieht nur eine kurzfristige Ruhigstellung des Daumens bis zur Wundheilung vor. Danach steht eine intensive Krankengymnastik an mit dem Ziel, die Beweglichkeit und Kraft im Daumen wieder aufzubauen und zu stabilisieren. Bis zum Erreichen der normalen Handfunktion vergehen ca. vier Wochen.